Cover

20.8.2012


Es ist still in meinem Zimmer, ich halte die Stille nicht aus, schalte Musik an. Habe die Wahl zwischen über 500 Songs, weiß nicht, was ich hören will, hören soll, es gibt nichts, was zu dieser Situation passen würde. Ich lasse etwas laufen, langsam, traurig, ein Lied, dessen Text ich nicht verstehe, kein Englisch, kein Deutsch, keine Sprache, die ich verstehe, etwas Asiatisches, der Musikgeschmack eines Freundes. Kann ich das sagen? Ein Freund? Oder nur ein Bekannter? Vielleicht nichtmal das? Der Ventilator läuft, es ist heiß draußen, über 30 Grad im Schatten. Irgendwo kreisen Gedanken in meinem Kopf, aber sie erreichen mich nicht. Ich denke an meine Geschichten, wie gut es meine Figuren haben, jemanden, der sie liebt, auch wenn nicht immer alles einfach ist. Woher kommen die Ideen? Warum gerade diese? „Beim Schreiben verarbeitet man seine Wünsche.“, hat einmal jemand gesagt, warum schreibe ich Lovestorys zwischen zwei Typen? Es ist einfacher, man muss nicht mit der Gefühlswelt eines Mädchens auseinander setzten, einem Mädchen wie mir. Aber wie soll man schreiben, über Dinge die man nicht kennt? Einsamkeit, Sehnsucht, Liebe, Sinnlichkeit, Vertrauen, Gefühle? Was ist, wenn man darüber schreibt, um es kennen zu lernen? Sollte ein guter Autor nicht über die Dinge schreiben, die er kennt, um es beschreiben zu können? Es sind einfache Worte auf einem leuchtenden Display, man kann sie löschen, kopieren, ändern, etwas hinzufügen und alles so lenken, wie man es gern hätte und keiner wird verletzt, niemand nimmt Schaden.
Serien machen süchtig, sie gaukeln einem vor, dass das Leben schön ist, immer schön ist und man alles Schlechte überwinden kann, dass Freunde immer für einen da sind, dann verschwinden sie doch auf einmal. Jeder Mensch muss so akzeptiert werden, wie er ist, das sagen sie auch. Die Folge ist vorbei, das Bild hält an, willkommen zurück in der Realität, wo man etwas besonders sein muss, um aufzufallen, aber trotzdem mit dem Strom schwimmen muss, sich anpassen muss. Was passiert mit Menschen, die anders sind, die nicht dem Ideal entsprechen, die ihre Meinung sagen? Verstoßen, ignoriert, beschimpft, geschlagen, vernichtet, einfach so.
Eine Träne tropft auf die Tastatur, es sollte sie nicht geben, diese Verräter, die einen angreifbar machen. Es ist kein ganzes Leben, wenn man die Gefühle verbirgt, die sich in einem regen und nach Freiheit rufen und sie nur bekommen, wenn man alleine ist. „Reiner Selbstschutz, keine Erwartungen, keine Enttäuschungen, keine Blamage.“ Leise, gemurmelte Worte, wie ein Gebet, immer und immer wieder. Was bleibt, ist die Flucht in Geschichten, Filme, Serien, Bücher, in denen Menschen alles verkraften, mit 16 nicht noch ungeküsst sind, wissen was sie wollen, akzeptiert werden, geliebt werden. Für einen kurzen Moment scheint man glücklich zu sein, aber es ist alles nicht echt.
„Wann warst du das letzte Mal richtig glücklich?“ Wir sollten Stichpunkte zu solch einer Situation aufschreiben, später eines davon vorlesen, vor dem gesamten Philosophiekurs. Die Lehrerin zeigt auf mich, ich könnte weinen, schüttle den Kopf und höre den anderen zu, ich konnte mich nicht erinnern.
Weitere Tränen, weggewischt, aber sie kommen immer wieder, bei jeder Kleinigkeit, ein Lied, eine Szene, eine Erinnerung, ein Streit um Nichtigkeiten. Der Drang, sich zu verändern, er ist wieder da, andere Haarfarbe, noch ein Piercing, noch ein Tattoo, irgendwas, um dem Körper zu verändern, den man nicht haben will, in dem man gezwungen ist zu Leben.
Beinahe alle Hoffnungen sind verschwunden, die Fähigkeit, sich die Zukunft vorzustellen ebenfalls, ein Jahr erscheint wie eine Ewigkeit, in ein paar Tagen sind sie weg, drei Menschen, die die Welt bedeuten, zwei in einem anderen Land, einer davon am anderen Ende der Welt.
Genug! Genug geweint, gelitten. Tränen wegwischen, weiter schreiben, weiter gucken, Glück erfinden und sehen und dabei jeden Gedanken beiseiteschieben. Es hat ja doch keinen Sinn.

12.6.2013

In vier Tagen bin ich ein Jahr auf Bookrix. Ich frage mich manchmal, warum ich mit dem Schreiben angefangen habe, warum ich Bücher so liebe und warum ich heterosexuelle Liebesgeschichten so sehr meide.
Ich liebe es zu lesen, ich liebe es in eine Welt zu verschwinden und am liebsten würde ich gar nicht mehr daraus auftauchen. Als ich jünger war, habe ich mir immer eine diese Fähigkeit von Maggi und ihrem Vater in "Tintenherz" gewünscht. Ich wollte inbedingt in meinen Lieblingsbüchern verschwinden und niemals wieder kommen.
Bücher sind und waren für mich immer ein Fluchtort, an den ich mich lesen kann, wenn es mir schlecht geht.
Ich glaube, ich schreibe auch, weil ich Anerkennung für etwas bekomme, was ich geleistet habe. Anerkennung, die ich sonst nicht bekomme und um die es sich nicht zu kämpfen lohnt.
Wenn man hört, dass das kleine Nachbarskind mehr Aufmerksamkeit bekommt, wenn man sich jeden Tag aufs Neue anhören muss, was man alles falsch macht und man genau spürt, dass man nicht so willkommen ist, wie man es sein sollte.

Ich wollte noch mehr sagen, aber ich erinnere mich nicht und eigentlich bin ich auch nicht mehr in der Lage meine Gedanken zu sortieren. Es tut mir leid.

Impressum

Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Bildmaterialien: Bookrix
Tag der Veröffentlichung: 20.08.2012

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