Seit Menschengedenken bin ich gefahren
mit meiner Dschunke über den Styx,
alle, alle sie meine Kunden waren,
ob Bettler, ob König, auf meinem Kahn warnse nix
als eine schaurig-düstre Schattengestalt.
Und so saßen sie bräsig im Bötchen,
die Zähne grimmig zusammengebissen.
Gar mancher aber hat weinen müssen.
Wie sehr schlug auf mein sanftes Gemüt
ihr Trübsinn, ihr Heulen, ihr Schreien.
Und keiner von denen hat je sich bemüht
mir auch nur Dank zu zeihen!
Sie haben sich sogar oft beschwert,
wenn ich zu schnell gefahren,
und sich mit Händen und Füßen gewehrt,
wenn wir dann „drüben“ waren...
Und dort ging der Zoff erst richtig los,
sie weigerten sich zu zahlen
den klassischen Preis für die Überfahrt,
wie es die Gesetze befahlen.
Für mich war dies bitter, katastrophal,
denn mein Arbeitsvertrag mit Hades
sieht keine feste Entlohnung vor,
'ne Ich-AG auf Subunternehmerbasis.
So verlor ich ein kleines Thesaurium
in den letzten vier-, fünfhundert Jahren.
Zudem die Kosten für Reparatur'n
vom Kopfe mir fraßen die Haare.
Unfreier Unternehmer, der ich bin,
hab keinen Rentenanspruch ich.
Und die Preise für Nektar und Benzin
die steigen ja beinah sekündlich.
Doch jetzt schmeiß ich Hades die Brocken hin
und mache demnächst in Tourismus.
Und eröffne mit meiner Schnuckelputz
ein Hotel am korinthischen Isthmus
mit Sauna, Pool und Wellnessbereich,
Tai Chi, Massagen und Fango,
mit Bogenschießen und Gästeshows,
und abends gibt's Salsa und Tango.
Die Finanzierung ist kein Problem,
Pandora und Danaos geben Kredite.
Für mich eine echte Win-Win-Situation---
geht's schief, bürgt Europas Union!
Texte: cover: wikicommons
Tag der Veröffentlichung: 10.09.2011
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