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[Verregneter Samstag]

Es hat alles an diesem verregneten Samstag Anfang Oktober begonnen, damals habe ich noch nichts von alldem gewusst.

>> Hast du jetzt alles, ich will endlich fahren!<<, rief mir meine Mutter durch die offene Tür zu. Ich seufzte und ging ein letztes Mal aus meinem Zimmer. Im Flur wartete Mum schon zwischen Pappkartons auf mich. Dafür, dass darin unser ganzes Hab und Gut verstaut war, waren es bedeutend wenig, aber bei unserem nomadenartigen Leben konnten wir es uns nicht leisten, mehr Sachen zu haben. Die würden sonst niemals in unser Auto passen.
>> Sind alle Fenster zu? Hast du wirklich nichts vergessen? Wo ist das Katzenvieh?<<
>>Jaaaah, ich habe alles und das Katzenvieh sitzt neben dir.einmal glauben, schließlich war ich kein kleines Kind mehr. Mit dem Katzenvieh war Lilo gemeint, unsere Katze. Mum mochte sie nicht besonders. Mum mochte nichts besonders. Und schon gar keine Katzen...
>>Ich geh trotzdem noch einmal nachschauen<<, sagte meine Mutter und bannte sich einen Weg durch die Schachteln.
>>Nie kann sie mir vertrauen<<, sagte ich leise zu Lilo, die mich bemitleidend anschaute, können Katzen überhaupt bemitleidend schauen? Bei Lilo hatte ich oft das Gefühl, dass sie mehr verstand, als ich ihr zutraute.
Nach einer Weile kam Mum wieder zurück,>> Haben alles<<, murmelte sie, am liebsten hätte ich ihr etwas bissiges geantwortet, natürlich hatten wir alles. Aber sie glaubte mir ja nie...
Eine halbe Stunde später hatten wir alle Kartons und zwei Koffer mit Kleidung in Mums Landrover verstaut. Irgendwie wurde es jedes Mal weniger...
Wir hatten eine lange Fahrt vor uns, von Detroit nach Chicago fuhr man fast fünf Stunden. Früher hatten wir schon einmal dort gewohnt, das war aber schon zehn Jahre her und ich konnte mich kaum mehr daran erinnern. Wir hatten schon in fast jeder größeren Stadt in Amerika gewohnt. Seit ich mich erinnern konnte, zogen wir mindestens alle drei Monate um und änderten unseren Nachnamen, was der Grund dafür war, wusste ich nicht, Mum verriet es mir nicht, obwohl ich sie schon oft genug danach gefragt hatte. Vielleicht reiste sie einfach gerne, und hatte das nun zu ihrem Lebensinhalt gemacht. Aber ob mir das gefiel war ihr egal, es kümmerte sie überhaupt nicht. Ob ich alle drei Monate woanders wohnen wollte, Schule wechseln... das war ihr vollkommen egal. Und mir blieb keine andere Wahl, ich musste mit ihr mitkommen, ich war ja noch nicht volljährig, noch zwei lange Jahre... und dann war ich frei und konnte das machen, was ich wollte.
Oft wünschte ich mir, bei meinem Vater zu wohnen , aber ich kannte ihn nicht einmal, nicht einmal seinen Namen. Ich stellte ihn mir als genau das Gegenteil von Mum vor. Nett, fröhlich und nicht so ausgeflippt und chaotisch wie sie. Auf jeden Fall würde ich mit ihm nicht so oft umziehen müssen. Mein Vater war bei meiner Mutter ein Tabuthema, sie hatte noch nie ein Wort über ihn verloren, erst einmal hatte ich nach ihm gefragt, doch damals hatte sie mich nur angeschrien. Danach hatte ich sie nie wieder nach meinem Vater gefragt.
Inzwischen hatte Lilo es sich neben mir gemütlich gemacht, ihr Kopf war gegen mein Bein gelehnt und sie schien zu schlafen... Ich sah ihr eine Weile lang zu, und streichelte ihr dann über das weiche Fell, sie begann sofort zu schnurren. Lilo hatte ein braun-schwarz getigertes Fell, das um die Nase herum schon ein bisschen grau geworden war. Kein Wunder, Lilo war älter als ich. Mum hatte sie schon vor meiner Geburt gekauft.
Bald waren wir auf der I-94 in Richtung Chicago, die meiste Zeit fuhren wir an Wäldern und Feldern vorbei, manchmal auch an kleinen Städten. Neben der Autobahn war nie besonders viel los.Und schon gar nicht bei diesem Regenwetter. Nach geschlagenen fünfeinhalb Stunden erreichten wir dann endlich die Stadtgrenze von Chicago. Von weitem konnte man schon die Wolkenkratzer sehen.
Bald darauf kamen wir in ein trübes Viertel in der Nähe des Flusses. Es war beherrscht von grauen Hochhäusern, die leicht verwahrlost und irgendwie beängstigend wirkten. Nur die bunten Graffiti an den Hauswänden hoben sich vom Grau ab. Es waren keine Menschen auf der Straße, alles wirkte leer und verlassen. Wir kamen vorbei an Chinarestaurants, Tattoostudios und Dönerbuden, auch sie wirkten schmuddelig und verkommen.
Inzwischen war Lilo auch wieder aufgewacht, saß auf meinem Schoß und sah auch aus dem Fenster. Ihr schien unser neues Zuhause auch nicht besonders zu gefallen.
Aber ich war es gewohnt, in sowas zu wohnen, wegen unserem Lebensstil hatten wir nicht sehr viel Geld, Mum hatte immer mehr Probleme, einen Job in der neuen Stadt zu finden. Daher wohnten wir meistens in billigen Mitwohnungen, die noch vom Vormieter möbliert waren, sodass wir nur so wenige wie mögliche Möbel kaufen mussten, da Mum diese wieder verkaufte, wenn wir wieder umzogen, natürlich zu einem viel niedrigeren Preis.
„Ooooh, ich glaube wir sind da!“, sagte meine Mutter plötzlich und trat so abrupt auf die Bremse, dass Lilo halb von meinem Schoß viel, ich konnte sie gerade noch auffangen. Wir hielten vor einem Hochhaus an, es sah genau so aus wie die anderen. Grau, riesig und leer. Wir stiegen beide aus und gingen hinein. Ich sah mich um, das Treppenhaus sah verwahrlost aus, überall standen alte Kartons, Fahrräder, Müll und andere Dinge herum. Irgendwo schrie ein Kind. Ich seufzte, das war mein neues Zuhause...
Mum klingelte inzwischen an einer Tür, auf der „Hauzmeista“ stand, wenig später öffnete eine alte Frau die Tür. Sie war kleiner als wir beide, trug einen Hausfrauenkittel mit grünen Blumen, der wie ein Sack auf ihrem rundlichen Körper wirkte und ein Kopftuch. Ihr Gesicht war faltig, Schweiß stand ihr auf der Stirn und sie roch nach Essen.
>>Ich bin Avgoustakis, Hausmeister. << Sie sprach in einem mir unbekannten Akzent und ich hatte Probleme sie überhaupt zu verstehen.
>>Sie sind Familie Evans?<<, fügte sie dann noch hinzu, Evans, das war jetzt unser neuer Nachname...
Die alte Frau lächelte uns an und entblößte dabei ihr Kiefer, in dem schwarze Stummel steckten, manche ihrer Zähne fehlten auch schon. Ich lächelte sie auch an, das Gesicht meiner Mutter blieb eiskalt.
>>Ja, das sind wir, können wir jetzt bitte unsere Schlüssel haben?<< sie wirkte ungeduldig.
>> Vielleich noch Tasse Tee?<<, fragte sie hoffnungsvoll.
>>Schlüssel, bitte<<, sagte Mum jetzt deutlich genervter.
Frau Avgoustakis nickte und sah sie mit großen Augen an, wahrscheinlich hatte Mum sie eingeschüchtert. Dann verschwand sie wieder in ihrer Wohnung, die stark nach Fisch roch.
>>Sei doch ein bisschen freundlicher<<, sagte ich vorsichtig zu Mum.
>>Ich will nur den Schlüssel meiner Wohnung haben, wieso kann die den uns nicht einfach geben<<
>> Vielleicht sind alte Leute so<<, ich hatte noch nie richtige Erfahrungen mit alten Leuten gemacht, meine Großeltern waren bei Mum genauso ein Tabuthema wie mein Vater.
Dann kam die Hausmeisterin wieder zurück, sie hielt zwei Schlüssel in der Hand, die sie uns reichte.
>>Zeig ihnen noch Wohnung.<< Sie führte uns in den siebten Stock, ins Dachgeschoss. Als sie die Treppe hinaufwankte, hatte ich ununterbrochen Angst, dass sie den Halt verlieren würde und auf mich herabstürzen könnte. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was dann passieren würde.
Im Dachgeschoss waren nur zwei Türen, die Hausmeisterin öffnete die rechte und trat ein. Wir folgten ihr.
>>Das Vorzimmer klein, das daneben Badezimmer mit Dusch, nächste Tür Wc.<<
Dann öffnete sie auch noch die letzte Tür, die in ein Wohnzimmer, Küche, Esszimmer führte.
>>Ich weiß, Wände schräg wegen Dachgeschoss aber große Fenster, sie sehen? Und da Küche, davor kann man Essen und dort in die Eck is Wohnzimmer. Gut?<< Wir nickten beide. >>So jetzt gehen in Zimmer von die Kind.<< Die Kind war dann wohl ich …
>>Da sehen, großer Kasten für viel Anziehsachen, Bett, aber auch schräge Wand auf eine Wand. Macht aba nix, also weitergehen in die Zimmer von Erwachsene. Sehen, keine schiefe Wand, große Bett, Regal eine Wand lang und auch Kasten. Dann noch Abstellzimmer mit Waschmaschine. Und da wars dann.<<
Die Wohnung gefiel mir auf Anhieb gut, sie war hell und größer als unsere alte. Die schrägen Wände machten das ganze irgendwie gemütlicher. Das Küche, Wohn- und Esszimmer war ein L, in der einen Ecke war die Küche mit dem Esstisch, in der anderen stand eine Couch, ein kleiner Tisch und ein Fernseher.
Mein Zimmer gefiel mir auch sehr gut, es war zwar nicht sehr groß, aber mir würde es reichen.
>>Also zufrieden?<< fragte Frau Avgoustakis nun.
Mum nickte.
>>Gut dann holen Sachen<< Wir gingen wieder hinunter zu unserem Auto und holten die Pappkartons hinaus. Die waren um einiges schwerer, als ich erwartet hatte. Mum schien das nichts auzumachen. Ich machte schon im ersten Stock schlapp.
Doch dann hörte ich Frau Avgoustakis Stimme, >>Hey junge Mann, nicht so schnell, du helfe Mädchen mit Pappkarton.<<
Wenig später nahm mir jemand den Karton aus der Hand, ich sah hoch. Direkt in große tiefschwarze Augen, unter ihnen waren dunkle Schatten, violett, wie von einem Bluterguss. Diese Augen fesselten mich, es war unmöglich, sie nicht mehr anzusehen.
>> Kein Problem<<, sagte er nun mit einer langsamen Stimme, ich bemerkte, dass ich den Karton immer noch festhielt... wie peinlich.
>> Oh, ähm,tut mir leid.<<, sagte ich und ließ den Karton los, irgendwie schaffte ich es dann doch, nicht mehr in seine Augen starren zu müssen.
Jetzt lächelte er mich an, und zeigte mir dabei ein umwerfendes Lächeln, seine strahlend weißen Zähne sahen perfekt aus, das einzige, das mich ein wenig irritierte, waren seine langen Eckzähne.
Er nahm den Karton, als wäre es ein Blatt Papier und trug ihn mit einer Leichtigkeit vor unsere Wohnungstür. Ich ging ihm leicht verwirrt nach. Vor unserer Tür stellte er ihn dann ab.
>>Ähm...danke<<, stieß ich hervor.
Ich war zu abgelenkt von seinem Aussehen. Seine Haut war hell und makellos, nichts, kein einziger Pickel, Falte...nichts. Sein Gesicht war schmal, er hatte eine zierliche Nase,einen schmalen Mund, der fast so hell wie seine Haut war und schwarze wuschelige Haare. Er war dünn aber trotzdem muskulös und groß, ich schätzte ihn auf 19, 20 höchstens 22. Er war vollkommen in schwarz gekleidet, dass seine Haut noch heller erscheinen ließ. Er trug eine Jeans, Chucks und ein schwarzes T-shirt, das ihm bei diesem Wetter nicht kalt wurde...
>>Dann sind wir Nachbarn, ich wohne neben euch.<<, sagte er jetzt.
>>Oh, toll, ähm, ich bin übrigens Evermore, äh, Ever, also eigentlich heiße ich Evermore aber alle nennen mich Ever.<< Was redete ich da? Konnte ich in seiner Gegenwart nicht einen normalen Satz bilden?
>>Okay, dann sag ich auch Ever zu dir, ich bin Zuko.<<
>>Zuko? Das hab ich noch nie gehört...Ist das nicht irgendwie chinesisch oder japanisch oder so?<< Chinesisch? Japanisch? Was fragte ich ihn da? Er würde mich jetzt sicher für einen Volltrottel halten .. oder für geistig behindert.
Aber er lächelte, >>Meine Mutter hatte eine Faible für ausgefallene Namen... ja, und jetzt heiße ich Zuko. Keine Ahnung, wo das herkommt.<<
>>Hi<<, Mum war plötzlich in der Tür aufgetaucht und musterte ihn mit sichtlichem Interesse.
Der ist viel zu jung für dich. Und meine Mutter hatte eine Faible für junge Männer. Aber Zuko war eindeutig zu jung.
>>Hi, sie müssen Evers Mutter sein, ich bin Zuko.<<, bei dem Wort Mutter zuckte Mum zusammen, sie mochte es nicht, Mutter genannt zu werden.
>>Oh ja, das bin ich … ich heiße Michelle.<<
>> Freut mich, sie kennen zu lernen.<< Immerhin sprach er sie mit sie an, … bei ihm würde Mum es nicht so einfach haben, und ich war mir ganz sicher, das sie es versuchen würde. Und bis jetzt hatte sie alle Männer herumgekriegt.
>>Also, ich geh dann mal hinein, wir werden uns sicher bald wieder sehen.<< Anscheinend war ihm die Situation unangenehm. >>Und wenn sie irgendetwas brauchen... sie können einfach anläuten.<< Er lächelte kurz und ging dann in seine Wohnung. Mum starrte ihm nach.
>>Kommst du? Wir müssen noch die anderen Kartons holen.<<
>>Ich mach schon alleine, dir sind sie ja zu schwer<<, antwortete sie bissig. Hatte ich schon wieder etwas falsches gesagt?
Ich ging trotzdem nocheinmal mit zum Auto, um Lilo zu holen, die immer noch am Fahrersitz saß.
>>Sieht ziemlich gut aus unser neuer Nachbar, oder?<<
>>Der ist viel zu jung für dich.<<
>>Dann nimm du ihn dir doch.<<
Ich verdrehte die Augen.
>>Wenn du schneller als ich bist.<<, fügte sie hinzu.
>>Er ist wirklich zu jung!<<
>>Na und? Ich nehme mir was ich will, kann dir doch egal sein.<<
>>Ist es aber nicht. Du bist zu alt für ihn.<<
>>Ich bin nicht zu alt, verdammt nochmal!<<, sie sah mich wütend an.
>>Du hast Angst, alt zu werden, das ist alles<<, sagte ich leise.
Sie drehte sich um,>>Was hast du gerade gesagt? Ich habe Angst? Du solltest die sein, die Angst hat.<<

[Das letzte Mal]

>>Michelle? Was redest du da? .<<, ich starrte sie erstaunt an.
>>Du bist ein Monster, Evermore.<<
>>Michelle,ich bin kein Monster, ich verstehe nicht was du damit meinst.<<
>>Das musst du nicht.<< Ich war sprachlos, was sollte das jetzt, soetwas hatte Mum noch nie gesagt oder auch nur angedeutet.
Inzwischen waren wir wieder oben angekommen, ich ließ Lilo hinunter und ging in mein Zimmer, um meine Sachen einzuräumen. Ich fragte mich, ob es überhaupt sinnvoll war, sie auszupacken, wer weiß, wie lange wir wohl hier wohnen würden...
Das Auspacken dauerte den ganzen Nachmittag, doch am frühen Abend war ich endlich damit fertig. Und ich war sehr zufrieden damit.
Zum Abendessen gingen Mum und ich in ein Restaurant, da wir noch nichts zu Essen gekauft hatten. In ein Chinarestaurant, ich war kein besonderer Fan von chinesischem Essen, aber das hier schmeckte einfach nur grauenhaft. Ich würgte es trotzdem hinunter, ich wollte Mum keinen Grund geben, wieder böse auf mich zu sein. Seit unserem kurzen Gespräch hatte sie nicht mehr mit mir geredet. Sie war heute überhaupt sehr gereizt, eigentlich war das ja Normalzustand bei ihr doch heute war es besonders schlimm. Ich hatte keine Ahnung, warum, vielleicht war ihr der Stress heute einfach zu viel geworden. Meine Mutter war oft grundlos traurig, böse oder genervt. Gut gelaunt war sie fast nie, in meiner Gegenwart zumindest. Ich wusste eigentlich nur sehr wenig von ihr. Meine Mutter war ein sonderbarer Mensch, sie wirkte immer abwesend und redete nur sehr wenig mit mir. Die meiste Zeit arbeitete sie und kam immer sehr spät am Abend nach Hause, ich konnte also mehr oder weniger machen, was ich wollte.War sie erst mal zu Hause, ging sie meistens sofort schlafen.
Das ganze Abendessen über sagte Mum kein Wort zu mir, sie saß einfach nur da und sah der chinesischen Kellnerin zu, die das Essen brachte. Ich musterte sie unbemerkt, dabei sah ich ihre dunklen Augenringe, anscheinend schlief sie nicht besonders gut. Auf ihrem Gesicht hatten sich schon wenige Falten gebildet, in letzter Zeit war Mum um Jahre gealtert. Sie wirkte erschöpft und ausgelaugt, trotzdem war sie immer noch hübsch. Sie hatte große blaue Augen, blond gefärbte Haare und war sonnengebräunt. Genau das, worauf die meisten Männer total abfuhren. Ich war genau das Gegenteil von ihr, schwarze Haare, heller Teint, wahrscheinlich hatte ich das alles von meinem Vater geerbt. Meine Augen waren in einem eigenartigen rotbraun, das hatte ich sonst noch nie bei einem Menschen gesehen.
>>Mum, ähm, Michelle?<<, sie hatte mir verboten, sie Mum zu nennen.
Mum sah mich erstaunt an, wie wenn sie ganz vergessen hatte, das ich auch noch da war.
>>Was ist?<< sagte sie schroff, ich biss mir auf die Lippen, das war kein guter Zeitpunkt gewesen. Sie starrte mich immer noch an, >>Was willst du?<<
Mum seufzte und sah wieder der Kellnerin zu, doch dann begann sie zu reden, >>Vergiss das, was ich vorher gesagt habe, ich habe irgendwas gesagt, vergiss es einfach wieder.<<
>>Aber...<<
>>Vergiss es<<, sie hatte es so bestimmt gesagt, dass ich mich nicht traute, ihr zu antworten.
Den Rest des Abendessens sagte weder sie noch ich ein Wort. Ich war froh, als wir endlich gingen. Wieder zu Hause beschloss ich, sofort schlafen zu gehen, da ich einen anstrengenden Tag hinter mir hatte. Aber das war leichter gesagt als getan. Ich schloss die Augen und versuchte mich zu entspannen, ich wollte die Stimmen ausblenden. Doch das gelang mir mal wieder nicht. Irgendwo stritten sich zwei Männer, eine Katze lief über die Straße, ein Kind heulte, eine Frau telefonierte mit ihrer Freundin, weiter weg lief ein Film im Fernsehen. Das war jeden Abend so, wenn es leise war, konnte ich fast alles in meiner Umgebung hören. Am Anfang war es mir unheimlich gewesen, aber mit der Zeit hatte ich mich daran gewöhnt und gelernt, die Stimmen und Geräusche zu ignorieren. Unter Tags war das einfacher, da war es immer so laut, dass ich mich nicht unbewusst auf einzelne Stimmen konzentrieren konnte. Nur wenn ich mich anstrengte konnte ich auch Stimmen aus weiterer Entfernung hören. Doch in der Nacht war alles viel klarer und deutlicher, ich konnte jede Bewegung hören, alles, ich konnte alles hören. Obwohl ich es überhaupt nicht wollte, mich interessierten die Gespräche anderer Leute nicht, meistens waren es belanglose Dinge, die für mich total langweilig waren, außerdem kam ich mir schlecht vor, ich wollte keine fremden Menschen belauschen. Trotzdem schaffte ich es irgendwann, doch einzuschlafen.
Am nächsten Morgen wachte ich mit Rückenschmerzen auf, da meine neue Matratze sehr hart war, leise fluchend ging ich in die Küche, um Lilo zu füttern, Mum hatte in der Früh noch Lebensmittel gekauft, bevor sie weggefahren war. Da ich noch nicht Schule hatte, würden Lilo und ich uns einen schönen Tag machen.
>>Lilo, Schatz, komm her, essen!<<, Lilo kam sofort um die Ecke gerast und fraß gierig ihr Katzenfutter. Inzwischen zog ich mich um. Als ich zurück kam, war Lilo verschwunden und die Futterschüssel war leer. Ich suchte sie in der ganzen Wohnung, nichts, doch dann sah ich, dass die Haustür einen Spalt offen stand.
>>Lilo?<< Langsam öffnete ich die Tür, im Treppenhaus war auch alles leer, keine Spur von Lilo. Nur die Tür unseres neuen Nachbarn war einen Spalt breit geöffnet... Lilo war doch nicht etwa...?
In der Wohnung war alles dunkel, langsam ging ich hinein.
>>Lilo?<<, flüsterte ich leise. Die Wohnung war ähnlich aufgebaut wie unsere, nur das alles ziemlich chaotisch war. Hier hatte schon seit Ewigkeiten niemand mehr aufgeräumt. Vorsichtig ging ich ins Wohnzimmer, auch keine Lilo.
>>Suchst du was?<<, plötzlich stand Zuko hinter mir, in Boxershorts, nassen Haaren und einem Badetuch über der Schultern. Ich erschrak fürchterlich, doch dann begann mein Herz unkontrolliert zu klopfen. Ich starrte auf Zukos muskulösen Oberkörper, der genau wie seine Arme mit Tattoos bedeckt waren.
>>Oh, ähm, sorry<<, er ging zu seiner Couch und zog sich ein T-shirt über.
>> Ich … meine Katze<<, stotterte ich.
Er sah für einem Moment lang ratlos an, doch dann verstand er.
>>Du meinst die?<<, ich drehte mich um, hinter mir stand Lilo und leckte sich die Pfoten, als wäre nichts passiert.
Ich nickte und schnappte mir Lilo, ich wollte so schnell wie möglich wieder aus dieser peinlichen Situation flüchten.
>>Ich geh dann mal<<, ich lächelte ihn kurz an und ging dann zu Tür.
>>Macht ja nichts, deine Katze kann mich gerne besuchen, mich stört das überhaupt nicht.<<, er grinste mich an und zeigte mir dabei seine perfekten Zähne.
>>Okay<<, sagte ich leise und ging wieder zurück in unsere Wohnung. Zuko grinste mich immer noch an. Diesmal versperrte ich sicherheitshalber die Tür, ich wollte nicht, dass Lilo nocheinmal ausbrechen konnte. Ich hatte keine Ahnung, wie sie es geschafft hatte, überhaupt aus der Wohnung zu kommen, ich war mir sicher, dass die Tür verschlossen gewesen war.
>>Lilo, was ist dir den da eingefallen.<<, ich sah aus dem Fenster, unten spielten ein paar kleine Buben Fußball. Lilo sprang aufs Fensterbrett.
>>Willst du, dass deine Mutter ihn sich vor dir angelt?<<
Ich drehte mich erschrocken um, wer hatte das gesagt? Mum konnte es nicht gewesen sein, war jemand in die Wohnung gekommen, während ich bei Zuko gewesen war?
>>Halloooo?<<
>>Hallo zurück, dreh dich um, am Fensterbrett.<<
Ich drehte mich um, auf dem Fensterbrett saß Lilo.
>>Schau mich nicht so blöd an.<<
Ich lächelte sie an, >>Katzen können nicht reden, anscheinend bin ich jetzt schon vollkommen verrückt.<< Ich wollte aus dem Zimmer gehen.
>>Ja, Katzen können reden. Und jetzt renn nicht davon.<<
Ich ging genervt zum Fensterbrett zurück, erlaubte sich da jemand einen Scherz mit mir? Lilo fixierte mich mit ihren gelben Augen.
>>Okay, wenn du wirklich reden kannst, dann sag mir, warum zum Teufel bist zu vorher davongelaufen.<<
Es sah aus, als würde Lilo die Augen verdrehen, >>Ist doch sonnenklar, um dich und Zuko zusammenzubringen...<<
>>Du hast was gemacht? Bist du übergeschnappt?<<
>>Willst du das deine Mutter ihn bekommt, dann kannst du gleich Papa zu ihm sagen. Und ich glaube nicht, dass du das willst, oder?<<
>>Zuko kann mich sowieso nicht ausstehen.<<
>>Ich glaube er hat dich sogar sehr gerne. Und du ihn auch, oder? Naja, das ist ja wohl eindeutig. Du bringst in seiner Nähe kein Wort heraus und klotzt ihn nur vertrottelt an.<<
>>Ich klotze nicht vertrottelt und außerdem brauche ich mir das nicht von einer Katze sagen lassen.<<
>>Du glaubst mir immer noch nicht... soll ich es dir beweisen? Ich reiße einfach den Vorhang herunter.<<
Lilo stellte sich auf die Hinterbeine und krallte sich mit den Vorderpfoten im Stoff fest. Es sah aus, als würde sie mich anlächeln.
>>Lilo, nein!<<
>>Glaubst du mir jetzt endlich?<<
>>Okay, okay, anscheinend bin ich jetzt verrückt, aber egal, du kannst wirklich reden.<<
>>Du warst schon immer verrückt, naja zumindest ein bisschen, und übrigens, sag nie wieder Lilo zu mir, ich kann das nicht ausstehen. Mein richtiger Name ist Prinzessin Felicitas.<<
>>Prinzessin Felicitas? Bist du eine Prinzessin?<<
>>Ja, was denkst den du? Du glaubst doch nicht im Ernst, dass jede x – beliebige Katze sprechen kann.<<
>>Bis jetzt hast du auch nicht gesprochen...<<
>>Ich wollte nicht, das ist alles.<<
>>Aha. Und warum kannst du sprechen?<<
>>Weil ich eine Prinzessin bin.<<, die Katze wirkte genervt. >>Und ich habe jetzt wirklich keine Lust, dir meine Lebensgeschichte zu erzählen und außerdem hab ich Hunger.<<
>>Okay, du bekommst gleich etwas, aber sag mir nur eins, wie hast du die Tür aufbekommen?<<
>>Leichtes Spiel für eine Katze, auf die Hinterbeine stellen und mit den Pfoten Türklinke nach unten drücken. Das kann jede Katze. Du hast ja wirklich keine Ahnung.<<
>>Warum sollte ich auch? Bis jetzt hatte ich auch keine Ahnung, dass Katzen sprechen können. Versteht Mum dich auch?<<
>>Michelle<<, verbesserte die Katze, >>Nein, natürlich nicht, mich verstehen nur solche wie du.<<
>>Aha und was sind solche wie ich?<<
>>Mhmm, das musst du selbst herausfinden und wo bleibt mein Fressen?<<
Die Katze sprang elegant vom Fensterbrett und lief in die Küche, vor ihrem Fressnapf blieb sie erwartungsvoll stehen. Ich gab ihr noch eine kleine Portion Katzenfutter. So ganz sicher war ich mir immer noch nicht, ob das ganze echt war oder nur Einbildung.
Katzen können nicht sprechen, Katzen können nicht sprechen, es ist unmöglich, dass Katzen sprechen können... So ganz sicher war ich mir aber nicht mehr, vielleicht konnten Katzen wirklich sprechen?
Ich setzte mich zu Prinzessin Felicitas auf den Boden und sah ihr beim Fressen zu.
>>Was ist eigentlich mit meinem Vater? Du müsstest ihn doch auch kennen, oder?<<
Bei dem Wort Vater zuckte die Katze zusammen und ihre Nackenhaare sträubten sich.
>>Vergiss deinen Vater, vergiss ihn einfach. Es ist besser, wenn du ihn nicht kennst.<<
>>Aber warum, was hat er den getan, dass ich ihn nicht kennen darf?<<
>>Evermore, ich kann nicht mit dir darüber reden und jetzt nerve mich auch nicht mehr damit, sonst rede ich nie wieder mit dir.<<
>>Ähm, okay...<<
Nachdem sie fertig gegessen hatte, verschwand die Katze für den ganzen Nachmittag, wahrscheinlich wollte sie meinen unangenehmen Fragen ausweichen. Lilo kam mir leicht eingebildet und überheblich vor, wer will den schon Prinzessin Felicitas genannt werden? Aber besser als gar nichts, jetzt hatte ich wenigstens jemanden, mit dem ich reden konnte. Vielleicht würden wir beide ja Freundinnen werden...
Den Rest des Tages verbrachte ich damit, fernzuschauen und die Wohnung genauer unter die Lupe zu nehmen. Sogar in Mums Zimmer ging ich, sie würde mich umbringen, wenn sie das erfuhr. Das Regal an der Wand war vollgepackt mit Kartons und Schachteln, ich öffnete eine, heraus kamen Unmengen alter Fotos, das musste Mum gewesen sein, als sie noch ein Kind war. Damals hatte sie noch eine große Ähnlichkeit mit mir. Dunkle Haare, helle Sommersprossen, und eine cremefarbene Haut. Auf einem Foto sah ich sie zusammen mit einem Mann und einer Frau, dass mussten meine Großeltern sein... Ich starrte das Foto sehr lange an.
>>Was zum Teufel tust du hier?<<, ich schrak hoch, Prinzessin Felicitas stand in der Tür, >>Das sind die Sachen deiner Mutter, lass das in Ruhe, räum das sofort wieder ein... Wenn Michelle das erfährt.<<
>>Sie wird es nicht erfahren, solange du den Mund hältst.<<
Schnell packte ich wieder alle Sachen zusammen und ging aus Mums Zimmer.
>>Du solltest dich auf morgen vorbereiten, dein erster Schultag.<<
Schule... Ich mochte sie nicht, immer die neue sein zu müssen ist ziemlich nervig. Mit dem Unterricht hatte ich kein Problem, obwohl wir dauernd umzogen kam ich im Stoff immer mit, hatte ich mir einmal etwas durchgelesen, vergaß ich es nie wieder. So waren meine Noten auch immer perfekt. Das war mein großes Glück, sonst wäre es unmöglich für mich, immer wieder zuzuziehen und trotzdem gute Noten zu haben.
>>Was soll ich bitte für morgen vorbereiten?<<, rief ich der Katze hinterher.
>>Vorbereitung kann nie schaden<<, ich verdrehte die Augen.
>>Das hab ich gesehen.<<
Ich streckte ihr die Zunge heraus, keine Antwort. Langsam nervte die Katze mich. Immer dieses besserwisserische Getue, und dazu noch von einer Katze...
Mum kam erst spät zurück, ich kochte uns beiden Nudeln. Sie sah noch erschöpfter als sonst aus.
>>Alles okay, Michelle. Wie war dein erster Tag in der Arbeit?<<, irgendetwas musste ich ja sagen.
>>Ganz gut<<, murmelte Mum in ihren Teller.
>>Und …. sind alle nett?<<
>>Kannst du mich bitte in Ruhe essen lassen?<<
Ich nickte genervt, >>Nie kann man mit dir normal reden, nie. Immer blockst du ab. Ich frage dich was ganz normales und du regst dich sofort auf. Weißt du wie gemein das ist?<<
Ich ging in mein Zimmer und knallte die Tür zu. Was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste, war, dass ich meine Mutter zum letzten Mal lebend gesehen hatte.

[Blut]

Wenig später ertönte >>My Chemical Romance<< in voller Lautstärke aus meinen Kopfhörern. Ich lag auf meinem Bett und starrte Löcher in die Luft. Böse und enttäuscht von Mum. Zu oft hatte ich mir schon eine normale Mutter gewünscht. Aber mein Leben schien eindeutig nicht unter einem guten Stern zu stehen. Durch die dauernden Umzüge hatte ich noch nie richtige Freunde gefunden, später hatte ich es nicht einmal mehr versucht, weil es sowieso sinnlos war, kaum hatte ich mich mit jemandem angefreundet musste ich auch schon wieder umziehen und Fernfreundschaften hielten nicht besonders lange. Ich war die Einsamkeit gewöhnt obwohl ich sie zugleich hasste. So gerne wäre ich ein Mädchen aus einem Teeniefilm gewesen, mit vielen Freundinnen, Eltern, einem kleinen Bruder, Shoppen, Partys, sonst nichts im Kopf. Und natürlich einem Freund. Das ist meine Vorstellung von einem perfekten Leben, meins ist genau das Gegenteil davon. Das Wort Freund ist wie ein Fremdwort für mich. Ich hatte noch nie auch nur ansatzweise einen. Ich hatte mich immer dazu gezwungen, nie mehr Gefühle für einen Jungen aufzubauen, da ich genau wusste, dass dies in riesigem Liebeskummer enden würde, wenn ich erst wieder wegziehen musste.
Bis zu meinem 18-ten Lebensjahr schien mir meine Situation ziemlich aussichtslos zu sein.
Plötzlich tauchte ein Katzenkopf direkt über mir auf, erschrocken setzte ich mich auf, die Katze fiel von meiner Brust. Ich riss mir die Kopfhörer aus den Ohren.
>>Warum musst du mich so erschrecken?<<, fuhr ich sie wütend an.
Die Katze sah mich eiskalt an, >>Selber Schuld, wenn du so laut Musik hörst und mich nicht bemerkst!<< Dann begann sie sich ihr Fell zu lecken.
>>Das ist ja wohl die Höhe!<<, fauchte ich, >>Lass mich einfach in Ruhe, siehst du nicht das es mir gerade nicht so toll geht?<<
Ich war den Tränen nahe, mein Leben schien mir in diesem Moment noch viel schlimmer als sonst.
>>Gut, dann hald nicht. Wenn du an deiner Einsamkeit sterben willst! Bitte! Auch gut.. Dann geh ich eben<<, sie sprang elegant von meinem Bett und verschwand.
Ich konnte kaum meine Tränen halten, wenig später rannen sie mir schon über die Wangen, Verzweiflung.

Als ich aufwachte war Mum schon lange weg, ich stand auf, fütterte Lilo, für mich war sie immer noch Lilo und nicht Prinzessin Felicitas, machte mir Cornflakes, schminkte mich und machte mich dann auf den Weg in die Schule. Vor ein paar Tagen hatte ich mir eine Wegbeschreibung ausgedruckt, ich wollte auf keinen Fall am ersten Tag zu spät in die Schule kommen, das machte keinen guten Eindruck, und damit hatte ich schon Erfahrung. Zu meinem Glück war meine neue Schule nicht allzu weit weg, auch zwischen Hochhäusern, besprüht mit Graffiti. Ich versuchte mich unter die anderen Schüler zu mischen, die auf den Weg in ihre Klassen waren. Besonders fiel ich nicht auf, obwohl die meisten anderen Schüler eher sportlich angezogen waren. Die Mädchen waren meiner Meinung nach ziemlich billig gekleidet. Mit wasserstoffblonden Haaren, die bis zu ihren Hüften gingen, Extentions. Dazu Solarimteint und stark geschminkt, viele waren an der Oberlippe gepierct. Ich verabscheute solche Leute für gewöhnlich, hatte aber schon viel Erfahrung und wusste genau, wie ich mit ihnen umgehen musste.
Ich fragte ein halbwegs normales Mädchen nach meiner Klasse, 7b. Sie beschrieb mir den Weg und fünf Minuten vor dem Läuten war ich in meiner Klasse angekommen. Alle Augenpaare waren auf mich gerichtet. Schon wieder einmal war ich die Neue. Ich blieb wie immer vor dem Lehrertisch stehen und wartete bis es zur Stunde läutete und der Lehrer hereinkam.
>>Uh, ein Emo<<, wurde ich von einem Brathuhn mit 3 Millimeter Frisur begrüßt.
Ich musterte ihn abwertend. Er grinste mich herausfordend an. Ich würde mich sicher nicht mit ihm anlegen. Dann hatte ich die ganze Klasse gegen mich. Und dann würden die nächsten 3 Monate Horror werden. Das musste ich so gut es ging verhindern.
>>Probleme damit?<<, fragte ich ihn kühl.
Er lachte,>>Wie heißt du?<<
>>Evermore, Du?<<
>>King Andy<<, anscheinend hielt er sich für den heißesten Menschen der Welt, Irgendwie erinnerte er mich damit an Lilo, die auch Prinzessin Felicitas genannt werden wollte. Trotzdem verabscheute ich >>King Andy<< schon jetzt.
>>Aha.<<
>>Na, beeindruckt?<<
>>Nicht wirklich<<
>>Haha, das wirst du schon noch werden!<<, Blöd nur, das er keine Zeit mehr dazu haben würde, mich zu beeindrucken.
Es läutete und der Lehrer kam herein, >>King Andy<< ging >>Das ist Wahnsinn<< singend zu seinem Platz. Ich blieb vorne beim Lehrertisch stehen.
>>Evermore?<<, der Lehrer stand neben mir.
Ich nickte.
>>Willkommen, sie können sich in die letzte Reihe setzen, stellen sie sich kurz der Klasse vor?<<
Ich nickte wieder und hasste ihn dafür, ich hasste es im Mittelpunkt zu stehen.
>>Hey, ich bin Ever...<<, begann ich.
>>Und ich bin ein Emo und hässlich<<, ergänzte Andy
>>Danke Andy, Evermore, Sie können sich setzen.<<
Ohne ein Wort setzte ich mich, immernoch starrten mich alle an. Am liebsten hätte ich >>King Andy<< erschossen.
Plötzlich schrie er auf und hielt sich seinen Kopf. Alle rannten erschrocken herum, irgendjemand holte den Schularzt. Ich starrte ununterbrochen >>King Andy<<'s Kopf von hinten an. Es war unmöglich den Blick abzuwenden. Ich hatte das blöde Gefühl, dass ich mit Andys plötzlichen Kopfschmerzen irgendetwas zu tun hatte. Zusammen mit dem Schularzt und ein paar anderen Schülern schaffte es unser Lehrer, Andy aus dem Klassenzimmer zu tragen und ihn in das Behandlungszimmer zu schaffen. Meine Verbindung zu Andy riss deutlich ab.
Nach einer halben Stunde kam unser Lehrer zurück, ohne Andy, und erklärte das seine merkwürdigen Kopfschmerzen schon viel besser waren. Ich war mir sicher, dass ich das war. Zum Glück war ich da die einzige.
Der Rest des Schultages verlief ereignislos und ich freute mich insgeheim die ganze Zeit, dass ich es >>King Andy<< gezeigt hatte.
Um zwei Uhr hatten wir endlich aus, Mum war wohl noch nicht zu Hause und ich konnte den Nachmittag mit Fernsehen verbringen. Nach 10 Minuten war ich bei unserer Stiege angekommen, grüßte Frau Avgoustakis, die mich zahnlos anlächelte und danach irgendetwas murmelte.
Unsere Haustür stand sperrangelweit offen. Ich hatte sofort wieder Lilo unter Verdacht. War sie schon wieder abgehauen? Ich ging in die Wohnung und rief ihren Namen. Keine Antwort. Alles war dunkel, die Jalousien und Vorhänge alle zugezogen. Ich hatte wenig Probleme, mich in der Dunkelheit fortzubewegen, ich konnte alle Umrisse deutlich erkennen.
>>Lilo, wo bist du? Das ist nicht lustig!<<
Plötzlich stolperte ich über etwas hartes. Ich wusste nicht, was es war, und ich konnte mich nicht daran erinnern, dass wir einen Karton im Wohnzimmer stehen gelassen hatten. Langsam tastete ich mich an der Wand vor, um einen Lichtschalter zu suchen. Ich hatte ein mulmiges Gefühl. Vielleicht war Mum schon zu Hause. Aber warum antwortete sie dann nicht?
Endlich fanden meine zitternden Hände einen Lichtschalter.

Der ganze Boden ist voller Blut. Alles voller Blut. Der Teppich ist getränkt damit. Und vor meinen Füßen, in der Mitte des Blutes liegt meine Mutter am Boden. Ihr Kopf ist merkwürdig zur Seite gedreht, die Augen stark geweitetet, der Mund steht offen. Sie ist auch voller Blut. Gleich daneben liegt Lilo auf der Seite. Auch sie ist voller Blut. Blut. Blut. Blut.......

Ich höre einen markerschütternden Schrei.
Das muss ich gewesen sein.
Ich sinke nieder in das ganze Blut.
Ich kann mich nicht mehr bewegen, meine Hände versuchen sich verzweifelt an die Wand zu klammern um nicht umzukippen. Mein ganzer Körper zittert fürchterlich. Ich weiß es schon jetzt, sie sind tot.

Jemand packt mich von hinten presst mich an sich und hält mir den Mund zu.

[Tot]

>>Ever, ganz ruhig, ich bin da. Du brauchst keine Angst haben. Ich bringe dich jetzt hinaus.<<
Ich nickte und sackte gleich darauf zusammen.

Alles drehte sich, von irgendwo kam kalte Luft her. Überall Stimmen. Ich hatte das Gefühl, als ob mein Kopf gleich explodieren wollte. Nein, ich musste mich konzentrieren. Ausnahmsweise konnte ich nichts verstehen. Es plätscherte alles nur vor sich hin.
Etwas strich über meinen Hals, ich spürte, wie ich eine Gänsehaut bekam, bewegen konnte ich mich nicht, wie wenn ich aus Stein wäre.
Lautere Stimmen. Ich versuchte die Augen zu öffnen, schaffte es aber nicht. Es hatte keinen Sinn. Dafür waren die Stimmen jetzt viel klarer.
>>Alles okay mit ihnen? Ist das Mädchen schon aufgewacht?<<
>>Ja, danke. Nein, aber ich denke bald. Sie reagiert schon.<<
>>Guten Tag, ich bin der Hauptkomissar, ich würde ihnen gerne ein paar Fragen stellen, könnten sie bitte kurz mitkommen. Und ist das Mädchen schon wach?<<
>>Ja natürlich.<<
>>Nein, es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis sie sie befragen können. Hat wohl einen ziemlichen Schock erlitten.<<
Ich hörte wie sich Schritte entfernten.

>>Evermore, komm, aufwachen!<<, sagte jemand leise zu mir und strich mir über den Arm. Ich öffnete schlaftrunken die Augen und setzte mich auf. Mein Kopf tat schrecklich weh und ich fühlte mich erschöpft und schwach.
Neben mir kniete Zuko, der mich besorgt ansah. Seine Hand lag immer noch auf meinem Arm.
Wir waren in seiner Wohnung, ich erkannte alles sofort wieder. Ich saß auf seiner Couch, mit einer dunklen Decke zugedeckt, auf dem kleinen Tisch neben mir standen Medikamente und ein Glas. Zuko folgte meinem Blick.
>>Möchtest du etwas trinken?<<
Ich nickte kurz, meine Kehle war wie ausgetrocknet, er stand mit einer eleganten Bewegung auf und holte einen Krug mit Wasser aus der Küche.
>>Ich hab Kopfweh<<, murmelte ich leise.
>>Mmmmhm? Möchtest du ein Pulver haben?<<
Ich nickte wieder. Er schenkte mir Wasser ein und reichte es mir mit einer kleinen weißen Tablette.
Das Wasser tat meinem ausgetrocknetem Mund gut.
>>Jetzt geht’s dir sicher gleich besser<<, er setzte sich neben mich auf die Couch und zog die Beine an. Er schien nachzudenken.
>>Was mache ich hier eigentlich?<<, fragte ich ihn plötzlich erstaunt.
Er seufzte, >>Ich komm gleich wieder.<< und stand auf.
Wenig später kam er mit einem Sanitäter zurück.
>>Wie fühlen sie sich?<<, er sah mich mit prüfendem Blick an.
>>Bin ich umgekippt? Hab ich mir wehgetan? Was ist passiert?<<, fragte ich nun auch ihn.
>>Wie fühlen sie sich?<<, wiederholte der Sanitäter.
>>Was ist los? Was ist passiert?<<, schrie ich ihn fast weinend an. Warum sagte mir niemand, was los war. Zuko verzog schmerzverzehrt sein Gesicht.
>>Was ist los?<<, nun sah ich ihm direkt in die Augen. Sie sahen traurig aus.
>>Wir sollten das lieber einen Fachmann machen lassen, ich habe bereits einen Psychologen angerufen, der wird sich darum kümmern, derzeit hat sie noch ein Trauma.<<, Zuko nickte.
>>Was? Trauma?<<, ich sah beide verwirrt an.
>>Ja<<, sagte Zuko knapp und ging es dem Raum.
Der Sanitäter untersuchte mich, ich ließ alles stillschweigend über mich ergehen. Irgendwie hatte ich mein ganzes Körpergefühl verloren, ich fühlte mich wie eine Puppe.

>>Hallo Evermore!<<, ein etwas älterer Mann stand vor mir und reichte mir seine Hand. Sein Haar war bereits ergraut und er hatte wenige Falten. Seine Augen schienen mich anzulächeln.
>>Hallo.<<
>>Ich bin Mr. Mayer, Psychologe und ich würde mich gerne mit dir unterhalten.<<
Zuko stand in der Tür und beobachtete uns, er hatte die Augen zusammengekniffen und sah abwartend aus. Das erhöhte meine Angst.
>>Was wollen Sie von mir?<<, ich sah ihn misstrauisch an.
Er streckte seine Hand aus, um mich zu berühren. Ich zuckte zurück.
>>Könnten Sie bitte kurz hinaus gehen.<< er drehte sich zu Zuko um.

Schreie. Nur diesmal war ich mir bewusst, das es meine waren. Plötzlich konnte ich mich wieder an alles erinnern. Blut. Meine Mutter. Ermordet. Erschossen.
>>Evermore, bleib bei mir! Nicht umkippen.<<, ich wurde unsanft am Arm gepackt.
Ich versuchte zu nicken, doch alles drehte sich. Jemand hob mich auf und trug mich weg.
Licht. Ich öffnete die Augen. Dieser Jemand hatte mich in einen Krankenwagen gebracht. Eine Infusion hing an meinem Arm. Meine Augen taten weh. Ich wollte weinen, aber ich konnte nicht. Ich konnte nichts. Nur daliegen und an eins denken. Sie war tot. TOT. Ermordet.
>>Ever...<<, jemand nahm meine Hand. Zuko beugte sich über mich, sodass ich ihn sehen konnte.
>>Es tut mir so leid.<<, er sah weg.
Ich schluckte.
>>Sie wollen dich noch ins Krankenhaus bringen. Danach hole ich dich ab, okay? Wir müssen hier abhauen, du bist in Gefahr. Ich packe alle deine Sachen zusammen. Mach dir keine Sorgen. Alles wird gut. Wir schaffen das. Du musst mir vertrauen. Bitte, Evermore. Bitte...<<, seine Stimme war ganz nahe bei meinem Ohr. Niemand außer mir sollte das hören. Ich drehte meinen Kopf. Ich wollte ihn ansehen.
>>Zuko, was ist los?<<, meine Stimme war merkwürdig weit weg.
>>Ich werde dir später alles erzählen! Vertraue mir einfach.<<
>>Ja.<<, flüsterte ich.
>>Ich muss gehen. Ich komm ins Krankenhaus. Du schaffst das. Ich bin bald wieder da.<<
Er verschwand und wenig später setzte sich ein Sanitäter neben mich.
>>Dein Freund?<<, versuchte er ein Gespräch mit mir anfangen.
>>Nein<<, sagte ich leise,>>Mein Nachbar.<<
>>Achso, verstehe.<<,er lächelte mich gezwungen an. Warum waren plötzlich alle so schrecklich nett zu mir? Ich wollte alleine sein, nur weil meine Mutter tot war kümmerten sich alle um mich.
Der Wagen fuhr los. Ich spürte, wie mein Körper zitterte.
>>Alles okay?<<, der Sanitäter musterte mich. Nein, nichts war okay. Meine Mutter war tot. Und meine Katze. Rein gar nichts war okay. Ich hatte keine Ahnung, wie mein Leben weitergehen sollte.
Trotzdem nickte ich. Ich wollte kein falsches Mitleid.
Samt Trage wurde ich aus dem Auto geschoben. Leute starrten mich an. Ich ignorierte es.
>>Ja, nur kurz noch einmal untersuchen.<<
>>Evermore Evans.<<
>>Okay, wir bringen sie hin...<<
>>Das wird schon wieder Kleine.<<
Wortfetzen.
Ich wurde aufgesetzt und schon wieder untersucht. Ich ließ es wieder über mich ergehen. Dann wurde ich in ein Bett gelegt. Krankenschwestern lächelten mich an. Licht aus Neonröhren. Klinischer Geruch.

Und dann kam Zuko.
>>Ja, ich bin ihr Bruder. Ich werde sie zu ihrer Oma bringen... Ja, dort kann sie vorerst bleiben. Okay, werde ich machen.<<
>>Hallo Ever.<<, er kniete wieder neben mir und flüsterte in mein Ohr. Ich sah ihn an.
>>Ich kenne meine Oma nicht... Du bist doch nicht mein Bruder<<
>>Nein, bin ich nicht. Aber dass muss niemand hier wissen. Und bis sie draufkommen sind wir schon weg. Unorganisierter Haufen hier.<<
>>Wohin?<<
>>Weg. In Sicherheit.<<
>>Vor was?<<
>>Ich will nicht, dass dir auch noch was passiert. Du musst mir einfach vertrauen.<<
Ich nickte.
>>Kannst du alleine aufstehen?<<
Sanft schlangen sich seine Arme unter meine Hüften und er hob mich hoch. Wenig später stand ich leicht zitternd auf meinen eigenen Beinen.
Er legte seinen Arm um mich und stützte mich.
>>Viel Glück, Evermore.<<, sagte eine Schwester, die an uns vorbeilief.
Langsam näherten wir uns dem Ausgang, ich hatte Probleme, auf meinen eigenen Beinen zu stehen. Es fühlte sich alles wackelig an.
Endlich hatten wir den Ausgang. Statt stickiger Krankenhausluft atmete ich jetzt frische Herbstluft. Wir standen auf einer Allee, umsäumt mit Ahornbäumen, hin wieder Bänke. Auf denen saßen Leute und genossen die frische Luft. Ausnahmsweise regnete es nicht. Menschen mit Verbänden und Krücken oder in Rollstühlen kamen uns entgegen. Niemand schien uns besonders zu beachten. Bald waren wir am Parkplatz angekommen. Zuko führte mich zu einem schwarzen Lamborghini.
>>Deiner?<<, fragte ich ihn erstaunt.
Er nickte stolz.
>>Deine Sachen sind schon drinnen. Wir haben einen weiten Weg vor uns.<<
>>Wo fahren wir hin?<<
>>New York<<
>>New York?<<
>>Ja.<<
>>Was machen wir dort?<<, er ging ums Auto herum und öffnete mir die Tür. Ich war noch nie in einem solchen Auto gesessen. Alles elegant in Schwarz gehalten. Sowas kannte ich nur aus dem Fernsehen.
>>Dort bist du in Sicherheit,<< antwortete er mir, während er mir half, einzusteigen.
>>Vor was?<<
>>Wirst du noch früh genug erfahren. Du solltest nicht zu viel fragen.<<, sagte er betrübt. Die dunklen Schatten um seine Augen schienen noch stärker geworden zu sein. In der Sonne sah seine Haut fast weiß aus.
Er setzte sich neben mich und fuhr los. Das Auto machte fast kein Geräusch. Alle Leute starrten das Auto an. Zum Glück konnten sie mich durch die getönten Scheiben nicht sehen.
Ich musterte Zuko. Er sah ununterbrochen auf die Straße. Seine hellen Arme lagen locker auf dem Lenkrad. Sie waren von roten dunklen Adern durchzogen und hart, muskulös. Er war wieder vollkommen schwarz angezogen. Wie konnte ein Mensch nur so verdammt gut aussehen …
Neben ihm fühlte ich mich hässlich.
Lange wechselten wir kein einziges Wort. Ich wollte ihn nicht beim Fahren stören.
Und außerdem wollte ich nachdenken. Endlich konnte ich wieder klar denken.
Meine Mutter war tot. Ebenso meine Katze. Beide erschossen. Es wurde keine Waffe gefunden. Also kein Selbstmord. Als ich meine Mutter gefunden hatte, war sie schon ca. 2 Stunden tot. Aber was hatte sie um diese Zeit schon zu Hause gemacht? Und wer wollte sie töten? Niemand kannte uns hier. Niemand wusste, dass wir hier wohnten. War das alles nur ein merkwürdiger Zufall? Aber warum sagte Zuko dann, dass ich in Gefahr war? Er wusste eindeutig mehr als ich. Ich hatte laut angefangen zu schreien. So hatte er mich gefunden. Sofort die Polizei und Rettung gerufen. Doch das war schon viel zu spät. Meine Mutter war tot.
Stunden später waren wir endlich angekommen. Der Morgen graute schon. New York. Irgendwann hielt Zuko vor einem großen Haus. Wir stiegen beide aus.

[Willkommen im neuen Leben]

>>Zuko, wo sind wir hier?<<, ich sah ihn fragend an.
Wir standen vor einem großen, weißen, alt wirkendem Haus. Die Fenster waren verziert und auf der Wand befanden sich Ornamente. Auch alles in weiß.
>>Brooklyn.<<, anwortete er und sprang leichtfüßig die Treppe empor. Er klingelte. Ich blieb unschlüssig neben dem Auto stehen.
Wenig später wurde die Tür geöffnet. Die Person stand aber im Dunkeln des Flurs.
>>Zuko!!!!!!!!!!!<<, kreischte plötzlich eine weibliche Stimme und umarmte ihn stürmisch. Ich sah nur lange blonde Haare wehen. Sekundenlang lagen sich die beiden in den Armen.
>>Hey<<, ich machte ein paar Schritte auf die beiden zu.
Das Mädchen ließ ihn los und gab ihm einen Kuss auf den Mund. Sie musterte mich eingehend mit einem arroganten Blick.
Ich sie ebenfalls. Sie war genau so eine Schönheit wie Zuko, blondes fast weißes Haar, cremefarbene Haut, dunkle Augen mit Augenringen darunter und knallroten Lippen. Das Mädchen war groß, dazu trug sie noch Highheels und eine schwarze Röhrenjeans, die sie noch größer wirken ließen. Sie hatte die Figur eines Topmodels, gertenschlank und zierlich.
>>Zuko, wer ist das?<<, sie stieg die Treppe hinunter und blieb direkt vor mir stehen.
Zuko drehte sich um, >>Das ist Evermore.<<
>>Aha, schön. Was macht sie hier?<<, sie warf die Haare zurück und ging ins Haus zurück ohne eine Antwort abzuwarten. Ich war hier wohl eindeutig nicht sehr willkommen.
Zuko war wie angewurtzelt stehengeblieben und sah ihr nachdenklich nach.
>>Und wer war das?<<
>>Das war Celine<<, er lächelte mich an.
>>Sie scheint mich aber nicht besonders zu mögen<<, murmelte ich leise.
Er hatte es anscheinend trotzdem gehört,>>Ach, das wird schon. Sie mag Menschen, die sie nicht kennt im allgemeinen nicht, aber ich bin mir sicher, dass ihr Freundinnen werdet. Gib ihr nur ein bisschen Zeit.<<
Ich war mir ziemlich sicher, dass Celine und ich nie wirkliche Freundinnen werden würden. Trotzdem behielt ich es für mich.
>>Komm, wir gehen mal rein, die anderen begrüßen.<<, ein Mann in Anzug eilte an uns vorbei und Zuko reichte ihm seinen Autoschlüssel. Nun betraten wir das. Wir standen in einem großen Vorraum. Gegenüber der Tür waren zwei marmorne Treppen, die ins zweite Stockwerk führten. Die Tapete war aus dunkler Seide, die an manchen Stellen schon ziemlich mitgenommen aussah. Im unteren drittel der Wand befand sich eine Holztäfelung. An den Wänden hingen Bilder, Porträits von irgendwelchen Menschen. Obwohl alles alt und irgendwie benutzt aussah, roch es gut wie nach einem teuren Parfum, Rosen vermutete ich.
Zuko stieg eine Treppe hinauf und ich ging im langsam nach. Ich bewunderte immer noch den Vorraum, erst jetzt sah ich den riesigen Kristallluster an der Decke. Das alles beeindruckte mich.
>>Zuko!<<, ein junger Mann stand im zweiten Geschoss und lächelte uns an. Auch er war bleich, hatte dunkle Augenringe und war wunderschön. Und er hatte im Gegensatz zu Zuko kurze braune Haare.
>>Ty.<<, anwortete Zuko und umarmte ihn freundschaftlich.
Dann kam er auf mich zu, >>Hi, ich bin Ty.<< er hielt mir seine Hand hin.
>>Evermore<<, sagte ich leise und ergriff sie vorsichtig.
>>Freut mich, dich kennenzulernen<<, Ty grinste. Wenigstens einer, der freundlich war.
Zuko sah ihn drängend an.
>>Ich bringe euch zu Narzissa<<, wir gingen ihm nach, durch lange Korridore, bis Ty vor einer Tür stehenblieb und klopfte.
>>Mum? Zuko ist hier!<<, die Tür wurde geöffnet und eine Frau trat heraus. Sie war ziemlich groß, hatte braunes Haar, das sie zu einem Dutt hochgesteckt hatte und trug einen Hosenanzug. Sie wirkte kühl und streng, ich fand sie irgendwie unsympathisch.
>>Schön, dich auch wieder mal hier zu sehen. Du hast unsere letzten Treffen verpasst. Der Club fand das sehr schade.<<, sie zog die Augenbrauen hoch. Ich verstand rein gar nichts.
>>Und wer ist das da?<<, jetzt sah sie mich an. Ich war wie erstarrt.
>>Das ist Evermore.<<, antwortete Zuko schnell, >>Wir müssen uns noch miteinander unterhalten, es ist wichtig.<<
Narzissa nickte knapp und verschwand wieder hinter der Tür.
>>Man, du hättest dich echt öfter bei uns blicken lassen können. Ich hab dich vermisst<<, bemerkte Ty.
>>Ich glaube nicht, dass das so eine gute Idee gewesen wäre. Du weißt genau, wie Narzissa und James auf mich zu sprechen sind.<<, er sah ihm tief in die Augen. Ich stand daneben und fühlte mich überflüssig.
>>Mum und Dad sind schon lange nicht mehr böse deswegen. Sie haben dir vergeben<<
>>Du weißt genau, dass ich kein Familienmensch bin, früher oder später hätte ich es nicht mehr ausgehalten<<
>>Aber du hast von Anfang an zu unserer Familie gehört, von dem Tag an, an dem Dad mit dir nach Hause kam. Du wirfst es weg. Für dein Einsiedlerleben. Aber gut, ist ja nicht mein Leben. Auf jeden Fall haben Celine und ich dich sehr vermisst.<<, er drehte sich um und ging davon.
>>Ty, warte<<, Zuko ging ihm ein paar Schritte nach,>>Ich weiß das auch sehr zu schätzen, okay? Aber euer Leben ist nun mal nichts für mich. Ich zwinge euch auch nicht, so wie ich zu leben. Ich halte es nicht aus, eingesperrt zu sein. Damit müsst ihr euch abfinden.<<
>>Ja, ich habs kapiert!<<,fachte Ty und verschwand nun endgültig.
Zuko drehte sich zu mir um,>>Bist du müde?<<, ich nickte, seit mehr als 24 Stunden hatte ich jetzt wohl nicht mehr geschlafen, ich sehnte mich nach einem Bett.
>>Warte, ich geh Celine suchen.<<
Er stieg die Treppe wieder hinunter und ich blieb alleine zurück. Irgendwie fühlte ich mich unbehaglich in diesem großen Haus, mit Menschen die ich kaum kannte. Ich hatte kein Problem damit, alleine zu sein. Aber hier fühlte ich mich wie in der Wüste ausgesetzt. Ich hatte keine Ahnung, wo ich war und wer diese ganzen Leute waren und was sie von mir wollten oder was ich hier sollte. Ich wusste ja nichteinmal etwas über Zuko, der mich hierhergebracht hatte. Ich war in Gefahr, das war das einzige, was ich wusste, und hier in Sicherheit. Aber das half mir auch nicht viel weiter.
Celine sah mich mit ihrem arroganten Blick an, ich versuchte ihm standzuhalten.
>>Du bist also müde?<<, fragte sie mich böse lächelnd.
>>Ja, sie hat die ganze Fahrt von Chicago nach New York nichts geschlafen, das ist normal<<, antwortete Zuko für mich.
>>Mhm, ich dachte wir wollen heute fortgehen, aber bitte, wenn ihr beide lieber schlafen wollt. Ich zeige euch die Gästezimmer. Richard hat schon ihre Sachen in eins gebracht.<<
Wir gingen wieder den langen Gang entlang, der dann plötzlich um die Ecke führte.
>>So da wären wir<<, Celine blieb vor einer Tür stehen,>>Das ist euer Badezimmer, ich hoffe, es stört euch nicht, dass ihr es teilen müsst. Und das ist dein Zimmer, sie deutete auf eine Tür rechts neben dem Badezimmer.<<
Ich nickte. Zuko lächelte mich ermutigend an.
>>Ich werde mich auch ein bisschen hinlegen<<, meinte er nun, >>Ever, wenn du irgendetwas brauchst, ich bin da, wird wohl noch eine Weile dauern, bis du dich hier zurechtgefunden hast.<<
Das würde es wohl tun, für mich war das ganze Haus viel zu groß, und ich hatte erst einen Bruchteil davon gesehen, dessen war ich mir ziemlich sicher.
>>>Also gut, ich geh dann mal pennen, schlaf gut Ever<<, Zuko lächelte mich müde an und öffnete die Tür links vom Badezimmer. Celine folgte ihm hinein.
Ich blieb alleine im gruseligem Korridor zurück. Mit einem komischen Gefühl. Alles sagte mir, dass Zuko etwas mit Celine hatte, ich war schon ein wenig eifersüchtig, aber das wäre wohl jedes Mädchen gewesen.
Schließlich öffnete ich die Tür zu meinem Zimmer, es war klein und schlicht. Auf der Wand gegenüber von der Tür befand sich ein Fenster, die Vorhänge waren zugezogen. Rechts davon stand ein kleines Bett daneben ein Kasten und ein Stuhl, die Wände waren weiß und kahl. Auf dem dunklen Holzboden standen Sporttaschen, gefüllt mit meinen Sachen. Ich suchte mir eine Leggings und ein Tshirt heraus, und legte mich ins Bett.
Obwohl ich verdammt müde war, konnte ich überhaupt nicht einschlafen. Es war einfach zu viel passiert, in nur einem Tag wurde mein ganzes Leben auf den Kopf gestellt, im negativen Sinn. Meine Mutter und meine Katze waren tot, das einzige, dass ich seit meiner Geburt kannte. Ich hatte sie geliebt, auch wenn diese Liebe einseitig gewesen war und nie erwiedert wurde. Diese Frau war meine Mutter und sie hatte mir etwas bedeutet. Sehr viel sogar, etwas normales in meinem chaotischem Leben, etwas, dass nicht bei einem unserer vielen Umzüge zurückblieb.
Ich begann zu heulen, zum ersten Mal seit dem Tod meiner Mutter. Vorher hatte ich es einfach nicht können. Die Tränen brachen wie wild aus mir heraus. Ich war vollkommen verzweifelt. Noch nie war ich mit meinem Leben zufrieden gewesen, aber ich wollte nicht bei fremden Leuten in einem fremden Haus leben.
Ich schlug meinen Kopf gegen die Wand vor Verzweiflung, es tat gut, der körperliche Schmerz linderte meinen Inneren.
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und jemand kam herein, ich konnte ihn im Zwielicht des Zimmers kaum erkennen.
>>Was zum Teufel machst du?<<, Zukos Stimme. Ich brachte kein Wort hinaus, mein ganzer Körper zitterte, ich schluchzte und die Tränen wollten nicht aufhören, aus meinen Augen zu rinnen. Und mein Kopf tat mir nun auch schrecklich weh. Ich hätte ihn lieber nicht gegen die Wand hauen sollen. Das war wahrscheinlich auch das, was Zuko gehört hatte. Er musste mich für verrückt halten. Ich kam mir vor wie eine Gestörte.
Das Zimmer war plötzlich hell. Zuko hatte das Licht aufgedreht.
Ich sahs in eine Ecke des Bettes gekauert, verheult und zitternd. Er setzte sich vorsichtig neben mich. Dann streckte er seinen Arm aus, um meinen zu berühren. Er zog mich auf seinen Schoß und umarmte mich. Soetwas hatte noch nie jemand bei mir gemacht. Wir saßen eine Weile nur da, ich immer noch zitternd auf ihm, er strich mir beruhigend über den Rücken. Es fühlte sich gut an, viel zu gut.

>>Evermore, du musst jetzt stark sein, wir zwei schaffen das zusammen!<<
>>Aber....<<, stieß ich unter Tränen hervor.>>Ich kenne dich nicht einmal gut, und alles hier... Ich weiß nicht, wie ich das alles schaffen soll, Zuko.
>>Du musst nichts schaffen! Wir schaffen das zusammen, okay? Ich bin für dich da. Immer, egal wann. Ich helfe dir. Du bist nicht alleine.
Ich nichte, >>Okay... <<
>>Gut<<, er lächelte mich an.>>Du solltest jetzt schlafen! Ich hole dir etwas zu trinken.<<
Wenig später kam er mit einem kleinen Pulver und einem Glas Wasser zurück. Ich schluckte es und trank das ganze Glas leer. Danach wurde ich schrecklich müde. Zuko lächelte mich an, >>Gute Nacht.<< Und ging aus dem Zimmer.
Ich kuschelte mich in die Bettdecke und schlief sofort ein, das kleine Pulver hatte Wunder gewirkt.

>>Evermore, Evermore! Aufstehen, es ist fast 12! <<, Ich öffnete langsam die Augen, so gut hatte ich seit Ewigkeiten nicht mehr geschlafen. Celine stand genervt vor mir und musterte mich. Sie sah wie gestern perfekt aus, diesmal in Leggings und Oversized Shirt. Ich kam mir hässlich vor, im Gegensatz zu ihr, mit meinen ungekämmten Haaren und verschlafenen Augen.
>>Beeil dich und komm, Mum hat dir was zu essen gemacht.<<, Sie ging elegant aus dem Zimmer. Ich zog mich schnell an und trat in den langen Gang, ich hatte keine Ahnung, wo ich hin sollte. Ich beschloss, nach rechtsw zu gehen, das war die Richtung, die zur großen Stiege führte, Irgendwie kam ich mir seltsam verloren vor.
>>Ah, da bist du ja!<<, Ty stand hinter mir und grinste, >>Komm wir gehen in die Küche.<< Ich folgte ihm und war froh, dass mich jemand in diesem Labyrinth gefunden hatte. >>Mit der Zeit wirst du dich auch zurechtfinden hier. Am Anfang geht’s jedem so!<<, ich versuchte, ihn anzulächeln. >>Wohnst du schon lange hier?<<
>>Haha, ja, seit meiner Geburt, das hier ist mein Zuhause!<<
Ich sagte nichts mehr, schließlich standen wir vor einer großen silbernen Tür, hinter der eine Küche lag. Dort standen sie schon alle, Narzissa, Zuko und Celine. Auf dem Küchentisch stand ein Teller mit Toasts und ein Glas Saft. Narzissa deutete mir, mich zu setzen. Alle anderen standen nur da und sahen mir beim Essen zu. Ich kam mir komisch vor...
Zuko lächelte mich aufmunternd an.
>>So, also noch einmal willkommen bei uns!<<, Narzissa begann zu sprechen.>>Da deine Mutter ja tot ist, wirst du ab jetzt bei uns wohnen. Ich hoffe, du hast dich bald eingewöhnt. Das sind meine Kinder, Ty und Celine, aber die hast du ja schon kennengelernt. Ihr werdet euch sicher gut verstehen. So, in unserem Haus gibt es ein paar Regeln zu befolgen, also hör mir gut zu. Es ist wichtig, dass du mir sagst, bevor du hinaus gehst, du darfst niemanden hier her bringen oder einladen. Und auch niemanden von uns erzählen. Es ist wichtig das du tust, was ich dir sage, Außerdem darfst du auf keinen Fall in den Keller gehen. Das ist strengstens verboten. Nun gut, das wars fürs erste. Und in die Schule gehen brauchst du ab jetzt auch nicht mehr. Ich habe dich bereits abgemeldet. Mein Mann James ist oft auf Reisen, ich ebenso. Es ist wichtig, dass du in unserer Abwesenheit tust, was man dir sagt, Mehr Regeln gibt es nicht für dich, Celine und Ty werden dir nachher das Haus zeigen, damit du dich besser zurechtfindest.<<
Ich war noch ein bisschen erschrocken von dem Vortrag, den sie mir gehalten hatte. Aber ich würde mich daran halten, so schwer war das ja nicht, es wunderte mich nur, dass ich nicht mehr in die Schule gehen musste. Von jemanden wie Narzissa hatte ich nicht erwartet, dass sie auf Bildung verzichtete.
>>Aber warum bin ich denn genau hier? Ich meine, sie kennen mich doch gar nicht...<<, sagte ich schnell, ohne darüber nachzudenken, was ich gerade gesagt hatte. Aber im Nachhinein fand ich schon, dass das eine berechtigte Frage war.
>>Sag bitte du zu mir. Evermore, ich bin deine Tante<<
Tante?!?!?! Ich hatte noch nie etwas von einer Tante gehört, in meiner Familie hatte es nur meine Mutter und mich gegeben, Sonst niemanden.
>>Ich habe noch nie etwas von einer Tante gehört...<<
>>Ja, väterlicherseits. Anscheinend wollte deine Mutter es nicht.<<
>>Väterlicherseits? Und was ist mit meinem Vater?<<
>>Das wirst du schon noch erfahren!<<, das sagte sie mit so einer strenge, dass ich mich nicht mehr nachfragen getraute.
Ich nickte schnell. Also hatte ich doch eine Familie, eine Tante, einen Onkel, eine Cousine und einen Cousin. Und anscheinend sogar einen Vater... Damit hatte ich echt nicht gerechnet.
>>Kommst du?<<, Celine sah mich abwartend an. Ich nickte. Sie begann ihre Führung durchs ganze Haus..
>>Okay. Also das ist die Küche, hier gegenüber ist das Wohnzimmer, mit riesen Fernseher,<< Wir traten in ein eher modern und schlicht eingerichtetes Zimmer, das nicht besonders gut zum Rest des Hauses passen zu schien.>>Das daneben ist unser Esszimmer, da essen wir nur, wenn wir Gäste haben, sonst immer in der Küche. So, hier sind die Zimmer unserer bediensteten, das braucht dich nicht zu interessieren, Da ist der Abgang zur Garage, Son und jetzt in den zweiten Stock, hier sind vor allem Schlafzimmer und unsere Gästezimmer, Im zweiten Stock befindet sich die Bibliothek, und unser Turnsaal.<< Ich war begeistert, obwohl ich mir sicher war, dass sie mir noch längst nicht alles gezeigt hatte, war das Haus riesig...
>>Wir haben so viele Gästezimmer<<,sie machte eine Pause,>>Weil wir oft Besuch aus verschiedenen Ländern haben, da ist es einfacher, dass sie bei uns wohnen, anstatt sie in einem Hotel wohnen zu lassen. Ich bin mir sicher, du wirst noch viele kennenlernen.<< Diese Erklärung kam mir etwas lasch vor, aber ich fragte nicht weiter nach.
Celine brachte mich wieder in mein Zimmer und ließ mich in Ruhe, ich war dankbar dafür, wir mochten uns beide nicht und es wäre wohl das beste, wenn wir uns aus dem Weg gehen würden.
Ich dachte nocheinmal über alles nach, es war so verdammt viel passiert und ich musste unbedingt meine Gedanken ordnen. Plötzlich stellte ich mir unendlich viele Fragen, es gab so viele Dinge, die mir ein Rätsel waren, okay ich hatte eine Familie, aber wer war Zuko? Und mein Vater?
Ich würde Narzissa danach fragen, ich hoffte, ich würde darauf antworten bekommen.
>>Ever!<<, Zuko kam herein und setzte sich neben mich aufs Bett. Nicht einmal anklopfen konnte er … >>Wie geht’s dir?<<, er lächelte mich an und ich konnte nicht böse auf ihn sein.
>>Es geht, ich denke nach. Über so vieles.... Ich kenne mich nicht mehr aus.<<
>>Also besser als gestern?<<, ich nickte und er lächelte erleichtert.
>>Zuko, darf ich dich etwas fragen?<<
>>Ähm, ja, worum geht’s denn?<<
>>Also naja, Narzissa hat erzählt, dass Celine und Ty ihre Kinder sind... Und wie du mit Ty gestern geredet hast, das hat sich nicht so angehört als ob Narizssa deine Mutter wäre. Aber wer bist du dann?<<
Er grinste,>>Mhm, ich bin Zuko, aber das weißt du ja wohl schon. Du hast Recht, Narzissa ist nicht meine Mutter und James nicht mein Vater. Meine Eltern sind gestorben, da war ich noch sehr klein.....<< er stockte, ich spürte, dass es ihm schwer viel, darüber zu reden.
>>Was ist passiert?<<
>>Autounfall.<<, sagte er nur knapp,>>Und naja, meine Eltern waren mit Narzissa und James befreundet, und da haben sie mich zu sich genommen. Aber ich glaube, sie haben mich nie als ihr Kind gesehen, ich hatte seitdem keine Eltern mehr. Mit 16 bin ich dann ausgezogen, ich hielt es hier einfach nicht mehr aus, diese Enge, das dauernde beobachtet werden. Ich brauche meine Freiheiten. Meine Eltern gaben sie mir. Narzissa nicht.<<
>>Dann haben wir wohl beide keine Eltern mehr ...<<
>>Ja.<<, er sah mich traurig an, >>Ich weiß, wie du dich fühlst, ich habe das selbe durchgemacht.<<
Er lehnte sich an die Wand und sah mich an. Mir fiel wieder einmal auf, wie schön er eigentlich war. Ich hätte ihn stundenlang anschauen können. Zuko lächelte,>>Freut mich echt, dass es dir besser geht!<<
Ich sah zu boden und wurde rot, ich kam mir vor, als hätte er mich bei irgendetwas schlimmen erwischt. Dabei hatte ich ihn nur angesehen, und bewundert, ein bisschen...
>>Möchtest du heute Abend mit auf die Party kommen?<<
>>Welche Party?<<
>>Einer von Celines Freunden hat uns eingeladen, in einem angesagten Club, etwas außerhalb von New York, es gefällt dir dort sicher. Also wenn du mitkommen willst, sags ruhig, ich würde mich darüber freuen.<<
Er hatte gerade gesagt, er würde sich freuen, wenn ich mitkam, ich wusste nicht ob das ernst gemeint war, oder er es nur der Höflichkeit halber sagte.
>>Echt?<<
>>Ja, natürlich, es wäre sicher viel lustiger mit dir.<<
Was lustiger werden würde, wenn ich mitkam, wusste ich zwar nicht, aber ich beschloss, ich den Gefallen zu machen, sehr gerne sogar.
>>Okay, dann komm ich mit.<<
>>Sehr gut<<, er lächelte,>>Wir fahren um 9 los, bis dahin solltest du fertig sein, wenn du Hilfe brauchst, geh ruhig zu Celine, sie hilft dir sicher gerne.<<
Ich nickte, trotzdem würde ich meine Cousine sicher nicht um Hilfe bitten...
Nach langem überlegen entschloss ich mich dazu, ein kurzes schwarzes Kleid anzuziehen, dazu ebenfdlls schwarze Ballerinas, meine Haare steckte ich hoch und schminkte mich etwas auffälliger. Um halb neun kam Celine herein. Sie trug ein flatterndes Leo-Kleid und hohe Highheels, dazu Schmuck und offene Haare.
>>Sieht besser aus, als ich gedacht habe.<<,lobte sie mich. Ich erwiederte nichts darauf, so wirklich gelobt hatte sie mich ja auch wieder nicht. Wenn sich nur nicht so arrogant wäre, ich konnte kaum glauben, das ich mit ihr verwandt war.
Ohne ein weiteres Wort verschwand Celine und kam wenig später mit Highheels, die sehr große Änhichkeit mit ihren hatten, und Ohrringen und Armbändern zurück.
>>Mit denen soll ich laufen?<<, fragte ich sie erschrocken.
>>Natürlich<<, war die Antwort...
Ich war erstaunt, als ich die Highheels, anhaate, ich konnte erstaunlich gut mit ihnen gehen, dass hatte ich überhaupt nicht erwartet. Celine lobte mich. Danach gingen wir in die Eingangshalle, wo schon Ty und Zuko auf uns warteten. Narzissa stand neben ihnen.
>>Wow<<, sagte er, mich anschauend, ich wurde ein bisschen rot und Celine warf ihm einen bösen Blick zu. >>Beide natürlich<<, verbesserte Zuko sich. Ty lachte.
>>Jeder ein eigenes?<<, fragte er dann.
Zuko nickte.
>>Und mit wem fährt sie dann mit? Sie hat ja noch nicht den Führerschein!<<, Celine sah mich an.
>>Mit mir!<<, sagte Zuko sofort.
>>Passt auf Kinder!<<, sagte Narzissa noch mahnend.
Dann war ich zum ersten Mal in der Garage, in der mindestens 15 Autos standen, ich war mir sicher, dass sie alle sehr teuer waren. Leider kannte ich mich mit Autos nicht sehr gut aus. Zum ersten Mal in meinem Leben bereute ich das. Zuko führte mich zu einem Wagen ganz in schwarz mit dunklen Scheiben. Das Auto war unauffällig, aber sehr elegant. Es war sicher auch sehr teuer. Zuko setzte sich neben mich auf einen mit Leder bezogenen Sitz.
>>Bist du böse, wenn wir noch einen Umweg machen? Ich muss etwas erledigen.<<
>>Nein ist schon okay<<, antwortete ich.
Er lächelte, Celine und Ty waren auch in ihre Autos gestiegen und fuhren los. Es war bereits dunkel draußen, das war aber auch normal für einen Oktobertag. Die beiden Rücklichter entfernten sich immer weiter von uns, Zuko stieg fest aufs Gas um den Abstand wieder zu verringern. Die drei hatten vor, ein Rennen zu machen. Die Straßen von New York City waren um diese Uhrzeit immer noch stark befahren und überhaupt nicht geeignet für ein Autorennen. Das schien Celine, Ty und Zuko aber nur wenig zu interessieren, sie manövrierten ihre teuren Autos geschickt durch den Verkehr. Der Tacho zeigte weit über hundert. Zuko schien das ganze riesen Spaß zu machen, ich hatte panische Angst. Ich wollte nicht, dass er uns beide umbrachte oder sein teures Auto schrottete.
>>Möchtest du nicht ein bisschen langsamer fahren?<<, fragte ich ihn entsetzt, als er noch schneller fuhr.
Er lachte, >>Nein, warum sollte ich? Zweifelst du etwa an meinen Fahrkünsten? Ich mache schon keinen Unfall, darauf kannst du Gift neh,men!<<. Er saß locker am fahrersitz, eine hand locker am Lenkrad, den Blick starr auf die Fahrbahn und Celine und Ty mit ihren Autos gerichtet. Mit seinem schwarzen Hemd sah er verdammt gut aus...
Trotzdem konnte und wollte ich ihm einfach nicht vertrauen. Das war doch nicht normal, das war lebensmüde. Und ich wollte noch nicht sterben. Als er einfach so eine rote Ampel überfuhr, kreischte ich laut auf, Zuko grinste nur. Dann bog er plötzlich ab, obwohl Celine und Ty mit ihren Autos geradeaus weiterfuhren. Die Geschwindigkeit verringerte er trotzdem nicht. Wenigstens waren hier weniger Autos. Alles war verlassen und leer. Zuko fur auf eine Autobahn in Richtung Westen, neben der Straße sah man nur vereinzelt Häuser, dafür aber viele Bäume..
>>Zuko, wo fahren wir hin?<<, fragte ich ihn erstaunt.
>>Ich muss nur kurz etwas besorgen<<, antwortete er mir knapp. Ich fragte nicht weiter nach, was genau er denn besorgen wollte. Irgendwann bog er von der Autobahn ab, auf eine leere Straße, die durch den Wald führte. Keine Menschenseele war hier. Nur wir beide rasten in seinem Auto über die Straße, immer noch viel zu schnell. Dann bog Zuko in einen kaum sichtbaren Waldweg ab. Ich bekam ein wenig Angst, die Dunkelheit ließ das alles unheimlich wirken.
Schließlich blieb Zuko vor einem großen verfallenen Haus mitten im Wald stehen.

[Party]

>>Zuko, wo sind wir hier?<<, ich sah ihn leicht panisch an.
>>Ever, bleib einfach im Auto sitzen, ich komme gleich wieder, okay?<<, er lächelte mich an und stieg aus. Im Licht der Scheinwerfer sah ich, wie er ins Haus ging, Ich wartete... 5 Minuten... 10 Minuten. Von Zuko keine Spur. Meine Neugierde überwältigte mich und ich stieg auch aus und pirschte mich in der Dunkelheit an das alte Haus heran. Ich kniete mich unter ein zersprungenens Fenster und konnte die Stimmen klar und deutlich hören.
>>Ich habe gesagt, 5, nicht 2. Das reicht uns nicht, Wir brauchen mehr.<<
>>Okay, ich habe verstanden, wir haben aber gerade nicht mehr. Ich muss nocheinmal mit meinem Chef reden. Wir rufen Narzissa an, wenn es soweit ist.<<
>>Narzissa braucht nichts davon wissen. Wir machen die Geschäfte, nicht sie.<<
>>Gut, dann rufe ich eben sie an. Mein Geld hätte ich auch noch gerne!<<
>>Zuerst will ich meine Lieferung haben.<<
>>Aber....<<
>>Haben sie nicht verstanden. Sie kriegen das Geld, wenn ich das habe, was ich haben will, nicht vorher und nicht später, okay?<<
>>Ich....<<
Plötzlich ertönte lautes Fauchen, dann war es still.
>>Bis bald!<<, Zukos Stimme.
Schnell rannte ich wieder zum Auto zurück, er durfte nicht merken, dass ich ihn belauscht hatte. Kaum saß ich wieder im Wagen, kam er auch schon bei der Tür hinaus, mit einer großen Sporttasche am Rücken. Er warf sie in den Kofferraum und setzte sich wieder neben mich.
>>Zuko, was war in der Tasche?<<
>>Nicht so wichtig! Aber erzähl Narzissa nichts davon, bitte<<
>>Okay....<<
>>Danke Ever<<
>>Schon, okay<<, ich lächelte ihn an,
>>So und jetzt gehen wir abrocken<<
Er fuhr wieder viel zu schnell und bald hielt er auf dem Parkplatz vor einem Club, >>We are the Night<<, stand groß auf einem Schild.
>>Komm endlich!<<, er zog mich ausgelassen aus dem Auto.
Der Türsteher ließ uns durch, ohne unsere Ausweise oder Eintritt zu verlangen. Das verwunderte mich, normalerweise waren die Türsteher bei solchen noblen Clubs immer besonders streng. Und das hier war eindeutig ein nobler Club. In Schwarz-Weiß gehalten, Muster zierten die Wände, weiße Scheinwerfer, die blitzartig die volle Tanzfläche erleuteten. Eine große Bar auf einer Erhöhung, daneben Stangen, um die sich Mädchen schwangen. Auf einer davon tanzte schon Celine. Irgendwie bewunderte ich sie dafür, für ihren Mut und dafür, dass sie es wirklich gut konnte, sie schwang ihre Hüften, glitt an der Stange auf und ab, bewegte sich schnell und geschickt.
>>Schlampe!<<,schrie Zuko neben mir. Er hatte sie wohl auch schon entdeckt. Ich musste lachen. Er grinste,
>>Möchtest du was trinken?<<
Ich nickte. Er bestellte uns zwei Vodka-Redbull. Ich konnte richtig fühlen, wie der Alkohol durch meinen Körper drang. Das lag daran, dass ich fast nie fortging und somit auch keinen Alkohol trank, ich vertrug fast nichts. Nach zwei Gläsern war ich schon angeheitert.
Zuko legte seine Arme um mich und drückte mich fest an sich. Wir standen plötzlich in der Mitte der Tanzfläche und Zuko wirbelte mich wild herum. Alles drehte sich um mich herum und ich musste lachen. Ich vergaß vollkommen, was in den letzten Tagen alles passiert war, So leicht und glücklich hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt.
Dann stand Ty plötzlich neben uns, mit zwei Mädchen in seinen Armen und grinste.
>>Na, ihr zwei scheint ja auch ordentlich Spass zu haben.<<, Zuko stützte mich, damit ich nicht umfiel. Ich klammerte mich unbeholfen an ihm fest.
>>Schau dir mal Celine an!<<, erwiederte Zuko. Zwei Jungs tanzten nun mit ihr um die Stange herum, ihre Hände berührten sie immer wieder.
Zuko und ich tanzten weiter, obwohl ich ziemlich unbeholfen war, ich hatte Probleme, nicht umzukippen, die hohen Schuhe machten es mir nicht gerade einfach.
Wir tanzten stundenlang weiter, so kam es mir zumindest vor, ich hatte mein Zeitgefühl vollkommen verloren, es gab nur mehr mich, die Musik, Zuko und die anderen tanzenden Menschen, der Club war voll.
>>Ich kann nicht mehr<<, schrie Zuko irgendwann in mein Ohr. Er nahm meinen Arm und zog mich aus der Masse, an die Bar, an die ich mich sofort lehnte, um nicht umzukippen. Wir waren beide total verschwitzt, aber glücklich, ich konnte mich nicht erinnnern, jemals so großen Spaß gehabt zu haben.
>>He, habt ihr Celine gesehen?<<, Tys Gesicht war verschmiert mit rotem Lippenstift.
>>Die ist wahrscheinlich gerade beschäftigt.<<, meinte Zuko. Anscheinend hatte ich mich geirrt, die beiden hatten wohl nichts miteinander. Sonst wäre Zuko sicher nicht egal gewesen, was sie gerade tat.
>>Und wenn schon, wir müssen fahren, sonst zuckt Narzissa aus, Es ist schon fast 3!<<
>>Gut, dann suchen wir sie.<<
Ich ging hinter den beiden her, sie suchten überall, auf der Tanzfläche, bei der Bar, in den WC's, keine Celine. Langsam wurden die beiden unruhig, je länger sie Celine nicht fanden, desto schneller gingen ihre Augen hin und her und sie warfen sich vielsagende Blicke zu.
>>Schauen wir noch draußen nach!<<, meinte Zuko schließlich verzweifelt.
Ty nickte und wir gingen am Türsteher vorbei wieder hinaus. Langsam wurde ich wieder nüchtern und konnte normal denken.
>>Haben sie ein blondes Mädchen mit Leomuster Kleid gesehen?<<, fragte ich ihn. Er nickte.
Zuko und Ty hatten sich erstaunt zu mir umgedreht.
>>Ist vor ca. 20 Minuten mit einem Typen hinausgegangen.<<
>>Okay, danke.<<
>>Verdammt, was macht sie nur für einen Scheiß?<<, Ty war immer noch beunruhigt.
Wir gingen um den Club herum, suchten am Parkplatz. Plötzlich hörte ich einen leisen Schrei. Ich zog Ty und Zuko hinter mir her in die Richtung, aus der er gekommen war.
Celine lag im Gebüsch, zitternd, neben ihr kniete ein Mann, ein Messer in der Hand. Zuko presste mich gegen sich. Ty sprang von hinten auf den Mann, und rammte ihm ein Messer direkt in den Rücken. Celine sprang erleichtert auf und rannte zu Zuko und mir. Der Mann fiel nach hinten, rappelte sich aber sofort wieder auf und wollte Ty sein Messer in die Brust rammen, der wich ihm aber geschickt aus und lachte die ganze Zeit. In seiner Situation hätte ich das nicht können. Ich war wie gelähmt. Ty schien das ganze großen Spass zu machen. Schließlich rammte er seinem Angreifer das Messer in die Brust. Eine schwarze Flüssigkeit tratt aus der Einstichwunde und dann zerplatzte der Mann und war verschwunden. Einfach so verschwunden. Das ging doch gar nicht oder? Man konnte doch nicht einfach so verschwinden. Ich schrie auf.
>>Du hast ihn umgebracht!<<, kreischte ich.
>>Um den war es auch nicht schade<<, sagte Ty nur.
Ich drehte mich zu Zuko um, >>Was sollte das? Ihr könnt doch nicht einfach so …. Menschen umbringen...<<
Er seufzte.
>>Keine Sorge, wir werden dir noch alles erklären. Fahren wirst erstmal nach Hause. Sonst wird Narzissa noch böse.<<
Auf der ganzen Rückfahrt sprach er kein Wort mit mir. Das war auch besser so. Ich hatte immer noch einen Schock. Immer noch nicht konnte ich es fassen, dass Ty einfach so einen Menschen getötet hatte, der sich dann in Luft aufgelöst hatte. War das überhaupt ein Mensch gewesen?

[Vampir]

>>Da seit ihr ja endlich, ich habe mir solche Sorgen gemacht... Warum kommt ihr erst so spät?<<, Narzissa kam die Treppe herunter, sie sah wütend und zugleich besorgt aus, >>Ich hätte fast James angerufen, seit froh, dass ich es nicht getan habe! Wenn etwas passiert wäre dann ...<<
>>Es ist auch etwas passiert<<, fiel Zuko ihr ins Wort.
>>Was zum...?<<, ihre Augen weiteten sich. Sie sah auf ihren Sohn, der immer noch voll mit der schwarzen Flüssigkeit war.
>>Was ist passiert?<<, fragte sie nun mit einem Zittern in der Stimme.
>>Es ist meine Schuld.<<, sagte Celine leise und zerknirscht.
>>Oh ja, das ist es!<<, fauchte Zuko is wütend an.
>>Was ist denn jetzt überhaupt passiert?<<, Narzissa wurde unruhig.
>>Ein Dämon hätte sie angefallen, er hat sie aus dem Club gelockt und sie hat NICHTS gemerkt, wären wir ein paar Minuten später gekommen wärst du jetzt nicht mehr Celine!<<
>>Was Dämon?<<, ich war die einzige, die sich nicht auskannte.
Alle drehten sich erstaunt zu mir um, sie hatten wohl vergessen, dass ich auch noch hier war. Und ich kannte mich so gar nicht aus. Waren hier alle verrückt?
>>Toll gemacht, Zuko!<<, Celine sah Zuko wütend an. Er wurde bleich.
>>Früher oder später hätten wir es ihr sowieso sagen müssen!<<
>>Ach toll, aber nicht um 5 in der Früh!<<
>>Würdest du es ihr lieber zum Mittagessen sagen? Am Nachmittag zu einer Tasse Tee? Mhhhm?<<
>>Verdammt, Zuko, halt deinen Mund. Und ja, dann würde ich es ihr viel lieber sagen. Ich bin nähmlich müde!<<
>>Hört auf zu streiten!<<, schrie Narzissa.
>>Redet ihr über mich?<<, fragte ich verwirrt.
>>Nein, über Paris Hilton!<<, sagte Celine genervt.
>>Celine!<<, Narzissa hatte Probleme, sich unter Kontrolle zu halten,>>Ich hätte doch James anrufen sollen! Du, Ty, gehst duschen und ziehst dich um, Celine dasselbe, Zuko, bitte verschwinde, geh schlafen und Ever komm bitte mit.<<
Alle wirkten zerknirscht, taten aber, was Narzissa von ihnen wollte. So ging ich ihr hinterher in die Bibliothek, die Regale, alle voll mit Büchern, benötigten den ganzen Raum, sie gingen bis zur Decke, nur in der Mitte des Raumes stand eine Couch mit einem Tisch, Narzissa bat mich, mich dorthin zu setzen. Ich nickte und nahm auf dem harten Stoff platz. Sie verschwand zu einem der hinteren Bücherregale und kam bald wieder mit einem alten, schon ziemlich ausgeleiertem Buch zurück.
>>Was ist das?<<, fragte ich neugierig.
>>Das ist ein Buch, Evermore, aber nicht irgendein Buch, sondern eines der wichtigsten Bücher überhaupt!<<
Ich sah sie erstaunt an, ich hatte noch nie etwas von so einem Buch gehört.
Sie öffnete es.
>>Darin steht, warte ich lese es dir vor: ''Die Kinder der Nacht, weiß mit ihren dunklen Augen, blutrünstiger den je, machen sich auf den Weg, sucht sie nicht, denn sie finden euch, bevor ihr sie gefunden habt. Ihre Zähne, spitze Eckzähne, bohren sich in euer Fleisch, wollen euch verschlingen, euer Blut aussaugen. Gebt Acht bevor es zu spät ist.''<<, sie stoppte.
>>Was soll das heißen?<<, ich sah sie erstaunt an. >>Soll das heißen, dass es Vampire gibt?<<
Narzissa lächelte,>>Genau das heißt es, und wir sind welche von ihnen, du auch.<<
>>Aber das gibt’s doch gar nicht... ICH bin NIEMALS ein Vampir!<<
>>Oh doch Evermore, du bist ein Halbvampir.<<
>>Ein Halbvampir? Was soll das heißen?<<
>>Es heißt, dass einer deiner Elternteile ein Mensch, und der andere ein Vampir war. Du hast nicht die selben Eigenschaften wie ein Vampir, Halbvampire sind sehr selten und etwas besonderes. Sie vereinen die besten Fähigkeiten von Mensch und Vampir. Du bist etwas ganz besonderes, Evermore!<<
>>Ich bin doch niemals ein Vampir. Ich finde, ich bin schon etwas zu alt für solche Gruselgeschichten, ich sollte besser schlafen gehen!<<
>>Evermore! Bleib hier, unser Gespräch ist noch lange nicht beendet. Du bist ein Vampir, aber du hast es bis jetzt noch nicht gemerkt, es kommt dir jetzt vielleicht etwas merkwürdig vor was ich dir erzähle, aber hör mir bitte gut zu, okay?<<
Ich nickte, ich war verwirrt, aber sehr neugierig, immerhin hatte ich mich schon immer anders gefühlt, war das die Erklärung für alles?
>>Halbvampire, Evermore, haben Fähigkeiten, die sich ein Vampir nur wünschen kann. Zum Beispiel hörst du viel besser als die anderen, man kann lernen, Menschen seinen Willen aufzuzwingen, man braucht kein Blut, um zu überleben, man hat nur vielleicht eine große Schwäche für Fleisch, aber nichteinmal das ist zwingend. Man ist genauso flink und wendig wie ein echter Vampir, und dazu atemberaubend schön.<<
>>Ich bin nicht atemberaubend schön!<<
>>Aber das andere, das kommt dir schon bekannt vor, oder?<<, sie lächelte.
Ich nickte überrascht, sie hatte wirklich recht, aber das alles konnte doch nur ein Zufall sein und alle hier waren verrückt...
>>Das andere ist eine Frage von deinem Selbstbewusstsein, und da mangelt es dir ganz schön, richtig?<<
Ich wurde rot.
>>So, und falls du dich noch fragst, ob die ganzen alten Vampirgeschichten wahr sind, nein, das meiste ist erfunden, um den Vampirjägern keine Chance zu geben, uns zu finden. Wir können ohne Probleme ins Sonnenlicht gehen, man kann uns nicht mit Pfeilen ins Herz töten, das einzige, das uns umbringt, ist ein geweihter Dolch. Aber die wenigsten Leute haben den bei sich. Also brauchst du dir nicht allzu viele Sorgen machen.<<
>>Aber Vampire altern doch nicht, oder? Ich schon...<<
>>Nun ja, das wird jetzt etwas komplizierter, aber pass auf: es gibt normalerweise zwei Arten von Vampiren, die Halbvampire ausgeschlossen, es gibt die, die von einem Vampir gebissen wurden, und vorher ein Mensch waren, dann gibt es noch die, die von einem Vampir als Vampir geboren wurden. Die erste Art altert nicht mehr, seitdem sie gebissen wurde. Die andere hat sozusagen zwei Leben, wenn sie einmal getötet wurde, altern sie auch nicht mehr.<<
>>Und du bist?<<
>>Ich bin ein geborener Vampir, genauso wie James und Celine und Ty, du wirst noch viele andere kennenlernen, da bin ich mir sicher, schließlich ist das hier eines der Vampirhauptquartiere. Nur Zuko ist ein gebissener Vampir.<<
>>Das heißt, er war einmal ein Mensch?<<
>>Ja, bis ihn ein Vampir angefallen hat, vor ein paar Jahren, James hat ihn mit nach Hause genommen und er hat bei uns gelebt, bis …. er ausgezogen ist, aber egal, das ist eine andere Geschichte, die soll er dir am besten selbst erzählen!<<
>>Ähm okay..<<
>>Ich werde ihn fragen, ob er ein wenig mit dir trainiert, damit du dich auch selbst wehren kannst.<<
>>Okay, gut.<<
>>Ich sehe, du wirst immer müder, ich werde dich jetzt ins Bett gehen lassen, das alles war sehr viel für einen Tag.<<, sie lächelte mich an.
Ich nickte, ich war wirklich schon sehr müde.
Narzissa brachte mich noch ins Bett, kaum war sie aus der Tür, schlief ich auch schon ein und dachte nicht mehr darüber nach, was sie mir alles erzählt hatte.

Am nächsten Tag kam mir das alles wie ein Traum vor, ich hatte bis halb eins geschlafen, so müde war ich. Doch langsam wurde die Erinnerung an die gestrige Nacht immer stärker und mir fiel wieder ein, dass ich ein Vampir war. So recht konnte ich es noch immer nicht glauben. Es fühlte sich alles so unecht an, irgendwie unwirklich. In was war ich da hineingekommen? Sollte ich Angst haben? Warum hatte mir meine Mutter nicht davon erzählt? Vielleicht wusste sie gar nichts davon... Oder war sie auch ein Vampir? Aber sie war doch eindeutig mit einer Pistole umgebracht worden. Warum war sie nur tot, ich wollte sie so viel fragen...
Ich ging ins Badezimmer, ich sah noch etwas mitgenommen aus von der letzten Nacht, mein Makeup war verronnen und meiner Lidschatten auch. Die Haare waren verschwitzt und sahen ungekämmt aus. Zuerst wusch ich mir das Gesicht, um etwas wacher zu werden. Ich starrte mein Spiegelbild an, war ich wirklich ein Vampir? Ja, ich war bleich und hatte schwarze Haare, hohe Wangenknochen, einen dunkelrosa kleinen Mund und meine fast roten Augen. Aber sahen so Vampire aus?
>>Keine Sorge, du bist sehr hübsch!<<, Zuko stand lässig in die Tür gelehnt und lächelte mich an, er sah überhaupt nicht müde aus. Ich hatte nicht gemerkt, das er hineingekommen war, ich fragte mich, wie lange er mich schon so beobachtete.
>>Bin ich ein Vampir?<<, diese Worte kamen plötzlich aus meinem Mund, ohne das ich es wollte.
>>Ja, bist du.<<, er biss sich auf die Lippen, >>Also hat Narzissa es dir in der Nacht erzählt? Das hab ich mir schon gedacht ...<<
Ich nickte.
>>Ist das gut oder schlecht? Wie soll ich damit umgehen?<<
>>Du kannst genauso weiterleben wie zuvor, aber dadurch, das du weißt, was du bist, stehen dir viel mehr Möglichkeiten offen als vorher.<<
>>Was meinst du damit?<<
>>Du kannst lernen, zu kämpfen, dich zuverteidigen.<<, seine Augen strahlten plötzlich.
>>Narzissa hat gesagt, du sollst es mir beibringen...<<
>>Mach ich doch gerne!<<, er grinste.
>>Gegen was musst du dich verteidigen?<<
>>Dämonen, die einzigen wirklichen Gegner für Vampire!<<
>>Warum greifen sie uns an?<<
>>Weiß ich nicht...<<, sagte er knapp. Ich beschloss, das Thema lieber zu lassen, da er anscheinend nicht gerne darüber redete.
>>Hast du von Anfang an gewusst, wer ich bin? Also wie wir eingezogen sind?<<
>>Ja, natürlich habe ich das gewusst.<<, er grinste wieder.
>>Und du hast nichts gesagt?<<
>>Nein, warum?<<
>>Naja, weil man das eigentlich niemandem verheimlichen sollte.<<
>>Ich wollte mich eben nicht einmischen ...Und willst du auch mit mir trainieren?<<
>>Ja, okay...<<
>>Du klingst aber nicht sehr begeistert... du solltest wissen, dass ich einer der besten Kämpfer bin!<<
>>Willst du mich damit beeindrucken?<<
>>Natürlich.<<
Er kam auf mich zu, hielt mich sanft fest und und mit einem leisen klick hatte er plötzlich lange Eckzähne. Komischerweise hatte ich überhaupt keine Angst. Jetzt glaubte auch ich hundertprozenig, dass es Vampire gab.
>>Und jetzt könnte ich töten... Du sollst lernen, dich dagegen zu wehren. Dämonen sind gefährlich, vor allem für unerfahrene Vampire.<<
>>Ich habe gedacht, Vampire kann man nur mit geweihten Dolchen töten<<
>>Mitten ins Herz,ja, aber Dämonen können Vampire viel leichter töten, indem sie beißen, und ihr Leben aussaugen. Dämonen sind gerissene kleine Mistviecher, aber ich bin gerissener!<<, plötzlich wirkte er fast wütend, aufgebracht. Er ließ plötzlich wieder los und grinste wieder, wie ausgewächselt.
>>Entschuldigung, ich sollte nicht so auszucken, sonst mache ich dir noch Angst...<<
>>Ich habe keine Angst<<
>>Sicher?<<
Ich nickte.

>>Okay, probieren wir was anderes, wir beide kämpfen miteinander, wer zuerst den Mund an der Kehle des anderen hat, hat gewonnen<<, ich nickte und sah mich kurz im Raum um. Er war groß und im Dachgeschoss, durch kleine Ritzen zwischen den Dachziegeln drangen Sonnenstrahlen ein. Die Luft war erhitzt und plötzlich schien sich ein druchsichtiges Band zwischen mir und Zuko gebildet zu haben. Ich beobachtete jede seiner Bewegungen, jedes kleinste Muskelzucken, ich atmete tief ein und aus, langsam ging ich auf ihn zu, darauf bedacht, kein Geräusch zu machen. Er fixierte mich mit seinen schwarzen glitzernden Augen. Plötzlich spannten sich seine Muskeln an und er machte einen Satz nach vorne. Gerade noch rechtzeitig sprang ich zur Seite, er verfehlte mich um ein Haar. Er wirbelte herum und stand direkt vor mir. Ich wich zur Seite aus und rannte davon, in die andere Ecke des Raumes, er mir nach. Ein leises Pfauchen verließ meinen Mund, ich war selbst verwundert darüber. Anscheinend signalisierte mein ganzer Körper ihm, dass er mich in Ruhe lassen sollte. Fast vergaß ich, dass es nur Training war, ein Spiel und nicht die Realität. Wir wichen einander aus, griffen an, wehrten ab, die Luft heizte sich immer mehr auf, meine Jagdinstinkte waren geweckt. Mit einem gewaltigem Sprung stürzte ich auf ihn zu und vergrub meine Zähne im Fleisch seinen Halses. Plötzlich waren meine Eckzähne lang geworden. Er schrie auf und stieß mich gewaltsam von sich weg. Ich sah ihn erstaunt an, sein Hals war voller Blut.
>>Ich hab gesagt, nicht beißen.<<, tadelte er mich liebevoll und wusch sich das Blut ab, wenig später waren die beiden Löcher in seinem Fleisch wieder verschwunden.
Ich nickte immer noch erschrocken.
>>Zuko, das wollte ich nicht! Es tut mir so leid.<<
>>Ich weiß, dass du es nicht wolltest. Du warst im Blutrausch, das liegt an der Luft, wenn sie so geladen ist. Irgendwie sind wir doch nur … Tiere. Aber egal. Ich bin sehr zufrieden mit dir, du bist ein Naturtalent, für einen Mischling. Ich habe soetwas selten gesehen. Du hast eindeutig sehr gute Gene. Und wenn du oft genug tranierst, wirst du noch besser.<<
Ich lächelte ihn an,>>Bist du zufrieden mit mir?<<
>>Sehr zufrieden<<, er lächelte zurück. Mein Herz machte einen Satz.
>>Mmmmhm?<<, er schien zu bemerken, dass ich ihn immer noch anstarrte,>>Das Trainung ist vorbei, ich werde dich nicht mehr angreifen<<, Ich nickte und sah betreten zu Boden. Er legte samft seinen Arm um meine Taille und schob mich aus dem Raum.



Impressum

Texte: Fanfiction zu City of Bones von Cassandra Clare
Tag der Veröffentlichung: 07.05.2011

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