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„Tyler, da sitzt ein neuer Kunde in deinem Bereich.“, wies meine Kollegin mich auf den Kerl hin, der sich gerade in den Teil des Cafés gesetzt hatte, für den ich zuständig war. Jeder Mitarbeiter hatte seinen Bereich und weil ich nun mal am neusten war, durfte ich den hintersten Bereich haben, zu dem man am weitesten laufen musste. Der Vorteil allerdings war, dass ich dort das ein oder andere Mal einen Smalltalk mit den Kunden, oder besser gesagt, den Kundinnen führen konnte und somit mit einem guten Trinkgeld belohnt wurde. Mit 17 Jahren als Kellner in einem Café zu arbeiten, das ein beliebter Treffpunkt für viele Menschen war, hatte, wenn man dann auch noch einigermaßen gut aussah, auch so seine guten Seiten, selbst wenn man weit laufen musste.

„Ich geh ja schon.“, brummte ich, meine Laune war auf den Tiefpunkt gesunken, trotzdem ging ich lächelnd auf den Jungen zu, der gerade die Karte studierte. Er hatte rot-braune Haare und schien in meinem Alter zu sein. „Was kann ich dir bringen?“, fragte ich freundlich und zog meinen Block und den Stift hervor. „Einen Latte Macchiato bitte.“ „Sonst noch was?“ „Ähm…einmal Waffeln bitte.“ Ich notierte seine Bestellung, lächelte und ging zurück zum Tresen, dort reichte ich Judith den Zettel. „Kommt sofort.“, flötete sie fröhlich, während ich wartete, räumte ich benutztes Geschirr von verlassenden Tischen.

„Ist fertig.“ Heute war nicht viel Betrieb, zumal es auch erst früher Nachmittag war, Abends war meist mehr los und ich genoss meine Nachmittagschicht, in der ich nicht allzu viel zu tun hatte.
Mit dem Tablett in der Hand ging ich zurück zu dem Jungen und stellte die Sachen gekonnt auf den Tisch. „Guten Appetit.“, wünschte ich freundlich und wollte gerade wieder gehen, als der Junge mich ansprach. „Wie heißt du?“, fragte er mich und ich runzelte die Stirn, warum wollte er das wissen? „Tyler.“, antwortete ich trotzdem. „Und du?“ „Ich bin Dave.“, stellte er sich vor. Er saß an einem Tisch für zwei Personen und ich setzte mich auf den Platz ihm gegenüber, ich hatte ja eh nichts zu tun. „Arbeitest du schon länger hier? Ich hab dich hier noch nie gesehen.“ Dave nahm einen Schluck von seinem Latte und leckte sich danach über die Lippen. Ich schluckte, ob er wohl wusste, wie gut das aussah? „Seit etwa zwei Monaten.“, gab ich Auskunft und fummelte an der Karte herum.
Ein weiterer Kunde betrat das Café, ich kannte den Mann und ich mochte ihn nicht, als wollte er mich ärgern, setzte er sich natürlich in meinen Bereich. „Die Arbeit ruft.“, entschuldigte ich mich und brachte das Tablett zum Tresen, ehe ich den Tisch mit meinem Kunden ansteuerte.
„Guten Tag, was kann ich ihnen bringen?“ Ich bemühte mich wirklich freundlich zu sein und ich fand, dass mir das auch ganz gut gelang. „Du nur mit Schütze würde mir schon reichen.“ Ich mochte ihn nur nicht, ich hasste ihn. „Da sind sie hier leider falsch.“, antworte ich ruhig. „Dann hätte ich gerne einen Kaffee.“ Schmierig lächelte er und ich beeilte mich zu verschwinden.

„Der schonwieder?“ Mitleidig sah Judith mich an und ich verdrehte nur die Augen, das war Antwort genug. „Sag es doch dem Chef.“, schlug sie mir wieder einmal vor. „Nein, das geht nicht, erstmal wäre das Aussage gegen Aussage und das wäre auch schlecht für das Geschäft und er tut mir ja nichts. Der hört schon irgendwann auf.“ Ich nahm den Kaffee und brachte ihn zu dem Tisch, drehte mich um und verschwand wieder, ohne auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln.
Mein Blick glitt zu Dave, er schien fast fertig zu sein und ich beschloss, mich wieder zu ihm zu setzen. „Hat’s geschmeckt?“ „Ja, sehr.“ Wieder leckte er sich über die Lippen. „Unsere Waffeln sind eben unschlagbar.“, scherzte ich und Dave lachte auf. „Da hast du Recht. Ich muss dann los, kann ich bezahlen?“ Ich stand auf und machte die Rechnung fertig. „Ich würd dir mehr geben, aber ich hab nicht mehr.“, erklärte Dave, als er bezahlte und mir etwas mehr Geld gab, um es als Trinkgeld zu bezeichnen war es eigentlich zu jämmerlich, aber der Gedanke zählte ja. „Ach was, ist ja kein Problem. Man sieht sich.“ Wir verabschiedeten uns und Dave verließ das Café, ein Räuspern lies mich zu meinem unbeliebten Gast sehen, er winkte mich zu sich.
„Wie kann ich ihnen helfen?“ „Ich würde gerne zahlen.“ Auch hier holte ich die Rechnung und ich wusste schon, was als nächstes passieren würde. „Bevor sie fragen, nein, ich möchte mir kein zusätzliches Trinkgeld verdienen.“, kam ich ihm zuvor, als er einen 50 Euro Schein aus seiner Brieftasche zog. Er hob eine Augenbraue und sah mich missbilligend an. „Nana, nicht so frech Freundchen.“, schnaubte er und reichte mir das Geld. „Tut mir leid, den kann ich leider nicht wechseln.“ Er gab mir einen kleineren Schein, ich gab ihm sein Wechselgeld und zog mit dem dreckigen Geschirr ab.

Der Typ war ein verdammter Mistkerl, ständig ließ er anzügliche Sprüche fallen, machte mich an, einmal hatte er mich sogar betatscht, nur leider konnte ich nichts dagegen tun, mein Chef war genauso ein Arsch und die beiden kannten sich auch privat, ich hätte keine Chance und könnte sogar gefeuert werden und ich brauchte den Job. Dieser schmierige Kunde hatte mir tatsächlich einmal angeboten, 50 Euro für seinen Kaffee zu zahlen, ein fettes Trinkgeld für mich, wenn ich ihm doch die Toiletten zeigen würde, ein fettes Grinsen hatte er dabei im Gesicht gehabt und ich wäre beinahe in dem vollbesetzten Café ausgerastet. Ich war froh über jeden Arbeitstag an dem ich ihn nicht sehen musste, leider kannte er meine Schichten sehr genau.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich Feierabend machen konnte, also stellte ich die benutzte Tasse auf den Tresen, holte meine Tasche aus dem Personalraum, hängte die Schürze auf und verließ den Laden, nachdem ich mich von Judith verabschiedet hatte. Es war Freitag und ich hatte das Wochenende frei, wusste aber noch nicht so wirklich, was ich machen wollte.
Ich schloss gerade mein Fahrrad ab, als ich eine Hand auf meinem Hintern spürte, erschrocken fuhr ich hoch, stieß mir dabei den Kopf am Lenker und drehte mich um, dieser schmierige Arsch stand vor mir und grinste mich lüstern an. „Zier dich doch nicht so Tyler.“ Ich zwang mich selbst dazu ruhig zu bleiben, auch wenn ich Feierabend hatte und wir uns nicht im Café befanden, stand mein Job trotzdem auf dem Spiel. „Würden sie mich bitte in Ruhe lassen und mich nicht mehr anfassen? Auch in Zukunft nicht!“, verlangte ich mit ruhiger Stimme und der Schleimbolzen schüttelte den Kopf. „Sei doch nicht so schüchtern süßer, ich weiß doch, dass du es willst.“ Er kam näher und ich trat einen Schritt zurück, schob mein Rad zwischen uns. „Ich bin vielleicht schwul, aber das heißt nicht, dass…“ Ich brach ab, weil ich nicht wirklich wusste, was ich sagen sollte, ohne dabei beleidigend zu werden. „Lassen sie mich einfach in Frieden.“, wiederholte ich also. „Was heißt das nicht, hm?“, fragte er nach und schob mein Rad bei Seite.
Plötzlich tauchte eine Hand auf seiner Schulter auf und er drehte sich überrascht um. Ich sah an ihm vorbei und entdeckte Dave. „Haben sich nicht gehört? Sie sollen ihn in Frieden lassen.“, sagte er mit fester Stimme. „Ist schon gut, ich schaff das.“, warf ich ein, aber er schüttelte den Kopf. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht.“, fuhr der unliebsame Kunde den Jüngeren an. „Gehen sie einfach.“, zischte dieser und der Angesprochene zog tatsächlich ab, nachdem er mir noch etwas zugeflüstert hatte. „Das gibt ein Nachspiel.“, zischte er in mein Ohr und stapfte wütend davon.
„Das war doch der aus dem Café, oder?“, fragte Dave, ich nickte. „Danke dir, aber ich muss jetzt los.“, verabschiedete ich mich und wollte mich auf mein Rad schwingen, Dave hielt mich fest. „Willst du mir nicht erzählen, was das war? Vielleicht kann ich dir helfen.“ Ich seufzte. „Na gut, ich muss durch den Park nach Hause, wenn du in die gleiche Richtung musst, dann kann ich dir ja erzählen, was das sollte.“, bot ich an und er nickte. „Ich muss da sowieso lang.“

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Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Bildmaterialien: Alle Rechte liegen bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 06.12.2012

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