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In dem kleinen Pub ist dunkel und stickig, nur die ebenso kleine Bühne ist beleuchtet, auf der ein einzelner Sänger steht, mit einer Gitarre sitzt er lässig auf einem Hocker. Seine Sanfte Stimme erfüllt den Raum und die Besucher sehen stumm zu dem dunkelhaarigen Mann, lassen sich fallen in der Melodie des Liedes. Die schlanken Finger gehen so geschickt mit den Saiten des Instruments um, als hätten sie nie etwas anderes getan. Er strahlt eine unglaubliche Selbstsicherheit und Vollkommenheit aus.
Die Gäste sind vollständig eingenommen von jungen Mann, der Barkeeper putzt gedankenverloren ein paar Gläser, mit den Augen immer bei dem Sänger, von dem niemand so wirklich weiß, wer er eigentlich ist und wo er herkommt. Nur eins ist klar, er ist gut, sehr gut sogar.
Warum hat man ihn also bisher noch nicht gesehen? Diese Frage stellt sich auch ein junger Mann, der an der Theke sitzt und mit einer Hand sein Bierglas umfasst. Er ist häufig in diesem Laden und hat auch schon in der Vergangenheit einige Künstler, oder solche, die es gerne wären, gesehen, manche sogar schon mehrfach, aber diesen Sänger, den sieht er an diesem Tag zum ersten Mal und er nimmt ihn vollkommen ein. Er hat auf dieser Bühne selten einen so guten Sänger gesehen, noch dazu mit so einer Ausstrahlung, die alle anderen locker in den Schatten stellt.

Der Song ist beendet, Applaus erfüllt den Raum und der blonde Mann steht auf, als er sieht, dass der Gitarrenspieler die Bühne verlässt und folgt ihm. Folgt ihm in einen kleinen Aufenthaltsraum für den Live-Akt, er kennt den Raum, immerhin ist er selbst schon aufgetreten.
„Entschuldige, darf ich mich vorstellen, ich bin Jan.“, stellt er sich dem jungen Musiker vor, der seine ausgestreckte Hand ergreift. „Freut mich. Finn.“ Der Händedruck beider Männer ist kräftig, nicht zu fest, sondern angenehm und irgendwie freundlich. „Du spielst gut und vor allem singst du fantastisch. Trittst du auch woanders auf?“ Finn verstaut seine Gitarre in einem dunklen Gitarrenkoffer und lehnt diesen gegen die Wand. „Nein, das war mein erster Auftritt. Aber möglicherweise werde ich nächste Woche wieder auf dieser Bühne stehen, wenn der Besitzer mich wieder sehen will.“ Erstaunen breitet sich in Jans blauen Augen aus.
„Das glaube ich dir nicht. Du warst so gut und so selbstsicher.“ Der Angesprochene lacht, ein reines, tiefes Lachen. „Dankeschön. Aber es stimmt wirklich. Gehen wir noch etwas trinken?“ Die beiden jungen Männer verlassen den kleinen Raum und kehren zurück in den Schankraum, dort sind die Gespräche wieder angeschwollen und die Musik rieselt aus den Lautsprechern.
„Ich wäre bei meinem ersten Auftritt auch gern so selbstbewusst gewesen.“, seufzt Jan und nimmt einen Schluck seines Bieres. „Sag bloß, du stehst hier auch auf der Bühne?“, hackt der Dunkelhaarige überrascht nach. „Naja, ich spiele ganz passabel Keyboard und Klavier und ich singe, aber das lange nicht so gut wie du.“ „Das glaube ich dir erst, wenn ich es gehört habe.“ Finn deutet in Richtung der Bühne. „Wie wär’s, wenn wir zusammen auftreten, ich spiele Gitarre, du Keyboard und wir singen zusammen.“, schlägt er vor, Jan hebt abwehrend die Hände. „Lass mal, ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist.“ Er würde neben Finn aussehen wie ein jämmerlicher Möchtegern-Musiker.
„Ach komm schon, es gibt bestimmt auch einen Song, den wir beide beherrschen. Oder begleite mich zumindest mit dem Keyboard.“, bittet Finn und seine Augen blitzen unternehmungslustig, sprühen geradezu vor Energie und sie sind grün, wie Jan feststellt. Ein reines, natürliches, schönes Grün.
„Na schön. Was willst du denn singen?“, gibt Jan nach und leert mit einem Zug sein Bierglas. „Wie wäre es denn mit ‚Stand by me‘ von den Beatles?“, schlägt Finn vor und steht auf. „Ein schönes Lied. Gerne.“ Die beiden Männer sprechen mit dem Barkeeper und bekommen die Erlaubnis aufzutreten.
Während der Dunkelhaarige also seine Gitarre holt, schließt Jan das Keyboard an den Strom an und wischt flüchtig über die Tasten, um den Staub zu entfernen. Das Instrument ist wohl lange nicht mehr benutzt worden.
Finn kommt wieder, die Gitarre an einem Gurt um die Schulter gehängt und lächelt. Das Licht wird gedämmt und zwei kleine Scheinwerfer richten sich auf die jungen Männer. Die Gäste stellen ihre Gespräche ein und schauen gespannt zur Bühne, man kann ihre Erwartungen förmlich spüren, immerhin kennen auch einige unter ihnen Jan und wissen, dass der blonde Mann durchaus Talent besitzt, auch, wenn dieser das nicht wirklich wahr haben will.

Finn stimmt die ersten Töne an, Jan steigt mit ein, seine schlanken Hände gleiten über die schwarzen und weißen Tasten, spielen die Melodie des so bekannten Liedes. Anerkennendes Pfeifen durchreißt die Stille und ertönt noch einmal, als Finn beginnt zu singen.
Die tiefe, raue Stimme nimmt Jan gefangen und er beginnt unbewusst den Refrain mitzusingen, zunächst leise, dann lauter und kräftiger. Seine Stimme ist nicht ganz so tief und klingt klarer und möglicherweise ist das der Grund, warum beide Stimmen so perfekt miteinander harmonieren.

Viel zu schnell ist der Auftritt vorbei und Finn lässt die letzten Töne auf seiner Gitarre ausklingen, bevor er sich Jans Hand schnappt und den verblüfften Blonden zum Rand der Bühne zieht, um sich dort mit ihm zu verbeugen. Wieder rauscht der Applaus durch die kleine Kneipe und die jungen Männer grinsen sich an, ehe sie die Bühne wieder verlassen.
Das Scheinwerferlicht erlischt und der Barkeeper betätigt den Schalter für die Deckenbeleuchtung, die flackernd aufflammt und im gleichen Moment setzt die alltägliche Lautstärke wieder ein, als die Gäste ihre Gespräche wieder aufnehmen.

„Und du möchtest mir ernsthaft verklickern, du könntest nicht singen und spielst nur ganz passabel Keyboard? Das ist doch wohl hoffentlich nicht dein Ernst?“, fragt der Braunhaarige mit gespieltem Entsetzen, während er erneut seine Gitarre verstaut. „Ähm, doch, ja, eigentlich war das mein Ernst.“, gibt der Angesprochene zu und kratzt sich nervös im Nacken. „Bei dir besteht ja nun wirklich überhaupt kein Grund zur Bescheidenheit.“, spricht Finn einfach weiter und schultert seinen Gitarrenkoffer.
„Wie meinst du das denn jetzt?“ Grüne Augen blitzen auf, als Finn lacht und Jan ihn verlegen ansieht. „Sieh dich doch an. Du siehst gut aus und bist musikalisch definitiv talentiert und auf mich machst du auch einen sympathischen Eindruck. Warum bist du also so schüchtern?“ Noch verlegender als zuvor sieht Jan zwischen dem hübschen Gitarristen und dem Boden hin und her, bis er sich schließlich dafür entscheidet doch lieber Letzteres anzustarren.
„Ist ja auch egal. Ich muss jetzt los, morgen muss ich arbeiten und darf dafür schön um sechs Uhr morgens aufstehen. Das wünscht sich doch jeder an einem Sonntag. Ich weiß nicht, was mit dir ist, aber ich bin nächste Woche wieder hier. Wäre schon dich dann wieder zu sehen.“, verabschiedet Finn sich und wechselt damit das Thema, weil er bemerkt, dass seine neue Bekanntschaft ihm wohl nicht antworten wird. Jan ist somit immerhin wieder in der Lage den Dunkelhaarigen anzusehen. „Ich denke schon, dass ich hier sein werde. Man sieht sich dann.“
Zusammen verlassen sie den kleinen Raum und Jan nimmt wieder seinen Platz an der Bar ein, Finn verlässt das Pub. Bereits jetzt freuen sich beide auf das Wiedersehen in der nächsten Woche.


Eine Woche später sitzt Jan nervös an seinem Stammplatz an der Bar und starrt ununterbrochen die Eingangstür an. Die ganze Woche hat er nur an den jungen Mann mit diesen wahnsinnigen grünen Augen gedacht. Jetzt hofft er nur noch, dass Finn auch wieder auftaucht und wird noch einen Tick nervöser, als der Erwünschte durch die Tür tritt und sich suchend umsieht. Auf dem Rücken trägt er den Gitarrenkoffer und als die grünen Augen Jan erblicken, kommt der Besitzer dazu mit schnellen Schritten zur Bar.
Hatte sich Jan zuvor noch gewünscht, Finn möge so schnell wie möglich auftauchen, wünscht er sich nun noch einen kurzen Augenblick allein zu sein, um seine Gedanken ordnen zu können.

„Schön dich wieder zu sehen.“ Das Lächeln, das auf Finns Lippen liegt, erscheint Jan so ehrlich und klar, dass er schlucken muss. So hat ihn noch nie jemand angelächelt, noch nie so intensiv. Ob diese Lippen auch so toll küssen konnten, wie sie lächeln und singen konnten? Mit einem großen Schluck Bier versucht Jan erfolglos diese Gedanken zu vertreiben, auch wenn er weiß, dass er so was nicht denken soll.
„Find ich auch.“, antwortet er also auf die Begrüßung des Braunhaarigen, der sich nun auf den Hocker neben ihn setzt und seine Gitarre an die Bar lehnt. „Trittst du heute wieder auf?“, fragt der Blonde mit einem Blick auf den Gitarrenkoffer, Finn zuckt mit den Schultern. „Ich dachte, vielleicht ergibt sich ja wieder spontan irgendwas.“ Er grinst ganz leicht und seine weißen Zähne blitzen hervor. Erneut muss Jan schlucken. Er ist dem jungen Musiker hoffnungslos verfallen und das, obwohl er ihn doch gar nicht kennt. So etwas ist ihm noch nie passiert und genau deswegen überrumpelt es ihn auch so.

Die jungen Männer plaudern eine Weile. Jan erfährt, dass Finn Musik studiert und Gitarrenunterricht für Kinder und Jugendliche gibt, außerdem hat er einen Job bei dem lokalen Radiosender. Es ist zwar nur ein kleiner Job und auch nur ein kleiner Sender, aber Finn scheint stolz darauf zu sein und beeindruckt den Blonden damit. Jan findet sein eigenes Leben im Vergleich zu Finn ziemlich langweilig. Er macht eine Ausbildung zum Erzieher. Das einzig spannende in seinem Leben ist die Wohnung, die er von seinem Onkel geerbt hat. Eine große Dachgeschosswohnung mit Balkon in der Nähe der Bar. Wenn man nachts auf dem Balkon steht, kann man fast die ganze erleuchtete Stadt sehen und Jan ist oft am Abend auf seiner Terrasse, einen Tee in der Hand und sieht über die Stadt, der Anblick beruhigt ihn ungemein.

„Ich stell mir die Aussicht wirklich traumhaft vor.“, schwärmt Finn nach Jans Beschreibung seiner Wohnung. „Sie ist schon ganz schön.“, wiegelt der Blonde ab, mit Lob und Komplimenten kann er einfach nicht umgehen, selbst, wenn es um seine Wohnung geht. „Ich wette, du untertreibst wieder maßlos. Wenn es dir nichts ausmacht, dann würde ich es gerne selbst sehen.“ Unsicher blickt Finn sein Gegenüber an und hofft, dass er sich nicht doch zu weit vorgewagt hat.
„Wenn du willst, warum nicht.“ Die Worte sind schon raus, bevor Jan überhaupt darüber nachgedacht hat, was er sagen will. Aber der Dunkelhaarige lächelt und trinkt sein Bier aus, jetzt ist es für Jan zu spät einen Rückzieher zu machen und eigentlich möchte er das auch gar nicht. Wenn er nicht nur schon wieder so schrecklich nervös wäre.

Der Weg ist nicht weit und sie legen ihn zu Fuß zurück, fünf Minuten laufen sie durch die kühle Abendluft des frühen Sommers. Jans Nervosität nimmt trotzdem nicht ab, er hat selten Besuch und wenn, dann spürt er nicht so eine starke Anziehungskraft, wie bei Finn.
Jan weiß schon lange, dass er sich eigentlich nur für Männer interessiert, schon in seiner Schulzeit ist es ihm bewusst gewesen, aber es hat lange gedauert, bis Jan es auch akzeptiert hat. Trotzdem hat er bisher nicht viele Dates gehabt und auch nur eine Beziehung konnte Jan mit seinen 20 Jahren vorweisen.

Dreimal fällt Jan der Schlüssel fast aus der Hand, bevor der blonde Mann es schafft seine Haustür zu öffnen. Mit dem Fahrstuhl geht es in den zwanzigsten Stock und Jan ist sich Finns Anwesenheit in dem kleinen Raum überdeutlich bewusst. Sein Braunhaariger Begleiter benutzt ein penetrantes Aftershave, aber angenehm aufdringlich, Jan gefällt der Duft.

Es gibt nicht viele Wände in der großen Dachgeschosswohnung und Finns Blick gleitet anerkennend über die Einrichtung. „Wow, du bist ja richtig ordentlich.“, lacht der Braunhaarige und grinst zu Jan herüber, der gerade zwei Gläser aus dem Küchenschrank holt. „Willst du was trinken?“ Jan ist höflich und ein guter Gastgeber, solche Dinge sind ihm wichtig.
„Wenn du Bier da hast, dann würde ich gern eins nehmen.“ Jan nickt und öffnet den Kühlschrank, die Gläser schiebt er bei Seite. Mit einem leisen Zischen öffnet er die Flaschen und reicht eine davon seinem Gast, der inzwischen in die Küche gekommen ist.
„Jetzt will ich aber die sagenumwobene Dachterrasse sehen.“, verlangt Finn grinsend, nachdem die jungen Männer angestoßen haben und Jan führt den Größeren in seinen Wohnbereich und öffnet dort die Glastür. Kühle Luft strömt in die Wohnung. Jan hat seine Terrasse gemütlich eingerichtet, ein paar Kübel mit kleinen Bäumen und Büschen, zwei Liegestühle und ein Tisch mit vier Stühlen sind zu sehen. Der Boden ist aus Holz, der Blonde hat ihn erst im letzten Jahr erneuern lassen.
„Ich wusste, dass du untertreibst! Der Ausblick ist fantastisch.“, schwärmt Finn und steht schon an der Brüstung. Er sieht nach unten und beobachtet das abendliche Treiben auf den Straßen, wenn er den Blick schweifen lässt, sieht der die bunten Lichter der Stadt, sogar die große, beleuchtete Werbetafel an der Autobahnauffahrt ist in der Ferne zu sehen. In dieser Nacht leuchtet der Funkturm in einem dunklen Violett, manchmal ist er auch grün oder blau, aber zur Zeit ist eine Messe in der Stadt, dann sind die Lichter immer violett.

Jan wird ein bisschen rot, als Finn sich umdreht und auf ihn zukommt. „Warum bist du nur so bescheiden?“, fragt er erneut neugierig und mustert den Kleineren. Jans Wangen verfärben sich noch mehr und er sieht wieder den Boden an, einen längeren Blick in die grünen Augen seines Gegenübers hält er nicht aus, der Blick von Finn ist einfach zu intensiv.
Vorsichtig legt Finn zwei Finger unter das Kinn des Blonden und hebt somit seinen Kopf an. „Du musst doch gar nicht schüchtern sein.“, erklärt er ihm wieder, wie er es schon vor einer Woche gemacht hat und lächelt dabei. Jan senkt seinen Blick so weit es geht nach unten und würde gleichzeitig nichts lieber tun, als Finn anzusehen. Aber dann verliert er sich in diesen herrlichen Augen und davor hat er Angst.

Leise dringt der Straßenlärm zu den jungen Männern hoch, aber keiner der beiden nimmt ihn bewusst war, hören nicht das Hupen eines Busses, denn Jan hat den Blick gehoben und nun trifft das kühle, helle Blau aus Jans Augen auf dieses sanfte und ruhige Grün. Für beide fühlt es sich an, als würden Funken aus den Augen des anderen sprühen und sie können nicht anders, als weiter den anderen anzusehen, den Blick abzuwenden scheint unmöglich zu sein.
Langsam wandern die Finger des Größeren an Jans Wange, bis schließlich Finns ganze Hand darauf liegt und der Daumen sanft über die weiche Haut gleitet, erst am Morgen hat Jan sich rasiert. Der Daumen erreicht die Lippen des Blonden, diese sind ebenfalls weich und ganz leicht öffnet Jan den Mund, ein leises Seufzen ist zu hören, aber niemand kann sagen, von wem es eigentlich stammt, Jan ist viel zu sehr von Finns Präsenz eingenommen und dieser viel zu fasziniert von Jans Erscheinungsbild und seinem Verhalten.
Finn lässt seine Hand in den Nacken seines Gastgebers wandern und beugt sich vor, haucht schnell und leise einen kleinen Kuss auf die Lippen, die er zuvor gestreichelt hat. Erwartungsvoll richtet er anschließend den Blick auf Jan, der irritiert blinzelt und sich mit zwei Fingern an die Lippen fasst. Der Blonde ist nicht mehr in der Lage zu denken, sein Kopf ist vollkommen leer gefegt, nur die Erinnerung an die kurze Berührung ist noch da und sein Körper steht unter Strom, die feinen Härchen an seinem Arm sind aufgerichtet und in seinem Magen flattert ein aufgeregter Schwarm Schmetterlinge.
Zärtlich nimmt Finn die Finger seines Gegenübers von dessen Lippen und küsst ihn erneut, länger, fester als zuvor. Jan überwindet seinen Schockzustand, sucht mit der freien Hand nach Halt und legt den Arm schließlich um den Hals des Größeren, der Jans andere Hand noch immer festhält.
Ob es sich so anfühlt, auf Wolke 7 zu schweben? Keiner der beiden weiß, wie sich das anfühlen soll, aber beide hätten sie gesagt, dass sie in diesem Moment genauso fühlen. Ein Wirbelsturm aus Emotionen, Zärtlichkeit und Vertrautheit zieht sie in einen tranceartigen Zustand, sorgt dafür, dass sich nichts mehr wahrnehmen, außer den jeweils anderen, dass sie nur noch fühlen, den Duft des anderen einatmen, hektisch und gierig, um auch ja genau davon zu bekommen, als sei es überlebenswichtig.

„Jan.“ Das irdische Bedürfnis nach frischem Sauerstoff lässt die beiden sich voneinander lösen und Finn sieht den Kleineren zärtlich an. „Himmel, du machst mich wahnsinnig! Wie machst du das bloß?“, flüstert der Dunkelhaarige an die weichen Lippen seines Gegenübers, der wieder errötet.
„Komm, wir gehen rein.“, schlägt Finn vor, weil Jan noch immer nicht in der Lage ist sich zu bewegen, geschweige denn etwas zu sagen, nimmt den Blonden bei der Hand und zieht ihn in die Wohnung. Jan hat ein bequemes, weiches Sofa in einem dunklen Rot und Finn lässt sich einfach darauf fallen, zieht den überraschen Jan einfach mit, sodass dieser auf dem Dunkelhaarigen zum Liegen kommt.
„Ich weiß nicht warum, aber ich möchte jetzt einfach nur mit dir hier liegen bleiben und einfach nichts tun. Außer das vielleicht.“ Finn zieht den Kopf des Blonden näher zu sich und küsst ihn kurz, dann lacht er leise und auch Jan schmunzelt. „Okay.“
Die Liegefläche des Sofas ist recht breit, sodass die Beiden nebeneinander liegen können, wenn auch nur eng aneinander gekuschelt, aber das macht ihnen nichts aus.


Jan wundert sich, als er am nächsten Morgen auf seinem Sofa aufwacht. Er braucht einen kurzen Moment, um zu verstehen, wie er dort hinkommt, aber als es ihm wieder einfällt, fängt er an zu lächeln, bis ihm bewusst wird, dass Finn nicht mehr da ist. Der Blonde steht auf und streckt sich kurz, bis er sich auf die Suche nach seinem Gast macht, aber die Wohnung ist leer.
Enttäuscht beschließt er sich einen Kaffee zu machen, vor seiner Kaffeemaschine steht eine leere, aber benutzte Tasse und davor lehnt ein zusammengefalteter Zettel, neugierig klappt Jan ihn auf.

„Guten Morgen, Langschläfer. Leider muss ich heute wieder arbeiten, die Radiostation verlangt nach mir und meiner Morgenshow am Sonntag. Am liebsten wäre ich ja bei dir geblieben. Wenn du willst, dann komm ich heute Abend wieder, wenn du nicht willst, dann lass mich einfach nicht rein, wenn ich klingle. Hoffentlich machst du auf. Finn“



Jan lächelt, während er sich seinen Kaffee macht. Natürlich wird er den Braunhaarigen herein lassen.
Das Lächeln verschwindet auch nicht, als Jan duscht, ein bisschen Fernsehen guckt und sein Mittagessen kocht. Sogar die schlechten Nachrichten aus der Sonntagszeitung überlebt es. Selbst, als Jan unruhig in seiner Wohnung auf und abläuft und auf Finn wartet, bleibt es.

Endlich klingelt es, endlich ist Finn da. Schnell drückt Jan auf den Knopf, der für den Braunhaarigen die Haustür unten öffnet, dann wartet er sehnsüchtig darauf, dass der Fahrstuhl endlich oben ankommt.
Als die Tür aufgeht, kommt Finn mit schnellen Schritten aus der kleinen Fahrstuhlkabine, er hat es eilig in Jans Wohnung zu kommen. Er hat wieder seine Gitarre dabei, die er achtlos in den Flur stellt und Jan an den Hüften zu sich zieht, sobald dieser die Tür geschlossen hat. „Mag komisch klingen, aber ich hab dich vermisst.“, gesteht er und küsst den Blonden sanft. „Ich hab aber auch den ganzen Tag gewartet, dass du kommst.“, gibt dieser zu, nachdem seine Lippen wieder frei sind.

„Warum hast du deine Gitarre dabei?“, will Jan wissen, als die beiden jungen Männer wieder auf der Couch sitzen und sich einen Film ansehen. Finn hat den Arm um Jans Schultern gelegt und zieht ihn somit dicht an ihn heran. Beide fühlen sich unendlich wohl.
„Ich will nochmal mit dir singen, beim letzten Mal hat es sich so vollkommen und perfekt angefühlt. Meine Kollegin sagt, dass Liebe auch ein Duett ist und nur so funktioniert.“, erklärt der Braunhaarige und grinst schief. „Ich bin jetzt schon voll und ganz in dich verschossen.“, redet er weiter, als Jan verlegen den Blick senkt, was aber nur dazu führt, dass der Kleinere rot anläuft.
„Ich möchte wieder ‚Stand by me‘ mit dir singen.“, bittet Finn, steht auf und holt seine Gitarre. „Und keine Wiederrede, du kannst singen, richtig gut sogar.“, lacht er und haucht einen Kuss auf Jans Wange. Dieser ist noch immer verlegen und knetet nervös seine Hände, während Finn das Intro auf seinem Instrument spielt. Nur zögerlich setzt Jan mit ein, als Finn beginnt zu singen, aber mit jeder Zeile wird er lauter, singt mit mehr Gefühl. Wenn er den Braunhaarigen ansieht, läuft sein Herz fast über vor Glück und das ist es, was ihn antreibt.


„Finn?“ „Mhm.“ „Glaubst du, wir sind ein Duett?“

Vier Wochen ist es her, dass die beiden jungen Männer in Jans Wohnung erneut diesen einen Song gesungen haben. In diesen vier Wochen ist so einiges passiert, Jan hat Finn besucht und sie sind wieder zusammen in der Bar gewesen, nochmal zusammen aufgetreten. Sie sind zusammen ins Kino gegangen und haben anschließend ein Restaurant besucht. Das Wichtigste von all dem ist aber wohl, dass sie Gefühle entwickelt haben, noch mehr und noch stärkere, als die beiden sie sowieso schon gehabt haben. Sie vertrauen sich nun schon fast blind, kennen sich beinahe in- und auswendig.

Jetzt liegen sie in Finns Bett, das Fenster ist gekippt und die warme Nachtluft des Sommers strömt herein. Jan hat seinen Kopf auf die nackte Brust seines Freundes gebettet, dieser streicht ihm gedankenverloren durch die blonden Haare.

„Ja, sind wir. Wir sind ein Duett, ein perfektes Duett sogar.“ Lächelnd sieht Jan nach oben und ihn treffen die warmen Lippen des Dunkelhaarigen.

Ein perfektes Duett, Finns Kollegin hat wohl Recht, wenn sie sagt, dass Liebe nur so funktionieren kann. Bei Jan und Finn funktioniert sie, harmoniert sie, so wie die Noten in einer perfekten Symphonie miteinander harmonieren.

Impressum

Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 13.02.2013

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