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„Das ist nicht dein Ernst!?“
„Und ob das mein Ernst ist! Verzeih dich und lass mich endlich in Ruhe!“
„Aber…aber…aber du…“
„Hör auf rum zu stammeln wie ein kleines Kind. Ach nein, verzeih, du bist ja eins.“

Das war zu viel für den blonden Iren. Mit einem Brennen in den Augen rannte er aus dem Zimmer des Jungen, den er immer für seinen besten Freund gehalten hatte. Liam. Der 19-Jährige Brite mit den schönen Teddyaugen und der beruhigenden Stimme war seit der X-Factor Zeit Nialls Ein und Alles gewesen.
Seit ein paar Wochen kriselte es in der Vorzeigefreundschaft, aber dieser kurze Streit war der Höhepunkt gewesen. Vor ein paar Wochen hatte Liam sich beschwert, weil Niall zu viel aß und ständig eingekauft werden musste, dann war er ihm zu anhänglich und jetzt bezeichnete er ihn als kleines Kind.

Der schmale Körper des Iren zitterte, während er in sein Kissen weinte und gar nicht mehr aufhören konnte. Er verstand nicht, warum sein bester Freund so etwas zu ihm sagte. Der Braunhaarige hatte nie ein schlechtes Wort über ihn verloren, ihn nie beleidigt oder absichtlich verärgert und jetzt auf einmal war alles anders. Wenn Niall wenigstens gewusst hätte, was er getan haben sollte, dass Liam dazu brachte sich so zu verhalten, dann hätte er sich sofort entschuldigt, aber er war sich keiner Schuld bewusst.

„Nialler, darf ich reinkommen?“ Zayn stand vor der Tür und hörte, wie der Kleinere sich die Seele aus dem Leib weinte. „Nein.“, drang es von innen durch die Tür, Niall klang schwach und vollkommen fertig, also wiedersetzte der Halbpakistani sich dem Verbot und trat trotzdem ein.
„Was ist passiert? Ich hab euch streiten hören und jetzt liegst du hier und weinst.“ Er ließ sich auf der Bettkante nieder und streichelte sanft den Rücken seines Bandkollegen und Freundes. „Geh weg!“, schniefte dieser und vergrub das Gesicht nur noch tiefer in dem Kissen mit der schwarzen Bettwäsche. „Ich möchte dich jetzt aber nicht allein lassen.“ „Geh weg hab ich gesagt!“, schrie der Blonde schon fast und sah Zayn wütend und mit roten Augen an. „Na schön, wenn du reden willst, dann bin ich für dich da.“, resignierte der Dunkelhaarige und verließ den Raum. Er hörte noch, wie Niall sich wieder in die Kissen warf und weiter schluchzte, als er die Tür schloss.

„Liam?“ Vorsichtig öffnete der Bandälteste die Tür seines Freundes und betrat dessen Zimmer. „Was willst du Louis?“, giftete der Besitzer ihn an, kalte Wut und Verzweiflung waren in den braunen Augen zu erkennen. „Du hast dich schonwieder mit Niall gestritten, was ist denn los mit euch?“ Auch wenn der Ältere deutlich den Wiederwillen spürte, setzte er sich trotzdem zu Liam auf das Bett und sah ihn an.
„Das geht dich überhaupt nichts an.“, giftete Liam auch direkt los und Louis hob lediglich eine Augenbraue. „Was ist denn in dich gefahren? Sonst bist du immer ruhig und gelassen, bist für uns da, kümmerst dich um alles und Niall stand immer an erster Stelle. Du bist nie oder nur ganz selten böse geworden, warst nie gereizt oder aggressiv. Ich erkenne dich nicht wieder! Keiner von uns erkennt dich wieder und ich will jetzt verdammt nochmal wissen was los ist!“
„Vielleicht hab ich einfach keine Lust mehr ständig hinter euch her zu räumen, mich um euch zu kümmern und dafür zu sorgen, dass wir nicht im Chaos versinken?! Es reicht mir langsam!“ Der Braunhaarige war aufgesprungen und starrte wütend auf seinen Freund. „Nein, nein Liam. Ich kenne dich und das ist ganz sicher nicht das Problem. Aber bitte, wenn du nicht darüber reden willst, lieber weiter Unruhe stiftest und uns Sorgen machen willst, dann rede eben nicht mit dir. In einer Stunde ist das Essen fertig, Harry macht Auflauf.“ Louis verließ aufgebracht das Zimmer und ließ es sich nicht nehmen die Tür hinter sich zuknallen zu lassen.

Geknickt saß Liam auf seinem Bett, die Ellenbogen auf den Knien aufgestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Das hatte er doch nicht gewollt! Er konnte es nicht ertragen, wenn sein Lieblingsire traurig oder wütend war, aber er hielt ihn einfach nicht mehr aus.


„Niall?“ Harry klopfte an die Tür des Blonden, bekam aber keine Antwort. „Nialler?“ „Ich hab gesagt ihr sollt mich in Ruhe lassen!“, vernahm er schwach die aufgebrachte Stimme aus dem Inneren des Zimmers. „Es gibt Essen.“, versuchte der Lockenkopf seinen Freund hervor zu locken. „Ich will nichts essen.“ Ein Niall Horan, der nicht essen wollte, seit wann gab es so etwas?
„Sicher? Wenn du nicht mit Liam an einem Tisch sitzen…“ „Verschwinde endlich und lass mich allein!“ Seufzend zuckte Harry mit den Schultern und ging zurück in den Wohn- und Essbereich. Wenn Niall nicht wollte, dann konnte er es auch nicht ändern.

„Liam will nichts essen.“
„Niall auch nicht.“
Die drei übrigen Bandmitglieder saßen schweigend am Tisch und aßen lustlos den Auflauf, den Harry gezaubert hatte. Normalerweise hätte Louis mit dem Essen gespielt, Zayn auf seinem Handy herum getippt und mit Perrie geschrieben, Niall Unmengen an Essen in sich rein geschaufelt und Harry und Liam hätten über all das gelacht.

„Das geht so nicht weiter!“, stellte Louis fest, als sie zusammen den Tisch abräumten. „Finde ich auch. Ich weiß zwar nicht was bei den beiden los ist, aber der Streit zieht uns alle runter.“, stimmte Zayn zu und belud einen Teller mit einem großen Stück des Auflaufes. „Ich versuche nochmal mit Niall zu reden, vielleicht sagt er mir ja endlich, warum die beiden seit Wochen so seltsam sind.“ Der Dunkelhaarige schnappte sich noch eine Gabel und verließ nach zustimmendem Nicken der anderen die Küche.

„Und was machen wir mit Liam?“ Fragend sah Harry seinen besten Freund an und fuhr sich mit der Hand durch seine braunen Locken. „Ich weiß es nicht, ich weiß nur, dass er mich bezüglich seiner Gründe angelogen hat und ich glaube nicht, dass wir so schnell die Wahrheit aus ihm heraus bekommen. Du kennst ihn, er will andere nicht mit seinen Problemen belasten.“
„Ach man Lou, es macht mich traurig die beiden so zu sehen. Unser Nialler ist immer so fröhlich und positiv und egal was passiert, er kann einen immer zum Lachen bringen und im Moment ist er so todunglücklich. Liam ist wie ein großer Bruder, den ich nie hatte, ohne ihn hab ich das Gefühl einen Halt zu verlieren. Ich will nicht, dass die Band zerbricht.“ Während er sprach, flossen still und leise kleine Tränen aus den grünen Augen des Jüngsten und er wurde von Louis in eine tröstende Umarmung gezogen.
„Das wird nicht passieren Hazza, das verspreche ich dir. Wir bekommen das wieder hin.“ Sanft wiegte er seinen besten Freund in seinen Armen und streichelte seinen Rücken. Inzwischen hatte auch Louis erkannt, dass es an der Zeit war etwas zu unternehmen.


„Verdammte Scheiße, wann rafft ihr endlich, dass ich niemanden sehen, nichts essen und euch nicht zuhören will!“ Aufgebracht rannte der Ire in seinem Zimmer auf und ab, funkelte Zayn wütend an und besah das Chaos, das er angerichtet hatte, nachdem er den Teller mit dem Auflauf von sich geschleudert hatte. Normalerweise hätte er um das Essen getrauert, aber in dem Moment ging es dem Blonden dazu zu schlecht.
„Beruhige dich doch!“, versuchte Zayn ihn irgendwie zu stillstehen zu bringen und sammelte grob das Essen wieder auf. „Ich will mich nicht beruhigen und ich will, dass du jetzt aus diesem Zimmer verschwindest und ich will keinen von euch hier drin sehen, bis es ich es wieder erlaube!“ Wie ein geprügelter Hund verließ der Dunkelhaarige mit dem Teller und dem eingesammelten Essen den Raum. Sobald die Tür zu war, hörte er den Schlüssel im Schloss kratzen und wusste, dass die Situation wirklich ernst war.


„Er hat das Essen von sich geworfen, mich rausgeworfen und abgeschlossen.“, berichtete Zayn, sobald er im Wohnzimmer ankam, wo Louis es gerade geschafft hatte den aufgelösten Harry zu beruhigen. „Keiner von uns hat je sein Zimmer abgeschlossen.“, stellte der Lockenkopf tonlos fest und drückte anschließend sein Gesicht in Louis‘ Pullover, weil ihm erneut die Tränen kamen. Zwischen den dreien herrschte eine drückende Stimmung und keiner wollte oder konnte irgendwas dagegen tun.


Niall,
Es tut mir unendlich leid, dass du wegen mir weinen musst und wütend bist und ich kann es vollkommen verstehen, wenn du mich jetzt hasst. Ich glaube, dass wir beide etwas Abstand gebrauchen könnten, deswegen werde ich gehen. Wann ich wiederkomme weiß ich noch nicht, vielleicht willst du mich ja auch nie wieder sehen, selbst das könnte ich dir nicht verübeln. Ich hab alles kaputt gemacht, was wir hatten und ich habe den besten Freund verloren, den ich jemals in meinem Leben kennen lernen durfte. Du bist ein wundervoller Mensch Niall, auch wenn ich in den letzten Wochen etwas anderes behauptet habe.
Du bist wunderschön und ich liebe es dich zu beobachten, wenn du isst, weil deine schönen Augen dann vor Freude strahlen und ich mag es, wenn du schmollst, weil du nicht das bekommst, was du haben willst. Ich bewundere es, wie du Gitarre spielst und wünschte, dass ich es auch so gut könnte. Deine Stimme mit dem süßen irischen Akzent ist so besonders, dass ich sie unter tausenden erkennen würde und ich muss oft den Drang nieder kämpfen dir durch deine verwuschelten Haare zu streichen. Wenn du lachst, dann muss ich immer lächeln, weil deine Fröhlichkeit so ansteckend ist und deine Wangen dann immer ein kleines Bisschen rot werden und du dann wahnsinnig niedlich aussiehst.
Die letzten Wochen waren das Schlimmste, was ich in meinem Leben durchmachen musste. Ich dachte, wenn ich versuche dich auf Abstand zu halten, dann kann ich gegen meine Gefühle ankämpfen und wir könnten anschließend wieder Freunde sein. Aber du hast immer wieder meine Nähe gesucht und ich wusste nicht, wie ich dich anders auf Abstand halten sollte, als dich einfach zu vergraulen und es hat mir das Herz zerrissen all das zu dir zu sagen und zu sehen, wie du mit Tränen in den Augen davon gerannt bist.
Ich liebe dich Niall James Horan. Ich liebe dich vom ganzen Herzen und ich halte deine Nähe nicht mehr aus, wenn ich weiß, dass wir nur Freunde sein können und genau deswegen werde ich gehen.
Vielleicht bin ich schon in einer Woche wieder da, weil ich es nicht aushalte und mich die Sehnsucht nach dir und der Band mich innerlich zerfrisst, vielleicht halte ich all das aber aus und komme in einem Monat wieder und dann können wir versuchen unsere Freundschaft zu retten. Möglicherweise dauert es auch länger, ich weiß es nicht.
Bitte versuch nicht mich anzurufen, du machst es mir damit nur noch schwerer dich eine Zeit lang zu vergessen.

Sag Louis, dass er der Älteste ist und sich um alles kümmern soll und Harry, dass er nicht so viel Quatsch machen soll und Zayn, dass ich daran glaube, dass zwischen ihm und Perrie alles gut wird. Sag ihnen, dass ich sie vermissen werde.
Aber am meisten werde ich dich vermissen und du musst mir versprechen, dass du mich nicht suchst. Hoffentlich kannst du mir verzeihen, das ist alles, was ich mir wünsche. Du bist an nichts Schuld, rede dir das gar nicht erst ein. Vergiss mich einfach eine Zeit lang, genauso wie ich dich erstmal vergessen will.

In Liebe, dein Leeyum.




Liam konnte nicht mehr, sobald er den Brief fertig hatte, weinte er hemmungslos und schluchzte in sein Kissen. Es tat ihm so sehr weh seinen Iren zu verlassen, aber er hatte es sich gut überlegt. Er nahm das Blatt Papier, auf dem ein paar feuchte Spuren seiner Tränen zu sehen waren, faltete es und steckte es in einem Umschlag. Dann nahm er sich seine Reisetasche und verließ nach einem letzten, sehnsüchtigen Blick sein Zimmer. Den Brief legte er auf den Esstisch, gut sichtbar für jeden, der daran vorbei lief.
Bevor er ging, warf er einen Blick in die Zimmer seiner Freunde. Das von Louis war leer, aber er fand ihn bei Harry, sie lagen in einander verschlungen da und es riss Liams Herz nur noch mehr in Fetzen bei dem Gedanken daran die beiden allein zu lassen. Zayn schlief, aber er zuckte unruhig im Schlaf.
Beinahe hätte Liam geschrien, als er feststellen musste, dass Niall seine Tür abgeschlossen hatte. So gerne hätte er noch einen Blick auf ihn geworfen, aber selbst das blieb ihm verwehrt. Vielleicht war es auch einfach besser so. „Ich liebe dich, verzeih mir.“, flüsterte er weinend und drehte sich dann von der Tür weg. Kurz darauf hatte er still und heimlich die Wohnung verlassen.


Erschrocken für Niall aus dem Schlaf hoch. Verwundert schüttelte er den Kopf, sein Wecker verriet ihm, dass es mitten in der Nacht war. Die Kehle des Blonden war trocken und er stand auf, um sich etwas zu trinken aus der Küche zu holen.
Gerade als er wieder auf dem Rückweg in sein Zimmer war, fiel ihm der Brief ins Auge, auf dem sein Name stand, fein säuberlich in Liams schönster Handschrift. Auch wenn er noch immer sauer war, setzte er sich trotzdem an den Tisch und öffnete den Umschlag.

„Wie konntest du nur?“, rief Niall laut, sobald der Inhalt bis in sein Gehirn vorgedrungen war. Seine Stimme hallte unangenehm in dem jetzt so leeren Haus wieder. Liam war gegangen und das nur wegen ihm.
Er konnte noch nicht so lange weg sein und einer Eingebung folgend, schlüpfte der Ire in seine Schuhe und den Mantel, schnappte sich seinen Schlüsselbund und verließ das Haus. Es war ihm egal, wie er aussah, gerade dem Bett entstiegen, im Pyjama, alles war egal, wenn er nur Liam finden würde.
Verzweifelt irrte er durch die leeren Straßen, rief laut nach seinem Freund, sodass ihn die wenigen Menschen, die ihm auf dem Nachhauseweg irgendwelcher Partys oder auf dem Weg zur Arbeit, begegneten, schräg ansahen. Alles war egal, er musste nur Liam finden.

Nach zwei Stunden gab er auf und trottete verzweifelt und einsam zurück zum Haus. Seine Sachen ließ er einfach im Flur fallen und müde ging er wieder ins Bett. Innerlich hoffte der Blonde, dass das alles nur ein Traum gewesen war.


„Louis, Harry! Aufwachen! Liam ist weg!“ Verzweifelt rüttelte Zayn an den Schultern seiner Freunde, die sofort hellwach waren, als sie von Liams Verschwinden hörten. „Er ist nicht in seinem Zimmer und er…“ „Er ist weg. Er ist gegangen wegen mir, er hat mich einfach allein gelassen und ist gegangen.“, beendete Niall tonlos Zayns Satz und ihm fiel der Brief aus der Hand, bevor der Blonde selbst daneben zusammen brach, sich zusammenrollte und von Weinkrämpfen geschüttelt wurde.

Während Louis den Brief las, brachten Harry und Zayn Niall in sein Zimmer, legten ihn ins Bett und hielten beruhigend seine Hand, redeten auf ihn ein und versuchten zu verstehen was passiert war. Mit bleichem Gesicht reichte der Älteste den Brief an die übrigen zwei Bandmitglieder weiter.
„Ich werde ihn jetzt anrufen und ihm die Meinung geigen!“ Aufgebracht stürzte Harry aus dem Raum und man hörte ihn kurz darauf im Flur wild vor sich hin fluchen.
„Dieser Arsch hat sein Handy ausgemacht! Ich werde ihn solange…“ „Halt den Mund.“, verlangte Louis sanft, aber bestimmt und machte eine Kopfbewegung Richtung Niall.


Der Tag war der Horror, alle drei waren fassungslos, während Niall nicht mal mehr in der Lage war etwas zu sagen. Wenn Louis ihn nicht zwingen würde, hätte der Blonde weder gegessen noch getrunken oder geduscht. Kaum ein Wort war an diesem ganzen Tag gefallen, niemand wusste, was er sagen sollte, keiner hatte eine Ahnung davon, was zu tun war.

Auch der nächste Tag verlief ähnlich. Louis hatte das Management um meine Pause gebeten und sie waren für die nächsten sechs Wochen von allen Terminen befreit. Niall kam noch immer nicht aus seinem Zimmer, es sei denn, er musste auf die Toilette. Zayn zwang ihn dazu zumindest ein trockenes Brötchen zu essen.
Harry hatte es aufgegeben Liam zu erreichen und schwankte in einem Gefühlschaos zwischen Trauer, Verzweiflung und Wut, während Louis versuchte alles unter Kontrolle zu behalten, was ihm mehr schlecht als recht gelang, weil er ebenfalls verzweifelt war. Zayn saß den ganzen Tag an Nialls Bett und starrte die Wand an.

Liam las jede einzelne SMS von Harry und hörte sich an, was er ihm auf die Mailbox gesprochen hatte. Er weinte durchgehend bei dem Gedanken an einen völlig teilnahmslosen Nialler, der weder aß noch trank und nicht mehr sprach. Der Lockenkopf machte ihm die größten Vorwürfe und Liam konnte jeden einzelnen davon verstehen, trotzdem konnte er nicht einfach zurückgehen.


Eine Woche nach Liams Verschwinden war Niall umgesiedelt in das alte Zimmer seines besten Freundes, weil die Bettwäsche noch nach ihm roch. Noch immer hatte er kein Wort gesagt und seine Bandkollegen waren mehr als verzweifelt, weil sie nicht mehr wussten, was sie mit dem Blonden machen sollten. Seine Haare bekamen mehr und mehr einen Ansatz, dunkle Ringe waren unter den geröteten und geschwollenen Augen zu sehen, die ihren Glanz längst verloren hatten. Diese eine Woche Essensentzug machte sich bereits bemerkbar. Niall war schwach und konnte kaum noch laufen, Louis überwachte es, wenn er duschte, aus Angst, dass er einen Schwächeanfall erleiden könnte. Die Rippen traten langsam durch.
Zayn hatte sich nach einem Nervenzusammenbruch in seinem Zimmer eingeschlossen, Harry hatte daraufhin Perrie angerufen, die sich um Zayn kümmerte und dafür sorgte, dass es etwas zu essen gab und die Jungs nicht in ihrer Verzweiflung versanken.

Liam verließ das Hotel nicht, in dem er sich einquartiert hatte. Es lang unweit des Hauses in dem die Band wohnte. Eigentlich wollte der Braunhaarige Abstand schaffen, aber er konnte es nicht, er brachte es nicht übers Herz London zu verlassen. Allerdings brachte er auch nicht den Mut auf, um zurück zu kehren.
Es kamen keine SMSen mehr von Harry, er wusste nicht mehr, wie es Niall ging, wie es den anderen ging. Vielleicht hatten sie ja inzwischen gelernt erst einmal ohne ihn auszukommen. Ob sie ihn vermissten?


„Liam, ich bitte dich, komm endlich zurück! Du hast geschrieben, dass du deine Freundschaft mit Niall retten willst und wenn du das wirklich, wirklich willst, dann musst wieder endlich wieder hierher kommen! Er ist so gut wie nichts, er hat seit deinem Verschwinden nicht mehr gesprochen. Er ist nicht mal mehr ein Schatten seines Selbst und wenn du das noch weiter ausreizt, dann weiß ich nicht, wie lange der Kleine das noch aushalten wird. Bitte Liam, tu ihm das nicht an, tu dir das nicht an und tu auch uns das nicht an. Wenn du ihn liebst, dann schwing deinen Arsch hierher und sag es ihm ins Gesicht. Zayn ist auch total verzweifelt, er sitzt den halben Tag in seinem Zimmer und starrt die Wand an oder er schreit Perrie an, weil sie ihm helfen will, oder aber er trainiert wie ein Besessener, bis er fast umkippt. Es wundert mich, dass das arme Mädchen das noch aushält. Ich hab Harry kein einziges Mal mehr Lachen sehen und er lässt mich kaum noch an ihn heran, er schreibt den ganzen Tag irgendwelche Songs und verbrennt sie am Ende des Tages. Ich hab wirklich versucht stark zu bleiben und aufzupassen, wie du es dir gewünscht hast, aber ich kann nicht mehr. Ich versinke im Chaos und weiß nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Das ist der letzte Anruf, wenn du jetzt nicht wiederkommst, dann wird sich niemand von uns mehr melden. Bitte, bitte, bitte komm zurück. Wir lieben dich immer noch, wie sind immer noch eine Band, wie Brüder und wir brauchen dich. Bitte Liam.“
Louis Stimme war voller Verzweiflung und Hoffnung, Liam hörte deutlich, dass er weinte, als er ihm die Nachricht am zehnten Abend nach seinem Verschwinden auf die Mailbox sprach.
Der Braunhaarige hielt das alles nicht mehr aus, vor Verzweiflung warf er sein Handy an die Wand, brüllte laut und warf sich anschließend weinend auf das Bett. Er wusste, dass es Zeit war zurück zu kehren und dass sein Weggang die dümmste Idee überhaupt gewesen war, weil dadurch nur alles noch schlimmer geworden war. Es war auch nicht sein Stolz, der ihm im Weg stand, es war Angst.


Ich komme zurück. In zehn Minuten bin ich da.

“ Eine kurze Nachricht, die Leben in den hoffnungslosen Iren sandte. Er hatte schon am ersten Tag aufgeben, hatte nie mehr daran gedacht, dass Liam jemals wieder kommen würde. Ganz apathisch hatte er jeden Tag einfach nur dagelegen, bis ihn der Klingelton extra für Liam aus dieser Apathie heraus riss.
Unglauben machte sich in ihm breit, aber er war in der Lage aufzustehen, wenn auch auf wackligen Beinen, und sein Bett zu verlassen. Langsam setzte er einen Fuß vor den anderen, kraxelte die Treppe bis auf Stufe herunter und setzte sich einfach darauf um auf Liam zu warten.

Er zögerte nur eine kurze Sekunde, dann steckte er den Haustürschlüssel ins Schloss und Erleichterung durchflutete ihn, als die Tür sich, lautlos wie immer, vor ihm öffnete. Liam traute kaum seinen Augen, als er sah, wer vor ihm auf der Treppe im Hausflur saß.
„Liam!“ „Niall!“
Der Braunhaarige ließ seine Tasche fallen, der Blonde sprang auf und sie fielen sich in die Arme, standen einfach nur im Hausflur und drückten sich so fest, bis sie fast keine Luft mehr bekamen. Der vertraute Geruch des anderen stellte ein Gefühl von Geborgenheit her, die Stimme des anderen war die schönste Melodie der Welt und alles andere war egal, sie hatten sich wieder.

„Liam?!“ Louis hatte Nialls Ruf gehört und tauchte im Flur auf und als er seinen Freund sah, fiel er ihm aufschluchzend um den Hals. „Du bist wieder da!“ Harry hatte ebenfalls Stimmen gehört und auch Zayn kam aus seinem Zimmer heraus und die Treppe herunter gestakst. Kurz darauf standen sie alle zusammen im Flur und veranstalteten ein Gruppenkuscheln.
Egal wie wütend sie auf Liam gewesen waren, alle Wut verrauchte bei seinem Anblick. Die Verzweiflung über seinen Verlust löste sich in Luft aus und nichts, außer dem großartigen Glücksgefühl, hatte mehr Platz in den Herzen der Jungs.

„Du bist wieder da, du bist wieder da, du bist wieder.“, nuschelte Niall immer und immer wieder an Liams Brust und wollte ihn nie wieder los lassen.


Zwei Wochen nach Liams Wiederkehr war alles fast wie beim Alten. Aber nur fast.
Niall hatte zurück zu seinem alten Essverhalten gefunden und sah wieder aus wie das blühende Leben. Seine Augen strahlten wieder und er lachte so oft wie er es auch vor ein paar Wochen getan hatte. Zayn und Perrie hatte die Zeit zusammen geschweißt, Louis konnte wieder in seine Rolle des Spaßvogels schlüpfen und Harry unterstützte ihn gern dabei. Liam achtete wieder auf alles und freute sich, weil er endlich wieder das tun konnte, was er am liebsten tat: Auf seine Rasselbande aufpassen, besonders auf Niall.

Sie hatten sich ausgesprochen. Niall hatte nie bewusst über seine Gefühle für seinen besten Freund nachgedacht, aber ihn war klar, dass sie definitiv größer und besser waren als die, die er für Harry, Louis und Zayn hatte. Liam hatte dem Blonden endlich ins Gesicht gesagt, dass er ihn liebte und das hatte diesen zu dem Entschluss geführt, dass er seinen besten Freund lieber als festen Freund haben wollte.


„Du gehst nicht mehr weg ohne mich zu fragen oder mitzunehmen, oder?“
„Garantiert nicht.“
„Liam?“
„Ja?“
„Weißt du was?“
„Was denn, Nialler?“
„Ich liebe dich.“
„Ich dich auch, du bist ja auch mein kleiner, süßer, blonder Ire.“

Sie lagen in Liams Bett und sahen durch das Fenster nach draußen, hell leuchteten die Sterne am Himmel und Niall seufzte. Anschließend richtete er sich auf und legte sich auf seinen Freund. Lange sahen sie sich einfach nur an, bis Liam seine Hand auf die Wange des Iren legte und ihn schließlich küsste.
Nie wieder würde er den Kleinen verlassen, das war so sicher wie die Tatsache, dass am Himmel immer Sterne leuchten würden.

Impressum

Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
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Tag der Veröffentlichung: 22.02.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
All denen, die auch mal einen schlechten Tag haben und dann gerne traurige Storys lesen.

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