Hey ihr Crazy Mofos :)
Wir sind es, Kris (Careless), Hannah (msroselove) und Trish (HotMetalGirl ♥)!
Wir haben beschlossen zusammen eine Geschichte zu schreiben und (kleine Vorwarnung!), sie gehört nicht zu den witzigen Liebesgeschichten, die wir sonst alle schreiben. Wir haben (keine Ahnung mehr warum) über ziemlich traurige Videos über 1D geredet und wir waren so in der Trauerstimmung, dass wir einfach mal was in der Art schreiben wollten.
Lieder die ich empfehlen kann, um sie während des Lesens zu hören und die uns mehr oder weniger inspiriert haben:
https://www.youtube.com/watch?v=NnPKBwO4-P8 (Terrible Things - Mayday Parade)
https://www.youtube.com/watch?v=l5oqPQjAJ8Y (A Sad Piano Instrumental - Medley)
https://www.youtube.com/watch?v=iIqimoNyEBQ (When I look at you - Miley Cyrus)
https://www.youtube.com/watch?v=8BRJTyIC9lE (Stay - Rihanna)
Ich hoffe, dass es euch trotz benötigter Taschentücher ansprechen wird und es so rüber kommt, wie wir uns es vorstellen.
Eure 3 CrazyMofos :)
„Wisst ihr, was wir hier
sollen?“, fragte ich Zayn und Niall, die schon auf der Couch
vor Uncle Simons Büro saßen. Komisch, dass Liam noch nicht
hier war. Sonst war er doch immer der Erste. Harry zog mich auf die
Couch zu den anderen Beiden. Verwirrt blickte ich mich um. Jeder
schaute uns mitleidig an, aber warum?
„Warum schauen die
uns alle so komisch an?“, fragte mein Freund irgendwann. Gut,
ich war nicht der Einzige, der die Blicke der Anderen bemerkt hatte.
Ich nahm seine Hand auf meinen Schoss und begann an seinen Fingern
herum zu spielen. Seit gut einem Jahr waren wir nun zusammen und vor
ungefähr drei Monaten hatten wir es endlich öffentlich
gemacht. Wenn ich ehrlich war, war ich total froh darüber, dass
es endlich raus war, weil die ganze Geheimniskrämerei mir ein
bisschen auf die Nerven ging. Gott sei Dank hatten es die Directioner
oder Crazy Mofos, wie Niall sie liebevoll nannte, gut aufgenommen.
Alle hatten akzeptiert, dass ich Harry und nicht mehr Eleanor
liebte.
„Oh man, der soll sich beeilen! Eigentlich bin
ich mit Perrie verabredet, aber jetzt muss ich das schon wieder
absagen, weil Simon uns sprechen will…“, beschwerte sich
Zayn und Niall kicherte. Ja, er hatte das Problem mit einer Freundin
nicht, aber irgendwann würde unser kleiner Ire auch seine
Prinzessin finden. Harry hatte seine Hand weggenommen und fuhr mir
lächelnd durch die Haare. „Man Haz, lass das! Du zerstörst
meine Frisur!“, versuchte ich ihn grinsend daran zu hindern.
Stattdessen lächelte er mich nur an und machte weiter. Na toll…
Das brachte wohl alles nichts…
„Ihr seid echt so
süß!“, grinste Niall und lehnte sich zurück.
„Man, ich hab Hunger!“, sagte er irgendwann. Okay, das
Warten war echt anstrengend. Erstens weil wir nicht wussten, was
Simon von uns wollte, zweitens beunruhigte es uns, dass Liam nicht
kam und drittens hassten wir es zu warten. Liam war der Einzige, der
uns immer ruhig halten konnte. Irgendwann begann Niall unruhig auf
und ab zu gehen. Simons Sekretärin sagte ihm dann irgendwann
genervt, dass er sich hinsetzen sollte, weil es sie nervös
machte. Sie konnte uns auch nicht sagen, was los war. Warum wollte
uns denn niemand sagen, ob irgendwas Schlimmes passiert war oder wir
nur hergerufen worden waren, um unser neues Album zu besprechen…
„Jungs?“, Simon Cowell erschien in der Tür.
„Ihr könnt rein kommen!“ Zögernd standen wir
auf. Normalerweise war er immer zu Scherzen aufgelegt und lächelte
uns an, aber an dem Tag war seine Miene ernst. Hatten wir irgendetwas
verbrochen, dass er so schauen musste?
„Aber Liam ist noch
gar nicht da!“, sagte Niall und zeigte auf die Tür. „Ihr
könnt ja trotzdem schon mal reinkommen. Wollt ihr was zu
trinken?“, sagte Simon und gab seiner Sekretärin ein
Zeichen uns unsere üblichen Getränke zu holen. Schweigend
saßen wir auf den Stühlen um seinen Schreibtisch. Ein
Fünfter war erst gar nicht aufgestellt. Was hatte das zu heißen?
Ich griff nach Harrys Hand. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass
Simon nicht so tolle Nachrichten hatte. Susan, Simons Assistentin,
kam mit den Getränken herein und stellte sie vor uns auf den
Tisch. „Ist Liam immer noch nicht da?“, fragte Niall
ungeduldig. Normalerweise war Liam doch zuverlässig und äußerst
pünktlich. Er kam nur zu spät, wenn wirklich was Schlimmes
vorgefallen war. „Ich bring ihn um, wenn er nicht in den
nächsten fünf Minuten auftaucht!“, zischte Harry und
Zayn nickte. Er wollte seinen freien Tag mit Perrie verbringen.
Normalerweise hatten Harry und ich geplant auszuschlafen und im Bett
zu frühstücken, aber nein, Simon musste uns ja um sieben
aus dem Bett klingeln, damit wir eine Stunde später bei ihm im
Büro antanzen konnten. „Vielleicht musst du das ja gar
nicht mehr!“, sagte Susan schnippisch zu Harry und verließ
dann den Raum. Moment! Was hatte sie gesagt?
„Was?“,
fragte Harry auch verständnislos und wandte seinen Blick zu
unserem Manager. Auch Niall, Zayn und ich sahen ihn entgeistert an.
Was hatte der Satz zu bedeuten? „Ja, also. Ich habe eine
weniger gute Nachricht für euch. Liams Eltern haben heute Nacht
bei mir angerufen und mir etwas Schreckliches mitgeteilt.“ Kurz
schluckte er und fuhr dann fort: „Liam ist gestern Nacht bei
einem Autounfall ums Leben gekommen. Es tut mir leid.“ Seine
letzten Worte waren nur noch ein Flüstern. Für ihn waren
wir wie Söhne gewesen, auf die er aufpassen musste. Es fiel ihm
sehr schwer uns diese Nachricht zu überbringen.
„Was?“,
fragte Niall ungläubig nach. „Ja, Liam ist tot!“,
sagte unser Manager mit fester Stimme. Nein, das konnte nicht sein!
Das war wie ein Schlag in die Magengrube. Mein bester Freund sollte
tot sein? Warum ausgerechnet er? Der, der immer auf uns aufgepasst
hatte, uns zurück gehalten hatte, wenn wir es übertrieben
hatten. Wer sollte uns jetzt noch zusammen falten, wenn wir mal
wieder Mist gebaut hatten? Ich spürte, wie sich zwei Arme um
mich schlangen und mich fest umarmten. Meinen Kopf versteckte ich an
Harry Schulter und versuchte die Tränen zu unterdrücken,
doch diesen Kampf konnte ich nicht gewinnen. Meine Gefühle
überrannten mich und ich ließ es einfach zu. Ich war zu
schwach um mich dagegen zu wehren. Kurze Zeit später hörte
ich nur noch eine Tür zu knallen und schaute auf. Zayn hatte das
Büro Hals über Kopf verlassen. Was war bloß mit Zayn?
Mit Tränen in den Augen schaute ich zu Niall, der wie ein
Häufchen Elend in seinem Stuhl saß und sein Gesicht in den
Händen vergraben hatte. Ohne zu zögern stand ich auf und
nahm ihn in den Arm. Harry tat es mir gleich. Niall war schon immer
der Sensibelste von uns gewesen und für ihn war Liam nur mehr
als ein Bruder und bester Freund gewesen. Das hatte mir Harry
irgendwann erzählt. Ich versuchte für Niall stark zu sein
und meine Tränen zurück zu halten, was mir jedoch nicht
gelang.
„Komm wir gehen heim!“, flüsterte Harry
und packte Niall am Arm. Mit der anderen Hand griff er mich und zog
mich hoch. Wie konnte er nur so stark sein und einen kühlen Kopf
bewahren? Harry hatte keine Tränen in den Augen, aber man sah
ihm an, dass es ihm sehr schwer fiel diese zurückzuhalten. An
der Tür flüsterte ich ihm noch zu: „Du musst nicht
stark sein!“
Wir nahmen uns ein Taxi zu Louis und
meiner Wohnung, keiner von uns wäre in der Lage gewesen Auto zu
fahren. Niall, Louis und ich saßen auf dem Rücksitz, ich
in der Mitte und die anderen beiden an mich gelehnt. Ich wollte stark
für sie sein und hielt meine Tränen zurück.
Wir
nahmen Niall erst einmal mit zu mir und Louis, wir konnten ihn ja
nicht allein lassen. Sein bester Freund war gestorben. Liam war alles
für Niall gewesen, das wussten wir alle und vermutlich war der
Tod unseres Freundes für den kleinen Iren besonders schlimm. Ich
wusste, dass Niall ihn geliebt hatte, mehr als er sollte vielleicht.
Nun hatte er nicht mehr die Chance, um Liam dies zu gestehen.
Ich hatte die beiden ins Wohnzimmer
begleitet und war in die Küche verschwunden. Erschöpft
lehnte ich mich an die Arbeitsplatte und schlug die Hände vor
mein Gesicht. Für mich war Liam immer ein großer Bruder
gewesen. Ich brauchte ihn, wir alle brauchten ihn!
Energisch stieß
ich mich ab und nahm drei Tassen aus dem Schrank, dabei fiel mir
Liams Lieblingstasse ins Auge, aus der er immer getrunken hatte, wenn
er bei uns gewesen war. Tränen bildeten sich in meinen Augen und
ich ballte meine Hände zu Fäusten. Das Leben war so unfair!
Liam war der liebste, freundlichste, gerechteste und beste Mensch
gewesen, den ich jemals kennen gelernt hatte. Wie konnte so jemand
nur sterben? Womit hatte ausgerechnet er es verdient zu sterben?
Ich
setzte also Wasser auf, hängte die Teebeutel in die Tassen und
zog mein Handy aus der Tasche. Ich wählte die drei, die
Kurzwahltaste für Zayn, und wartete darauf, dass er abnahm. Fast
eine Minute lang ließ ich es klingeln, dann legte ich wieder
auf. Wenn er nicht mit mir reden wollte, würde er schon seine
Gründe haben. Vielleicht war es auch einfach nur Zayns Art, um
Liam zu trauern.
Der Wasserkocher piepte und ich goss das heiße
Wasser in die Tassen, ehe ich sie auf ein Tablett stellte und ins
Wohnzimmer balancierte. Louis und Niall saßen genauso da, wie
ich sie zurück gelassen hatte, zusammengesunken, bleich, weinend
und ziellos an die Wand starrend.
„Möchtet ihr Tee?“,
fragte ich leise und löste damit ihre Apathie für einen
kurzen Augenblick. „Liam hat immer Tee für mich gemacht.“,
flüsterte Niall mit erstickter Stimme und rollte sich auf dem
Sofa zu einer kleinen Kugel zusammen, die Beine an die Brust gezogen,
das Gesicht gegen die Knie gedrückt.
Ich setzte mich neben
ihn und strich durch seine blonden Haare. Louis saß auf meiner
anderen Seite und ich legte einen Arm um seine Schultern, weinend
vergrub er wieder das Gesicht an meiner Schulter.
Ich wollte stark
sein für die beiden, auf eine Art und Weise damit auch Liams
Rolle des Banddaddys übernehmen und ich wusste, dass das keine
leichte Aufgabe war. Aber einer musste es tun, sonst wären wir
in unserer Trauer unter gegangen und das wollte ich nicht
zulassen.
„Ich…ich hab ihn geliebt…und…ich…ich…er…ich
wollte doch…ich…“, stammelte Niall
zusammenhangslos und schlurzte laut. „Scht. Ich weiß, es
ist schrecklich, du musst nicht darüber reden.“, wisperte
ich und hob vorsichtig seinen Kopf und bettete ihn dann in meinem
Schoß.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war,
während wir einfach nur da saßen. Sogar mir liefen
irgendwann leise ein paar Tränen über die Wangen, als ich
an all die Momente mit Liam denken musste. Wie er für mich da
gewesen war, als ich unsicher war, was ich für Louis fühlte.
Wie Liam uns immer zusammen gehalten hatte. Wie er uns auf einer
Pressekonferenz verteidigt hatte, nachdem Louis und ich uns geoutet
hatten. Wie Liam einfach immer unser Liam war und auf uns aufgepasst
hatte.
Gegen Abend klingelte das Telefon.
Liams Eltern informierten uns über die Beerdigung, die in seiner
Heimat, Wolverhampton, stattfinden sollte. Wir sprachen der Familie
unser Beileid aus und versicherten, dass wir kommen würden. Ich
hoffte, dass Zayn auch von dem Termin erfahren hatte. Auch wenn er
nicht mit uns reden wollte, wusste ich, dass es ihm wichtig war bei
der Beerdigung dabei zu sein.
„Meint ihr, wir sollten etwas
singen? Vielleicht Liams Lieblingssong?“, fragte Louis und
Niall schüttelte heftig den Kopf. „Ich kann nicht.“,
hauchte er. Inzwischen waren seine Tränen versiegt, aber seine
Stimme war ganz kratzig und er war noch immer total fertig. Nicht mal
etwas gegessen hatte er und er wollte auch nichts, egal was und wie
oft ich ihm etwas anbot.
„Ich sollte auch gehen.“,
meinte der Ire dann und wollte aufstehen, aber Louis und ich zogen
ihn im gleichen Moment zurück auf unsere Couch. „Nichts
da. Du bleibst bei uns, bis es dir wieder besser geht.“,
erklärte Louis und ich nickte.
„Wir lassen dich doch
nicht allein in deiner Wohnung hocken.“, bekräftigte ich
und auf Nialls Gesicht zeigte sich sogar ein kleines Lächeln,
zumindest versuchte er zu lächeln. „Das ist nett von
euch.“, murmelte er und nahm sich doch einen der Kekse, die ich
auf den Tisch gestellt hatte.
„Meinst du, wir können es
verantworten Niall über Nacht allein auf der Couch zu lassen?“,
fragte ich Louis, als unser bester Freund gerade im Bad war. „Ich
bin mir nicht sicher. Vielleicht wäre es besser, wenn wir alle
zusammen in unserem Bett schlafen, groß genug ist es ja und
niemand ist allein.“, schlug Louis vor und lehnte sich an
mich.
„Das find ich auch gut.“, antwortete ich und
hauchte einen kleinen Kuss an die Schläfe meines Freundes, bevor
ich ihn vorsichtig in eine aufrechte Position schob und aufstand.
„Ich geh mal noch mehr Bettzeug vorbereiten und ich finde, dann
sollten wir schlafen gehen.“, meinte ich, Louis nickte. „Ich
räume noch ein bisschen auf und sag Niall Bescheid.“,
beschloss er und erhob sich ebenfalls.
2 Tage später - Beerdigung
„Niall, kommst du?",
ertönte Harrys Stimme leise hinter mir. Ich stand schweigend vor
dem großen Spiegel, der im Flur meiner Wohnung stand und
starrte mich, eine fremde Person, an. Rote, müde Augen sahen
mich an und es schien, als hätte das Blau in seinen Augen den
Glanz verloren. Seine blondierten Haare waren verstrubbelt und man
sah deutlich den Ansatz.
Es ist schwer zu begreifen, dass ich das
selbst war. Meine Tränen waren längst versiegt und zurück
geblieben war eine leere Hülle aus Trauer und Schmerz. Ich
fühlte mich taub, ohne Gefühle. Mir wurde das Wichtigste
aus meinem Leben gerissen und ich begriff es immer noch nicht.
Warum
er? Warum mein Liam? Diese Fragen geisterten schon seit zwei Tagen
durch meinen Kopf, seitdem Simon uns die Nachricht überbracht
hatte. Eine Hand legte sich sanft auf meine Schulter und erst da
registrierte ich Harry, der hinter mir stand und mich mitfühlend
ansah. Er war Derjenige von uns, der am besten die ganze Situation
meisterte, obwohl er selbst am Abgrund seiner Gefühle stand.
Ich
unterdrückte einen weiteren Heulkrampf, der sich anbahnte und
richtete meine Krawatte. Das letzte Mal, als ich diesen Anzug
anhatte, war es zu einem fröhlicheren Anlass gewesen. Ich sah
durch den Spiegel in Harrys ebenfalls geröteten Augen und nickte
nur leicht, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich so weit war. Aber
war ich das? Nein.
„Hey Niall!"
Louis wischte
sich die Tränen aus dem Gesicht und umarmte mich. Ich ließ
es geschehen, erwiderte die Umarmung jedoch nicht. Ich hatte keine
Kraft meine Arme zu heben. Wie hypnotisiert starrte ich auf die
versammelten Menschen um uns herum. Weiter vorne stand er. Ein
schwarzer Sarg, in dem Liam liegen sollte. Das konnte nicht wahr
sein. Das war nur ein schlechter Scherz.
Ich merkte, wie mir
bereits wieder die Tränen die Wange herunter liefen. Louis ließ
mich los und sagte noch irgendwas, doch ich beachtete ihn nicht und
trat nach vorne. In der Kapelle, in der wir standen, hatten nicht
sehr viele Leute Platz, doch es reichte gerade noch für alle.
Ich bahnte mir einen Weg durch die Menschen hindurch, gedanklich weit
weg, ohne irgendwas mitzubekommen, was in meinem Umfeld
geschah.
Direkt vor dem Sarg blieb ich stehen und starrte auf die
angesammelten Blumenkränze, die davor lagen. Ein Bild stand dort
ebenfalls, auf dem Liam mir fröhlich zulächelte. Warum tat
er mir das an? Wieso ging er einfach? Wieso ließ er mich hier
zurück? Wieso ließ er mir nicht mal die Chance ihm zu
sagen, was ich wirklich fühlte? Mit einem Tränenschleier
vor den Augen stand ich da und bekam viel zu spät mit, was um
mich herum geschah.
„... wieso haust du einfach ab und
gehst nicht mal an dein beschissenes Handy? Verdammt noch mal, weißt
du eigentlich, dass wir hier durch die Hölle gehen und uns auch
noch Sorgen um dich machen mussten? Was wäre gewesen, wenn dir
auch noch was passiert wäre? Denkst du das hätte einer von
uns dann noch gepackt? Glaubst du, du bist der einzige, der am Ende
ist?"
Louis stand da, Zayn vor ihm, und hielt den
Halbpakistaner am Kragen seines Hemdes fest, während er ihn
verzweifelt anschrie. Zayn zeigte keine Reaktion und ließ es
schweigend über sich ergehen, während sich jeder in der
Kapelle zu ihnen wandte und mit einem Mal bedrückende Stille
herrschte. Harry versuchte Louis von Zayn wegzubekommen und Vernunft
einzuflößen, doch Louis war zu aufgewühlt, als dass
ihn jemand in dem Moment hätte bändigen können. Wäre
ich nicht wie gelähmt gewesen, hätte ich genauso reagiert.
Ich starrte gebannt wie jeder andere zu den dreien hin und vergaß
für einen Moment, weshalb wir hier waren.
Louis brach wieder
in Tränen aus. Zayn zog seinen Bandkollegen in eine Umarmung und
sah weiterhin ausdruckslos auf irgendeinen Punkt in der Ferne. Harry
versuchte vergeblich beruhigend auf seinen Freund einzureden, während
der Pfarrer versuchte, die Leute auf ihre Plätze zu scheuchen.
Ich sah zu ihm hin. Wieso weinten die Leute? Warum waren wir hier?
Wieso liefen alle in schwarz herum?
Verwirrt ging ich auf einen
Platz, neben dem bereits Harry, Louis und Zayn Platz genommen hatten
und lauschte den Worten des Pfarrers, ohne die Bedeutung der Wörter
zu verstehen. Ich dachte an früher, an die Zeit bei The
X-Factor, an die Konzerte und an gedrehte Videos. Wenn wir unter uns
waren, ohne Presse oder anderen Leuten und wir zu fünft
sämtliche Leute in unserer Umgebung auf Trab gehalten hatten. Wo
war das alles hin? Sollte das jetzt etwa vorbei sein?
Irgendwas
Warmes war an meiner Wange und als ich es wegwischte, erkannte ich,
dass es Tränen waren. Ich fühlte mich wie in Trance
versetzt, oder als würde ich träumen. Harry neben mir stand
auf und schritt nach vorne. Verwirrt sah ich ihm nach. Er stellte
sich vor alle anderen und räusperte sich. Als würde ich
durch eiskaltes Wasser fallen, kam ich zurück in die Realität.
Gemischte Gefühle, bestehend aus Trauer, Schmerz und Verwirrung
rauschten durch meinen Körper. Ich nahm jedes noch so kleine
Geräusch wahr und die Bedeutung von Harrys Worten brannte sich
in meinen Kopf ein und ließ mich nicht mehr los.
„Wir
sind heute hier, weil ein Mensch aus unserem Leben getreten ist, den
wir alle schrecklich vermissen werden. Liam war für mich wie ein
Bruder, den ich nie hatte. Er war jemand, der uns, Louis, Zayn, Niall
und mich, geliebt hat und auf uns aufgepasst hat. Wir waren ein
Haufen Chaoten Liam hat trotzdem dafür gesorgt, dass wir werden,
was wir heute sind.
Er war der gerechteste und organsierteste,
gleichzeitig auch der liebste und fürsorglichste Mensch, den ich
jemals in meinem Leben kennen lernen durfte.
Er war noch so jung
und hat so viel überstanden, es ist nicht fair, dass ein Unfall
ihn sein Leben gekostet hat. Wir werden ihn alle vermissen, die Band
ganz besonders, wenn wir sind nur durch Liam so weit gekommen. Er war
unser Banddaddy und in unseren Herzen wird er es auch immer bleiben.
Ich habe ihm so viel zu verdanken und ich weiß, dass auch die
anderen drei das so sehen."
Er hielt kurz inne. Immer mehr
Tränen bahnten sich den Weg über meine Wange und ich konnte
Harry durch meinen Tränenschleier hindurch fast nicht mehr
erkennen. Wieso hatte man ihn mir weggenommen? Wieso?
„Zum
Schluss wollen Louis und ich noch Liams Lieblingssong singen. ‚End
of May’ von Michael Bublé..."
Seine Stimme brach
ab und er wartete, bis Louis sich erhoben hatte und neben ihm stand.
Von irgendwo erklang Hintergrundmusik und ich erkannte das Lied. Ich
schüttelte immer wieder den Kopf, als die beiden anfingen zu
singen. Trotz, dass sie geweint hatten, klangen sie klar und deutlich
durch den Raum. Ich hatte das Gefühl, Harry hätte Liam
bereits ersetzt, da er versuchte alles am Laufen zu halten und mir
wurde immer mehr bewusst, dass das hier endgültig war. Liam war
weg und er würde nicht mehr wieder kommen.
Nach dieser
Erkenntnis konnte ich nicht mehr klar denken. Das einzige woran ich
mich erinnerte ist, dass ich aufstand um nach vorne zu laufen, ich
wurde jedoch von jemandem zurück gehalten.
„Liam!",
rief ich immer wieder verzweifelt und sank auf die Knie, meinen Kopf
in meinen Händen vergrabend, während die Tränen immer
mehr meine Sicht verschwimmen ließen. Jemand setzte sich neben
mich und umarmte mich von hinten, während das Lied leise in
meinem Kopf weiter spielte.
Ich sah, wie Harry nach dem Lied zu
Niall trat und ihn daran hinderte zum Sarg zu laufen. Nur mit Mühe
und Not hatte ich das Lied zu Ende singen können. Es machte mich
einfach fertig Liam einfach so gehen zu lassen. Wie sollte es jetzt
weiter gehen? Würde es One Direction weiterhin geben? Nein, ohne
Liam war One Direction nicht mehr One Direction!
Stumm setzte ich
mich auf meinen Stuhl und wartete bis alles vorbei war. Leute traten
zu uns und sprachen ihr Beileid aus. Warum nur Liam? Harry saß
die ganze Zeit bei Niall und redete auf ihn ein. Klar, ging es ihm
schlecht, aber mein Freund interessierte sich ja noch nicht mal, wie
es mir ging… Eine halbe Stunde später konnten wir endlich
den Rückweg antreten. Zwar hatte man uns noch eingeladen zum
Trauerschmaus bei Liams Eltern vorbeizuschauen, doch weder Niall noch
ich waren in der Lage dazu. Nachdem wir uns von Liams Eltern
verabschiedet hatten, schaute ich mich nach Zayn um. Es tat mir total
leid, was ich vorhin zu ihm gesagt hatte, doch ich fand ihn nicht.
Vielleicht war er schon nach Hause gefahren… Er würde
sich schon melden, versuchte ich mir einzureden.
Wir
setzten Niall bei sich zu Hause ab, weil er alleine sein wollte.
Harry fragte mich, ob das eine gute Idee gewesen war, als Niall die
Tür zugemacht hatte. Wortlos zuckte ich mit den Schultern. Was
interessierte mich grad Niall? Das war ein bisschen hart, aber ich
musste jetzt erstmal selbst mit der Situation klar kommen. In unserer
Wohnung setzte ich mich auf unser Bett und schaute aus dem Fenster.
Die Regentropfen peitschten gegen die Scheibe und rollten dann
herunter.
„Schatz, willst du einen Tee?“, fragte
Harry und ich nickte ohne mich umzudrehen. Vermutlich stand er in der
Tür und wartete auf meine Reaktion. Fünf Minuten später
stand er mit zwei Tassen in der Hand neben mir und hielt mir Eine
hin. „Danke.“, flüsterte ich nur und trank einen
kleinen Schluck. Zwei starke Arme schlangen sich um mich und eine
Hand strich beruhigend über meinen Rücken. Wie schaffte es
Harry nur so stark zu sein? Wie konnte er das? Er übernahm so zu
sagen Liams Job. Warum? Liam konnte man doch nicht einfach so
ersetzen! Vielleicht wollte er das auch gar nicht, aber trotzdem. Der
Junge mit den braunen Locken hätte d doch wenigstens Gefühle
zeigen können!
Es machte mich fast krank zu sehen, dass es
ihm scheinbar nichts ausmachte. Noch nie hatte ich ihn vor mir oder
Niall weinen sehen. Die ganzen Tränen, die Niall und ich
vergossen hatten, wischte er jedes Mal lächelnd weg und
versuchte uns zu beruhigen.
Nach einer Weile stand er auf und
sagte: „Ich fahr noch mal zu Niall und schau wie es ihm geht.
Ich hab den Schlüssel zu seiner Wohnung von Liams Wohnung.
Willst du mitkommen?“ Schon wieder kümmerte er sich um
Niall… Konnte er sich nicht einmal um mich kümmern? Ich
wusste wie schwach Niall war, aber ich fühle genau gleich.
Dachte Harry etwa, dass ich das besser verkraftete, nur weil ich
älter war oder Liam nicht geliebt hatte? Liam war mir mindestens
genauso wichtig wie Harry. Wie Zayn und Niall. Für Harry hatte
ich andere Gefühle, jedoch stellte ich alle auf eine gleiche
Ebene und bevorzugte keinen!
Dann saß ich hier alleine und
schaute wieder aus dem Fenster. Der Tee war inzwischen kalt geworden.
Trotz der Jacke, die ich trug, begann ich zu zittern. Ich fühlte
mich so alleine. Allein gelassen. Harry war einfach gegangen ohne
gefragt zu haben, ob es für mich in Ordnung war, wenn ich
alleine blieb. Die Stunden vergingen und ich rührte mich nicht.
Meinen Tränen ließ ich freien Lauf. Es war ja eh niemand
da, der mich trösten konnte. Warum sollte ich mich dann
beruhigen?
Schon
zwölf Uhr nachts. Harry war jetzt schon seit sechs Stunden bei
Niall. Wie es mir ging, interessierte ihn wohl nicht… Nach
einer weiteren halben Stunde begann mein Handy zu klingeln. Eine SMS
von unserem Manager Simon:
Hey Louis,
Ich habe die
Pressemitteilung geschrieben und verschickt. Bitte schaut, dass ihr
nichts sagt, was ich nicht reingeschrieben habe. In zwei Wochen wird
noch mal eine Pressekonferenz stattfinden um über Liams Tod zu
berichten. Alle weiteren Termine sind bis auf weiteres abgesagt.
Harry und Niall wissen schon bescheid, doch Zayn geht nicht an sein
Handy. Kannst du bitte versuchen ihn zu erreichen?
Simon Cowell
Die Presse… Simon… Und
wo war eigentlich Zayn? Verdammt… So viele Fragen schwirrten
mir im Kopf herum, doch die zwei größten und die, die mich
am meisten belasteten, waren, wie Liam gestorben war und warum Harry
sich nicht für meine Gefühle interessierte. Liam war bei
einem Autounfall gestorben, aber wie? Wurde er umgefahren? War er
eventuell betrunken gewesen? Nein, Liam und betrunken Autofahren, das
ist total absurd!
Gegen zwei Uhr nachts legte ich mich ins Bett
und versuchte zu schlafen, doch das Gefühl allein gelassen zu
sein, ließ nicht nach. Es wurde stärker. Viel stärker…
Harry würde wohl bei Niall übernachten und augenblicklich
schossen mir Fotos von Narrymomenten in den Kopf. Nein, das konnte
nicht sein. Harry würde mich niemals betrügen! Ich rollte
mich zusammen und schloss die Augen. Die Beerdigung. Nialls
Zusammenbruch. Liams Lachen. Alles schoss mir im Kopf herum und
zeigte mir verschiedene Situation, die wir alle gemeinsam erlebt
hatten. Mein Bauch zog sich zusammen. Die Gedanken an Liam waren
einfach nur ein Schmerz…
Natürlich hätte ich auch
für Louis da sein müssen, aber ich hatte unglaubliche Angst
um Niall. Er war sensibel, zerbrechlich und auf eine Art und Weise
schwach, die mir gar nicht gefiel. Ich hatte Angst, dass er sich
etwas antun könnte. Bei Louis wüsste ich, dass er so etwas
nicht tun würde, dafür liebte er sein Leben viel zu sehr,
auch wenn er gerade um unseren besten Freund trauerte.
Bei Niall
war ich mir nicht so sicher. Ich wusste nicht, ob er nicht vielleicht
überreagieren würde, wenn ihn die Trauer um Liam so sehr
fertig machte. Vielleicht verspürte er den Wunsch wieder bei ihm
zu sein und würde ihm in den Tod folgen. Das konnte ich nicht
zulassen, Louis, Zayn und ich würden es nicht noch einmal
verkraften einen besten Freund, einen Bruder zu verlieren.
Auch
Liam hätte das nicht gewollt. Er hätte nicht gewollt, dass
wir uns einfach aufgaben und uns zurückzogen. Für Liam war
das Leben etwas Wertvolles, etwas Großes und etwas, was nicht
einfach wegwarf. Ich hoffte, dass Niall sich daran erinnern und
halten würde.
Nachdem ich so gut wie den ganzen
Tag bei Niall verbracht hatte, wollte ich am Abend eigentlich nach
Hause fahren und für Louis da sein, aber leider gestaltete es
sich etwas schwierig Niall allein zu lassen.
„Harry, bitte,
nein…ich…du…verlass mich nicht, geh nicht….nicht
allein lassen.“, flehte und weinte Niall und klammerte sich
praktisch an meinem Arm fest. „Ihr lasst mich…allein…alle.“,
schniefte er und ich zog ihn in eine Umarmung.
„Ich lass
dich nicht allein, versprochen. Louis ist auch für dich da und
Zayn meldet sich bestimmt bald wieder.“, versprach ich und
strich ihm durch die Haare. Langsam schob ich ihn Richtig
Schlafzimmer und dann auf sein Bett.
„Leg dich schon mal
hin, ich bringe dir Tee.“, flüsterte ich und mit steifen
Bewegungen folgte Niall meinen Anweisungen. Im Türrahmen drehte
ich mich noch einmal um und lächelte traurig. Er sah so klein
und verloren aus.
Es dauerte bis weit nach Mitternacht, bis Niall
endlich schlief und selbst dann traute ich mich nicht nach Hause zu
fahren, denn ich wusste nicht, wie er drauf reagieren würde,
wenn er wieder aufwachte. Eigentlich wollte ich Louis noch anrufen
und ihm Bescheid geben, dass ich über Nacht bei dem Iren bleiben
würde, aber ich wusste nicht, ob mein Freund schon schlief und
ich wollte ihn nicht wecken.
Am nächsten Morgen fühlte
ich mich wie gerädert, weil ich die Nacht auf der Couch
verbracht hatte und auch da nicht richtig schlafen konnte, weil ich
fast nur geweint hatte. Diese Momente der Schwäche gönnte
ich mir nur, wenn ich allein war. Irgendjemand musste einen
einigermaßen kühlen Kopf bewahren und ich hatte nun mal
beschlossen, dass ich diesen Job übernahm.
Ich stand erst
einmal auf und machte mir einen Tee und während das Wasser
kochte, rief ich Louis an. Es dauerte eine Weile bis er abnahm und
dann meldete er sich mit verschlafener Stimme.
„Ach,
meldest du dich auch mal?“, giftete er mich an und ich
verdrehte die Augen. „Tut mir leid, Babe. Aber Niall ging es
wirklich schlecht und er hat fast einen hysterischen Anfall bekommen,
als ich gehen wollte. Ich glaube nicht, dass wir ihn allein lassen…“
„Du meinst, dass du ihn nicht allein lassen solltest.“,
fuhr Louis dazwischen und ich seufzte.
„Hör mal, es
tut mir wirklich leid. Ich weiß, dass das auch für dich
nicht leicht ist. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, ob
wir nicht ein Bett oder eine Luftmatratze in unser Schlafzimmer
schaffen und Niall dann eine Weile bei uns wohnt. Ich habe wirklich
Angst, dass er sich was antut und den Tod von Liam nicht verarbeitet.
Wir sind seine besten Freunde, es ist unsere Pflicht ihm zu
helfen.“
„Man Harry! Ich versteh das ja, aber ich will
auch Zeit mit dir verbringen, mir geht es auch schlecht und ich
brauche auch Unterstützung.“, protestierte Louis und ich
goss mir das fertige Wasser in eine Tasse.
„Deswegen soll
er ja bei uns einziehen, dann können wir alle füreinander
da sein und keiner ist allein.“ Louis antwortete nicht ich
hörte, wie jemand in die Küche getapst kam. Ich lächelte
Niall an und deutete auf das Handy in meiner Hand, während ich
mit den Lippen Louis Namen formte.
Der Ire nickte und setzte sich
dann an den Tisch. Ich nahm meine Tasse und stellte sie ihm vor die
Nase, ich konnte mir auch einen neuen Tee machen. Am anderen Ende der
Leitung hörte ich Louis laut die Luft aus seinen Lungen
ausstoßen.
„Na schön. Bring ihn mit, ich seh zu,
dass ich ein anständiges Bett finde.“, stöhnte er und
ich musste lächeln. „Du bist der Beste, Lou. Ich liebe
dich, wir sehen uns später.“, verabschiedete ich mich und
legte auf.
„Du kommst mit zu Louis und mir und wirst
erstmal bei uns wohnen. Du solltest nicht allein sein und wir wollen
dich auch nicht allein lassen.“, erklärte ich Niall, der
mich nur teilnahmslos ansah.
„Hast du mich gehört?“,
fragte ich vorsichtig nach und er nickte mechanisch. „Ich geh
dann ein paar Sachen für dich einpacken. Möchtest du was
Essen oder mit ins Schlafzimmer kommen oder lieber erst duschen?“
Gleichgültig zuckte er mit den Schultern, ich seufzte.
Vermutlich musste man ihm in der nächsten Zeit sagen was er
tun sollte, damit er überhaupt etwas machte. „Dann komm
erstmal mit.“, beschloss ich und er folgte mir langsam ins
Schlafzimmer. Dort drückte ich ihn sanft auf das Bett, bevor ich
seinen Koffer vom Schrank holte und ihn aufgeklappt auf den Boden
legte.
Wahllos warf ich einige Klamotten in den Koffer, bis mir
ein T-Shirt in die Hände fiel, das Liam gehörte. Zum Glück
hatte Niall es nicht gesehen und ich stopfte es schnell in die
hinterste Ecke seines Schrankes, weil ich nicht wusste, wie er darauf
reagieren würde und ich verzichtete gern darauf, dass Niall
einen erneuten Zusammenbruch bekam, das musste wirklich nicht
sein.
Eine halbe Stunde später waren wir abfahrbereit,
nachdem ich Niall noch beim Zähne putzen beaufsichtigt und er
sich etwas Richtiges angezogen hatte. Schnell wusch ich noch unser
benutztes Geschirr ab und dann verließen wir die Wohnung erst
einmal für eine Weile.
Verängstigt und schweißgebadet
schreckte ich mit einem leisen Schrei auf. Verwirrt sah ich mich um,
bis sich meine Augen an die Dunkelheit in dem Raum gewöhnt
hatten. Durch das Fenster kam nur wenig Licht rein, da die Rollläden
ein Stück zugezogen waren und der Mond von Wolken bedeckt wurde.
Ich suchte mein Handy und fand es schließlich neben mir.
04:03 Uhr. Ich suchte nach einem Lichtschalter und fand einen neben
der Tür. Ich wollte ihn anschalten, hielt jedoch inne, als ich
zwei Stimmen dumpf durch die Tür vernahm, die sich anscheinend
stritten. Vorsichtig und leise öffnete ich die Tür einen
Spalt, um besser hören zu können.
„...es tut mir
leid, aber Niall braucht nun mal unsere Hilfe! Ich dachte du wärst
einverstanden damit!"
„Ja, aber was ist mit mir? Denkst
du, ich komm damit klar? Glaubst du, weil ich älter bin steck
ich das leichter weg? Nur weil ich Liam nicht auf die gleiche Art
geliebt habe wie Niall bin ich automatisch weniger verletzt und
traurig wegen seinem Tod? "
„Das habe ich niemals
behauptet Louis! Aber Niall ist nun mal der Sensibelste von uns allen
und Zayn ist abgehauen, also müssen wir uns um ihn
kümmern!"
Beide Personen schwiegen einen Moment . Ich
realisierte langsam, dass es Louis und Harry waren, die redeten und
mir fiel wieder ein, wo ich war. Ich hatte bei den beiden auf einer
Luftmatratze im Schlafzimmer übernachtet, da Harry sich Sorgen
um mich gemacht hatte.
„Und wie soll es jetzt weiter gehen?
Liam ist tot, Zayn ist abgehauen und du kümmerst dich um Niall
und ich sitze dumm rum? Und dann noch die Presse? Die Fans? Das packt
vielleicht einer nicht?"
„Deswegen soll Niall auch
nicht mit.", antwortete Harry knapp, ohne auf Louis Vorwurf
einzugehen.
„Ach und du gehst davon aus, dass ich das
überstehe?"
„Louis ich..."
Ich schloss
leise wieder die Tür und bekam den Rest des Gespräches
nicht mehr mit. Ich hatte genug gehört. Ich lief zurück zu
der Luftmatratze und ließ mich drauf fallen. Ich vergrub
meinen Kopf zwischen meinen Händen und begann still zu weinen.
Ich konnte es immer noch nicht fassen, dass Liam tot war. Und nun
stritten sich sogar Harry und Louis wegen mir, während von Zayn
jede Spur fehlte. Ich wischte mir die Tränen weg, die nicht
aufhören wollten und legte mich wieder hin. Nach langer Zeit
fiel ich in einen ruhelosen Schlaf.
Als ich wieder aufwachte, war es
bereits elf Uhr. Ich stand auf und verschwand unbemerkt im Bad. Ich
schlüpfte unter die Dusche und ließ das heiße Wasser
an mir herablaufen, ohne es wirklich zu merken. Ich trocknete mich ab
und zog mich an, bevor ich in die Küche lief. Ich setzte mich an
den Tisch und starrte an die Wand. Ich bemerkte Louis erst gar nicht,
bis er mit lautem Scheppern einen Teller in den Schrank stellte.
Ich
zuckte vor Schreck zusammen und sah zu ihm rüber. Er beachtete
mich nicht weiter und räumte weiterhin lautstark das Geschirr
rein.
„Louis, kannst du das nicht etwas leiser machen?",
ertönte Harrys Stimme hinter mir und ich zuckte abermals
zusammen. Louis sah Harry böse an, räumte danach aber etwas
leiser die Teller in den Schrank.
„Wie geht es dir, Niall?",
fragte er mich und sah mich mit seinen grünen Augen beruhigend
an. Ich zuckte unmerklich mit den Schultern und starrte wieder an die
Wand. Wie sollte es mir schon gehen? Mir ging es beschissen. Und
jetzt war Liam nicht mal da um mich zu trösten. Jetzt konnte er
mich nicht mal in den Arm nehmen, wie sonst oder mit mir zusammen
einen DVD-Marathon starten, bis ich wieder bessere Laune hatte.
Er
hatte mich verlassen. Einfach so. Er ließ mich einfach zurück.
Warum tat er mir das an? Wieder liefen mir die Tränen über
die Wange und ich wischte sie schnell weg, bevor es noch jemand
bemerkte.
„Hey Niall! Was ist los?"
Besorgt kam
Harry zu mir und kniete sich neben mich, während er beruhigend
über meinen Rücken streichelte. Louis sah zu uns rüber
und verschwand dann aus der Küche. Irgendwas in Louis Blick ließ
mich erschaudern. Ich wusste nicht, ob es Eifersucht oder Hass war,
oder was ganz anderes. Ich wollte mich wirklich nicht dazwischen
drängen, doch Harry hatte darauf bestanden. Verzweifelt vergrub
ich wieder den Kopf zwischen meinen Händen und begann haltlos zu
schluchzen.
Das war einfach alles zu viel für mich. Harry
versuchte mich zu beruhigen, doch ich weinte einfach weiter, ohne zu
reagieren. Irgendwann nahm er mich einfach in den Arm und legte
beruhigend die Arme um mich, während ich sein T-Shirt voll
heulte. Mein Kopf war leer. Ich dachte an nichts, aber die Tränen
wollten nicht aufhören. Ich krallte mich an ihm fest und vergrub
meinen Kopf an seiner Schulter. Es fühlte sich befreiend an und
doch ging es mir immer noch nicht gut, als ich mich nach einiger Zeit
wieder von ihm löste und er sich schweigend am Wasserkocher zu
schaffen machte.
Ich beobachtete ihn, ohne wirklich zu merken, was
er da tat, bis er mir eine dampfende Tasse Tee in die Hand drückte
und sich zu mir setzte. Wir schweigen eine Zeit lang, während er
mich die ganze Zeit besorgt musterte, bis ich das Wort ergriff. Meine
Stimme klang zerbrechlich und verweint.
„Solltest du nicht
lieber bei Louis sein?"
Er schüttelte nur den Kopf,
während er an seinem Tee nippte.
„Ich will dich jetzt
nicht alleine lassen!"
Ich schwieg. Ich war zwar froh, dass
er bei mir war, doch ich wollte nicht zwischen ihm und Louis stehen,
ein Klotz am Bein sein. Wir starrten beide weiterhin unsere Tassen
an. Ich fühlte mich immer noch leer und wie gerädert. Ich
stand schweigend auf und lief zurück ins Schlafzimmer, ohne
Harry weiter zu beachten und legte mich, nachdem ich die Tasse auf
den Nachtschrank gestellt hatte, wieder auf die Luftmatratze. Ich
beobachtete die Wand, während ich in meinen Erinnerungen an Liam
versank.
Ganz ehrlich… Ich stand unter der Dusche und ließ mir das warme Wasser über den Körper laufen. Wütend ballte ich die Faust zusammen. Warum war ich eigentlich wütend oder war dies nur eine Form der Enttäuschung, der Eifersucht? Natürlich verstand ich, dass Harry sich um Niall kümmern wollte, aber deswegen musste er mich doch nicht vernachlässigen! Sah er denn nicht, wie schlecht es mir ging? Wie am Ende ich war? Kraftlos und eine Leere in meinem Herzen. Es fühlte sich so an, als würde mir ein Teil herausgerissen. Erst der Tod von Liam und jetzt auch noch Harry, der sich ständig nur um Niall kümmerte… Zayn war ebenfalls abgehauen. Wollte das denn nie aufhören?
Zitternd sprang ich aus der Dusche. Das Wasser war mittlerweile kalt geworden. Während ich mir die Haare trocknete und meine Zähne putze, betrachtete ich mein Gesicht im Spiegel. Blass. Ich sah nicht viel besser aus als Niall es tat. Lediglich Harry hatte kaum Augenringe. Wie schaffte er es nur so stark zu bleiben?
„Louis?“, eine kraftlose Stimme ertönte hinter der Tür. „Kann ich auch mal ins Bad?“ Langsam wurde es mir echt zu bunt. Die Wut kochte wieder in mir hoch und ich riss die Tür auf. „Jetzt machst du dich schon bei uns breit und kannst nicht mal fünf Minuten warten bis ich fertig bin?! Ganz ehrlich mir geht das so auf die Nerven. Ständig sitzt du rum und heulst. Harry ist die ganze Zeit bei dir! Wie es mir geht, interessiert wohl keinen! Mir geht es auch nicht viel besser als dir, Niall!“, begann ich zu schreien. Es tat gut die ganze Wut, Enttäuschung und Eifersucht rauszulassen. „Denkst du mich nimmt das Ganze nicht mit? Liam war der Bruder für mich, den ich niemals gehabt hatte. Und bevor du fragst, mir geht es beschissen! Niall, Harry kümmert sich die ganze Zeit nur um dich und lässt mich links liegen, weil er denkt du bist zerbrechlicher als ich, aber in Wirklichkeit glaube ich, dass ich mindestens genauso zerbrechlich bin wie du! Nur, weil ich der Ältere von uns beiden bin, heißt, dass nicht, dass ich damit einfacher klar komme und ich brauch Harry auch, aber anscheinend scheint dieser das nicht zu verstehen… Du, ich verstehe, dass du jemanden brauchst, der dir hilft, aber Harry dir die ganze Zeit unter den Nagel zu reißen, finde ich einfach nur egoistisch.“, ich merkte gar nicht, wie ich anfing zu schreien. Mein Körper zitterte vor Wut und ich hatte Tränen in den Augen. Die ganzen Erinnerungen mit Liam schmerzten mir einfach zu sehr. Der kleine Ire sah mich mit großen Augen an, die sich langsam mit Tränen füllten und ich realisierte, was ich gerade gesagt hatte. Erschrocken schlug ich mir eine Hand auf den Mund. Ich hatte das zu meinem besten Freund gesagt, obwohl ich das gar nicht wollte.
Niall drängelte sich an mir vorbei und schloss die Badtür hinter sich. Was hatte ich da gerade getan? Wütend auf mich selbst, packte ich mir einen Hausschlüssel und verließ die Wohnung. Wie konnte ich nur so dumm sein und meinem besten Freund Dinge vorwerfen, für die er gar nichts konnte? In meinem Auto drehte ich erstmal voll die Musik auf und versuchte mich zu beruhigen. Sicher lenkte ich den Ford Puma durch den Stadtverkehr von London. An einem kleinen See weit außerhalb hielt ich an.
Da saß ich nun am Ufer und dachte nach. Wie konnte ich nur so dumm sein und Niall das alles an den Kopf werfen? Der blonde Ire konnte am wenigsten dafür… Meine Enttäuschung gegenüber Harry und die Trauer machten mich einfach unzumutbar. Vielleicht sollte ich mir einen Auszeit nehmen wie Zayn und ein paar Tage wegfliegen. Da die Pressekonferenz erst in zwei Wochen war… Heute wurde der Tod von Liam bekannt gegeben… Die Klatschmagazine würden sich das Maul darüber zerreißen, ob Liam Schuld war oder was er getan hatte. Niemand konnte sich diesen Unfall erklären. Man fand Liam in einem Gebüsch, aber sich erklären, wie er dahin kam, konnte sich niemand. Die Polizei vermutete, dass er getrunken hatte, aber wir kannten doch alle Liam. Mein bester Freund würde niemals betrunken Autofahren. Dazu war oder besser gesagt war er zu vernünftig gewesen…
Dring, dring. Mein Iphone klingelte nun zum tausendsten Mal und ich schaute drauf. Harry. Seit Stunden saß ich nun hier und dachte über die Zukunft, die Vergangenheit und jetzt nach. Wie soll es denn weiter gehen? Sollte ich ran gehen oder sollte ich nicht? Mein Finger bewegte sich Richtung Hörertaste, immerhin war Harry noch mein Freund, aber ich glaubte, dass er mir erstmal vorhalten würde, was ich falsch gemacht hatte, wie Liam es immer getan hatte. Liam… Schon wieder traten mir die Tränen in die Augen.
„Louis, was habe ich dir immer gesagt? Fallen darfst du, aber niemals aufgeben!“, hörte ich eine Stimme in meinem Unterbewusstsein sagen. Das war das, was Liam mir immer wieder gesagt hatte, als ich so eine Angst hatte, dass das Management das mit Harry nicht erlauben würde. Sie hatten es auch drei Mal zurückgewiesen und erst beim vierten Mal sahen sie ein, wie ernst es uns beiden war.
Sollte ich nach Hause und mich bei Niall entschuldigen oder sollte ich mich erstmal beruhigen? Ich wusste es ging weiter, doch die Frage war, wie. Hatte One Direction noch eine Zukunft oder würden wir uns alle voneinander verabschieden, weil Niall und ich nicht mit den Schmerzen klar kamen? Was war überhaupt mit Zayn? Dieser war einfach nach der Beerdigung abgehauen, ohne ein Wort. Auch auf meine Anrufe reagierte er nicht. Im Moment sah es weniger danach aus, als würden wir vier noch zusammen halten und uns wieder versöhnen. Liam war eben der Banddaddy, der versucht hatte jedem Streit aus dem Weg zu gehen und uns immer wieder dazu ermutigt hatte einander zu verzeihen. Doch was war jetzt? Was würde aus uns werden? Würde Harry diese Rolle übernehmen? Nein, er könnte Liam niemals ersetzen. Niemand konnte das!
Ich stand in der Küche und
hörte laute Stimmen im Flur, kurz darauf fiel die Haustür
ins Schloss und es war still. Draußen hörte man kurz
darauf das Aufheulen eines Motors und ein Quietschen von Autoreifen.
„Louis? Niall?“, rief ich, bekam aber keine Antwort.
Ich sah in jeden Raum und konnte keinen der Beiden finden. Blieb nur
noch das Badezimmer, aus dem ich leises Schniefen hören konnte,
als ich vor der Tür stand.
„Niall? Louis?“,
fragte ich und klopfte vorsichtig an. Es kratzte etwas im Schloss und
ein leises Knacken war zuhören. Langsam drückte ich die
Klinke herunter und die Tür schwang auf.
Vor der Tür saß
Niall, das Gesicht in den Händen vergrabend, der schmale Körper
wurde von seinen Weinkrämpfen geschüttelt und er bot
einfach nur einen erbärmlichen Anblick. Zumindest wusste ich
nun, dass es Louis war, der die Wohnung verlassen hatte.
Ich ging
vor Niall in die Knie und nahm ihn in den Arm. „Was ist denn
los, Kleiner?“, fragte ich leise und strich ihm durch die
Haare, tiefer über seinen Rücken und rieb dort kleine
Kreise.
„Ich…ich…ich gehe.“, stammelte
er und schob mich schon fast grob von sich, sodass ich nach hinten
kippte und ihn verwirrt ansah, als er auf einmal aufstand. „Vergiss
es!“, protestierte ich und rappelte mich ebenfalls auf. So
einfach kam er mir nicht davon.
„Was ist denn überhaupt
passiert?“, fragte ich und hielt den Blonden an den
Handgelenken fest, damit er mir nicht davon lief. Kurz versuchte er
sich aus meinem Griff zu befreien, aber dann wurde ihm wohl klar,
dass er keine Chance hatte und senkte den Blick.
„Hat es
etwas mit Louis zu tun?“, fragte ich und er nickte langsam. „Du
musst es mir sagen, Niall.“ Er schluckte und hob dann wieder
den Kopf, traurig sah er mich an. „Er hat das sicher nicht so
gemeint.“, wisperte er und schonwieder rollten einzelne Tränen
über sein Gesicht.
„Was hat er denn gesagt?“,
hackte ich nach und er wiederholte stockend die Worte meines
Freundes. Ich war echt sauer! Wie konnte Louis das nur tun? Niall
ging es schlecht genug und wenn ihm mein Verhalten nicht passte, dann
sollte er mir das gefälligst selbst sagen und nicht Niall dafür
verantwortlich machen!
„Leg dich ein bisschen hin, du
bleibst hier. Keine Wiederrede. Es gibt auch bald etwas zu essen.“,
meinte ich zu dem kleinen Blonden vor mir und wischte seine Tränen
weg, bevor ich einen kleinen Kuss auf seine Stirn hauchte und ihn ins
Schlafzimmer schob.
„Man Louis, geh an dein
beschissenes Handy, wofür hast du es denn sonst?! Ich will doch
nur mit dir reden. Bitte komm wieder nach Hause oder ruf mich zurück.
Ich…ich liebe dich.“, quasselte ich ihm schon zum
bestimmt dreißigsten Mal auf seine Mailbox, aber der werte Herr
dachte ja gar nicht daran, mal zurück zu rufen, geschweige denn
wieder in dieser Wohnung aufzutauchen.
Seufzend setzte ich mich
auf die Couch und fuhr mir mit der Hand über mein Gesicht. Das
ging alles so nicht weiter. Wir mussten uns alle zusammen etwas
überlegen, was wir tun sollten, damit wir nicht mehr so sehr
trauerten.
Natürlich war es wichtig und auch richtig um Liam
zu trauern, aber dies sollte nicht unser zukünftiges Leben
bestimmen. Ich fragte mich außerdem, was aus der Band werden
sollte. Ohne Liam fehlte jemand, nicht nur jemand, der seine Parts
sang, sondern allein schon Liam als Person.
Als One Direction
weiter zu machen, kam für mich nicht in Frage. Vielleicht
konnten wir aber weiterhin Musik machen, unter einem anderen Namen.
Aber das war etwas, was noch in weiter Ferne lag und erst einmal
nicht das Wichtigste war.
Ich schaltete den Fernseher ein und
zappte durch die verschiedenen Kanäle, bis ich etwas fand, was
meine Aufmerksamkeit auf mich zog. Ein Promimagazin, das gerade ein
Bild von Liam zeigte, auf dem er fröhlich in die Kamera
lächelte.
„Liam Payne, Mitglied der zurzeit
angesagtesten Boyband One Direction, ist in den vergangenen Tagen
tödlich verunglückt. Dies ließ der Manager der Band
heute verkünden. Genaue Umstände sind uns nicht bekannt,
ebenso wenig gibt es Statements von den übrigen Bandmitgliedern.
Eine Pressekonferenz ist in zwei Wochen geplant. Die Fans der Band
trauern über den Verlust ihres Superstars und sprengen damit
sämtliche soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder den
Bloggerdienst Tumblr.“
Ich schaltete weg, wollte nichts
darüber hören und auch keine Bilder von Liam sehen. Ich
fing an zu weinen und auf einmal hatte ich eine Hand auf der
Schulter. Als ich aufsah, sah ich Niall dort stehen. Kommentarlos
setzte er sich neben mich und schlang seine Arme um mich. Er weinte
ebenfalls, also saßen wir beide einfach nur da und ließen
den Tränen freien Lauf.
Irgendwann hörte ich ein
Kratzen im Türschloss und sah auf, als jemand das Wohnzimmer
betrat. „Louis!“, rief ich, machte mich sanft von Niall
los und umarmte meinen Freund. „Ich hab mir Sorgen um dich
gemacht, wo warst du?“, fragte ich, aber er schüttelte nur
den Kopf.
„Niall?“, der Blonde sah auf. „Es tut
mir leid. Ich hatte das heute nicht zu dir sagen dürfen, denn es
stimmt nicht. Ich glaube, ich sollte mir eine Auszeit nehmen. In ein
paar Tagen komm ich wieder.“
Bevor ich eigentlich bemerkt
hatte, was Louis gesagt hatte, war er schon im Schlafzimmer
verschwunden und ich rannte ihm nach.
„Du kannst doch jetzt
nicht gehen!“, rief ich, als ich sah, wie er ein paar Sachen in
eine Tasche warf. „Du musst dich um Niall kümmern und ich
brauche Zeit für mich.“, erklärte er und sah mich an.
„Ich muss nachdenken.“
„Aber ich brauche dich
genauso!“ Verzweifelt zog Louis mich in eine Umarmung und
strich mir über den Rücken. „Du kannst mich anrufen,
wenn du willst. Auch wenn ich am liebsten die nächsten Tage mit
niemandem sprechen will.“, murmelte er in mein Ohr und schob
mich von sich, drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen und
verließ das Schlafzimmer. Wehmütig sah ich ihm hinterher.
Ich sah Louis hinterher, wie er mit
gepackter Tasche die Wohnung verließ, ohne mich noch eines
weiteren Blickes zu würdigen. Harry kam aus dem Schlafzimmer
und sah verzweifelt zur Türe. Ich stand schweigend da und
versuchte zu verstehen, was gerade passiert war.
„Er ist
weg...", murmelte ich und leichte Panik machte sich in mir
breit. Erst Liam, dann Zayn und jetzt auch Louis. Louis hatte zwar
gemeint, dass er wiederkommen würde, aber wer garantierte mir
das? Vielleicht würde er ja nicht wieder kommen und ich war
daran schuld? Ich war froh, dass Harry sich um mich kümmerte,
doch ich wollte nicht zwischen ihnen stehen.
„Ja...",
hörte ich Harry traurig sagen und sah eine einzelne Träne
in seinem Gesicht. Ich schluckte schwer.
„Er... er ist
weg... und ich... ich bin schuld!", wimmerte ich und sank an der
Wand zu Boden. Dass einer meiner besten Freunde wegen mir wegging,
hatte ich nicht erwartet. Schuldgefühle überhäuften
mich und ich brach wieder in Tränen aus.
„Nein Niall,
das liegt nicht an dir, er braucht nur Zeit!", versuchte Harry
mich zu beruhigen und kniete sich neben mich. Beruhigend strich er
mir über den Rücken und umarmte mich. Eine Weile saßen
wir schweigend so da, bis ich ihn irgendwann zur Seite schob und
aufstand. Verwundert folgte er mir in die Küche, sagte jedoch
nichts.
Ich machte den Wasserkocher an und holte zwei Tassen aus
dem Schrank. Es fühlte sich so unwirklich an, als würde
mein Körper einfach Handeln und mein Geist nicht wirklich
anwesend sein. Ich wartete, bis das Wasser warm war, währenddessen
starrte ich einfach nur die Wand an und ignorierte Harry, der immer
noch hinter mir stand und mich zu beobachten schien.
Ich holte
zwei Teebeutel und goss das heiße Wasser in die Tassen, danach
trug ich beide ins Wohnzimmer und setzte mich vor den Fernseher.
Harry setzte sich daneben und ich drückte ihm eine der Tassen in
die Hand.
„Es tut mir leid!", nuschelte ich und nippte
an dem Tee. Ich verzog nicht mal das Gesicht, als das heiße
Getränk mir meine Zunge verbrannte. Es war ein angenehmer
Schmerz. Er fühlte sich besser an als der, der viel tiefer
saß.
„Niall, dir muss das nicht leid tun!", hielt
Harry dagegen und setzte die Tasse ab. Er setzte sich schräg
hin, damit er mich besser ansehen konnte und zog meinen Kopf sanft in
seine Richtung, sodass ich ihm in sein Gesicht sehen musste.
„Niemand
macht dir Vorwürfe! Louis ist einfach nur nervlich am Ende, so
wie wir alle. Ich hab falsch reagiert und ihn nicht ernst genommen.
Wenn jemand Schuld hat, dann ich!", redete er weiter auf mich
ein und ich nickte nur, bevor ich auf den ausgeschalteten Fernseher
starrte.
„Wollen wir uns einen Film anschauen, um mal auf
andere Gedanken zu kommen?", fragte Harry vorsichtig nach und
nickte nur wieder stumm. Er zog irgendeine DVD aus dem Regal und
legte sie in den Player. Danach setzte er sich wieder neben mich und
schaltete den Fernseher an.
Er hatte ‚Ich einfach
unverbesserlich‘ rein gemacht. Ich saß stocksteif da,
trank meinen Tee und verfolgte nur halb den Film. Harry bemerkte das
und stupste mich an.
„Niall, du kannst es dir ruhig bequem
machen.", sagte er mit sanfter Stimme und lächelte mich
traurig an. Sein Anblick zerbrach mir fast das Herz. Ich wusste, dass
er gedanklich genauso nicht anwesend war und an Louis dachte. Ich
schüttelte den Kopf.
„Schon okay.", erwiderte ich
und biss mir leicht auf die Lippen, um eine erneute Heulattacke zu
unterdrücken.
„Na los, komm schon her.", murmelte
er und streckte einen Arm aus, um mir anzudeuten, dass ich mich an
ihn kuscheln sollte. Ich schüttelte wieder den Kopf und Harry
richtete sich auf. Er entzog meinen verkrampften Fingern vorsichtig
die Tasse und stellte sie auf den Tisch. Danach machte er es sich
wieder bequem und zog mich an ihn heran.
Vorsichtig legte er
einen Arm um mich und die Decke über uns drüber. Ich fühlte
mich schlecht, weil eigentlich Louis statt meiner hier liegen sollte.
Ich vergrub den Kopf auf Harrys Schulter und ließ stumm ein
paar vereinzelte Tränen zu, die ich nicht mehr zurück
halten konnte. Ich starrte auf den Fernseher, ohne wirklich zu
registrieren, was dort geschah. Harry hatte seinen Arm um mich gelegt
und hielt sich verkrampft in meinem T-Shirt fest.
Es war eine
komische Situation, für uns beide. Er dachte wahrscheinlich an
Louis und meine Gedanken schweiften wieder zu Liam ab. Wie er immer
darauf bestanden hatte ‚Toy Story‘ zu gucken, oder wie er
uns immer alle zusammen gescheucht hatte, damit wir uns aussprachen,
wenn es mal wieder Streit gab.
Mit einem Tränenschleier vor
den Augen und den Gedanken an Liam, verfiel ich irgendwann in einen
unruhigen Schlaf.
„Hey Schlafmütze!
Aufstehen."
Ich blinzelte mehrmals, bevor ich richtig sehen
konnte und entdeckte Harry der vor mir stand, Augenringe und
verstrubbelte Frisur. Er sah schlimm aus und hatte wieder geweint.
Ich sah mich kurz um und erkannte, dass ich im Bett von Louis und ihm
lag. Verwundert sah ich zu Harry.
„Ich hab dich gestern hier
her getragen, weil du mir sonst von der Couch gerutscht wärst."
Mit einem müden Lächeln verschwand er aus der Tür und
ließ mich zurück. Ich versuchte die herannahenden
Erinnerungen an den Vorabend zu verdrängen und ging unter die
Dusche.
Nachdem ich fertig war, lief ich in die Küche, um
mir einen Tee zu machen. Dort stand bereits Essen und Teller auf dem
Tisch.
„Ich hab keinen Hunger.", murmelte ich und
setzte mich auf einen Platz. Ich starrte einfach nur auf den Teller
und wartete ab.
„Niall, du musst was essen. Bitte!",
flehte Harry und sah mich verzweifelt an. Ich seufzte leise auf und
nahm mir eine Semmel. Lustlos zerpflückte ich sie und steckte
mir ab und zu ein Stück in den Mund. Mir war eh schon schlecht
und durch das Essen hatte ich das Gefühl, dass es sich noch
verschlimmerte.
„Wir sollten mal raus gehen.", meinte
Harry nach einer Weile und ich richtete den Blick auf ihn. Ich sah
ihn anscheinend so verständnislos an, dass er
aufseufzte.
„Niall, wir müssen auch mal wieder nach
draußen gehen. Es reicht ja, wenn wir eine Runde im Park
laufen. Da ist so gut wie nie jemand.", versuchte er mich dafür
zu begeistert. Ich nickte nur monoton, wollte ihm einen Gefallen tun,
obwohl ich nicht wirklich in der Lage war, draußen herum zu
laufen.
Aber ich wollte Harry nicht zur Last fallen. Das hatte er
nicht verdient, wo er sich doch so um mich kümmerte. Da würde
ich einmal durch den Park laufen schon irgendwie überleben.
Vielleicht schaffte ich es ja wenigstens für einen Moment nicht
an Liam zu denken...
Verzweifelt saß ich im Auto…
War es wirklich die richtige Entscheidung mir ein paar Tage Zeit zu
nehmen und nach Hause zu fahren? War es richtig gewesen Harry alleine
zu lassen? Immerhin hat Zayn uns auch schon alleine gelassen…
Louis!
Hör auf dir so viele Gedanken zu machen! Du brauchst ein paar
Tage Zeit und musst auf andere Gedanken kommen. Da ist ein Ausflug
nach Hause bestimmt richtig.
Die Zwillinge und die anderen Beiden
würden mich schon auf andere Gedanken bringen. Außerdem
konnte ich mir in Ruhe Gedanken über das machen, wie es weiter
gehen sollte und wie ich die Pressekonferenz überleben
sollte.
Liam… Ohne Liam war One Direction eben nicht mehr
One Direction! Ich konnte nicht mit dem Gedanken leben einfach so
weiter zu machen. Eines stand fest! Es musste sich was ändern!
Liam war immer einer gewesen zu dem ich immer hingehen konnte. Er
hörte mir bedingungslos zu und wen hatte ich jetzt?
Niemanden!
Harry hatte mich nicht ernst genommen! Er hatte sich
die ganze Zeit um Niall gekümmert… Niall war nervlich am
Ende, aber mir ging es nicht besser! Tränen rollten mir bei den
Gedanken an Harry über die Wange.
Meinen Wagen fuhr ich an
den Fahrbahnrand und legte meinen Kopf zurück. Ruhig Louis! Noch
eine halbe Stunde Fahrt, dann hast du es geschafft… Ich
wischte meine Tränen weg und schaute, bevor ich weiter fuhr,
noch auf mein Handy. Eine Nachricht von Harry:
Hey Schatz,
Schreib mir, wenn
du zu Hause angekommen bist. Das Wetter ist mir nicht ganz so geheuer
und ich mache mir Sorgen um dich!
Ich liebe Dich,
Harry
Sorgen… Ja ne, war klar.
Wahrscheinlich saß er mit Niall auf dem Sofa und schaute einen
Film… Das Wetter war wirklich nicht das Beste. Es war
mittlerweile dunkel und es regnete, was meine Sicht nicht gerade
besser machte.
Sollte ich Zuhause anrufen oder einfach
hereinschneien? Immerhin konnte ich mich noch entscheiden, ob ich zu
meinem Dad oder zu meiner Mum wollte. Nach kurzem Überlegen
entschied ich mich dann zu meiner Mum zu fahren, meinen Dad konnte
ich ja zwischendurch immer noch besuchen. Außerdem war bei Mum
mehr los mit den ganzen Kindern. Ich liebte meine Halbschwestern
einfach!
Schnell startete ich den Motor und fuhr vorsichtig
weiter. Gegen halb Zwölf nachts kam ich dann endlich zu Hause
an. Im Auto schrieb ich noch schnell Harry, dass ich jetzt Zuhause
war und er sich keine Sorgen machen brauchte.
Nachdem ich meine
Tasche genommen hatte, schloss ich leise die Tür auf, weil es ja
unter der Woche war und ich meine Schwestern nicht wecken wollte. Im
Wohnzimmer hörte ich noch den Fernseher laufen, deswegen machte
ich vorsichtig die Glastür auf, welche den Flur und das
Wohnzimmer trennte.
„Mark bist du das?“, fragte die
verschlafene Stimme meiner Mutter, als ich die Tür öffnete.
„Nein Mum, ich bin‘s!“, sagte ich und machte einen
Schritt ins Zimmer. „Oh Lou!“ Meine Mum sprang auf und
umarmte mich.
„Ich hab dich so vermisst!“, flüsterte
sie und ich drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich
dich auch!“, flüsterte ich und drückte sie noch mal
fest. „Das mit Liam tut mir so leid, Schatz!“, sagte sie
und schaute mich an, doch ich winkte ab. Jetzt wollte ich nicht über
Liam reden. Vielleicht morgen, aber nicht jetzt.
„Kann ich
kurz zu Lottie, Fizzy, Phoebe und Daisy?“, fragte ich, weil ich
nicht wusste, ob es ihr recht war, wenn ich sie jetzt noch weckte.
Sie nickte und kam mit mir nach oben. „Geh schlafen! Du siehst
total müde aus! Ich mach das morgen mit den Mädels, dann
musst du nicht aufstehen.“, erklärte ich ihr und duldete
keine Widerrede.
Mum sah so übermüdet aus und ich
wollte, dass sie wenigstens ein bisschen Zeit zum Schlafen hatte.
Wenigstens solange ich da war.
„Lottie, bist du wach?“,
flüsterte ich, als ich mich an der Ältesten von den Vieren
ans Bett setzte. Lottie und Fizzy teilten sich ein Zimmer und die
Zwillinge ebenfalls. Vorsichtig machte ich leise die Nachttischlampe
an und schaute auf die beiden schlafenden Mädchen. Sanft
rüttelte ich an ihren Armen und die Beiden öffneten die
Augen.
„Lou!“, rief Lotti und sprang mir in den Arm.
Auch Fizzy realisierte, dass ich da war und kam ebenfalls. „Wir
haben dich so vermisst!“, sagte die Jüngere von Beiden und
sie umarmten mich noch mal fest. „Ich bleibe für ein paar
Tage und dann können wir ganz viel machen, aber jetzt geht bitte
wieder schlafen! Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich wieder da
bin.“, flüsterte ich und drückte ihnen einen Kuss auf
die Stirn. Als sie wieder im Bett lagen, löschte ich das Licht
und schloss leise die Tür.
Die Tür gegenüber gehörte
Phoebe und Daisy. Auch die beiden lagen schlafend in ihren Betten,
doch Daisy schlug die Augen auf und machte das Licht an, als ich an
ihr Bett trat. „Louis!“, schrie sie begeistert auf und
rannte auf mich zu.
Oh ich liebte meine Familie einfach und ich
fühlte mich in diesen Momenten mehr als wohl. „Kommst du
mit rüber?“, fragte ich sie und sie nickte. Phoebe wollte
ich schlafen lassen, weil sie morgens immer so genervt war, wenn man
sie nachts weckte. Daisy würde in einer halben Stunde eh in mein
Bett kriechen, weswegen ich sie gleich mit rüber nahm.
Nachdem
ich im Bad war, legte ich mich zu meiner kleinen Schwester und nahm
sie in den Arm. „Lou, wie lange bleibst du?“, fragte sie
und ich antwortete ihr: „Ich weiß es nicht, aber ein paar
Tage auf jeden Fall! Und jetzt schlaf am besten, dass du morgen fit
für die Schule bist!“ Sie kuschelte sich in meinen Arm und
ein paar Minuten später war sie eingeschlafen.
Der Mond
schien durchs Fenster in den Raum und ich schaute an die Decke. Es
war verdammt noch mal die richtige Entscheidung hierher zu kommen,
egal wie schwer es mir fiel Harry und Niall alleine zu lassen. Hier
fühlte ich mich wohl und geborgen. Außerdem konnte ich
meine Mutter ein bisschen entlasten.
Die vier Mädels waren
manchmal alles andere als einfach. Mark, mein Stiefvater, arbeitete
den ganzen Tag und somit war Mum mehr oder weniger auf sich allein
gestellt. Man sah ihr an, dass es sie extrem anstrengte. Die
Augenringe, die ich vorhin bemerkt hatte, sagten Vieles über den
stressigen Alltag aus und wie sie immer versuchte es allen recht zu
machen.
Deswegen liebte ich sie auch! Meine Familie unterstützte
mich immer bei allem und jetzt konnte auch mal ihnen unter die Arme
greifen. Egal wie. Damit schloss ich die Augen und schlief ein.
Es war komisch ohne Louis, Zayn und Liam. Nicht, dass ich Nialls Gesellschaft nicht gut fand, aber die anderen fehlten mir sehr. Genau wie sie auch Niall fehlten, der sich noch immer die Schuld an Louis Weggang gab.
Niall war sehr apathisch gewesen,
als wir durch den Park spaziert waren. Wenn ich etwas sagte, dann
antwortete er gar nicht oder nur sehr einsilbig. Ich musste mir etwas
einfallen lassen, um ihn aus seiner Starre heraus zu locken, aber
auch als wir wieder Zuhause waren, fiel mir nichts ein, was ich hätte
tun können.
Wenn ich ihm Essen anbot, nahm er es nur, wenn
ich ihn drängte, an Duschen und Zähne Putzen musste ich ihn
ebenfalls erinnern. Allerdings hatte ich dadurch weniger Zeit um an
Liam zu denken oder daran, dass Louis irgendwo saß, enttäuscht
war und nicht mehr mit mir reden wollte.
Trotzdem tat es mir weh
den kleinen Nialler so zu sehen. Wobei er das nicht einmal mehr war.
Er verhielt sich nicht einmal ansatzweise so, wie man es von ihm
gewohnt war. Ein Teil von ihm war mit Liam verschwunden und ich
fragte mich, ob ich diesen Teil jemals wieder sehen würde.
Zwei Tage nach Louis Verschwinden
saßen Niall und ich auf der Couch und starrten ins Leere. Der
Ire hatte ein Kissen auf dem Schoß, um das er seine Arme
geschlungen hatte. Nachdenklich sah ich ihn an.
„Niall, das
geht so nicht. Wir können nicht den ganzen Tag um Liam trauern
und unser altes Leben so sehr vernachlässigen. Das würde er
nicht wollen.“, sagte ich leise und sein Kopf drehte sich
ruckartig, blaue, matte Augen sahen mich an.
„Aber wir
können ihn doch nicht einfach vergessen.“ Nialls Stimme
war schwach und klang zerbrechlich, schon fast krank. „Das will
ich doch nicht und das sollten wir auch nicht. Aber wir sollten uns
auch nicht so gehen lassen.“
Langsam nickte er und blinzelte
mich an. „Aber ich weiß nicht, was ich tun soll. Egal was
ich mache, es erinnert mich an Liam und ich kann dann nur weinen und
weiter um ihn trauern.“, schniefte er und wischte sich über
die Augen.
Ich nahm ihn in den Arm und streichelte seinen Rücken.
„Sag mir, was du jetzt gern machen würdest.“,
forderte ich den Blonden auf und spürte, wie er mit den
Schultern zuckte.
„Komm schon, es muss doch etwas geben.“,
versuchte ich es weiter. „Vielleicht…“, fing Niall
an und brach wieder ab. „Sag schon.“ „Ich dachte,
dass wir vielleicht Fifa spielen könnten, aber ich finde es
nicht richtig, wenn wir Spaß haben, wenn…“
„Er
würde es wollen, das weißt du genau.“, unterbrach
ich ihn und schob ihn von mir, die Hände an seinen Schultern.
„Na schön.“, stimmte Niall zu und sah mich noch
immer traurig an.
ich stand auf und schaltete die Konsole an,
holte die Kontroller und setzte mich dann wieder zu Niall. Zögerlich
nahm der den Kontroller entgegen, als ich das Spiel startete.
Wir
waren nicht mit einer so großen Begeisterung dabei wie sonst,
aber das Spiel lenkte ab und Niall lächelte sogar, als er eine
Runde gewann. Das war eigentlich alles, was ich wollte. Dass Niall
für einen Moment nicht an Liam dachte und ein bisschen Spaß
hatte.
Wir spielten zwei Stunden, bis uns langweilig wurde und wir
alles wieder ausmachten. Wieder herrschte eine Stille, die mir nicht
gefiel und ich sah zu Niall. Er drehte die Fernbedienung in seinen
Händen und starrte darauf.
„Es ist seltsam.
Irgendwie…das tat gut…aber das will ich nicht. Wir
können doch nicht einfach so normale Dinge tun und uns freuen,
wenn er weg ist.“, murmelte er und ich legte ihm eine Hand auf
die Schulter, erschrocken zuckte der Blonde zusammen.
„Hey,
ich hab dir doch gesagt, dass das so nicht geht und das Liam wollen
würde, dass wir nicht so tief in unserer Trauer versinken. Du
musst ja nicht glücklich durch die Gegend springen, das erwartet
niemand.“, meinte ich und er nickte langsam.
„Aber es
ist so schwer.“ Ich seufzte und nahm ihm die Fernbedienung aus
der Hand. „Ich weiß. Aber wir schaffen das.“,
versprach ich und schaltete den Fernseher an. Allerdings kam nichts,
was wir gucken wollten und es war auch Zeit für ein Abendessen,
deswegen nahm ich Niall mit in die Küche und wir machten uns
Nudeln mit Soße.
„Ich hoffe, Louis kommt bald wieder.
Es tut mir leid.“, murmelte Niall und sah zu Boden. „Das
ist nicht deine, sondern meine Schuld. Er braucht seine Zeit und wenn
diese vorbei ist, dann kommt er bestimmt wieder.“, antwortete
ich und rührte in der Soße.
„Mich interessiert
wirklich, wo Zayn ist. Und warum er einfach so abgehauen ist und sich
nicht meldet.“, fügte ich noch hinzu und sah aus dem
Augenwinkel, wie der Ire nickte.
„Hoffentlich kommt er zur
Pressekonferenz. Aber davor hab ich Angst, also vor der Presse.“
„Wir schaffen das.“ Ich schlang meine Arme um Niall und
legte mein Kinn auf seinen Kopf, er vergrub das Gesicht an meiner
Brust.
Das Zischen des überkochenden Nudelwassers ließ
mich die Umarmung lösen. Schnell nahm ich mir einen Topflappen
und nahm den Topf vom Herd herunter. Ich goss den Inhalt durch ein
Sieb und stellte die Flamme unter der Soße ab.
Schweigend
aßen Niall und ich unser Abendessen. Der Tag kam mir vor wie
ein kleiner Fortschritt und ich war fest entschlossen, dass es noch
mehr solcher Fortschritte geben sollte.
Niall war schon ins Bett gegangen
und als ich schließlich nach einer Dusche ins Schlafzimmer kam,
lag er auf der Gästematratze. Seufzend hob ich ihn hoch und
legte ihn in Louis und mein Bett. Erstens war das bequemer und keiner
musste sich alleine fühlen.
Ich vermisste Louis sehr. Ohne
ihn war es irgendwie komisch. Außerdem hatte ich das Gefühl,
dass nichts mehr so sein würde wie zuvor, wenn Louis wieder kam
und auch wenn Zayn wieder auftauchte. Irgendwas würde passieren,
das wusste ich und das machte mir Angst.
Besorgt legte ich meine
Arme um Niall und vergrub mein Gesicht in seinen Haaren, versteckte
es vor dem Rest der Welt, der offenbar wollte, dass wir alle litten.
Als ob es nicht reichte, wenn wir ein Mitglied, einen Bruder, Freund
und Geliebten verloren. Nein, Louis und Zayn mussten auch noch
verschwinden und Niall und mich allein lassen.
Ich konnte mich
nicht zwischen Wut, Trauer und Verzweiflung entscheiden und
verdrängte alle Gedanken, indem ich anfing in meinen Gedanken zu
zählen. Ich wusste, dass das half um irgendwann einzuschlafen.
Als ich am nächsten Tag
aufwachte, fühlte sich meine Luftmatratze komischerweise weicher
als sonst an und irgendwas Schweres hing über meiner Brust. Ich
blinzelte mehrmals und sah mich dann in dem halbdunklen Raum um. Erst
da merkte ich, dass ich nicht auf dem Boden, sondern in Louis und
Harrys Bett lag. Harry war direkt neben mir und hatte seinen Arm um
mich geschlungen.
Etwas verwirrt und so leise und vorsichtig wie
möglich, wollte ich seinen Arm von mir runternehmen, um ins Bad
gehen zu können, doch Harry zog mich noch dichter an sich heran
und nuschelte irgendwas Unverständliches. Ich fühlte mich
komisch an seiner Seite und versuchte mich aus seiner Umklammerung zu
befreien, doch er hielt mich dadurch nur fester an sich gepresst und
ich drohte schon, erdrückt zu werden.
„Harry!",
flüsterte ich und stupste ihn an, doch er schlief seelenruhig
weiter, während er mich an sich presste, wie ein Teddy. Teddy...
das ließ mich wieder an Liam denken. Ich spürte, wie die
Tränen wieder hoch kamen, doch ich schüttelte den Kopf.
Nein! Ich hatte gerade ein anderes Problem.
„Harry!",
sagte ich diesmal lauter und drückte meine Hände gegen
Harrys Brust, doch sein Klammergriff schien aus Stahl zu
sein.
„HARRY!"
Diesmal schrie ich ihn fast an und
endlich ließ er mich los. Ich fiel fast aus dem Bett raus, da
ich mich so gegen ihn gestemmt hatte. Verwirrt schlug Harry die Augen
auf und sah zu mir rüber.
„Was n' los?", nuschelte
er und setzte sich auf. Ich sah ihn bloß wütend an und
stand auf, um ins Bad zu gehen.
„Niall? Niall, warte!",
rief Harry mir hinterher, doch da war ich bereits im Bad und hatte
die Tür hinter mir geschlossen. Ich drehte den Schlüssel um
und rutschte an der Tür zu Boden. Tränen liefen über
meine Wange und ich vergrub meinen Kopf in meinen Händen. Warum
erinnerte mich alles nur an Liam? Warum machte es mich sogar fertig,
wenn Harry mich im Schlaf umarmte? Meine Gedanken schweiften wieder
ab zu Louis, der mich wahrscheinlich dafür hassen würde.
Wie war ich überhaupt in das Bett gelangt?
„Niall! Tut
mir leid. Ich hab das nicht bemerkt im Schlaf. Bitte, komm wieder
raus", hörte ich auf einmal Harrys Stimme hinter der Tür
und ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Ich holte einmal
tief Luft und stand dann auf. Ich sah in den Spiegel, der gegenüber
an der Wand hing. Ich sah schlimm aus. Meine Haare hingen mir wirr
auf dem Kopf. Meine Augen hatten jeglichen Glanz verloren und waren
rot vom vielen weinen. Augenringe waren darunter und ich sah mager
aus.
Das hätte Liam niemals gewollt, dass ich mich so gehen
ließ, dachte ich mir und ballte die Hand zur Faust. Aber warum
sollte ich auf mich achten, wenn er nicht mehr hier war? Wieso sollte
ich glücklich sein und er nicht? hielt eine innere Stimme
dagegen. In mir drinnen herrschte ein Zwiespalt, denn ich nicht
loswurde.
Ich fasste einen Entschluss. Das ganze sollte ein Ende
haben und ich wollte nicht, dass wegen mir der Rest der Band sich
auseinander lebte, weil ich mit dem ganzen nicht klar kam. Ein altes
Sprichwort kam mir in Sinn: Zeit heilt keine Wunden, man gewöhnt
sich nur an den Schmerz. Vielleicht würde ich es auch irgendwann
schaffen.
Ich trat aus dem Bad und lief an Harry vorbei. Ich
beachtete ihn nicht und nahm mir frische Klamotten aus dem Schrank.
Danach verschwand ich wieder im Bad und machte mich fertig.
Ich
duschte lange und ausgiebig und richtete meine Haare so, dass
wenigstens diese nicht mehr so zerzaust wirkten. Als ich aus dem Bad
trat, war Harry in der Küche und bereitete Frühstück
für uns vor. Louis war anscheinend immer noch nicht zurück
und eine weitere Nachricht von ihm, hatte Harry auch nicht erhalten.
Als er mich sah, setzte er an, etwas zu sagen, doch ich unterbrach
ihn.
„Schon okay Harry. Du kannst nichts dafür..."
„Niall
es tut mir wirklich leid!"
„Harry es ist okay!"
Er
nickte und wir setzten uns, um etwas zu essen. Wir schweigen, bis ich
irgendwann das Wort wieder ergriff.
„Ich will zu
ihm..."
Harry sah verwirrt und gleichzeitig besorgt auf.
„Was..."
„Ich will zu seinem Grab…"
Harry
sah mich verständnislos an und legte das Messer zur Seite, dass
er bis eben noch in der Hand hatte.
„Niall, ich weiß
nicht, ob das so eine gute Idee ist!"
Ich schüttelte den
Kopf.
„Ich muss einfach hin. Bitte!" Ich sah flehend in
seine grünen Augen und er nickte stumm.
„Wenn du es
willst...“
„Danke Harry." Danach schwiegen wir
wieder.
Nach dem Essen räumte ich den Rest weg und suchte
nach meiner Jacke.
„Du willst das wirklich, Niall?",
fragte Harry nochmal nach und ich nickte nur. Er nahm die Schlüssel
und zusammen gingen wir runter zum Auto. Die Fahrt verlief schweigend
und ich starrte die ganze Zeit aus dem Fenster. Mein Kopf war leer
und ich beobachtete die Landschaft, die an uns vorbei zog.
Erst
als wir da waren, löste ich mich aus meiner Starre und stieg aus
dem Auto aus. Vor mir war der Friedhof. Der Anblick schockierte mich
nicht sehr, doch als wir uns auf den Weg in Richtung Liams Grab
machten, fühlte ich mich immer komischer, als wenn jemand kleine
Nadeln in meinen Körper rammte.
Als wir dann endlich vor
seinem Grab standen, stand ich reglos da und starrte auf das Grab.
Ohne es zu merken, krallte ich mich an Harrys Arm fest, während
ich die schwarzen Buchstaben auf dem Grab ansah. Nur langsam verstand
ich, was dort stand:
Liam James Payne
*29.08.1993
+ 23.05.2013
Was man tief in seinem Herzen besitzt, kann man durch den Tod nicht verlieren. In Gedanken an unseren Sohn, Bruder, Enkel, Freund und Banddaddy
Ohne Vorwarnung sank ich auf die
Knie und brach wieder in Tränen aus. Das war einfach zu viel.
Wieso war er einfach gegangen? Warum hatte er mich zurück
gelassen? Ich konnte ihm nicht mal sagen, wie ich fühlte.
Ich
spürte wie jemand seine Arme um mich schlang. Es beruhigte mich,
Harry neben mir zu haben. Wie gebannt starrte ich durch meinen
Tränenschleier auf das Grab, während meine Gedanken weiter
rotierten.
„Daisy, was willst du auf dein
Brötchen?“, fragte ich das Mädchen, welches die ganze
Nacht bei mir geschlafen hatte. Mum hatte ich schlafen lassen und
machte die Mädchen jetzt fertig.
„Marmelade!“,
rief sie und machte sich dann auf den Weg nach oben. Klamotten hatte
ich mit den beiden Zwillingen schon zusammen rausgesucht und heute
Mittag würde ich mit ihnen shoppen gehen. Also mit allen Vieren.
Das konnte ja was werden. Fizzy ließ sich von Lottie helfen und
dann drängten sie sich alle ins Bad.
Ich fragte mich echt wie
sie das schafften alle ins Bad zu passen. Ich hatte Mum angeboten das
Haus umzubauen, dass sie mehr Platz hatten oder ihr ein Neues zu
kaufen, aber sie wollte nie.
„Hier sind eure Brote!“,
ich hielt allen vieren ihre Boxen hin. Gott sei Dank hatte Mum sie
beschriftet und ich hoffte, dass ich mir alles merken konnte. „Lou?“,
fragte mich Phoebe, die heute Morgen ganz begeistert in meine Arme
gestürmt kam. „Bringst du uns zur Schule?“ Lächelnd
schaute ich sie an und strich ihr über die Haare.
„Klar
doch!“ Schnell schnappte ich mir eine dünne Jacke und
begleitete die Mädchen nach draußen Wir wohnten nie weit
von der Schule weg. Lotti und Fizzy mussten aber mit der Straßenbahn
fahren. Da die Station direkt auf dem Weg zur Schule der beiden
Jüngsten lag, brachten wir sie noch dort hin.
„Passt
auf euch auf okay!“, verabschiedete ich mich von den Kleinsten
vor der Schule. „Ich koche euch heute Mittag was Schönes
und dann gehen wir shoppen okay?“, fragte ich und die Beiden
nickten.
Zum Abschied drückte ich beiden einen Kuss auf die
Haare und sie rannten in die Schule. Phoebe drehte sich auf dem
halben Weg noch mal und rannte zurück. Heute Morgen hatte ich
ihr zwei Zöpfe geflochten und davon ist einer wohl aufgegangen.
„Lou? Kannst du den noch mal
machen?“, fragte sie und ich
kniete mich neben sie nieder und grinste. „Klar!“
Keine zwei Minuten später hatte ich ihre langen Haare zu einem
Zopf geflochten und sie strahlte fröhlich. „Ich bin sooo
froh, dass du wieder da bist!“, flüsterte sie in mein Ohr
und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Dann rannte sie zu
ihren Freundinnen.
So was brauchte ich denn alles für
heute Mittag? Mit dem Einkaufswagen stand ich im Supermarkt und
überlegte. Pasta. Ich wollte die Nudeln selbst machen. Erstens
weil ich mich ablenken musste und zweitens weil ich eh Zeit hatte.
Die Mädels werden alle erst kurz nach eins von der Schule kommen
und wir hatten mit Mühe und Not gerade mal acht Uhr. Nachdem ich
für meinen Einkauf ungefähr eine Stunde gebraucht hatte bis
ich alles hatte und durch die Straßen mit den vollen
Einkaufstüten schlenderte.
„Lou, bist du das?“,
fragte plötzlich eine Stimme von der anderen Straßenseite.
Da stand sie. Hannah Walker, meine allererste Freundin. Seit Jahren
hatte ich sie nicht mehr gesehen, was vielleicht auch daran lag, dass
ich mit Eleanor zusammen war und jetzt mit Harry zusammen bin. Harry…
Alles durchzuckte mich und ich setzte mein geübtes Fakelächeln
auf.
„Das tut mir so Leid mit Liam…“, sagte
sie, als sie vor mir stand und mich umarmte. „Nein, ist in
Ordnung. Ich will nicht drüber reden“, winkte ich ab und
fragte sie, wie es ihr so ginge. „Ach ganz gut. Es ist ja ewig
her, dass wir uns nicht mehr gesehen haben!“, meinte sie und
ich nickte. Fast drei Jahre war es jetzt her. Wusste sie von meinen
Beziehungen? „Wie geht es denn dir und Harry?“, fragte
sie und beantwortete somit meine Frage.
Da ich nicht darüber
reden wollte, sagte ich nur, dass alles gut war und ich
hierhergekommen bin um aus London rauszukommen, aber Harry nicht
mitwollte. Damit gab sie sich zufrieden und fragte, ob sie mich ein
Stück begleiten konnte. Ich war froh über Gesellschaft und
stimmte zu. Wir redeten ein bisschen und an der
Straßenbahnhaltestelle in der Nähe von meinem Haus
trennten wir uns. Schnell tauchten wir noch Handynummern aus und
beschlossen in den nächsten Tagen mal was zu unternehmen.
„Lou! Das war sooo lecker! Du
musst öfter für uns kochen!“, rief Lotti in die
Küche, als ich gerade den Nachtisch holte. Extra für die
Mädels hatte ich Eis mitgebracht, weil ich wusste, dass sie es
liebten. Typisch Kinder eben.
Eine Stunde später, als dann
auch endlich die Küche gemacht war, konnten wir los shoppen
gehen. Mum lieh mir ihr Auto und ich schickte sie mit einem Gutschein
für die Massage zur Wellnessoase, den ich heute Morgen besorgt
hatte. Sie musste sich dringend entspannen. Mark war zurzeit auf
Geschäftsreise in den Vereinigten Staaten und kam erst in einer
Woche wieder.
„Mädels, wo wollt ihr als erstes hin?“,
fragte ich, als wir im Auto saßen. Sie nannten mir einen Shop
und ich fuhr in das Westfieldcenter, wo dieser war. Zusammen machten
wir die Läden unsicher und kamen fünf Stunden später
total fertig zuhause an. Ich hatte Mum angerufen und sie hatte schon
Essen gemacht, dass sie pünktlich ins Bett kamen.
Sollte ich Harry schreiben oder soll
ich nicht? Nachdenklich lag ich abends im Bett und überlegte.
Eigentlich wollte ich ja Abstand, aber wollte ich, dass er denkt,
dass es auch ohne ihn geht? Warum? Harry, Zayn, Niall, Liam…
Das waren wir mal. One Direction. Jetzt waren wir allerhöchstens
noch Directionless oder hopeless, perspectiveless… Niemand
wusste, wie es weiter gehen sollte. Zayn war weg und jetzt blieben
auch nur noch Harry, Niall und ich. Aber da wir uns ja eh stritten.
In fünf Tagen musste ich wieder zurück sein, weil dort dann
die Pressekonferenz war und wir uns noch besprechen sollten mit
Simon, wie es weiter ging mit „One Direction“. Ich war
eher im Moment dafür, dass jeder seinen eigenen Weg ging. Ich
könnte es nicht verkraften, dass wir Musik ohne Liam machten.
Ohne ihn fühlte ich mich leer. Still liefen mir die Tränen
runter. Liam… Mein bester Kumpel. Er war weg. Es fühlte
sich an, als wäre mir ein Stück meines Herzens rausgerissen
worden.
„Lou?“, eine Stimme ertönte hinter mir
und zwei Arme schlagen sich um mich. Meine Mutter nahm mich in den
Arm, wie sie es früher immer gemacht hatte. „Ich weiß
es ist schwer und du brauchst Zeit, aber bitte, versprich mir eins.
Hör nie auf Musik zu machen! Ob mit Harry, Niall und Zayn oder
alleine, aber ich weiß es ist dein Leben und du gehörst
dahin. Wir werden dich immer unterstützen und du kannst immer
nach Hause kommen, wenn etwas ist das weißt du!“,
flüstert sie und drückte mich noch mal fest. „Danke
Mum.“, flüsterte ich schwach und schloss die Augen.
Als Niall und ich am Abend wieder in
Louis und meiner Wohnung saßen, dachte ich immer noch darüber
nach, ob es gut gewesen war mit dem Blonden zum Friedhof zu fahren.
Andererseits half es ihm vielleicht dabei den Tod von Liam zu
verarbeiten und mehr wollte ich nicht. Wenn es ihm in den nächsten
Tagen tatsächlich wieder besser gehen sollte, dann war es das
wert, dass er praktisch zusammen gebrochen war.
Im Moment rührte
er jedoch, wie immer, lustlos in seinem Essen und starrte die
Tischplatte an. Das mit der Aktion am Morgen tat mir auch noch immer
leid. Aber ich war es nun mal gewohnt in dem Bett zu liegen und mit
jemandem zu Kuscheln und im Schlaf unterschied ich eben nicht
zwischen Louis und anderen Personen.
Louis. Ich hatte irgendwie
kaum an ihn gedacht und sofort bereitete sich ein schlechtes Gewissen
in mir aus. Ich vermisste ihn schon irgendwie. Aber ich hatte ihn
auch schon mehr vermisst. Vielleicht lag es einfach an der gesamten
Situation.
Ich wusste nicht, ob ich ihn anrufen sollte. Er war ja
gefahren, weil er Abstand wollte und dann wollte er sicher nicht,
dass ich ihn mit Anrufen oder Nachrichten belästigte. Wenn er
wollte, dann würde er sich schon melden, da war ich mir sicher.
„Niall?“ Er saß
auf der Luftmatratze und ich auf dem großen Doppelbett. „Wenn
du willst, dann kannst du in dem Bett schlafen und ich schlafe auf
der Luftmatratze, dann hast du es bequemer.“, schlug ich vor,
aber er schüttelte nur langsam den Kopf.
„Geht schon.“,
murmelte er und brachte sich in eine liegende Position. „Oder
ich beherrsche mich heute Nacht, dann kannst du auf Louis Seite
schlafen.“, wagte ich einen weiteren Versuch, aber ich bekam
keine Antwort. „Es tut mir wirklich leid.“, redete ich
also weiter, aber das brachte nichts.
„Gute Nacht.“,
wisperte ich noch und legte mich dann schlafen. Zumindest war das
mein Plan, aber ich konnte einfach nicht einschlafen und ich spürte
genau, dass auch Niall nicht schlief, sein Atem war nicht gleichmäßig
genug, das hörte ich.
Genervt rollte ich mich von einer Seite
auf die nächste und seufzte. Dann hörte ich leises Rascheln
einer Bettdecke und leise Schritte, die sich meinem Bett näherten,
schon stand Niall auch schon vor mir.
„Harry?“,
flüsterte er und sah mich mit großen Augen an.
„Kannst…kannst du mich vielleicht in den Arm nehmen?“,
fragte er verlegen und ich nickte einfach nur, während ich die
Bettdecke zurück klappte, damit er darunter kriechen konnte.
Als
er neben mir lag, schlang ich meine langen Arme um ihn und er vergrub
sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Stoßweise traf sein heißer
Atem meine Haut und ich erschauderte, gleichzeitig strich ich über
seinen Rücken, bis sich seine Brust gleichmäßig gegen
meine bewegte und ich wusste, dass er eingeschlafen war.
Nachdenklich
sah ich auf Nialls verstrubelte Haare und schloss dann die Augen.
Unwillkürlich fragte ich mich, was genau ich eigentlich für
eine Beziehung zu Niall hatte. Noch nie hatten wir so eng
nebeneinander gelegen, wenn man das von der letzten Nacht außer
Acht ließ, da das ja keine Absicht gewesen war.
ich kam zu
keinem Ergebnis, weil ich viel zu müde war, um anständig
nachdenken zu können. Ich lehnte stattdessen meine Stirn gegen
Nialls Kopf und versuchte zu schlafen. Dieses Mal gelang es mir.
„Liam. Liam. Liam.“ Ich
wurde wach, weil Niall den Namen unseres verstorbenen Freundes immer
wieder vor sich hin brabbelte, dabei aber weiter schlief. Es war drei
Uhr nachts und ich war hellwach, also beobachtete ich Niall, wie er
immer wieder seine Lippen bewegte und „Liam.“
sagte.
Plötzlich riss er panisch die Augen auf und starrte
mich an, ich starrte zurück, keiner von uns bewegte sich, bis
Niall blinzelte, weil ein paar Tränen seine Sicht
verschleierten.
„Alles ist gut.“, flüsterte ich
und nahm ihn wieder in den Arm.
„Er…er war da…und
er…er hat mich geliebt.“, schluchzte Niall und ich
drückte ihn fester an mich, ließ meine Hände wieder
über seinen Rücken wandern. Langsam beruhigte er sich
wieder und weil ich es bei Louis auch immer tat, wenn er weinte,
hauchte ich Niall ebenfalls einen federleichten Kuss auf die Schläfe.
Es war einfach ein Reflex.
Er rückte ein Stück von mir
ab und sah mich an, ich konnte nicht einmal erahnen, was er dachte,
weil er mich einfach nur ganz normal ansah. „Ich…“
Niall schüttelte den Kopf und ich hielt wieder den
Mund.
„Das…das hat sich…irgendwie gut
angefühlt.“, murmelte Niall und seine Finger strichen über
seine Schläfe, während er mich weiter ansah. „Liam
hat das auch manchmal gemacht. Freundschaftlich, wenn es mir schlecht
ging. Es hat sich genauso angefühlt.“, brabbelte er weiter
und ich war mir nicht sicher, mit wem genau er eigentlich sprach, mit
mir oder mit sich selbst.
„Lass uns weiter schlafen.“,
schlug ich einfach vor und legte mich wieder hin, zog Niall in eine
liegende Position und deckte uns zu. Meine Gedanken schwirrten immer
noch um diesen Kuss auf Nialls Schläfe. Ich küsste nur
Louis. Und meine Mum. Was zum Teufel hatte ich mir also dabei
gedacht? Bestimmt war es ein einfacher Reflex gewesen und außerdem
hatte es geholfen, denn Niall schlief wieder wie ein Baby und ich
konnte ohne schlechtes Gewissen meine Augen schließen und
Schafen.
Ohne schlechtes Gewissen stimmte vielleicht nicht. Ich
hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber Louis, aber er musste
davon ja nichts erfahren und außerdem war es auch nichts
gewesen. Das war alles ohne Bedeutung und ohne irgendeinen
Hintergedanken.
Ein Reflex und nichts weiter. Ich liebte Louis und
ich freute mich schon darauf, wenn er endlich wieder da war und ich
ihn in meine Arme schließen konnte. Und ihn wieder küssen
konnte.
Als ich aufwachte, war die Bettseite neben mir leer. Verwirrt richtete ich mich auf und sah mich um. Ich hatte damit gerechnet, Harry neben mir vorzufinden, doch dieser war nicht im Raum. Ich schwang meine Beine über die Kante und gähnte ausgiebig, bevor ich mich hochhievte und Richtung Bad schlurfte.
Seitdem ich Harry dazu überredet hatte, auf den Friedhof zu gehen, war ich noch verwirrter als vorher. Einerseits hatte ich das Gefühl, dass es mir besser ging, doch andererseits hatte ich auch noch mehr Schuldgefühle, obwohl es keinen Grund für diese gab. Es war einfach zu schwierig ohne ihn normal weiter zu leben. Das war einfach nicht richtig. Es fühlte sich einfach zu falsch an.
Als ich mich fertig gemacht hatte, ging ich in Richtung Küche, wo bereits eine halb leere Tasse Kaffee stand, doch von Harry keine Spur. Ich setzte Wasser auf, für neuen Kaffee und setzte mich auf einen der Stühle, während ich gedankenverloren vor mich hinstarrte.
„Dein Wasser ist fertig!", riss mich eine raue Stimme aus meinen Gedanken und als ich aufblickte, sah ich in Harrys grüne Augen, doch bevor ich noch was sagen konnte, nahm dieser seinen Kaffee und ging schweigend aus der Küche raus.
Verwirrt sah ich ihm nach und machte mir einen Tee. Danach folgte ich ihm ins Wohnzimmer, wo er vor dem Fernseher saß und sich irgendeine Soap ansah.
„Harry?", fragte ich vorsichtig nach, aber von dem Jungen kam keine Reaktion. Ich beließ es dabei und setzte mich neben ihn.
Im Augenwinkel bemerkte ich, wie Harry unmerklich ein Stück wegrutschte. Hatte ich irgendwas falsch gemacht? Ich starrte in meine Tasse und merkte, wie mir wieder Tränen in die Augen stiegen. Ich blinzelte sie weg und versuchte mich auf die Fernsehserie zu konzentrieren, was mir aber nicht wirklich gelang.
Eine Zeit lang saßen wir schweigend nebeneinander, als die Türklingel ging. Wir sahen beide auf und Harry stand auf, um nach zu sehen, wer es war.
Ich folgte ihm langsam und hielt im Flur inne, als ich Karen Paynes Stimme erkannte. Liams Mutter. Was machte sie hier? An dem Klang ihrer Stimme merkte man, dass sie das Ganze noch nicht wirklich verarbeitet hatte, was auch verständlich war.
„Hey Harry. Wie geht es dir?", fragte sie den Jüngeren.
„Die Frage ist eher, wie geht es dir?"
„Ich habe meinen einzigen Sohn verloren... Also wäre es gelogen, wenn ich jetzt sagen würde, es ginge mir schon besser... Wo sind denn Louis und die anderen beiden?"
Harry zögerte, bevor er antwortete.
„Louis brauchte mal eine Auszeit und ist zu seiner Familie gefahren. Zayn wahrscheinlich auch und Niall ist zurzeit hier."
Wieder eine kurze Gesprächspause, bevor Karen sich wieder zu Wort meldete.
„Ich wollte auch nicht lange stören, aber ich bin wegen des Testaments hier..." Ihre Stimme brach ab. Die Tränen, die sie versuchte zu unterdrücken und die Erinnerungen ließen sie kurz aufschluchzen, soweit ich ihn dem Flur aus der Ecke heraus erkennen konnte. Ich biss die Zähne aufeinander um nicht selbst wieder anfangen zu heulen.
„Karen, das können wir auch verschieben."
„Nein, nein schon okay. Wir wollten das mit euch allen zusammen besprechen, wenn es euch passt. Aber ich wollte auch das hier vorbei bringen, für ihn. Vielleicht ist der Zeitpunkt noch nicht da, aber es ist besser, wenn du es ihm gibst, wenn er soweit ist."
„Werde ich. Grüß die beiden Mädchen von mir."
„Alles wird wieder gut! Das wird schon wieder!", versuchte Karen sich und Harry Mut zuzusprechen, aber es klang sehr verzweifelt und sie war selbst nicht von ihren Worten überzeugt. Harry drückte sie noch kurz, bevor er die Türe schloss und in Richtung seines Zimmers lief. Ich folgte ihm rasch und holte ihn ein, als er dabei war etwas in seinen Schrank zu schließen.
„Was ist das?", fragte ich und Harry drehte sich überrascht um.
„Nichts, Niall!", versuchte er sich heraus zu reden, doch sein Versuch, das Etwas hinter seinem Rücken zu verstecken, misslang ihm. Er zögerte, doch dann holte er es hervor, als er meinen Blick sah und hielt es mir hin. Es war eine schwarze, schlichte Schachtel
„Das hat mir Karen mitgebracht. Es ist von Liam an dich. Ich wollte es dir eigentlich noch nicht geben, weil die Situation..."
„Glaubst du, die Situation wird später besser sein?", unterbrach ich ihn und drehte mich um. Ich verließ sein Zimmer und verbarrikadierte mich im Bad. Harry war mir, Gott sei Dank, nicht gefolgt. Ich setzte mich auf den Boden, an die Türe gelehnt und stellte die Schachtel vor mir ab. Ich traute mich nicht, sie zu öffnen. Zu groß waren die Angst und die Ungewissheit, was darin sein könnte.
Nach langem Dasitzen und die Schachtel Anstarren, entschied ich mich dann doch wenigstens den Deckel an zu heben und einen Blick zu riskieren. Doch es war zu dunkel und somit erweiterte ich den Spalt, bis der Deckel ganz ab war.
Mir fielen sofort die ganzen Gegenstände ins Auge, die darin waren. Es war eine Sammelbox, aus alten Kindheitstagen und Stücke, durch die er sich immer an früher erinnern konnte.
Ich wusste das, weil einige Sachen mir bekannt vorkamen. Er hatte sie mir mal gezeigt. Ein alter Teddy war in der Box, ein Fotoalbum, ein alter Pulli, der in der Wäsche eingelaufen war und den er von seinem Vater geschenkt bekommen hatte und ein Armband auf dem Daddy Direction stand. Sogar eine alte Rassel, wahrscheinlich aus Babytagen, fand ich darin und seine Einladung zu `The xFactor' und eine alte CD auf der Video Diaries stand. Diese Erinnerungsstücke von Liam in der Hand zu halten, stimmten mich traurig, aber irgendwie bekam ich das Gefühl, dass er trotz seines Todes bei uns wäre. Dass er, so skurril es klang, durch diese Gegenstände noch existierte. Ein kleines, trauriges Lächeln erschien auf meinen Lippen, als ich das Foto unten in der Schachtel fand, auf dem wir Fünf glücklich in die Kamera strahlten. Das erste Bild von One Direction.
Ich wollte schon aufstehen und zu Harry gehen, um ihm das Bild zu zeigen, als mir ein Brief am Boden der Schachtel auffiel. Man konnte ihn fast nicht von der Farbe der Innenseiten der Box unterscheiden, doch ich hatte ihn gesehen. Vorsichtig holte ich ihn raus und drehte ihn um. Er war dick und schwer und das deutete darauf hin, dass er mehrere Blätter enthielt. In der klaren Handschrift Liams, war geschrieben: Für Niall
Mit zitternden Händen öffnete ich den Umschlag und hätte ihn beinahe komplett zerrissen, doch ich atmete kurz tief durch, um mich wieder zu fassen, dann faltete ich die beschriebenen Seiten auf um zu lesen.
Lieber Niall,
Ich weiß nicht, ob ich es jemals über mich bringen werde, es dir persönlich zu sagen, oder dir wenigstens diesen Brief auszuhändigen, aber falls doch, dann hat es mich sehr viel Überwindung gekostet. Du bist mein bester Freund, seit ich dich kenne. Seit ich dich bei `The xFactor' gesehen habe, weiß ich, du bist etwas Besonderes und ich bin ehrlich froh, dass man uns fünf zu einer Band zusammengeschlossen hat. Aber das sind alte Geschichten. Ich weiß ich kann mit dir über alles reden, genauso, wie du mit mir über alles reden kannst, wenn du willst. Ich bin, wie du weißt seit längerem nicht mehr mit Danielle zusammen und das hat auch einen Grund. Ich weiß, dass du mich sehr oft gefragt hast und ich dir nie eine korrekte, ehrliche Antwort darauf gegeben habe, aber ich hatte zu viel Angst unsere Freundschaft aufs Spiel zu setzten. Ich habe Angst, dass du mir aus dem Weg gehst, wenn ich dir den wahren Grund verrate und ich habe Angst, dass du mich dann nicht mehr wie deinen besten Freund siehst. Ich habe mich bisher niemandem anvertraut und selbst meine Familie weiß es nicht, aber mir ist klar geworden, dass ich nicht mehr... normal bin. Mich interessieren die Mädchen nicht mehr wirklich. Nicht im Sinne von, ich hab zurzeit eine Phase. Was ich eigentlich sagen wollte ist... ja ich stehe auf Männer. Warum auch immer, aber es ist einfach passiert. Es ist wegen jemandem passiert, der mir wichtig ist. Vielleicht siehst du das ja nicht so eng. Klar was ist schon so falsch daran, wenn sein bester Kumpel schwul ist. Wird zwar ein bisschen komisch, aber was soll's? Wie wäre es mit einem Doppeldate mal, auch wenn es komisch rüber kommt, wenn ein Mädchen mit drei Jungs ausgeht.
Aber genau das ist der Punkt. Es zerreißt mich innerlich, dass so etwas sein könnte. Es bricht mir das Herz dich mit jemand anderem zu sehen. Mich mit jemandem zu sehen, den ich nicht aus tiefstem Herzen liebe, aber noch schlimmer, dich zu verlieren. Ja Niall, du bist der Grund, du hast mich verändert und in mir Gefühle geweckt, die ich vorher nie kannte. Ja Niall James Horan, ich liebe dich! Und es tut gut, dass es endlich raus ist. Aber ich will nicht, dass deswegen unsere Freundschaft zu Bruch geht. Ich kann es verstehen, wenn du nicht genauso fühlst, aber bitte wende dich jetzt nicht von mir ab! Es wird hart, aber ich versuche damit klar zu kommen. Noch schlimmer, als unerwiderte Liebe ist es, deine Freundschaft zu verlieren.
Ich hoffe, du lässt dir das ganze durch den Kopf gehen und fällst deine Entscheidung so, wie du es für richtig hältst.
Aber egal was passiert, ich werde immer für dich da sein.
In Liebe, Liam
Die letzten Zeilen konnte ich durch meinen Tränenfluss fast gar nicht mehr sehen. Ich fühlte mich wie benebelt, wie in einer Traumwelt gefangen, nichts schien real. Liam liebte mich! Das war alles, was in diesem Moment zählte. Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, behielt den Zettel in der Hand und öffnete die Tür. Ich musste zu Harry, ihm diese Nachricht erzählen. Eine Welle an Glücksgefühlen kam in mir auf.
„Harry?", rief ich und lief durch den Flur, auf der Suche nach ihm.
„Harry, ich...", setzte ich an, als ich ihm im Wohnzimmer fand, stockte aber, als ich die Koffer bemerkte und sah, wie Harry und Louis dastanden und sich umarmten. Louis war zurück. Und er sah schlimm aus. Beide wandten den Kopf zu mir und lösten sich. Harry schwieg und starrte zu Boden. Er wich, wie schon den ganzen Tag über, meinem Blick aus. Nur Louis sah zu mir und rang sich ein gekünsteltes Lächeln ab.
„Niall... wie geht‘s dir?"
Man konnte an seiner Stimme hören, dass er am liebsten mit Harry alleine gewesen wäre. Ich nickte nur und unterdrückte die wiederkommenden Tränen.
„Ganz gut... a-alles bestens. Wir h-haben dich vermisst L-Louis!", stotterte ich vor mich hin, drehte mich um und rannte wieder ins Bad. Ich sperrte mich ein und ließ den Brief zu Boden fallen, bevor ich zum Waschbecken ging und mir kaltes Wasser ins Gesicht spritzte, während mir heiße Tränen die Wange runter liefen. Ich war verzweifelt. Ich war wieder in der Realität.
Vielleicht hatte Liam mich geliebt,
aber er hatte mir nie den Brief gegeben. Vielleicht hatten seine
Gefühle irgendwann wieder aufgehört. Und jetzt war er tot.
Louis war endlich wieder da, aber Harry ignorierte mich und ich
wusste nicht mal warum. Bei Louis hatte ich das Gefühl, es wäre
ihm lieber, wenn ich endlich zurück zu mir ziehen würde.
Und Liam war tot. Tod durch einen Unfall. Aus dem Leben
gerissen.
Wütend kickte ich den Teddy durch den Raum, bis er
gegen das Klo prallte. Ich setzte mich auf den Badewannenrand und
starrte in den Spiegel. Rote, verweinte Augen und ein mehr als
verzweifelter und verletzter Gesichtsausdruck. Ich war nicht mehr ich
selbst. Das war nicht mehr mein Leben. Keiner wollte mich mehr hier.
Liam war weg. Würden sie mich auch so vermissen? Bei diesen
Gedanken fiel mein Blick auf die Rasierklingen, die neben den
Zahnbürsten lag.
Nachdem ich Niall kurz begrüßt
hatte, war er ohne ein weiteres Wort im Bad verschwunden. Was war
denn mit ihm los? Es tat mir ja total leid, dass ich einfach
abgehauen war, aber ich hatte einfach Abstand gebraucht. Gestern
Nacht war mir klar geworden, dass es ein Fehler war einfach zu
verschwinden. Also hatte ich mich ins Auto gesetzt und war heute
Morgen so schnell wie es ging zurück gefahren. Ich hatte Harry
einfach so sehr vermisst und Niall auch. Der junge Ire war jedoch
völlig geschockt gewesen, dass ich wieder da war und war sofort
wieder abgehauen. Natürlich wollte ich wissen was los war und
fragte Harry, was die ganze Zeit denn passiert sei.
„Liams
Mutter hat eine Kiste mit Erinnerungen für Niall vorbei
gebracht. Sie haben seine Wohnung ausgeräumt und diese für
Niall gefunden.“, erklärte mein Freund mir und ich nickte.
„Ich geh kurz nach ihm schauen, auch wenn er mich
wahrscheinlich am aller wenigsten sehen will.“, sagte ich nach
einer halben Stunde in der Niall immer noch nicht aus dem Bad
gekommen war.
„Niall?“, vorsichtig klopfte ich
an die Tür und wartete auf eine Antwort, doch ich bekam keine.
Auch nach mehrmaligem Klopfen bekam ich immer noch keine Antwort und
drückte die Türklinke runter, doch die Tür war
verschlossen. „Niall… Kannst du bitte aufmachen?“,
fragte ich verzweifelt, doch der Ire gab immer noch keine
Antwort.
„Lass mich mal.“, Harry schob mich sanft zur
Seite und klopfte an die Tür. „Niall, mach bitte auf!“,
probierte es der Jüngste von uns und tatsächlich öffnete
sich die Tür. Der blonde Junge trat heraus mit einem Karton
unter dem Arm. Wahrscheinlich war es die Kiste, die Harry vorhin
erwähnt hatte.
„Ich geh nach Hause… Macht euch
einen schönen Tag!“, flüsterte er und ging Richtung
Tür. „Wenn du irgendwas brauchst, ruf bitte an!“,
sagte Harry noch, blieb aber stehen. Eigentlich hatte ich erwartet,
dass er Niall hinterher laufen würde. Die Wohnungstür fiel
ins Schloss und Harry blieb immer noch wie erstarrt stehen. Als ich
eine Hand auf seine Schulter legte, zuckte er zusammen und ging weg.
Was war nur mit ihm los? Die Begrüßung vorhin war auch
schon so zögerlich gewesen.
Ich verstand die Welt nicht
mehr… Niall rannte weg, als er mich sah. Harry war total
abweisend und Zayn war erst gar nicht hier… Was hatte ich bloß
falsch gemacht? Sollte ich Harry hinterher gehen? Obwohl ich ihn
eigentlich alleine lassen wollte, entschied ich mich dafür
hinterher zu gehen und mit ihm zu reden.
„Bitte Lou,
ich will alleine sein!“, flüsterte Harry kraftlos. Was war
nur mit ihm los? Früher hätte er so etwas nie gesagt. Ich
war immer für ihn da gewesen und was war ich jetzt? Eine Klette
an seinem Bein, oder was? „Harry, ich will dir doch nur
helfen!“, flüsterte ich und kniete mich vor ihn. Der Junge
mit den braunen Haaren schaute mich nicht an, sondern auf den Boden
vor dem Bett, auf dem er saß.
„Bitte Lou, lass
mich einfach in Ruhe!“, seine Stimme klang energischer und ich
war vollkommen überrascht. So hatte mein Freund nie mit mir
geredet. Weder als wir zusammen waren und auch nicht als wir nur
beste Freunde gewesen waren. Harry versuchte die Tränen in
seinen Augen wegzublinzeln und schaute an mir vorbei. Sein Blick war
starr auf das Fenster gerichtet. Ich probierte ein letztes Mal mit
ihm zu reden, doch er schickte mich aus dem Zimmer raus.
Mir
wurde es, ehrlich gesagt, zu dumm. Ich nahm meine Jacke vom Haken und
eine Sonnenbrille, damit man mich nicht erkannte, dann trat ich vor
die Tür. Natürlich regnete es wieder. Passte ja perfekt zu
meiner Stimmung. Meine Kapuze zog ich mir über den Kopf und ging
los. Ziellos irrte ich umher und versuchte mich auf andere Sachen zu
konzentrieren, doch irgendwie schaffte ich es nicht. Irgendwann
setzte ich mich in die hinterste Ecke eines Cafés und
versuchte alles um mich herum zu vergessen, doch es war einfacher
gesagt als getan.
Ich spielte ein bisschen mit meinem Iphone
rum und schaute dann meine Kontaktliste durch. Ich brauchte dringend
jemand zum reden. In solchen Fällen wäre Liam meine erste
Wahl gewesen, doch das war ja leider nicht möglich…
Ich
scrollte weiter bis ich schließlich bei Hannah Walker landete.
Sollte ich sie anrufen? Sie hatte mir ja angeboten, dass ich immer zu
ihr kommen konnte, wenn etwas war. Sie kannte mich einfach…
Ich entschied mich dagegen, weil ich glaubte, dass Harry das nicht
gewollt hätte. Als Nächstes blieb ich bei ‚Vain like
Zayn‘ hängen. Zayn’s Kontakname… Sollte ich
ihn anrufen? Ohne groß nachgedacht zu haben, drückte ich
auf den grünen Hörer und hielt mir das Handy ans Ohr.
„Lou,
ist alles okay?“, fragte Zayn, als er ans Telefon ging. „Ja,
aber ich brauch nur jemanden zum Reden… Kommst du nach London?
Die Pressekonferenz ist eh in zwei Tagen.“, fragte ich und
unterdrückte mir die Tränen. Die Pressekonferenz…
Gut Louis! Jetzt tief ein und ausatmen! Du schaffst das.
„Ich
komm so schnell ich kann, okay? Wenn du willst, kannst du in meine
Wohnung. Du weißt doch wo der Zweitschlüssel liegt oder?“,
fragte der Schwarzhaarige verständnisvoll. Kurz redete ich noch
mit ihm und Zayn sagte, dass er morgen früh in London sein
würde. Nachdem ich meinen Tee ausgetrunken hatte, machte ich
mich auf den Weg zu Zayns Wohnung. Ich brauchte einfach ein bisschen
Abstand von Harry auch wenn ich ihn so vermisst hatte… Ich
verstand einfach nicht, was mit meinem Freund los war.
Den
Schlüssel fand ich an besagter Stelle und ging in die Wohnung.
Auf der Arbeitsplatte in der Küche, die man unmittelbar nach dem
Flur betrat, lag eine leichte Schicht Staub, Zayn war wohl seit Liams
Tod nicht mehr hier gewesen… Im Wohnzimmer sah es nicht besser
aus. Das Regal, in dem der Fernseher stand, war ebenfalls mehr grau
als schwarz. Langsam trat ich heran. Die meisten Bretter waren mit
Fotos vollgestellt. Eins fiel mir besonders ins Auge. Das erste Foto,
welches es jemals von One Direction gab… Vorsichtig nahm ich
es hoch und setzte mich über das Foto gelehnt aufs Sofa. Ohne,
dass ich es wollte, begannen mir die Tränen zu laufen und still
strich ich über Liams Gesicht. Warum musste es ausgerechnet ihn
erwischen? In solchen Situationen vermisste ich ihn einfach. Der
Junge, der einen nur in den Arm nahm und versuchte mich wieder
aufzumuntern. Jetzt konnte ich das Schluchzen nicht mehr zurückhalten
und legte das Foto weg. Mein Gesicht versteckte ich in einem Kissen
und irgendwann schlief ich dann endlich ein.
Ich bekam den kleinen Kuss auf Nialls Schläfe nicht mehr aus meinem Kopf. Egal was ich tat, der Gedanke verschwand einfach nicht. Dann stand auf einmal Louis vor der Tür. Mit ihm hatte ich am Wenigsten gerechnet und auch Niall war offenbar nicht besonders erfreut.
Ich war so ein Genie! Ich saß
allein im Schlafzimmer, weinte und hatte Louis schonwieder dazu
gebracht zu verschwinden, große Klasse. Wieder dachte ich an
Niall, musste mir vorstellen, wie er ganz allein in seiner Wohnung
hockte und sich die Erinnerungskiste ansah.
Ruckartig stand ich
auf und mir wurde ein Moment schwarz vor Augen, weil mein Kreislauf
seit Tagen so instabil war. Nachdem ich mich kurz gesammelt hatte,
nahm ich mir eine Jacke und die Autoschlüssel und fuhr zu Niall.
Wenn wir beide allein waren, dann konnten wir auch zusammen allein
sein.
Der Londoner Verkehr war wie immer total dicht und ich fuhr
ziemlich langsam durch die überfüllten Straßen, die
vom Regen feucht glänzten. Überall liefen Menschen umher
und ich fragte mich, ob sie wohl ähnliche Probleme hatten, wie
wir.
Als ich an einer Ampel stand, sah ich eine Frau, die ein
kleines Mädchen an der Hand hatte. Die Kleine trug einen pinken
Regenmantel und dazu passende Gummistiefel. Freudig sprang sie von
einer Pfütze in die nächste. Manchmal würde ich mich
auch gern über so banale Dinge freuen, aber ich hatte das
Gefühl, dass es einfach nicht mehr möglich war, sobald man
ein gewisses Alter erreicht hatte.
Nur Louis, weil er einfach
nicht einsehen wollte, dass er erwachsen wurde, und Liam hatten es
immer wieder geschafft mir zu zeigen, wie wertvoll auch die ganz
kleinen Dinge im Leben waren.
Liam hatten wir bereits verloren und
ich hatte das Gefühl, dass ich auch kurz davor stand Louis zu
verlieren. Ich wusste nicht, wann alles so anders zwischen uns
geworden war, aber auf einmal war es einfach so.
„Was willst du hier?“,
fuhr Niall mich an, als ich vor seiner Tür stand und klingelte.
„Louis ist weg und ich dachte, ich komm vorbei und guck, wie es
dir geht.“, meinte ich und Niall öffnete mir missmutig die
Tür, sodass ich eintreten konnte.
„Ich kann auch auf
mich selbst aufpassen.“, nörgelte er und ging in Richtung
Küche. „Das weiß ich, aber ich glaube es ist einfach
nicht gut, wenn im Moment einer von uns allein ist.“ „Louis
ist auch allein, oder nicht?“, antwortete Niall mir und sah mir
fest in die Augen.
„Ich weiß nicht, wo er ist.“,
gab ich schuldbewusst zu und bemerkte selbst, dass ich nicht einmal
versucht hatte es herauszufinden. Ich hätte ihn zumindest
anrufen können.
„Wie auch immer.“, seufzte der
Blonde vor mir und setzte Wasser für Tee auf. Anschließend
setzten wir uns mit unseren Teetassen ins Wohnzimmer. Niall war
irgendwie verändert.
So als würde es ihm etwas besser
gehen, seitdem er die Kiste bekommen hatte. Vielleicht konnte er
damit seine Trauer bewältigen. Das wäre wirklich gut, denn
wir konnten uns alle nicht für immer verkriechen.
Blieb nur
noch die Frage, wo Zayn sich herum trieb. Hoffentlich würde er
zur Pressekonferenz erscheinen. Ein wenig Angst hatte ich ja schon,
ich wollte mich ungern der ganzen Welt stellen und erklären
müssen, wie es jetzt weiter gehen sollte, zumal wir noch nicht
darüber geredet hatten.
Niall starrte die ganze Zeit die Wand
und sagte kein Wort und ich traute mich auch nicht die Stille zu
durchbrechen, da es schien, als würde er über etwas
Wichtiges nachdenken. Vielleicht würde er mich später noch
daran Teil haben lassen. Sein Gesichtsausdruck war irgendwie kalt und
emotionslos, ich war mir nicht sicher, was ich besser fand. Wenn er
weinte, oder wenn er so war wie in diesem Moment.
„Ich
wünschte, ich hätte es ihm gesagt. Oder er hätte den
Mut gehabt, um es mir zu sagen.“, flüsterte Niall. Seine
Worte hingen schwer im Raum. „Wir hätten so glücklich
sein können. Wir hätten nur ein bisschen Mut gebraucht.“,
sprach er weiter.
„Weißt du, er hat mich geliebt.
Warum muss ich das erst erfahren, nachdem er gestorben ist?“
Niall sah mir direkt in die Augen und ich schluckte. Tiefe Trauer
konnte ich in den blauen Augen erkennen.
„Manche Dinge
geschehen einfach. Auch wenn sie furchtbar sind. Wir können
nichts dagegen tun, wir können uns nur damit abfinden und nach
vorne sehen und hoffen, dass in der Zukunft alles besser wird.“
Was für abgedroschene Worte das waren, merkte ich erst, als ich
sie ausgesprochen hatte.
„Aber ich will keine bessere
Zukunft. Ich will, die Vergangenheit wieder haben und dann will ich
so viel ändern. Dann würde Liam nicht in das Auto steigen
und er würde noch leben.“, schniefte Niall und schon
stiegen Tränen in seine Augen.
„Wenn Liam jetzt sterben
sollte, dann sollte er das. Dann ist es egal, was du wann und wie
getan hättest. Er wäre trotzdem gestorben und du hättest
nichts daran ändern können. Gib dir keine Schuld für
etwas, für das du nichts kannst.“
Ich rutschte an Niall
heran und nahm ihn in den Arm. Immer wieder strich ich mit meiner
Hand über seinen Rücken und versuchte ihn zu beruhigen. Er
war noch nicht so weit, um über Liams Tod zu reden, geschweige
denn ihn auch nur ansatzweise zu verarbeiten.
Vielleicht war das
wirklich zu viel verlangt. Er hatte ihn wirklich geliebt, wenn Louis
sterben würde, dann würde mich das auch so fertig machen.
Denjenigen zu verlieren, der den ersten und obersten Platz im eigenen
Herzen hatte, war das Schlimmste, was einem passieren konnte.
„Das,
was ich jetzt sage, klingt hart, aber es ist die Wahrheit. Ich
schwöre dir, dass du jemanden finden wirst, den du genauso
liebst, wie du Liam geliebt hast und dieser jemand wird auch dich so
lieben, wie Liam es getan hat. Das bedeutet nicht, dass du Liam
vergessen sollst, aber du solltest dir die Chance geben, dein Leben
weiter zu leben. Liam hätte das auch gewollt.“
„Ich
weiß nicht, ob ich das kann.“, weinte Niall und ich
strich ihm durch die Haare. „Es muss nicht sofort sein. Lass
dir Zeit. Irgendwann wirst du es schaffen, das weiß ich.“,
versprach ich.
Schweigend saßen wir eine
Weile nebeneinander, bis ich raus sah und merkte, dass es dunkler
wurde.
„Du solltest gehen!", meinte ich dann und
stellte die Tasse ab. Ich zog die Ärmel meines Hoodies weiter
runter und stand auf. Harry sagte nichts, stellte ebenfalls seine
Tasse ab und sah mich dann lange an. Ich stand nur da und erwiderte
seinen Blick.
„Wäre es nicht besser, wenn ich hier
übernachten würde?", sagte er und ich schüttelte
nur den Kopf.
„Du solltest besser nach Hause. Wenn Louis zu
Hause ist, würde er sich bestimmt nicht so freuen, wenn du
wieder hier wärst!"
Eine Spur von Traurigkeit lag in
meiner Stimme, weil es mir lieber gewesen wäre, wenn Harry
dageblieben wäre, doch ich wollte nicht, dass Louis noch mehr
Grund dazu hatte, wütend auf mich zu sein.
„Du hast
wahrscheinlich Recht...", meinte Harry und stand ebenfalls auf.
Ich folgte ihm bis zur Türe. Er nahm seine Schlüssel und
seine Jacke und trat nach draußen. Er drehte sich noch kurz zu
mir um.
„Pass auf dich auf.", sagte er zum Abschied und
verschwand dann. Ich stand wie angewurzelt in der Türe und sah
ihm nach. Erleichtert atmete ich auf und schloss die Türe hinter
mir. Danach ging ich ins Bad. Mein Blick fiel zuerst in die Ecke, in
der der Wäschekorb stand und aus dem das Handtuch ragte, das ich
vorhin benutzt hatte. Wenn man genauer hinsah konnte man auf dem
roten Handtuch einen dunklen Fleck erkennen. Ich schob vorsichtig den
rechten Ärmel meines Hoodies hoch und betrachtete den Verband,
der darum war. Ich machte ihn vorsichtig ab und sah die zwei feinen,
roten Striche genauer an, die dort an meinem Handgelenk zu erkennen
waren. Genau daneben verlief eine Vene. Nachdenklich betrachtete ich
es weiterhin und dachte über Harrys Worte nach.
Wäre es
richtig, weiter zu leben und glücklich zu sein? Ging das
überhaupt? Konnte ich nach Liam überhaupt noch jemanden
lieben? Konnte mich jemand lieben? Ich war nicht mehr Derselbe. Ich
war nur noch eine Hülle, die vor sich hinlebte. Mein Blick
richtete sich auf und ich sah in den Spiegel. Mein Äußeres
hatte sich nicht wirklich verändert. Ich sah immer noch fertig
aus. Ich sah auf den Waschbecken Rand und sah die Rasierklinge, die
ich von Harry und Louis mitgenommen hatte. Sollte ich... aber Harrys
Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf. Ich wusste, dass es falsch
war, was ich gemacht hatte und ich mir nur damit selbst schadete.
Aber ich konnte nicht anders. Der Schmerz, der tief innen drinnen
saß, zerfraß mich fast. Ist es falsch, diesen Schmerz mit
einem Schmerz zu überdecken?
Ich schüttelte den Kopf, um
die Gedanken los zu werden und suchte im Schrank nach einem neuen
Verband. Ich unterdrückte das Verlangen, nach der Rasierklinge
zu greifen und verband mir meinen Arm neu. Danach zog ich mir andere
Sachen an und kroch unter die Decke. Es war so still und einsam in
meinem Zimmer und ich vermisste es, neben Harry zu schlafen,
vermisste seinen Arm um mich herum und meine Gedanken glitten immer
mehr ab in einen ruhelosen Traum, indem immer wieder verwirrende
Bilder auftauchten von Liam oder sogar Harry.
„Niall, alles okay bei
dir?", fragte Harry mich schon wieder und sah mich besorgt aus
seine grünen Augen an. Ich beachtete ihn nicht. Schon seit
Anfang an saßen wir beide schweigend vor Simons Büro, weil
er mit uns noch etwas besprechen wollte. Von Zayn keine Spur bisher,
genauso wenig wie von Louis, doch ich hatte keine Lust Harry zu
fragen, ob er wusste, wo Louis war.
„Ja.", erwiderte
ich leise, um ihn zu beruhigen, doch er schien nicht wirklich
überzeugt. Doch bevor er noch etwas sagen konnte, öffnete
sich die Tür und wir sahen beide gleichzeitig auf. Dort standen
Louis und Zayn und beide sahen zu uns rüber. Harry stand sofort
auf und schloss Louis in die Arme. Das ganze versetzte mir leicht
einen Stich ins Herz. Aber warum? War ich etwa eifersüchtig?
Bevor ich jedoch weiter darüber nachdenken konnte, trat Zayn
näher an mich heran, Louis und Harry redeten leise über
irgendwas, und setzte an, mir etwas zu sagen, doch ich ließ ihn
nicht zu Wort kommen, stand auf und umarmte ihn einfach. Er erwiderte
die Umarmung und ich spürte etwas Nasses auf meiner Haut. Er
schien zu weinen.
„Niall, es tut mir so leid. Das hätte
nicht passieren dürfen, ich...", er hielt inne und schweig
wieder. Ich wusste nicht, was er damit genau meinte, aber ich ging
davon aus, dass er von seinem Verschwinden redete.
„Schon
okay Zayn. Keiner nimmt dir das übel!", versuchte ich ihn
zu beruhigen. Ich hatte Angst, dass der Halbpakistani zusammenklappen
würde. Es schien ihn richtig fertig zu machen und ich war
erstaunt darüber, dass ich es schaffte, ihn zu beruhigen, obwohl
ich selbst am Ende meiner Kräfte war. Ich bekam nur am Rande
mit, dass Simon uns zu sich herein bat. Wir besprachen den folgenden
Tag, da dann die Pressekonferenz stattfand. Ich hörte nicht
wirklich zu, war zu sehr damit beschäftigt, auf Zayn Acht zu
geben, da dieser wie ein Häufchen Elend auf dem Stuhl saß
und zu nichts mehr wirklich fähig war. Irgendwas musste
geschehen sein, denn Louis, Harry und ich redeten die ganze Zeit auf
ihn ein, sagten ihm, dass es okay wäre, dass er abgehauen war,
doch er bekam sich gar nicht mehr ein. Als Simon meinte, dass er das
Testament da hätte, weil Karen es nicht übers Herz brachte
es mit uns durchzusprechen, richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder
auf ihn.
„Ich werde es einfach vorlesen... Dieser hier ist
an uns gerichtet. Er hat sein Testament in zwei Schriftstücke
unterteilt. Eins geht an Familie und Freunde, das hier an euch...",
erklärte Simon, und man merkte ihm an, dass er damit immer noch
zu kämpfen hatte, dass Liam tot war. Er holte einen Brief
hervor, zog die Blätter hervor und begann nach einem Räuspern
zu lesen:
Dieser Teil des Testamentes geht
an Niall James Horan, Louis William Tomlinson, Zayn Jawaad Malik,
Harry Edward Styles und Simon Cowell.
Da der größte
Teil verschenkt wurde oder an meine Familie ging, habe ich mir etwas
anderes für euch überlegt, im Falle ich werde sterben. Ihr
sollt nicht ohne etwas von mir leben, außer ihr wollt es. Es
würde mir nur sehr viel bedeuten, wenn ihr es annehmen
würdet.
Als erstes an alle. Ich schenke euch Niall, Louis,
Harry und Zayn vierzig Prozent meines Geldes, was dann gerecht
aufgeteilt wird. Ich weiß, ihr habt selbst genug, doch ihr
sollt mit dem Anteil von mir euch etwas kaufen, was ihr euch immer
gewünscht habt, aber nie euer Geld für verwenden wolltet,
weil ihr lieber an die anderen gedacht habt. Dafür bewundere ich
euch bis heute.
Das war der erste Teil. Der zweite richtet sich an
jeden einzelnen Persönlich.
Als erstes an Niall. Dir möchte
ich meine Gitarre geben, die in meinem Zimmer steht. Ich weiß,
du hast sie immer geliebt und mochtest es, wenn ich auf ihr gespielt
habe. Ich hoffe du nimmst das Geschenk an.
Als nächstes Zayn.
Ich weiß, es ist bescheuert und nur klein, aber ich finde, er
hat eine besondere Bedeutung, zumindest für mich. Dir will ich
Zayn, den riesen Lolli geben, den du einst bei mir vergessen hast.
Ich hoffe, er wird dir genauso den Schreibtisch verschönern, wie
mir und nebenbei dich an mich erinnern.
Louis du verrückter
Vogel! Ich weiß, Geschenke soll man nicht zurück geben.
Aber in dem Fall haben wir es ja beide zusammen gemacht und du hast
ihn mir überlassen. Ich hoffe die L-Statue ist dir noch in
Erinnerung geblieben. In den letzten Jahren sind sogar noch mehr
Erinnerungsstücke dran geklebt worden. Unser L. Louis und Liam.
Ich hoffe du vergisst mich nicht, deinen Anfangsbuchstaben
Kumpel!
Harry, ich weiß, dass ist das Unkreativste, was man
machen kann, aber ich hoffe trotzdem, dass du es magst. Es ist ein
T-Shirt, was ich mir mal für dich überlegt hatte, doch am
Ende fand ich es zu bescheuert. Du wirst noch früh genug sehen,
warum ich es dir dann doch nicht gegeben habe, aber man kann als
Erinnerungsstück ansehen. Ich hoffe dir bedeutet es so viel wie
mir...Und zum Schluss noch Simon. Es hat lange gebraucht, bis mir
eingefallen ist, was ich dir geben könnte, doch dann fiel mir
etwas ein, was ich schon vor Jahren verdrängt hatte. Es ist ein
kleines Buch, indem ich eigene, geschriebene Songtexte stehen habe.
Vielleicht kannst du sie verwenden. Es würde mir sehr viel
bedeuten, wenn du wenigstens mal reinschauen würdest.
Lasst den Kopf nicht hängen. Auch wenn ich nicht mehr da bin, bedeutet ihr mir trotzdem noch sehr viel und ich hoffe, ihr nehmt euch das nicht alles zu sehr zu Herzen und lebt euer Leben weiter. Macht die Musik weiter, für unsere Fans und existiert für mich weiter. Ihr seid wie Brüder für mich geworden und ich will nur das Beste für euch.
In Liebe,
Liam Payne
Tränen brannten in meinen Augen, genauso wie in denen der anderen. Selbst Simon konnte sie sich nicht verkneifen. Wortlos stand ich auf, zog Zayn mit und Harry zog Louis nach oben. Als hätten wir uns abgesprochen, gingen wir um den Tisch herum und schlossen alle Simon in die Arme. Eine Weile standen wir so da, keiner sagte etwas, oder rührte sich von der Stelle. Wir waren einfach nur füreinander da.
Simon ist lustig… Uns das
Testament eröffnen und morgen ist dann gleich die
Pressekonferenz angesetzt… Verdammt, warum nur? Hätte er
es nicht danach machen können? Die ganzen Wunden, die
ansatzweise begannen zuheilen, wurden dadurch wieder aufgerissen. Auf
die Frage, wie es mit One Direction weiter gehen sollte, hatten wir
immer noch keine Antwort.
Harry und ich lagen schweigend im
Bett und jeder schien nachzudenken. Was war bei Zayn heute passiert?
Ich war so froh, dass er für mich da gewesen war, auch wenn er
selbst am Ende seiner Kräfte war, wie man gesehen hatte. Die
ganze Sache mit Harry machte mich einfach fertig. Heute Morgen hatte
er mich gefragt, wo ich war und als ich ihm verraten hatte, dass ich
bei Zayn war, wurde er plötzlich sauer. War das denn überhaupt
noch eine Beziehung zwischen uns oder war das mehr noch ein
Muss?
„Lou?“, unterbrach Harry die Stille. „Harry,
ich will schlafen. Bitte...“, murmelte ich, weil ich keine Lust
hatte mit ihm zu reden. Worüber denn? Wir würden uns doch
sowieso nur streiten…
Ich konnte die Nacht über nicht
wirklich schlafen, weil ich einfach viel zu aufgeregt war wegen der
heutigen Pressekonferenz. Ich brauchte jetzt einfach einen Freund,
der mich in den Arm nahm und mir half. Ich brauchte keinen, der mir
ständig sagen will, was falsch ist und über unsere
„Beziehung“ reden will.
Im Studio in dem die
Pressekonferenz stattfinden würde, wuselten schon jede Menge
Leute rum. Als ich Zayn sah, wie er total verzweifelt in seinem Stuhl
saß und weinte, ließ ich Harrys Hand los und nahm den
Halbpakistani in den Arm. Ich war froh ein bisschen Abstand von den
Beziehungsproblemen von Harry und mir zu bekommen.
„Es tut
mir so Leid Lou…“, flüsterte Zayn und schaute mich
an. Seine Augen waren gerötet und er sah einfach nur aus, als
hätte er diese Nacht kein Auge zugemacht. „Bitte Zayn. Hau
nicht wieder ab nach der Pressekonferenz. Wir schaffen das zusammen!
Wir schaffen das!“, flüsterte ich und strich ihm
beruhigend über den Rücken. Zayn war komplett fertig mit
der Welt und ich kann das echt verstehen, nachdem was er mir gestern
erzählt hatte.
„Jungs, kommt ihr? Es geht los!“,
sagte Simon. Auch ihn nahm der Tod Liams mit, das sah man ihm
deutlich an. Er versuchte es zwar zu überspielen, aber das
gelang ihm nicht immer.
Die Pressekonferenz würde eröffnet
und wir betraten den Raum. Heute waren nur vier Stühle gerichtet
und jeder setzte sich an seinen Platz. Ganz links der Platz neben mir
blieb leer und es fühlte sich an, wie eine Lücke, weil dort
normalerweise Liam saß.
Eigentlich sollte jetzt jemand
etwas sagen, doch niemand traute sich. Es herrschte einfach eine
unangenehme Stille in dem Raum. Früher hatten wir immer so viel
gelacht, wenn wir hierher kamen. Liam oder ich hatten das Wort
ergriffen, aber im Moment fühlte ich mich dafür nicht
zuständig. Liam war nicht da. Sofort traten mir Tränen in
die Augen, dann ergriff Harry das Wort: „Es ist jetzt zwei
Wochen her seitdem Liam tot ist und wie man bestimmt sieht, geht es
uns nicht gut damit… Immerhin wurde unser bester Freund, unser
Bruder aus dem Leben gerissen. Im Moment haben wir damit zukämpfen
wieder den normalen Alltag herzustellen und werden für weiteres
alle Veranstaltungen absagen, was hoffentlich verständlich für
alle ist. Es tut uns wahnsinnig Leid für die Directioner, aber
wir sollten unsere eigene Gesundheit in den Vordergrund stellen.“
Er machte keine Anstalten noch weiteres zusagen, also ergriff ich das
Wort. Es sollte jetzt einfach rauskommen, worauf alle warteten.
Nämlich eine Antwort auf die Frage, wie es mit uns weiter gehen
würde.
„Jetzt zu der Frage, worauf alle warten. Wie
wird es mit One Direction weiter gehen. Um ehrlich zu sein, wir
wissen es nicht! Ohne Liam fehlt ein wichtiger Teil der Band. Unser
Banddaddy. Man konnte immer zu ihm kommen, wenn man was brauchte oder
reden wollte und immer aber auch immer versuchte er einem zu helfen!
One Direction ist nicht mehr One Direction, wenn jemand fehlt. Ohne
eine Person bin ich nicht bereit weiter hin unter dem Namen One
Direction Musik zumachen. Ich glaube den Anderen geht es genauso.“
Ich machte kurz eine Pause und schaute die Anderen an, die zustimmend
nickten.
„Ob wir vier zusammen Musik machen, wissen
wir auch noch nicht. Wir müssen erstmal mit dem Verlust klar
kommen und dann schauen wir weiter. Es war ein riesiger Schock für
uns alle, als wir diese Nachricht erfahren hatten, doch leider könne
wir jetzt auch nichts ändern außer probieren damit
klarzukommen“, Niall ergriff das Wort und mich wunderte es, wie
gefasst seine Stimme doch war. Die letzten zwei Wochen hatte er kaum
einen Ton herausbekommen und jetzt schwingt er große Reden?
Ich
blickte zu Zayn, der rechts neben mir saß. Er sah aus wie ein
Häufchen Elend und ich hatte Angst, dass er jeden Moment
zusammen klappen würde. Er hatte sein Gesicht inter einer
Fassade versteckt und sein Ausdruck blieb kalt, doch seine Augen
sagten was ganz anderes. Unter dem Tisch nahm ich seine Hand und
drückte sie aufmunternd, doch er reagiert nicht mal. Er war
gefangen, wie in einer Trance und bekam nicht einmal mit, als ihm
eine Frage gestellt wurde. Niall stupste ihn an und er reagierte in
dem er aufsah. Der Reporter wiederholte seine Frage: „Zayn, wo
sind Sie die letzten zwei Wochen gewesen? Niemand hatte sie in London
gesehen?“
„Ich war nicht hier. Ich brauchte einfach
ein bisschen Zeit für mich und bin weggefahren“, sagte er
nur und in seinen Augen blitzte erneut der Schmerz auf. Ich hielt
seine Hand noch immer. Seine Hand hatte sich verkrampft, als ihm
diese Frage gestellt wurde und in seinen Augen bildeten sich Tränen.
Ich hatte Angst, dass er zusammen bricht, deswegen stand ich auf und
half Zayn hoch. Er war total schwach und hatte keine Kraft mehr. Ich
sagte zu Niall, dass ich ihn hier raus bringe und sie die
Pressekonferenz weiter machen sollten. Es war einfach zu viel für
Zayn.
Ich öffnete die Tür zu dem Raum, in dem wir
zuvor drinnen waren. Keiner war hier. Ich nahm ihn in den Arm und
versuchte ihn zu beruhigen. Zayn stand plötzlich auf und trat
gegen den Tisch. „ICH KANN NICHT MEHR, Lou!“, schrie er
und begann zu schluchzen. Er fiel auf die Knie und ich wusste nicht
was ich machen sollte. Liam? Wo bist du, wenn ich dich
brauche?
Irgendetwas musste ich tun, also stand ich auf und nahm
den verzweifelten Halbpakistani in den Arm und versuchte ihn zu
beruhigen. „Was soll ich nur machen?“, flüsterte er.
Na super, da rannte Louis mit Zayn
nach draußen und Niall und ich mussten die Pressekonferenz
allein zu Ende bringen. Es war auch schon so schwer genug für
uns, da mussten die beiden nicht auch noch einfach verschwinden.
wir
beantworteten also die letzten Fragen und folgten dann Louis und Zayn
in den Aufenthaltsraum. Die beiden saßen auf einer Couch, fest
ineinander verschlungen und Louis streichelte unaufhörlich über
Zayns Rücken.
Vielleicht hätte der Anblick mich traurig
oder wütend machen sollen, aber ich spürte nichts. Keinen
Schmerz, keine Trauer, rein gar nichts.
Die beiden bemerkten nicht
einmal, wie Niall und ich den Raum betraten, erst als wir uns
ebenfalls auf die große Couch setzten, saß Louis auf und
lächelte mich an.
„Tut mir leid.“, formte er mit
seinen Lippen und ich nickte. Dann starrte ich wieder geradeaus auf
die Wand.
Das Testament und die Erklärung vor der Presse
machten es so endgültig. Liam war tot und er würde nicht
mehr zu uns zurückkommen. Dabei war das mein einziger Wunsch.
Aber wie sollte ich es bezahlen Liam wieder zu uns zurück zu
holen? Es war unmöglich.
Tränen stiegen in meinen Augen
auf und bevor die Erste überhaupt über meine Wange rollen
konnte, schlang Niall seine Arme um mich und ich konnte mein Gesicht
an seiner Brust verstecken.
Eigentlich hätte es Louis sein
sollen, der mich tröstete, aber wie so Vieles hatte sich auch
das nach Liams Tod verändert. Ich fragte mich, was sich wohl
noch alles ändern würde und ich bekam Angst. Angst vor der
Zukunft.
Es war das erste Mal nach Liams Tod, dass ich vor den
anderen weinte. Ich hatte eigentlich versucht stark zu sein, aber wie
sollte ich stark sein, wenn wir Denjenigen verloren hatte, der immer
für uns stark gewesen war?
„Jungs?“ Paul und
Simon stießen zu uns und als ich aufsah, konnte ich sogar bei
Simon feuchte Augen sehen. Er hatte selbst gesagt, dass wir wie Söhne
für ihn seien. Wie musste es sein, seinen Sohn zu verlieren?
Ich
verspürte das plötzliche Bedürfnis etwas für
Liams Familie zu tun. Aber ich wusste nicht, was ich tun konnte.
Vielleicht würde mir ja noch etwas einfallen.
Vielleicht
konnten wir einen oder auch mehrere Songs, die Liam Simon vermacht
hatte, aufnehmen und ihn widmen. Vielleicht wachte ja sein Geist über
uns und würde es hören, wenn wir für ihn sangen.
Am Abend saßen Louis und ich
in unserer Wohnung. Wir hatten seitdem wir zuhause waren kaum ein
Wort miteinander gewechselt. Ich hielt diese Stille nicht mehr aus.
„Wie geht es Zayn?“, fragte ich und er zuckte mit den
Schultern. „Hast du doch gesehen, scheiße geht es ihm.“,
antwortete Louis knapp und ich seufzte.
„Was würdest
du davon halten, wenn wir in den Urlaub fahren?“, fragte ich
weiter und wieder zuckte er mit den Schultern.
„Meinst du,
dass das eine gute Idee ist? Wir können doch die anderen nicht
allein lassen und außerdem…ehrlich gesagt, wir streiten
uns doch im Moment viel zu oft, um es länger als einen Tag
allein mit einander auszuhalten.“, gab er dann zu und sah mich
an, traurig sah ich zurück.
„Vielleicht würde ein
Urlaub uns helfen alles wieder gerade zu biegen.“, wisperte ich
und griff nach Louis Hand. Sie war eiskalt, genau wie meine.
„Ich
weiß nicht Haz…Ich hab kein gutes Gefühl dabei.
Lass es uns hier gerade biegen und dann können wir noch immer
Urlaub machen. Außerdem müssen wir für die anderen da
sein.“
„Du durftest einfach abhauen, Zayn war auch die
ganze Zeit weg und wenn ich dich bitte einfach mal für eine
kleine Weile zu verschwinden, ist es auf einmal eine schlechte
Idee?“, knurrte ich und Louis fuhr sich seufzend durch die
Haare.
„Abzuhauen war auch eine schlechte Idee, das ist mir
aber erst klar geworden, als es schon zu spät war.“,
versuchte Louis mich zu beruhigen und legte seine Hand auf mein
Bein.
„Aber jetzt ist doch erst einmal Ruhe. Zayn ist auch
wieder da, Niall und er haben sich. Warum sollten wir nicht auch
wieder Zeit für uns haben? Ist es zu viel verlangt, wenn ich
Zeit mit meinem Freund verbringen will?“, giftete ich und
sprang auf.
„Hazza…“
„Nichts Hazza!
Sag doch einfach, wenn du nicht willst und rede dich nicht mit
irgendwelchen Ausreden heraus! Da hab ich keine Lust drauf und es
verletzt mich, weißt du das eigentlich? Weißt du
eigentlich wie sehr ich mich nach dir sehne, mich danach sehne
einfach nur ein bisschen Zeit mir dir zu verbringen? Zu vergessen was
passiert ist? Zu vergessen wer wir sind? Natürlich nicht! Du
hast doch keine Ahnung.“, schrie ich ihn an und stürmte
aus dem Wohnzimmer.
„Harry warte.“, rief Louis mir
verzweifelt hinterher und ich hörte ihn ebenfalls in den Flur
laufen. Ich riss meine Jacke vom Haken und machte die Tür auf.
„Bitte geh nicht!“ Geknickt stand Louis im Türrahmen
zum Wohnzimmer und sah mich an. Ich war zu wütend, wenn ich noch
länger bei ihm geblieben wäre, dann wäre ich nur noch
wütender geworden.
„Doch, ich gehe. Du bist auch
einfach verschwunden.“, erklärte ich kalt, nahm noch meine
Schlüssel und verschwand.
Sofort umhüllte mich die kalte
Nachtluft und ich zog den Reißverschluss meiner Jacke höher.
Langsam beruhigte ich mich wieder und bekam auch prompt ein
schlechtes Gewissen. Ich hätte Louis nicht so anschreien müssen,
das war nicht nötig gewesen.
Aber ich war auch zu stolz um
meinen Fehler einzugestehen und zurück zu laufen. Außerdem
war mir kalt und ich war schon längst ganz woanders. Genau vor
Nialls Wohnung.
Wie von selbst hatten meine Füße mich
dorthin getragen. Wenn ich schon einmal da war, dann konnte ich auch
klingeln und schauen, wie es ihm ging. Niall öffnete mir sogar,
sah mich aber überrascht an.
„Was machst du denn
hier?“, fragte er und trat bei Seite, damit ich reinkommen
konnte.
„Ich hatte Streit mit Lou und dann bin ich
abgehauen.“, gab ich leise zu und zog meine Jacke aus. „Willst
du Tee?“, fragte Niall und ich nickte.
Ich war etwas überrascht, als
Harry vor meiner Türe stand.
„Was machst du denn
hier?“, fragte ich ihn und trat zur Seite, um ihn herein zu
lassen.
„Ich hatte Streit mit Lou und dann bin ich
abgehauen.", gab er leise zu und zog seine Jacke aus.
„Willst
du Tee?", fragte ich ihn und er nickte. Ich ging in die Küche
um Wasser aufzusetzen und Harry folgte mir. Als ich die Tassen aus
dem Schrank holte, bemerkte Harry etwas, was ich total vergessen
hatte.
„Niall, was ist das an deinem Handgelenk?"
Verwundert sah ich zu ihm und dann auf das besagte. Erschrocken riss
ich meine Augen auf. Ich trug nur ein T-Shirt, da ich mit keinem
Besuch gerechnet hatte und somit konnte man den Verband ziemlich gut
sehen.
„N-nix?" Es klang mehr wie eine Frage und Harry
merkte es.
„Niall! Was hast du da gemacht?" Er nahm mir
behutsam die Tassen aus der Hand und machte sich an dem Verband zu
schaffen, den ich erst vor ein paar Stunden erneuert hatte. Ich hatte
es erneut getan. Der Tag hatte mir einfach zu schaffen gemacht.
„Harry, ich hab mich nur an einer Kante verletzt. Nichts
Dramatisches!", versuchte ich mich aus der Situation zu retten,
doch da hatte er bereits den Verband unten und man konnte die neuen
feinen, roten Striche erkennen.
„Niall, hast du dich etwa
geritzt?", fragte Harry fassungslos und mir traten wieder Tränen
in die Augen. Ich entzog ihm meine Hand, entriss ihm den Verband und
lief ins Wohnzimmer. Ich setzte mich auf die Couch und versuchte mir
den Verband wieder hinzu machen, doch ich versagte. Ich konnte durch
den Tränenschleier vor meinen Augen nichts mehr klar
erkennen.
„Warte, ich helfe dir!“, sagte Harry, setzte
sich neben mich und stellte zwei dampfende Tee Tassen auf den
Tisch.
„S-schon okay.", erwiderte ich, doch Harry ließ
nicht locker und verband mir vorsichtig mein schmerzendes Handgelenk.
Er fragte nicht nach, schweig nur und konzentrierte sich auf meine
Hand. Ich fühlte mich komisch. Ich wollte nicht, dass es jemand
wusste und nun musste es ausgerechnet Harry erfahren. Was er nun von
mir dachte?
„Niall. Wieso bist du nicht zu mir gekommen und
hast mit mir geredet? Warum tust du selber weh?", stellte mir
Harry, nachdem er fertig war, dann doch die Frage.
Ich zögerte
und starrte vor mich auf den Boden, bevor ich antwortete.
„Weil
ich mich nicht wieder zwischen dich und Louis drängen wollte",
gestand ich ihm.
„Das machst du doch gar nicht!"
„Doch!",
wiedersprach ich ihm und zog die Beine an mich heran. Ich schlang
meine Arme um meinen Körper und unterdrückte das Zittern,
das sich in meinem Körper breit machte. Mir war nicht wirklich
kalt, aber die Situation war so anders. Ich hätte niemals
gedacht, an so einem Punkt in meinem Leben anzukommen.
„Niall.“
Harrys Stimme war beruhigend und sanft, doch ich ignorierte ihn und
unterdrückte die wiederkommenden Tränen.
„Es wäre
besser, wenn ich weggehen würde. Ich mache euch allen eh nur
Probleme und dränge mich dazwischen. Mich würde doch keiner
vermissen!", redete ich mir ein und die Tränen liefen
erneut über meine Wangen.
Harry rückte ein Stück zu
mir herüber und hob sanft aber mit festem Griff mein Kinn nach
oben, damit ich ihm ins Gesicht gucken musste. Ich erkannte ebenfalls
Tränen in seinen Augen, was mich sehr wunderte.
„Das
stimmt nicht Niall! Red dir bitte nicht so was ein! Es wäre die
Hölle für uns alle, wenn du jetzt ebenfalls verschwinden
würdest."
„Ach wirklich? Deswegen ist Zayn
abgehauen? Und Louis? Und Louis schien ziemlich wütend auf mich!
Und du würdest mich auch nicht vermissen, immerhin hast du Louis
und ich niemanden. Mich würd..."
Ich wurde mitten im
Satz unterbrochen, weil Harrys Lippen plötzlich auf meinen
lagen. Ich schnappte erschrocken nach Luft und wollte
zurückschrecken, doch es fühlte sich einfach zu gut an.
Zögernd erwiderte ich den Kuss. Es war falsch, das war mir
bewusst, denn ich küsste gerade den Freund eines meiner besten
Freunde. Doch ich wollte auch wieder etwas fühlen, nicht mehr
der einsame, ausgeschlossene und innerlich kaputte Junge sein, dem
man nur hinterher rennen musste, damit er sein Leben auf die Reihe
bekam. Ich fühlte mich bei Harry geborgen und seit langem mal
wieder verstanden. Ich konnte in diesem kleinen Moment alles was um
mich herum geschehen war vergessen. War das denn so schlimm?
Viel
zu schnell löste er sich von mir und sah mich erschrocken an.
Erst da wurde mir wieder bewusst, was wir getan hatten.
„Niall,
es... es tut mir leid!", meinte er schockiert über sich
selbst, stand schnell auf und holte seine Jacke. Bevor ich ihm noch
folgen konnte, fiel die Türe bereits ins Schloss und ich blieb
alleine zurück. Eine drückende Stille herrschte mit einem
mal um mich herum und das Gefühlschaos in mir brach herein.
Verzweifelt vergrub ich meinen Kopf in meinen Händen und schämte
mich dafür, was ich getan hatte. Was würde nur Liam von mir
denken?
Scheiße… Was hatte ich
denn schon wieder getan? Mein Gesicht vergrub ich in meinen Händen
und dachte nach. Warum hatten wir uns alle so verändert? Wie
konnte die Trauer einen Menschen nur so verändern?
Ich
erkannte Harry nicht wieder. Er war nicht mehr der Mensch in den ich
mich einmal verliebt hatte. Wo war nur der lustige Spaßvogel
hin? Mir war klar, dass wir nicht wie blöd durch die Gegend
springen konnten, aber ab und zu sollten wir schon mal wieder ein
bisschen lachen. Wenn es ihm so scheiße gehen sollte, warum
zeigte er das nie? Warum hat er alles in sich hinein gefressen oder
nur Niall gezeigt? War er nicht mein Freund? Hätte er nicht mit
mir über seine Probleme reden sollen?
Ich stand auf und
setzte mich auf die Fensterbank, wo zurzeit mein Lieblingsplatz war.
Oft starrte ich einfach nur aus dem Fenster ins Leere. Es war einfach
so viel passiert. Der Tod von Liam, Zayn ist abgehauen, der Streit
mit Harry, ich bin abgehauen, der nächste Streit mit Harry, ich
konnte zu Zayn, die Pressekonferenz, ein völlig aufgelöster
und verzweifelter Zayn und schon wieder der Streit mit Harry…
Warum
musste das jetzt alles auf einmal kommen? Wenn das so weiter gehen
würde, waren wir kurz davor, dass unsere Freundschaft
auseinander brechen würde. Das war jedoch das Letzte was Liam
wollte. Die Pressekonferenz war vorhin schon der Horror gewesen.
Wahrscheinlich war es am besten, wenn wir uns trennen würden.
Also nicht freundschaftlich, sondern nur musikmäßig…
Zayn war ein Wrack und wenn das so weiter gehen würde, waren wir
das alle…
Zayn… Als ich am Abend vor der
Pressekonferenz abgehauen war, konnte ich Gott sei Dank zu ihm. Drei
Stunden später war er hier gewesen und hatte mich getröstet,
auch wenn ich jetzt wusste, dass er es eher nötig gehabt hatte.
Wenn ich doch nur jemandem erzählen könnte, warum Zayn weg
war… Aber ich hatte es ihm versprochen und er sollte es selbst
machen! Die ganze Nacht hatten wir uns gegenseitig getröstet und
versucht mit Liams Tod klar zu kommen, aber irgendwie hatte das nicht
funktioniert…
Fuck… Hätte ich Zayn alleine
lassen sollen nach der Pressekonferenz? Ich hab ihn noch ins Haus
gebracht und ihn ins Bett gelegt, einen Tee gemacht, aber dann hatte
Harry mich raus gezogen. Was wäre wenn…?
Erschrocken
stand ich auf, suchte meinen Autoschlüssel und rannte zu meinem
Auto. Wie dumm konnte ich nur sein und ihn alleine lassen? Er war
schon so am Ende und ich hatte mich von Harry einfach rausziehen
lassen. Ich musste sofort zu ihm! Wäre ja nicht auszudenken,
wenn… Ich konnte meine Gedanken nicht zu Ende bringen. Nein,
das dürfte nicht passieren!
„Maaaaaan, macht schon!“,
ungeduldig trommelte ich gegen das Lenkrad meines Autos. Ich wollte
so schnell ich konnte zu Zayn, aber der fucking Londoner Stadtverkehr
ließ das ja nicht zu… Warum kann es nicht einmal schnell
gehen, wenn man will? Nein, es muss ja immer dann schnell gehen, wenn
man Zeit hat. Ich drückte ungeduldig auf die Hupe, doch für
die Ampelschaltung konnten die Anderen ja auch nichts…
Zayn
wohnte etwas außerhalb, deswegen konnte ich nicht hinlaufen wie
bei Liam und Niall… Innerlich verfluchte ich Zayns
Wohnungswahl, aber er wollte ja alles so haben, wie er es sich
vorgestellt hatte… Zu Fuß wäre ich hundert pro
schneller gewesen… Immer dieser komische Umweg, weil es durch
die Stadt noch viel länger dauern würde, aber draußen
war ja wunderschöner Sonnenschein und wer weiß wie viele
Directioner heute auf Londons Straßen herum liefen.
Manchmal
ist es echt anstrengend berühmt zu sein. Ich liebe unsere Fans,
aber im Moment waren sie mehr als nervig, wenn sie sich auf einen
stürzen. Wir brauchen einfach Zeit für uns und ein bisschen
frische Luft schnappen ist erst möglich, wenn man in den neunzig
Minuten entfernten Wald fährt…
Endlich war ich
bei Zayn angekommen. Sein Auto stand schon mal da. Das ist also gut.
Mir war es vollkommen egal, ob mein Auto im Halteverbot stand. Es
ging mir nur um Zayn und darum ob es ihm gut ging. Was interessiert
mich da ein Halteverbotsschild?
Ich drückte die Klingel immer
und immer wieder, doch keiner öffnete. Auch noch fünf
weiteren Minuten rührte sich nichts in der Wohnung. Ich ging
einmal ums Haus herum und schaute, ob in der Wohnung Licht brannte,
da es schon dunkel geworden war. Verdammt Zayn, wo bist du nur?!
Warum machst du die verdammte Tür nicht auf?
Ich griff zu
meinem Handy und probierte ihn zu erreichen. Das Freizeichen erklang
und es tutete. Tuuuut, tuuuut, tuuut.
„Man Zayn geh an
dein Handy! Wofür hast du das denn?“, zischte ich uns
legte wieder auf, als die Mailbox erklang. Wieder und wieder drückte
ich auf die Klingel und rief ihn an, doch es passierte
nichts.
Tränen stiegen mir in die Augen und ich setzte
mich auf die Stufen vor der Tür. Was ist wenn wirklich das
eingetreten war, was ich nicht wollte? Zayn kann doch nicht einfach…
Die Leute, die an mir vorbeiliefen schauten mich mitleidig an, aber
ich ignorierte das. Alles was mich gerade interessierte war, wo Zayn
sich aufhielt. Immer wieder schrieb ich ihm Nachrichten, doch es
passierte nichts… Auch eine Stunde später hatte ich keine
Antwort.
Zayn, wo warst du nur?
Planlos rannte ich davon. Weg von
Niall, weg von dem Gefühl irgendwo tief in mir, weg von dem
großen Fehler, denn ich begangen hatte. Ich hatte einen Freund,
verdammt! Dann konnte ich doch nicht einfach Niall küssen. Ich
liebte Louis doch.
Es war dunkel und kalt und ich war eine Weile
einfach nur durch die Gegend gelaufen, bis ich vor einem kleinen
Waldstück stand. In der Nähe stand eine Bank und ich ließ
mich darauf fallen.
Mein Gesicht vergrub ich in meinen Händen
und verfluchte mich selbst. Was war eigentlich in mich gefahren? Ich
konnte mir nicht einmal selbst erklären, warum ich Niall geküsst
hatte. Er hatte davon gesprochen, dass er sich ungeliebt fühlte
und keiner ihn vermissen würde und ich wollte ihm das Gegenteil
beweisen.
Dafür hätte ich ihn nicht küssen müssen,
dass wusste ich auch, aber ich hatte in dem Moment gedacht, dass es
einfach das Richtige war. Ich hatte nicht an Louis gedacht, nicht an
das, was das alles zwischen uns verändern könnte, zwischen
Niall und Louis verändern könnte. Ich hatte nur an Niall
gedacht und ich hatte den Kuss genossen, auch wenn ich es ungern
zugeben wollte.
Mein ganzer Kopf war voll mit Gedanken an den
Blonden, für Louis war kaum ein Platz und ich fing an zu weinen.
Uns allen ging es so verdammt schlecht, Louis und ich stritten uns
nur noch und dann hatte ich ihn auch noch so hintergangen.
Ich war
ein furchtbarer Freund. Und außerdem auch noch ein furchtbarer
Mensch. Bestimmt hatte ich Niall total verwirrt. Er hatte Liam
geliebt und ich war mit Louis zusammen, sicherlich war er irritiert,
warum ich ihn geküsst hatte.
Ich musste mit Niall reden, ihm
erklären, dass es ein Versehen war und die Sache nichts zwischen
uns verändern sollte. Entschlossen zog ich mein Handy aus meiner
Tasche und wählte Nialls Nummer. Die vielen verpassten Anrufe
und ungelesenen Nachrichten von Louis ignorierte ich.
Beim ersten
Versuch nahm Niall nicht ab, also wartete ich ein paar Minuten und
rief ihn nochmal an. Weil er wieder nicht abnahm, stand ich von der
Bank auf und versuchte mich zu orientieren. Offenbar war ich eine
Weile gelaufen, denn ich hatte keine Ahnung, wo ich war.
Ich ging
einfach los und traf nach ein paar Metern auf eine Straße und
eine kleine Reihe mit Geschäften. An einer Tankstelle rief ich
mir ein Taxi und ließ mich zu Nialls Wohnung fahren.
Ich hatte noch einen Schlüssel
aus der Zeit, als es Niall so schlecht ging. Nachdem Niall mir auch
nach dem dritten Klingeln nicht öffnete, nahm ich eben diesen
Schlüssel und machte mir selbst auf.
„Niall?“,
rief ich, als ich die Wohnungstür öffnete und aus dem
Schlafzimmer erklang ein Wimmern.
„Niall? Bist du im
Schlafzimmer?“ Ich klopfte an und die Tür öffnete
sich von allein, weil sie nur angelehnt war. Es war dunkel, aber
durch das Licht der Straßenlaternen die durch das Fenster
schienen, konnte ich erkennen, dass jemand auf dem Bett
lag.
„Nialler?“ Ich legte ihm eine Hand auf die
Schulter, aber er drehte sich weg und wimmerte wieder. „Komm
schon, rede mit mir.“, bat ich und setzte mich auf die
Bettkante.
„Ich weiß doch, dass es Mist war. Aber es
ist passiert. Ich will nicht, dass der Kuss zwischen uns steht und
irgendetwas verändert. Wir sind alle emotional belastet und ich
verspreche dir, dass es nicht nochmal passiert.“, wisperte ich
und hörte Stoff rascheln.
„Harry…was…was
ist, wenn ich will, dass es nochmal passiert? Liam würde nichts
Gutes von mir denken, wenn ich Louis, einen guten Freund, einen
Bruder, hintergehe, aber ich kann nicht anders. Ich brauche dich.“
Nialls Stimme war brüchig und kratzig, ich schluckte.
„Liam
würde nichts Schlechtes von dir denken. Es ist nicht schlecht,
wenn man zu seinen Gefühlen steht und versucht glücklich zu
sein.“, murmelte ich und schaltete die Nachttischlampe an.
Niall blinzelte, er sah schrecklich verweint und total fertig
aus.
Auf dem Bettlaken war ein roter Fleck und ich nahm sein
rechtes Handgelenk in die Hand. Der Verband fehlte und es waren
frische Wunden da, die noch ein wenig glänzen.
„Nicht…“
Niall versuchte sich meinem Griff zu entziehen und seinen Arm zu
verstecken, aber ich hielt ihn mit sanfter Gewalt fest. „Komm,
wir machen das sauber und verbinden es wieder.“, bestimmte ich
und zog Niall vom Bett. Auf wackligen Beinen folgte er mir ins
Bad.
„Versprich mir, dass du damit aufhörst. Ich bin
für dich da und Zayn und Louis sind für dich da, egal, was
du tust. Du hast deinen Bruder, deine Familie. Es gibt so viel mehr
Lösungen, als diese.“
Beschämt senkte er den Kopf
und sah zu, wie ich seine Wunden säuberte und einen Verband drum
herum wickelte.
„Lass ihn dran und wenn du wieder das Gefühl
hast, dass du dich verletzen musst, dann komm zu mir.“, bat ich
und der Blonde nickte langsam.
„Sieh mich an.“,
forderte ich sanft und er sah mich tatsächlich an. „Geht
doch.“, lächelte ich und stand auf. Niall erhob sich
ebenfalls und dann standen wir voreinander.
„Was ist jetzt
mit uns?“, fragte Niall leise und ich zuckte mit den Schultern.
„Ich weiß es nicht. Ich will nicht, dass sich etwas
zwischen uns verändert.“
„Es hat sich so gut
angefühlt.“, murmelte Niall und schlang plötzlich
seine Arme um mich. Kurz war ich überrascht, aber dann erwiderte
ich die Umarmung. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich Niall und
Louis gegenüber verhalten sollte, ich wusste nicht einmal, was
ich eigentlich wollte und denken sollte.
Zwei Tage war nun die
Pressekonferenz her und in den zwei Tagen, saß ich nun alleine
in meiner Wohnung und starrte mit leerem Blick aus dem Schlafzimmer
Fenster. Hunger hatte ich keinen und ich stand nur auf, um etwas zu
trinken oder aufs Klo zu gehen. Seit zwei Tagen meldete ich mich
nicht bei meinen Freunden und ignorierte die Anrufe und SMS. Ich
versuchte meine Gedanken und Gefühle zu unterdrücken, aber
es ging nicht. Immer wieder musste ich an den Kuss mit Harry
denken.
Ich machte mir Vorwürfe, da ich damit Louis und auch
Liam hintergangen habe. Ich schämte mich dafür, dass ich
mehr davon wollte. Vielleicht lag es daran, dass Harry als Einziger
da war für mich, als es mir schlecht ging, denn der Gedanke
daran, dass Harry und Louis zusammen sind, machte mich rasend. Ich
hatte mich damals so für sie beide gefreut und jetzt war ich
eifersüchtig. Ich war mir nicht mal mehr im Klaren, was für
Gefühle ich überhaupt hatte. Liebte ich immer noch Liam
oder liebte ich Harry?
Mein Herz weigerte sich zu einer Aussage,
mein Kopf war zweigespalten. Einerseits wollte ich Harry. Ich fühlte
mich bei ihm geborgen und geliebt. Ich würde am liebsten mit ihm
verschwinden, ein neues Leben beginnen und vergessen, was geschehen
ist. Andererseits kann ich Louis, einem meiner besten Freunde nicht
den Freund wegnehmen. Und ich liebte doch Liam und meine Freunde
konnte ich doch jetzt auch nicht im Stich lassen. Obwohl die anderen
beiden, bis auf Harry abgehauen waren.
Verzweifelt schlug ich
meinen Kopf gegen die Scheibe. Angenehmerer Schmerz machte sich
bemerkbar. Ich starrte auf den Verband um mein Handgelenk. Es wäre
so einfach. Ich musste an Harrys Worte denken. Ich konnte es ihm
nicht antun.
Hin und her gerissen, stand ich auf und suchte nach
meinem Handy. Als ich es eingeschalten hatte, erschien ein Bild von
Liam und mir. Tränen stiegen mir in die Augen. Mit
verschwommener Sicht tippte ich eine Nachricht an Harry und schmiss
dann das Gerät auf mein Bett, die eingegangenen Anrufe und Sms
ignorierend. Danach setzte ich mich wieder auf die Fensterbank und
starrte nach draußen.
Es hatte nicht lange gedauert, als ich
die Tür hörte, wie sie leise ins Schloss fiel.
„Niall?",
hörte ich Harrys bekannte Stimme und atmete erleichtert aus. Der
Drang, die Rasierklinge in die Hand zu nehmen war immer größer
geworden, doch jetzt war er da.
„Niall, hier steckst du.
Alles okay bei dir?", fragte Harry im Türrahmen und sah
mich besorgt an. Ich hob den Kopf und schüttelte den Kopf. Dann
vergrub ich ihn wieder zwischen meinen Armen. Harry kam zu mir
herüber und umarmte mich von hinten.
„Was ist denn
los?", fragte er sanft. Seine Nähe fühlte sich
verdammt gut an... Ich antwortete ihm nicht, sondern umklammerte mein
verletztes Handgelenk.
„Niall, du hast doch nicht...",
fragte Harry entsetzt, doch ich schüttelte den Kopf.
„Aber
du wolltest...", meinte er etwas beruhigter. Ich zögerte
und nickte dann. Harry drehte mich vorsichtig zu sich herum und sah
mir besorgt in die Augen.
„Niall..." Er schien etwas
sagen zu wollen, ließ es dann jedoch. Er schloss die Augen und
atmete tief durch. Seine Hände ruhten noch auf meinen Schultern.
Ich wollte nicht, dass er so besorgt aussah. Ich wollte noch mehr
Nähe. Reiß dich zusammen Horan, er ist nur ein guter
Freund, versuchte ich mir immer und immer wieder einzureden, doch ich
scheiterte.
Ohne zu überlegen, krallte ich meine Finger in
Harry Shirt und zog ihn näher zu mir heran. Er öffnete
überrascht die Augen, doch bevor er fragen konnte, presste ich
bereits meine Lippen auf seine. Ich wusste, dass es falsch war. Ich
wusste, dass es der größte Fehler meines Lebens war und
ich wusste, dass meine Freundschaft in dem Moment auf dem Spiel
stand. Doch überraschenderweise riss sich Harry nicht los.
Er
zögerte anfangs, schien hin und her gerissen zu sein, dann
entschied er sich dazu, seine Arme um mich zu schlingen und den Kuss
zu erwidern. Ich spürte unter meinen Händen, wie dünn
Harry geworden ist. Wo man sonst nur Muskeln spüren konnte, war
da nur noch Haut und Knochen. Seine Hände pressten sich
krampfhaft gegen meinen Rücken und drückten mich noch näher
an ihn. Ich spürte seine Verzweiflung, und seine Trauer. Es
fühlte sich gut an, ihn so nahe bei sich zu haben und für
einen Moment vergaßen wir alles um uns herum.
Für uns
zählte nur dieser eine Kuss. Wir lösten uns erst
voneinander, als wir beide Luft brauchten und da wurde uns erst
wieder bewusst, was wir gerade taten. Harry ließ mich sofort
los und stolperte zurück.
„Scheiße!",
entfuhr es ihm. Er setzte sich auf die Bettkante und vergrub
verzweifelt seinen Kopf zwischen seinen Händen. Er bereute es
und das schmerzte.
„E-es tut mir l-leid...", stammelte
ich und Tränen traten mir in die Augen.
Harry schüttelte
nur den Kopf.
„Verdammt nochmal Niall...",flüsterte
Harry und sah mich leidendem Blick an. Würde er mich jetzt
hassen?
Jetzt saß ich nun seit zwei Tagen an Zayns Bett und beobachtete ihn. Vor ungefähr einer halben Stunde war er eingeschlafen und ich konnte die letzten Tage mal Revue passieren lassen. Der Tag der Pressekonferenz war einfach der Horror gewesen. Der Pakistani war so schwach und ich ließ ich auch noch alleine… Wie blöd konnte ich eigentlich sein? Vor allem nachdem Zayn mir erzählt hatte wieso es ihm so scheiße ging.
*Flashback*
„Verdammte scheiße Zayn, wo bist du nur?“, fluchte ich und schaute in Twitter. Vielleicht verrieten mir die Directioner wo er war. Ich suchte und suchte… Aber irgendwie fande ich nichts bis zu dem einen Tweet:
1DUpdate: Zayn’s standing in the window of ‘The Park Tower Knightsbridge’ Hotel.
Darunter war ein Foto, wo Zayn am Fenster stand und nach unten schaute. Soweit ich das erkennen konnte, waren Tränen in seinen Augen und er zögerte, ob er springen sollte. Was macht er nur?
Ich rannte los. Ich wär zu Fuß viel schneller und außerdem war es nicht weit von seiner Wohnung entfernt. Wie konnte ich es dazu nur kommen lassen? Warum war ich nicht bei ihm geblieben?
„Zayn!“, schrie ich, als ich ankam. Tausende von Directioner standen davor und beobachteten, was passieren würde. Verdammt… Wie sollte ich da durch kommen? Ein paar Mädchen drehten sich zu mir um und schrieen: „Oh mein Gott. Da ist Louis Tomlinson!“ Weitere drehten sich um und sie rannten auf mich zu, doch ich ignorierte sie. Ich musste verdammte scheiße da durch.
Zayn löste einen Fuß vom Fensterbrett und ich schrie noch einmal laut: „Zayn, lass den Scheiß!“ Der Halbpakistani schaute aber nicht auf. Er starrte immer noch auf einen Punkt in der Tiefe… Verdammt… Das waren mindestens 20 Meter. Zayn, was machst du nur?
Ich rannte los und boxte mich durch die Menge. Ein paar Directioner stellten sich mir in den Weg, aber ich schubste sie einfach nur zur Seite. Es war mir grad scheiß egal! Alles was ich wollte, war meinen besten Freund von dem Fenster weg holen.
Als ich noch circa dreißig Meter von dem Gebäude entfernt war, schrie ich noch mal: „Zayn!“ Der Sänger schaute sich um, aber sah mich anscheinend nicht. Verzweifelt boxte ich mich weiter durch. Es wurde immer schwerer, weil die Mädchen sie förmlich an den Eingang drängten. Immer wieder schrie ich Zayns Namen, doch er sah mich nicht. Jetzt stand ich genau unter dem Fenster. Ein letztes Mal rief ich seinen Namen und hoffte, dass er mich endlich sehen würde, doch er tat es nicht. Warum mussten hier so viele Leute sein?
Tränen stiegen mir in die Augen und ich ging zur Tür: „Bitte lassen sie mich rein. Mein bester Freund steht am Fenster und will springen! Bitte ich muss das verhindern!“ Der Portier nickte und ließ mich rein. Welches Zimmer hatte er denn?
„Können sie mir sagen, welches Zimmer Zayn Malik hat?“, fragte ich an der Rezeption nach und der Rezeptionist schaute mich verwirrt an. „Man beeilen sich! Er will aus dem Fenster springen!“, schrie ich ihn verzweifelt an und er nannte mir seine Zimmernummer. Vierter Stock… Verdammt! Warum musste er so hoch. Ungeduldig wartete ich auf den Fahrstuhl, doch es dauerte mir zu lange. Was wenn er bereits gesprungen war? Was wenn ihm was passiert war?
„Zayn!“, ich haute an die Zimmertür. „Mach die verdammte Tür auf!“ Keine Reaktion. „Zayn, wenn du die verdammte Tür nicht aufmachst, dann trete ich sie ein!“, drohte ich weiter, aber auch darauf hatte ich keine Reaktion.
Ich hatte so verdammte Angst um Zayn, da trat ich einfach die Tür ein. Mir war das scheiß egal wie teuer das wurde. Ich wollte nur meinen besten Freund von dem Fenster wegholen. Krachend landete die Tür auf dem Boden und ich schaute zum Fenster. Zayn stand immer noch dort mit Tränen in den Augen.
„Bleib wo du bist!“, Zayns Stimme brach ab, aber ich blieb stehen. Was wenn er wirklich springen will. „Bitte Zayn! Du machst es uns nur noch schwerer“, flüsterte ich und ließ meinen Tränen ebenfalls freien Lauf. „Das ist doch keine Lösung.“
„Und ob das eine ist! Louis du weißt nicht was ich gerade durchmache! Du weißt nicht wie ich mich fühle! Kennst du das Gefühl? Nein!“, schrie er mich an und ich machte einen Schritt auf ihn zu.
„Zayn, bitte!“, flüsterte ich und ging noch einen Schritt auf ihn zu. Noch zwei Meter trennten uns und Zayn sah mich an. Seine Augen glitzerten durch die ganzen Tränen und seine Haut war total blass. „Zayn bitte, wir können doch über alles reden!“, versuchte ich es noch einmal und Zayn setzte einen Schritt zurück ins Zimmer. Ich streckte meine Hand nach seiner aus und zog ihn zu mir ins Zimmer. Den schwachen Halbpakistani in eine Umarmung und flüsterte: „Bitte tu mir nie wieder so was an!“
Schluchzend lag er mir in den Armen und konnte nicht mehr. Es war am besten, wenn ich ihn jetzt nach Hause bringe. „Ich bring dich nach Hause okay?“, fragte ich ihn und er nickte. Schnell rief ich an der Rezeption an und ließ mir ein Taxi zum Hinterausgang bestellen. Vorne würde es garantiert nicht durchkommen, wenn die Directioner wussten, dass wir in dem Hotel waren.
Gott sei Dank wussten sie nicht, wo Zayns oder meine Wohnung war. Am besten ist es, wenn wir zu ihm fahren, da wir bei mir vermutlich auf Harry treffen würden und ich glaube nicht, dass das so praktisch wäre.
Ich trug den Halbpakistani nach unten. Er lag wie eine leblose Puppe in meinen Armen und hatte die Augen geschlossen.
*Flashback Ende*
Genau, wie eine Puppe lag er auf dem Bett und schlief. Dunkle Augenringe schmückten seine blasse Haut. Er sah so zerbrechlich aus…
Ich schrieb Harry eine SMS:
Bin bei Zayn ihm geht es nicht gut. Weiß nicht wann ich nach Hause komme…Lou xx
Der Kuss mit Niall haute mich um.
Verdammt, ich sollte nicht einen meiner besten Freunde küssen
und es genießen, während ich nicht wusste, wo mein Freund
steckte und wie es ihm ging.
Aber ich konnte nicht anders. Wie
sollte ich auch? Niall war einfach…er war einfach Niall und er
konnte jeden um den Finger wickeln, auch wenn er das vielleicht nicht
wusste.
Ich wusste, dass es falsch war ihn wieder zu küssen,
aber ich tat es trotzdem. Ich konnte ihm einfach nicht
wiederstehen.
Nachdem ich Nialls Lippen wieder freigegeben hatte,
schlang ich meine Arme um ihn und vergrub mein Gesicht in seinem
Nacken. Das konnte doch alles einfach nicht wahr sein!
Seit unserem Streit hatten Louis und
nicht gesprochen oder gesehen und die SMS war das erste Zeichen von
ihm.
Zayn war ihm anscheinend wichtiger als ich, aber ich sollte
mich vielleicht auch nicht beschweren, immerhin hatte ich nicht
versucht ihn anzurufen oder ihn zu sehen. Trotzdem tat es weh.
Niall
und ich hatten uns nach dem Kuss einfach auf das Bett gesetzt und uns
angeschwiegen. Ich wollte ihm so viel sagen, aber ich wusste nicht
was und nicht wie und überhaupt war ich viel zu verwirrt, um
überhaupt einen Ton aus meinem Mund zu bekommen.
Ich
antwortete Louis nicht und schob mein Handy nur wieder in meine
Hosentasche. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Niall mich beobachtete
und ich drehte meinem Kopf zu ihm.
„Harry…“,
fing er an, aber ich legte ihm meinen Finger auf die Lippen und sah
ihn traurig an.
„Ich weiß es nicht Niall. Ich weiß,
dass du wissen willst, was wir sind, ich will es genau so, aber ich
weiß es nicht.“, murmelte ich und nahm meine Hand wieder
weg, aber Niall ergriff sie und verschränkte unsere
Finger.
„Kannst du hier bleiben? Ich fühl mich so
einsam, leer und verlassen.“, wisperte er und ich
nickte.
„Natürlich. Ich hab dir doch gesagt, dass ich
immer für dich da bin.“, erklärte ich und er lehnte
sich mir entgegen um mich zu umarmen. Ich erwiderte die Umarmung und
brauchte den Halt genauso sehr wie er.
Ich verfluchte das Chaos in
meinem Kopf und mein Gewissen, dass mir einredete, dass ich das alles
ganz schnell mit Louis zu klären hatte, aber das war etwas, an
das ich noch gar nicht denken wollte.
Ich ertappte mich bei dem
Gedanken, mir zu wünschen, dass Louis Schluss machen würde.
Sicherlich wäre es für mich ziemlich hart, aber dann musste
ich ihn nicht verletzen und auch kein schlechtes Gewissen mehr
haben.
Ich war so ein egoistischer Mensch. Grummelnd schloss ich
die Augen und lehnte meine Stirn an Nialls Schulter. Dieses
Gedankenkarusell war echt nicht zum Aushalten.
Nialls Hand strich
unablässig über meinen Rücken und ich hörte ihn
etwas murmeln.
„Was hast du gesagt?“, fragte ich leise
und er hob etwas den Kopf, damit ich ihn besser verstehen
konnte.
„Ich hab gesagt, dass du nicht immer stark sein
musst. Ich kann auch für dich da sein.“, wiederholte er
seine Worte und ich lächelte.
„Danke Nialler.“,
wisperte ich und drückte ihn noch etwas fester an mich.
„Du
zerquetscht mich.“, kicherte er, gedämpft durch mein
T-Shirt, worin er sein Gesicht gedrückt hatte. Sein warmer Atem
drang durch den Stoff und traf meine Haut, ich erschauderte.
Ich
lockerte die Umarmung wieder etwas und Niall rückte etwas von
mir ab. Das hinterließ eine unangenehme Leere, die mir gar
nicht gefiel.
So wie er vor mir saß, fiel mir auf, dass
Niall dünn geworden war. Er war zuvor schon immer recht schlank
gewesen, aber er sah schon fast krankhaft dünn aus. Wobei ich
auch nicht besser aussah, das wusste ich.
„Du bist dünn
geworden.“, sagten Niall und ich im gleichen Moment und als wir
uns in die Augen sahen, mussten wir beide lachen.
„Eigentlich
ist das nicht zum Lachen.“, stellte ich fest und stand auf.
„Deswegen machen wir uns jetzt etwas zu essen.“,
beschloss ich, aber Niall schüttelte den Kopf.
„Ich hab
nichts da.“, murmelte er und ich zuckte mit den Schultern.
„Eine Karte von einem Lieferservice wirst du doch wohl
haben, oder nicht?“, grinste ich und er nickte. Ich reichte ihm
meine Hand, um ihn hochzuziehen, aber ich zog mit so viel Kraft, dass
Niall stolperte und in meinen Armen landete.
„Nicht so
stürmisch.“, wisperte ich ihm ins Ohr und als ich in sein
Gesicht sah, stellte ich fest, dass Niall errötet war. Er rückte
etwas von mir ab und sah den Boden an.
Ohne ein weiteres Wort zog
ich ihn mit mir mit, damit wir nach einer Karte eines Lieferanten
suchen konnten, Nialls Hand ließ ich aber nicht los und ihn
schien das nicht zu stören.
Das erste Mal seit Liams Tod ging
es mir irgendwie gut. Ich fühlte mich frei und unbeschwert und
dieses Mal hatte ich kein schlechtes Gewissen.
Warum sollte ich
mein Leben nicht weiter leben und es genießen? Liam wollte es
und ich sah das erste Mal ein, dass es richtig war.
Es brachte
doch nichts, wenn wir uns vergruben. Das hatte ich den anderen Jungs
zwar immer und immer wieder gesagt, aber jetzt glaubte ich wirklich
daran.
Vielleicht konnte ich so Niall endlich aus seinem Loch
ziehen. Vielleicht glaubte er mir, wenn ich selbst auch an das
glaubte, was ich sagte.
Vielleicht konnte ich mit so einer
positiven Einstellung auch die Probleme mit Louis wieder ins Reine
bringen und vielleicht konnten Niall, Louis, Zayn und ich am Ende als
gute Freunde weiter leben.
ich war richtig optimistisch in diesem
Moment und mein schlechtes Gewissen war wie weggeblasen, weil ich
glaubte, dass alles wieder gut werden würde.
Also kuschelte
ich mit Niall auf dem Sofa, bis unser Essen kam und anschließend
nahm ich mir vor Louis anzurufen.
Zu irgendwas musste diese
Euphorie ja gut sein, selbst wenn sie half die Probleme mit meinem
Freund zu regeln.
Nachdem wir aufgegessen hatten und nebenbei einen Film angeguckt hatten, stand Harry auf und zog sein Handy raus.
"Wo willst du hin?", fragte ich panisch, da ich Angst hatte, das er weggehen würde.
"Ich will Louis anrufen. Ich bin gleich wieder da" Er lächelte mich an und verschwand aus dem Wohnzimmer. Bei Louis Namen versetzte es mir einen Stich ins Herz. Ich wusste, dass es falsch war, dass ich eifersüchtig auf einen meiner besten Freunde war und mir wünschte, er würde nicht mehr mit Harry zusammen sein. Aber ich konnte nicht gegen meine Gefühle machen. Zwar liebte ich immer noch Liam, aber er würde niemals wieder kommen. Ich dachte ich könnte niemals wieder etwas für jemanden empfinden, aber dank Harry hatte sich das Verändert. Ich zog die Beine an und vergrub meinen Kopf zwischen ihnen. Er war Louis Freund. Er konnte Harry ihm nicht einfach wegnehmen. Aber mir ging es ohne Harry nicht gut. Er war der einzige der mich verstand. Ich seufzte leise, stand auf und ging in die Küche. Ich holte mir etwas zu trinken, als ich Harrys Stimme vernahm. Ich trat näher an die andere Tür heran, um besser hören zu können, was er sprach.
"... Louis... Ich weiß und ich verstehe dich ja... Ja, aber... Lou... Ich liebe dich! Ich will, dass das zwischen uns wieder wird. Ich wünsche mir doch bloß, dass es so wird wie vorher... Ich weiß, dass es schwer ist. Lass es uns doch wenigstens versuchen... Können wir uns vielleicht treffen...?"
Weiter hörte ich erst gar nicht zu. Harry wollte, dass es zwischen ihm und Louis so wird wie früher. Er würde mich alleine lassen. Mit leichten Tränen in den Augen ging ich zurück ins Wohnzimmer und setzte mich. Ich versuchte einen klaren Gedanken zu fassen, doch es ging nicht. Ich überlegte, was ich nun machen sollte und entschied dann, an die frische Luft zu gehen. Ich nahm meine Jacke und meine Schlüssel und verließ die Wohnung. Draußen kam mir frischer Wind entgegen und ich zog meine Jacke an, da es mich leicht fröstelte. Ich legte die Kapuze über meinen Kopf und zog sie tief ins Gesicht, damit mich keiner sofort erkannte. Ich lief den Weg entlang ohne auf die Leute in meiner Umgebung zu achten. Wenn ich jemanden anrempelte, ließ ich sie eiskalt stehen, ohne mich zu entschuldigen. Nach einiger Zeit wurde der Weg immer unregelmäßiger und es tauchten mehr Bäume am Straßenrand auf. Ich suchte mir eine Parkbank und setzte mich hin. Ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen und versuchte nicht nachzudenken, was sich als sehr schwierig herausstellte. Meine Gedanken kreisten um Liam. Er hatte mich einfach so verlassen. Und Harry. Er wollte unbedingt wieder, dass alles so wie früher wurde. Und Louis? Und Zayn? Nichts würde mehr so wie früher sein...
Hatte ich denn überhaupt noch jemanden? Wäre es nicht besser und einfacher, einfach abzuhauen? Vielleicht war es besser, wenn ich zurück nach Irland gehen würde. Mich würde eh keiner vermissen. Ich mischte mich nur in Beziehungen ein und zog alle noch mehr runter. Nach langer Überlegung, griff ich nach meinem Handy und rief meinen Bruder an. Nach einer halben Ewigkeit, so schien es mir, nahm er endlich ab.
"Niall. Na Kleiner, alles okay bei dir?"
"Hi Greg. Ja... Nein, nicht wirklich..."; gestand ich. Es tat gut die Stimme meines Bruders zu hören.
"Was ist denn los?"
"Keine Ahnung, es ist in letzter Zeit einfach zu viel Passiert und ich weiß einfach nicht mehr wo mir der Kopf steht..."
"Du weißt, dass du bei uns und auch bei Mum immer herzlich willkommen bist?"
Ich nickte, bis ich merkte, dass er das gar nicht sehen konnte.
"Ja... und danke... Vielleicht komme ich für ein paar Tage, oder länger zu euch... Ich muss schaun..."
"Mach das. Ich muss jetzt leider los. Wir hören uns. Bis dann"
"Bis dann"
Ich legte auf. Lange Zeit saß ich einfach nur da und starrte mit leerem Blick vor mich hin. Was sollte ich nur machen?
„Nein, Harry, ich kann jetzt nicht hier weg! Ich hab Zayn versprochen, dass ich ihn nicht alleine lasse. Du hast doch mitbekommen was passiert ist“, erklärte ich Harry die Situation. Natürlich will ich mich wieder mit ihm vertragen, aber ich kann Zayn auch nicht alleine lassen.
„Du bist jetzt seit zwei Tagen durchgängig bei Zayn“, sagte Harry und unternahm den Versuch mich zu überreden. „Na und? Du bist doch auch seit zwei Tagen bei Niall. Außerdem geht es ihm beschissen!“, sagte ich und langsam wurde ich wütend. Warum verstand er denn nicht, dass ich für meinen besten Freund da sein wollte. Er hatte doch von dem Selbstmordversuch gelesen, der in sämtlichen Zeitungen abgedruckt wurde. Mich wunderte es, dass Simon dazu noch nichts gesagt hatte. Na ja egal.
„Bitte Louis, ich möchte nur, dass wieder alles so wird wie früher!“, flüsterte Harry verzweifelt. Darauf sagte ich erstmal nichts. So wie früher… Nichts wird wieder wie früher! Liam ist tot! Wie sollte da was wieder wie früher werden? „Nichts wird wieder wie früher Harry!“, zischte ich. „Liam ist tot, also kann nichts wie früher werden!“ Louis, beruhig dich, versuchte ich mich zu beruhigen und normal weiter zusprechen. „Weißt du, Harry, ich will jetzt für Zayn da sein und ich glaube das funktioniert nicht, wenn wir uns ständig streiten. Wir sind kaum noch zuhause, sondern du haust irgendwann einfach ab zu Niall und ich sitze da wie bestellt und nicht abgeholt… Kannst du dir vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als Zayn nicht da war?“ Ich ließ ihm keine Zeit um zu antworten. „Ja, wie das fünfte Rad am Wagen. Ich glaube es ist einfach besser, wenn wir unsere Beziehung erstmal auf Eis legen und versuchen mit der Situation klar zu kommen, dann kann sich auch keiner beschweren“, löste ich unser Beziehung in Luft auf. Es versetzte mir einen Stich ins Herz, weil ich Harry immer noch liebte, aber unter solchen Bedingungen wollte ich keine Beziehung führen.
„Aber Lou“, flüsterte Harry und ich vermutete, dass ihm Tränen über die Wangen liefen. Verdammt… Warum war ich so nah am Wasser gebaut. Bei mir stahl sich ebenfalls eine Träne aus meinen Augen und ich wischte sie schnell weg. Dann legte ich einfach so auf. Ich konnte das nicht. Seufzend ließ ich mich auf Zayns Sofa plumpsen und vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
Alles was jetzt zählte war Zayn. Ich musste stark für ihn sein. Er hatte zu viel mitgemacht und hatte eine Person verdient, die sich um ihn kümmerte und die für ihn da war.
„Lou“, fragte eine schwache Stimme und ich schaute auf. Zayn stand in der Tür und schaute zu mir. „Alles in Ordnung?“, fragte mich der Halbpakistani und ich nickte. Ich wollte ihn nicht mit der Trennung von Harry belasten. Zayn sah so zerbrechlich aus, wie er da stand. Er hatte verdammt noch mal so viel abgenommen.
„Hast du Hunger?“, fragte ich ihn und er schüttelte den Kopf. „Zayn, du musst irgendwann wieder was essen. Ich koche uns jetzt was und dann isst du was. Auch wenn’s nur ein bisschen ist, aber tu es Liam zu liebe!“, sagte ich und der Junge mit den schwarzen Haaren nickte. Ich stand auf und ging zu ihm. Ohne etwas zu sagen nahm ich ihn in den Arm und hielt ihn einfach nur fest. Schwach lehnte er sich gegen mich und versuchte seine Tränen zurück zuhalten. Er hatte die letzten zwei Tage so viel geweint, was natürlich auch verständlich war. Die Situation war nicht gerade einfach für ihn.
„Du setzt dich jetzt aufs Sofa und ich mach dir einen Tee, okay?“, fragte ich ihn und er nickte. Ich verschwand in die Küche und brachte den Wasserkocher zum laufen. Mal schauen, was wir da haben zum kochen. Gestern war ich kurz einkaufen und hatte auch Fleisch besorgt, welches ich jetzt in der Pfanne anbriet. Die Nudeln kochte ich ebenfalls und als alles fertig war, rief ich ihn.
Nachdem wir was gegessen hatten, setzten wir uns aufs Sofa und ich schaltete den Fernseher ein. Nachrichten na toll. „Nach dem Selbstmordversuch des Sängers Zayn Malik aus One Direction…“, begann die Nachrichtensprecherin. Ich nahm die Fernbedienung und wollte umschalten, da sagte Zayn: „Lass es. Ich will wissen was sie über mich sagen…“
„Zayn Malik saß unsgefähr zwei Stunden an eine Fenster im vierten Stock und schaute nach unten. Wahrscheinlich trieb ihn der Tod seines besten Freundes und Bandkollegen Liam Payne soweit. Louis Tomlinson, ein weitere Bandmitglied, hatte versucht ihn aufzuhalten und schlug sich durch die Masse der Fans, die sich Directioner nennen. Immer wieder schrie er Zayns Namen, doch der Halbpakistani sah ihn nicht. Etwa zehn Minuten später schaute Zayn in den Raum rein und wir vermuten, dass Louis dort stand und auf ihn einredete. Weitere Minuten später war er dann verschwunden. Seitdem hatte man nichts mehr von One Direction gehört oder gesehen. Twitter bleibt leer und auch auf den Straßen trifft man die Jungs nicht mehr an. Jetzt bleibt nur noch eine Frage: Wo waren Harry Styles und Niall Horan? Gibt es bei den Jungs etwa Streit? Wir bleiben dran“, damit beendete die Moderatorin das Thema und stieg auf ein neues um.
Seufzend schaltete ich ab und schaute zu meinem besten Kumpel, der keine Reaktion von sich zeigte. „Und wie soll es jetzt weiter gehen?“, fragte ich ihn. Schulterzuckend stand er auf und zog seine Jacke an. In die Schuhe schlüpfte er schnell. „Was machst du?“, fragte ich weiter. „Ich brauch ein bisschen frische Luft“, antwortete er knapp und ich nickte. „Soll ich mitkommen?“
„Wenn du willst“, Zayn schaute mich nicht an, sondern nahm seinen Haustürschlüssel und lief zur Tür. Schnell zog ich meine Schuhe an und lief ihm hinterher. Ich wollte ihn nicht alleine lassen. Ich hatte einfach Angst, dass er es noch mal probieren könnte.
Weinend ließ ich mich auf den
Küchenstuhl sinken. Ich war so positiv eingestellt gewesen, ich
hatte Hoffnung gehabt. Hoffnung, dass alles gut werden würde.
Louis hatte alle diese Hoffnungen zerstört. Er wollte mich nicht
mehr, Zayn war ihm wichtiger.
Ich stand auf und ging ins
Wohnzimmer, wo Niall noch immer saß. Ich brauchte jetzt eine
Umarmung. Aber Niall war nicht mehr im Wohnzimmer und auch sonst
nirgendwo. Alle hatten mich verlassen, niemand wollte mehr etwas mit
mir zu tun haben.
Was hatte ich getan, dass alle vor mir davon
rannten? Tränen liefen unaufhörlich über meine Wangen
und ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen.
Das war alles
nicht fair! Ich wollte doch, dass alles besser wurde, ich wollte doch
nur mein normales Leben zurück! Liam hätte uns nicht
einfach so verlassen dürfen, wir brauchten ihn alle.
Eine Weile saß ich da und
weinte, bis ich die Haustür zuschlagen hörte. Ich sah auf
und erblickte Niall, der am Eingang des Wohnzimmers vorbei lief.
Schnell sprang ich auf und folgte ihm, im Schlafzimmer blieb er vor
seinem Schrank stehen.
„Wo warst du?“ Meine Stimme
klang brüchig und schwach. Selbst ein Räuspern half
nicht.
„Draußen. Ich dachte, wenn du wieder zurück
zu Lou gehst, dann kann ich zu meiner Familie fahren.“,
murmelte der Blonde und öffnete eine große
Sporttasche.
„Nein!“ Schon fast panisch riss ich ihm
das Gepäckstück aus der Hand und sah ihn flehend an.
„Bitte
Niall! Ich geh nicht zurück zu Louis. Er hat Schluss gemacht und
du kannst mich nicht auch noch verlassen. Ich brauche doch jemanden.
Ich brauche dich.“, wimmerte ich und meine Augen füllten
sich erneut mit Tränen.
„Harry…“, wisperte
Niall und legte dann seine Arme um mich. Erleichtert ließ ich
mich gegen ihn fallen und genoss das warme Gefühl von
Geborgenheit und Zuneigung.
„Bitte…verlass mich nicht
auch noch.“, murmelte ich und Niall strich mir über den
Rücken.
„Scht, alles gut. Ich bleib doch bei dir. Hör
auf zu weinen.“, flüsterte er und schob mich etwas von
sich, damit wir uns anschauen konnten. Sanft wischte er mir die
Tränen von meinen Wangen und ich schloss die Augen. Noch nie
hatte sich etwas so gut angefühlt wie die Berührung von
Nialls etwas rauen Fingerspitzen auf meinen Wangen.
„Sieh'
mich an.“, flüsterte Niall, ich konnte seinen Atem auf
meinem Gesicht spüren. Langsam öffnete ich meine Augen und
starrte direkt in die des Blonden, direkt in das klare Blau, das mich
immer an das Meer an den Südseestränden erinnerte.
„Lass
uns schlafen gehen. Es ist spät.“, murmelte er und ich
nickte langsam. Während ich mich ins Bett legte, räumte
Niall die Tasche wieder weg und schloss den Schrank, dann legte er
sich zu mir.
„Louis ruft dich bestimmt bald wieder an und
dann wird alles gut.“, flüsterte der Blonde mir ins Ohr
und legte seine Arme um mich.
„Ich weiß nicht, ob ich
das will. Ich was überhaupt nicht mehr, was ich will. Oder wen
ich will.“, antwortete ich leise und rutschte näher an
Niall heran.
„Das findest du schon noch heraus. Morgen.“,
murmelte er und drückte sein Gesicht in meine Halsbeuge. Sein
heißer Atem kitzelte meine Haut und ich musste unwillkürlich
lächeln.
Als ich am nächsten Morgen
aufwachte, war das Bett neben mir leer, dafür stand eine Tasse
Tee auf dem Nachttisch, mit einem Zettel darunter.
Ich bin
Einkaufen, wir wollen ja nicht verhungern. Ich brauch auch nicht
lang. Niall
Lächelnd nahm ich die Tasse und trank einen
Schuck von dem Tee. Der hatte genau die richtige Temperatur, also
konnte Niall noch nicht so lang weg sein.
Ich lehnte mich mit dem
Rücken an das Kopfteil des Bettes und wärmte meine kalten
Hände an der roten Tasse. Noch immer konnte ich nicht fassen,
dass Louis einfach alles wegwarf, was wir zusammen aufgebaut
hatten.
Gerade als ich meinen Tee ausgetrunken hatte, trat Niall
ins Schlafzimmer. Ich hatte ihn gar nicht kommen hören, so sehr
war ich in meinen Gedanken versunken. Als er mich sah, lächelte
er und ich grinste zurück.
„Schlafmütze.“,
neckte er mich und setzte sich auf die Bettkante.
„Hättest
mich ja wecken können.“, konterte ich und er lachte.
„Du
hast so süß ausgesehen, ich wollte dich nicht wecken.“,
erkläre er und wir sahen uns mit geröteten Wangen an.
Verlegen kratzte Niall sich am Hinterkopf und ich sah auf die
Bettdecke.
„Kommst du wieder ins Bett?“, fragte ich,
um die Stille zu durchbrechen und rutschte etwas in die Mitte, damit
Niall sich zu mir legen konnte.
Ich legte einen Arm um seine
Schultern und spielte mit seinen Haaren, während sein Kopf halb
auf meiner Schulter lag und wir einfach nur da lagen und
schwiegen.
Ich spürte in meiner Magengegend ein warmes Gefühl
und auch wenn ich es mir nur ungern eingestehen wollte, ich hatte
Gefühle für Niall. Gefühle die über Freundschaft
hinaus gingen und die ich eigentlich nicht haben sollte. Nicht, wenn
Louis und ich gerade erst getrennt waren.
Auch dieser Gedanke tat
plötzlich nicht mehr so weh. Sicherlich, wir waren lange
zusammen gewesen und Louis bedeutete mir noch immer viel, aber Niall
tat das auch und er konnte vielleicht die Lücke füllen, die
Louis hinterlassen hatte.
Ich drehte meinen Kopf zu dem Blonden
und sah ihn an, starrte in seine blauen Augen. Dann, ohne Vorwarnung,
drückte ich ihm einen sanften Kuss auf die Lippen und schloss
die Augen. Es fühlte sich richtig an, so verdammt richtig.
Niall
küsste zurück und seine Hand fuhr in meine Locken, meine
legte ich an seine Wange und wir küssten uns langsam, zärtlich
und mit so viel Gefühl, dass ich nicht wusste, wohin mit all
meinen Glückshormonen.
„Harry.“, wisperte der
Blonde an meine Lippen und lehnte seine Stirn an meine.
„Bist
du dir dieses Mal sicher? Ich ertrage es nicht, wenn du mich wieder
verlässt, gehst, weil du dich wieder mit Lou vertragen hast oder
weil du merkst, dass du zu ihm gehörst. Bitte sag mir, dass du
bei mir bleibst.“, flehte er und ich öffnete die
Augen.
„Niall, sieh mich an.“ Er schlug die Augen auf
und darin sah ich Angst, Verzweiflung und Hoffnung.
„Ich bin
mir sicher. Ich bin mir so sicher wie noch nie.“, antwortete
ich ihm und unsere Lippen trafen sich zu noch einem Kuss.
Glücklich schlang ich einen Arm um Harry und zog ihn noch näher zu mir heran. Er strich mir sanft über die Wange. Als wir uns wieder voneinander lösten, lächelte er mich an. Wir sahen uns eine Zeit lang gegenseitig in die Augen des anderen und genossen die Stille, die zwischen uns herrschte. Sie war angenehm und gleichzeitig beruhigend. Meine Gedanken waren leer. Ich dachte nicht an Liams Tod, oder dass Louis mit Harry Schluss gemacht hatte. Ich dachte nicht an Zayn, der einen Selbstmordversuch hinter sich hatte, von dem ich nur über Nachrichten etwas mitbekommen hatte. Ich dachte nicht One Direction, die Band, die wir waren, die uns zusammengeführt hat. Ich dachte an gar nichts. Ich war einfach nur glücklich und zufrieden und ich hätte in dem Moment am liebsten die ganze Welt umarmt. Ich dachte ich könnte so etwas nie wieder fühlen, aber Harry hatte mir gezeigt, dass das nicht stimmte. Nach langer Zeit unterbrach ich unser Schweigen.
"Du, Harry...?"
"Ja Niall?"
Ich zögerte und musterte Harrys wunderschönen grünen Augen, die, so wie meine vor Glück strahlten. Das war das erste Mal seit langem wieder.
"Ich... Ich wollte mal wieder nach Hause und... ich wollte dich frage, ob du mit mir kommen willst? Nur für ein paar Tage"
Die letzten Worte nuschelte ich schon fast. Ich sah auf Harrys Brust und spielte mit seinem T-Shirt herum, da ich leicht nervös war. Er drückte sanft mein Kinn nach oben, damit ich in seine Augen sehen musste. Er lächelte.
"Gerne!"
Ein breites Grinsen erschien auf meinem Mund ich vergrub meinen Kopf an seiner Halsbeuge. Er legte beide Arme um mich und drückte mich nah an sich, als hätte er Angst, ich würde sonst einfach verschwinden. Niemals... Das würde ich ihm nicht antun. Sein wundervoller Duft stieg mir in die Nase und ich schloss die Augen, um den Moment auszukosten. So glücklich wie jetzt, hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. So frei und unbeschwert. Ich merkte nicht, wie ich langsam wegdämmerte und in einen wunderschönen Traum fiel, in dem alle glücklich waren.
"Niall! Na los steh auf Schlafmütze! Sonst esse ich dir deine Pizza weg!", hörte ich eine vertraute Stimme aus der Ferne. Bei dem Wort Pizza wurde ich schlagartig wach. Ich öffnete meine Augen und setzte mich auf.
"Nein, die Pizza ist meins!", rief ich empört aus meinem Schlafzimmer raus in das Bad und schlüpfte erst mal unter die Dusche, um mich frisch zu machen. Danach zog ich mir eine Jogging Hose und eine Hoodie an und lief in die Küche. Der angenehme Geruch von Pizza lag in der Luft und ich setzte mich mit freudiger Erwartung an den Tisch. Harry kam mit zwei Pizzen in der Hand an den Tisch und stellte mir meinen Teller vor die Nase.
"Du bist ein Schatz Harry! Ich war schon völlig am verhungern!", meinte ich und machte mich gleich über mein Essen her. Ich stockte, als ich merkte, dass Harry mich zu beobachten schien.
"Isch wasch?", fragte ich erstaunt mit vollem Mund und Harry schüttelte nur den Kopf.
"Nein. Alles okay", antwortete er und begann dann auch zu essen. Ich kaute und schluckte runter und sah Harry dann besorgt an.
"Wirklich?"
Er nickte. Da ich ihn immer noch skeptisch ansah, begann er zu lächeln und sah mir tief in die Augen. Ein wohliges Kribbeln machte sich bei seinem intensiven Blick in meiner Magengegend breit.
"Ich bin einfach nur froh, dass du wieder isst!"
Ich lächelte, er lächelte. Wann waren wir das letzte Mal so glücklich gewesen?
"Niall, schön dich zu sehen!", rief meine Mutter erfreut und man sah ihr an, dass sie kurz vor einem Heulkrampf stand. Ihr jüngerer Sohn, der sich so selten Blicken ließ und erst vor kurzem einen ziemlichen Schicksalsschlag erleiden musste, kam zurück nach Hause. Sie umarmte mich und schien mich gar nicht mehr loslassen zu wollen. Nachdem sie es dann doch irgendwann geschafft hatte, umarmte ich auch meinen Dad, der bisher schweigend daneben gestanden hatte und ebenfalls fast weinte und zum Schluss meinen Bruder, der als Einzigster gefasst schien und sich einfach nur freute, mich zu sehen. Harry und ich waren abends noch vor dem Fernseher gesessen und hatten beschlossen, am nächsten Tag nach Irland zu fliegen. Harry hatte nach langer Überwindung Louis nur SMS geschrieben, wo wir waren, damit er sich nicht wunderte. Ich freute mich, meine Familie mal wieder in den Arm nehmen zu können. Harry stand etwas abseits und starrte auf seine Füße. Er schien sich etwas verloren vor zukommen, doch das änderte sich, da sich meine Mum sofort um ihn kümmert. Sie umarmte ihn ebenso herzlich, wie mich und schob ihn zum Esstisch, an dem wir alle Platz nahmen.
"Es freut mich wirklich, dass ihr beide gekommen seid. Wie geht es euch?", bestürmte sie uns gleich und stellte jedem eine Tasse Kakao hin. Das hatte sie früher immer gemacht, wenn es mir schlecht ging. Ich fand es süß und Harry schien sich ebenfalls zu freuen. Er griff unter dem Tisch nach meiner Hand und ich drückte sie. Ich lächelte ihn an und er lächelte zurück.
"Ganz gut eigentlich", antwortete ich dann meiner Mum und sah sie an. Wir redeten alle sechs über dies und das, vergaßen die Zeit und lachten viel. Es schien alles so unbeschwert. Sie vermieden die Fragen, wie es uns nach Liams Tod ging und wie es mit uns weiter lief. Ich verschwieg ihnen das mit Harry, aber nur, weil ich noch nichts überstürzen wollte. Ich wollte es langsam angehen, es nicht gleich wieder zerstören. Ich wollte vor allem Harry Zeit geben, immerhin lag das Mit Louis gerade mal zwei Tage zurück. Ich schaffte es zum Glück in seiner Nähe nicht an das Ganze zu denken, was in England passiert war. Ich verdrängte es in die hinterste Ecke meines Kopfes und genoss es, mit Harry in meinem Heimatland zu sein. Louis hatte sich nicht gemeldet und Zayn ebenfalls nicht.
Wir waren bereits seit drei Tagen da und Harry und ich lagen abends auf meinem Bett und sahen fern. Ich war an ihn gekuschelt, wie es immer der Fall war und genoss seine Wärme, die von ihm ausging.
"Niall?"
Ich hob meinen Kopf und sah in seine grünen Augen.
"Ja Harry?", fragte ich interessiert.
"Danke"
"Wofür?"
"Für alles" Ich schenkte ihm ein Lächeln. Er beugte sich ein Stück zu mir runter und küsste mich sanft. Ich erwiderte es. Der Kuss wurde immer leidenschaftlicher und ich vergrub meine Hand in Harrys Locken. Ich entlockte ihm ein leises Stöhnen und musste grinsen. Er zog mich näher an sich und rollte sich auf mich. Er zwängte mich zwischen seine Beine und verlagerte sein Gewicht auf seine abgestützten Arme, die neben mir lagen. Er Küsste mich wieder und seine Hand wanderte mein Shirt nach unten bis zu meinem Hosenbund. Ich spürte, wie seine warme Hand sich langsam den Weg unter meinem Shirt nach oben bahnte und sanft über meinen Bauch wanderte. Es entlockte mir ein leiser Seufzer und ich vergrub meine Hand wieder in Harrys Haaren, um ihn noch näher an mich heran zu ziehen. Er schob sanft mein Shirt nach oben und zog es mir über den Kopf, nachdem wir uns kurz von unserem Kuss gelöst hatten. Er betrachtete mich. Ich fühlte mich etwas unwohl, da ich mich immer noch so mager und gebrechlich fand, obwohl ich, dank Harry meinen Appetit wieder hatte und in den letzten Tagen ziemlich viel gegessen hatte. Und es war das erste Mal, dass ich was mit einem Jungen hatte. Harry sah mir in die Augen. Seine spiegelten seine Lust wieder und schienen dunkler als sonst. Trotzdem sah er mich nur an und bewegte sich nicht.
"Wenn du das nicht willst, oder es dir einfach zu früh ist...", setzte er an, doch ich unterbrach ihn mit einem Kopfschütteln.
"Das ist es nicht. Ich will nicht, dass du aufhörst!"
Er beugte sich lächelnd runter und küsste meinen Hals entlang. Ich entspannte mich allmählich und schloss die Augen. Ich genoss seine Berührungen, seine Nähe. Harry wusste, was er tat und ich fühlte mich so unglaublich sicher bei ihm.
Vergeblich versuchte ich Niall oder Harry zu erreichen, aber keine der Beiden ging an sein Handy. In den Wohnungen waren sie auch nicht. Was ist da los? Normalerweise ging Harry immer an sein Handy. Selbst über Zayns Handy ging er nicht ran…
Simon hatte mir vor ein paar Stunden eine Nachricht geschrieben, dass er wissen will wie es mit One Direction weiter geht. Ja, das war auch bei mir die große Frage. Wirklich darüber gesprochen haben wir nicht, aber ich wusste, dass unter keinen Umständen weiterhin unter dem Namen One Direction Musik machen würde. Zayn ging es genauso soweit ich wusste. Wir hatten irgendwann das Thema gewechselt, weil es uns einfach zu sehr schmerzte.
„Soll ich was kochen?“, fragte der Schwarzhaarige und ich nickte. Mit Zayn ging es wieder bergauf und er begann wieder Freude am Leben zu haben. Zumindest tat er wenigstens so. Trotzdem hörte ich ihn jeden Abend weinen, aber ich sagte nichts. Zayn wollte, dass ich dachte, dass alles in Ordnung war.
„Zayn?“, fragte ich beim Essen. Ich musste ihm das mit Simon, also mit der Nachricht erzählen. Der Halbpakistani schaute auf und fragte, was los war. „Simon hat mir vorhin eine Nachricht geschickt. Er will endlich wissen, wie es mit One Direction weiter geht, aber ich erreiche weder Niall noch Harry…“, erzählte ich ihm und Zayns Blick senkte sich.
„Ich werde nicht weiter unter One Direction singen! Das habe ich dir schon mal gesagt“, sagte er mit fester Stimme und ich nickte. „Ich weiß… Ich doch auch nicht, aber ich hab später einen Termin bei Simon. Er hat verschiedene Ideen und die will er mir vorstellen…“ Der Jüngere nickte und ich fragte, ob er mitkommen wollte, weil ich ihn ungern hier alleine lassen wollte. Er stimmte zu und zwei Stunden später machten wir uns auf den Weg zu Simon. Wahrscheinlich würde es wieder ein Vortrag werden bei dem wir uns anhören mussten, wie toll es doch wäre, wenn wir ohne Liam weiterhin unter dem Namen One Direction weitermachen würden.
„Hey ihr Beiden, wie geht es euch so?“, fragte Simon, als er uns die Tür zu seinem Büro öffnete. Zayn zuckte mit den Schultern und ich sagte: „Den Umständen entsprechend.“ Der Braunhaarige vor uns nickte und bat uns rein.
„Wo sind denn Harry und Niall?“, fragte er und wir zuckten mit den Schultern. Die Beiden waren ja nicht erreichbar und seit Tagen hatte ich keine Nachricht mehr von Harry bekommen. Das tat verdammt weh. Auch wenn ich kein Anrecht mehr darauf habe, aber dass er vielleicht für unsere Beziehung kämpfen würde, hätte ich gedacht. Ich habe ja Schluss gemacht, aber deswegen brauch mal ja nicht ganz den Kontakt abbrechen. Wir sind immerhin noch eine Band. Wohl eher eine Halbe.
„Okay, habt ihr euch irgendwie gestritten?“, fragte unser Manager und ich schaute zu Boden. Er war wie ein zweiter Dad für uns, deswegen hieß er auch Uncle Simon bei uns und ich wusste, dass ich es ihm sagen konnte, weil er es früher oder später eh rausbekommen wird. „Ja, wir haben uns getrennt. Es wurde einfach alles zu viel“, gab ich zu und Zayn packte unter dem Tisch meine Hand. Beruhigend strich er mit seinem Daumen und lächelte mich aufmunternd an.
„Das tut mir leid“, sagte Simon, aber lenkte sofort wieder ab, weil er endlich sagen wollte, was er schon angekündigt hatte. „Also praktisch haben wir nur drei Möglichkeiten, die ich mir überlegt habe. Die Erste wäre, dass ihr weiterhin unter dem Namen One Direction Musik macht. Liams Solos werden aufgeteilt und wir nehmen das neuste Album noch mal neu auf.“
„Niemals! One Direction gibt es nicht ohne Liam!“, sagte Zayn bestimmt und Simon nickte. „Ihr müsst das auch nicht jetzt entscheiden. Setzt euch mit Harry und Niall zusammen. Die zweite Möglichkeit ist, dass ihr einen neuen Namen nehmt und ein neues Album aufnehmt auf dem nur ihr vier zuhören seid und die letzte, dass ihr euch auflöst und vielleicht ein Abschiedskonzert für Liam macht. Ob ihr danach die zweite Möglichkeit aufgreift, dass kann man ja immer noch nach dem Konzert entscheiden.“ Simon hatte seinen Vortrag beendet und mein Handy klingelte. Ich hatte eine SMS von Harry und Niall.
Hey ihr beiden,
was ist los? Wir sind bei Nialls Eltern in Irland und kommen in drei, vier Tagen wieder. Was gibt’s denn dringendes?
Harry und Niall
Ich schrieb zurück, dass wir heute Abend skypen müssen und die Beiden waren einverstanden. Simon sagte ich noch, wo die Beiden steckten und er nickte. „Wenn ihr wollt, könnt ihr auch noch mal für vier Tage nach Hause fahren“, sagte er und wir nickten. Ob wir das wirklich tun würden, wusste ich noch nicht. Ich wollte nicht alleine sein und schon gar nicht alleine nach Hause fahren.
„Zayn, was hälst du davon, wenn wir nach Hause fahren, so wie Simon es vorgeschlagen hat?“, fragte ich den Halbpakistani und der schaute mich verwirrt an. „Ja, eben nicht alleine, sondern zu zweit… Zwei Tage bei dir und zwei Tage bei mir?“, erklärte ich ihm meine Idee und er stimmte zu. Ich glaub ein bisschen Abwechslung tat uns beiden ganz gut. Zayn würden seine Geschwister auf Trab halten, genauso wie mich meine!
Dann packten wir unsere Sachen, dass wir nach dem Skypegespräch sofort losfahren konnten. Zayns Mum hatten wir bereits angerufen und sie wusste bescheid, dass wir spät kommen würden. Wir durften hier einfach nicht versauern. Unser Leben geht weiter! Nur, weil man uns einen Menschen entrissen hat, kann man doch nicht sein eigenes Leben aufgeben. Liam hätte das auch nicht gewollt.
Wir setzten uns aufs Bett und legten den Laptop zwischen uns. Dann warteten wir auf den Anruf von Niall und dem Lockenkopf. Leise begann Zayn zu singen. Das hatte er seit Liams Tod nicht mehr gemacht. Hoffentlich war das ein Zeichen, dass es auch ihm jetzt besser ging.
Die Vorstellung, dass Lou gleich auf
dem Bildschirm von Nialls Laptop auftauchen würde, machte mir
ein wenig Angst, aber immerhin musste ich ihm nicht in der Realität
gegenüber stehen und das war dann doch etwas Gutes.
Als der
Blonde neben mir das Gespräch entgegen nahm, fiel bei uns allen
die Begrüßung irgendwie kühl aus. Die Stimmung war
seltsam und das machte mir Angst. Zwischen uns hatte nie eine
komische Stimmung geherrscht. Nicht, als wir einfach so eine Band
wurden, nicht nach einen Streit, nicht nachdem wir bei X-Factor
verloren hatten, nicht einmal, als Louis und ich uns gegenüber
den anderen Jungs geoutet hatten. Dies war das erste Mal und das
machte die Situation nicht gerade angenehmer.
„Hey Leute.“,
fing Louis an und nach einem kurzen Vorgeplänkel erklärte
er uns, was Simon im vorgeschlagen.
„One Direction gibt es
ohne Liam nicht.“, sagten Niall und ich gleichzeitig und Zayn
und Lou nickten.
„Für uns auch nicht. Aber wir finden,
dass es auf jeden Fall ein Abschiedskonzert geben sollte. Das hat
Liam verdient und dann können wir immer noch schauen, was wir
dann machen. Und wenn wir in einem Jahr wieder Musik machen wollen,
dann können wir das tun.“, erklärte er und ich nickte
langsam.
„Wann soll das Konzert denn sein?“, fragte
Niall und mich interessierte das auch.
„Keine Ahnung, aber
Simon meinte wir sollten auch erst einmal nach Hause fahren, also
fahren Zayn und ich erst zu seiner Familie und dann zu meiner und
dann treffen wir uns in vier Tagen alle in London.“ Louis Worte
jagten mir einen kleinen Stich ins Herz, weil er und Zayn so
unzertrennlich geworden waren. Allerdings war es bei Niall und mir ja
auch nicht anders geworden und deswegen sollte ich mich wohl auch
nicht beschweren.
„Dann sehen wir uns in vier Tagen. Ich
freu mich, wenn wir endlich alle wieder zusammen sind und vielleicht
einen schönen Grund haben, um uns zu treffen.“ In Nialls
Augen konnte ich Tränen glänzen sehen und ich nahm seine
Hand, aber so, dass man es in der Kamera nicht sah. Ich konnte Louis
noch nicht sagen, dass Niall mehr oder minder seinen Platz
eingenommen hatte.
„Das Abschiedskonzert wird wundervoll
werden.“, flüsterte Zayn, es war das Erste, was er bis
dahin gesagt hatte und auch seine Augen füllten sich mit
Tränen.
„Wir sehen uns dann.“, verabschiedete ich
mich, weil ich merkte, wie Niall neben mir zu zittern anfing und
jeden Moment in Tränen ausbrechen würde.
„Bis
dann.“, meinte Lou noch und dann beendeten wir den
Videoanruf.
„Hey, komm her.“, flüsterte ich und
zog Niall in meine Arme, sofort fing er an zu weinen und ich strich
ihm über den Rücken. Ich war mir nicht ganz sicher warum er
weinte, aber er würde es mir sagen, sobald er aufgehört
hatte zu weinen, da war ich mir sicher.
„Die Idee ist so
schön und Liam würde sich so sehr darüber freuen. Ich
muss mir vorstellen, wie er vielleicht von oben auf uns herab schaut
und lächelt, weil er weiß, dass wir es für ihn tun
und er die Musik immer geliebt hat und immer lieben wird.“,
wisperte Niall, seine Stimme dämpfte sich, weil er sein Gesicht
noch immer an meiner Brust vergraben hatte, aber ich verstand ihn
trotzdem.
„Ja, du hast Recht. Die Vorstellung ist
wunderschön.“, stimmte ich zu und ließ meine Hand
durch seine Haare gleiten. Sie waren so schön weich und immer
wenn ich darin herum wühlte, dann ging von ihnen der Geruch
seines Shampoos aus und dieses roch nach Erdbeeren. Erdbeeren waren
für mich immer ein Symbol für Sommer, Glück und
Zufriedenheit, deswegen beruhigte mich dieser Geruch immer
unglaublich.
„Harry du machst meine Frisur kaputt.“,
jammerte Niall und hob seinen Kopf um mich böse anzufunkeln. Das
misslang ihm aber, weil er einfach nicht böse gucken konnte,
deswegen lachte ich nur und küsste seine Nasenspitze.
„Welche
Frisur?“, fragte ich noch und er schnaubte nur, bevor er mir in
den Bauch piekte und ich zusammen zuckte.
„Wag es ja
nicht!“, lachte ich, als Niall mich angrinste.
„Was?
Das? Und das? Und das?“ Dabei piekte er mich in die Seiten oder
in meinen Bauch und ich robbte halb über das Bett um seinen
Fingern zu entkommen, aber Niall warf sich auf mich drauf, sodass er
auf meinem Rücken lag und ich mit dem Bauch auf der
Matratze.
„Niall, geh runter von mir!“, verlangte ich,
während er seine Finger noch immer über meine Seiten
wandern ließ und ich es nur mit Mühe verhindern konnte zu
lachen.
„Was ist wenn nicht?“, fragte er frech und ich
schaffte es mich umzudrehen und mich über ihn zu beugen.
„Dann
küsste ich dich besinnungslos.“, murmelte ich an seine
Lippen, bevor sie meine zu einem Kuss trafen. Nialls Arme legten sich
um meinen Nacken und ich stützte mich links und rechts von ihm
ab.
Tatsächlich ließ ich erst von ihm ab, als wir beide
schon schwer atmeten und ich grinste, weil Niall mit seinen roten
Wangen und Lippen so niedlich aussah.
„Ich sollte dir öfter
auf die Nerven gehen, wenn das meine Bestrafung ist.“, meinte
er und ich rollte mich neben ihn. Sofort legte er seinen Kopf auf
meine Brust und malte kleine Muster auf mein Shirt, das meinen Bauch
bedeckte.
„Du kleines Monster.“, lachte ich und
pustete in seinen Nacken, was ihm zum Kichern brachte und mich zum
Lachen. Niall hob seinen Kopf, damit er mir die Zunge heraus strecken
konnte und legte ihn dann zurück auf meine Brust.
„Ich
hab Hunger.“, murmelte er und ich seufzte theatralisch.
„Was,
es ist Zeit für meinen Mitternachtssnack.“, brummte Niall
beleidigt und ich lachte.
„Es ist gerade mal neun Uhr
abends.“, antwortete ich und er grummelte irgendwas vor sich
hin, bevor er aufstand.
„Hey warte, ich komm mit.“,
lachte ich und zusammen gingen wir nach unten in die Küche.
Nialls Eltern saßen im Wohnzimmer und sahen Fernsehen, während
wir uns jeder ein Sandwich machten und damit wieder nach oben in
Nialls altem Zimmer verschwanden.
Wir sahen ebenfalls Fernsehen,
während wir aßen und kuschelten. Ich war wirklich
glücklich mit dem blonden Iren und auch wenn es komisch war,
dass wir vielleicht so etwas wie ein Paar waren, obwohl Lou und ich
gerade erst getrennt waren, fühlte es sich richtig an. Das war
alles was zählte, es musste sich richtig und gut anfühlen
und das tat es auf jeden Fall.
Die letzten Tage mit Harry zusammen in Irland waren wirklich schön und erholsam gewesen und ich konnte zum ersten Mal seit dem Unfall wirklich sagen, dass ich glücklich war. Ich konnte für eine Zeit vergessen, was alles um mich herum geschehen war und konzentrierte mich nur darauf, den Lockenkopf glücklich zu sehen. Die Trennung von Louis war trotz allem nicht sehr einfach gewesen. Es wird Harry nicht sehr leicht fallen, Lois zu gestehen das er jetzt mehr oder weniger mit mir zusammen ist, aber was konnte man schon gegen Gefühle machen? Ich selbst hatte nie erwartet, dass ich nach Liam nochmal jemanden so lieben konnte, doch bei Harry war es so. Er ist etwas besonderes. Er hat vor mir mehr Gefühle gezeigt als vor Louis und das musste was heißen. Trotz allem hoffte ich sehr, dass Louis und auch Zayn so schnell wie möglich wieder glücklich wurden. Sie hatten beide genauso viel durch gemacht wie Harry und ich. Vielleicht war es nur Einbildung aber ich hatte das Gefühl, dass zwischen Louis und Zayn sich was entwickelt haben könnte. So wie Harry für mich da gewesen war, war Louis für Zayn dagewesen. Während die Wolken an meinem Fenster vorbeizogen und ich Harry neben mir an mich gelehnt schlief, dachte ich über das Konzert nach und wie es danach wohl weiter gehen würde. Jetzt wo es wieder nach London zurück ging wurde ich immer aufgeregter und eine innere Angst machte sich in mir breit. Was wäre wenn wir jetzt schon allein dadurch dass Harry und Louis sich getrennt hatten nicht mehr zusammen halten würden? Wenn die Gruppe durch die vielen Ereignisse sich nur noch nebeneinander stellen würde um der Welt etwas vorzuspielen, aber in Wirklichkeit am liebsten jeder wo anders wäre? Ich fühlte mich schuldig und irgendwie auch als Hauptgrund dafür, dass die Freundschaft vielleicht kaputt gehen könnte. Liams Tod hätte uns zusammen schweißen müssen, aber sie hat uns auseinander getrieben. einzig Harry und ich haben uns zusammen gerauft. und Zayn und Louis so wie es aussah...
"Hey... Alles okay bei dir?", riss mich Harrys verschlafene Stimme irgendwann aus meinen Gedanken. Ich sah zu ihm und schüttelte den Kopf.
"Alles okay. Schlaf weiter!", meinte ich und lächelte ihn schwach an. An Harrys Blick konnte ich sehen, dass er mir nicht glaubte, doch er ließ es sein mich zu Fragen was los war und kuschelte sich wieder an mich. Ich sah wieder raus und versuchte das schlechte Gefühl und die Angst zu verdrängen.
Nachdem wir endlich im Flughafen angekommen waren und uns durch eine ziemlich große Directioner Gruppe durchgekämpft hatten, die wohl von unserer Ankunft mitbekommen hatte, stiegen wir in unseren Van und fuhren zu Simon. Als wir ankamen, waren Zayn und Louis bereits da. Wir hatten vor nochmal alles durchzusprechen. Harry betrat vor mir als erster das Büro und ich nach ihm. Mein Blick fiel als erstes auf Louis, der neben Zayn auf einem der Stühle saß und dessen Hand hielt. Zayn sah sofort auf als wir reinkamen und für einen Moment herrschte eisige Stille im Raum. Ich konnte die Gesichtsausdrücke und Emotionen der anderen nicht deuten. Am liebsten hätte ich kehrt gemacht und wäre raus gerannt. Weg, einfach weg und zurück nach Irland mit Harry. Alles wieder vergessen und abschalten. Nachdem wir uns alle schweigend angesehen hatten, stand Zayn auf und gegen meine Erwartungen schloss er Harry und mich gleichzeitig in die Arme. Louis tat es ihm gleich, nachdem er einige Sekunden gezögert hatte und selbst Simon schloss dich der Kuschelgruppe an. Wir standen einfach da und hielten uns fest. Das erste Mal seit langem wieder. Keiner weinte, oder sagte ein Wort. Nachdem wir uns alle nach einiger Zeit wieder gelöst hatten, fing Zayn als erster an zu reden:
"Wir haben euch vermisst!"
"Wir euch auch!", nuschelte Harry und sah ab und an mal zu Louis hoch, der wiederrum öfter zu Zayn sah. Es versetzte mir einen leichten Stich, doch ich riss mich zusammen. Wir setzten uns alle und nach ein wenig Smalltalk besprachen wir dann, was wir am Konzert machen würden. Am Ende verließen wir zusammen das Büro und vor der Tür fingen Zayn und Harry gleichzeitig an zu sagen:
"Ich muss euch was sagen..." Wir fingen alle vier an zu lachen, hörten aber schnell wieder auf und sahen betreten zu Boden, bevor Harry zuerst anfing.
"Louis ich.. wir... müssen mal reden..."
Ich sah ihn etwas verwundert an, konnte mir dann aber denken worum es ging. Lou nickte dann ergriff Zayn das Wort und was er uns erzählte, war etwas, womit ich nie gerechnet hatte.
Flashback 23.05.2013
Es war der Horror. Ich fühlte mich schrecklich und der verdammte Alkohol machte es nicht besser. Ich beachtete die Mädchen nicht, die mich aus der Entfernung anschmachteten und diskutierten, ob sie mich ansprechen sollten. Wieso hatte sie Schluss gemacht? Warum? Sie hatte mir noch nicht mal eine Erklärung abgegeben. Einfach nur: Es ist aus. Ihre einzigen Worte. Hatte ich das verdient? Was hatte ich denn falsch gemacht?
"Zayn?" Ich drehte mich nicht um. Die Stimme war mir nur allzu vertraut, doch ich wollte ihn nicht sehen. Ich wollte keinen sehen. Die Mädchen wurden aufgeregter und ich konnte ihre Freude förmlich spüren. Zwei One Direction Mitglieder waren greifbar nahe. Warum sie aber nicht einfach rüber kamen, verstand ich nicht. Aber das war mir auch egal. Ich wollte meine Ruhe. Ich ignorierte Liam, der sich neben mich an die Bar setzte und trank einen weiteren Schluck von meinem Bier. Ich hatte keine Ahnung mehr, was ich schon alles getrunken hatte, aber es schien viel gewesen zu sein, denn meine Sicht war leicht verschwommen und mein Kopf fühlte sich wie benebelt.
"Hey, Zayn! Rede mit mir!"
Ich wollte nicht reden. Ich wollte nicht in Liams mitleidige Augen sehen. Ich konnte zwar immer zu ihm, wenn es mir schlecht ging, mit ihm über alles reden, doch in dem Moment ging es einfach nicht. Ich wollte erst Antworten, bevor ich irgendwem etwas davon erzählte. Ich stand entschlossen auf, knallte dem Barkeeper das Geld hin und zwängte mich durch die Menge hindurch nach draußen. Sie beachteten mich nicht wirklich, weshalb ich sehr froh war. Nur leider folgten mir Liam und die drei Mädchen, die mich schon die ganze Zeit angestarrt hatten.
"Seit ihr nicht Zayn Malik und Liam Payne von One Direction?", fragte die eine aufgeregt und ich sah sie durch meine verschleierte Sicht böse an.
"Und selbst wenn. Lasst mich in Ruhe!", zischte ich sie wütend an und sie wich erschrocken zurück. Während ich versuchte mein Auto aufzusperren, schien Liam mit den Mädchen zu reden und nachdem ich endlich den Schlüssel ins Schloss gesteckt und das Auto aufgesperrt hatte, ließ ich mich auf den Sitz fallen. Ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn um. Der Motor heulte auf und ich wollte schon losfahren, als die Beifahrertür aufging und Liam sich rein setzte.
"Zayn, tu das nicht!", meinte er und wollte mich davon abhalten, doch ich trat das Gaspedal durch und fuhr schlitternd vom Parkplatz. Liam krallte sich am Sitz fest, bleib aber ruhig. Nachdem ich mich in den Verkehr eingefädelt hatte, was ziemlich schwierig war, da ich leicht im Zickzack fuhr, versuchte Liam auf mich einzureden.
"Zayn, was auch immer passiert ist, regel es wann anders. Es ist zu gefährlich, wenn du im betrunkenen Zustand fährst"
"Dann hättest du nicht einsteigen dürfen. Ich werde das regeln, wann ich es will!"
"Bist du verrückt? Ich lass meinen besten Freund doch nicht alleine betrunken fahren. Und wenn du es unbedingt jetzt regeln willst, dann lass mich hinters Steuer!", versuchte er es. Ich bog auf einen Landstraße ab und gab mehr Gas. Es schien keine Menschenseele zu fahren, da es bereits dunkel war und somit war es nicht allzu schlimm, das ich nicht ganz meine Spur halten konnte und mehr auf der Gegenfahrbahn fuhr.
"Verdammt Zayn! Lass den Scheiß und lass mich fahren!", schrie er schon fast, als ich eine Kurve fast nicht richtig erwischte. Sein Gerede nervte mich und ich trat auf die Bremse. Liam und ich zog es nach vorne, doch Liam war wenigstens angeschnallt und wurde sofort wieder in den Sitz zurück geschleudert. Er sah mich etwas böse und trotzdem mitleidig an.
"Du kannst doch nicht einfach mitten auf der Straße halten. Wenn jemand entgegenkommt?", schimpfte er, doch ich hörte nicht weiter auf ihn, schaltete mein Auto aus und stieg aus. Ich lief in die Richtung aus der ich gekommen war und schenkte dem mir nachrufenden Liam keine Beachtung. Wenn er meinte, dann soll er doch machen. Ich ignorierte alles um mich herum und lief stur geradeaus, ohne mich umzudrehen. Ich hörte, wie sich ein Motor näherte, konnte jedoch nicht sagen, aus welcher Richtung. Auf einmal hörte ich nur noch quietschende Reifen, das aufeinander knallen von Metall und etwas schien sich zu überschlagen. alles passierte in Sekundenbruchteilen und bevor ich mich ganz umdrehen konnte, um zu sehen, was soeben hinter mir geschehen war, brauste ein dunkles Auto ohne Licht an mir vorbei und verschwand in die Nacht. Ich sah dem Auto hinterher und dann hinter mich auf die Stelle, an der mein Auto vor wenigen Sekunden noch gestanden hatte. Wo war es hin? Ich spürte den Alkohol deutlich in mir und ich musste mich anstrengen, um überhaupt was zu verstehen. Langsam und schwankend lief ich den Weg zurück. Ich spürte die Kälte nicht, die mich umgab und nahm nichts mehr wirklich war. Was war gerade passiert? War ich schon so alkoholisiert, dass ich nicht mehr sagen konnte, ob ich überhaupt hierher gefahren war? Ich sah mich um, aber da war kein Auto. Das was vor wenigen Minuten an mir vorbei gefahren war, war dunkler als meins, soweit ich in der Dunkelheit erkennen konnte.
"L-Liam?", fragte ich nervös in die Nacht hinaus, bekam aber nur erdrückende Stille als Antwort. Ich lief weiter auf die Stelle zu, an der ich glaubte, dass mein Auto gestanden hatte und sah mich nochmals um. Ich erkannte einen großen dunklen Fleck a Straßenrand, den man nur undeutlich durch den schwachen Mondschein sehen konnte. Langsam begriff mein Hirn, was das war und ich lief, oder besser gesagt schwankte darauf zu, fiel fast den Abhang runter und blieb letzten Endes direkt neben der Fahrertür stehen. Das Auto schien sich überschlagen zu haben und hatte vorne einige Dellen. Es stand auf dem Kopf und das Fenster auf der Beifahrerseite war kaputt. Ich versuchte verzweifelt die Tür auf der Fahrerseite aufzubekommen, ließ es dann aber bleiben und ging einmal um das Auto. Ich schaffte es irgendwie die Tür aufzubekommen und krabbelte in das Innere. Soweit ich erkennen konnte, hatte Liam die Seit gewechselt gehabt, bevor der Unfall passiert war.
"Liam!", rief ich immer wieder, um ihn zu Bewusstsein zu bekommen und versuchte ihn vom Gurt zu befreien und ihn aus dem Auto zu ziehen. Es war alles nicht sehr einfach, da mein Gehirn immer noch benebelt war und meine Gliedmaßen sich schwer anfühlten. Aber es ging um einen meiner besten Freunde. Nachdem ich ihn ins Gras gezogen hatte, ließ ich mich erschöpft neben ihn gleiten und sah ihn verzweifelt und unter Tränen an. Liam schien halb bei Bewusstsein und seine Lider flatterten.
"Zayn?", fragte er schwach. Ich brach vollends in Tränen aus.
"E-es tut m-mir leid Li. I-ch hätte nicht b-betrunken fahren sollen! U-und das A-auto nicht mitten a-auf der Fahrbahn st-stehen lassen!", schluchzte ich. Liam hob schwach seine Hand und legte sie auf meine. Ich konnte überall Verletzungen sehen und ich spürte etwas warmes auf meiner Hand. Doch ich ignorierte es vorerst, und suchte verzweifelt nach meinem Handy um den Rettungsdienst zu rufen.
"Zayn, schon gut. Es ist nicht deine schuld", versuchte er mich mit schwacher, fast kaum hörbarer Stimme zu beruhigen.
"Doch! Ich bin schuld und ich muss den Krankenwagen rufen. Liam es tut mir so leid!", sagte ich mit etwas festerer Stimme und versuchte die Nummer des Krankenhauses einzutippen, doch meine Sicht war so verschwommen, dass ich mich immer wieder vertippte.
"Zayn... tust du mir einen Gefallen?", fragte Liam schwach und ich sah verzweifelt von meinem Handy auf.
"Li..."
"Bitte!"
Ich nickte.
"Pass auf die anderen Jungs auf. Lasst euch nicht unterkriegen und bitte haltet zusammen. Für mich. Versprichst du mir das?", fragte er leise. Ich nickte wieder. Zufrieden schloss Liam seine Augen. Seine Hand entspannte sich und entglitt meiner. Ich registrierte erst zu spät, was soeben passiert war.
"Liam?", fragte ich, doch keine Reaktion.
"Liam!", sagte ich nochmals, diesmal lauter. Ich wiederholte es, rüttelte an ihm und schrie ihn letzten Endes sogar an. Verzweifelt legte ich mein Kopf auf seine Brust, doch ich konnte keinen Herzschlag hören. Ich vergrub mein Gesicht in seinem Shirt, das sich ziemlich nass anfühlte und begann richtig zu weinen. Was hatte ich nur getan?
Ich ergriff Zayns Hand, weil ich genau wusste, dass diese Unterstützung jetzt brauchte, denn ich wusste, dass es alles Andere als einfach für ihn war, das zu erzählen. Der Schwarzhaarige schaute niemand and, sondern richtete seinen Blick auf den Boden und versuchte seine Maske, die er sonst nur mir gegenüber absetzte, bei zu behalten.
Auch Harry und Niall bemerkten, dass es Zayn damit nicht gut ging und waren erstmal geschockt, als sie das hörten. Die Beiden schauten den Halbpakistani ungläubig an und ich nahm ihn in den Arm, weil ich Tränen in seinen Augen sah.
In Nialls Augen sah ich ein gefährliches Blitzen und ich hoffte nur für Zayn, dass der junge Ire ihm jetzt nichts an den Kopf knallen würde. Ich sah zu Harry und gab ihm ein Zeichen, dass wir vielleicht nach dem Konzert noch mal in Ruhe reden sollten. Der Lockenkopf verstand es und meinte: „Niall, wir gehen und lassen das Ganze mal sacken!“ Niall löste sich aus seiner Schockstarre, aber umarmte mich und Zayn zur Verwunderung, bevor er das Gebäude verließ.
In Zayns Wohnung angekommen parkten wir in der Tiefgarage, dass kein Directioner, die zum Teil seit Tagen das Haus belagerten, sah, wie es Zayn ging. Er brauchte jetzt vor allem eins: Ruhe. Wir hatten noch zwei Tage bis zum Konzert und ich hoffte, dass es Zayn soweit gut ging bis dahin. Simon hatte mit den Tontechnikern geredet, dass niemand Liams Part bekommt, sondern wir ihn einfach nur als instrumental durchlaufen lassen würden. Eine Band würden wir ebenfalls nicht bekommen, weil es um Liam und uns ging und nicht um die Band. Niall würde zwar ab und zu Gitarre spielen, aber der Rest wird einfach Playback angespielt.
Ich brachte Zayn, der im Bett lag einen Tee und ließ ihn dann alleine. Der Halbbrite würde mich schon rufen, wenn er mich bräuchte.
Die zwei Tage vergingen wie im Flug und wir mussten gegen zwölf im Stadion sein, damit wir noch einen Soundcheck machen konnten. Danach ging es für uns in die Maske und in unsere Klamotten. Wir hatten auf ein Meet& Greet vor dem Konzert verzichtet, weil wie selbst alle mit uns beschäftigt waren und bestimmt keine Nerven dafür hätten.
Das Wembleystation war einfach riesig, aber wir wollten, dass so viel Directioner wie möglich teilnehmen konnten. Die Karten hatten wir selbst so billig gemacht, dass wir null auf null rauskamen, weil wir nichts an diesem Konzert verdienen wollten. Es war für Liam und da wollten wir kein Geld.
Nach dem Soundcheck hatten wir noch mal Zeit bis wir in die Maske mussten. Niall vertrieb sich die Zeit mit Essen und Gitarre spielen. Zayn starrte aus dem Fenster und sagte einfach nichts. Ich unterhielt mich ein bisschen mit Harry, weil ich diese Stille im Raum sonst nicht ausgehalten hätte.
Natürlich tut es mir weh ihn so mit Niall zu sehen, aber ich war glücklich, dass sich die Beiden gefunden hatten. Ich hatte schließlich auch Zayn gefunden. Er war einfach der Richtige das spürte ich.
Nervös stand ich hinter der Bühne und wartete bis wir endlich drauf gehen konnten. Ich wollte dieses schöne, aber gleichzeitgi auch schreckliche Ereignis ganz schnell hinter mich bringen und am Besten dann mit allen versöhnen!
Ich schaute Zayn hinter der Bühne noch einmal in die Augen, lächelte leicht und ging dann auf die Bühne, als es soweit war. Tausende von Menschen schreien und in mir kam wieder das alte Gefühl hoch, doch als ich meinen Blick über die Mädchen in der ersten Reihe schweifen ließ, sah ich, dass sie weinten. Sie weinten, weil wir uns danach wahrscheinlich auflösen würden. Den Teil mussten wir auch noch hinter uns bringen und ich hatte die tolle Aufgabe gekriegt, dass irgendwie in der Mitte des Konzerts zu Verkünden.
„Hey ihr“, begrüßte Harry die Menge leise. Als er die Bilder an der Leinwand sah, die Liam zeigten, kamen uns allen die Tränen. „Ihr wisst ja warum wir hier sind“, begann er. „Wir wollten heute Liam verabschieden und ihm danken, dass er immer für uns da war! Als bester Freund, Daddy Direction und Bandkollege! Hier ist unser erstes Lied für ihn!“
Die Melodie von Torn wurde angestimmt. Es war der Song, der uns zu dem gemacht hatte, was wir heute sind oder bis vor kurzem waren. Liams Part war gleich der Erste und mir lief eine Träne über die Wange. Zayn kam zu mir und nahm mich in den Arm auch er weinte und wir schauten uns zusammen die Diashow an bis wir dran waren.
Ich war froh, dass ich kein Solo hatte in dem ersten Song und ich drückte Zayn noch einmal fest bevor er sein kleines Solo singen musste. Wahrscheinlich war der erste Song der schlimmste von allen.
Als nächstes sangen wir What makes you beautiful und More than this, wobei Liams Parts immer wieder leise blieben. Selbst die Directioner sangen nicht mit. Bei unseren Parts umso mehr. Ich wischte mir immer wieder die Tränen weg, wenn Liam eingeblendet wurde oder eben die Parts als instrumental blieben, und ich versuchte stark zu bleiben, aber es klappte nicht so ganz…
Ich gab Zayn nicht die Schuld. Ich
konnte es nicht und ich wusste auch, dass es Zayn nicht helfen würde,
wenn wir ihm die Schuld geben würden. Außerdem konnte man
nichts mehr ändern.
Mich befriedigte der Gedanke, dass Liam
vor seinem Tod in die Augen eines Menschen sehen konnte, der ihm sehr
viel bedeutet hatte. Liam war nicht allein gewesen als er starb und
das war etwas, was mir bei der Trauerbewältigung sehr weiter
half.
Bei Niall sah das etwas anders aus. Als wir beide in seiner
Wohnung ankamen, fegte er den Bilderrahmen mit einem Foto von der
Band von der Kommode um Flur, trommelte wütend gegen die Wand
und brach schließlich weinend zusammen.
„Scheiße
Niall was soll das?“, schrie ich und hob ihn dann vorsichtig
hoch, damit er nicht in die Scherben des Rahmes trat oder fasste.
Im
Wohnzimmer legte ich ihn auf die Couch und bettete seinen Kopf in
meinem Schoß. Langsam streichelte ich seinen Kopf und wartete,
bis sein Körper sich nicht mehr vor lauter Weinkrämpfen
schüttelte.
„Ich weiß, dass du jetzt sauer auf
Zayn bist und ihm vielleicht auch die Schuld an Liams Tod gibst. Aber
das bringt nichts und dadurch wird nichts besser.“, murmelte
ich und drückte einen kleinen Kuss auf seine Schläfe. Er
erwiderte nichts und weinte weiter, bis er einschlief.
Das Konzert war Hölle und
Himmel zugleich. Einerseits fühlte ich mich wohl, weil wir
endlich wieder sangen und weil wir es für Liam taten, auf der
anderen Seite fühlte es sich auch furchtbar an ohne Liam zu
singen, ohne ihn hinter der Bühne nervös zu sein und ohne
ihn herum zu albern.
Das Schlimmste war, als Louis kurz vor Ende
von ‚More Than This‘ weinend zusammenbrach und sein
Gesicht gegen seine Knie drückte. Bevor ich mich überhaupt
bewegen konnte, kniete Zayn schon neben ihm und flüsterte ihm
irgendwas ins Ohr. Erschrocken musste ich feststellen, dass ich zwar
eine kleine Eifersucht spürte, aber sie nicht sehr stark war.
Ich war über Louis hinweg, ich hegte keine Gefühle mehr für
ihn, die über Freundschaft hinausgingen.
Allerdings war es
auch etwas Gutes, ich wusste, dass meine Gefühle voll und ganz
Niall gehörten, so wie es auch sein sollte.
Niall stand auch
gerade neben mir, als ich Louis und Zayn beobachtete, sein Gesicht
spiegelte die Sorge wieder, die auch ich hatte. Führsorglich
legte ich meinen Arm um seine Schultern und zog ihn zu mir heran,
gleichzeitig hob ich mein Mikro, um etwas zu sagen, bevor der nächste
Song laufen würde.
„Ich denke, ihr werdet es uns nicht
übel nehmen, wenn wir mal einen Moment Pause machen, oder?“
Die Fans waren leise, keiner sagte etwas, also gingen Niall und ich
zu den anderen beiden und zusammen mit Zayn schafften wir Lou erst
einmal von der Bühne.
Mitarbeiter brachten uns Wasser und
Niall und ich ließen Zayn allein, um Louis zu beruhigen. Ich
hatte das Gefühl, dass die beiden inzwischen eine ganz besondere
Verbindung aufgebaut hatten, ähnlich wie Niall und ich und ich
hatte auch das Gefühl, dass Zayn Louis in diesem Moment am
ehesten helfen konnte.
Ein Stück von den beiden entfernt ließ
ich mich an der Wand zu Boden gleiten und schloss kurz die Augen. Ich
spürte wie sich jemand neben mich setzte und ich wusste auch,
dass es Niall war. Erschöpft ließ er seinen Kopf auf
meiner Schulter nieder.
„Na?“, murmelte ich und
verschränkte unsere Finger zwischen uns.
„Ich vermisse
ihn.“, antwortete Niall, aber es war anders als sonst. Er sagte
es so, als sei er mehr über den Verlust hinweg als noch vor ein
paar Tagen. Das war gut.
„Ich vermisse ihn auch.“, gab
ich ehrlich zu und Niall seufzte kaum hörbar.
„Versprichst
du mir, dass du bei mir bleibst? Ich kann nicht noch jemanden
verlieren und ich habe Angst, dass wir Zayn und Louis verlieren, wenn
das hier vorbei ist, weil Liam nicht mehr da ist und alles
auseinander bricht.“ Mit seinen großen, blauen Augen sah
Niall mich an und ich hauchte einen Kuss auf seine Stirn.
„Natürlich
bleibe ich bei dir. Aber ich glaube auch nicht, dass wir die anderen
verlieren werden.“, antwortete ich und schon winkte uns Zayn zu
sich herüber.
„Wir können weiter machen.“,
meinte er und Louis lächelte uns schwach an.
„Du musst
nicht singen, wenn du es nicht schaffst. Es reicht, wenn du dabei
bist.“, ermutigte ich ihn und alle zusammen gingen wir zurück
auf die Bühne. Nun wirklich das letzte Mal für immer, oder
zumindest eine lange Zeit, dass wir gemeinsam eine Bühne
betreten würden.
Ich war geschockt nach Zayns Worten und blieb starr sitzen, nicht fähig irgendwas zu sagen. Ich starrte den Halbpakistani einfach nur an. In mir regte sich Wut. Wut darüber, dass Zayn schuld an Liams Tod hatte. Ich hätte ihm am liebsten alles Mögliche an den Kopf geknallt, doch als ich Zayn stumm dasitzen sah, bemüht normal zu wirken, ließ ich es. Irgendwie konnte ich ihn auch verstehen. Ich bekam Harrys Worte nur am Rande mit. Ich umarmte Zayn und Louis zum Abschied und lief Harry dann hinterher. Zuhause angekommen schmiss ich erst mal aus Wut einen Bilderrahmen runter. Harry versuchte mich zu beruhigen, doch ich brach einfach weinend zusammen und bekam nichts mehr wirklich mit. Zayns Worte hatten ein einziges Gefühlschaos bei mir verursacht. Ich war wütend, andererseits konnte ich ihn verstehen. Ich wusste einfach nicht mehr wo vorne und hinten war. Und bald war das Konzert. Ob ich das schaffen würde...
Nachdem sich Louis wieder einigermaßen gefasst hatte, betraten wir zusammen das wahrscheinlich letzte Mal die Bühne. Was sich uns da bot, war überwältigend und traurig zu gleich. Jeder einzelne Fan stand mit erhobenen Armen da. In der einen eine Lichtquelle, zum großen Teil Handy und in der anderen ein Zettel. Das Ganze ergab ein großes Bild wo Liam we love you stand. Harry neben mir fing auf einmal an hemmungslos zu weinen. Ich nahm ihn Arm und versuchte ihn zu trösten. Im Hintergrund wurden Twitter Nachrichten gezeigt. In den meisten stand: Liam we miss you! Liam we love you! Liam think about you! You'll always stay in our hearts!
Überwältigt und halbwegs wieder gefangen hatten, sangen wir noch den Rest, bis das Ende kam. Um die anderen zu entlasten, die alle ziemlich fertig aussahen und ich mich noch am meisten halten konnte, trat ich vor und begann zu reden.
"Wir danken euch, dass ihr mit dabei wart... bei unserem vorerst letzten Konzert. Wir haben entschieden, und ich hoffe ihr versteht uns, dass wir unter dem Namen ´One Direction´ nicht weiter machen werden. Ob wir irgendwie weiter machen werden ist ungewiss, wir brauchen Zeit um uns darüber klar zu werden. Bevor das hier zu Ende ist, gibt es noch ein Lied. Wir haben es zusammen geschrieben, als... als Liam noch lebte. Es wird niemals veröffentlicht, aber wir wollen es für euch zum Abschluss singen.", Zum Ende hin wurde meine Stimme immer schwächer. Während die Band die Töne von Story of my life begannen, stellte wir uns zusammen und hielten uns in den Armen, während wir das letzte Mal zusammen als One Direction sangen. Die Halle erfüllte ein Lichtermehr und es war so still, während die Directioner unserem Lied lauschten.
Nachdem das Lied zu Ende war, gingen wir von der Bühne und auf der Leinwand wurden zum endgültigen Abschluss Bilder und Videos gezeigt.
Wir selbst wollten uns das nicht antun, da die anderen eh fast vor einem Zusammenbruch standen. Wir verschwanden in unserem Tourbus, machten es uns bequem und fingen an zu Reden. Die ganze restliche Nacht und den Morgen hindurch redeten wir, sahen uns Tweets zum Konzert an und konnten sogar zum ersten Mal seit langem wieder offen zueinander sein und zusammen lachen.
Tag der Veröffentlichung: 15.06.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An alle Crazy Mofos und vorallem an die, die uns immer unterstützen und unsere Bücher/Kurzgeschichten lesen ♥ Danke