Der Krieg
Aufgestanden ist er, welcher lange schlief,
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
In der Dämmrung steht er, groß und unerkannt,Und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand
.In den Abendlärm der Städte fällt es weit,Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit,Und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.
Es wird still. Sie sehn sich um. Und keiner weiß
.In den Gassen faßt es ihre Schulter leicht.Eine Frage. Keine Antwort. Ein Gesicht erbleicht.
In der Ferne ein Geläute dünn
Und die Bärte zittern um ihr spitzes Kinn.
Auf den Bergen hebt er schon zu tanzen anUnd er schreit: Ihr Krieger alle, auf und an .Und es schallet, wenn das schwarze Haupt er schwenkt,Drum von tausend Schädeln laute Kette hängt
Einem Turm gleich tritt er aus die letzte Glut ,Wo der Tag flieht, sind die Ströme schon voll Blut.
Zahllos sind die Leichen schon im Schilf gestreckt,Von des Todes starken Vögeln weiß bedeckt
Über runder Mauern blauem Flammenschwall
Steht er, über schwarzer Gassen Waffenschall.Über Toren, wo die Wächter liegen quer,Über Brücken, die von Bergen Toter schwer.
Georg Heym
Prolog
Ich wusste nie wie Stille sich anfühlte, bis sie mich anschrie
Es war kalt geworden. Ich zitterte selbst im Schlaf und wälzte mich voller Unruhe auf meinen Lager hin und her. Irgendwann, spät in der Nacht, erwachte ich und blickte in die nur allzu vertraute Dunkelheit. Das einzige was mir Licht spendete, war das spärliche Mondlicht, das durch ein kleines Gitter in der Mauer hinein fiel. Mit glasigen Blick sah ich hinauf und erkannte schwach die Umrisse eines kleinen Vogels. Er sah mich mit schiefen Kopf an und stieß einen spitzen,kurzen Schrei aus.
Seine Federn schimmerten silbern im Mondschein und ich wusste das dies ein Silberflieger war.
Kaum größer als mein Daumen. Während ich den kleinen Vogel noch musterte, flatterte er mit schnellen Flügelschlägen davon. Diese Augen. Sie erinnerten mich an ihn. Mein Herz setzte für einige Sekunden aus und ich zitterte noch mehr als zuvor. Müde lehnte ich mich gegen die Wand.
Nein, das konnte nicht möglich sein. Du hast die Zeit zu lange alleine verbracht. Du bist krank und du hast dir das alles nur eingebildet, wisperte mir eine nur allzu vertraute Stimme in meinen Kopf zu.
Ich gähnte laut und sah mich um. Im gleichen Moment fragte ich mich warum ich das eigentlich tat, da ich sowieso von Tag zu Tag nur das gleiche sah. Ich wollte mich gerade wieder schlafen legen, als ich ein Geräusch vernahm. Jemand öffnete die Tür. Ich sprang von meiner Pritsche und duckte mich, führte dabei meine Hand automatisch zu meiner linken Hüfte, musste aber lediglich feststellen, das ich gar keine Waffe mehr besaß. Ich blickte mit klopfende Herzen zum Eingang. Meine Peiniger konnten es nicht sein, das sie gestern schon da gewesen waren. Wer zum Teufel war der denjenigen also?
Nun wurde die Tür gänzlich geöffnet und Fackellicht fiel in den Raum. Leise fluchend musste ich meinen Blick abwenden. Wer würde es mir verübeln, schließlich musste ich 93 Jahre in der Dunkelheit verbringen. So war ich zwar fast blind, doch nicht taub. Als ich Schritte näher kommen hörte, lief ich zur linken Seite und damit hoffentlich weiter weg von dem Fremden.
,, Yelvira? Gohena min ya ine gerin darhta tulta, Melethril“
Ich zuckte zusammen, als ich die Sprache und vor allem die Stimme erkannte. Blinzelt sah ich zu den Mann der gegenüber von mir stand. Seine Augen.
,, Nein..“ hauchte ich, brach zusammen und fiel zu Boden, dabei schlug mein Kopf hart auf den Beton auf und wieder einmal wurde alles um mich herum schwarz.
kapitel 1
„Bin niemals einsam, nie allein, würd's manchmal aber gerne sein. Stets ist noch einer mit dabei, und manchmal sind wir sogar drei.“
- Unbekannt
Damian konnte nicht fassen, was gerade eben passiert war. Doch die Blutlache vor seinen Füßen bewies, das dies Realität war und er sich das nicht eingebildet hatte. Er sah zu der toten Elfe vor seinen Füßen, die er gerade eben die Kehle durchgeschnitten hatte. Zitternd ließ er das Schwert fallen, an dessen spitze noch das frische Blut klebte. Der junge Mann war sich sicher, das er das nicht freiwillig getan hatte, da er sich an nichts davon erinnern konnte. Er wusste weder wie er hier hingekommen war, noch daran wie er die Frau umgebracht haben sollte. Es war, als er hätte ein Black out gehabt. Genau wie damals, als du deine kleine Schwester ermordet hast... zischelte die Stimme in seinen Kopf. Sofort verdrängte er sie wieder Die Elfe war nackt gewesen, ihr schwarzes Haar fiel ihr locker auf ihre Brüste und ein Tattoo zierte ihren linken Arm. Sie lag grotesk am Boden, die Arme ruhten verschränkt auf ihrer Brust. Ihre toten, kalten Augen blickte ihn vorwurfsvoll an. Der Soldat hatte schon viele Menschen sterben gesehen, oft genug hatte er selbst welche getötet aber niemals hätte er Hand, oder besser gesagt Schwert, an eine Frau gelegt. Selbst nicht an eine Elfe, dessen Volk , das seine Rasse so sehr verabscheute. Er schluckte schwer und wandte sich ab. Er konnte den Anblick nicht länger ertragen. Als er jedoch das Zelt verlassen wollte, trat plötzlich jemand ein. Eine Frau, mit kurzen blonden Haaren die ihr bis zu den Schultern reichte und hellgrünen Augen. Grace blickte erst mit geschockten Blick zu der Leiche hinter ihm, dann wandte sie langsam ihren Blick zu ihm. Ihre Augen trafen sich für einen kurzen Moment. Die beiden schwiegen, in ihrem Blick konnte er ihre Frage lesen. Er blieb jedoch still und wandte sich zum gehen. Als er sich an ihr vorbei drängte, hielt sie ihm am Handgelenk fest und zwang ihn, stehen zu bleiben. Sauer wandte er sich um.
,, Was willst du jetzt von mir hören? Willst du hören, das ich sie umgebracht habe und dabei pure Freude empfunden habe?“ Er hatte lauter gesprochen als gewollt.
,, Pscht, senke deine Stimme!“
Sie zog ihn wieder ins Zelt, nur widerwillig ließ er es zu. Dabei vermied er den Anblick der Toten.
Grace sah ihn an. Er zuckte mit den Schultern und verschränkte seine Arme.
,, Nein, ich hab es nicht getan. Also ja irgendwie schon, aber es war etwas..anderes.“
Schweigend musterte sie ihn, dann sagte sie leise: ,, Etwas anderes in dir“
Sie sah zu der Elfe die am Boden lag. Die Erde saugte allmählich die rote Flüssigkeit auf, das Blut an ihrer aufgeschnitten Kehle war getrocknet. Damian nickte und fuhr sich durch das dunkelbraune Haar. ,, Ich werde mich darum kümmern“
Damian dankte ihr, verließ das Zelt mit schnellen Schritten und verschwand im dunklen der Nacht.
Niemand durfte davon jemals erfahren. Wovon ? fragte die Stimme.
Davon das ich nicht mehr der länger der einzige bin, der Kontrolle über meinen Körper hat.
Yelviras Sicht
Wo bin ich?
War mein erster Gedanke, als ich aus der Dunkelheit des Schlafes erwachte. Ich schlug die Augen auf und sah neben mich. Hätte ich nicht die Hand vor dem Mund geschlagen,hätte ich womöglich noch laut aufgeschrien. Neben mir, neben dem Bett auf den ich lag, saß ein schlafender Elf auf einen Ledersessel. Den Kopf hatte er auf die Brust gesenkt, die schwarzen Haare fielen ihm in die Stirn.
Ich atmete leise aus. War er das oder spielte mir meinen Verstand nur einen Streich? Ich beugte mich näher zu ihm. Keine Zweifel, er glich meinen Mann bis auf das kleinste Detail. Ich spürte wie ein Sturm aus Gefühlen sich in mir breit machte, Verwirrt stand ich auf, darauf bedacht so leise wie möglich zu sein. Ich wusste nicht wie mich fühlen sollte, aber glücklich war ich nicht. Klar, ich war erleichtert, weil wenn er hier saß dann konnte das schon mal nicht bedeuten das er gestorben sei.
Ich schlich zu der Tür und öffnete sie einen Spalt. Ich erkannte Bäume und hörte wie der Regen auf das Unterholz prasselte. Meine Stimmung sank noch ein wenig tiefer. Hervorragend! Ein Wald.
Ich lauschte noch ein wenig den Geräuschen. Das mochte komisch klingen, doch es war wie Musik in meinen Ohren. Ich lächelte und es fühlte sich komisch an, da ich seit Jahren nicht mehr gelächelt hatte. Ich wollte schon hinaus gehen, doch jemand hinderte mich daran.
,, Na , wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?“
Bei dem Klang seiner Stimme zuckte ich erschrocken zusammen als hätte man mich geschlagen und wandte mich nervös um.
Er grinste leicht und ich bemerkte eine Schramme die sich quer durch seine Gesicht zog.
Da er mir zu nah stand und ich das Gefühl hatte ich könnte kaum atmen, schob ich ihn ein wenig von mir und musterte ihn verwirrt. Ich hob die Augenbrauen.
,, Wer bist du?“ Meine Stimme klang viel zu zittrig. Ich wusste wie idiotisch diese Frage klingen musste, doch ich selbst kam mir noch idiotischer dabei vor, sie selbst laut auszusprechen.
Sein Grinsen verschwand und ein nachdenklicher Ausdruck trat auf sein Gesicht.
,, Du weißt wer ich bin. Du weißt es. Dein Verstand akzeptiert es nun gerade nicht, weil dein Wissen dir etwas anderes vermittelt hat“
Ich könnte jedes mal wieder schockiert sein wenn ich diese Stimme hören würde.
Natürlich wusste ich, wer er war aber das konnte nicht sein weil ich immer gedacht hätte, er wäre gestorben. Doch dem war nicht so.
Ich sah ihn mit großen Augen an.
,, Ich bin..verwirrt. Außerdem macht das mir hier Angst, weil ich nicht weiß was ich glauben soll“
Mir wurde schummrig und ich ließ mich zu Boden sinken. Ich war müde.
Ivan trat mit schnellen Schritten auf mich zu und kniete sich vor mir nieder. Ich vermied jeden Augenkontakt und starrte auf meine nackten Füße.
Ich hörte ihn schwer atmen.
,, Sieh mich an, Yelvira.“
Nur widerwillig hob ich meinen Blick und merkte dabei wie sich meine Augen mit Tränen füllten, weil ich einfach nicht mehr weiter wusste. Schnell wischte ich mir die salzige Flüssigkeit aus meinen Augen, damit er mich nicht so sehen musste.
Mitleid lag in seinen schönen, grünen Augen.
Endlich fand ich meine Stimme wieder.
,, Weißt du was ich all die Jahre gedacht habe? Ich dachte du seist gestorben, damals als die Orkgs dich verschleppt haben, ich hab dich blutig am Boden liegen sehen! Bei dem Gedanken, das ich die nie wiedersehen würde, wäre ich fast gestorben“ Mit den Erinnerungen kamen auch wieder die Gefühle hoch.
Ich merkte, das er versuchte die Fassung zu halten.
Ich stand mit zittrigen Beinen auf und er tat es mir gleich. Ich wollte mich von ihm abwenden, doch er fasste meine Hände.
Resigniert sah ich ihn an und all die Gefühle, die ich die Jahre versuchte hatte, tief in mir zu verstauen, kamen wieder hoch. Ich merkte das sich nichts geändert hatte. Ich hatte ihn all die Jahre geliebt.
Er atmete tief aus, ehe er anfing zu sprechen.
,, Es ist wahr, sie haben mich verschleppt, eingesperrt, gefoltert, mich als Druckmittel benutzt. Ich habe all die Jahre ausgehalten, bis ich die Chance hatte zu fliehen. Ich habe nie aufgegeben, weil das einzige was mir Hoffnung gemacht hat, warst du. Ich wusste wenn ich aufgegeben würde, würde ich dich nie wieder in meine Arme schließen können, ich würde nie mehr den Klang deiner Stimme vernehmen.
Vor allem aber würde ich nie mit dir die Ewigkeit teilen können. Ich wusste das du lebst, ich habe es gewusst, ganz gleich wer mir was anderes gesagt hat. Ich kann dir sagen es gab nicht ein Tag, an dem ich nicht an dich gedacht habe.“
Sprachlos sah ich ihn an und trat näher. Jeder zweifel fiel von mir ab, als ich meine Hand kurz auf seine Wange legte. Ich spürte seine Narbe unter meiner Haut.
,, Ich weiß nicht, was ich sagen soll ,Melin. Ich dachte ich würde dich nie wieder sehen und jetzt da du vor mir stehst, weiß ich nicht was fühlen oder gar denken soll“
Er nickte. Er würde mich verstehen.
Lange sagte wir beide nichts, er schloss mich in seine Arme.
Als ich meine Arme um seine Hüfte legte, spürte ich wie mager er geworden war. Ob ich mich genau so anfühlte?
,, Wir sollten gehen“
,, Ja, das sollten wir“
Wir lösten uns voneinander, er holte seine Tasche. Ich wollte schon hinaus gehen doch er rief mich zurück.
,, Ja?“ meinte ich. Ivan zog mich zu sich und küsste mich sanft. Überrascht erwiderte ich den Kuss, am Ende musste ich lächeln.
Als er sich von mir löste, meinte er lächelnd: ,, Du weißt nicht, wie lang ich das schon tun wollte“
Verlegen strich ich mir das rote Haar zurück und folgte ihm hinaus aus der Hütte. Wir würden nach Hause gehen. Ich dachte jetzt würde endlich wieder alles gut werden. Doch so war es nicht.
Damians Sicht
Damian stand am Abhang und blickte hinaus auf das Meer. Spring, und das alles hat ein Ende.
Er spürte den kalten Wind auf seiner Haut und den aufkeimenden Hass in ihm, von dem er wusste das es sein eigener war. Er verspürte den Drang einfach abzuhauen, dahin wohin es keinen Krieg gab, und alles hinter sich zu lassen. Nein, es war nicht der Krieg von dem er fliehen wollte, es war etwas anderes, doch er wusste er konnte nicht vor etwas fliehen was in ihm war. Es, Er, war ein Teil von ihm, den er nie wieder los wurde. Diese Erkenntnis machte ihn schier verrückt.
Er vernahm die Stimme seiner kleinen Schwester. Elina. Das tat er öfters. Was ihm früher beängstigt hatte, sah er heute als normal an. Er wandte dem Meer denn Rücken zu und machte sich auf den Weg zurück ins Lager. Er wusste was er nun zu tun hatte. Der Wind frischte auf und rüttelte an den Bäumen. Damian zitterte leicht.
Als er wieder den Weg durch den Wald einschlug, dachte er über die anstehenden Krieg nach, dabei kam ihn auch wieder die Elfe in den Sinn. Er war nie für den Krieg, jedenfalls nie für den Krieg gegen die Elfen, da er wusste das die Streitmacht der Elfen denen der Menschen, weit überlegen war. Es wurde damals nur zum Soldat, da er seinen Vater nicht enttäuschen wollte. Nun war er sechsundzwanzig und des Tötens müde. Er konnte die Armee verlassen, keine Frage, doch nun war es dafür zu spät. Die Soldaten befand sich bereits auf den halben Weg dorthin, auf den Weg zur Elfenhauptstadt. Er schüttelte missmutig den Kopf. Sie konnten nur verlieren.
Es muss eine Möglichkeit geben, diesen Krieg zu verhindern.
Ihm kam eine Idee, doch dies war reine Idiotie!
Tu es.
Er wusste wie dumm dieser Plan war.
Als der Soldat sich den Zeltlager näherte konnte er aufgeregte Stimme hören. Als er den Wald verlassen hatte, sah er Grace auf sich zu kommen. Sie war ganz außer Atem und ihre Haare waren zerzaust. Ihr Anblick verriet Damian nichts gutes. Er blieb stehen, als sie sich näherte.
,, Damian, es tut mir so leid. Sie haben sie gefunden, ehe ich etwas unternehmen konnte“
Sie bemerkte kurz den Anflug von Panik und Wut in seinen Augen.
,, Es braucht dir nicht leid tun. Es war meine Schuld“ Er warf ihr einen kurzen Blick zu und wollte weiter gehen. Doch wie erwartet hielt sie ihn auf.
,, Wohin willst du jetzt gehen?“ Unsicher sah sie ihn an, hatte Angst vor seiner Antwort.
,, Ich verhindere das, was verhindert werden muss. Es sind noch zwei Tage, diese Zeit muss ich nutzen“
,, Wie bitte? Bist du noch bei Sinnen? Sag mir bitte nicht das dass dein Ernst ist! Du kannst das nicht machen, was glaubst wird dich erwarten? Sie werden dir den Kopf abhacken, ehe du überhaupt etwas sagen kannst!“ rief sie ihm hinterher. Er lief weiter und achtete nicht auf sie.
,, Damian!“ Er merkte wie wütend sie war.
Unauffällig schlich er sich durch dass Zeltlager, Grace konnte ihm unmöglich durch das ganze Gedränge folgen. Damian machte sich auf den Weg. Das dass jedoch ein großer Fehler war, sollte er erst viel später erkennen.
Kapitel 2
,, Liebende verlieren sich manchmal aus den Augen, aber niemals aus den Herzen“
Der Regen schien kein Ende nehmen zu wollen. Meine Kleidung, oder besser gesagt der Fetzen den ich am Leibe trug, klebte schon an meinen Körper und war völlig durchnässt. Wir liefen schon seit Stunden durch eine Landschaft die sich binnen weniger Sekunden in einen Sumpf verwandelt hatte und ich spürte mittlerweile keinen Muskel mehr in meinen Körper. Tiefhängende Äste schlugen mir ins Gesicht und hinterließen brennende Streifen auf meiner Haut. Ich nahm den Schmerz nur verschwommen war. Das einzige was ich spürte, was Ivans Hand in meiner. Wäre er nicht da, hätte ich schon keine Lust mehr weiter zu machen. Hätte nicht die Kraft. Meine nackten Füße brannten.
Ich sah an mir hinab. Meine Beine waren mit Matsch besudelt, wie ebenso das schwarze kurze etwas von einem Kleid. Mir wurde übel bei dem Anblick, meiner dünnen Beine. So durfte ich auf keinen Fall im Schloss auftauchen. Ich seufzte leise und blickte nach vorne. Wald. Nur Wald, überall Bäume.
Ich verlangsamte meine Schritte und zog meine Hand aus seiner. Überrascht wandte Ivan sich um und blickte mich fragend. Ich blieb stehen und machte ihm klar das ich eine Pause brauchte.
Er sah mich nur nachdenklich an. Seine Züge waren soviel härter geworden. Etwas an ihm hatte sich verändert, was, das war mir noch nicht ganz klar.
,, Bitte, Ivan ich kann nicht mehr“
Er schien kurz abwesend zu sein, doch dann klärte sich sein Blick wieder.
Er war schneller, an meiner Seite als ich gucken konnte.
,, Verzeih mir, sagte er während er mich in seine Arme hob, ich hätte wissen müssen, das dir dazu die Kraft fehlt“
Obwohl es mir etwas unangenehm war, das ich so schwach war, das er mich tragen musste, ließ ich es zu. Erst war ich etwas versteift, aber nach einigen Minuten entspannte ich mich. Immerhin war er mein Mann, welchen Grund sollte es geben sich nicht bei ihm wohl zu fühlen?
Ich kuschelte mich an seine Brust und merkte wie er leise lachte.
,, Nye meleth le“ flüstere er mir in unserer Muttersprache ins Ohr. Ich lächelte nur und hauchte in einen Kuss auf die Wange. Nun würde uns nichts mehr trennen.
Als ich langsam aus meinen Schlaf erwachte, fand ich mich auf einen Bett mit weichen Tierpelz wieder. Im ersten Moment war mir unklar, wie ich hierher gekommen war doch dann fiel mir wieder alles ein. Ich blinzelte und sah mich in meiner Umgebung um. Es war schlicht, beinahe spartanisch eingerichtet, ein Schrank, ein Tisch mit zwei Stühlen und ein Spiegel an der Wand gegenüber von mir. Der Tisch stand direkt unter einen Fenster, und auf den Tisch ruhte ein Tablett mit Essen. Bei dem Anblick des Essen weitete sich meine Augen und mein Magen knurrte. Essen! Essen!
Ich wollte gerade aufspringen und hinüber eilen, als mein Blick am Spiegel hängenblieb und dem entsprechend auch auf mein Spiegelbild. Ich war nackt. Komplett. Ich war schockiert, über das was
ich sah. Angewidert wandte ich den Blick ab. Ich ging hinüber zum Tisch und verschlang das Essen innerhalb von Sekunden. Ich war viel zu hungrig um mir Gedanken wegen Manieren zu machen, und spülte einen großen Bissen Brot mit Met hinunter. Am liebsten hätte ich das Zeug wieder ausgespuckt. ,, Ekelhaft!“ meinte ich und wandte mich um als jemand den Raum betrat.
Ivan hielt kurz inne als er mich betrachtete. Unter seinen Blicken wurde ich rot.
Wieso wirst du rot, du dumme Gans, er hat dich schließlich schon oft genug nackt gesehen.
Ivan klaubte eins der Tierpelze vom Bett, kam auf mich zu und legte es mir um die Schultern.
Er sah mich wieder an.Ich wendete mich unter dem Blick.
,, Schau mich bitte nicht so an als sei ich schön. Ich sehe grässlich aus“
Ich sah zu Boden.
,, Du wirst für mich immer die schönste sein,egal wie du aussiehst“
Ich sah ihn mit erhobenen Brauen an.
Er lachte und strich eine Strähne wieder zurück hinter mein Ohr.
,, Im Schrank hängen Sachen für dich. Zieh dich um, ich warte unten auf dich“
,, Wo sind wir eigentlich?“ wollte ich wissen.
,, In einer Herberge. Ich hielt es für das beste wenn du dich fürs erste ausruhen solltest. Wir sehen uns unten“
Als er den Raum verlassen hatte, trat ich nochmal vor den Spiegel. Zu meiner Überraschung waren meine Wunden und Schnitte verheilt. Die dunklen Schatten unter meinen Augen ebenfalls. Auch keine Blutergüsse. Wären da nur nicht diese Knochen..dann würde ich wie früher aussehen.
Ich zog mich schnell um und machte mich auf den Weg nach unten.
Ivan wartete bereits mit zwei gesattelten Pferden auf den Vorhof. Wir stiegen auf und machten uns auf den Weg.
Damians Sicht
Damian wusste schon gar nicht mehr, wie lange er durch die kühle Nacht geritten war. Er fühlte bereits die bleierner Müdigkeit in sich aufsteigen, aber er kämpfte sie immer wieder nieder. Sein Ziel war zu wichtig um eine Pause zu riskieren. Er sah hinauf zum Himmel. Die Morgendämmerung brach bereits an. Der starke Wind zerzauste sein Haar und seine Hände waren bereits wund geschürft von dem rauen Leder, seiner Zügel. Damian betrachtete seine linke Hand im spärlichen Dämmerlicht. Sie war blutig. Fluchend riss er ein Stück Stoff seines Ärmels ab und band es sich so gut es ging um die Verletzung. Er musste aufpassen das er nicht aus dem Sattel flog. Der Hengst unter ihm schnaubte. Damian strich ihn über den Hals.
,, Wir haben´s ja bald geschafft.“
Es verging eine Stunde, langsam tauchte die Sonne am Horizont auf und tauchte die Landschaft in goldenes Licht. Damian blickte über die weite Landschaft vor ihm. Er kam einen Abhang näher und zügelte seinen Hengst. Er ließ seinen Blick nach vorne gleiten und erkannte hohe Türme die sich gen Himmel streckten. Die Elfenhauptstadt Veredos.
Vor den Toren der Stadt erstreckte sich ein Wald, vor ihm lag eine weite, freie Fläche. Das Schlachtfeld, nahm der junge Krieger an.
Damian war so tief in seinen Gedanken versunken, dass er fast aus dem Sattel geflogen wäre, als sein Hengst abrupt stehen blieb. Ärgerlich versuchte er das Pferd wieder anzutreiben, doch dieser scharrte nur mit Hufen und schüttelte widerwillig den Kopf. Es schien als sei der Hengst wegen irgendetwas beunruhigt. Einige Sekunden später wusste Damian warum. Eine Division von Reiter tauchten vor ihm auf, ganz so als hätten sie seine Ankunft erwartet. Damian runzelte die Stirn, als der Hauptmann ihn von weitem spöttisch musterte. Sie waren zu fünft und ritten auf schneeweißen Pferden , die erst kurz vor ihm halt machten. Damian saß immer noch auf seinen Pferd und konnte somit seinen Gegenüber in die Augen schauen. Es war blond haariger Elf mit kühlen blauen Augen, der schließlich seine Aufmerksamkeit verlangte.
,, Was führt dich zwei Tage vor Kriegsbeginn zu uns, Mensch?“
Damian bemerkte den gehässigen und scharfen Unterton in seiner Stimme. Kurz kniff er verärgert die Augen zusammen. Reiß dich zusammen.
,, Ich komme in keiner kriegerischen Absicht, er holte kurz Luft, ich bitte um eine Audienz bei ihrer Majestät“
Er war sich sicher, das man seiner Bitte nicht nachkommen würde.
Schweigen folgte. Erst jetzt, als Damian seinen Blick von dem Elfen vor ihm losriss, bemerkte er das die anderen Reiter allesamt Helme mit Visieren trugen.
,, Ich denke, dafür ist es bereits zu spät. Und ich kann dir versichern das die Königin kein Interesse daran hat mit jemanden wie dir zu verkehren, Mensch“
Er spuckte das Wort fast angewidert aus, anstatt es zu sagen.
Damian konnte das spöttische Lächeln in seinen Augen erkennen. Wut kochte in ihm hoch, geflissentlich schluckte er sie runter.
Er wusste, das die anderen dachten das er womöglich den Verstand verloren hatte. Vielleicht hatten sie damit sogar recht.
Bevor noch jemand etwas sagen konnte, bewegte sich einer der Reiter vor. Der Hauptmann sah zu dem Reiter hinüber und wollte schon etwas sagen, doch der Reiter sprach etwas zu ihm in einer anderen Sprache.
Damian musterte ihn. Er war etwas kleiner als die anderen trug jedoch eine prächtige Rüstung.
Der Elf wandte sich von dem Hauptmann und setzte seinen Helm ab. Er war mehr als überrascht, das dass Gesicht darunter einer Frau gehörte. Sie warf ihr braunes Haar über ihre Schulter und musterte ihn mit kühlen Blick. Kurz trafen sich ihre Blicke und Damian war wie gebannt von ihren Anblick.
Ihre Augen hatten die Farbe des Meeres und sie besaß unglaublich lange Wimpern.
,, Ich denke nicht, das du darüber entscheiden kannst, Avanthandal. Denke daran, der Krieg hat schon viele Opfer von uns gefordert“
Sie sprach ihn über die Schulter an.
Er schien einige Minuten nach zu denken, ehe er zu dem Ergebnis kam das sie vielleicht Recht haben könnte.
Er nickte kurz und sprach zu den anderen. Die Truppe setzte sich in Bewegung, nur die Elfe blieb zurück und musterte ihn interessiert.
Unschlüssig saß er da und wartete. Sie lächelte kurz und sagte das sie ihm folgen solle.
Sein Pferd setzte sich wieder in Bewegung, Damian seufzte innerlich und strich sich das Haar aus der Stirn. Sie ritten nebeneinander her und schwiegen.
Damian warf der schönen Elfe immer wieder verstohlene Blicke zu.
Schau weg. Idiot, denkst du sie merkt das nicht?
Er sah weg ,versuchte seine Gedanken zu ordnen und Konzentration zu wahren. Abgelenkt wurde er jedoch, als die Elfe anfing zu sprechen.
,,Deine Audienz wird dir gewährt werden doch Wähle deine Worte weise. Ich rate dir dazu, sie nicht zu verärgern. Mein Name lautete Ariana und deiner?“
Damian schwieg für einige Sekunden, ehe er antwortete.
,, Damian“
Die Elfe Ariana lächelte kühl.
,, Sag, Damian was führt euch zu uns ? Denkt ihr nicht das es für solche Bemühungen bereits zu spät ist? Außerdem, was hält euer König von eurem Vorhaben?“
Ihre Augen suchten die seinen und versuchten den Mann, dessen Name Damian lautete, zu verstehen. Seine Augen hatten die Farbe eines unergründlichen Blau, die braune Haaren waren wirr und sie bemerkte wie er sich nachdenklich über den Dreitagebart Bart strich.
Er ist sehr verschlossen. Aber er gefällt dir.
Er bemerkte ihren aufmerksamen Blick, fühlte sich unwohl und gleichzeitig erregt.
,, Nun, um die Wahrheit zu sagen; Ich komme nicht vom König, niemand hat mich geschickt weder er noch weiß jemand von meinen Vorhaben, selbst nicht mein Vorgesetzter. Ehe würde er mir die Zunge herauszuschneiden als mich gehen zu lassen, er lächelte grimmig, aber ich bin kein Diplomat noch ein General sondern nur ein einfacher Soldat. Der Grund warum ich gekommen bin ist, das ich dem Blutvergießen ein Ende setzten will. Zu viele haben bereits ihr Leben in diesem Krieg gelassen,
Mir ist wohl bewusst welches Leid mein Volk eurem angetan hat, mit der Geschichte bin ich wohl vertraut, doch wenn es weitere Kriege gibt, wenn noch mehr Blut vergossen und wenn noch mehr Städte zerstört werden gibt es bald nichts mehr, um das man Kämpfen könnte“ Er endete, ließ seine Worte wirken und beobachtete ihre Reaktion.
Ariana hatte ihn aufmerksam zugehört und das aufkeimende Gefühl in ihr, sagte der Elfe, das Damian mit seinen Worten im Recht war. Sie dachte nach. Er war ganz anders, als sie Menschen erwartet hatte. Dieser Mann hatte sie vom Gegenteil überzeugt, von dem was sie immer über die Menschen gedacht hatte und seine Rede gefiel ihm, da sie tief in ihrem inneren, genau die selbe Ansicht teilte. Sie sah zu ihm hinüber, sein Blick war irgendwo weit in die Ferne gerichtet und er schien mit seinen Gedanken ebenso weit entfernt sein. Arianas Stimmung sank ein wenig, als ihr in den Sinn kam, was die Königin mit dem Mensch wahrscheinlich tun würde. Ihr wurde ganz komisch bei dem Gedanken, da sie begann Damian zu mögen.
Nein! Keine Gefühle! Du darfst das nicht!
Sie schallte sich innerlich dafür.
Ein Wind kam auf und spielte mit ihren Haaren, ärgerlich strich sie sich eine Strähne wieder hinter ihr spitzes Ohr.
Die beiden schwiegen, während sie ihre Pferde über die Wiese durch den Wald führten.
Sie blickte zum Himmel. Obwohl der Tag gerade erst begonnen hatte, verdunkelte sich die Wolken und ein Gewitter lag in der Luft.
Zwei Tage
,, Wie lange brauchen wir noch?“
Damians Stimme riss sie aus ihren Gedanken.
,, Nicht all zu lange. Wenn wir den Wald passiert haben, sind wir auch schon fast da“
Stille folgte, nur das Rufen der Vögel war zu vernehmen. Ariana konnte mit ihren scharfsinnigen Gehör, sein Herz schnell schlagen hören. Vermutlich war aufgeregt,vielleicht empfand er sogar Angst. Sie sah abermals zu ihm, konnte jedoch keine Regung in seinem Gesicht erkennen.
Er ist seltsam.
Vielleicht magst du ihn deshalb so sehr
Sie verdrängte die Stimme. Sie musste einen kühlen Kopf bewahren. Jetzt war nicht die Zeit für Gefühle.
Kapitel 3
„ Das Glück wohnt nicht im Besitze und nicht im Golde das Glücksgefühl ist in der Seele zu Hause“
Demokrit
Müde saß ich im Sattel und starrte über die Landschaft. Das goldene Licht der aufgehende Sonne hatte sich binnen weniger Minuten in ein düsten Grau gewandelt, da sich am Himmel dunkle Wolken herannahten.
Weit und breit war nicht zu sehen, nur ab und an sah man kleine Bauernhöfe, die wie hin gewürfelt aussahen. In der Ferne erkannte man schwach die dunklen Gebirgsketten.
Wir hatten immer noch nicht die Grenze passiert. Langsam wurde ich ungeduldig und ich fragte mich wann wir endlich da waren.
,, Ivan, wie lange glaubst du wird es noch dauern?“
Er zuckte nur kurz mit den Schultern.
,, Ich weiß es nicht, Liebes. Ich denke das wir nicht mehr all zu lange brauchen werden“
Ich seufzte und verdrehte die Augen. Ich wollte eine klare Antwort. Außerdem wollte ich nach Hause.
Was wird wohl meine Mutter sagen? Wird sie mich wieder kennen? Ich tat es ja noch nicht mal selbst.
Nach gut 2 Stunden und 1 kurzen Rastpause, überquerten wir schließlich die Grenze. Diese war durch eine weiße Brücke gekennzeichnet die sich über einen tiefen Graben spannte. Wir trabten hinaus aus den Wald auf die Brücke zu. Der Boden hier war kahl und voller Staub, ein Wind kam auf und schüttelte gewaltig an den Ästen. Ich fror ein wenig in meiner dünnen Kleidung.
Es wirkte alles ein wenig gruselig und ich fühlte mich beobachtet.
Das tust du schon die ganze Zeit weil du unter Verfolgungswahn leidest, dummes Mädchen.
Ärgerlich verdrängte ich die nervige, all zu vertraute Stimme.
Ich würde dir raten, dich geschlossen zu halten und mir nicht auf den Geist zu gehen. 93 Jahre waren selbst für mich verdammt lang und ich hab dich nun schon lang genug ertragen. Ich bin frei, jetzt lass mich in Frieden.
Innerlich tobte die Wut aber ich verspürte auch ein wenig Angst, die mir eine Gänsehaut bereitete.
Ich schüttelte den Kopf. Nein!
Wir überquerten die Brücke, ich vermied dabei den Blick nach unten, da mir ohne hin schon schwindelig war. Und das die Brücke kein Geländer hatte, machte das ganze noch schlimmer.
Auf der anderen Seite angekommen, verschwand der Schwindel ein wenig. Ich atmete erleichtert aus.
Um mich abzulenken, betrachtete ich die Umgebung. Hier wurde alles etwas grüner, zu meiner linken erkannte ich wieder einen Wald, ganz in der Nähe plätscherte ein Bach. Ich schloss die Augen und lauschten für einige Sekunden den Geräuschen der Natur, dann auf einmal, plötzlich ohne Vorwarnung, kippte ich bewusstlos aus dem Sattel.
Yelvira! Yelvira!....
Ich lag am Boden. Dunkelheit, Einsamkeit, Kälte ergriffen mein Herz und hielten es im Würgegriff. Für einen kurzen Moment fehlte mir die Luft zum atmen, ich dachte ich würde ersticken.
Kettenrasseln ertönte. Jemand trat ein. Ich hörte eine Peitschenknall, wenige Sekunden später spürte ich den Schmerz. Ich schrie. Ein weiterer folgte. Ein weiterer Schrei folgte.
Ich schrie mir die Kehle aus dem Hals.
Am Ende des Tages fehlte mir die Stimme.
Damians Sicht
Damian und Ariana standen nun im Thronsaal der Elfenkönigin. Abgesehen von den königlichen Beratern waren sie die einzigen im Saal. Man konnte förmlich spüren wie unwohl sich Damian in seiner Haut fühlte, am liebsten würde er hier und jetzt im Boden versinken. Die Worte die er sich so sorgsam zurecht gelegt hatte, waren nun wie ausradiert. Er zwang sich seine Emotionen in den Griff zu bekommen, schließlich wollte er nicht wie ein Narr da stehen. Obwohl er sich ziemlich war, das er dies schon war. Ariana machte Anstalten sich zu bewegen. Die beiden standen schon eine ganze Weile am Eingang des Saale, nun gab einer der Elfen mit einen Handzeichen zu verstehen das sie vortreten sollen.
Erst als die Elfe stehen blieb und ihn fragend an sah, machte er Anstalten ihr zu folgen. Ihre Schritte hallten in der großen Halle wieder. Damian sah sich um. Die Halle war schlicht und weiß, kein Schmuck oder Teppiche zierten die Wände. Nur hinter den schwarzen Thron der Königin war ein Bild zweier Schlangen aus Mosaik. Zu seiner linken führte eine Tür hinaus auf einen Balkon. Neben den Thron stand auf einer Säule eine flache Wasserschale.
Als sich jemand räusperte, wandte Damian seinen Blick nach vorne. Sie blieben vor den Treppen des Thrones stehen.
Damian bemerkte das der Platz vor ihn leer war. Stirn runzelnd warf er einen Blick auf die Berater und traf auf spöttische und verachtende Blicke. Zwei der Elfen trugen eine dunkelblaue Robbe, ihre Haare waren streng nach hinten gekämmt so das die spitzen Ohren noch deutlicher hervortraten.
Die Tür hinter ihnen schwang auf, Damian und die Frau neben ihn drehten sich um.
Eine müde dreinblickende Elfe mit schwarzen,langen Haaren kam fast schon hinein gestürmt.
An ihrem Blick konnte Damian schon sehen das sie alles andere als erfreut war. Sie schritt ohne sie anzusehen an ihnen vorbei und ließ sich seufzend auf ihren Thron nieder. Sie trug ein Kleid aus blauen Samt und ihre Haut schien blasser als die Farbe der Wände zu seien. Damian sah zu ihr hoch.
Sie sah ihn missbilligen an. Ariana neben ihn verbeugte sich kurz und trat dann einige Schritte zurück.
Mit jeden Atemzug wurde ihm schwerer ums Herz und er wünschte er hätte sich nie auf diesen wahnwitzigen Plan eingelassen.
Jetzt ist bereits zu spät, du Narr
,, Mensch, ich hoffe wirklich für dich das der Grund, warum man mich aus meinen Gemächern holen musste, es wert war denn sonst kann es ganz schön ungemütlich für dich werden“
Scharf blickte sie ihn an.
,, Nun nenne mir deinen Namen und dein Anliegen“
Standhaft hielt er ihren kalten Blick stand. Diese blauen Augen zeigen keine Reue. Ich rate dir weise Worten zu wählen oder dein Kopf rollt über den Boden.
Er schluckte.
,, Meine Name lautet Damian Mandar und ich bin ein Soldat aus der Königlichen Armee. Weder mein König noch mein Vorgesetzter wissen von meinen Vorhaben. Ich bin aus freien Willen gekommen.
Ich bitte euch inständig den Krieg enden zu lassen. Zu oft wurde er ausgetragen und zu viele haben bereits ihr Leben da durch verloren, dieser Krieg hat bereits zu viele Opfer gefordert, denkt ihr nicht?
Mir ist sehr wohl bewusst was mein Volk auch Elfen angetan hat und ja ich gebe es zu selbst ich schäme mich dafür, aber ich kann diese schändlichen Ereignisse nicht ungeschehen machen, ich kann mich nur entschuldigen. Wie lange soll das noch gehen? Wie lange wollt ihr noch gegen uns kämpfen? Majestät, bei allen Respekt das ist sinnlos. Wenn weiter Schlachten geschlagen werden, werden sich unsere Völker gegenseitig auslöschen und ich denke, das möchte doch niemand zulassen, oder hab ich da etwas unrecht?“
Während seines Monologes hatte er die Elfe vor ihn die ganze Zeit beobachtet, hatte versuchte ihre Reaktion abzuschätzen. Er bemerkte ein leichtes Beben ihrer Nasenflügel.
Ein langes Schweigen folgte. Einer der Berater beugte sich zu seiner Majestät hinunter und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie schüttelte den Kopf. Dann lachte sie freudlos auf. Damian blickte verwirrt drein.
Denke, sie hat was an der Klatsche.
,, Amüsant, Damian, amüsant. Ich weiß allerdings nicht ob ich euren Mut als kühn oder eher dumm einschätzen soll, ich denke eher zweiteres. Eine Entschuldigung? Die reichen hier nicht mehr aus, selbst nicht wenn man sie tausendmal ausspricht. Für das Verbrechen eures Volkes gibt es keine Entschuldigung. Auch wenn eure Worte der Wahrheit entsprechen, so sehe ich es nicht ein zu kapitulieren. Zum Wohle meines Volkes …“
Rasende Wut macht sich in Damian breit.
,, Zum Wohle eures Volkes?, unterbrach er sie wütend, zum Wohle eures Volkes wollt ihr sie in den Tod schicken? Wie egoistisch kann eine Herrscherin nur sein? Sagt mir, wie viel Blut wird wohl nachher an euren Händen kleben, wenn diese Schlacht geschlagen wurde? Fühlt ihr keine Reue? Eure Majestät, er betonte das Wort ein wenig lächerlich, sagt mir, ist eure Seele genau so kalt wie eure Augen es mir sagen?“
Sprachlose Blicke sahen ihn an. Als er das wütende Gesicht der Königin sah, lächelte Erik grimmig.
Drohend erhob sie sich und kam näher. Niemand hielt sie auf, der Mann vor ihr verspürte jedoch keine Angst, wie Damian sie empfunden hätte.
Sie stand nun gefährliche Nahe vor ihn, sie war genau so groß wie er.
,, Für deine Worte hätte ich dir deine vorlaute Zunge raus schneiden sollen, Mensch. Doch ich hab eine bessere Idee. Ab in den Kerker mit ihm!“
Yelviras Sicht
Ich erwachte mit dröhnend Kopfschmerzen. An meiner Seite kniete Ivan und sah zu mir als ich meine Augen öffnete. Er half mir hoch.
,, Was ist geschehen?“ war das erste was ich wissen wollte.
Er schwieg kurz.
,, Du bist einfach aus dem Sattel gekippt und hast sofort das Bewusstsein verloren. Du warst kaum mehr ansprechbar,schätze so zehn Minuten. Ich hatte schon befürchtet du würdest nicht mehr erwachen.“
Verlegen strich er sich über den stoppeligen Bart.
Ich nickte nur und wollte gerade eben wieder aufsteigen,doch Ivan hielt mich zurück.
,, Hey, bist du dir sicher das du wieder reiten kannst?“
Er sah mich aus seinen grünen Augen besorgt an. Unwillkürlich musste ich Lächeln.
,, Ja, sagte ich bestimmt.
Er sah noch nicht ganz so zufrieden aus, aber das war jetzt auch egal. Ich brannte nur so darauf endlich wieder meine Heimat wiederzusehen. Was wohl Mutter sagen würde, wenn ich nach all den Jahren wieder auftauchte?
Darüber konnte ich mir später Gedanken machen.
Nach zwei Stunden erreichten wir unserer Ziel.
Ich stand oben auf den Abhang und blickte über die Landschaft, sowie über den Wald. Dicht dahinter erstreckten sich die Türme des Schlosses.
Als ich die mir bekannte Silhouette der Stadt erkannte, fiel mir ein Stein von Herzen. Eine Last,die ich seit Jahren mit mir herum trug, fiel mit einem Mal ab. Ich sah hinüber zu meinen Mann und wusste das er das selbe empfand. Nach Jahren der Einsamkeit empfand ich das erste Mal wieder Frieden und etwas Glück. Das muss irrsinnig klingen, aber auch wenn es nur ein kleiner Funken war fühlte es sich unglaublich an. Und ich hätte gedacht ich wäre für immer verloren.
Damians Sicht
,, Aua! Könntet ihr nicht so grob sein?“ knurrte der Mensch Damian als er von den Palastwachen hinunter in die dunklen Kerker geführt wurde. Wie er erwartet hatte kam keine Antwort.
Wütend versuchte er sich zu wehren, doch die Wachen waren zu stark.
,, Hör auf so herum zu zappeln sonst schlag ich euch euren Kopf ab“ sagte einer der Elfen mit einen komisch klingenden Akzent. Damian lachte innerlich.
Die Wendeltreppe schien kein Ende nehmen zu wollen. Umso tiefer sie kamen umso dunkel und stickiger wurde es. Damian hätte sich fast übergeben können, da es nach verwesenden Fleisch roch.
Sie führten ihn einen schmalen Gang entlang, links und rechts konnte Damian Kerkerzellen erspähen.
Ob sie bewohnt waren, konnte er jedoch nicht wissen.
Sie hielten vor einer weiteren Zelle, sperrten auf und schoben den sich wehrenden Damian mit 55 vor Wut zu den Wachen, die leise lachten. Er spuckte ihnen vor die Füße.
Der Mensch hörte leise Verfluchungen die er jedoch nicht verstehen konnte. Die Schritte entfernten sich wieder. Nun war Damian mit seinen Gedanken alleine.
Erschöpft ließ er sich auf die pritsche nieder.
Das Verlies war klein und eng, keine Fenster gab es hier, kein Tageslicht. Das einzige was Damian halbwegs Licht spendete waren die Fackeln die im Gang an den Wänden hingen.
Er gähnte und rieb sich die Augen. Müde war er immer noch und als sich sein erster Zorn gelegt hatte, wurde ihm bewusst in was für einer Situation er sich eigentlich gerade eben gebracht hatte,
,, Verdammter Mist!“
Er schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. So dumm kannst du auch nur du sein.
,, Ich bin so ein verdammter Idiot..“
,, Ja, das bist du allerdings!“
Erschrocken sah er auf als er die Stimme erkannte. Ariana stand mit verschränkten Armen vor dem Tor und sah ihn missbilligend an. Aber er konnte in ihrem Blick noch etwas anderes lesen.. hatte sie Mitleid mit ihm?
,, Oh, Ariana. Ich hab dich gar nicht kommen hören“
Beschämt sah er zu Boden.
Sie seufzte leise und strich sich das Haar zurück.
,, Was hast du dir dabei nur gedacht, Mensch ? So welche Worte an unsere Herrscherin, du könntest dir nicht mal in deinen kühnsten Träumen vorstellen, was für Mächte sie hat. Ich kann nur für dich hoffen, das sie dich beim Leben lässt“
Ihr Tonfall am Ende ließ ihn aufhorchen. Er sah sie an, die Blicken der beiden trafen sich für einen kurzen Moment. Ariana merkte wie sich etwas in ihr regte, als seine Augen die ihren trafen.
Sie war froh, das es hier unten dämmrig war, sonst hätte er sie jetzt erröten gesehen.
,, Ich.. äh.. ich muss nun wieder nach oben. Die Königin sucht bestimmt nach mir.“
Sie wollte gerade umdrehen, als er sie zurück rief.
,, Ariana?“
Zögernd blieb sie stehen.
,, Ja?“
,, Hol mich hier raus,bitte.“
Als sie Damian ansah, konnte sie gar nicht anders als Mitleid zu empfinden. Was hatte dieser Mann schon so großartig böses getan? Er wollte nur sein Land, sein Volk, vielleicht auch seine Freunde schützen.
,, Ich werde sehen was ich tun kann“
Sie warf ihm einen letzten Blick zu, ehe sie wieder verschwand.
Ivan saß ab und blickte zu mir hoch. Ich seufzte erleichtert und glitt ebenfalls aus dem Sattel .
Wir machten kurz Rast auf einer Lichtung im Wald, ehe uns der Weg hinein in die Elfenstadt Veredos führen sollte. Ich war zwar dagegen gewesen, da es eh nicht mehr lange dauern sollte ehe wir ankamen, doch ich wollte Ivan auch nicht widersprechen.
Ich sah mich um und nahm die Geräusche meiner Umgebung bewusst war. Fast automatisch kniete ich mich nieder um über das noch feuchte Gras zu streichen. Das Gefühl zauberte mir unwillkürlich ein Lächeln auf die Lippen.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich Ivans seltsamen Blick, doch er sagte nichts dazu sondern lächelte nur kurz. Vielleicht verstand er mich ja, da er ebenfalls wie ich eingesperrt wurde. Vielleicht hatte die Zeit mehr seelische Wunden bei ihm hinterlassen als es bei mir der Fall gewesen war.
Ich richtete mich wieder auf und strich mir das Haar aus der Stirn.
Als ich meinen Blick wieder zu Ivan warf, konnte ich deutlich sehen das ihn etwas bedrückte.
Fast mit glasigen Blick starrte er zu Boden.
,, Ivan?“ Als er auf meine Stimme nicht reagierte, trat ich vor ihn und legte meine Hand auf seine Wange.
Sie war eisig kalt. Endlich schien er sich aus seiner Starre zu lösen.
Er sah mich etwas verwirrt an, fast resigniert. Erschrocken entfernte ich meine Hand wieder.
,, Ivan, was ist los?“
Er schüttelte kurz den Kopf.
,, Nichts, es ist nichts.“
Ich hob die Augenbrauen.
,, Nach nichts sah es aber eher nicht aus“
Er wich meinen Blick aus.
,, Lass uns weiter reiten. Wir sind ja bald da“
Er lächelte mir zu, doch sein Lächeln erreichte nicht seine Augen. Bevor ich etwas erwidern konnte, zog er sich zu mich und gab mir einen Kuss.
,, Glaub mir, Liebste mit mir ist alles in Ordnung“
Für einen kurzen Moment verschlug sein Anblick mir den Atem. Wie alt bist du, du Närrin?
Ehe wir uns wieder zu unseren Pferden wenden konnten, ertönte über uns ein schrilles Vogelgeschrei.
Verwundert blickte ich nach ob und erkannte einen Schwarm Silberflieger der laut kreischend auseinander stob und sich in allen Richtungen verteilte. Seltsam war, das diese Vögel sonst nur Nachts aktiv waren und am Tag waren sie schon gar nicht erst in Schwärmen zusammen. Ein unbestimmtes Gefühl machte sich in mir breit, das etwas nicht stimmte.
,, Irgendetwas muss passiert sein..“ murmelte ich , mehr für mich selbst als für meinen Mann.
Ich schwang mich in den Sattel.
,, Yelvira, nur weil eine Kolonie von Vögeln davon fliegt, heißt das noch lange nicht das etwas passiert ist. Das sind Vögeln, die fliegen nun mal das liegt in ihrer Natur“
Ich schüttelte energisch den Kopf.
,, Nein, Ivan du verstehst das nicht. Komm jetzt“
Hastig trieb ich mein Pferd in den Galopp. Hinter mir hörte ich Ivan laut seufzten.
Ich lief mit schnellen Schritten den langen Korridor entlang. Als ich ein kurzen Blick auf meine Umgebung warf stellte ich fest das sich nichts geändert hatte. Schwer atmend blieb ich vor den Wachen stehen, die am Eingang des Thronsaales postierten. Sie sahen mich mit seltsamen Blick an.
Als sich mein Atem reguliert hatte, begann ich mein Anliegen vor zu bringen.
Wie ich erwartet hatte, glaubte mir keiner der beiden.
Verzweifelt sah ich Ivan an, der mir beschwichtigend eine Hand auf die Schulter gelegt hatte.
,, Ich meine es vollkommen ernst. Lasst mich durch, es ist von höchster Wichtigkeit.“
,, Haben sie eine Einladung der Königin? Ansonsten können wir sie leider nicht durch lassen“
,, Nein zum Teufel mit der Einladung, die ich nicht brauche, da ich, wie ich schon erwähnt habe, die Prinzessin Yelvira bin!“ knurrte ich leicht wütend.
Die Elfen gegenüber von mir machten keine Anstalten, die schwere Eichenholztür zu öffnen.
Sie sahen mich nur fragwürdig an.
,, Ist das zu fassen?“ fragte ich laut.
,, Es tut uns leid, Wir können ihnen leider nicht glauben. Wir müssen sie bitten nun zu gehen, bevor wir Verstärkung rufen müssen“
Das war zu viel des guten.
,, Ich schwöre bei Gott, wenn sie mich jetzt nicht durch lassen, ich werde diese Tür eigenhändig öffnen!“
Ich trat einige Schritte näher, doch Ivan hielt mich zurück. Er flüsterte mir zu, das ich mich beruhigen solle, doch ich wollte mich nicht beruhigen.
Ehe einer der Anwesenden etwas erwidern konnte, wurde die Tür von innen geöffnet.
Sofort verstummte ich, als ich in das Antlitz meiner Mutter blickte.
Ivans Griff löste sich von meinen Arm und ich trat automatisch ein wenig zurück. Sie strahlte so viel .. Autorität aus und doch war da etwas was mich ein wenig erschreckte. Vielleicht war es die Resignation i n ihren Blick, der Müdigkeit in ihren Zügen oder aber auch ihre blauen Augen, die jeglichen Glanz verloren hatten.
Die Wachen räusperte sich und traten zur Seite.
,, Lasst sie passieren. Ich werde das klären“ sagte sie kurz. Sie musterte uns beide, ehe sie sich wieder umwandte und zurück in den Saal trat.
Ich warf den beiden Wachen noch einen giftigen Blick zu, danach folgten wir ihr. Die Tür wurde geschlossen.
Ivan führte mich, er hatte einen Arm um meine Hüfte gelegt.
Hier drin im Saal war es sehr kühl, obwohl draußen bereits die Sonne aufgegangen war. Die Wände waren weiß und kahl wie eh und je. Das einzige Schmuckstück in diesen kühlen Raum war der Thron und das Mosaik bild-, so wie die Wasserschale. Zu unseren rechten gab es einen Balkontür, auf dessen Knauf nun Königin Elayoés Hand ruhte. Sie sah zu uns hinüber und lächelte schwach.
,, Kommt setzten wir uns. Ich bin mir sicher, ihr habt viel zu erzählen“
Damians Sicht
Damian seufzte laut und sah hinauf zur Decke. Er war müde wie schon lange nicht mehr, aber schlafen würde er hier auf keinen Fall. Hier roch es außerdem unangenehm und Damian war sich sicher, das er nicht wissen wollte, woher dieser Geruch kam. Verzweifelt setzte er sich auf.
Er wollte hier nicht länger bleiben, Ariana musste ihn raus bringen. Er raufte sich die Haare und stand auf, da er es nicht mehr länger aushielt herumzusitzen und nichts zu tun.
Er tigerte nachdenklich in der kleinen Zelle hin und her und dachte nach was er als nächstes tun sollte.
Vielleicht brachten die Elfen Damian auch einfach um, da er ein wenig zu vorlaut gewesen seien sollte.
Vorlaut? Er hatte doch nichts schlimmes gesagt er hatte nur seine Meinung hervor gebracht. Und das so höflich wie es ihm eigentlich möglich gewesen war. Wenn er nur wüsste, was er falsch gemacht hatte.
Jetzt konnte er nur hoffen das sie ihm am Leben ließen. Hoffen und warten. Währen dessen verfluchte er sich immer und immer wieder für diese dumme Idee. Natürlich hätte er als einfacher Soldat keine Chance gehabt irgendetwas zu verändern. Aber er hatte jedenfalls etwas getan, er hatte den Mut gehabt.
Aber vielleicht war es auch egal was man tat dieser Krieg würde sich nicht verhindern lassen.
Die Elfen waren zu stolz um sich erweichen zu lassen, na ja und die Menschen? Sie wollten nur gewinnen. Viel zu dickköpfig war sein Volk. Er hörte Schritte näher kommen. Er hob den Blick und sah wie Ariana an das Gitter trat.
,, Und?“ wollte er aufgeregt wissen.
Sie schüttelte den Kopf.
,, Es tut mir leid, aber ich kann momentan nicht zur Königin. Irgendjemand scheint bei ihr zu sein und sie wünscht nicht gestört zu werden“
Damian fluchte leise. Die Elfe seufzte leise und sah ihn nur an.
,, Du hättest nicht her kommen sollen.“
,, Ich weiß, ich weiß. Es war dumm von mir zu glauben, das sich irgendetwas durch meine Bitte verändern würde.“
Sie nickte und strich sich eine Strähne hinter ihr Ohr. Damian beobachtete sie stumm und dachte nur wie schön sie eigentlich war. Ihre Haut war blass aus, aber dennoch stand die Blässe ihr. Er spürte, wie er erregte. Peinlich berührt wandte er sich ein wenig von ihr ab, aus Scham sie könnte es sehen.
Jetzt reiß dich zusammen.
,, Ja, jetzt ist zu spät irgendetwas zu bereuen. Ich weiß eigentlich geht es mich ja auch nichts an, aber wie bist du auf diese Idee gekommen?“
Als das Bild der toten Elfe vor seinen inneren Auge auftauchte, war er kurz wie weg getreten.
Ein langes Schweigen entstand. Erwartungsvoll sah sie Damian an, aber nach einer Weile des Schweigens nahm sie an das er sich zu dem Thema eher nicht äußern wollte.
,, Es ist in Ordnung wenn du mir davon nicht erzählen willst“
Sie versuchte so verständnisvoll wie möglich zu klingen. In Wahrheit war sie aber nur neugierig.
Der junge Soldat räusperte sich kurz.
,, Es ist.. ich meine es war etwas kompliziert. Ich hab es selbst nicht ganz verstanden“
Er mochte Ariana vielleicht mögen, aber das hieß noch lange nicht das er ihr gleich alles erzählen musste. Vor allem war er sich sicher, das er mit seinen Bericht über die ermordete Elfe bei ihr keine weitere Sympathie Punkte sammeln konnte
,, Okay,“ sagte sie, ich werde nun wieder gehen. Sobald ich etwas weiß, werde ich es dich wissen lassen“
Sie lächelte ihm kurz zu, ehe sie sich von seiner Zelle abwandte.
Als sie den dunklen Gang entlang schritt, versuchte sie die aufkeimende Gefühle in ihr verzweifelt zu unterdrücken. Mit jedem Besuch bei ihm, wurden sie nur noch mehr. Und sie spürte, das sie diese nicht ewig verbergen konnte. Sie wusste zwar, das dies nicht ging aber auch sie konnte sich nicht aussuchen für wenn sie leidenschaftlich ergriffen war.
Sie seufzte leise und stieg die Treppe hinauf. Sie hoffte, betete, das dies nur eine dumme Gefühlsduselei sei. Und was wenn nicht? Wenn konnte sie denn schon erzählen?
Seitdem Yelvira verschollen war, hatte sie keine Freundin mehr. Jedenfalls keine der sie alles anvertrauen konnte. Ihre Stimmung sank noch ein wenig tiefer
Sie fehlte ihr sehr, selbst jetzt noch nach all den Jahren.
Was wenn sie tot ist?
Der Gedanke versetze ihr einen Stich. Sie spürte wie ihr eine heiße Träne die Wange hinunter lief.
Hastig wischte Ariana sie mit den Handrücken weg.
,, Weniger Emotionen, mehr Selbstbeherrschung“ murmelte sie leise zu sich selbst.
Yelviras Sicht
Schweigend saß ich auf einen der Stühle und blickte zwischen meinen Mann und meiner Mutter hin und her. Ich hatte bis jetzt still dagesessen, während Ivan mit ruhiger Stimme seinen Teil der Geschichte erzählte. Ich lauschte seinen Worten, und doch hörte ich nicht richtig hin. Ich schluckte und versuchte nicht gleich in Tränen auszubrechen, da sich all meine aufgestauten Gefühle ausbrechen zu drohten.
Ich sah mit gemischten Gefühlen zu Elayoé hinüber. Sie wirkte so gefasst und doch saß sie etwas angespannt da, als würde sie sich ebenso wenig wohl fühlen wie ich es tat.
Als Ivan endete, richtete sich plötzlich die Aufmerksamkeit auf mich. Unwohl schaute ich auf.
Was war nur los mit mir? Warum fiel er mir so schwer, etwas zu sagen. Hatte ich es nicht all die Jahre gewollt, wollte ich nicht all die Jahre nach Hause zurück kehren?
Verstört wie ich in dem Moment war, brachte ich natürlich kein Wort hervor.
Ivan erhob sich, kniete sich vor mir nieder und legte seine Hand auf die meine.
,, Yelvira, es ist in Ordnung. Du kannst uns nun erzählen, was dir geschehen ist.“ Ich sah ihm in seine Augen und fühlte mich direkt etwas sicherer. Ich fühlte mich zuhause, wenn ich ihn ansah.
Mit einen ermutigenden Lächeln erhob er sich wieder und setzte sich auf seinen Stuhl neben mir.
Ich räusperte mich kurz, ehe ich die richtigen Worten fand.
,, Nun..es passierte vor dreiundneunzig Jahren, denke ich vielleicht mehr vielleicht auch weniger.
Ihr erinnerte auch bestimmt an das Geplänkel zwischen uns und den Menschen, ein kleine Auseinandersetzung, das später in eine Art Krieg ausartete. Sie haben mich in Gefangenschaft genommen, weil sie dachten das ich die Mörderin ihres Prinzen gewesen sei. Damals war ich aber nur zu einem ungünstigen Zeitpunkt in der Nähe wo der Prinz tot aufgefunden wurde, aber dämlich wie die Menschen nun mal sind, haben sie mich für den Mord verantwortlich gemacht, da es für sie alles so natürlich einen Sinn ergab. Ich weiß nicht genau, was danach mit mir geschah. Als ich jedoch wieder mein Bewusstsein wieder erlangte, fand ich mich in einer dunklen, kalten Kerkerzelle wieder.
Es war grausam gewesen und ich möchte über diese Zeit nicht reden, ich denke das ist verständlich.
Nun denn, den Rest weißt du ja von Ivan. Lassen wir dennoch die Vergangenheit ruhen, was ist hier derweil geschehen? Seit meiner Ankunft plagt mich ein schlechtes Gefühl.“
Dafür das mir zum heulen zumute war, klang ich sehr gefasst.
Sie nickte.
,, Wie du bereits erwähnt hattest, hatten wir dich am Todesort gesichtet, doch ich war zu sehr beschäftigt um etwas zu unternehmen. Ivan haben wir nur blutüberströmt am Boden liegen sehen und für tot gehalten, im Getümmel des Rückzuges haben wir sowohl dich als auch Ivan mit den Orks aus den Blickfeld verloren. Ich wollte zurück gehen um nach euch beiden zu sehen, doch es wäre sinnlos gewesen. Diesen Teil der Geschichte kennt ihr beide bereits. 93 Jahre kamen ins Land und während dieser Zeit wurden weitere Kämpfe ausgefochten, nun und in zwei Tage soll der letzte stattfinden.
Ich kann euch beiden gar nicht erklären wie erleichtert ich bin, das in zwei Tagen alles ein Ende haben soll. Unser Volk hat bereits zu viele in all den Kriegen verloren, sie machte eine kurze Pause, Ach ja bevor ich es vergesse, ein Mensch bat heute um eine Audienz bei mir. Er wollte Kapitulation, bat darum das ich mich zurück ziehe. Seine Worte entsprachen der Wahrheit, aber ich konnte es dennoch nicht zulassen. Einst waren es die Menschen die soviel Leid über unser Volk gebracht hatten, nun sollen sie für ihren Hochmut bezahlen. Zudem haben sie meine Tochter zu Unrecht eingesperrt“
Sie sah zu mir herüber. In ihrem Blick lag soviel Kummer und Mitgefühl das mir beinahe die Tränen kamen.
,, Es tut mir so leid mein Kind“
Ich schluckte hart und sah zu Boden. Es war seltsam meine Mutter nach all den Jahren wieder zu sehen, ich wusste kaum wie ich mich ihr gegenüber verhalten sollte.
,, Und wo ist der Mensch nun?“ unterbrach Ivan die Stille.
,, Unten, in den Kerkern. Ich weiß noch nicht was ich mit ihm machen soll, da er ziemlich vorlaut gegenüber mir war“
,, Lasst ihn laufen. Einer ist es nicht wert“
,, Vielleicht“
Schweigend beobachtete ich das Gespräch der beiden.
,, Du sagtest der Krieg sei in zwei Tagen. Ich biete mich an, mit zu helfen. Du weißt wie geschickt ich im Kampf mit den Schwertern bin. Ich denke ein Krieger mehr würde nicht schaden“
Meine Mutter nickte zögernd, mit einen Blick auf seine Schramme im Gesicht.
Ich wurde hellhörig. Sollte er nicht zwei Krieger mehr meinen?
Ich schaute auf.
,, Was meinst du mit nur einen Krieger? Ich sitze auch noch hier, falls ihr das vergessen haben solltet!“
sagte ich mit einen bissigen Unterton in der Stimme.
Ivan und Elayoé warfen sich vielsagende Blicke zu. Meine Mutter räusperte sich und strich sich ihr Haar zurück.
,, Weißt du, mein Kind ich kann deine Wut durchaus verstehen, aber ich bin der Meinung das du dem noch nicht gewachsen bist. Du solltest dich ausruhen und wieder zu Kräften kommen. Eine Schlacht würde dich umbringen.“
Sprachlos sah ich zu Ivan hinüber.
,, Lass mich raten, du gibst ihr recht?“
,, Liebste, es geht um deine Gesundheit. Du warst Jahrelang eingesperrt und dein Körper muss sich erst mal wieder an die Anstrengungen gewöhnen. Du bist dir nicht über die Schäden bewusst, die die Folgen seine können“
Ivan sprach mit mir, wie man es von einem Ehemann eben erwartete, aber seine Fürsorge scherte mich momentan wenig.
Wütend ballte ich die Faust.
,, Ich schätze eure Fürsorge, ehrlich, aber lasst mich entscheiden wie viel ich aushalte. Und, Ivan, sag warst du nicht derjenige der von uns beiden blutüberströmt am Boden lag?“ Er biss die Zähne zusammen und sah mich verärgert an.
,, Das tut jetzt nichts zur Sache!“
Freudlos lachte ich auf.
,, Bitte, erzähl mir nichts. Ich hab jedes Recht dazu. Ich bin diejenige, die zu Unrecht eingesperrt wurde. Nicht ihr!“
Mit diesen Worten verließ ich den Balkon und kurz darauf auch den Thronsaal. Ivan sprang auf und versuchte meinen Arm zu fassen doch ich ließ mich von ihm los und warf ihm noch einen giftigen Blick zu.
Jetzt würde mich niemand mehr aufhalten können. Ich war frei.
Ivans Sicht
Ivan seufzte laut und hörte wie die Tür ins schloss fiel. Manchmal benahm sich seine Frau wie ein kleines, trotziges Kind. Natürlich hatte sie jedes Recht dazu. Aber er machte sich viele Sorgen um sie.
60 Jahre Gefangenschaft zogen nicht einfach spurlos an jemanden vorbei. Diese Zeit hatten Narben auf ihrer Seele hinterlassen. Es stimmte, er war auch nicht mehr derselbe. Er war auch müde und geschwächt, aber im Gegensatz zu Yelvira wusste er wo seine Grenzen lagen.
,, Sie wird sich noch beruhigen. Glaub mir“ sagte seine Schwiegermutter und legte ihn kurz eine Hand auf seine Schulter.
Er lächelte kurz und nickte.
,, Ich weiß. Wie geht es dir?“ fragte er mit ehrlichen Interesse.
Seufzend schritten die beiden zurück in den Saal.
,, Ich bin erschöpft. Und geschockt. Geschockt da ich euch beide so plötzlich empfange habe, ich hatte vermutete das ihr beide längst tot gewesen wärt. Umso seltsamer ist es jetzt. Besonders Yelvira hat sich verändert und das nicht nur vom Aussehen.“
Ivan nickte, er wusste genau was sie meinte.
,, Aber das ist nachzuvollziehen“
Sie ließ sich auf ihren Thron nieder und massierte sich die Schläfen. Sie war erfreut das ihre Tochter noch am Leben war, aber sie wusste nun nicht mehr wie sie mit ihr umgehen sollte. Sie hatte das wilde Temperament ihres Vaters.
,, Ivan, sei so gut und rede mit ihr.“
Er nickte und nach kurzen Zögern verließ auch er den Saal. Nun war Elayoé alleine mit ihren Gedanken.
Yelviras Sicht
Wütend stürmte ich in mein Gemach und warf die Tür ins Schloss.Ich weiß, das ich mich wie ein trotziges Kind benahm, doch das war mir momentan herzlich egal. Ich hatte jedes Recht dazu und keiner würde mich noch aufhalten können,nicht mal meine Mutter. Als ich mich in meinen Zimmer umsah, stellte ich wie erwartet fest das sich alles an seinen Platz befand. Auch besaß ich keine Rüstung mehr.
Ich fluchte leise und wollte mich gerade zur Hofschmiede begeben, als ich abrupt stehen blieb und Ivan im Türrahmen stehen sah. Er sah mich mit hochgezogen Augenbrauen nachdenklich an und versperrte mir den Weg. Obwohl er dort so beinahe perfekt im Türrahmen stand sah ich ihn wütend an.
,,Geh mir aus den Weg!“ knurrte ich wütend und versuchte ihn zur Seite zu schieben.
Es half alles nichts. Er seufzte, schloss die Tür hinter sich und schob mich wieder in die Mitte.
So standen wir uns nah gegenüber und sagten eine Weile nichts. Langsam kam ich mir dumm vor.
,, Was willst du?“
Er seufzte abermals, ignorierte meine schärfe in der Stimme und wollte meine Hände nehmen, doch ich entzog mich ihn.
,, Nein“ Beleidigt trat ich einen Schritt zurück um etwas Distanz zwischen uns zu schaffen.
Er legte den Kopf schief und sah mich prüfend an.
,, Du bist wie ein Kind“ kam es dann plötzlich. Diesen Satz machte mich nur noch wütender.
,, Und du bist ein Idiot. Ich hab jedes, verdammte Recht mich so aufzuführen, schließlich war ich 60 Jahr e in Gefangenschaft. Glaubst du etwa, ich werde hier warten während ihr da draußen kämpft? Ganz bestimmt nicht! Ich hab mir geschworen, das ich mich Rächen werde, als sie mich dort in dieses dreckige Loch geworfen haben. All dieser Hass hat mich die Jahre lang, stark gemacht. Lass mich entscheiden, wie viel ich aushalten kann“
Ich hatte mich etwas beruhigt. Ich war sauer, aber auch verletzt das ausgerechnet er mich nicht verstand. Es war zum weinen.
Er kam ein wenig auf mich zu, diesmal ließ ich es zu.
,, Liebste, ich weiß. Ich weiß, wie stark du bist. Aber ich weiß eben auch wie ausgelaugt und müde du dich fühlst, das diese Zeit dir auch Narben auf deiner Seele hinterlassen hat. Und glaube mir, ich möchte dich nicht schon wieder verlieren, sag mir, wie könnte ich das ein zweites mal ertragen?“
Nun traurig trat er näher und hob mein Kinn an, sodass ich ihn in die Augen sehen musste.
Seine Worte berührte mich zutiefst, dennoch hatte ich meine Zweifel. Als ich nichts sagte, fuhr er fort.
,, Melethril, du musst meine Sorgen und die deiner Mutter verstehen, so wie wir deinen Hass nachvollziehen können. Ich verstehe dich, glaube es mir aber du musst mich auch verstehen können. Ich bin dein Mann und meine Aufgabe ist es, dich mit meinen Leben zu beschützen. Du bist alles für mich und ich würde es mir nie verzeihen können, wenn dir etwas zu -stößen würde“
Gerührt betrachtete ich ihn. Bei seinen liebevollen Worten blieb mir fast der Atem weg,
Sein Gesicht wurde nun ernster und ich spürte seinen warmen Atem auf meiner Haut, so nah war er mir bereits.
Mit schnell schlagenden Herzen sah ich ihn in die blauen Augen.
,, Ich verstehe es. Dir zu liebe werde ich nicht mit in den Krieg ziehen“
Die Lügen fühlten sich wie Blei in meinen Mund an und augenblicklich bekam ich ein schlechtes Gewissen.
Er hatte nicht gemerkt,das ich gelogen hatte.
Er musterte mich. Mir wurde unwohl, doch ich hielt seinen Blick stand.
,, Versprochen“ sagte ich nachdrücklich und sah, das er mir nun glaubte.
Schon drückte ich sanft meine Lippen auf seine, er fuhr leicht mit einer Hand meinen Rücken hinab, was bei mir für eine Gänsehaut sorgte. Selbst nach all den Jahren, liebte ich immer noch alles an ihm.
Er löste sich von mir und wollte sich wieder auf den Weg nach unten begeben, auf die Frage wo er den hin wolle meinte er, er müsse wieder zurück einige Sachen erledigen. Schließlich galt es in zwei Tagen einen Krieg zu gewinnen.
,, Und was soll ich stattdessen tun?“ fragte ich etwas zögerlich. Er dachte kurz nach.
,, Geh und such Ariana, sie wird sich sicherlich freuen zu hören das du wieder da bist und zwar lebendig“
Er warf mir noch ein Lächeln zu ehe er sich auf den Weg machte.
Das schlechte Gewissen nagte bereits an mir.
Die Königin lief im Thronsaal auf und ab und überlegte was sie den jetzt mit den Menschen anstellen sollte. Ariana hatte ihr geraten sie solle ihn doch freilassen, bei ihm würde es sich sowieso nicht lohnen, da er verrückt schien. Eigentlich hatte sie Recht, er war es nicht wert aber ihn einfach so ziehen lassen?
Sie seufzte als sich wieder ein anderer Gedanke in ihren Kopf drängte, das Bild ihrer Tochter tauchte wieder vor ihren inneren Auge auf. Es hatte sie zutiefst verstört, wie abgemagert und dürr ihre Yelvira aussah. Aber was hätte sie sonst erwarten sollen? Abermals seufzend ließ sie sich auf ihren Thron nieder und versank in ihren Gedanken. Sie war müde, sie konnte es kaum in Worte fassen wie ausgelaugt sie sich fühlte. All die Jahre hatte er der Kummer sie fast übermannt und nun tauchte ihre einst verschollene Tochter plötzlich vor ihren Toren auf. Für sie war es kaum zu realisieren gewesen.
Der Schock saß immer noch tief und sie musste sich erst mal an die Situation gewöhnen.
Die Tür ging auf. Ariana kam schwer atmend in den Saal gestürmt, ihr Haar sah ungestüm aus und etwas schien sie in Unruhe versetzt zu haben.
Sie verbeugte sich kurz als sie näher trat.
,, Euer Gnaden, sagte sie, wie ich gerade mitbekommen habe, soll die Prinzessin vor einigen Stunden im Schloss aufgetaucht sein. Die Kunde geht durch das ganze Schloss und alle tuscheln darüber. Und wann hattet ihr gedenkt mir davon zu berichten?“
Man konnte deutlich sehen das sie darüber sehr aufgebracht war, ihre sonst so blassen Wangen waren nun ein wenig gerötet.
Elayoé massierte sich die Schläfen, dafür hatte sie nun wirklich keine Zeit. Doch da Ariana eine gute und langjährige Freundin ihrer Tochter war, hatte sie ein Recht mehr zu erfahren.
,, Beruhige dich. Yelvira ist oben in ihren Gemächern, soweit ich weiß. Ihr geht es den Umständen in sprechend gut. Wenn du dich beeilst, erwischt du sie vielleicht noch.“
Sie war sich sicher, das Yelvira, sobald ihr Mann gehen würde, sich sofort auf den Weg zur Schmiede begeben würde, da erstens ihr eine Rüstung fehlte und zweitens sie hundertprozentig davon überzeugt war, das sie bei der anstehender Schlacht in zwei Tagen unbedingt mitkämpfen würde. Ihre Mutter konnte nur innerlich den Kopf schütteln. Wie konnte ihre Tochter nur so töricht sein?
,, Ich werde sich aufsuchen“
Sie dankte ihr schnell und verließ den Saal wieder. Die Tür fiel mit einen lauten Knall ins schloss.
Ich gähnte und ließ mich auf mein Bett nieder. Kein Staub lag dort auf der Decke, so strich ich über den weichen Stoff. Sofort ergriff mich wieder die Müdigkeit und ich hätte mich am liebsten hingelegt.
Doch ich müsste gleich sowieso aufbrechen, also verschob ich diesen Gedanken auf später und erhob mich wehmütig vom Bett, als jemand an meine Tür klopfte. Doch bevor ich irgendetwas sagen konnte, wurde die Tür schon stürmisch aufgerissen und eine kleine Frau mit braunen Haaren kam herein.
Im ersten Moment war ich wie geschockt, da ich die Person nicht sofort erkannte. Als die Elfe vor mir mich jedoch für etliche Sekunden anstarrte, dämmerte es mir. Mit einen Freudenschrei fiel sie mir um den Hals und drückte mich an sich. Ich erwiderte die Umarmung herzlich und war fast überwältigt von den Gefühlen. Nach einigen Minuten löste sie sich von mir und strich sie schnell eine Träne von der Wange. Ihre Meeres blauen Augen blinzelten mich glänzend an. Ich lächelte und strich ihr eine Träne von der Wange.
,, Es tut so gut dich lebend zu sehen“ sagte sie schließlich und richtete ihr Haar schnell.
Ich trat ein wenig von ihr weg und betrachtete sie eingehend.
,, Du siehst gut aus“ sagte ich lächelnd. Es tat so gut Ariana nach all den Jahren wieder zu sehen und ich spürte ein Gefühl von Glück in mir, wie ich es schon seit langem nicht mehr gefühlt hatte.
Ich war glücklich, hämmerte es in meinen Kopf. Es war fast zu schön, um wahr zu sein.
Obwohl ich eigentlich was anderes im Sinn gehabt hatte, ließen wir uns beide auf meinen Bett nieder und sie fing gleich an mich auszufragen, wie es mir den ergangen sei und was mit mir angestellt hatte, da ich komplett verändert aussah.
Ich erzählte ihr alles. Na gut, vielleicht nicht alles, denn hätte ich ihr alles erzählt hätte sie mich nur schief angeguckt und wahrscheinlich für verrückt erklärt.
Also ließ ich ein paar Grässlichkeiten aus und erzählte ihr nur die halbe Wahrheit. Auch dieses Mal spürte ich das schlechte Gewissen an mir nagen, da ich meiner ein zigsten Freundin nur die Hälfte erzählte.
Nachdem ich geendet hatte sah sie mich nur mitleidig an und nahm mich wieder in den Arm.
Ihre Nähe wieder zu spüren tat mir gut und ich genoss jede Minute.
Ich erzählte auch von meinen Plänen mit in die Schlacht zu ziehen.
Mit erhobenen Augenbrauen sah mich an und fragte, ob ich mir da sicher sei.
,, Ich freue mich sehr das du wieder hier bist, fing sie an, doch ich rate dir davon ab da es wirklich keine gute Idee ist. Du siehst grade nicht aus, als ob du zum Kampf bereit wärst. Außerdem, eine Schlacht nimmt man nicht auf die leichte Schulter, so wie du es immer tust. Ja, ich weiß du bist die Prinzessin und hast jedes Recht dazu und an deiner Stelle würde es mir auch nicht gefallen, aber du musst jetzt mal auf deinen gesunden Verstand hören. Du kannst das nicht machen, Yelvira das weißt du genau so gut wie ich“
Sie sah mich streng an. Ich verdrehte die Augen, Ariana verhielt sich manchmal wirklich wie meine Mutter. Ja, um Himmels willen, sie hatten Recht. Aber wieso tat jeder so, als wäre ich ein kleines Kind?
Ich bin erwachsen und ich konnte meine eigenen Entscheidungen treffen, egal ob es den anderen gefiel oder nicht.
Sie schien genau zu wissen, was ich dachte, da sie mich wieder mit nachdenklichen Blick ansah.
,, Tu was du nicht lassen kannst“ kam es schließlich ein wenig kühl von ihr.
Ihr kühler Unterton in der Stimme, stimmte mich ein wenig traurig da ich mir ein bisschen verloren vorkam da nicht mal meine einzige Freundin mein Vorhaben verstand. Gut, alle meinte sie würden es tun doch im Grunde genommen tat es keiner so richtig. Schließlich unterstütze mich niemand.
Es herrschte Stille. Ariana seufzte und erhob sich wieder, sie merkte das ich ein wenig geknickt war.
,, Es tut mir leid,“ entschuldigte sie sich, ich winkte ab und meinte, das ich sie schon verstehen würde.
Ich wollte jetzt keinen Streit oder sonst etwas in der Art, dafür hatte ich jetzt nicht die Kraft.
Auch ich erhob mich nun, da ich los wollte.
,, Ich bin zwar gegen dein Vorhaben, fing sie wieder an als ich die Tür öffnete, aber ich kann dich ja auch nicht auf halten.“
,, Genau“ gab ich mit einen Lächeln zurück und sah sie dabei kurz an.
,, Aber beschwere dich nachher nicht, falls dir was zustoßen sollte. Jeder hat dich davor gewarnt“
gab sie mir zu bedenken.
Ich seufzte entnervt.
,, Irgendwann reicht es auch mal“ sagte ich genervt. Kurz danach kicherte sie leise, als sie meinen genervten Gesichtsausdruck bemerkte.
Wir liefen die Stufen hinab und verließen kurz darauf auch das Schloss, um zur Hofschmiede zu gelangen. Draußen war wenig los und die Sonne kroch langsam aus den dunklen Wolken hervor.
Endlich hellte sich der Himmel auf, bald würde die Sonne schon im Zenit stehen.
Nur noch zwei Tage, ertönte es plötzlich in meinen Kopf. Der Gedanke versetzte mich in Aufruhr.
Auf den Hof sah ich mich nach bekannten Gesichtern, stellte jedoch mit Enttäuschung fest das ich niemanden wiedererkannte.
Nach einem kurzen hin und her mit den Schmied, händigte er uns schließlich die schwere aber schöne Rüstung aus. Abermals fragte er mich wozu ich denn eine brauchte. Ich ersparte mir die Mühe ihm zu erklären, wer ich war. Ich sagte das es ihm egal seien könne und verließ mit Ariana die Schmiede wieder. Sie half mir noch die schwere Rüstung mit hinauf in mein Gemach zu bringen und auf den Weg dorthin wurden wir von den wenigen im Schloss, begafft. Mich störte es ein wenig, aber eigentlich war es auch egal. Sollten sie doch gucken.
Als Ariana wieder ging, bedankte ich mich noch schnell bei ihr. Sie meinte, ich solle gut auf mich aufpassen und nichts dummes anstellen, dabei klang sie ernsthaft besorgt.
,
Ivan zuckte zusammen und hielt kurz in seiner Bewegung inne. Verwirrt fragte er sich, was das gerade gewesen war. Für einen kurzen Moment hatte er das Gefühl, dass eine kalte Hand seine Schulter gestreift hatte. Sein Gegner nutzte diesen Moment der Verwirrtheit aus und ließ sein Schwert vorschnellen, doch Ivan hatte die Bewegung aus dem Augenwinkel bemerkt. Mit Leichtigkeit parierte er den Angriff und zwang den Menschen in die Knie. Mit aller Kraft stemmte sich der Mensch gegen seine Kraft, landete aber schließlich doch am Boden zwischen all den toten Körpern. Ivan zögerte nicht lange und stieß seine Klinge in die Brust des Mannes. Er wandte sich von den Sterbenden ab und nahm die Lage des Krieges in Augenschein. Allmählich verkleinerte sich die Truppe der Menschen, und Ivan war sich sicher, dass sie bald abziehen würden. Seine Truppen gewannen die Oberhand und drängten die Menschen immer weiter zurück. Ehe Ivan einen weiteren Gedanken fassen konnte, stürmte ein nächster Angreifer auf ihn zu. Der Soldat war klein und schmächtig, ein leichtes ihn zu besiegen. Ivan umfasste den Schaft und holte zum Schlag aus. Der Soldat hob sein Schild um sich zu schützen, die Klinge glitt über den Stahl. Ein weiteres Mal holte Ivan zum Schlag aus. Dieses Mal traf er den Mann auf Hüfthöhe. Strauchelnd ging er in die Knie und schnappte nach Luft. Ivan setzte nach und tötete den Mann. Ivan unterdrückte ein Gähnen.
Erst jetzt bemerkte er, dass er schläfrig wurde und seine Wunde am Bein brannte. Hupend lief er weiter, atmete schwer aus und griff den nächsten menschlichen Soldaten an. Der Elf rammte dem Menschen das Schwert in den Rücken, die Klinge durchbohrte in und trat am Brustkorb wieder hervor. Augenblicklich fiel er zu Boden. Lautes Kampfgeschrei und das Geräusch von Schwertern, die auf einander schlugen, drang in seine Ohren. Zwei Kämpfer stießen gegen ihn und brachten ihn aus dem Gleichgewicht. Kurz danach fand er sich am Boden wieder. Er warf ihnen einen bösen Blick zu und rappelte sich schnell wieder auf.
Am liebsten würde er einfach verschwinden, aber er wusste, dass das nicht ging.
Ivan verdrängte seine Gedanken und humpelte auf den nächsten Menschen zu.
Er fühlte sich wie ein Krüppel und hoffte, dass die Wunde wenigstens ein bisschen heilen würde, damit er sich etwas schneller bewegen konnte. Wunschgedanke. Seufzend hob er sein Schwert und zielte auf die Brust seines Gegners. Obwohl sie allesamt starke Rüstungen trugen, durchbohrten die Elfenschwerter sie alle, weil die Klingen sehr scharf waren. Außerdem waren ihre Schwerter leichter und brachten ihnen somit einen kleinen Vorteil. Der Soldat hob sein Schwert, wehrte den Angriff ab und holte dann selbst aus. Ivan machte einen Satz zur Seite, um dem Angriff auszuweichen und stieß dann seine Waffe in die Rippen des Mannes. Keuchend sackte er zu Boden. Blut floss aus der Wunde und sickerte in den bereits blutgetränkten Boden. Ohne jegliche Reue trennte er den Kopf von seinem Körper. Mit einen dumpfen Laut rollte er zu Boden, die Augen vor Schreck weit geöffnet.
Ein leichtes schaudern durchfuhr ihn, seine Nackenhaare stellten sich auf und ein unwohles Gefühl machte sich in ihm breit. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass etwas nicht stimmte.
Damian stöhnte erleichtert auf, als er endlich durch die Tore die Stadt verlassen konnte.
Nachdem er sich durch die Menschenmenge quetschten musste, hatte er den Marktplatz erreicht.
Aber hier war es genauso voll wie auf den Straßen gewesen. Die Verkäufer riefen und lockten mit billigen Angeboten und bei dem Anblick des Essens das angeboten wurde, lief Damian das Wasser im Mund zusammen. Erst da hatte er bemerkt, wie hungrig er war. Doch da erinnert er sich, für was er das Geld verwenden musste. Schwermütig hatte er sich weiter von der Menschenmenge treiben lassen, bis er endlich jemanden fand, der Pferde verkaufte.
Nun stand er wieder vor dem Ausgang, in der Hand die Zügel des Pferdes, was ihn zehn Gulden gekostet hatte, und überlegte was er als Nächstes tun sollte. Das Pferd schnaubte und schubste ihn von hinten mit seiner Schnauze an. Die Stute schien wohl ungeduldig zu sein und wollte weiter. Damian drehte sich zu ihr um und schaute in die braunen, klugen Augen. Der Verkäufer hatte gemeint, dass dies ein ganz besonderes Pferd sei. Doch das bezweifelte er, denn sonst hätte er viel mehr verlangt. Er strich ihr über den Hals und setzte sich dann auf - oder versuchte es zu mindestens. Der Händler hatte ihm zwar Zügel gegeben, aber für einen Sattel hatte er nicht genug Münzen gehabt. Etwas unbeholfen versuchte er auf den Rücken des Pferdes zu gelangen. Erst nach einigen Versuchen saß er schließlich auf. Er blickte auf den Himmel, die Wolken schoben sich vor die Sonne und Damian zitterte leicht in seinem Hemd. Er nahm die Zügeln in die Hand und ritt in Richtung der Landesgrenze. Nach wenigen Minuten stellte er sich selber die Frage, was genau er jetzt vorhatte.
Wollte er wirklich zurück ins Elfenkönigreich, wo die Schlacht wahrscheinlich noch andauerte?
Ohne jeglichen Schutz oder Waffen? Etwas verloren saß er da, die Gedanken weit weg.
Ein Narr, bist du mein Lieber. Jetzt schau was das Ganze gebracht hat. Wenn du zurück zu deinen Leuten kehrst, wird der Kommandant dir die Hölle heißmachen. Du hast die Pflichten als Soldat nicht erfüllt und somit dein Land verraten.
,, Ich bin so ein Dummkopf! “, murrte er und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn.
Mit zweiundzwanzig Jahren sollte man schon wissen, wo sein Platz war.
Missmutig blickte er über die hüglige Landschaft. Hier und da standen einige Bauernhöfe. Sie sahen aus wie hin gewürfelt. Ein kleiner Fluss zog sich durch die grünen Flächen. Er entdeckte auch einige Haine. Auf seinem Weg begegnete er nicht vielen Menschen, ab und zu kam er an ein paar Bauern vorbei, die auf dem Feld arbeiteten. Ein Wind kam auf und ließ den jungen Mann noch mehr zittern.
Jetzt fehlt nur noch, dass es anfängt zu regnen.
Der Himmel über ihm verdunkelte sich. Na toll.
Es würde wahrscheinlich gleich wirklich anfangen zu regnen.
Damian seufzte und unterdrückte die aufsteigende Müdigkeit. Er hoffte, dass er nicht einschlief.
Seine Gedanken schweiften ab, er dachte wieder an Ariana. Er konnte nicht verhindern, dass bei dem Gedanken an sie, sein Herz höher schlug. Wie es ihr wohl ging? Er hoffte, dass ihr nichts zugestoßen war.
Ariana blickte schwermütig hinab aufs Schlachtfeld.Von hier oben hatte sie den Eindruck, dass die Menschen immer mehr ins Landesinnere drängten. Selbst einige feindliche Soldaten sind schon in den Wäldern eingedrungen, so hatte ihr ein Waldläufer berichtet. Seufzend hob sie wieder ihren Pfeil und schrie den Befehl aus. Die Pfeile senkten sich über die Angreifer, die darauf hin zu Boden fielen. Ariana bemerkte im Getümmel Ivan, der von einem Soldaten von hinten angegriffen wurde.
Rasch zog sie den langen Pfeil aus dem Köcher und zielte auf seinen Angreifer. Der Pfeil bohrte sich durch seinen Oberkörper, genau ins Herz. Ein selbstzufriedenes Lächeln huschte ihr über die Lippen. Sie wurde immer besser.
Die Wolken am Himmel verdunkelten sich und plötzlich wurde es sehr kalt
Ariana befürchtete, dass ein Gewitter aufziehen würde.
Das hatte ihnen gerade noch gefehlt. Sie blickte wieder über die Landschaft, ihre Gedanken schweiften ab. Damian schlich sich wieder in ihre Gedanken und sie musste an seine dunkelblauen Augen denken. Er sah so betrübt aus, als sie sich verabschiedet hatten. Fast hätte sie es nicht übers Herz gebracht zu gehen. Doch dann ist ihr wieder eingefallen, was für Pflichten sie zu erfüllen hatte. Und sie wollte nicht, dass sie noch mehr Gefühle für ihn entwickelte.
Denke nicht an ihn. Vergiss ihn einfach. Das war leichter gesagt, als getan.
Ein Seufzer entfuhr der schönen Elfe. Was war ihr da nur passiert?
Ich lag immer noch schwer atmend am Boden. Ich zwang mich die ganze Zeit dazu aufzustehen, aber irgendwie das klappte nicht wirklich. So ein Mist! Heute war wirklich nicht mein Tag.
Das Schicksal hatte sich gegen mich gestellt. Hätte Ivan mich nicht hierher gebracht, wäre diese Begegnung nie geschehen.
Also war es seine Schuld gewesen. Das könnte ich ihm nachher schön unter die Nase reiben.
Ein zweites Mal erhob ich mich und tatsächlich konnte ich aufstehen. Meine Beine fühlten sich an wie Blei und jeder Schritt bereitete mir Schmerzen. Keuchend stieß ich die Tür auf und trat dann in den Innenhof. Alles war still, man hörte nur gedämpft das Geschrei der Kämpfenden. Ich zwang mich dazu weiterzugehen. Ich wollte und konnte immer noch kämpfen. Mein Land verteidigen. Doch immer wieder hörte ich die kalte, raue Stimme meines Angreifers.
Schwach, Yelvira, so schwach.
Nein, nein, nein. Ich durfte mich nicht entmutigen lassen.
Ein weiterer Seufzer entfuhr mir und ich setzte meinen Weg fort, entschlossen mich von nichts und niemandem aufhalten zu lassen.
Mein Blick richtete sich gegen den Himmel, wo sich dunkle Wolken zusammenbrauten. Sie hatten die Sonne gänzlich verschluckt.
,,Verdammt!“, murmelte ich. Mir fielen wieder die Worte des Geistes, so nannte ich meinen Angreifer, da ich weder einen Herzschlag noch einen Atemzug gespürt habe, ein.
Ob ich seinen Worten glauben schenken sollte? Ich wusste nicht so recht. Vielleicht war es einfach nur ein... dummer Scherz gewesen? Aber das würde wohl eher nicht der Falls sein. Ich musste meiner Mutter davon berichten, sie würde schon wissen was zu tun war.
Während ich in meinen trüben Gedanken versank, hatte ich bereits das Haupttor erreicht.
Nachdenklich öffnete ich die kleine Tür und trat hindurch.
Wenn man der Straße nach unten folgte, einfach gerade aus, erreichte man so den Eingang der Mauer, der die Elfenstadt schütze. Bestimmt waren da noch Wachen postiert, die würden mich bestimmt nicht durchlassen. Also musste ich einen anderen Weg wählen, ich entschied mich für den, den ich vor der Schlacht gewählt hatte.
Nach einer halben Stunde befand ich mich wieder im Wald. Ich rannte in Richtung Schlachtfeld und ignorierte die Äste, die mir ins Gesicht schlugen. Über mir hörte ich den schrillen Schrei eines Silberfliegers. Ein leichtes Flattern ertönte neben meinem Ohr, überrascht blickte ich zur Seite.
Neben mir, oberhalb meiner rechten Schulter, flog ein kleiner Silberflieger. Seine schillernd, blau-grauen Augen sahen mich aufmerksam an. Sie erinnerten mich an die meinen. Auf eine komische Art und weise fühlte ich mich mit dem Vogel verbunden, als wäre er ein alter Bekannter. Langsam wandte ich meinen Blick von ihm ab. Doch selbst, als das Kampfgeschrei immer näher kam, wich er mir nicht von der Seite. Ich duckte mich unter einem Ast und sprang aus dem Geäst hervor. Ich befand mich wieder auf dem Schlachtfeld, doch dieses mal kam es mir viel leerer vor. Der Boden war von tausend Toten übersät und darunter erkannte ich nicht nur Menschen. Die Anzahl der Menschen schien trotzdem nicht weniger geworden zu sein. Immer mehr Krieger kamen den Hügel hinunter gerannt. Schnell wirbelte ich herum, als ich aus den Augenwinkeln einen Menschen auf mich zu gerannt kommen sah. Er holte mit erhobenem Schwert aus, doch ich wich geschwind aus und zielte auf seine Mitte. Die Klinge fuhr durch das Kettenhemd und schnitt durch das Fleisch. Die Klinge trat am Rücken wieder hervor und mit Schnelligkeit zog ich es wieder hervor. Blut tropfte von der Klinge, sickerte in den Boden.
,, Yelvira !“
Ich zuckte zusammen, als jemand wütend meinen Namen rief. Ich brauchte mich auch gar nicht umzudrehen, um zu wissen, dass es Ivan war. Ich bin tot. So was von tot.
Zähne knirschend lief ich weiter. Ich wollte nicht mit ihm reden.
,, Yelvira, bleib stehen.“
Er klang so wütend, ich ahnte schon was gleich auf mich zu kommen würde.
Ich lief trotzdem weiter, ohne auf seine Worte zu achten.
Hinter mir hörte ich hastige Schritte, danach packte mich jemand fest am Handgelenk. Ich wehrte mich und wollte mich losmachen, doch er war zu stark.
,, Verdammt nochmal, lass mich los.“, zischte ich. Der Griff verstärkte sich.
Ivan warf einen Blick über die Schulter, dann lief er los. Was hieß hier laufen, er rannte in höchster Geschwindigkeit Richtung Wald, schleifte mich hinterher und nach einigen Sekunden befanden wir uns wieder im Dickicht des Waldes. Wie konnte er nur so ungehindert zwischen den Kriegern laufen. Ich riss mich von ihm los und trat zwei Schritten zurück. Er funkelte mich aus schmalen Augen böse an. Widerwillig verschränkte ich die Arme vor der Brust und hielt seinem Blick stand.
,,Hab ich dir nicht gesagt, dass du im Schloss bleiben sollst?“ Man konnte deutlich hören, wie sehr ihn mein Verhalten in Rage brachte.
,,Hast du wirklich gedacht, das ich auf die hören würde?“
,,Nein eigentlich nicht, aber ich hätte von dir nicht erwartet, dass du so naiv wärst''
Ach jetzt war ich nicht nur schwach, sondern naiv.
„ Ach bitte, das hat nichts mit Naivität zu tun. Ich bin die Prinzessin, meine Aufgabe ist es mein Land zu verteidigen. Du tust auch das Gleiche.“ Wir sahen uns aus funkelnden Augen an.
,,Na gut, da du sowieso nicht auf mich hörst, mach was du willst. Aber jammere später nicht herum wenn du zusammenbrichst. Ich hab dich gewarnt.“
Damit drehte er mir den Rücken zu und ließ mich alleine stehen.
,,Ist das dein Ernst? Du lässt mich einfach stehen?“, rief ich ihm wütend nach. Er hielt kurz inne und wandte sich dann zu mir.
,, Yelvira, wir haben einen Krieg zu gewinnen und ich hab keine Zeit und auch ehrlich gesagt keine Lust weiter mit dir zu diskutieren. Wie gesagt mach was du willst“.
Ja, er war wütend auf mich. Sonst würde er nicht so mit mir reden. Und mich wahrscheinlich auch nicht so behandeln. Unschlüssig sah ich ihm nach. Was war bloß mit ihm? Nach 2 Jahrhunderten müsste er mich wohl mittlerweile kennen. Aber verstehe einer die Männer.
Nach etlichen Minuten des Grübelns, beschloss ich wieder auf das Schlachtfeld zurückzukehren.
Erst am Ende fiel mir ein, dass ich ganz vergessen hatte Ivan von meiner unheimlichen Begegnung zu erzählen. Mein Magen rumorte und der Hunger meldete sich. Ganz schlechtes Timing. Den Hunger nicht beachtend, lief ich die letzten Meter durch den Wald.
Nach einigen Sekunden drang Geschrei in meine Ohren. Bald darauf hatte ich das Feld erreicht.
Für uns sah es nicht so gut aus, die Menschen hatten an einigen Stellen den Wald schon erreicht, Andere drangen sogar bis in den Wald vor. Und doch waren wir immer noch in der Überzahl.
Ivan zog wütend sein Schwert aus der Scheide hervor. Wieso konnte sie nicht ein einziges Mal auf ihn hören? Wieso musste sie nur so stur sein? Er wollte sie doch nur vor weiteren Verletzungen schützen. Aber sie musste alles wieder falsch verstehen. Obwohl er es hasste, wenn sie beide sich stritten, war er sauer auf sie. Natürlich verletztes es ihn sie so zu sehen, aber er war noch zu sauer auf sie. Er versuchte nicht mehr darüber nachzudenken, sondern konzentrierte sich auf seinen nächsten Gegner. Er holte mit seinem Schwert rasch aus und zielte auf die Brust des Kriegers. Dieser parierte den Angriff und griff dann selber an. Der Elf wich aus, holte aus und traf seine Brust.
Schnell zog er die Klinge hervor und versetzte ihm den Todesstoß. Schreiend fiel er zu Boden.
Der Verletzte stieß einige Schimpfwörter aus, ehe er leblos am Boden liegen blieb. Ivan lief mit hastigen Schritten weiter. Langsam verließen ihn auch seine Kräfte, aber er blieb standhaft.
Auch wenn seine Wunde am Bein höllisch brannte, biss er die Zähne zusammen und kämpfte weiter. Ein weiterer Soldat griff ihn an, dieses Mal war er aber nicht schnell genug und die Klinge traf seinen Oberarm. Das Schwert war nicht tief in die Haut eingedrungen, doch spürte Ivan einen leichten Schmerz. Das Schwert wurde wieder zurück gezogen und der Angreifer ließ es wieder vorschnellen.
Diesmal reagierte der Elf schneller. Er blockte den Angriff ab, wich seinem darauffolgendem Gegenangriff aus und rammte die Klinge in seinen Unterleib. Stockend hielt der Verletzte inne und sackte dann zu Boden. Er blieb noch einige Zeit liegen, bis er dann das Bewusstsein verlor oder starb. Ivan war es im Grunde genommen egal. Seufzend ließ er den Mann liegen und suchte nach seinem nächsten Gegner. An den Gedanken daran, dass es den restlichen Tag so weiter gehen würde, wurde ihm ganz schwindlig.
Damian hatte nach guten zwei Stunden Ritt, die Landesgrenze erreicht. Zu seinem Glück, befanden sich dort keine Elfenwachen. Damian zog an den Zügeln, damit das Pferd in langsamen Trab zurückkehrte. Der Weg führte ihn durch einen Wald, der immer schmaler wurde. Die Äste hingen tief und schienen ihn zu beobachten. Jedenfalls fühlte er sich beobachtet.
Jetzt wurde er auch noch verrückt, als ob die Bäume ihn beobachten könnten. Seufzend blickte er um sich. Der Wald war dunkel, ja fast tiefschwarz, als wäre es Nacht. Dabei brach gerade erst die Abenddämmerung an. Nur mit Mühe erspähten seine Augen den Kiesweg, der ihn durch den Wald führen sollte. Wie lange er brauchen würde bis er sein Ziel erreicht hatte, das wusste er nicht.
Er hoffte nur inständig, dass es nicht so lange dauern würde aus dem Wald herauszukommen, denn er fühlte sich unwohl hier. Obwohl er niemanden im Dickicht erspähen konnte, fühlte er sich weiterhin beobachtet. Ein leises säuseln drang an seine Ohren und machte ihn ganz konfus.
Er versuchte nicht auf das seltsame Geräusch zu achten. Doch je mehr er in den Wald ritt, umso stärker wurde das säuseln. Aus diesem Geräusch konnte er manchmal einige Wortfetzen verstehen.
… Ein Mensch... Es ist ein Mensch..
Wie viele Menschen ?
…. Einer nur einer
…. Das sollte trotzdem reichen.. nein...
Wie versteinert saß er da und blickte sich verwirrt um. Wurde er jetzt völlig verrückt?
Hatte er sich das vielleicht nur eingebildet? Er hoffte es. Soviel Pech an einem Tag.
Für einige Minuten wurde es still um ihn herum. Die Stille erdrückte ihn und war fast noch schlimmer als das säuseln. Elya, so hatte er die Stute in Wahn der Langeweile genannt, wurde auch unruhig und schnaubte die ganze Zeit. Hoffentlich fing sie nicht noch an zu tänzeln. Beruhigend strich er ihr über den Hals. Er unterdrückte ein Gähnen und blickte in die Dunkelheit. Er hasste es nichts sehen zu können. Er konnte nicht sofort reagieren, falls jemand ihn aus dem Hinterhalt angriff. Seine Laune sank ins Bodenlose.
Wiedereinmal verfluchte er sich selber. Eine säuselnde Stimme ließ ihn plötzlich zusammenzucken.
Er schmeckt bestimmt gut... Sollen wir ihn ausfressen?
Ja... Ja … Ja
Nein, wir dürfen unser Gebiet nicht verlassen sonst kriegen wir Ärger von unserem Gebieter
Ach, der merkt nichts. Wir haben schon so lange keinen frischen Menschen gegessen. Wollt ihr euch das etwa entgehen lassen?
Tausende Stimmen schienen zu verneinen. Langsam machte sich Panik in ihm breit. Was waren das für seltsame Wesen? Jedenfalls wollten sie ihn essen. Moment mal, ob sie es wirklich tun würden?
Panisch blickte er sich um, doch er konnte wie erwartet nichts erkennen. Er trieb sein Pferd an, sie verfiel in einen schnellen Galopp. Er wollte so schnell wie möglich den Wald verlassen.
Er flieht... er versucht zu fliehen...
Los schnappen wir ihn uns !
Wieder ertönten die säuselnden Stimmen. Sie meinten es also wirklich ernst. Aus dem Dickicht krabbelte etwas hervor, doch Damian konnte es nicht genau erkennen. Die Wesen waren nicht sehr groß, sie gingen ihm vielleicht gerade bis zu den Kniekehlen. Vier von ihnen konnte er erkennen.
Ihre großen, gelben Schlitzaugen musterten ihn. Voller Gier blickten sie ihn an. Jetzt wurde er also noch zum Fraß irgendwelcher komischen Viecher, nein das Schicksal hatte es wirklich nicht gut gemeint mit ihm. Zwei der Tiere stellten sich ihm in den Weg, automatisch zog er an denn Zügeln und brachte Elya zum stehen. Unruhig schnaubte die Stute.
Wir können das Pferd auch mitessen, das wird ein Festschmaus, hahah
Damian wurde es allmählich zu viel.
,, Egal was ihr seit verschwindet! Ich schmecke garantiert nicht gut. Ich habe seit 3 Tagen nicht mehr geduscht und glaubt mir das wollt ihr euch nicht antun! Sucht euch ein anderes Opfer!“
Offenbar erstaunt blickten sie ihn an.
Es redet mit uns, es redet mit uns...
Wir wollen ihn trotzdem essen...
Ja !
Sie kamen näher und umzingelten ihn. Elya bäumte sich panisch auf und fing an zu tänzeln. Damian krallte sich an ihrer Mähne fest, doch ohne Sattel rutschte er natürlich von ihrem Rücken. Er landete hart auf dem Hinter und schrie kurz auf. Vermutlich war sein Steißbein gebrochen, so fühle es sich jedenfalls an. Die Stute schlug wild um sich und traf zwei der Wesen mit ihren Hufen, die darauf hin wieder zurück ins Gebüsch flogen. Die anderen zwei waren jetzt schrecklich nah bei ihm.
Keuchend saß er da und blickte die Wesen an. Sie waren nur noch eine Armbreite von ihm entfernt.
Es stinkt , es stinkt.
…. Wir wollen es trotzdem essen
Damian rutschte schnell nach hinten, die Kieselsteine piksten ungemein, doch er wollte garantiert nicht so sterben. Die Wesen kamen ihm schnell nach und hatten ihn bald eingeholt.
Bleib stehen, bleib stehen säuselten sie wütend.
Damian stand schnell auf und fing an zu laufen. Doch da er in die verkehrte Richtung lief, machte er wieder kehrt. Er blickte nach unten, die Wesen reichten ihm wirklich bis zu den Knien.
Der eine sperrte schon sein Maul weit auf, um Damian ins rechte Bein zu beißen. Scharfe, kleine spitze Zähne bohrten sich in sein Fleisch und er schrie auf. Er versuchte das Tier abzuschütteln doch es hatte sich fest gebissen wie eine Zecke.
,, Scheiße!“ fluchte er jammernd. Er schlug auf das Tier ein und ein Winseln ertönte. Jetzt griff der Zweite an, doch Damian trat ihn mit seinem, noch unverletzten Bein, weg. Winselnd lag der andere einige Meter von ihm am Boden. Ein knurren entfuhr dem Wesen, das sich immer noch an Damians Bein festgebissen hatte. Wütend sah er das Tier an.
,, Verzieh dich!“ brüllte er es an. Er wusste, dass es nicht auf ihn hören würde, doch er wollte seinem Unmut freie Luft machen. Sein Bein schmerzte höllisch und langsam wurde es taub. Damian trat weiter auf den Zwerg ein und nach etlichen Minuten lockerte sich der Biss. Er schüttelte sein taubes Bein, um den Angreifer los zu werden. Mit einem Knurren löste sich das Tier von ihm.
Er blickte schnell um sich, doch er konnte die anderen drei weder sehen noch hören. Der Kleine vor ihm zuckte plötzlich zusammen, winselte und zog seinen Schwanz ein. Die gelben Schlitzaugen weiteten sich ängstlich. Kurz blickte er zu Damian, dann rannte er panisch ins dunkle des Waldes.
Schwer atmend und blutend stand Damian nun da. Sein Bein schmerzte sehr und sein Pferd konnte er auch nirgendwo sehen. Vielleicht ist Elya auch vor Angst in den Wald galoppiert. Erschöpft schleppte er sich den Weg weiter. Jetzt musste er auch noch zu Fuß weiter, das konnte doch alles nicht wahr sein. Er streckte sich und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Aber vergebens.
,, Elya? Enyaaa?“ schrie er und versuchte somit sein Pferd herbei zu rufen. Nach weiteren Versuchen gab er es dann aber auf. Er konnte sich auch einfach hierhin legen und schlafen. Es würde auch keinem auffallen. Zudem hatte er nicht mal die geringste Ahnung wie es jetzt weiter gehen sollte. Sein rechtes Bein spürte er kaum mehr, nur das warme Blut spürte er, das nun an seinem Bein runter lief. Das Hosenbein war vollkommen zerfetzt und er sah schon den Knochen. Verdammt, das Vieh hatte richtig tief zugebissenen und wahrscheinlich auch ein Stück Fleisch davon herausgerissen.
Er bückte sich und riss ein Stück Stoff von seiner Hose ab. Er wickelte es um sein verletztes Schienbein und verdrängte den darauf folgenden Schmerz. Er hoffte, dass er dadurch die Blutung stoppen konnte.
Mit schweren Armen hob ich mein Schwert und ging auf den menschlichen Krieger zu. Zu meinem Glück bemerkte er mich, ich stieß meine Klinge in seinen Rücken. Er stoppte in seiner Bewegung und sackte zu Boden. Müde stach ich wieder zu, dieses Mal in seinen Hals.
Ich merkte wie ich mit jedem Schritt müder wurde und auch beschlich mich der Verdacht, dass der seltsame Geist daran schuld war. Seit der Begegnung mit ihm, fühlte ich mich noch ausgelaugter und müder als zuvor. Die Wunden brannten zwar nicht mehr so sehr, aber der Schmerz war noch nicht gänzlich verschwunden. Vielleicht hätte ich doch lieber auf Ivan hören sollen... Aber nein ich war zu stur. Ich mochte es noch nie, wenn mir jemand sagte was ich zu tun hatte. So in Gedanken verloren bemerkte ich nicht, wie jemand sich von der Seite an mich schlich. Erst als die Klinge in meinen Unterleib fuhr schrie ich auf und kehrte wieder in die Realität zurück. Oh verdammt
Mit offenem Mund presste ich die eine Hand auf die blutende Wunde. Das Schwert hatte meine Rüstung ganz durchdrungen. Die Wunde war tief. Wütend holte ich zum Schlag aus, doch mein Angreifer wich geschickt aus. Jetzt schwang er sein Schwert und zielte auf meine Brust. Doch ich war vorbereitet und parierte den Schlag. Der Druck, der darauf folgte, ließ mich nach hinten taumeln. Ich sah sein Schwert schon auf mich zurasen, doch im letzten Moment duckte ich mich zur Seite und ließ mein Schwert in seine Rippen gleiten. Wie erwartete, fuhr es durch die Rüstung und der Mensch stieß einen überraschten Schrei aus. Taumelnd wandte ich mich von dem keuchenden Mann ab. Auf einmal wurde mir übel und ich konnte nur schwer den aufsteigenden Brechreiz unterdrücken. ,, Scheiße“, murmelte ich und versuchte das Gefühl der Übelkeit los zu werden. Nicht übergeben. Ich lief weiter und hob mein Schwert hoch. Weitermachen, immer weitermachen. Mein Atem ging schneller und mein Blick wurde plötzlich verschwommen. Ich konnte nichts mehr richtig erkennen. Ich spürte einzig den Schmerz überall. Ich bin wirklich zu schwach. Ich musste mir wirklich eingestehen, dass ich nicht mehr konnte. Wie sollte ich den noch weitermachen? Ein Schrei ließ mich aufsehen, ein Krieger kam auf mich zugerannt. Nein, noch länger durchhalten konnte ich nicht. Und doch war mein Wille stark. Ich hob mein Schwert und parierte den Angriff. Mein Angreifer merkte, dass ich schwächelte und nutzte dies natürlich aus. Er zwang mich mit all seiner Kraft in die Knie, ich wehrte mich dagegen, doch er war stärker. Ich trat einige Schritte nach hinten, stolperte aber über einen Toten und fand mich im nächsten Moment am Boden wieder. Schwer atmend lag ich zwischen Dreck, Blut und Leichen. Der Geruch war unerträglich und wieder spürte ich meine letzte Mahlzeit, die meine Kehle hinauf kletterte.
Ich lag auf dem Rücken, mein Gegner stand direkt über mir. Sein Schwert hielt er gerade nach unten gerichtet und berührte dabei meine Brust. Es war ein leichtes für ihn mich umzubringen. Schnell rollte ich mich zur Seite und versuchte mich wieder aufzurappeln. Doch wieder war der Soldat schneller und drückte mich mit seinem Fuß nach unten. Zornig stützte ich mich auf meine Ellbogen auf und stemmte mich mit aller Kraft dagegen. Ich hörte sein Lachen und das machte mich rasend vor Wut. ,, Halt deinen Mund!“, brüllte ich und trat mit aller Kraft in seine Weichteile. Ich wusste natürlich, dass er eine Rüstung trug, doch hoffte ich, dass es ihm ein klein wenig wehgetan hatte.
Seiner Reaktion zu folgen hatte er Schmerzen. Das Schwert, was er zuvor noch in der Hand gehalten hatte, flog nach unten. Doch ich war nicht schnell genug und die Klinge durchbohrte meinen Oberarm. Ich spürte wieder große Schmerzen. Der Krieger hatte seinen Fuß von mir runter genommen und sank nun neben mir auf die Knie. Ich hob meinen anderen Arm und zog das Schwert aus meinem Oberarm. Blut benetzte meine silberne Rüstung. Wiedereinmal blieb eine tiefe Wunde zurück. ,, Du Miststück!“ schrie der Mann neben mir. Benebelt von den Schmerzen rollte ich mich von ihm weg und versuchte dann wieder aufzustehen. Doch ich schaffte es nicht, egal wie oft ich es versuchte. Ich kniete zitternd am Boden und stützte mich an meinem Schwert ab. Die anderen schubsten mich hin und her, beachteten mich gar nicht. Ich hörte schwere Schritte und blickte auf.
Der Mann, den ich zuvor hart getrofen hatte, hatte sich wieder erholt. Er hielt sein Schwert fest in der Hand, entschlossen mir das Leben zu nehmen. Obwohl er einen Helm trug, konnte ich sein Grinsen förmlich spüren. War das mein Ende? Gefallen auf einem Schlachtfeld, getötet von einem Menschen? Zitternd blickte ich nach oben. Ich sah sein Schwert auf mich zurasen. Erst im letzten Moment entschloss ich mich weiterzukämpfen. Ich rollte mich wieder zu Seite und versuchte abermals aufzustehen. Doch der Mensch rammte mir sein Schwert in die Hüfte und stieß mich zu Boden. ,, Es ist zu spät!“, hörte ich ihn sagen. Ich hatte mich schon darauf gefasst gemacht zu sterben, doch soweit kam es nicht. Ein Schwert durchbohrte ihn von hinten und er wurde zur Seite gestoßen. Vor mir stand Ivan. Mein Retter in der Not. Sein schwarzes, schulterlanges Haar wehte im Wind, die dunkelgrünen Augen sahen mich wütend und zugleich traurig an. Sein Gesicht war blutverschmiert und auch sonst hatte er viele Wunden. Erschöpft blieb ich am Boden liegen und machte keine Anstalten mich zu erheben. Zu schwach fühlten sich meine Glieder an. Am liebsten würde ich am Boden liegen bleiben und schlafen. Aber der Geruch erinnerte mich wieder daran, dass ich zwischen Toten lag. Ein kühle Hand ergriff die Meine und zog mich hoch. Mit schweren Gliedern blickte ich meinen Ivan an. ,, Du hattest recht.“, brachte ich nur flüsternd hervor, dann verschwomm alles um mich herum.
Ivan konnte nicht mitansehen, wie erschöpft und verletzt seine Liebste war. Sie lag in seinen Armen, ihre Augen geschlossen. Sie hatte wahrscheinlich das Bewusstsein verloren, verständlich nach all ihren Strapazen. Ivan wusste, dass er sie von hier fortbringen musste, ehe jemand sie noch mehr verletzen konnte. Er lief schnell durch die kämpfende Menschenmenge und verschwand im Dickicht der Wälder. Als die Schreie verebbten verlangsamte Ivan seine Schritte. Auf einer Lichtung bettete er Yelvira auf weiches Moos und betrachtete sie. Unter ihrer Rüstung hatte sie zwar nur wenige Verletzungen, dafür aber sehr tiefe. Sie zu entkleiden, fand Ivan jetzt unangebracht, stattdessen versuchte er es mit einem Heilzauber. Dabei flossen ihre Schmerzen auf ihn über und ihre Wunden konnte sich schließen. Er kniete nieder und nahm sie wieder in seine Arme. Er ergriff ihre Hand, schloss die Augen und flüsterte den Zauber. Ein leichter Schmerz floss durch seine rechte Hand und verteilte sich in seinen gesamten Körper. Ihre Schmerzen pulsierte durch ihn. Er biss die Zähne zusammen. Zwar musste er nicht vor Schmerz aufschreien, aber waren sie nicht ohne. Seine Finger krallten sich in den Boden, als immer mehr Schmerzen durch seinen Körper pulsierten. Nach einigen Minuten war es nicht mehr so schlimm.
Er verharrte ungefähr zehn oder auch mehr Minuten so. Langsam löste er seine Hand von ihrer und öffnete seine Augen. Er atmete erleichtert aus, als er bemerkte, dass ihr Atem sich wieder reguliert hatte. Seine Hände zitterten leicht, als er sich durch das schulterlange, schwarze Haar fuhr.
Hoffentlich würde es ihr bald besser gehen.
Ariana blickte verwundert zu ihrem rechten Bein hinunter. Hatte sie nicht gerade eben einen Stich gefühlt? Wo kam der jetzt auf einmal her? Doch sie vergaß es im nächsten Augenblick wieder, sie hatte wichtigeres zu tun. Sie hatte ihren Platz auf der Anhöhe verlassen und stand nun vor ihrer Königin, um sie zu schützen. Die Menschen hatten sich formatiert und versuchten nun die Elfen zurück zu drängen. Doch so einfach wie sie sich das vorgestellt hatten, funktioniert das natürlich nicht. In Gedanken verloren zog Ariana ihr Schwert und parierte den Angriff des Menschen.
Sie zielte auf seine Brust und bevor er es überhaupt bemerken konnte, stach Ariana zu. Stockend hielt er inne und sank darauf zu Boden. Im nächsten Moment kam wieder ein Krieger auf sie zu gerannt. Geschickt hob sie ihr Schild hoch und ließ die Klinge drüber gleiten. Währenddessen zielte sie auf seine Mitte,die Klinge fuhr durch die Rüstung und hinterließ eine tiefe Wunde.
Ein Schrei entfuhr seiner Kehle und er presste seine Hand auf die offene Wunde. Ariana griff nochmal an, dieses Mal traf sie mitten in sein Herz. Er hielt sich immer noch schwankend auf den Beinen, aber er wurde von jemandem zur Seite gestoßen. Ariana stieg über den zuckenden Körper und hielt nach ihren weiteren Gegnern Ausschau. Dieser ließ nicht lange auf sich warten, ein Mensch mit erhobenem Schwert kam auf sie zu gerannt, fest entschlossen sie zu töten. Doch Ariana wich tänzelnd zur Seite aus und rammte ihr Schwert in seine Rippen. Der Soldat schrie vor Schmerz auf und fing an zu taumeln. Gleich darauf wurde ihm der Kopf vom Körper getrennt, doch nicht von ihr. Kurz nickte sie dem Elf zu und griff den nächsten an. Am liebsten würde sie wieder zu den Bogenschützen zurück kehren, aber nein ihr wurde befohlen die Königin zu beschützen. Als ob sie nicht schon genug Leibwächter um sich hatte. Leise seufzend hob sie ihr Schwert, um den Schlag zu parieren. Ihr Gegenüber versuchte sie in die Knie zu drängen, doch Ariana war stärker und drängte ihn zurück, bis er schließlich über einer der am Boden liegenden Leichen stolperte und sich schwer atmend am Boden wiederfand. Ehe er überhaupt begreifen konnte was als nächstes geschah, sah er ein Schwert auf ihn zurasen. Ariana zog ihr Schwert aus seiner Brust.
Mit schnellen Schritten lief sie weiter. Sie spürte ein seltsames Ziehen in ihre Magengegend, ein leichtes Rumoren. Nicht das ihr auch noch übel wurde. Leichtfüßig sprang sie über die Leichen und stieß ihr Schwert in, den vor ihr, stehenden Soldaten. Die Klinge traf seinen Hals, Blut quoll aus seinem Mund und er presste seine Hände auf die blutende Verletzung. Doch das half alles nichts.
Ein wenig mitleidig betrachtete sie den Sterbenden. Seit sie Damian getroffen hatte fand sie, dass die Schlacht beiden Völkern nichts gutes tat. Zwar wurde die Rache der Königin gestillt, doch auch sie verlor an Kriegern. Sie wusste zwar nicht wie, aber Damian hatte sie davon überzeugen können.
Aber vielleicht lag es auch einfach an ihren Gefühlen zu ihm. Sie dachte wieder an ihn. Sie hatte schon zu oft an ihn gedacht. Dummkopf, wie war das vorhin mit: wir vergessen ihn?
Das, dass nichts brachte, wusste sie bereits. Sie strich eine Haarsträhne aus der Stirn und packte den Schaft ihres Schwertes fester. Jetzt war nicht die Zeit für Schwärmereien, sie befanden sich schließlich im Krieg. Fest entschlossen, Damian aus ihren Gedanken fernzuhalten, stürmte sie ihrem nächsten Gegner entgegen.
Ivan wachte ruckartig auf, als ein schriller Schrei die Stille zerriss. Er lag ihm weichen Moos, über ihm hingen die Äste, die die Sicht zum Himmel versperrten. Als er seinen Kopf zur Seite drehte, erblickte er Yelviras schlafendes Gesicht. Sie sah ruhig, ja fast zufrieden aus. Lächelnd stellte er fest, dass seine Mühen doch nicht umsonst gewesen waren. Er stützte sich auf seinen Ellbogen auf und sah sich auf der Lichtung um. Wann war er denn eingeschlafen? Er versuchte sich daran zu erinnern, wann er eingeschlafen war, doch ihm fiel es nicht ein. Müde ließ er sich einfach zurück ins Moos fallen. Seine Hand tastete über den Boden, bis er die seiner Liebsten fand. Noch in dem Moment, als er ihre Hand berührte, zuckte ihre kurz. Sein Blick wanderte zu ihrem Gesicht. Ein sanftes Lächeln umspielte ihre Lippen, automatisch musste Ivan auch kurz lächeln. Ihr ging es gut.
Zitternd öffnete sie ihre Augen und blickte ihn direkt an. Ein Schaudern fuhr über seine Haut.
Er fühlte sich genauso wie damals, als sie ihm das erste mal so richtig aufgefallen war. Kennengelernt hatte er sie zwar schon vorher, doch Liebe auf den ersten Blick war es nicht gewesen, nein. Sie hatte ihn am Anfang nicht ausstehen können und er sie genau so. Ivan musste innerlich lachen, als er sich daran zurück erinnerte wie die beiden sich immer giftige Blicke zugeworfen hatten. Doch als die beiden sich näher kennengelernt hatten, verliebte er sich in sie.
Bis heute gab es nur sie für ihn. Und auch wenn die beiden sich mal zerstritten, wäre er nie auf den Gedanken gekommen sie zu verlassen.
,, An was denkst du?“, riss ihre heisere Stimme ihn aus den Gedanken. Sie musste wohl sein Grinsen bemerkt haben. Er kehrte wieder zurück in die Gegenwart und betrachtete liebevoll ihr Gesicht.
,, Ich habe mich nur gerade daran zurück erinnert, wie wir uns kennengelernt haben. Weißt du noch, am Anfang wo wir uns gar nicht leiden konnten?“
Sie lachte kurz auf.
,,Ja, damals hätte ich nicht gedacht, dass sich so was zwischen uns entwickeln würde.“
Die beiden blickten sich ein Weile nur an, ohne etwas zu sagen. Wieder ertönte ein schriller Schrei zwischen den Baumwipfeln. Yelvira räusperte sich und machte Anstalten aufzustehen. Doch dann knickte sie wieder zusammen. Schnell fang Ivan sie auf.
,,Wo willst du hin?“ fragte er sie mit einem ernsten Unterton.
,,Wir können nicht die ganze Zeit hier rumliegen, während unser Volk sich in einem Krieg befindet“. Sie wusste ganz genau was gleich kommen würde, deswegen fügte sie schnell noch hinzu: ,, aber ich werde deiner Bitte nachgehen und mich dieses Mal zurück halten“.
Ivan half Yelvira wieder auf die Beine. Er wollte schon voran gehen, doch Yelvira verharrte noch einen kurzen Augenblick.
,, Was ist?“ fragte er und stellte sich dicht vor sie. Sie blickte zu Boden und dann wieder zu ihm.
,, Danke“, sagte sie leise und strich mit der Hand über seine Wange. „Ich weiß das hat dir auch weh getan“ Ihre Berührung hinterließ ein leichtes Prickeln.
,, Dafür musst du dich nicht bedanken“.
Sie lächelte ihn sanft an. Er beugte sich über sie und küsste sie auf die Stirn.
,, Ich halte es für das Beste, wenn du dich wieder ins Schloss begibst. Und bitte bleib dieses Mal auch dort, verstanden?“ Sie nickte.
Gemeinsam liefen sie wieder hastig zurück ins Schloss, wiedereinmal begleitete er sie in ihr Schlafgemach. Oben angekommen legte er Yelvira in ihr Bett.
,,Du bleibst hier ?“
,,Ja, meine Güte. Du musst mir das nicht hundertmal sagen.“
,,Doch, das muss ich.“
,,Los, jetzt geh und unterstützt unsere Brüder und Schwestern.“
Sie setzte sich auf und lehnte sich gegen die Wand hinter ihr. Ihr rotes, welliges Haar hatte sie auf eine Seite getan, diese reichten ihr bereits bis zur Taille. Sie sah noch immer geschwächt aus, aber sie konnte aufstehen. Am liebsten würde er sie nicht alleine lassen, aber die Pflicht rief nach ihm. Er drückte ihre Hand fest und erhob sich dann von den Bettkante.
,,Ruh dich aus, melethril“
,,Kommst du bald wieder?“
,,Sobald es mir ermöglicht wird ,schon. Mach dir nicht allzu großen Sorgen um mich“
,,Ich werde warten, und jetzt geh“ Sie schenkte ihm ein schwaches, aber auch ein ermutigendes Lächeln. Er erwiderte es.
,, En mel le, an uireb“, sagte er, ehe er das Zimmer verließ.
,, Ich liebe dich auch, für immer“ flüsterte sie.
Ariana stieß gegen die Königin und warf ihr einen entschuldigenden Blick zu. Doch diese hatte ganz andere Sorgen. ,, Ariana, weißt du wo Ivan ist?“, fragte sie Ariana laut. Sie schüttelte verneinend den Kopf. Wo er steckte, das wüsste sie auch gerne. Unglaublich, dieser Ivan. Er denkt, nur weil seine Geliebte sich nicht im besten gesundheitlichen Zustand befindet, kann er sie immer wieder ins Schloss zurück bringen und sich damit aus dem Staub machen. Sie hatte sehr wohl bemerkt wie Ivan sie schon ein zweites Mal retten musste und dass er einfach verschwunden war.
Sie hoffte für ihn, dass er schnell zurück kehrte. Sie brauchte wirklich seine Unterstützung, zumal er einer der stärksten Kämpfer war. Ariana duckte sich schnell, um einem Angriff aus zu weichen, dem sie erst im letzten Augenblick bemerkt hatte. Weniger denken, mehr konzentrieren.
Ermahnte sie ihre innere Stimme tadelnd. Sie wich wieder aus, hob dann ihr Schwert, zielte auf seine Brust und ließ die scharfe Klinge in seinen Brustkorb gleiten. Seine Augen waren durch das Visier weit aufgerissen, seine Hand fuhr zur blutenden Stelle. Er presste seine Linke auf die blutende Wunde, doch das brachte nicht viel. Die rote Flüssigkeit quoll zwischen seinen Fingern hervor. Ohne mit der Wimper zu zucken, befreite Ariana ihn von seiner Qual und tötete ihn.
Ohne ihn einen weiteren Blick zu würdigen, stürmte sie weiter. Doch ein dumpfer Schlag von hinten brachte sie ins taumeln, fast hätte sie das Gleichgewicht verloren, doch im nächsten Moment rettete sie eine Hand vorm fallen. Sie hob ihren Blick und nickte dem Elfen dankend zu. Ivan ließ ihren Arm los und verschwand im Getümmel. Ariana konzentrierte sich wieder auf ihre Aufgabe und lief einem menschlichen Soldaten entgegen. Dieser hatte sie bereits auf ihn los stürmen sehen und hob sein Langschwert. Mit voller Wucht prallten die Klingen aufeinander. Ariana gewann schnell die Oberhand, obwohl ihr Gegner stämmiger war als sie. Sie drängte ihn immer mehr in die Defensive. Kurzerhand ließ sie ihr Schwert vorschnellen, die Klinge drang durch seine Rüstung hindurch, direkt in sein Herz.
Damian sackte stöhnend zu Boden und blieb für einige Minuten einfach dort liegen. Er hatte es geschafft – den Ausgang des finsteren Waldes gefunden. Er blickte hinauf zum Himmel. Der Anblick war auch nicht sehr viel schöner. Dunkle Wolken brauten sich zusammen, die ersten Regentropfen fielen zu Boden. Blitze durchzogen die Wolkendecke. Ein wunderschöner Anblick, dachte er sich. Und doch so tödlich. Wenn er jetzt von einem Blitz getroffen würde, wäre es ihm wahrscheinlich egal. Seine Anfangs schlechte Laune hatte sich in eine leichte Depression verwandelt. Momentan war Damian alles egal. Sein immer noch blutendes, taubes Bein, das Gefühl der Übelkeit, sein schlechtes Gewissen, selbst die Gedanken an Ariana. Gedanklich gab er sich eine Ohrfeige. Regentropfen prasselten auf sein Gesicht, und durchnässten seine Kleidung. Weit in der Ferne ertönte ein ohrenbetäubendes Grollen. Das Gewitter fing sich allmählich auszubreiten.
Steh auf du Idiot, los bewege deinen Hintern hoch.
Nein, halt die Klappe ich will einfach hier liegen bleiben.
Jetzt wurde er verrückt. Führte schon Selbstgespräche mit seinen Gedanken. Gähnend stützte er sich auf und blickte mit verschleiertem Blick über die trübe Landschaft. Wiesen und Hügel, egal wo er hinsah. Der Wald schien hier aufzuhören. In der Ferne umhüllten Gewitterwolken die Gebirge.
Er wusste es würde noch sehr, sehr lange dauern, bis er Veredos erreicht hatte. Bis er Ariana wiedersehen konnte. Sie war überhaupt der Grund, warum er zurück gehen wollte.
Widerwillig rappelte er sich wieder auf und ging weiter. Weiter, immer weiter, soweit die Füße ihn tragen würden.
Müde blickte ich die dunkle Holztür an, in der Hoffnung, dass Ivan wiederkehren würde. Doch das würde natürlich nicht geschehen, ich würde hier liegen bleiben und einfach warten bis alles vorbei war. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Aber ich war verletzt und geschwächt und nicht mehr im Stande weiter zu kämpfen. Mühsam stand ich auf und schälte mich aus meiner Rüstung. Bei jeder Bewegung, die ich machte, tat jeder Muskel weh. Als wenn ein Riese sich auf mich drauf gesetzt hätte. Bei dem Gedanken, wie ein fetter Riese sich auf mich setzte, kicherte ich. Ich warf meine Rüstung zu Boden und betrachtete mich im Spiegel. Unter dem feinen Kettenhemd konnte man deutlich meine Rippen erkennen, so wie meine spitzen Hüftknochen. Bei dem Anblick schüttelte es mich. Um meine Kurven wieder zu bekommen, müsste ich tonnenweise essen. Ich streifte das Kettenhemd ab und betrachte meinen nackten Körper. Eine komische riechende, offene Wunde zierte meine linke Hüfte, eine offene Fleischwunde, die noch blutete, eine andere schmückte mein linkes Bein. Diese war tiefer, sodass man schon die Knochen sehen konnte. Gedankenlos tastete ich mit meinen Fingern über die Fleischwunde, wie erwartet löste das einen brennenden Schmerz aus. Hatte Ivan mich nicht geheilt? Warum hatten sich dann nicht die Wunden geschlossen? Wieder so eine Sache auf die ich keine Antwort wusste. Vielleicht hatten die Menschen ja ihre Schwerter mit einem unbekannten Gift benetzt, sodass sich keine Wunde vollständig schließen ließ. Das könnte auch der Grund sein, warum mir die Wunden soviel Schmerz brachten. Fluchend begab ich mich ins
Gelass. Ich ließ mir ein Bad mit besonderen Kräutern ein, in der Hoffnung sie würden die Wunde heilen. Als die Wanne bis zur Hälfte gefüllt war, ließ ich mich in das heiße Wasser hineingleiten.
Wie erwartet fingen die offenen Wunden sofort an zu brennen und ich musste mir mehr als einmal das Aufschreien verkneifen. Ich blickte auf das schummrige, blasse grün, das mich ein wenig an Moor erinnerte. Meine dürren Beine sahen unterhalb der Wasseroberfläche noch dünner aus. Es war einfach ein schrecklicher Anblick und das Ivan mich so gesehen hatte, machte das ganze noch schlimmer. Der brennende Schmerz an meiner Wade fraß sich wie ein Feuer, das sich nun überall in mir auszubreiten schien, durch das linke Bein hoch. Ein lauter Schrei entfuhr meiner Kehle, nun konnte ich es nicht länger zurückhalten. Unzählige folgten. Es schien mir, als würde ich ganz Veredos zusammenschreien. Nach schmerzhaften zwanzig Minuten, legte sich der Schmerz wieder.
Gekrümmt und nach Luft schnappend lag ich in der Wanne, die Beine ans Kinn gezogen. Das Wasser schwappte über, floss über den Beckenrand und verteilte sich auf dem Boden. Leise hörte ich das Schwappen des Wasser, das Tropfen auf den Boden. Keuchend zog ich mich am Rand hoch und setzte mich senkrecht hin. Am ganzen Leibe zitternd, zog ich wieder die Beine an, schlang meine Arme um diese und legte mein Kinn darauf. Das Wasser, das mich umgab, schien mit einem Mal nicht mehr so warm zu sein, sondern eiskalt. Insgesamt fror ich. Das Feuer, das sich in meinem Körper verteilt hatte, war längst nicht mehr da. Eine nasse Strähne fiel mir ins Gesicht, ich machte mir aber nicht die Mühe sie weg zu streichen. Ich schloss die Augen und versuchte alles auszuschalten.
Doch als ich versuchte wieder Herr meiner selbst zu werden, tauchten grauenvolle Erinnerungen vor meinen Augen auf. Endlose Leere ergriff mich, als die Erinnerungen mich wieder einholten.
Meine letzten 139 Jahre als Gefangene. Mein dunkelstes Kapitel in meinen Leben. Jetzt, da sie mich wieder einholten, spürte ich jeden Peitschen schlag, jeden Messerstich, jeden Knochenbruch, jede Folter, die sie mir angetan hatten. Ich verlor mich in meiner Erinnerung und hatte nun keine Kontrolle mehr. Ich konnte nur dort sitzen und meinen grauenvollen Erinnerungen lauschen..
Zitternd und blutverschmiert lag ich zwischen den Toten. In meiner Hand das blutige Schwert, zu meiner rechten lag der tote Menschenprinz. In seiner Brust steckte ein schwarzer Pfeil, welcher, so wusste ich, nicht zu meinem Volk gehörte. Ich blickte gen Himmel, erblickte im Augenwinkel eine wütende Menschenmasse, die auf mich zugerannt kam. Ich hörte ihr Fluchen und wusste, dass sie mich als Mörderin ansahen. Grobe Hände zerrten mich hoch, verfluchten mich, schlugen mich. Hatten die Menschen ihre Gepflogenheiten verloren? Ein Soldat blickte mich voller Verachtung an. Sein Blick sprach mehr als tausend Worte. Die Menschen zeigten mit ihren langen Sperren auf mich, einer war nur eine Haaresbreite von meinem Gesicht entfernt. Da sprach mein Gegenüber: lasst sie, der Tod wäre keine gerechte Strafe. Bringt sie an den Ort, wo ihresgleichen schon längst hätten verrottet müssen. Bringt sie in den Burgkerker. Noch in den Moment, wo er seine Worte aussprach, meldete sich mein Überlebenswille. Wütend hob ich mein Langschwert und wollte dem nächstbesten meine Klinge in den Leib rammen. Noch ehe ich ausholen konnte, traf mich ein dumpfer Schlag auf den Hinterkopf und ließ mich taumeln. Bleischwere Ketten wurden mir umgelegt, so hatte ich kaum noch die Möglichkeit mich zu bewegen. Den Ruf meines Namens nahm ich noch schwach war. Ich drehte meine Kopf in die Richtung woher das Rufen kam.
Zwischen den Soldaten sah ich meinen Liebsten stehen. Fast entstellt und am Ende seiner Kräfte.
Seinem Blick zufolge wusste er, was mit mir geschehen würde. Seine Lippen formten ein leises Nein. Den Schmerz und Hoffnungslosigkeit in seinem Blick würde ich nie vergessen. Ich sah die Trauer und schaute ihn mit feuchten Augen an. Einige Meter entfernt, aber dennoch nah.
Er schrie ein lautes Nein und kam auf die Menschen, die mich umringten, zu. Ich schrie er solle verschwinden, ehe ihm was zustieße. Doch er hörte nicht, so blind er vor Wut doch war. Ein mächtiger Ork bemerkte den Elf und schwang schon blutrünstig seine Keule. Ivan bemerkte es, selbst als ich es ihm zurief. Nicht. Fassungslos und panisch musste ich zusehen wie der Ork Ivan seine Keule auf den Kopf donnerte. Ich schrie wütend auf und wehrte mich mit Händen und Füßen gegen meine Gefangennahme. Doch all das nützte nichts. Sie schleppten mich fort und das letzte was ich sah, war der Korkig, der den toten Ivan mit sich fort schliff. Mein Herz zerbrach in viele Einzelteile und heiße Tränen rannen mir über die Wangen. Doch was in den nächsten Tagen kommen sollte, würde noch schmerzhafter werden...
Augenblicklich schlug ich die Augen auf. Das Wasser brannte in meinen Augen und mein Herz schlug mit jeder Sekunde ein wenig langsamer. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich unter Wasser war und wenn ich nicht gleich Luft bekam, würde ich ertrinken. Ruckartig tauchte ich auf und spuckte Wasser aus. Was so gebrannt hatte, war nicht das Wasser gewesen, sondern meine Tränen. Ich weinte, konnte nicht mehr aufhören. Ein Schluchzen entfuhr mir und ich vergrub mein nasses Gesicht in den Händen. Jeder Teil in mir tat weh, brannte und wollte nicht aufhören. Ich spürte einen tiefen Riss in mir, der nie mehr verheilen würde. Meine Seele war von all den Folternächten geschunden. Zerbrochen. Ein Teil von mir, für immer. Und für immer ist eine ganz schöne lange Zeit, wenn man unsterblich ist.
Immer noch zitternd saß ich in der bereits fast leeren Wanne und wusste nicht wieso mich diese Erinnerung eingeholt hatte. Wieso jetzt, wieso nicht früher? Hatte ich das alles so verdrängen können? Ich war mir sicher, dass dies nicht die letzte Erinnerung werden würde. Nach etlichen Sekunden traute ich mich aus der Wanne und wäre fast ausgerutscht. Toll, jetzt war der halbe Boden des Waschraums auch noch nass. Ich würde das sicher nicht trocknen. Tropfend torkelte ich zurück ins Schlafgemach und schnappte mir meinen Morgenmantel, der über dem Stuhl hing.
Ich zog ihn über. Der seidige Stoff schmiegt sich an meine Haut.
,,Eines Tages werde ich es ihnen allen heimzahlen“, knurrte ich sauer und in meinem Kopf stellte ich mir schon einen Amoklauf in der Burg des Menschenkönigs vor.
Wieder im Waschraum, wickelte ich meine Haare in ein Handtuch ein. Anschließend kehrte ich wieder zurück in mein Schlafzimmer und legte mich ins Bett, wo ich die Decke bis zum Kinn hochzog. Mir war es egal ob ich patschnass war, oder dass ich unter meinem Mantel rein gar nichts trug, ich wollte einfach nur schlafen, schlafen und nie mehr aufwachen. Jedenfalls in einem anderen Jahrhundert, wo all der Krieg vorbei war und die Menschen nicht mehr existierten. Erst als ich mich in das Kissen kuschelte, fielen mir wieder meine Verletzungen ein. Sie taten nicht mehr so weh, da hatte ich sie schon fast schon vergessen. Ich hob die Decke hoch, entfernte den Morgenmantel und sah stauend auf die sich bereits schließende Wunde an meiner Hüfte. Auch die an meinem Bauch war bereits am heilen. Also war es doch Gift gewesen. Diese Söhne einer Hure, wie hinterhältig konnte man den sein. Schätzchen, das hier ist der Krieg, da wird nicht mit fairen Mittel gespielt. Wut kochte in mir. Wenn ich könnte, würde ich sie allesamt in der Luft zerreißen. Ich schloss den Mantel wieder, und kuschelte mich in mein Bett. Doch obwohl ich tot müde war, konnte ich nicht einschlafen. Allein der Gedanke daran, dass so viele meiner Brüder und Schwestern da draußen für unser Land kämpften, hielt mich wach. Ich wälzte mich hin und her, wütend darüber, dass ich nichts tun konnte. Ich hasste es einfach da zu sitzen. Aber ich war töricht, wenn ich mich wieder gegen Ivans Befehl wenden würde. Ich würde wahrscheinlich endgültig drauf gehen. Wohl oder übel musste ich mir letztendlich eingestehe, dass es besser war hier zu bleiben und zu hoffen, zu beten, dass Ivan, und all die anderen das wohl behalten überstehen würden. Wenn Ivan nicht wiederkehrte, würde ich mich wahrscheinlich selbst umbringen. Denn was nützte die Ewigkeit, wenn man niemanden hat mit dem man sie teilen konnte? Niemanden den man für immer und ewig liebte? Nein,eine Zukunft, ein unsterbliches Leben, ohne Ivan konnte und wollte ich mir nicht vorstellen. Es würde nie jemanden anderes geben, das mag extrem kitschig klingen aber das ist nun mal die Wahrheit. Seufzend gab ich mich meinen Gedanken hin. Nach Minuten überwältige mich dann die Müdigkeit und ich fiel in einen unruhigen Schlaf.
Damian war zum heulen zu mute. Er hasste sich, er hasste sein Leben, und ja manchmal da hasste er Ariana, weil sie einfach verflucht attraktiv war und sein Herz gestohlen hatte. Zum Teufel mit den Frauen, dachte er sich. Sie bringen nichts als Unglück. Das, dass nicht stimmte, wusste er, aber alles war einfach nur, um es auf den Punkt zu bringen, beschissen. Er fühlte sich wie der letzte Bettler, und so sah er wahrscheinlich auch aus, war hungrig, müde und riechen tat er auch nicht besonders. Er blickte flehend zum Himmel.
,, Bitte, Oh Herr, lass ein wenig Glück auf mich herabrieseln und hör auf so mit meinem Schicksal zu spielen!“
Fast hätte er laut los gelacht, da er selber nie wirklich an Gott oder die Kirche geglaubt hatte, oder gar irgendwann gebetet hatte. Aber vielleicht hatten all die Scheinheiligen in der Kirche recht, und zum Herrn zu beten, löste all deren Probleme. Damian zweifelte stark daran. Wie dem auch sei, möge sein Schicksal ab jetzt einen besseren Lauf haben. Er gähnte und fuhr sich durchs Haar. Als er von hinten Hufgeräusche hörte, drehte er sich um und erblickte einen kleinen Pferdekarren. Ein schwarzer, großer Hengst zog den Karren der einen großen Haufen Heu mit sich führte. Der Mann der den Karren führte, war wohl wahrscheinlich ein Bauer. War das ein Zeichen Gottes? Schickte er mir ein neues Transportmittel?
Damian nutze seine Chance und brachte den Bauer mit aufgeregten Winken zum stehen.
Der Mann hatte seine besten Jahre schon hinter sich, tiefe Falten zogen sich durch sein freundlich wirkendes Gesicht. Misstrauisch begutachtete er Damian von oben bis unten. So schäbig hatte er sich schon lange nicht mehr gefühlt. Unschlüssig stand er da und bekam kein Wort heraus.
,, Was ist, Jungchen suchst du eine Mitfahrgelegenheit?“
Seine Stimme klang rau, aber dennoch nicht unfreundlich. Er schien ein wenig zu schmunzeln unter seinem Bart.
Endlich fand der junge Mann seine Stimme wieder.
,, Eh, ja ich habe noch einen weiten Fußweg vor mir und bin schon ziemlich am Ende meiner Kräfte. Würden sie mich ein Stück mit nehmen?“
Nach mehreren Minuten des Schweigens, willigte der alte Mann schließlich ein. Dankend nickte er ihm zu, und setzte sich hinten zwischen dem Heu hin. Während der Fahrt ruckelte es, aber das war ihm tausendmal lieber als zu Fuß zu gehen. Das kleine Stück, das er mitfahren wollte, wurde schließlich zu zwei oder auch drei Meilen. Nach 3 Meilen meinte der Bauer, dass er nun leider zu Fuß weiter gehen müsste, da er bereits sein Dorf erreicht hatte. Damian war es recht, jedenfalls hatte er sich drei Meilen Fußweg erspart. Müde trottete er über den Kiesweg und überquerte einen kleinen Fluss, auf dessen Steinen er fast ausgerutscht wäre. Der Weg führte ihn schließlich wieder durch einen Wald. Dieses Mal war der Wald nicht dunkel, sondern eher hell und er hatte auch nicht das Gefühl, dass hier irgendwas bedrohliches auf ihn zukommen würde. Hätte er sich da mal nicht getäuscht.
Nicht lange, nachdem er den Wald betreten hatte, hörte er ein Rascheln im Unterholz. Verwundert blickte er sich um. Als er nichts mehr hörte, ging er weiter, dieses mal aber vorsichtiger. Wieder ertönte ein Rascheln. Jetzt wurde er unruhig und blickte ins Gebüsch. Ein Fauchen ertönte und darauf hin blitzten ihn zwei schmale gelbe Katzenaugen an. Sofort wusste er , wer da im Busch hockte. Seufzend blieb er stehen, verschränkte die Arme vor der Brust und hob die Augenbrauen.
,, Ist das dein Ernst jetzt? Du verfolgst mich also schon die ganze Zeit? Langsam denke ich, dass du von mir besessen bist.“
Als Antwort ertönte ein wütendes Fauchen.
,, Lass das sein, ehrlich. Ich weiß genau, dass du reden kannst, Katzenfrau.“
Mit einem Satz sprang sie aus den Unterholz und landete auf vier Pfoten. Ihre Fingerkrallen waren extrem lang und bohrten sich in den Boden. Sie saß vor ihm und betrachte ihn, die Augen zu einem schmalen Schlitz zusammen gezogen.
,, Warum bist du hier? Was suchst du bei den Elfen, Mensch?“
Ihre Stimme war ein Zischeln, wie bei einer Schlange. Wie bei ihrem ersten Zusammentreffen wunderte er sich über ihre Gestalt, und auch wieso sie ihn verfolgte.
,, Du meintest, wir würden die Schlacht gegen die Elfen verlieren und ich war von Anfang an nicht überzeugt von diesem Krieg, also hab ich mich auf den Weg gemacht und habe die Elfenkönigin um eine Kapitulation gebeten. Doch was hat mir das gebracht? Nichts als einen Arschtritt und jetzt hab ich mich auch noch Hals über Kopf in eine Elfe verliebt!“
Sie schien genau so über seine Offenheit verwundert zu sein wie er. Aber am Tiefpunkt angelangt erzählt man oft fremden Personen selbst seine persönlichen Probleme.
Die Katzenfrau sprang auf und tigerte um ihn herum. Beim ersten Mal fand er das ja noch beängstigend, aber jetzt nervte es ihn eigentlich nur noch.
,, Hey, hör zu, ich habe echt keine Lust auf deine Spielchen, also wäre ich dir echt verbunden, wenn du mir jetzt sagen würdest was du eigentlich von mir willst?“
Genervt sah er sie an, in der Hoffnung, dass sie es verstanden hatte. Doch ihrem verwirrtem Gesichtsausdruck nach zu urteilen hatte sie ihm wohl kaum zugehört.
,, Und warum bist du noch hier?“
Er seufzte ärgerlich.
,, Hast du mir nicht zugehört?! L-A-S-S M-I-C-H I-N R-U-H-E !
Das schien sie verstanden zu haben, denn sie hielt in ihrer Bewegung inne.
,, Schreist du mich nochmal so an, reiß ich dir das Herz aus der Brust“
,, Wie bitte?“
Jetzt wurde er doch etwas unruhig, denn er zweifelte nicht an ihrer Drohung.
,, Und jetzt beantworte meine Frage!“ zischelte sie.
Er fühlte sich unwohl in seiner Haut und beantwortete ihre Frage nur knapp.
,, Ich kehre zurück nach … wie heißt die Stadt noch gleich? Ach ja, nach Veredos um dort jemanden zu... besuchen.“
,, Du, der aussieht wie ein ärmlicher Bettler, wollt zurück kehren in die Elfenstadt? Los, kehrt um bevor es zu spät ist.“
Sie warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu, ehe sie wieder im Unterholz verschwand.
Damian schlug sich die Hand auf die Stirn, und wieder einmal entfuhr ihm ein tiefer Seufzer.
Sie hatte ihm noch immer nicht verraten, was sie jetzt eigentlich genau von ihm wollte.
Sollte er dennoch wieder zurück kehren?
,, Ja ganz bestimmt, ich bin doch nicht den ganzen weiten Weg gelaufen, um dann wieder zurück zukehren“, grummelte er vor sich hin. Damian setzte seinen Weg fort und seine Gedanken schweiften wieder einmal zu Ariana. Wie jedes Mal spürte er sein Herz schneller gegen seine Brust pochen. Er fühlte sie wie ein kleiner Junge. Er erinnerte sie an die alten Tage, da wo er noch jung und unerfahren war. Mit fünfzehn hatte er sich das erste Mal so richtig verliebt, aber das Mädchen, was er geliebt hatte, hatte seine Gefühle nicht erwidert. Furchtbar war das mit der ersten Liebe.
Nun war er zweiundzwanzig, und befand sich wieder in so einer Lage. Aber er war ein Mann und er war sich sicher, ja er nahm es sich sogar vor, Ariana von seinen Gefühlen zu erzählen. Ob es ihm danach besser ging, das wusste er selbst nicht so richtig. Aber Ersteinmal musste er die Stadt überhaupt erreichen.
Ivan
Ivan spürte ein heftiges Zucken überall an seinem Körper. Wie ein Feuer, das sich durch seine Glieder fraß. Yelvira ! Ihr schien etwas zugestoßen zu sein. Er hatte leicht die Vermutung, dass ihre Körper noch miteinander verbunden waren, obwohl sie sich nicht in seiner Nähe befand. Der Heilzauber verbindet zwei Körper, einmal körperlich und seelisch, damit die Schmerzen des Betroffenen auf den Heiler übergehen können. Da brauchte es etwas Zeit, besonders bei zwei Liebenden. Was ihr Schmerzen bereitete waren wohl ihre Wunden, die anscheinend noch nicht vollständig geheilt worden waren. Missmutig ignorierte er die Schmerzen und schob die Gedanken beiseite. Wenn er noch weiterhin darüber nach gedacht hätte, hätte er jetzt nicht den Krieger bemerkt, der ihn von der Seite angriff. Geschwind parierte er den Hieb, und stieß auf seine Mitte zu. Der Soldat hatte den Angriff jedoch schon voraus gesehen und blockierte diesen. Knurrend stieß Ivan vor. Er hatte langsam genug und hoffte, dass diese Schlacht nicht länger als 3 Tage dauern würde. Selbst er verlor seine Kräfte nach und nach. Seine scharfe Klinge durchfuhr des Gegners Kettenhemd und trat am Rücken wieder hervor. Geschockt sank der Verletzte zu Boden. Ivan hatte keine Zeit einen erleichterten Seufzer zu tun, da er aus seinen Augenwinkeln eine Bewegung wahr nahm. Wirbelnd drehte er sich zur Seite und konnte gerade noch der scharfen Klinge ausweichen. Das Schwert war nur Haaresbreite von seinem Gesicht entfernt gewesen, und so konnte er einen säuerlichen Geruch wahr nehmen. Ein Gift? Er schob diese Gedanken beiseite. Zurück aus seinen Gedanken, ließ er sein Schwert vorschnellen, durchschnitt aber nicht das ganze Kettenhemd. Ein verächtliches Schnauben entfuhr seinem Gegenüber und nun war er am Zug. Ivan registrierte schnell seine Bewegung und rechnete sich schon aus wo er treffen wollte. Ivan wich zurück, zwängte seinen Gegner in die Knie, bis er am Boden lag. Er wollte auf seine Brust zielen, doch er rollte sich zur Seite, sodass er dem Angriff ausweichen konnte. ,, Verdammt, bleib liegen!“, schrie er wütend.
Sein Gegner hatte sich hastig wieder aufgerichtet, bereitete sich gerade eben noch für nächsten Angriff vor, aber Ivan war schneller und rammte ihm, schneller als er gucken konnte, seine scharfe Klinge in die Brust. Keuchend rankte er nach Luft, aber Ivan stieß ihn, ohne eines Blickes zu würdigen, zur Seite. Nach dieser Schlacht, werde ich nie wieder kämpfen, dachte er sich.
Er war des Tötens müde, auch wenn der Tod der Menschen ihn kalt ließ. Er tat was er tun musste, um sein Land zu schützen. Da die Menschen ja nicht ganz ohne Verstand waren, befürchtete er, dass sie die Stadt auch abfackeln würden. Soviel Hass lass er in ihren Augen, obwohl er und sein Volk jeden Grund hatten außer sich vor Wut zu sein. Die Menschen waren es einst gewesen, die seine Stadt und deren anderen Elfen, verwüstet hatten. Vor seinen Augen tauchte plötzlich das Bild seiner brennenden Heimatsstadt auf. Mit der Erinnerung kamen auch seine Gefühle wieder hoch. Zuvieles hatten die Menschen seinem Volk angetan. Das gleiche sollte mit ihrer Rasse geschehen, doch er und die Elfen würden sich nicht auf das Niveau der Menschen begeben, dafür waren sie zu stolz und sie stellten sich nicht als ebenbürtig da. Zu gerne würde er die Königsburg in Flammen stehen sehen. Aber die Menschen, die damals das Leid über sie brachten, waren längst nicht mehr unter den Lebenden. Das musste er sich jedes mal ins Gedächtnis rufen, bevor er sich seinen Mordgelüsten hingab. Diese Menschen, die sich im Kampf gegen sie stellten, waren zu jung um die ganze Geschichte zu kennen. Im Grunde genommen, konnten sie nichts dafür, dachte er sich. Aber nein. Das Menschenvolk war gleich geblieben, der König hatte seine Sippe fortgeschickt und der jetzige Herrscher war nicht besser gewesen als der davor. Selbst als dieser gestorben war, hatte niemand sich nach den unschuldigen Elfe erkundigt, die damals im Kerker auf ihr Ende gewartet hatten. Wut, unbändige Wut, stieg wieder in ihm hoch. Zu viele Emotionen. Konzentriere dich.
Er tat einen tiefen Seufzer und ordnete seine Gedanken. Er musste einen kühlen Kopf bewahren, wie er es immer tun sollte. So viele Schlachten hatte er bereits mit geschlagen, aber jedes mal machte er denn gleichen Fehler. Er konnte sich noch genau an das letzte Mal erinnern, wie ein dumpfer Schlag auf den Hinterkopf ihn ohnmächtig werden ließ. Als er wieder aufgewacht war, hatte er sich in einer dunklen und stinkigen Kammer befunden. Hastig wischte er die Erinnerung aus seinem Kopf. Seufzend blockte er einen Angriff ab, den er noch in letzter Minute war genommen hatte. Er fragte sich wie lange er noch durchhalten würde.
Unsanft wurde ich in ein dunkles Verlies geworfen. Es hatte keine Fenster, oder zu mindestens nur ein kleines, das aber zu hoch war um dran zu kommen. Schmales Tageslicht kroch durch die Gitter. Das machte das Ganze aber auch nicht besser. Ängstlich schaute ich hoch ins Gesicht meiner Peiniger, die nun den Kerker betraten. Pure Genugtuung konnte ich in ihren Augen lesen.
Ich ahnte schlimmes, als einer der beiden hässlich grinste. Der eine Mann schaute zu gegenüberliegenden Wand, ich folgte seinem Blick. Ringe waren in der Wand eingebaut. Mir blieb keine Zeit mehr drüber nachzudenken, denn schon packte mich jemand grob am Arm und schleppte mich hinüber zu den Kettenringen. Wäre ich stark genug gewesen, hätte ich mich wahrscheinlich wären können aber sie hatten mir ein Mittel verabreicht.
So ließ ich mich willenlos hinüber schleppen, obwohl jeder Muskel in mir weglaufen wollte.
Die Ringe waren Handschellen Sie ketteten meine Hände, dann meine Füße an, sodass ich mit dem Rücken zu ihnen stand. Sie hatten mir meine Rüstung ausgezogen, und mir einen Lappen von einen Kleid zum Anziehen gegeben. Ich fühlte mich nackt und schäbig. Als ich einen Peitschenschlag hinter mir hörte, zuckte ich erschrocken zusammen. Sie wollten doch nicht?... Doch im nächsten Moment fing er an auf mich einzuschlagen. Brennender Schmerz folgte. Noch ein Schlag. Ich biss die Zähne zusammen um nicht aufzuschreien. In den nächsten Sekunden, die verstrichen, folgten sieben weitere. Jetzt schrie ich lauthals und Tränen des Schmerzes befeuchteten meine Wange. Ich schmeckte das Salz auf meinen Lippen. Wieder ein Schlag. Ich wusste nicht wie lange sie auf mich einschlugen, aber am Ende der Folter war meine Kehle rau und heiser und mein Rücken wahrscheinlich blutig. Sie ließen mich angekettet an der Wand zurück. Ich wusste, dieses mal war nicht das letzte mal.
Schreiend wachte ich aus meinen Traum auf, sofern es einer überhaupt gewesen war oder sollte ich eher sagen, aus meiner Erinnerung? Wieder einmal zitterte ich am ganzen Leibe und empfand jeden Schmerz wieder, der mir damals zugefügt worden war. Ich tastete mit einer Hand meinen Rücken ab und spürte deutlich die langen Narben. Als ich sie berührte löste dies ein schmerzliches Prickeln aus. Schnell zog ich die Hand wieder zurück. Ich wollte nicht die Narben spüren oder sehen. Ich wollte mich nicht daran erinnern, wie sehr sie meinen ohnehin schon zarten Körper geschändet haben. Ich wollte nicht in den Spiegel sehen, und die Narben erkennen, auch wenn sie verschwunden waren, die blauen Blutergüssen und die roten Schrammen an meinen Armen.
Auch wenn sie nicht mehr erkennbar waren, sah ich sie jedes mal wenn ich mich im Spiegel betrachtete. Es war die Hölle gewesen. Ich wollte diesen dunklen Teil tief ihn mir vergraben, vergessen, damit niemand anders ihn jemals zu Gesicht bekam. Nicht einmal Ivan.
Würde ich es ihm erzählen, würde er sich nur schuldig fühlen, weil er mich damals nicht davor bewahren konnte. Aber niemand von uns war daran schuld gewesen, es war allein des Menschen Dummheit gewesen. Mit einem Mal wurde mir eiskalt, selbst die dicke Decke half nicht wirklich viel. Ich wäre am liebsten wieder eingeschlafen, aber Unruhe machte sich in mir breit und schien stetig anzusteigen. Als hätte ich eine schlimme Vorahnung, dass etwas in den nächsten Tagen geschehen sollte. Jedoch nichts gutes. Unruhig setze ich mich auf. Ich hatte Angst, wenn ich wieder einschlief, dass meine dunklen Erinnerungen mich wieder einholen würden. Seufzend vergrub ich mein Gesicht in den Händen. ,, Oh Gott“, sagte ich leise. Am liebsten hätte ich wieder angefangen zu heulen. Das ist einfach nicht fair, dachte ich mir. Die anderen da draußen stehen wahrscheinlich gerade auf Messerschneide, und ich verkroch mich hier, hatte Angst vor meinen Erinnerungen eingeholt zu werden. Ich sollte nicht hier liegen und mich ausruhen, ich sollte mein Land verteidigen. So wie ich es immer gemacht hatte, dachte ich stur. Doch was würde geschehen, wenn Ivan mich wieder erwischen würde? Ich konnte mir die ganze Szene schon im Kopf vorstellen.
Nein, ich sollte hier bleiben. Unschlüssig, was ich tun sollte, sprang ich auf und blieb kurz stehen, als mich der Schwindel packte. Erst nach Sekunden ging es mir wieder besser. Ich huschte in meinen Morgenmantel, ging dann im Zimmer auf und ab und dachte fiebrig nach, was ich tun sollte.
Auch wenn ich nicht mitkämpfen konnte, würde ich auf keinen Fall hier bleiben, während meine Brüder und Schwestern dort draußen kämpften. Mir kam es einfach nicht richtig vor. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen. Was sollte ich nur tun? Wie ich es doch hasste, dieses Gefühl der Unentschlossenheit. Los, der Tag währt nicht ewig. Die Sonne war weiter gewandert, und es schien als würde ein Gewitter aufziehen. Es müsste gerade so gegen vier oder fünf Uhr sein. Doch ich war mir sicher, das Ende des Tages würde nicht das Ende der Schlacht bedeuten. Abermals entfuhr mir ein tiefer Seufzer.
Ich trottete zum Fenster hinüber und lehnte meinen Kopf gegen das kühle Glas. Ich blickte über den Wald, das davor liegende Schlachtfeld, das von Nebelverhangenen Bergen in der Ferne lag.
Nach einer Weile entschloss ich mich dazu, dass ich nicht länger hier bleiben konnte, sonst würde der tobende Sturm aus Unruhe in mir, mich noch völlig wahnsinnig machen. Das war vielleicht nicht die schlauste Entscheidung. Ich kroch aus meinem Morgenmantel, schmiss ihn ungeachtet wieder auf das Bett, und lief hinüber zu meinem Kleiderschrank. Als ich ihn nach langer Zeit wieder öffnete, kam mir der Geruch von Staub und Motten entgegen. Ich runzelte die Stirn, und wedelte mit den Händen, um durch den Staub klar sehen zu können. Das erste was mir auffiel waren die samtigen Kleider, die in den unterschiedlichsten Farben hervorstachen. Ich kramte in den unteren Schubladen um meine Unterwäsche heraus zu suchen. Leider fand ich nur Sachen aus spitze und die waren garantiert nicht für meine Mission geeignet. Kurz hielt ich noch das Schwarze Dessous aus Spitze und Seide in der Hand, um mir auszumalen wie ich wohl darin aussehen würde. In meiner Vorstellung, war ich aber nicht das dünne Gerippe. Ivan würde es bestimmt gefallen. Rasch vergaß ich den Gedanken wieder, und legte widerwillig das Teil wieder zurück. Nach einigen Minuten des Kramens, konnte ich endlich etwas halb vernünftiges heraus suchen.
,, Wieso habe ich nur so viel Unterwäsche?“, fragte ich mich laut und runzelte dabei die Stirn.
Und das meiste davon bestand aus Spitze, Seide und was weiß ich noch.
Schnell zog ich die Unterwäsche an, und suchte noch eine Hose. Aber es war nicht leicht im Kleiderschrank einer Prinzessin eine Hose zu finden, aber dann fand ich, ganz hinten, schließlich doch noch eine schwarze Hose aus Leder. Auch diese zog ich mir hastig über. Dabei fingen die Wunden an meinen Beinen wieder an zu brennen, und ich streifte mir noch ein weiße Tunika über. Ich unterdrückte ein Gähnen und zog das paar Wildlederstiefel an, das ich vor einigen Tagen in der Herberge bekommen hatte. Erst als ich fertig angezogen auf meinem Bett saß, drängte sich mir die Frage auf, was genau ich jetzt eigentlich tun wollte. Manchmal war ich selbst so blöd, das ich es gar nicht fassen konnte. Die Verletzungen fingen wieder an richtig zu schmerzen, und ich biss die Zähne zusammen. ,, Verdammt“, schimpfte ich und krümmte mich. Wieder fühlte es sich an, als würde ein Feuer durch meinen gesamten Körper strömen. Mein Atem ging wieder unregelmäßig und meine Lider flatterten. Ich fiel rücklings aufs Bett und krallte die Finger in die Bettdecke. Es tat so weh, das einzige, an das ich denken konnte, war dass es aufhören sollte. Ich konnte nicht einmal richtig schreien, so sehr lähmte mich das Gefühl. Ich lag zitternd auf dem Bett und betete das es endlich aufhörte. Nach etlichen Minuten, enspannte sich mein Körper wieder und der Schmerz ließ allmählich nach. Erleichtert atmete ich wieder normal und setzte mich auf. Ich zitterte immer noch, aber die Hauptsache war, das es endlich aufgehört hatte. Ich fuhr durch mein noch feuchtes Haar, erhob mich mit wackligen Beine von Bett und ging zögerlich auf die Tür zu. Meine Beine bewegten sich fast wie von allein, obwohl mein Kopf mir was andere sagte. Vielleicht wollte mein Körper einfach raus. Wohin das war ihm egal, aber er wollte nicht länger das Gefühl haben eingesperrt zu sein. Während meine Beine sich automatisch, der Tür näherten, stellte ich mir die Fragen ob nicht vielleicht etwas von den Gift in mein Blut, und somit auch in meinen Kreislauf gekommen war.
Aber natürlich musste das so sein, da alle Wunden offenen waren. Wenn ich doch nur wüsste, welches verdammte Gift sie benutzt hatten. Ich blickte auf, als ich die Tür bereits erreicht hatte, hob die Hand und öffnete sie. Stille kam mir entgegen und eiskalte Luft. Bevor ich jedoch aus dem Zimmer trat, viel mir noch etwas wichtiges ein. Ich lief schnell zurück zu den Spiegelkommode, und holte aus der Schublade drei scharfe Dolche. Ich verstaute sie im Gürtel der Hose und machte mich auf den Weg nach unten.
Damians Sicht
Er konnte nicht mehr und wollte so langsam auch nicht mehr. Er wollte hier und jetzt im Erdboden versinken. Das erste Mal seitdem er den kleinen Hain verlassen hatte, stieß er auf eine Stadt der Elfen. Zugegeben diese war klein und man konnte sie glatt als Dorf bezeichnen, aber die Elfen würden ihre Stadt doch niemals als Dorf bezeichnen. Er hatte den Weg drum herum gewählt, da die Wachen ihn schon von weitem erkannten und ihn mit ihren verächtlichen Blicken verscheuchten. Als wollten sie ihm höchstpersönlich den Kopf abreißen. Ein Glück musste er nicht durch die Stadt laufen.
Zudem würden ihn die Wachen auch gar nicht durchlassen. Er stampfte durch das kniehohe Gras und gähnte. Er war schon seit drei Stunden unterwegs und hatte noch nicht eine Pause gemacht.
Die Beine taten ihm weh, er hatte furchtbaren Hunger und schien vor Müdigkeit fast tot umzufallen.
Zudem kamen auch noch die bemitleidenswerten Gedanken hinzu. So tief warst du gesunken, dachte er sich. Genau diese Gedanken plagten ihn. Von einem Soldaten der Armee, zu einem planlosen, herumstreunenden Idioten. Würde Grace ihn so sehen, würde er vor Scham im Boden versinken.
Er schämte sich, dass er erst jetzt an sie dachte. Ariana hatte den ganzen Platz in seinen Gedanken eingenommen, sodass er an nichts weiteres denken konnte. Nicht einmal an seine beste Freundin, die er zurück gelassen hatte, für nichts und wieder nichts. Was, wenn ihr was geschah, und er sie nicht davor bewahren konnte? Wie konnte er nur zulassen, dass er seit Tagen nicht mehr an sie gedacht hatte. Wie konnte er nur zu lassen, dass Ariana ihm wichtiger wurde als Grace. Er war weder in Grace verliebt, noch hegte er Gefühle für sie.
Wenn sie im Kampf sterben würde, würde er sich das nie verzeihen. Er wollte mit ihr Seite an Seite kämpfen, um nach ihr schauen zu können, wenn sie in Schwierigkeiten geriet. Betrübt und gleichzeitig sauer, warf er einen Stein aus dem Weg, der vor ihm auf dem Boden lag. Er hatte das Dorf der Elfen hinter sich gelassen und bemerkte in der Ferne die Türme der Stadt. Davor lag der große Wald, das wusste er, und davor das riesige Schlachtfeld. Doch er schätzte er musste noch einige gute Stunden laufen um die Stadt zu erreichen. Allein der Gedanke daran, ließ ihn laut aufseufzen. Wäre er doch bloß nicht so erschöpft gewesen. Müde trottete er weiter und hing seinen trüben Gedanken nach.
Nach 3 Stunden kam er seinem Ziel endlich näher. Während seines Marsches, gab es keine weiteren Vorkommnisse. Hier und da hatte er die Blicke vieler Bauern auf sich gezogen, dabei wurde ihm ganz komisch zumute. Er konnte sich schon denken wie er aussah, aber darüber wollte er sich keine
Gedanken machen. Vor ihm tat sich ein großer Hügel auf und er erkannte ihn sofort. Von weitem hörte er schon das Geschrei und das Geräusch von Metall, das aufeinander traf. Sein Herzschlag erhöhte sich und er wurde ungewöhnlich nervös. Was würde ihn wohl gleich erwarten? Wie stand es wohl um seine Männer? Dann kam ihm ein weitere, unangenehmerer Gedanken in den Sinn. Was würde der Kommandant wohl mit ihm machen? Bei dem Gedanken schüttelte es ihn. Zögernd ging er weiter, sich selbst fragend ob er das wirklich sehen wollte.
Damian seufzte leise und lief den Hügel hinauf. Die Geräusche drangen immer lauter an seine Ohren. Es waren nur noch wenige Schritte bis zur Anhöhe. Wieder ertönte ein Schrei, der in ein Gurgeln über ging. Er war dankbar, dass er nicht dabei war, auch wenn ihm das zum Feigling machte.
Er war lieber ein Feigling, als ein toter Mann. Nun hatte er es fast geschafft, die Wipfel der Bäume waren schon in Sicht. Als er die Hügel erreicht hatte, konnte er von hier über das Schlachtfeld schauen, und der Anblick bereitete ihm ein mulmiges Gefühl in der Magengegend. Wie er von hier aus erkennen konnte, war der Boden blutgetränkt. Es gab schon viele Toten, die grotesk entstellt worden waren. Ob die Elfen oder die Menschen mehr Soldaten verloren hatten, konnte er nicht ausmachen, er hoffte nur das beste für sein Land. Er schluckte. Wie er es voraus gesehen hatte.
Es gab keine Sieger oder Verlierer. Beide hatten viele ihrer Leute verloren, er konnte nicht verstehen wo darin der Sieg liegen sollte. Damian fand es war eher eine Niederlage für beide Völker, aber er war sich sicher das nicht nur er diesen Gedanken hatte. Die Geräusche wurden immer lauter und unerträglicher. Er verzog das Gesicht und wünschte sich in dem Moment, an einen ruhigen Ort.
Nun war er aber hier und er hatte nicht sehr viel Interesse den weiten Weg wieder zurückzulaufen.
Er fragte sich wie er überhaupt es solange aushalten konnte. Vor Erschöpfung ließ er sich einfach auf den Boden fallen. Den harten Dämpfer, der darauf folgte, ignorierte er dabei. Eine Welle der Müdigkeit überfiel ihn und er war kurz davor einfach einzunicken. Doch aufgrund seines Standortes war dies wohl keine so gute Idee. Nachher erstach ihn noch ein Elf im Schlaf.
So gern er doch liegen geblieben wäre, er musste aufstehen und einen sicheren Ort zum Ausruhen finden, jedenfalls solange es noch ging. Der junge Mann hatte das Gefühl er würde gleich zusammen brechen. Auf schwachen Beinen quälte er sich hoch und fragte sich was er nun tun sollte.
Arianas Sicht
Die junge Elfe strich sich das Haar zurück und blickte mit prüfenden Augen über die Landschaft.
Unter ihr wurde es immer leerer, die Elfen schlugen sich gut. Sie blickte weiter hinaus und erkannte, auf der gegenüberliegenden Hügelkette eine Person, einen Menschen, der sich nur mit viel Mühe auf den Beinen hielt. Ihr Herz schlug schneller als sie Damian erkannte. Was zum Teufel tat er hier? Sie war zugleich wütend als auch erleichtert über sein Auftauchen. Damian wirkte unendlich müde, er tat ihr leid. Ob er den ganzen weiten Weg gelaufen war? Und das nur für sie? Obwohl sie es doch ziemlich dumm fand, brachte es sie ihn Verlegenheit. Viele Männer hatten schon um sie geworben, aber keiner wäre so töricht gewesen Kilometer weit für sie zu laufen.
Ein Schrei brachte sie zurück in die Gegenwart. Sie riss ihren Blick von Damian und machte ihren Bogen bereit. Sie schaute zur Seite und nickte den anderen zu. Kurz darauf erhob sich ein Pfeilhagel gegen Himmel.
Soldaten fielen. Noch mehr Blut wurde vergossen. Spürte sie da etwa einen Anflug von Mitleid und Reue? Wofür sollten die Menschen Mitleid bekommen? Sollte es ihr leid tut, das die Menschen ihr halbes Volk ausgelöscht hatten? Ihre Städte in Brand gesetzt hatten? Sie mochte zwar gegen den Krieg sein und gegen den Tod, aber das hieß noch lange nicht
dass sie bereit war den Menschen zu verzeihen. Dafür hatten sie schon zu viel getan.
Sie zog einen weiteren Bogen aus dem Köcher und spannte ihn ein. Ihre Laune sank ins Bodenlose.
Nur noch ein bisschen dachte sie sich. Nur noch ein wenig länger durchhalten.
Sie wusste es würde den restlichen Tag so weiter gehen. Rausholen, einspannen, anvisieren, abfeuern. Ein nicht gerade sehr erfreulicher Gedanke, aber das war immerhin besser als unten das Schwert zu schwingen. Sie war sowieso geübter im Bogen schießen als im Schwertkampf. Aber vielleicht war sie im beiden auch sehr gut. Über ihr zogen Gewitterwolken ins Land und es würde nicht lange dauern bis es zu regnen anfing. Blitze schossen vom Himmel.
Nach einigen Minuten wurde es dunkel, und Ariana bemerkte die dunklen Wolken, die sich in ihre Richtung bewegten. Es sah nach einem starken Unwetter aus.
Yelviras Sicht
Dunkel und kalt. Ja so ließ es sich am besten beschreiben wie es in mir drin aussah. Ich hatte gerade den Korridor beschritten, der zum Ausgang des Schlosses führte. Wachen, so war ich mir sicher, waren nicht mehr da. Sie brauchten jeden einzelnen zum kämpfen. Ich lief den Gang entlang, so schnell wie es mir mein Körper erlaubte und versuchte meine Erinnerung wieder ganz, ganz tief in mir zu begraben. So was durfte mir nie wieder passieren. Vor allem nicht dann, wenn sich der Trubel um den Krieg gelegt hatte und sich der Alltag wieder einschlich. Ich war die Prinzessin und somit war ich fast nie für mich alleine. Solche Ausfälle durften mir nicht mehr unterlaufen. Wenn meine Mutter das mitbekommen würde, sie würde sich selbst die Schuld zuweisen. Das wollte ich nicht.
Ich zitterte als kalte Luft mir durch die Haare fuhr. Wo kam bloß ständig dieser Wind her, war dieses Schloss wirklich so windundurchlässig? Soweit wie ich mich erinnern konnte, hatte ich noch nie ein geöffnetes Fenster gesehen. Während ich in meinen Gedanken versunken war, hatte ich bereits das Eingangsstor erreicht. Ich drückte die Klinke nach unten, doch ich bekam sie nicht beim ersten Mal auf. Ich stemmte meine Schulter gegen das schwere Holz, und die Tür ließ sich öffnen.
Ich trat hinaus ins Freie und erblickte schwarze Wolken, die direkt auf das Landesinnere zukamen.
Na super ein Gewitter, das war es, was uns noch gefehlt hatte. Das würde auch gleich die ganze Theatralik des Krieges unterstreichen. Schnell lief ich über den Hof, durchs Tor und lief den steinigen Weg hinunter, der in die Innenstadt führte. Es machte keinen Unterschied, ob ich den einen Weg oder den anderen nahm, die Stadt war wie leergefegt, und die, die zuhause bleiben mussten, wie Mütter, die Älteren oder die Kinder, hatten sich in ihren Häuser eingeschlossen.
Ich erreichte das Stadttor. Niemand bewachte es. Hinter den Mauern lag der Wald.
Ungehindert passierte ich den Ausgang und fing an zu laufen. Schmerzen jagten durch meine Gliedmaßen, in meinem Kopf dröhnte es mit jedem Schritt immer mehr. Ich hatte den Wald nicht mal zur Hälfte durchquert, da fing ich schon an zu keuchen. Du kannst nicht mehr. Hör auf dagegen anzukämpfen. Diesen Kampf wirst du verlieren. Ich hielt inne, als ich das Gefühl hatte, dass meine Lunge gleich zerspringen würde. Ich merkte wie mir der Schweiß den Rücken runter lief. Schwächling. Verzweifelt ging ich in die Knie. Ein plötzlicher Schwindel ergriff mich. Die Schmerzen, die ich versucht hatte so gut es ging zu verdrängen, stürzten nun wie eine gewaltige Welle über mich. Um nicht zu schreien, biss ich mir auf die Lippe bis ich Blut schmeckte. Es war so unerträglich. Bereust du es jetzt? Schwer atmend erhob ich mich. Ich durfte nicht aufgeben.
Jetzt nicht. Ich lief trotz der Schmerzen weiter, der Kampfgeschrei drang an meine Ohren.
Bleib stehen. Du wirst dies nicht überleben. Der Wald lichtete sich und das Schlachtfeld tat sich vor mir auf. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich kein Schwert und kein Schild hatte. Wie dumm konnte man denn sein? Ein Soldat, nicht weit vor mir, entdeckte mich.
Ich bemerkte ihn leider zu spät. Ich konnte noch gerade so seinem Angriff ausweichen. Ich wirbelte zur Seite und zog den Dolch aus dem Futteral. Neben seinem Schwert war es so lächerlich klein, doch ich wusste wie ich ihn einzusetzen hatte. Als der Soldat zum Schlag ausholte, bückte ich mich schnell und rammte ihm den spitzen Stahl in seinen Magen. Ich hatte den Vorteil, dass ich kleiner war als er. Er schrie, doch er ging nicht in die Knie. Wütend versuchte er mich zu treffen, doch mit einem Satz war ich hinter ihm und brach ihm, mit einen Tritt in den Nacken, sein Genick. Er fiel stumpf zur Seite. So wirst du niemals gewinnen. Du mit deinem mickrigen kleinen Dolchen.
Ich drehte mich um und erkannte wie zwei meiner Feinde auf mich zu rannten. Sie wollten anscheinend den Tod ihres Kameraden rächen. Verdammt! Mir blieb nichts anderes als zu flüchten.
Dieses Mal konnte ich nicht gewinnen, ich würde mich nur in den Tod stürzen. Feigling, Feigling, Feigling! Trällerte eine gehässige Stimme in meinen Kopf. Ich knurrte wütend. Ich wäre am liebsten umgekehrt, doch ein Teil meines Verstandes warnte mich davor dies nicht zu tun. Mit einem Blick nach hinten stellte ich fest, dass mir niemand mehr folgte. Ich blieb stehen. Unnötig. Du hättest genau so gut oben bleiben können. Ich verfluchte mich selbst, ich war schon wieder geflohen.
Doch ich war lieber ein Feigling, als von einem Menschen getötet zu werden
Seufzend blickte ich über mich. Zwischen den Baumkronen hatte der Himmel sich bereits schwarz gefärbt. Ein Donnern ließ den Wald erzittern. Ich lehnte mich gegen einen der Bäume und dachte fieberhaft nach was ich nun tun sollte. Du kannst nichts tun, Yelvira. Ich wusste das doch, aber ich wollte nicht nichts tun. Ich hatte 139 Jahre lang nichts getan. Ich sank zu Boden und vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Die Schmerzen und das Gefühl der Hilflosigkeit überschwemmte mich.
Ich wollte schreien, doch ich schwieg. Lieber biss ich mir die Lippe blutig. Ein Flattern ließ mich aufsehen. Ein kleiner grauer Silberflieger, nicht größer als mein Daumen, ließ sich vor meinen Füßen nieder. Ich wischte die Tränen aus meinen Augen, damit ich ihn besser erkennen konnte.
Es war derselbe Vogel, wie der, den ich damals vor meinem Zellenfenster gesehen hatte.
Seine Augen kamen mir so bekannt vor. Da fiel es mir wieder ein.
,, Hat dich Ivan geschickt?“, fragte ich ihn mit brüchiger Stimme. Der Vogel stieß einen schrillen Schrei aus. Das nahm ich wohl als ein Ja auf.
,, Er wird bestimmt rasend vor Wut sein“, murmelte ich. Ich bekam es ein wenig mit der Angst zu tun.
Ehe ich mich versah, flatterte der Silberflieger davon. Verwirrt sah ich ihm nach. Was sollte das nun? Wollte er mich etwa nur wissen lassen, das er wusste, was ich wieder getan hatte?
Ich schüttelte den Kopf.
3 Tage später
Der Krieg neigte sich dem Ende zu. Ariana hatte vor 2 Tagen den erschöpften Damian am Rande des Waldes gefunden. Er stand kurz davor sein Bewusstsein zu verlieren. Sie hatte ihn in eine kleine Hütte neben dem See gebracht, den sie früher immer besucht hatte um Ruhe zu finden.
Sie hatte von Zeit zu Zeit ihren Posten verlassen, um nach ihm zu sehen. Vorsichtshalber hatte sie ihn in einen Schlaf versetzt, damit er nichts dummes anstellen konnte. Sie kehrte zurück in die Gegenwart. Das Kampfgeschrei hatte sich gelegt. Ihrer Ansicht nach hatte keiner der beiden Völker den Sieg errungen. Dass die Opfer der Menschen größer waren, kam jedoch nicht von ungefähr.
Die Menschen zogen sich zurück. Schweigen legten sich über das Feld. Kein Klagen, kein Weinen. Die Menschen trauerten im stillen um ihre Kameraden. Noch immer räumten die restlichen Überlebenden ihren Toten von dem Feld. Es waren so viele gefallen. Und nicht nur die Menschen waren davon betroffen. Schwermütig blickte Ariana auf ihre toten Brüder und Schwestern hinab.
Dieser Kampf hatte nur Tage angedauert dennoch war er blutig gewesen. Dies war der letzte Kampf gewesen. Endlich konnte sie aufatmen. Sie spürte wie jemand neben sie trat.
Ivan seufzte leise. Er schien ebenso erleichtert darüber zu sein, dass dies nun das Ende war. Er war des Tötens müde. Genauso wie sie. Die beiden waren schon oft dabei gewesen. Unzählige Schlachten.
,, Ich bin erleichtert, dass all dies nun ein Ende hat“, brachte Ivan hervor.
,, Da geht es nicht nur dir so.“
Er nickte.
,, Yelvira, sie.. sie hat vor einigen Tagen wieder versucht sich davonzumachen“, sagte er.
Ariana blickte erstaunt zu ihm hoch, als sie seinen Tonfall bemerkte. Sein Gesicht verfinsterte sich.
Er ist wütend.
,, Wie geht es ihr?“
,, Ich weiß es nicht. Ich habe sie seit drei Tagen nicht gesehen. Die Wachen haben mir zugeteilt, dass sie Yelvira bewusstlos im Wald aufgefunden haben, außerdem hab ich meinen kleinen Freund zu ihr geschickt.“
Ariana war verwundert. So kannte sie Yelvira gar nicht. Es war ja allgemein bekannt, dass die Prinzessin ihren eigenen Dickkopf hatte, aber dass sie so töricht war, hätte sie selbst nicht erwartet.
Und dabei kannte sie sie schon einige Jahrhunderte.
,, Das hätte sie umbringen können“, stellte Ariana fest.
Ivan räusperte sich, er wollte nicht länger darüber reden.
,, Wie dem auch sei, ich werde mich später darum kümmern. Wir müssen das Schlachtfeld räumen.“
Er schenkte Ariana noch einen kurzen Blick und kehrte dann wieder den Abhang hinunter.
Wenn Yelvira sich weiter so benimmt, wie ein trotziges Kind, wird das nicht länger gut gehen.
Ivan ging Gedankenlos den Weg hinunter. Er durfte jetzt nicht über seine trotzige Frau nachdenken, die sich manchmal wie ein Kind benahm. Er war wütend, dass sie sich wieder der Gefahr ausgesetzt hatte. Doch um sie würde er sich später kümmern.
Die Königin wechselte gerade ein paar kühle Worte mit dem Menschenkönig. Sie machten aus, dass dies nun das Ende war. Er war erstaunt, dass die beiden Rivalen so souverän miteinander sprechen konnten. Der Mensch nickte, und versprach, dass es keine weiteren Angriffe geben würde, sofern kein Elf sein Reich betrat. Der König kehrte ihr darauf hin den Rücken zu und zog mit seinen Männern ab.
Ivan stellte sich neben seine Herrin. Auch sie hatte Wunden abbekommen, doch diese waren nur halb so schlimm wie die seinen. Ivan hatte tiefe Wunden im Oberschenkel, eine Schramme an der Wange, sein Arm blutete. Er hatte so gut wie es ging einen Verband um seinen rechten Oberarm gewickelt, und mit einem Zauber die Blutung gestoppt. Es war ein Wunder, dass er aufgrund der tiefen Fleischwunden in seinem linken Oberschenkel noch aufrecht gehen konnte. Doch er war ein Magier und seine innere Kraft machte ihn gegen den Schmerz immun. Er wusste, dass dies nicht ewig andauern würde.
,, Wie viel tote sind es?“
,, Wir wissen die Anzahl noch nicht genau. Aber auf jeden Fall sind es nicht wenige“, antwortete die Königin resigniert. Der Krieg hatte auch sie verstört, selbst wenn sie es nie zugab. Sie war eine starke Frau und ließ niemals Schwäche zu. Sie kämpfte, und er glaubte, sie würde für ihr Land bis zum letzten Atemzug kämpfen. Aydilla seufzte und stecke sich ihr dunkles Haar zurück.
Sie war erleichtert. Es würde keinen weiteren Kampf mehr geben.
Der Krieg neigte sich dem Ende zuund um ehrlich zu sein konnte man nicht gerade behaupten, das irgendwer
gesiegt hat. Viele hatten dort draussen den Tod gefunden,zu viele. Stille und das bedrückende Gefühl der Trauer legte sich über das Land. Es war als würde uns das schlimmste erst bevor stehen.
Mit schnellen Schritten verließ ich den Waldpfad, mein Atem wurde hastiger. Hatte er überlebt und wenn ja wie schlimm war es verletzt?
Als ich erwachte wusste ich nicht wieviele Tage bereits vergangen waren. Ich spürte Ivan ehe ich ihn sah
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich danke Carry12 für das tolle Cover :-)