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Ich schlüpfte aus meiner schlabbrigen Jogginghose und bemerkte, wie Fiete mich erst anstarrte und dann schnell den Kopf wegdrehte und mich erst wieder ansah, als ich die Jeans trug. Irgendwie wunderte mich sein Verhalten, vielleicht hatte ich es mir auch nur eingebildet. Ich tat es ab.
„Es ist so nervig mit dem Gips, sich vernünftige Hosen anzuziehen.“, meinte ich und holte mein Portmonee vom Schreibtisch. „Also von mir aus können wir gehen.“


„Einen guten Filmgeschmack hast du, der Film klingt richtig gut.“, stellte ich fest, als Fiete mir auf dem Weg zum Kino erzählte, welchen Film er ausgesucht hatte und worum es darin ungefähr ging. „Ich hab mir irgendwie gedacht, dass er dir gefallen könnte.“
Tatsächlich ließ der Braunhaarige es sich nicht nehmen meine Karte zu bezahlen und auch das Popcorn durfte ich nicht zahlen, lediglich mein Getränk kaufte ich am Ende selbst, was mich jedoch einiges an Überzeugungsarbeit kostete.

Während der Werbung unterhielten wir uns noch etwas und sahen dann gespannt auf die Leinwand, als der Film begann.
Dieser war wirklich gut und so bemerkte ich Fietes Hand, die sich vorsichtig vortastete erst, als sie schon vollständig auf meiner lag. Verwirrt sah ich zu ihm, aber er starrte konsequent die Leinwand an, ich war mir sicher, dass er wusste, dass ich ihn ansah. So sicher, wie ich mir in diesem Fall war, so unsicher war ich, was ich tun sollte.
Ich sah wieder nach vorn und im selben Moment wurde mir die Entscheidung abgenommen, weil Fiete seine Hand von selbst wegnahm. Ich fragte mich, warum er sie überhaupt auf meine gelegt hatte. Konnte es sein, dass er mich etwas mehr mochte, als er zugab? Das würde dann sogar erklären, warum er mich so komisch angesehen hatte, als ich mich umgezogen hatte. Was sollte ich davon halten? Ich beschloss das Thema einfach zu ignorieren, bis Fiete es von selbst ansprechen würde.

Nach dem Film verließ ich den Kinosaal mit einem mulmigen Gefühl, der Größere hatte sich zwar während dem Rest des Films nicht mehr bewegt und seine Hand bei sich gelassen, aber trotzdem hatte ich die Befürchtung, dass noch irgendwas passieren oder Fiete die Sache ansprechen würde.
Er tat es nicht. Stattdessen fing er an mit mir über den Film zu diskutieren und eine Welle der Erleichterung überkam mich. Fiete ging mit mir um wie sonst auch und als wir uns später verabschiedeten, hatte ich schon fast wieder vergessen, was während des Films passiert war.
Als ich jedoch später allein in meinem Zimmer saß, musste ich unwillkürlich daran denken und egal was ich tat, Fiete und seine Hand wollten nicht aus meinem Kopf verschwinden. Würde ich es schlimm finden, wenn Fiete wirklich in mich verliebt wäre, oder was in der Art? Wenn ich länger darüber nachdachte, dann fand ich es nicht schlimm, aber ich stand überhaupt nicht auf Jungs. Zumindest glaubte ich das, ich hatte es noch nicht versucht, aber bisher wollte ich das auch nicht.
Mein Handy unterbrach meinen verwirrenden Gedankengang und natürlich war es Fiete, der mich anrief. Wir führten etwas Smalltalk, bis er plötzlich ernst wurde. „Das im Kino heute Mittag, es tut mir leid, also wenn dich das überrumpelt hat und das nicht wolltest.“ Er sprach so leise, dass ich mir mein Handy fest ans Ohr drücken musste, um ihn überhaupt zu verstehen. „Es…also wenn ich ehrlich sein soll, ich bin verwirrt und überrascht, du solltest nur deine Hoffnungen begraben, wenn du welche haben solltest. Tut mir leid.“ „Das war mir irgendwie klar. Ich wollte das nur klären, man sieht sich dann.“ Bevor ich was sagen konnte, hatte er aufgelegt und mich überkam ein schlechtes Gewissen, aber was hätte ich auch tun sollen, ihn anzulügen wäre schlimmer gewesen.


Nach fünf Wochen war ich das erste Mal wieder auf der Eisbahn. In der Zeit war Weihnachten gewesen, Silvester war ebenfalls vorbei und ich hatte Fiete in der Zeit kein einziges Mal gesehen. Ich mochte ihn als Mensch wirklich gern und fand es schade, wie das alles gelaufen war.
Mein Fuß war jedenfalls wieder soweit verheilt, dass ich zumindest ein bisschen, mit sehr wenig Belastung und langsam, fahren konnte. Außerdem hoffte ich, dass ich den Braunhaarigen antreffen würde, um nochmal mit ihm zu reden. Ich hatte Glück, als ich das Eis betrat, lief Fiete gerade schwungvoll an mir vorbei und bremste ein paar Meter weiter, drehte sich um und sah mich kurz an, ehe er wieder weiter fuhr, als ich gerade auf ihn zu glitt. Was sollte das denn? Einholen konnte ich ihn nicht und das schien er zu wissen, sonst würde er gar nicht erst versuchen vor mir davon zu rennen.
Ich fuhr ein paar Runden, bis ich beschloss es für diesen Tag gut sein zu lassen, damit mein Fuß richtig verheilen konnte. Die ganze Zeit über beobachtete ich, wie Fiete immer wieder versuchte nicht in meine Nähe zu kommen. Da ich aber vor ihm das Eis verließ, stellte ich mich demonstrativ an den Ausgang und wartete darauf, dass ich Laufzeit vorbei war, dann musste er zwangsläufig an mir vorbei, egal, ob er wollte oder nicht.

„Verdammt nochmal, renn doch nicht immer vor mir weg.“, maulte ich, als er versuchte in einer Menschenmasse aus meinem Sichtfeld zu verschwinden. Ich holte ihn jedoch ein und packte seinen Arm, ruckartig drehte Fiete sich zu mir und sah mich an. „Was willst du Shiro?“, schnauzte er und sah mich abfällig an. „Mit dir reden. Willst du wirklich ewig vor mir wegrennen und nicht mehr mit mir reden?“, fragte ich ruhig. „Du hast doch gesagt, ich soll meine Hoffnungen begraben und wenn ich dann ständig mit dir rumhänge, dann wird das nie was. Also lass mich los.“, antwortete er kalt, auch wenn man in seinen blauen Augen sehen konnte, dass er es nicht so hart meinte, wie er es sagte. Ich wusste nicht, was ich antworten sollte, aber ich ließ ihn auch nicht los, sah ihn einfach nur an und überlegte. Was wäre, wenn es mir möglicherweise gefallen könnte seine Hand zu halten? Oder ihn sogar zu küssen? So abgeneigt konnte ich ja nicht sein, wenn ich darüber nachdachte. Er war ja schon ein ziemlich toller Mensch. Rein objektiv betrachtet sah er auch gut aus.
Aus irgendeinem Impuls heraus neigte ich mich vor und küsste den überraschen Braunhaarigen kurz. Ich war selbst davon überrascht, was dazu führte, dass wir uns beide einfach nur fassungslos ansahen. Zumindest hatte ich ihn los gelassen, mit meinen Fingern strich ich leicht über meine Lippen. Es hatte sich nicht falsch angefühlt, so viel stand schon mal fest.
„Shiro…warum? Warum machst du es mir denn jetzt noch so schwer?“, flüsterte der Größere und sah mich verzweifelt an. „Ich weiß es nicht, ich hab keine Ahnung, warum ich das getan habe, es war so ein inneres Gefühl, ich musste es einfach tun, glaube ich.“ „Bedeutet das, ich habe möglicherweise doch noch eine Chance?“ Hoffnungsvoll glänzten Fietes Augen, ich zuckte mit den Schultern. „Ich weiß es nicht.“

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Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Bildmaterialien: Alle Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 23.12.2012

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