Ein schönes Stück Fleisch, un bel pezzo di carne,
gründlich ungebildet,
eine nullité d’esprit
, eine geistige Null,
die Frau mit dem halb unanständigen Namen,
die bekannte Sexualpartnerin des alternden Olympiers-
so schimpft mich die Nachwelt,
verhöhnt mich ob meiner fehlenden Bildung…
auch jetzt noch, da ich
im Sterben liege
bin ich für Weimar
die falsche Gefährtin
des großen, des einzigartigen Mannes,
den ich doch immer noch liebe,
immer geliebt habe,
dem ich fünf uneheliche Kinder gebar
und auch wieder verlor bis auf das eine,
hielt meinem Geliebten den lästigen Alltag fern,
ertrug seine Launen und seine Kälte,
verzieh ihm seine Indifferenz der letzten Zeit,
nahm hin, dass er Äugelchen warf auf andere Frauen
die gebildeter und jünger und schöner als ich,
und doch ging ich gern ins Theater,
besaß einen gesunden Menschenverstand,
und hatte einen guten Sinn für das Praktische…
doch sie
haben es mich stets spüren lassen,
die überheblichen Charlotten von Weimar,
dass Wolfgangs Verbindung nichts war
als skandalöse Mésalliance
eines Genies und Fürstenfreundes unwürdig
und auch der Dichterfreund
nahm mich nicht wahr, grüßte mich nicht
und nie war ich Teil ihrer Abendgespräche
wie es die Schillerin war—
auch das ertrug ich
wie alles andere, auch wenn es mich kränkte -
aber nun.
da ich auf dem Sterbebette liege
nach einer Woche unsäglicher Schmerzen,
die meinen Leib zerreißen,
und ich immer noch allein bin,
kein Wort deines Trostes höre.
kein Zeichen deiner Liebe erkenne,
mein Wolfgang mich meidet,
weil er den Anblick von Schmerz nicht ertragen kann-
jetzt weine ich
um
all die Tage
all die langen, kalten Nächte
ohne Gesten der Liebe
ohne Kuss
ohne dich
sterbe
einen einsamen qualvollen Tod
Texte: Cover: wikicommons
Tag der Veröffentlichung: 14.08.2011
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Widmung: