Das Gespräch mit Elias, dass ich letzte Woche mit ihn geführt hatte, darüber, dass er schwul sei und das er einen Freund hat, dass er meinen Cousin im Travis getroffen hatte und ihm, indem er sich gegen Robin gestellt hatte, gezeigt hatte, dass man lieben darf, wen man will und dass man stolz darauf sein sollte, hatte mich wirklich zum Nachdenken angeregt. Ich hab noch zu Elias gesagt, dass es ein interessanter Versuch wäre, mal was mit einem Jungen anzufangen. Das meinte ich ernst. Ich meine, was man nicht probiert hat, kann man ja auch nicht beurteilen, oder? Außerdem sind Niklas, mein Cousin, und sein Freund Sam einfach nur unglaublich süß zusammen. Ja, ich bin neidisch, ich geb’s ja zu. Aber mal ehrlich, es scheint, als hätte eine Beziehung mit einem Jungen einige Vorteile. Ich hab nie so wirklich darauf geachtet, ob ich auf Jungs stehen würde, oder es könnte. Bisher hatte ich auch keinen Grund dazu. Ich hatte bis vor ein paar Wochen eine Freundin, die Beziehung hat mich aber viel Zeit und Mühe gekostet, wenn ich ehrlich bin. Am Ende ging sie mir einfach nur noch auf den Keks. Aber weil ich ja im Moment von allen Seiten mit verliebten und vor allem schwulen Jungs zu tun habe, hab ich mir ein paar in meinem Umfeld mal genauer angesehen und ich muss sagen, ein kleines bisschen hat der eine oder andere doch auf mich gewirkt. Keine Ahnung, ob ich jetzt schwul, bi oder was auch immer bin, ich halte sowieso nicht so viel von dem ganzen Schubladendenken. Aber irgendwie fängt es bei mir im Bauch an zu kribbeln, wenn ich Jakob sehe. Ich mochte es, wie er sich bewegte, wie er manchmal schüchtern den Kopf senkte, seine blauen Augen. Ich bin so ein Idiot, aber das bin typisch ich, wenn ich mir etwas vornehme, dann gleich ganz oder gar nicht. Und ich hatte mit nun mal vorgenommen, meine Reaktion auf Jungs zu testen. Dass ich allerdings irgendwo in meinem Innersten gleich ein paar Gefühle entwickle, war nicht geplant. Aber was soll ich machen, Shit happens. Ich wollte nochmal mit Elias darüber sprechen, ihn fragen, ob er weiß, ob ich bei Jakob, rein theoretisch, eine Chance hätte. Er hatte am Tag des Unfalls immerhin ein langes Gespräch mit ihm geführt. Der Unfall. Ich könnte Robin dafür immer noch sämtliche Knochen brechen, weil er Elias fertig macht, weil er schwul ist und dazu steht. Außerdem hat er Niklas und Sam dumm angemacht. Aber dass er Elias gleich einen Volleyball ins Gesicht haut, hätte selbst ich nicht gedacht. Die Krönung ist aber der Brief, der bei Elias vor der Haustür lag. Der Schreiber droht ihm und Max, seinem Freund. Wir glauben ja alle, dass es Robin war, aber das muss erst noch von der Polizei bewiesen werden.
Ich griff zu meinem Handy und rief Elias an. „Hallo Großer.“, begrüßte er mich. „Sag mal…du hast doch am Montag ziemlich lange mit Jakob geredet oder? Worüber, wenn man fragen darf?“, fragte ich Elias unsicher. Elias druckste herum. „Er hat mich eigentlich gebeten, es keinem zu sagen. Aber ich vertrau dir und du weißt, normalerweise erzähle ich Dinge nicht einfach so weiter, also wehe, noch jemand außer dir erfährt davon.“ Das war typisch für ihn, aber deswegen mochte ich ihn auch. Wenn man ihm etwas erzählte, behielt er es immer für sich. „Keine Sorge.“, beruhigte ich ihn und er rückte tatsächlich zögernd mit der Sprache heraus. „Also kurzgefasst, er ist Jungs gegenüber nicht abgeneigt. Aber er will nicht, dass jemand davon erfährt, vor allem hat er Angst vor Robin und das kann ich echt gut verstehen. Er könnte sich nicht gegen ihn wehren. Aber ich glaube auch, er kommt damit selbst noch nicht ganz klar. Er akzeptiert es nicht komplett.“ Ich hätte Luftsprünge machen können. Na gut, Jakob wollte es vielleicht nicht wirklich wahr haben, aber das war ja das kleinere Problem. „Mhm, klingt nach einer schwierigen Situation. Aber ich wird es keinem sagen.“, versicherte ich nochmal. „Warum wolltest du das eigentlich wissen?“, hakte Elias nach. Was sollte ich denn jetzt sagen? „Ähm…hat mich nur interessiert.“ Ganz tolle Ausrede Dennis, wirklich. „Und das ist alles?“ Elias ließ nicht locker. Ich bejahte eine Spur zu schnell. „Oder willst du deinen Plan umsetzten?“, neckte er mich. „Bin ich so leicht zu durchschauen?“ Elias lachte. „Offensichtlich. Na dann viel Glück bei deinem Versuch. Aber überfordere ihn nicht. Eigentlich dürftest du gar nicht davon wissen.“ „Jaja ich weiß. Ich bin ja vorsichtig.“ Was traute Elias mir denn zu? Dass ich mitten im Schulflur über Jakob herfallen würde? Wohl kaum. „Wie gesagt, viel Glück. Ich bin mit Max verabredet.“ Wir legten auf. Er und Max, das war auch ein verdammt süßes Paar, sagte ich das schon? Wie auch immer, ich brauchte noch immer einen Plan, um an Jakob heran zu kommen. Da kam mir eine Idee. Ich bin eine Niete in Englisch. Und Mathe. Und noch ein paar anderen Sachen. Aber Jakob, er spricht Englisch, als sei es seine Muttersprache. Ich beschloss, ihn zu fragen, ob er mir Nachhilfe geben würde. In meinem Kopf spielte sich die Szene schon ab. Wie ich an einem Tisch sitze, Jakob sich über meine Schulter gebeugt abguckt, was ich geschrieben habe. Dann drehe ich meinen Kopf zur Seite und gucke ihn an, sehe direkt in seine wunderschönen blauen Augen. Er sieht mich fragend an und ich ziehe seinen Kopf zu mir herunter und küsse ihn. Ich schüttelte den Kopf, so würde es vermutlich nicht ablaufen. In meinem Zimmer hing eine Telefonliste an meiner Pinnwand und ich beschloss, Jakob gleich anzurufen, immerhin sollten wir in der nächsten Woche eine Englischarbeit schreiben, dann war die Bitte nach Nachhilfe nicht ganz so auffällig. Das Freizeichen ertönte und kurz darauf meldete sich eine weibliche Stimme. „Meier, guten Tag.“ Ich vermutete, dass es Jakobs Mutter war. „Dennis Pabel, Hallo. Ist Jakob da? Ich bin ein Klassenkamerad von ihm.“ Es knackte und ich konnte hören, wie die Frau nach Jakob rief. Ein paar Sekunden später meldete er sich. „Hallo Dennis.“ „Ähm, ich wollte dich fragen, also wir schreiben ja nächste Woche Englisch und ich bin, ehrlich gesagt, ziemlich scheiße in Englisch. Würdest du mir Nachhilfe geben?“ Ich betete, dass er ja sagen würde. „Ähm, wie kommst du denn da auf mich? Aber klar, kann ich gerne machen. Wann hast du denn Zeit?“ Ich musste ein Jubeln unterdrücken. Ich war meinem Ziel schon ein ganzes Stück näher. „Du bist halt gut in Englisch, deswegen hab ich gedacht, ich frag dich mal. Wann würde es dir den am besten passen? Von mir aus können wir auch heute anfangen, ich hab noch nichts vor.“, schlug ich vor. Es war Samstag und ich hatte nichts vor. Das muss man sich mal vorstellen! Normalerweise hätte ich heute ein Basketballspiel gehabt, aber es war Saisonpause. Selbst wenn ein Spiel gewesen wäre, ich hätte nur auf der Bank sitzen können, ich hatte zwei angerissene Bänder. Jakob schien zu überlegen. „Warum eigentlich nicht? Soll ich dann so in einer Stunde bei dir vorbei kommen?“ Ich wollte mir meine Begeisterung nicht anmerken lassen, aber das gelang mir nicht besonders. „Das wär toll. Bis dann.“ Ich hatte eine Stunde Zeit. Zunächst räumte ich ein wenig in meinem Zimmer auf, holte meine Englischunterlagen aus dem Regal und legte sie auf den Schreibtisch. Dann holte ich einen zweiten Stuhl aus der Küche. Meine Jogginghose tauschte ich gegen eine Jeans, die wahrscheinlich mehr aus Löchern als aus Stoff bestand. Das Hemd, das ich trug, ließ ich an. Meine Haare erhielten eine Behandlung mit Haargel und standen mir ordentlich verwuschelt vom Kopf ab. Ich überlegte gerade, ob mir rote Haare wohl stehen würden, als es an der Tür klingelte.
Ich fuhr mir noch einmal mit der Hand durch meine blonden Haare und sah in den Spiegel im Flur, ehe ich die Tür öffnete. „Hallo. Komm rein.“ Ich trat beiseite, damit Jakob unsere Wohnung betreten konnte. „Hallo.“, sagte er, als er an mir vorbei ging. Er wirkte schüchtern auf mich und das machte ihn verdammt niedlich. Er stand etwas verloren im Flur, er war noch nie hier gewesen. „Willst du was trinken?“, fragte ich ihn und er nickte. „Die zweite Tür links ist mein Zimmer. Ich komm gleich nach.“ Jakob bewegte sich in die Richtung, in die ich gezeigt hatte und ich holte zwei Gläser und eine Flasche Wasser aus der Küche, dann betrat ich ebenfalls mein Zimmer. Interessiert sah mein Besuch sich in meinem Zimmer um. „Also, wobei brauchst du Hilfe?“, sprach Jakob mich an und ich brauchte einen Moment, bis ich das überhaupt bemerkte. „Ähm.“ Sehr geistreich, wirklich. Ich zählte ihm verschiedene grammatische Regeln auf und setze mich an den Tisch. „Setz dich.“, forderte ich Jakob auf und zeigte auf den Stuhl neben mir. „Man Dennis, das sind Grundkenntnisse, die du nicht kannst.“, stellte Jakob fest. „Ich weiß.“, murmelte ich kleinlaut. Vermutlich hielt er mich jetzt für dumm. „Naja, aber ich bin mir sicher, dass du das schnell nachholen kannst.“, erwiderte Jakob und lächelte mich an. Er lächelte mich an! In meinem Bauch tanzten eine Milliarde Schmetterlinge Samba, zumindest fühlte sich das so an. Jakob nahm das Buch und suchte im Grammatikteil nach den Regeln, die ich nicht konnte, was nicht besonders schwer war, da ich fast nichts davon beherrschte. Sicher, hätte ich mal früher damit angefangen, zu lernen, hätte ich das Problem nicht, aber dafür hatte ich einen Vorwand, um mich mit Jakob zu treffen. So gesehen, war meine Faulheit doch zu was gut. Jakob begann damit, mir was über die verschiedenen Vergangenheitsformen zu erzählen und es kostete mich meine ganze Konzentration, ihm dabei zu zuhören und ihn nicht anzustarren. Seine Gesten, die er mit den Händen machte, wenn er seine Worte damit unterstreichen wollte, wirkten anmutig und geschmeidig, er trug ein dünnes Lederarmband. „... hast du mir zugehört, Dennis?“ An seinem Tonfall erkannte ich, dass Jakob mich wahrscheinlich nicht zum ersten Mal ansprach. Ganz toll. Ich wurde rot. „Was hast du gesagt?“ „Dennis, wenn du mir nicht zuhörst, bringt das hier nichts.“, rügte er mich. „Ich weiß, tut mir leid, ich war abgelenkt.“, gab ich zu. Das war ja nicht mal gelogen. Eine ganze Stunde versuchte Jakob mir die Regeln einzubläuen. „Ich glaube, dass reicht erst mal.“, meinte er dann. „Wahrscheinlich hast du Recht. Danke für deine Hilfe.“ Während ich das sagte, legte ich wie beiläufig meine Hand auf seine, die auf dem Tisch lag. Er sah mich überrascht an. Dann zog er seine Hand weg. „Sorry.“, sagte ich schlicht. Ein Schweigen entstand zwischen uns. „Ich bin nicht schwul.“ Jakob hatte leise gesprochen und starrte die Tischplatte an. „Hat ja auch keiner gesagt.“ Wieder Schweigen. „Aber du hast es gedacht.“, warf Jakob mir vor. Ich schüttelte den Kopf. „Hab ich nicht. Außerdem muss man nicht schwul sein, um auf Jungs zu stehen. Dieses Schubladendenken ist sowieso Schwachsinn, man muss doch nicht etwas sein, man kann sich doch in jeden verlieben oder ganz überraschend jemanden attraktiv finden, auch wenn man das nie erwartet hätte.“ Jakob sah mich überrascht an. „Meinst du?“ Ich nickte. Nervös fummelte er an seinem Armband herum. „Wie können uns ja am Mittwoch, einen Tag vor der Arbeit noch einmal treffen, wegen Englisch. Ich muss los.“ Er war aufgestanden und ich folgte ihm zur Haustür. „Nochmal danke für deine Hilfe.“ Jakob nickte nur und verschwand im Hausflur. Ich lehnte mich gegen die geschlossene Tür. War seine Reaktion jetzt gut oder schlecht? Ich wusste nur, dass ich total auf seine Schüchternheit abfuhr. Das machte mich ganz kirre. Zumindest müsste er jetzt verstanden haben, worauf ich hinaus wollte, als ich meine Hand auf seine gelegt hatte. So schwer war das ja nicht zu verstehen. Aber wahrscheinlich eine Aktion, von der Elias mir abgeraten hatte, als er sagte, ich soll Jakob nicht überfordern. Ich könnte mir in den Hintern beißen. Aber was soll ich machen? Ich bin halt ein direkter Mensch. Ich holte mir einen Jogurt aus dem Kühlschrank und setzte mich vor den Fernseher. Meine Eltern waren vermutlich wieder bis was weiß ich wann arbeite. Es liefen irgendwelche Nachmittagsshows und ich schaltete den Fernseher bald wieder aus. Auf den Mist hatte ich keine Lust. Ich wollte mich bewegen! Joggen zu gehen schien mir eine gute Idee zu sein, aber meine kaputten Bänder würden das wohl nicht mitmachen. Aber mein Gott, ich hatte mich zwei Wochen geschont! In Sporthose, lockerem Top und Laufschuhen stand ich ein paar Minuten später vor der Haustür und überlegte, wo ich langlaufen könnte. Meine Wahl fiel auf den Park und ich begann langsam loszulaufen. Die Bewegung tat mir gut, ich bekam den Kopf frei und schaffte es sogar, Jakob aus meinem Kopf zu vertreiben. Zumindest, bis ich an einer Bank vorbei lief. Irritiert blieb ich stehen und drehte mich um. Tatsächlich, auf der Bank saß Jakob und schaute mich ebenso überrascht an. „Was für eine Überraschung.“, begrüßte ich ihn, als ich wieder bei der Bank ankam und mich neben ihn setzte. „Mhm.“, brummte er nur. „Was machst du hier so ganz alleine?“ Die Frage erwies sich als überflüssig, als ein kleiner Jack Russell Terrier auf die Bank zu gelaufen kam und Jakob sich zu ihm herunter beugte. „Das ist Minnie.“, stellte er mir den Hund vor und nahm den Stock, den die Hündin angeschleppt hatte und warf ihn ins nächste Gebüsch. Minnie rannte begeistert hinterher. „Du hast einen Hund?“, fragte ich überrascht. Mir fiel auf, dass ich fast nichts über Jakob wusste. „Wir haben sogar zwei Hunde, aber meine Schwester und ich gehen getrennt Gassi, das ist entspannter.“, erzählte er. „Ich muss aber auch langsam weiter.“ Jakob erhob sich und ich stand ebenfalls auf. „Dann bis Montag.“, verabschiedete ich mich. Er nickte und ging in die Richtung aus der ich gekommen war, ich joggte in entgegengesetzter Richtung weiter. Jakob spuckte nun wieder die ganze Zeit in meinem Kopf herum.
Als ich zu Hause ankam, schmerzten meine Bänder wieder. War wohl doch keine so gute Idee, sie direkt wieder zu belasten. Naja, dafür hatte ich Jakob noch einmal gesehen. Ich ließ Wasser in die Badewanne laufen und zog mich aus. Langsam glitt ich in das warme Wasser. So ein Bad hat wirklich was Entspannendes. Die Stimme meiner Mutter riss mich aus meinem Dämmerzustand. Ich war fast eingeschlafen. „Ich bin hier.“, rief ich und sie kam ins Wohnzimmer. „Ich habe Essen von Chinesen mitgebracht. Ich stelle dir deins in die Küche, ich und dein Vater sind mit Freunden verabredet.“ Das war typisch. Ich nickte und schloss wieder die Augen. Meine Eltern waren selten zu Hause, aber es störte mich inzwischen auch nicht mehr besonders. Ich hatte oft meine Ruhe und ihr schlechtes Gewissen, das sie doch irgendwo hatten, versuchten sie mit Geschenken und Geld an mich zu beruhigen. Ich tauchte meinen Kopf unter Wasser, nachdem meine Eltern mir ein „Es kann spät werden. Tschüss.“ zugerufen hatten und die Tür ins Schloss gefallen war.
Mit einem Handtuch um die Hüfte stand in der Küche und stellte meine gebratenen Nudeln in die Mikrowelle. Ich war fast fertig mit Essen, als das Telefon klingelte. „Dennis Pabel.“, meldete ich mich. „Ich bin’s, Jakob. Ich wollte fragen, ob du auch schon am Dienstag kannst, am Mittwoch hab ich keine Zeit.“ Je früher ich ihn alleine treffen kann, desto besser. „Klar.“, bestätigte ich. Jakob bedankte sich und beendete das Telefonat. Also würde ich am Dienstag meine zweite Chance bekommen. Ich gammelte noch etwas vorm Fernseher herum sah mir irgendeinen Spielfilm an, dann ging ich schlafen.
Am Montag freute ich schon fast, in die Schule zu gehen. Ja, ich freute mich auf die Schule. Ich muss verrückt geworden sein. Jakob beachtete mich nicht mehr als sonst, als ich ihn sah und ich wollte ihm nicht zu sehr auf die Pelle rücken, also ließ ich ihn in Ruhe. In der ersten Pause erzählte ich Elias von meinem Treffen mit Jakob. „Ich hab dir doch gesagt, übertreib es nicht.“, mahnte er mich schonwieder. „Hab ich doch gar nicht.“, verteidigte ich mich. „Aber ich glaube, für Jakob war das trotzdem zu viel. Bau einfach keinen Mist.“ „Elias, was denkst du denn von mir?“ Er grinste. „So war das gar nicht gemeint. Du sollst ihn nur nicht überrumpeln.“ Ich brummte.
Auch den gesamten Dienstagvormittag schenkte mir Jakob keine Aufmerksamkeit, wie ich mit Bedauern feststellte. Zumindest nicht, bis zu letzten Stunde. „Ich werde auch jetzt in Paare einteilen, in denen ihr dann ein Referat vorbereiten werdet. Ich will, dass ihr nicht immer mit den gleichen Leuten zusammenarbeitet, deswegen teile ich dieses Mal die Gruppen ein.“, verkündete unser Chemielehrer. Dann nennte er die Paare und das Thema. „Dennis und Jakob.“ Ich erwachte aus meinem Halbschlaf, in den ich bei seinem Gebrabbel gefallen war. „Ich haltet bitte nächste Woche ein Referat über Alkalimetalle.“ Elias sah mich grinsend an und ich blickte zu Jakob, der mich ebenfalls ansah. Wir würden uns an dem Tag sowieso noch treffen, dann konnten wir auch über das Referat reden. Wäre es nicht übertrieben und seltsam gewesen, ich hätte jubeln können. Noch mehr Zeit mit Jakob und er konnte gar nicht nein dazu sagen. Der Rest der Stunde verging wie im Flug und ich sprach Jakob draußen vor dem Klassenraum an. „Kommst du heute wieder zu mir oder wie machen wir das?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich schätze, ich komm einfach gegen vier bei dir vorbei, wenn das okay ist.“ Bevor ich antworten konnte, war er auch schon weiter gegangen und ich starrte ihm hinterher. Warum ließ er mich einfach so her stehen? „Mach dir nichts draus, er ist bestimmt nur schlecht gelaunt.“, meinte Elias, der die Szene beobachtet hatte und nun neben mir stand. „Hoffentlich.“, murmelte ich und trottete zum Ausgang.
Zu Hause erwarteten mich meine Eltern, die mit gepackten Koffern in Flur standen. „Dennis, wir fliegen für 10 Tage nach Italien. Eine wichtige Geschäftsreise. Unser Flug geht in drei Stunden, Geld liegt in der Küche, wir rufen.“, ratterte meine Mutter herunter, kurz darauf waren die beiden verschwunden und ich sah ihnen verwirrt hinter. Schön, dass sie mir auch mal Bescheid sagten. Letztendlich war es mir egal, hatte ich die Dachgeschosswohnung zehn Tage lang für mich allein. Ich schob mir eine Tiefkühlpizza in den Ofen und wartete auf Jakob.
Etwas verspätet traf er ein und ich ließ ihn eintreten. Wortlos ging ich in mein Zimmer, hörte, wie Jakob mir folgte. „Wann sollen wir das Referat vorbereiten?“, erkundigte ich mich, als ich mich auf meinen Stuhl gesetzt hatte. Jakob zuckte mit den Schultern. „Kannst du bitte mit mir reden.“, flehte ich fast und sah ihn mit Dackelaugen an. „Freitag?“, schlug er vor und studierte meinen Zimmerboden. Die Situation gefiel mir so überhaupt nicht. „Was ist los? Ist es wegen letzter Woche? Ich hab doch gesagt, es tut mir leid.“, versuchte ich das Schweigen zu brechen. Lustlos ließ Jakob sich auf den Stuhl neben mir fallen. „Nein.“, wehrte er ab, aber sein Verhalten und sein Blick, den er mir jetzt schenkte, straften seine Worte Lügen. „Es tut mir leid.“, wiederholte ich noch einmal und auf seinem Gesicht er schein etwas, was man mit viel Freundlichkeit als halbherziges Lächeln bezeichnen konnte. „Sagtest du schon.“ Irgendetwas zwang mich dazu, meine Hände auf seine Schultern zu legen. Ich blickte ihm fest in die Augen. „Hör mal, wenn ich Scheiße gebaut habe, dann sag es mir und wenn nicht, dann sag mir, warum du so schlecht drauf bist.“, bat ich ihn. Jakob senkte den Kopf, mein Zimmerboden schien ja sehr interessant zu sein. „Ich…bin nicht schwul.“, wiederholte er leise seine Worte vom letzten Mal. „Sagst du schon.“ Er wiederholte es noch einmal, so als müsste er sich selbst davon überzeugen. „Das behauptet doch auch niemand.“ „Robin.“, murmelte er und ich musste mich wirklich bemühen, um es zu verstehen. Himmel, man musste ihm echt alles aus der Nase ziehen! „Hat Robin gesagt, dass du schwul bist?“, fragte ich also weiter und er nickte. Ich versuchte meinen Hass gegen diesen Kerl im hintersten Winkel meines Körpers zu versperren und lächelte sanft. Dann nahm ich vorsichtig das Kinn meines Gegenübers zwischen zwei Finger und hob es an. „Sieh' mich an.“, flüsterte ich, was Jakob auch tatsächlich tat. „Robin ist ein Idiot.“, fuhr ich fort. „Es ist egal, was er sagt und es ist egal, was du bist. Was zählt ist, dass du zu dir stehen musst und dass du stolz auf dich bist.“ Meine Worte erstaunten mich selbst. Es wunderte mich, dass ich zu solchen Sätzen in der Lage war. Und siehe da, sie verfehlten nicht ihre Wirkung. Zunächst sah Jakob mich verwirrt an, dann nickte er und lächelte. „Bist du stolz auf dich?“, wollte ich wissen. Außerdem wollte ich alles tun, um diesem Moment nicht zu unterbrechen, meine Hand auf Jakobs Schulter, die andere noch immer an seinem Kinn, unsere Gesichter nicht weit voneinander entfernt. Ich konnte die Maserung in seinen blauen Augen sehen, die blassen Sommersprossen auf seiner Nase. Zu meinem Bedauern schüttelte er den Kopf. „Warum bist du nicht stolz auf dich?“ Er hatte immerhin allen Grund dazu. Er hübsch, hatte eine tolle Figur, spielte, soweit ich informiert war, gut Tennis und war nicht gerade schlecht in der Schule. Na gut, er war etwas schüchtern, aber wie gesagt, bei ihm war es süß, verdammt süß. „Ich bin schüchtern.“, nuschelte er. Ich wusste es. „Na und? Das ist süß.“ Ich hätte mich ohrfeigen können, aber ich bereute den zweiten Satz auch nicht gerade. Jakob sah mich mit großen Augen an. „Findest du?“ „Sonst hätte ich das nicht gesagt.“ Jakob schluckte. „Pascal hat das auch gesagt. Jetzt redet er nicht mehr mit mir.“ Wer zur Hölle war denn nun Pascal? Als ich sah, dass Jakobs Augen anfingen feucht zu schimmern, zog ich ihn an mich und schlang meine langen Arme um seinen schlanken Körper und er fing an zu weinen. „Ist doch gut. Willst du mir erzählen, wer Pascal ist und was er gemacht hat?“ Beruhigend strich ich ihm über den Rücken. Mit verheultem Gesicht sah er mich an und fing an zu erzählen. Ich glaube, das war das erste Mal an diesem Tag, an dem er mir gegenüber mehr als einen Satz am Stück sprach. Er erzählte mir, dass Pascal ein Freund seines Cousins war und ihn auf einer Geburtstagsfeier geküsst hatte und Jakob machte sich wohl seitdem Sorgen, weil er dachte schwul zu sein und Angst vor Robin hatte. Jedenfalls hatte Pascal gesagt, er würde Jakob mögen und ihn süß finden, hatte ihn aber am Montag abserviert. „Du warst nur ein netter Zeitvertreib. Ich steh eigentlich nicht auf Kerle.“, wiederholte Jakob die Worte und schniefte. Ich hätte diesem Pascal zu gerne mal meine Meinung gesagt. Er hatte meinen kleinen süßen Jakob ziemlich verletzt. Na gut, noch war er nicht mein Jakob. „Danke.“, murmelte er nun an meiner Schulter. „Das ist peinlich.“, fügte Jakob noch hinzu. „Nein, ist es nicht.“, wiedersprach ich. Er rückte ein Stück ab und wischte sich über die Augen, ehe er nach meinem Englischbuch griff. „Vergiss das. Wir lenken dich jetzt erst einmal ab.“ Mit großen Augen sah er mit zu, wie ich zu meinem Regal ging und die DVDs studierte, die darin standen. Ich wusste nicht genau, für was ich mich entscheiden sollte. Fantasy, Horror, Komödie. „Was willst du gucken?“ Ich winkte ihn zu mir und er beäugte die Titel der Filme. Dann zog er einen Horrorfilm aus dem Regal. „Den wollte ich schon immer mal gucken. Ist das okay?“ Schüchtern sah er mich an und ich hätte Jakob schon wieder knuddeln können. „Natürlich.“ Zögernd nahm er auf meinem Sofa Platz, das eine breite Sitzfläche hatte, sodass man, wenn man bis an die Lehne rückte, bequem die Beine ausstrecken konnte und die Füße in der Luft baumelten. Jakob zog seine Schuhe aus und rückte bis an die Wand und zog die Beine an. Ich hatte den Film eingeschaltet und machte meine Jalousien herunter, solange der Vorspann lief. Mit etwas Abstand setzte ich mich neben Jakob auf das Sofa und winkelte meine Beine seitlich an. Die erste Zeit sah mein Besuch konzentriert auf den Film, während ich davon kaum etwas mitbekam und Jakob anstarrte. „Lass das.“, bat er mich irgendwann, als er es bemerkte, doch ab diesem Moment wanderten seine Augen immer wieder seitlich zu mir. Ich richtete mich etwas auf und streckte meine Beine nach vorn aus, ehe ich mit den Worten „Das kann doch nicht bequem sein.“ Jakobs Beine ergriff und sie quer über meine legte. Eine Mischung aus Verwirrung und Erstaunen glaubte ich im Dämmerlicht in seinen Augen zu sehen. Aber er unternahm nichts, um seine Beine weg zunehmen und das stimmte mich schon glücklich. „Bin gleich wieder da.“ Ich nahm Jakobs Beine beiseite und stand auf um zur Toilette zu gehen. Als ich wieder kam, starrte er auf den Bildschirm und umklammerte seine Beine. Ich Trottel hatte ihn bei einer unschönen Szene allein gelassen! Hoffentlich dachte er jetzt nichts Negatives von mir. Ich hörte, wie Jakob den angehaltenen Atem aus seinen Lungen entweichen ließ. „Du kannst doch nicht einfach so verschwinden.“, beschwerte er sich und ich grinste. Vor meinem inneren Auge tauchte ein Bild von Jakob auf, er stand mit den Händen in die Hüfte gestemmt vor mir und stampfte trotzig mit dem Fuß auf. „Sorry, kommt nicht wieder vor.“ Er erschien mir aufgetauter und lockerer als zuvor und ein weiterer Funken Glück landete auf dem Haufen, den er mir schon beschert hatte. Wie kitschig das klingt. „Ich dachte, der Film wäre harmloser.“ Grummelte Jakob, ich glaubte, ich sollte das gar nicht hören. „Soll ich aus machen?“, bot ich an, aber er schüttelte den Kopf. „Ich will ja wissen, wie der ausgeht.“ Der nächste Schreckmoment brachte ihn dazu, dichter an mich heran zu rücken. Seine Hand lag nur wenige Zentimeter neben meiner und ich unterdrückte den Wunsch, sie zu verschränken. Als ich jedoch bemerkte, wie Jakobs Hand sich meiner immer weiter näherte, grinste ich innerlich wie ein kleines Kind, wenn Ostern und Weihnachten am gleichen Tag stattfinden würden. Kurze Zeit später fühlte ich auch schon seinen Daumen halb auf meiner Hand liegen. Ich betete, dass Jakob weiter gehen würde, aber zunächst ließ er nur seinen Finger meine Hand berühren, dafür begann er aber, leicht meine Hand zu streicheln und ich musste mich zwingen, ruhig sitzen zu bleiben. Von dem Film bekam ich jetzt gar nichts mehr mit, mein Hirn war vermutlich vor lauter Glück implodiert. Endlich legte Jakob seine ganze Hand auf meine und ich verschränkte unsere Finger, sonst wäre ich vermutlich bald durchgedreht. Leicht beugte ich mich zur Seite. „Siehst du, so schüchtern bist du gar nicht.“, hauchte ich an sein Ohr und Jakob erschauderte leicht und es schien mir, als würde er rot werden. Mein Hirn musste der reinste Matsch sein, anders konnte ich mir meine Worte nicht erklären. „Weißt du eigentlich, sie niedlich du aussiehst, wenn du rot wirst?“ Leicht schüttelte Jakob den Kopf. „Dann weißt du es jetzt.“ „Hör auf.“, murmelte er nun, aber mir war nicht ganz klar, was genau er meinte und ich fragte nach. „Mir ständig zu sagen, wie süß und niedlich ich bin. Das macht mich nervös.“, gab Jakob zu. Ich beschloss, mein Spiel noch etwas fortzusetzen. „Gerade das wäre doch ein Grund, um es dir immer wieder zu sagen, weil, wenn du nervös wirst, bist du wieder schüchtern und wirst rot und das macht mich kirre.“ Für die nächste Aktion hatte er vermutlich all seinen Mut zusammen genommen, ich konnte gar nicht so schnell reagieren, da hatte er seine Knie links und rechts von mir platziert und legte seine Lippen auf meine. Bevor ich auf den Kuss überhaupt eingehen konnte, war er schon wieder vorbei. „Sorry, aber du hältst ja nicht den Mund.“, entschuldigte er sich und sah mich an. „Noch ein Grund um dir zu sa...“ Und zack, er küsste mich wieder. Ich musste ihn dafür nur ein wenig provozieren. Mein kleiner Jakob war gar nicht so schüchtern, wie er immer tat. Vielleicht lag es auch einfach nur an der Dunkelheit manchen Leuten soll das ja helfen, sich mehr zu öffnen und mutiger zu werden. „Bist du jetzt leise?“, fragte er mich. Der Kuss hatte länger gedauert und unsere Zungen hatten nicht gerade eine unerhebliche Rolle gespielt. „Ich denk gar nicht dran.“, erwiderte ich und Jakob grinste mich an. Dabei hatte er ein süßes Grübchen. Das musste ich ihm natürlich auf gleich auf die Nase binden. „Jetzt lass das doch.“ Ich packte ihn an den Hüften und warf ihn auf das Sofa, ehe ich mich über ihn beugte. „Ich. Kann. Aber. Nicht. Damit. Aufhören.“ Nach jedem Wort setzte ich einen kleinen Kuss auf seine Nasenspitze, nur nicht nach dem letzten, der Kuss landete auf seinen Lippen. „Du spinnst.“, warf er mir vor und lächelte. Sagte ich schon, dass dieses Lächeln wunderschön war und ganz toll in sein Gesicht passte und seine Augen glitzern ließ? „Wollen wir nicht doch noch etwas lernen?“ Was fragte Jakob mich denn da? Als ob ich mich jetzt auf so etwas Unwichtiges konzentrieren könnte. Ich fuhr mit dem Finger über seine Nase, eine ziemlich süße Stupsnase hatte er. „Auf die Gefahr hin, die Arbeit zu versauen, nein, wir werden jetzt nicht lernen.“, erklärte ich. „Konzentrieren kann ich mich doch sowieso nicht.“, fügte ich hinzu, bevor Jakob mich nach dem Grund fragen konnte. Ich musterte ihn, wie er so da lag und mich ansah. Sein Shirt war an der Hüfte etwas verrutscht und ich konnte einen Blick auf seine schmale Hüfte erhaschen. Vorsichtig malte ich ein paar kleine Kreise an dieser Stelle, bis er anfing zu zucken und seine Hüfte meinen Fingern entzog. „Lass das, das kitzelt.“ Mein kleiner Jakob war also auch noch kitzelig. Mein Grinsen schien mich verraten zu haben, denn nun sah der Kleine mich mit großen Augen an. „Wehe. Wag es ja nicht.“ Als ob mich diese Worte von meinem Plan abhalten könnten! Ich packte ihn mit je einer Hand an seiner Seite und fing an ihn zu kitzeln. Jakob schnappte nach Luft, zog schnappend die Lust ein und fing an zu lachen. Oh Himmel, dieses Lachen war göttlich, wunderschön klar. Seine Hände versuchten meinen Griff abzuwehren und er versuchte mir zu sagen, dass ich aufhören sollte und das tat ich tatsächlich. Der Junge vor mir schnappte nach Lust und sah mich entrüstet an. „Mach das nie wieder!“, forderte er. Ich grinste ihn entschuldigend an. „Das war einfach zu verlockend. Außerdem wollte ich dich mal Lachen hören.“ „Dann hättest du mir auch einfach was lustiges erzählen können.“, schlug er trocken vor und ich brach in schallendes Gelächter aus. „Ich wird’s mir merken.“ Er sah auf seine Armbanduhr, die er wahrscheinlich kaum erkennen konnte, der Film stand inzwischen auf seinen Startbildschirm und es war immer noch ziemlich dunkel in meinem Zimmer. „Ich muss los.“ Ich richtete mich auf, damit Jakob aufstehen konnte. Mit seinen Schuhen an den Füßen und dem Rucksack in der Hand verließ er mein Zimmer und ich folgte ihm. „Erzähl keinem von heute, also was passiert ist, okay?“ Sein Dackelblick traf mich, ich konnte sehen, dass er wirklich Angst hatte, jemand konnte davon erfahren. „Auch nicht Elias?“ Jakob schien zu überlegen. „Aber nur ihm.“ Ich versprach es ihm. „Bekomm ich einen Abschiedskuss?“ Er hatte seine Tasche in der linken Hand und ich beugte mich leicht vor, legte die Hände an seine Hüfte und sah ihn an, nicht weit von seinem Gesicht entfernt. Ganz langsam, beinahe schon quälend langsam senkte ich meine Lippen auf seine, wollte Jakobs Nähe auskosten. Er ließ den Rucksack fallen und schlang seine Arme um meinen Nacken, um mich noch ein Stück herunter zu ziehen. Mit einem Ruck zog auch ich ihn dichter an mich heran, kein Blatt Papier passte so mehr zwischen uns. Es war nicht bei einem kurzen Abschiedskuss geblieben, es kam mir vor, als sei eine Ewigkeit vergangen, trotzdem war es viel zu kurz, das Jakob sich löste und, wie ich, schwer atmete. „Tschüss.“, murmelte er noch und war auch schon verschwunden, bevor ich etwas erwidern konnte. Ich wurde aus diesem Kerl einfach nicht schlau.
Ich war gespannt, wie sich mir gegenüber am Mittwoch in der Schule verhalten würde. Was er tat, oder besser gesagt, was er nicht tat, verletzte mich schon. Er ignorierte mich total. Meine Versuche, ihn zu einem Gespräch zu bringen scheiterten nach zwei Sätzen und ich gab es nach dem dritten Versuch auf. Elias freute sich für mich, als ich ihm erzählte, was passiert war und er bemitleidete mich für die Behandlung von Jakob. „Ich muss mit dir reden. Komm in der vierten Stunde auf den Schulhof, hinten an Lagerraum. 30 Minuten nach Beginn. Dennis.“, schrieb ich auf einen kleinen Zettel und legte ihn Jakob auf den Tisch, bevor ich zur Pause nach draußen ging. In der Stunde, in der ich Jakob nach draußen bestellt hatte, hatten wir getrennt Unterricht. Naturwissenschaften und Wahlfächer wurden im zehnten Jahrgang auf Kurse verteilt, anstatt in Klassen zu unterrichten. Ich meldete mich also etwa 20 Minuten nach Stundenbeginn beim Lehrer krank und sagte, ich würde mich im Sekretariat abmelden. Ich verließ den Raum mit meinen Sachen und schlenderte über den Hof, hinter den Lagerraum, wo Schulbücher, Tische und ähnliches aufbewahrt wurden und wartete. Der Unterricht lief schon 35 Minuten und Jakob war immer noch nicht da und ich dachte, er würde nicht mehr kommen, als er plötzlich um die Ecke kam. „Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr.“, begrüßte ich ihn. Jakob lehnte sich gegen die Wand und sah mich an. „Was ist denn?“ Er war abweisend und das machte mich wütend und traurig. „Was ist? Das fragst du nicht ernsthaft. Gestern verstehen wir uns super, du küsst mich und heute zeigst du mir die kalte Schulter. Glaubst du Robin siehst es dir an, was du gemacht hast, wenn du mit mir redest oder was?“, fuhr ich ihn und er zuckte zusammen. „Tut mir leid.“, setzte ich noch schnell dahinter. Eine Weile schwiegen wir, auf eine Antwort musste ich wohl wieder ein bisschen warten. Oder sie ihm wieder aus der Nase ziehen. „Hör mal, ich…ich kann dir helfen. Also bei deinem Problem mit Robin.“, schlug ich vorsichtig vor. „Du hast doch keine Ahnung! Außerdem brauche ich deine Hilfe nicht, ich bin nicht schwach. Vielleicht klein, aber das macht mich nicht schwach, wie ihr immer alle glaubt. Du bist mir egal. Ich wollte wissen, ob andere Jungs außer Pascal für mich interessant sein könnten. Du warst nur ein Test!“, warf er mir an den Kopf und das tat verdammt weh. Es verletzte mich sehr, was er in mir sah, dass ich nur ein Test gewesen war. Ich hatte damit gerechnet, dass Jakob einfach gehen würde, aber er blieb stehen wo er war, die Fäuste geballt, funkelte er mich wütend an. „Ich bin nicht schwach und ich brauche dich nicht als meinen Beschützer!“, wiederholte er. „Aber…“, fing ich an, ohne zu wissen, was ich eigentlich sagen wollte. Irgendwas tief in mir sagte mir, dass Jakob es nicht so meinte. Dass es ein Schutzmechanismus war und er mich verletzte, weil er nicht mit der Situation zurechtkam. „Bitte Jakob. Meinst du das ernst? Willst du mir wirklich sagen, dass du mich einfach so geküsst hast?“ Ich musste masochistisch veranlagt sein, wenn ich ihn wirklich dazu aufforderte, seine Worte zu wiederholen. „Es war nur ein Kuss.“, meinte Jakob trocken. Er war so verdammt gefühlskalt. „Es war nicht nur ein Kuss.“, murmelte ich. Es tat so weh. „Für dich vielleicht nicht.“ Jakob lehnte wieder an der Wand, sah auf den Boden. Ganz so einfach schien ihm die Sache doch nicht zu fallen. Ich trat einen Schritt näher. Und noch einen, legte meine Hände links und rechts von seinem Kopf an die Wand. „Sieh' mich an und sag mir, dass dir das nichts bedeutet.“, flüsterte ich und legte meine Lippen auf seine. Ich spürte, wie sein Wiederstand bröckelte und Jakob begann, den Kuss zu erwidern, legte seine Arme um meinen Nacken. Meine wanderten tiefer, legten sich an seine Hüfte, zogen ihn dichter an mich. Der schöne Moment war vorbei, als sich auf einmal zwei Hände gegen meine Brust drückten. „Lass mich los.“, bat der Kleine vor mir mich. „Jakob, es lässt dich doch auch nicht kalt, warum wehrst du dich so dagegen?“ Meine Hände lagen noch immer an seine Hüfte, ich befürchtete, er würde mir sonst davon rennen. Seine Augen weiteten sich, als er zu einer Antwort ansetzten wollte und ich drehte mich um. Na toll, was zur Hölle habe ich getan, dass mein Schicksal mich so sehr hasst? Hinter mir stand Robin. „Sie mal an, noch so ein Schwuchtel-Paar. Ich dachte, du bist nicht schwul, Jakob.“ Dieses hämische Grinsen machte mich rasend vor Wut. Ich ließ Jakob los und ging ein Stück auf Robin zu. „Es ist mir scheiß egal, was ich für Konsequenzen bekomme, es ist es mir wert.“, zischte ich, da landete meine Faust auch schon im Gesicht meines überraschten Gegenübers. „Du kleine dreckige Schwuchtel.“, schrie er mich an und es begann eine schmerzhafte Prügelei. Jakob stand, wie ich zwischendurch feststellte, mit aufgerissenen Augen daneben und wusste nicht, was er tun sollte. Ein letzter Schlag in Robins Magen und ich stand auf. Auch Robin rappelte sich auf. Seine Nase blutete, vermutlich würde sein Auge ziemlich stark anschwellen und er hatte einige Schürfwunden an den Armen. Viel besser sah ich aber auch nicht aus. Meine Nase blutete ebenfalls und meine Wange zierte ein schöner Kratzer, ansonsten hatte auch ich nur ein paar Schrammen. Vor sich hin fluchend verschwand Robin, nachdem er mir noch sämtliche homophobe Schimpfworte an den Kopf geknallte hatte, die er kannte, Schwuchtel war dabei noch freundlich. „Oh mein Gott Dennis!“ Jakob kam auf mich zu gelaufen. „Du…hast d-dich für mich geprügelt?!“, fragte er, auch wenn es mehr nach einer Feststellung klang. Stimmt, ich wollte nicht, dass er weiterhin Angst vor Robin haben musste und ich wollte endlich, dass dieser Affenarsch damit aufhörte, andere Leute für etwas zu verurteilen, was sie nicht waren und selbst wenn, dann musste er sie deswegen nicht fertig machen. Jakob sah sich besorgt mein Gesicht an. „Komm mit, wir machen das Blut weg.“ Er nahm seine und meine Tasche und meine Hand, ja er hielt tatsächlich MEINE Hand und zog mich zum Schulgebäude. Sein Ziel waren die Toiletten, die wir als nächstes betraten.
Aus seiner Tasche wühlte Jakob ein Paket Taschentücher und hielt eins davon unter den Wasserhahn. Vorsichtig fuhr damit über mein Gesicht und wusch das Blut weg. Wenn ich mich so im Spiegel betrachtete, sah das echt verdammt fies aus. „Mach dich mal kleiner.“, forderte mein Krankenpfleger und ich knickte etwas mit den Beinen ein, damit er sich nicht ganz so strecken musste, als er sich an meiner Augenbraue zu schaffen machte. „Danke.“, sagte er schlicht, als er das Tuch weg nahm und in den Müll warf. Seine Schüchternheit kehrte zurück, mein kleiner Jakob studierte wieder einmal den Boden. „Ist doch selbstverständlich. Außerdem muss ich danke sagen, sonst würde ich noch immer aussehen, wie ein blutverschmiertes Monster.“, gab ich zurück. Lächelnd hob er den Kopf. „Es ist nicht selbstverständlich. Du hast wegen mir Schmerzen in Kauf genommen und dann ist es selbstverständlich, wenn ich dir helfe, die Wunden sauber zu machen. “ Offensichtlich konnte er nicht gut mit Komplimenten umgehen. „Es hat sich noch nie jemand so für mich eingesetzt.“, nuschelte er, sein Kopf hing schon wieder unten. Immer sah er aus wie ein Häufchen Elend und trotzdem war er dabei noch niedlich. „Vielleicht hat dich bisher auch noch niemand so sehr gemocht, wie ich es tue.“ Ich hätte mir die Zunge abbeißen können. Hauptsache, ich machte Jakob, der sowieso schon total verwirrt schien, auf dem Jungs Klo unserer Schule eine halbe Liebeserklärung. Mit aufgerissenen Augen starrte er mich an. „Aber…du…ich.“, stammelte er und klappte den Mund wieder zu. „Vergiss es.“, meinte ich und wollte meine Tasche aufheben, als Jakob meine Hände packte. „Meinst du das ernst?“, fragte er mich leise und schaute mich wieder mit diesem Dackelblick an. Langsam nickte ich, ich wusste nicht, auf welche Reaktion er gehofft hatte. Ich konnte gar nicht so schnell reagieren, da hatten sich auch schon seine dünnen Arme um meinen Hals geschlungen und drückten mich fest an ihn. „Es tut mir so leid, was ich vorhin gesagt habe. Du bist kein Test, du warst nie einer und du wirst auch nie einer sein. Ich hatte einfach nur Angst. Aber jetzt bist du da. Wirklich Dennis, ich wollte dich nicht verletzten. Ich bin so ein Idiot.“, ratterte er ohne Punkt und Komma herunter und mich erfasste eine Gänsehaut vor lauter Glück. „Du erstickst mich.“, japste ich, weil Jakob mich wirklich fest an sich gedrückt hatte und er rückte mit schuldigen Blicken ein Stückchen ab. Mein Jakob, mein kleiner, süßer, wundervoller Jakob. Ich nahm sein Gesicht in meine Hände und küsste ihn sanft. Plötzlich wurde er wieder unsicher. „Was wäre, wenn jetzt jemand reingekommen wäre?“, fragte er mit geröteten Wangen. Himmel, hatte er es immer noch nicht verstanden? „Ist doch egal, was die anderen sagen. Robin lässt dich in Ruhe, er weiß ganz genau, dass er gegen mich keine Chance hat. Bitte, lass mich der Welt zeigen wie glücklich ich bin.“ Auffordernd hielt ich ihm meine Hand hin, nachdem ich mir meine Tasche über die Schulter gehangen hatte. Zögernd griff er zu und ich zog ihn nach draußen auf den Flur, wohl wissend, dass es gleich zur Pause klingeln würde, was Jakob wohl auch im nächsten Moment bewusst wurde. „Wir können doch nicht…“ „Und ob wir können.“, unterbrach ich seinen leisen Protest und zog ihn weiter bis in die große Eingangshalle. Noch waren keine Schüler zu sehen. „Dennis lass mich los verdammt!“ Mit Ruck riss Jakob seine Hand aus meiner und ich schaute ihn perplex an. „Aber…“, fing ich an und wurde gleich unterbrochen. „Nein, ich will das nicht. Ich kann das nicht.“ Ich glaube, in meiner Euphorie hatte ich völlig vergessen, auf Jakob Rücksicht zu nehmen, ich war so ein Trottel. „Aber…“, versuchte ich es noch einmal. „Man Dennis. Versteh mich doch, für mich das nicht so einfach, wie für dich. Mir ist es nicht egal, was die Leute von mir halten und von mir aus nenn mich jetzt oberflächlich, aber ich will mir nicht den Ruf eines Schwulen einfangen. Nicht, dass ich was dagegen hätte, nein, aber ich seh doch, was mit Elias passiert.“, fuhr er mich an und stapfte davon. Traurig, fassungslos, verloren und wütend über mich selbst, stand ich in der Eingangshalle, als ich Klingel schellte und hunderte Schüler an mir vorbei strömten. Ich hatte es versaut. Ganz toll, dann machte er noch einen Schritt in die richtige Richtung und war irgendwie bereit, sich auf mich einzulassen und ich musste es ja gleich wieder übertreiben und der ganzen Welt erzählen wollen. Ich erwachte aus meiner Starre und mir wurde klar, dass ich Jakob folgen musste. Sofort. Ich drängelte mich an sämtlichen Schülern vorbei, die mir im Weg standen und ignorierte Elias, der mir irgendwas zurief. An der Bushaltestelle erwischte ich meinen Jakob noch gerade so, er wollte gerade in den Bus einsteigen. „Warte. Ich will das jetzt mir dir klären. Nach Hause kannst du später.“ Auch wenn ich nicht damit gerechnet hätte, blieb er tatsächlich stehen, wenn auch mit grimmiger Miene. „Was gibt es denn noch zu reden? Ich hab dir gesagt, was ich denke.“ Mein Gott, das würde noch eine Weile dauern, befürchtete ich. „Komm mit zu mir und wir reden darüber.“, schlug ich vor und Jakob stimmte mürrisch zu. Also warteten wir auf den nächsten Bus und fuhren zu mir nach Hause.
Kaum hatte ich die Wohnungstür hinter uns geschlossen, schob ich Jakob vor die nächste Wand und nagelte ihn dort fest, indem ich seine Handgelenke gegen die Wand drückte. „So und jetzt reden wir und ich lasse dich erst wieder los, wenn alles, und ich meine wirklich alles, geklärt ist.“ Jakob ruckelte etwas an seinen Gelenken, aber ich hielt sie fest und würde sie auch so schnell nicht wieder loslassen, da konnte er sich so viel Mühe geben, wie er wollte. „Pass auf, ich hab keine Lust auf ein Versteckspiel. Ich will mich nicht immer erst dreimal umdrehen müssen, bevor ich dich berühre, ich will meine Gefühle offen zeigen und allen sagen, dass ich zu dir gehöre und du zu mir. Außerdem, da bin ich mir zumindest ziemlich sicher, werden es sowieso bald einige erfahren, Robin wird seinen Mund sicher nicht halten. Dich und mich wird er nicht mehr belästigen, aber das heißt nicht, dass er es keinem verrät. Vermutlich wissen seine Freunde es schon, weil er ihnen erzählen wird, dass wir uns geprügelt haben und in seiner Version werde ich wahrscheinlich halb tot hinter dem Lagerraum liegen, aber das ist mir egal. Fakt ist, dass es für dich und mich, für uns, viel einfacher ist, wenn wir es öffentlich machen. Wovor hast du denn solche Angst?“ Er sah mich schon wieder nicht an, wie so häufig. Aber ich wollte sein hübsches Gesicht sehen, seine schönen Augen. „Bitte Jakob, erzähl es mir.“, bat ich noch einmal. „Es ist alles so einfach, wenn es keiner weiß. Dann kann mir niemand etwas tun. Robin ist ja nicht der einzige, der so denkt.“ Bitte was? Es gab noch mehr von der Sorte? Also klar, dass einige es nicht gerade toll fanden, wenn zwei Jungs zusammen waren, das wusste ich aber noch einen Robin? Also so klang das für mich. „Wer?“ Jakob schwieg mich an. Ich hätte die Wände hochgehen können! „Jakob! Bitte, wer?“ „Mein Bruder.“ Ich war so perplex, dass ich Jakob sogar los ließ und er vergrub seine Hände direkt tief in seinen Hosentaschen. „Das ist ein Witz?“ Ungläubig starrte ich Jakob an, der den Kopf schüttelte. Wie konnte man bitte seinen eigenen Bruder bedrohen und verachten? „Er hat das mit Pascal herausgefunden und gesagt, wenn ich mich jemals wieder einem Jungen so nähern würde, schlägt er mich. Und er will es unseren Eltern erzählen, er hat gesagt, er wüsste, dass sie sicher nicht begeistert wären.“ Ich fasste es nicht. Dieser Arsch drohte meinem Jakob, seinem eigenen Bruder. „Oh Jakob, das konnte ich ja nicht wissen, warum hast du mir denn nicht gleich die ganze Wahrheit erzählt? Und du guckst jetzt nicht den Boden sondern mich an und wenn ich mich dafür vor deine Füße legen muss.“ Zaghaft lächelte der Kleine mich an und wurde rot. „Es war, es ist, mir peinlich. Ich werde immerhin von meinem Bruder bedroht.“ Meine Fresse, ihm war ja alles peinlich. Aber ich musste auch einsehen, dass unsere Beziehung, wenn man es denn so nennen wollte, erst einmal geheim bleiben musste. „Komm mit.“ An seiner Hand zog ich den überraschten Jakob in mein Zimmer und dann auf meinen Schoß, als ich mich auf mein Sofa gesetzt hatte. „Also gut, wir sagen es erst mal keinem. Aber Elias, okay? Er wird uns bestimmt helfen eine Lösung zu finden. Wobei ich ja schon einen Vorschlag hätte. Was wäre, wenn du es deinen Eltern sagst? Dass du diesen Pascal und mich geküsst hast. Und dass…dass wir jetzt ein Paar sind. Dann bist du nicht mehr erpressbar.“ Erschrocken sah mein Süßer mich an. „Aber…Felix hat gesagt, sie…sie sind dagegen.“ Moment mal, Felix? Von einer Party wusste ich, dass Robin einen Felix als Kumpel hatte. Viele Freundeskries überlappten sich hier und mir kam ein böser Verdacht. „Ähm, Jakob, wie sieht dein Bruder aus?“ Erstaunt sah er mich an und beschrieb mir seinen Felix. Oh Hölle, warum? Es war, wenn ich mich richtig erinnerte, der gleiche Felix, groß, breitschultrig, dunkle Haare, aber die gleichen strahlenden Augen, wie mein Jakob. „Okay, ob du willst oder nicht, du MUSST es deinen Eltern sagen. Dein Bruder kennt Robin. Und der wird es ihm sicherlich erzählen. Ich mach dir einen Vorschlag, wir fahren zu dir und packen eine Tasche und wenn deine Eltern wirklich sauer sind oder dich ablehnen, wie Felix sagt, dann kommst du hier her. Ich glaube allerdings, dass er sich das nur ausgedacht hat, um die davon abzuhalten es ihnen zu sagen. Wahrscheinlich solltest du die schuldig fühlen.“, vermutete ich. Total verängstigt saß mein Freund auf meinem Schoß. „Aber, nein, Dennis ich kann das nicht. Bitte.“, flehte er. „Dann wird Felix es ihnen sagen, willst du das?“ Wenn man vom Teufel sprach, denn Jakobs Handy vibrierte, Felix rief an. Kleinlaut meldete mein Schatz sich. Felix sprach so laut, dass ich ihn durch das Telefon hören konnte. „Du kleines Miststück. Die lässt dich immer noch von anderen Kerlen vögeln. Warte nur, bis ich zu Hause bin, du wirst dein blaues Wunder erleben.“ Es knackte und das Gespräch, wenn man es denn als solches bezeichnen konnte, war beendet. Ich schlang meine Arme um Jakob. „Alles wird gut werden, ich verspreche es dir. Komm, wir fahren los.“ Ich schob ihn von meinem Schoß und stand auf, er ließ sich widerstandslos hinter mit herziehen. Mit dem Bus dauerte mir das alles zu lange und wir stiegen in ein Taxi. Auf in die Höhle des Löwen.
Als Jakob die Haustür aufschloss, begrüßten uns zwei Hunde, den einen kannte ich ja schon, jedoch hielten wir uns nicht lange an ihnen auf. Ich hatte ihn im Taxi davon überzeugen können, vorsichtshalber eine Tasche zu packen, auch wenn ich ihm von Herzen wünschte, dass er sie nicht brauchen würde. Wahllos donnerte er sämtliches Zeug da rein, was er finden konnte und zog den Reißverschluss zu. „Bereit?“ Der Süße schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich hab ja keine Wahl.“ Unten hörten wir die Tür klicken. „Mama, Papa? Es ist wichtig.“ Jakob war bei diesen Worten kreidebleich geworden und ich vermutete, dass die Stimme Felix gehörte. Ich packte den erstarren Jungen bei der Hand und zog ihn die Treppe nach unten, wo wir wütend von einem jungen Mann angestarrt wurden. „Was machst du hier, du wiederliche Schwuchtel?“, fuhr er mich an. Die Eltern der beiden hatten den Eingangsbereich betreten. „Was ist den los?“, erkundigte sich die Mutter der beiden. Jakob atmete flach, Felix riss den Mund auf, um etwas zu sagen, aber ich hielt ihm die Hand davor. „Jetzt mach schon.“, forderte ich meinen Freund. Er nahm noch einen tiefen Atemzug, dann sprach er, mit fester, lauter Stimme und er sah seine Eltern an. „Das ist Dennis. Er ist mein Freund. Wir sind ein Paar.“ Felix hatte damit wohl nicht gerechnet, denn er hörte auf gegen mich anzukämpfen und staunte. „Du bist schwul?“, fragte der der Vater der beiden fassungslos. Himmel, musste den jeder diese Frage stellen? „Ist es nicht egal, was er ist?“, warf ich ein, was ich wohl besser nicht getan hätte. „Du hältst mal schön die Schnauze Freundchen. Jakob, du verarscht uns. Dieser Junge da ist nicht dein Freund.“ Der Vater wandte sich wieder an mich. „Du hast mir meinen Sohn verdorben, verschwinde aus meinem Haus!“, donnerte er. „Nein. Papa, bitte!“, flehte Jakob und ich war so stolz auf ihn, weil er in diesem Moment nicht klein bei gab. „Es ist also kein Witz? Gut, dann kannst du ihn gleich begleiten. Ich will dich hier nicht wider sehen.“ Felix grinste, die Mutter der beiden stand teilnahmslos daneben, offensichtlich spielte sie ganz die brave Hausfrau, wie man es vor 50 Jahren getan hatte. Der Mann hat immer Recht, natürlich. Mit festen Schritten marschierte Jakob nach oben und kam mit seiner Tasche zurück. „Komm, wenn ich hier nicht mehr geduldet werde, dann gehen wir.“ Noch immer sprach Jakob mit fester Stimme und ergriff meine Hand, ehe er das Haus mit mir im Schlepptau verließ. Seine selbstbewusste Fassade fing in dem Moment an zu bröckeln, als die Tür hinter uns ins Schloss fiel. Seine Schultern sackten ein und er sah mich auch feuchten Augen an, sie hätten jeglichen Glanz verloren. Ich nahm ihm die Tasche ab und zog ihn in meine Arme. „Das ist nur der erste Moment. Bestimmt hat dein Vater sich bald wieder beruhigt.“, versuchte ich Jakobs Tränen zu stoppen, die in meine Jacke sickerten. Ich hätte noch fast selbst geheult, so Leid tat er mir. Mein Kopf lag auf Jakobs und ich eine Weile standen wir einfach nur da. Plötzlich flog die Tür auf und Felix schrie uns an. „Verpisst euch von hier! Jakob, glaub ja nicht, dass du mir einfach so davon kommst. Du wirst noch sehen, was du davon hast!“ Mit einem lauten Knall war die Tür auch schon wieder zu, ehe einer von uns etwas erwidern konnte. Ich hätte diesem Felix gerne meine Meinung gesagt und mir fielen hundert schmerzhafte Dinge für ihn ein, aber eine Prügelei am Tag genügte mir. „Komm, wir gehen.“ Ich nahm meinen aufgelösten Jakob an die Hand und schlug den Weg zur nächsten Bushaltestelle ein. Der Himmel bezog sich und kurz darauf regneten die ersten Tropfen auf uns herab. Das Wetter passte wirklich zu unserer Stimmung. Über meinem Kapuzen-Pullover trug ich noch eine Jacke, die ich auszog und Jakob gab, weil er angefangen hatte zu zittern, als der Regen stärker wurde und sein dünnes Oberteil völlig durchnässt war. Dankbar sah er mich an und lächelte schwach. Glücklicherweise hatte die Bushaltestelle eine Überdachung, die uns vor dem Regen schützte. Auch mit meiner Jacke zitterte Jakob noch immer. „Komm her.“ Er ließ sich von mir in meine Arme ziehen und lehnte sich an mich. Ein Windstoß fuhr unter das kleine Häuschen und ich erschauderte, mein Pullover war ebenfalls nass und die kalte Luft ließ mich frieren. „Nimm deine Jacke zurück, dir ist kalt.“ Energisch schüttelte ich den Kopf. „Ach Quatsch, ich bin bloß nass.“
Wir trieften vom dem ganzen Regen, mit dem sich unsere Sachen vollgesogen hatten und tropften das ganze Treppenhaus voll. „Geh duschen, ich leg dir meinen Bademantel dann ins Bad.“, wies ich Jakob an, weil er noch immer klapperte wie ein Skelett. Er nickte und schlurfte ins Badezimmer, während ich mich in meinen Zimmer von meinen nassen Sachen befreite, die wie eine zweite Haut an mir klebten und ich tauschte sie gegen eine Jogginghose und ein lockeres T-Shirt. Im Bad hängte ich meinen Bademantel für Jakob über einen Stuhl. Hinter dem Duschvorhang zeichnete sich seine Silhouette ab. „Hier liegt alles. Ich geh uns mal was zu essen machen.“, redete ich gegen das Wasser an und verließ den Raum. Bei dem ganzen Trubel hatte ich völlig vergessen, dass ich bis auf mein Frühstück noch nichts im Magen hatte, der sich dann auch bemerkbar machte und laut knurrte. Inzwischen war es früher Abend und ich wartete darauf, dass die Nudeln lange genug gekocht hatten, als mein kleiner Jakob in meinem viel zu großen Bademantel und nassen Haaren die Küche betrat. Langsam trottete er auch mich zu und blieb dicht vor mir stehen. Ich fragte mich gerade, was er vorhatte, als er seine Hände in meinen Nacken legte und verschränkte. „Du bist so…perfekt.“, flüsterte er und musterte mein Gesicht und alles andere, was er von mir sehen konnte. „Du bist groß und stark. Du bist selbstbewusst und weißt, was du willst. Du hast dich für mich eingesetzt und du beschützt mich und bist für mich da. Aber ich kann dir gar nichts zurückgeben. Ich bin nicht so gut wie du. Ich hab dich gar nicht verdient.“ Jakob sah mich traurig an. Zu Beginn glühte ich vor Stolz, aber das war ganz schnell vorbei, als er sagte, er hätte mich nicht verdient. Was redete er denn da? Ich rahmte sein Gesicht mit meinen Händen ein und hielt es fest, damit er mich ansah. „Hey, was sagst du denn da? Ich bin nicht perfekt. Und ich bin auch nicht besser als du.“, erklärte ich. „Doch. Ich bin klein und schwach, feige, schüchtern und unauffällig.“ Ach herrje. „Du bist kleiner als ich und vielleicht auch nicht so stark, aber das ist doch nicht schlimm. Du hast dich dein Eltern gestellt, du bist nicht feige, du hast heute so viel Mut bewiesen. Deine Schüchternheit ist nichts schlechtes, sie ist wundervoll. Genau wie du. Du bist hübsch, deine Augen sind wunderschön, wenn sie strahlen, weil du fröhlich bist. Deine keine Stupsnase mit den Sommersprossen ist einfach nur niedlich und mir würden noch hundert Dinge einfallen, die dich einzigartig und perfekt machen. Egal, was Robin und Felix und all die anderen sagen. Das Schönste ist, dass du hier vor mir stehst und ich weiß, dass du zu mir gehörst. Du machst mich glücklich.“ Je mehr Dinge ich aufzählte, desto größer wurden Jakobs Augen und am Ende starrte er mich ungläubig an. Ich hörte, wie das Nudelwasser überkochte und wahrscheinlich waren sie auch schon mehr als weich, aber das war mir egal. „Aber…du…ich meine, warum?“, stammelte der Kleine und ich lächelte mild. „Hast du es noch immer nicht verstanden? Du bedeutest mir so unglaublich viel Jakob. Ich habe mich in dich verliebt.“ So wie er mich noch immer ansah, würde mein Süßer wohl kein Wort herausbekommen, deswegen küsste ich ihn einfach, um meine Worte zu untermauern. „Glaubst du mir jetzt?“, fragte ich nach dem Kuss und endlich lächelte Jakob und nickte zaghaft. „Es ist nicht gerade einfach, die von etwas zu überzeugen.“, stellte ich fest, nahm ihn an seiner Hüfte und hob ihn auf die Arbeitsplatte. „Ich fürchte, die Nudeln können wir nicht mehr essen.“ Lachend sahen wir den Topf an, das Wasser war zum größten Teil verdampft und die Nudeln waren nicht mehr als solche zu erkennen, sie klebten aneinander wie ein Teigklumpen. „Bestellen wir was Griechisches? Obwohl, eigentlich hab ich ja mehr Hunger auf etwas anders.“, deutete ich an und grinste Jakob an. Als er verstanden hatte, was ich meinte, wurde er wieder so niedlich rot. „Du bist ein Spinner.“, warf er mir vor. „Mag sein, aber vor allem bin ich süchtig nach dir.“ Es machte Spaß, ihn zu necken, deswegen warf ich ihn mir kurzerhand über die Schulter und trug ihn in mein Zimmer. „Lass mich runter.“, jammerte er lachend und ich tat ihn dem Gefallen, indem ich ihn auf mein Bett warf. „Musst du mich immer hochheben?“ Vorwurfsvoll Jakob mich an. „Ja, aber nur, weil es lustig ist, wenn du dich darüber aufregst.“ Bevor er etwas erwidern konnte, nahm ich seien Mund in Beschlag und gab ihn auch so schnell nicht wieder frei. „Ich hab wirklich Hunger.“, japste Jakob irgendwann und ich stand auf. „Dann bestell ich uns wirklich erst einmal was.“ Ich rief den Lieferservice an und orderte zwei Gyrosteller. Zurück in meinem Zimmer, saß Jakob, nur in Boxershorts, den Bademantel hatte er ausgezogen, vor seiner Tasche und wühlte darin, bis er ein Shirt hervorzog. „Das Essen kommt in….Wow.“ Jakob war aufgestanden und hatte sich umgedreht und sein Anblick verschlug mir wirklich die Sprache. Also, ich wusste ja, dass er schlank war und sicherlich hatte ich ihn irgendwann schon mal in der Sportumkleide gesehen, aber erst jetzt wurde mir bewusst, wie perfekt er war. Seine Haut hatte eine gleichmäßige, helle Farbe und darunter zeichneten sich doch ein paar schwache Buchmuskeln ab. Seine Beine waren vom Tennis spielen nicht einfach nur dünn, sondern ebenfalls muskulös, auch wenn es nicht direkt so aussah. Schnell zog er sich sein Shirt über den Kopf. „Kannst du bitte aufhören mich anzustarren?“, bat er leise und ich erwachte aus meiner Starre. „Tut mir leid.“, brummte ich und ging auf ihn zu, hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Das Essen kommt in 20 Minuten.“, beendete ich meinen Satz und legte meine Hände auf seine wunderbar schmalen Hüften. „Du bist so schön.“, flüsterte ich in sein Ohr, ich musste es ihm einfach sagen, auch wenn er dafür schon wieder total errötete. „Sag das nicht immer.“ „Ich muss dir das aber immer wieder sagen, du glaubst mir ja nicht.“ Jakob erwiderte nichts und wand sich aus meinem Griff, ehe er sich umdrehte und sich zusammengekauert in die letzte Ecke meines Sofas kauerte. Schweigend setzte ich mich zu ihm. „Das macht dich noch immer fertig, also was bei dir zu Hause passiert ist, oder?“, murmelte ich und zog ihn in meine Arme. Seinen Kopf bettete er auf meiner Brust und er weinte wieder. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, oder ob ich überhaupt etwas sagen sollte, deswegen streichelte ich seinen Rücken und ließ ihn weinen. Innerlich verfluchte ich seine Eltern und seinen Bruder und alle anderen homophoben Leute dieser Welt und dann verfluchte ich den Bringdienst, der in dem Moment bei mir klingelte. „Ich bin gleich wieder da.“ Vorsichtig schob ich Jakob von mir herunter und ging zur Haustür, um das Essen entgegen zu nehmen. Leider stand aber nicht der Lieferant vor der Tür. Mein Leben hasste mich, eindeutig.
„Woher zum Teufel weißt du, wo ich wohne?“, fuhr ich Felix an, der mich dämlich angrinste. „Ich hab da so meine Kontakte.“ „Schön, dann kannst du ja jetzt zurück zu deinen Kontakten gehen und Jakob und mich in Ruhe lassen.“, schnaubte ich und schlug die Tür zu, die leider von seinem Fuß aufgehalten wurde, ehe sie ins Schloss fiel. „Oh nein, so einfach wirst du mich nicht wieder los.“ Was zur Hölle wollte er denn hier? „Man, verzieh dich.“, versuchte ich noch einmal ihn loszuwerden, aber er drückte sich an mir vorbei in die Wohnung. „Ey, verpiss dich aus meiner Wohnung.“ Zu meinem Pech tauchte in dem Moment auch noch Jakob im Flur auf und blieb wie angewurzelt stehen, als er seinen Bruder sah. „Ach, hab ich euch etwa gestört?“, fragte Felix provozierend mit einem Blick auf Jakob. „Was willst du hier?“ Ich wollte diesen Kerl so schnell es ging wieder loswerden. „Ach, weißt du, ich denke, mein Bruder hat nicht verstanden, was ich ihm vor ein paar Tagen gesagt habe und ich wollte diese Worte gerne noch einmal untermauern.“ Felix trat neben Jakob, der die Arme vor seinem Körper verschränkt hatte und zu Boden blickte, außerdem hatte er angefangen zu zittern. „Zum letzten Mal, raus aus dieser Wohnung! Lass ihn in Ruhe!“, brüllte ich, als er Jakob fest ins Gesicht schlug und dieser gegen die Wand taumelte. „Nicht, bevor dieses Miststück seine gerechte Strafe bekommen hat.“ Wieder schlug er zu und ich stürzte mich auf ihn, wir gingen zu Boden. „Schließ dich irgendwo ein!“, rief ich Jakob zu, bevor auch schon Felix Faust in meinem Magen landete. War eine Prügelei am Tag nicht genug? Irgendwo hörte ich eine Tür zufallen und Felix verschwand aus meinem Sichtfeld. Mit schmerzendem Magen lief ich ihm hinterher, er stand vor unserem Badezimmer und trommelte wütend gegen die Tür. „Komm raus du Miststück, du Hure, du Schwanzlutscher, du…“ Mit einem kräftigen Faustschlag meinerseits in seine Rippen ging Felix keuchend zu Boden. „Verschwinde aus diesem Haus oder ich rufe die Polizei!“ Das schien ihn tatsächlich zu beeindrucken. „Glaub ja nicht, dass dies mein letzter Besuch war! Wir werden uns wiedersehen und dann ist da kein schützendes Haus und dein dummer Schwuchtel-Freund wird dich nicht immer beschützen können.“, brüllte er gegen die Tür und rauschte davon, meine Haustür flog krachend ins Schloss. „Jakob? Jakob, du kannst rauskommen.“ Leise klickte das Schloss und die Tür öffnete sich, am Boden daneben saß ein total aufgelöster Jakob. „Es tut mir so leid, ich wollte nicht, dass er reinkommt. Das nächste Mal gucke ich erst, wer vor der Tür steht. Komm, mein Sofa ist bequemer als der Badezimmerboden und dann kannst du dich in eine Decke kuscheln.“ Vorsichtig zog ich ihn auf die Beine, als er nickte und schob ihn sanft in mein Zimmer. Ich hatte ihn gerade in eine Decke gehüllt und ihm einen Kuss auf die Stirn gehaucht, als es schonwieder klingelte und er verschreckt zusammen zuckte. „Ich sehe erst nach, wer da steht, sonst mache ich nicht auf.“, versprach ich und konnte feststellen, dass diesmal wirklich ein Lieferant vor meiner Haustür stand. Dankend nahm ich das Essen entgegen und bezahlte, auch wenn mir der Appetit vergangen war und ich bezweifelte, dass Jakob etwas essen wollte. „War nur das Essen.“, beruhigte ich ihn und nahm neben ihm Platz. „Wir gehen morgen nicht in die Schule. Dazu ist heute zu viel passiert.“, beschloss ich. „Aber die Englischarbeit…“, fing Jakob an zu protestieren. „Schreiben wir nach. Wir waren krank. So kannst du morgen nicht in die Schule und auch keine Arbeit schreiben und ich werde dich sicher nicht alleine lassen. Nie wieder werde ich dich alleine lassen.“, versprach ich. „Dennis, du machst viel zu viel für mich. Wie soll ich das den wieder gut machen?“ Er schaute mich aus seinen süßen Hundeaugen an und brachte mich damit zum Lächeln. „Nichts musst du dafür tun. Nur du sein.“ Ich tippte gegen seine Stupsnase, strich mit einem Finger über seine Lippen, die leicht geöffnet waren. „Küss mich.“ Den Moment musste ich wirklich für immer in Erinnerung behalten, Jakob hatte mich gerade gebeten, ihn zu küssen! „Gerne.“ Er saß in der Ecke des Sofas und ich stütze mich links und rechts am Polster ab und näherte mich seinen Gesicht langsam. „Jetzt mach schon.“, forderte er ungeduldig und zog mich endgültig zu sich herunter. Ich mochte es, wenn er schüchtern war, aber so fordernd gefiel er mir auch sehr gut und ich grinste in den Kuss hinein. „Dennis, ich muss dir was sagen. Also, weißt du, ich glaube, ich steh schon länger auf dich. Also der Kuss mit Pascal, der hat mir erst gezeigt, dass ich auch auf Jungs stehe, aber davor, ich mochte dich, obwohl ich dich gar nicht richtig kannte und du standst Elias bei und du warst so…wow und ich wollte immer nicht, dass es wahr ist und dann hast du wegen der Nachhilfe angerufen und mich erst total überfordert, weil ich nicht wollte, dass ich Gefühle für dich habe und mir nichts einbilden wollte, aber dann warst du so lieb und hast mir Mut gemacht und ich dachte eben das bezog sich auch auf dich und ich war so froh, dass ich richtig vermutet hatte und das du wolltest, dass ich dich küsse und du bist so sehr für mich da und ich fühle mich so wohl und du beschützt mich und stehst mir bei. Also, was ich eigentlich sagen wollte, ich glaube, nein, ich weiß, ich bin in dich verliebt.“, ratterte Jakob herunter und mit jedem Wort wurde er etwas roter, bis er am Ende glühte, wie eine reife Tomate. Ungläubig starrte ich ihn an. Er hatte mir gegenüber nie etwas über seine Gefühle gesagt, nie gesagt, was er denkt und das eben grenzte ja praktisch an einen Gefühlsausbruch. „Jakob, das war, ähm, also ich weiß nicht, was ich sagen soll.“ Traurig senkte er den Blick. „Das war doof und total kitschig. Es war peinlich.“ „Was? Nein, Quatsch, es war wunderschön. Du hast mit mir nie über das gesprochen, was in dir vorgeht und ich bin gerade total glücklich, weil du es endlich gemacht hast und ich jetzt weiß, was du fühlst und deswegen war ich so sprachlos. Das war gar nicht doof.“, erklärte ich eilig und hob sein Kinn. „Lass uns schlafen gehen.“, schlug ich vor und Jakob nickte. Ich wollte das Thema wechseln, weil es ihm offensichtlich noch immer schwer fiel, über seine Gefühle zu reden. Er krabbelte aus der Decke und ich griff seine Hand, zog ihn in mein Bett, ein Doppelbett, in dem wir beide bequem Platz hatten, war gar nicht nötig war, weil Jakob zu mir unter die Decke gekrabbelt kam und sich an mich kuschelte. Himmel, war ich glücklich. Er lag mit dem Kopf auf meinem Arm, sein Bauch berührte meinen und ich hatte meinen anderen Arm über seine Hüfte gelegt. „Verlass mich bitte nicht.“, flechte er und sah mich auch genauso flehend an. „Würde ich nie tun.“ Beruhigt schloss er die Augen und rückte noch etwas näher. Ich tat es ihm gleich, mein Arm würde am nächsten Tag wahrscheinlich taub sein, aber das war mir dieser Moment mit meinem Jakob einfach wert, mit einem Lächeln schlief ich ein.
Als ich aufwachte, war das Bett neben mir leer und im ersten Moment befürchtete ich, Jakob sei gegangen, als ich aus dem Bad das Wasser rauschen hörte. Erleichtert atmete ich aus und sank zurück in mein Kissen, Jakob war nur Duschen und nicht gegangen. Kurz darauf tapste er auch schon mit einem Handtuch um die Hüfte in mein Zimmer. „Morgen.“, murmelte er und begann in seiner Tasche nach frischen Klamotten zu suchen. „Ich kann dir auch einen Teil in meinem Schrank freiräumen, wenn du willst.“, bot ich an, damit er nicht ewig aus der Tasche leben musste. „Aber ich kann doch nicht einfach so länger hier bleiben.“, protestierte er, inzwischen war ich aufgestanden und stand neben ihm. „Doch, kannst du. Oder willst du zurück zu Felix?“ Heftig schüttelte mein Süßer den Kopf. „Siehst du, also kannst du hier bleiben, solange du willst.“ „Aber deine Eltern…“ „Werden das gar nicht merken, weil sie eh nie zu Hause sind und wenn doch, dann sag ich ihnen, dass du hier bleibst und fertig.“, erstickte ich auch seinen letzten Protest im Keim und zog ihn an mich, ehe ich ihn sanft küsste. „Machen wir uns einen gemütlichen Tag im Bett?“, fragte ich leise und Jakob nickte. Während ich in die Küche ging und uns ein riesiges Bett-Frühstück vorbereitete, zog er sich an und räumte seine Sachen in die Seite des Schrankes, die ich ihm gezeigt hatte. „Dennis, dein Handy!“, rief Jakob aus meinen Zimmer und ich legte das Messer beiseite, um zu sehen, wer mich anrufen würde, immerhin war es halb zehn morgens und die meisten Leute, die ich kannte, waren in der Schule. „Dennis, verdammt, wo steckst du? Wir schreiben gleich Englisch, schon vergessen? Und hast du eine Ahnung, wo Jakob steckt?“, fuhr Elias mich an. „Beruhig dich. Du hast echt ne miese Kombinationsgabe. Jakob ist nicht da, ich bin nicht da…klingelt es?“ Bei Elias schien es klick zu machen. „Wie jetzt? Er ist bei dir? Warum das denn? Ist ja auch egal, warum seid ihr nicht hier?“ „Lange Geschichte, aber komm bitte nach der Schule hier vorbei, wir müssen mit dir reden. Ach und könntest du Max mitbringen? Viel Glück bei der Arbeit, wir frühstücken jetzt erst einmal.“ Ehe er noch was erwidern konnte, hatte ich aufgelegt, mir stand nicht der Sinn nach einer Diskussion mit Elias. Jakob hatte die ganze Zeit neben mir gestanden und mich angesehen. „Elias und Max kommen vorbei, Max ist Elias Freund und dem geht es ähnlich schlecht mit seinen Eltern, deswegen will ich mal mit ihm reden, wenn das für dich okay ist.“ Jakob nickte und ich ging zurück, um unser Frühstück fertig zu machen und brachte es dann in mein Zimmer, mein Süßer saß auf der Couch und starrte vor sich hin. „Frühstück, los, zurück ins Bett mit dir.“, flötete ich fröhlich und kletterte mit dem Tablett in mein Bett zurück. Langsam und lustlos trottete Jakob mir hinterher. „Ist es richtig, was wir hier tun? Also sind wir richtig?“ Er betonte das wir besonders und ich stöhnte. „Jakob, wir können machen was wir wollten und zusammen sein mit wem wir wollen, lass dir bitte nicht von irgendjemanden einreden, dass es schlecht oder verboten ist.“ „Aber wenn es so viele Leute gibt, die es schlimm finden, die uns schaden könnten und wollen? Was ist, wenn wir es nicht schaffen?“ In seinen Augen sammelten sich schon wieder Tränen und er krabbelte an meine Seite, lehnte sich an mich und vergrub sein Gesicht in meinem T-Shirt. „Keiner wird uns wehtun, dir erst recht nicht. Natürlich schaffen wir das, du darfst nur nicht daran zweifeln.“, versuchte ich ihn zu beruhigen, meine Hände strichen wieder einmal über seinen Rücken und ich wollte ihm um jeden Preis die Angst nehmen, die er noch immer hatte. „Wir reden erst mal mit Max und Elias und dann sehen wir weiter, okay? Hast du Hunger?“ Das Schniefen hörte auf und Jakob sah mich von unten an. „Lass uns was essen.“, meinte er und wischte über seine Augen, eine Träne hatte sich auf seine Wange verirrt und ich küsste sie vorsichtig weg. Wir sahen nebenbei Fernsehen, während wir frühstückten und beschlossen, den Tag im Bett zu verbringen, bis Elias und Max kommen würden. Das Vormittagsprogramm war wirklich uninteressant und ich beschäftigte mich bald darauf damit, Jakob zu küssen, ihm zu sagen, dass er niedlich war und seine Haare zu durchwuscheln. Meine Hand wanderte irgendwann unter Jakobs Shirt und er hielt kurz den Atem an. „Soll ich aufhören?“, flüsterte ich an sein Ohr und knabberte vorsichtig daran. „Nein.“ Auf diese Antwort hatte ich gewartet, meine Finger nahmen ihr Spiel wieder auf und tasteten sich über seinen Bauch, die Rippen bis hin zu seinen Brustwarzen. Als ich vorsichtig hinein kniff und darüber strich, stöhnte Jakob auf und krallte sich in mein T-Shirt. Ich zog ihm sein Shirt aus und begann, mich von seinem Hals aus abwärts zu küssen. „Warte.“, hielt Jakob mich auf, als ich gerade den Bund seiner Hose erreicht hatte. Ich rutschte etwas höher und sah in fragend an, Jakob grinste und schob mich von sich herunter. „Leg dich hin.“, forderte er mich auf und ich tat ihm den Gefallen, gespannt darauf, was er tun würde, nachdem er mich von meinem Oberteil befreit hatte. Er saß auf meiner Hüfte und strich mit den Händen über meinen Oberkörper, er sah dabei so süß und unschuldig aus und ich zog sein Gesicht dicht an meines heran. „Du musst nichts machen, was du nicht willst.“, flüsterte ich und eroberte danach seinen Mund. Jakob begann, das zu wiederholen, was ich eben schon mit ihm angestellt hatte und mir entwich ein Seufzen, als er meine Brustwarzen erreichte. Mein kleiner Jakob…
„Ist es wirklich okay, wenn wir langsam machen?“ Jakob lag mit seinem Kopf auf meiner Brust und strich mit seinem Finger immer wieder über meinen Bauch, ich hatte meine Hand an seinem Rücken liegen, die Augen geschlossen und wäre ich eine Katze, hätte ich vermutlich geschnurrt, so wohl fühlte ich mich in diesem Moment. „Klar. Nur soweit, wie du willst.“ Er hatte bei seinen Liebkosungen am Rand meiner Hose gestoppt und mich unsicher gefragt, ob es okay sei, wenn er aufhören würde. Daraufhin hatte ich ihn an meine Seite gezogen und ihm mehrfach versichert, dass ich wollte, dass er sich wohl fühlt und nur das tut, was er will.
In Gedanken versunken lagen wir eine Weile so zusammengekuschelt, als es Klingelte. „Das werden wohl kaum Max und Elias sein. Die haben noch Unterricht.“, wunderte ich mich, zog mir auf dem Weg zur Haustür mein Shirt an und sah durch den Türspion, vor der Tür stand ein mir unbekanntes Mädchen. „Jakob, kannst du mal bitte herkommen?“ Als er an getrottet kam, deutete ich auf die Tür. „Kennst du sie?“ „Meine Schwester. Sie ist hier!“ Aufgeregt sah er mich an und seine schönen Augen funkelten. „Kann sie reinkommen?“, bat er und ich öffnete die Tür, die beiden fielen sich um den Hals, was mich zum Lächeln brachte. „Hallo. Tut mir leid, dass ich hier so unerwartet auftauche, aber ich kann einfach nicht fassen, was sie mit Jakob gemacht haben, Felix hat es mir heute Morgen erzählt und ich bin so schnell wie möglich hierher gefahren. Ich hab mich noch gar nicht vorgestellt, ich bin Louisa, Jakobs große Schwester. Ich hab ein paar Sachen mitgebracht.“ Erst jetzt fiel mir auf, dass neben ihr eine Tasche stand. „Komm doch erst mal rein.“, bot ich an und führte Louisa ins Wohnzimmer. „Ich organisiere mal etwas zu trinken.“ Dabei ließ ich mir extra viel Zeit, damit die beiden ein bisschen Zeit hatten, um zu reden. Ich war froh, dass Jakob noch jemanden aus seiner Familie hatte, der ihm beistand.
„Ich werde Mama und Papa bitten, dass du wieder zurückkommen kannst.“ „Ich will erst mal nicht zurück. Sie verachten mich doch.“ Ich weiß, man tut so etwas nicht, aber ich belauschte die beiden und ich war froh, dass Jakob erst einmal bei mir bleiben würde, ich traute seinen Bruder so einiges zu. Mit den Getränken betrat ich das Wohnzimmer. „Aber du kannst doch nicht so lange hierbleiben. Oder Dennis?“ Fragend sah Louisa mich an und ich lächelte mild. „Von mir aus kann er so lange hier bleiben wie er will.“ Jakob warf seiner Schwester einen „Ich hab’s dir doch gesagt!“ Blick zu und sah mich glücklich an. „Ich werde trotzdem nochmal mit unseren Eltern reden. Ich finde, Felix gehört gesteinigt, wenn er wüsste, dass ich hier bin, er würde mir die Hölle heiß machen. Deswegen muss ich jetzt auch los, er kontrolliert mich schon, aber ich komme bestimmt die Tage nochmal vorbei.“ Louisa stand auf und ging zur Haustür, Jakob und ich folgten ihr. „Danke Dennis.“ Spontan umarmte sie mich, was mich etwas überraschte, aber ich mochte sie, sie machte auf mich einen freundlichen und hilfsbereiten Eindruck und sie setzte sich für Jakob ein. „Mach’s gut Brüderchen.“ Damit verabschiedete sie sich erst einmal wieder und Jakob wirkte etwas geknickt. „Ich dachte sie würde länger bleiben.“, sagte er enttäuscht, als ich ihn fragend ansah und er trottete zurück in mein, unser, Zimmer und kroch schmollend zurück ins Bett. „Was soll sie denn machen, wenn Felix sie überwacht? Wir warten jetzt auf Elias und Max und dann sehen wir weiter.“ „Das bringt doch alles nichts! Meine Eltern hassen mich, Felix hasst mich, Robin wird uns fertig machen, Louisa hat wegen mir bestimmt auch schon Stress und du musst dich die ganze Zeit um mich kümmern. Ich bin doch die totale Belastung. Ich meine, warum ich? Was findest du an mir Dennis, dass du das alles mit mir durchmachen willst? Ich bin auch nur irgendjemand und irgendwann wirst du das merken und dann hab ich niemanden mehr.“ Erschrocken sah ich zu, wie er das Gesicht in den Händen vergrub und weinte. Ich wusste ja, dass die Sache ihm zusetzte, aber dass er an sich selbst zweifelte und immer noch nicht verstand, dass er für mich der wundervollste Junge auf der Welt war, machte mir schwer zu schaffen. „Guck mich an bitte.“, forderte ich, als ich mich neben Jakob gesetzt hatte, er sah mich aus feuchten Augen an und ich musste schlucken, als ich nach seiner Hand griff. „Ich hab dir doch schon gesagt, dass du wundervoll bist. Dass es so viele Sachen gibt, die toll an dir sind und dass du mich so schnell nicht wieder loswirst. Weißt du, in mir wird es warm und mein Magen flattert, wenn du da bist und wenn du mich anlächelst und ich würde alles dafür tun, damit du nicht aufhörst zu lächeln. Ich weiß nicht warum, aber du bist der Mittelpunkt in meinem Leben, ohne dich fehlt ein ganz großes Stück von mir und ich will nicht, dass du traurig bist.“ Ich holte tief Luft. „Halte es für übertrieben nach so kurzer Zeit, aber weißt du was? Ich liebe dich. Deine Augen, dein Lächeln, deine Küsse, dass, was du sagst, deine Stimme. Ich liebe es, wenn du rot wirst und schüchtern bist und ich liebe es, wenn du das einforderst, was du haben willst. Ich liebe dich Jakob.“ Jetzt hatte ich es gesagt, ich hätte jeden für verrückt erklärt, der jemandem nach so einer kurzen Zeit ein Liebesgeständnis macht, aber ich fühlte so. Ich liebte ihn wirklich. Mit großen Augen sah Jakob mich ungläubig an. „Dennis…“, flüsterte er, dann warf er sich in meine Arme und weinte noch heftiger. „Hey, ist doch gut.“, beruhigte ich ihn. „Warum weinst du denn jetzt noch?“ „Du bist toll. Es war so schön.“ Da war ich beruhigt, ich dachte schon, meine Worte hätten ihn irgendwie erschreckt. „Mein Jakob.“, murmelte ich in seine Haare und zog ihn dichter an mich. Er war mein kleiner Jakob, der Jakob, den ich liebte.
Elias und Max kamen am Nachmittag vorbei, Jakob hatte sich auch wieder beruhigt und wir saßen zu viert in meinem Zimmer und aßen Pizza. „Also Dennis, warum sollten wir herkommen?“ Ich sah Jakob an und als er nickte, erzählte ich den beiden die ganze Geschichte. „Okay, das ist krass, das ist ja noch schlimmer, als es bei mir gewesen war.“ Nachdenklich biss Max von seiner Pizza ab. „Wenn ich ehrlich bin, ich glaube nicht, dass es eine gute Idee ist, wenn du dorthin zurückgehst. Deine Schwester kann dir deine Sachen bestimmt bringen. Was sagt denn deine Mutter dazu?“ Jakob lehnte sich an mich, als Elias dies sagte. „Ich weiß nicht, sie hat gar nichts gesagt.“, murmelte er und ich legte einen Arm um seine Schultern. „War bei mir ähnlich, du solltest mit ihr reden, wenn dein Bruder und dein Vater nicht zu Hause sind.“, schlug Max vor, Jakob nickte.
„Ich hab euch die Sachen aus der Schule mitgebracht und gesagt, dass ihr krank seid.“ Elias reichte uns ein paar Blätter und ich legte sie auf den Tisch. Wir sprachen noch eine Weile über dies und jenes, sahen Fernsehen und schließlich verabschiedeten Max und Elias sich, da Max noch arbeiten musste und vorher Elias nach Hause bringen würde.
„Max ist nett.“, stellte Jakob fest, als wir die Teller in die Küche brachten und abspülten. „Das ist er wirklich.“, bestätigte ich und umarmte Jakob von hinten, der gerade noch den letzten Teller abtrocknete. „Dennis?“ „Ja?“ „Hattest…hattest du schon mal was mit einem Jungen?“ Jakob drehte seinen Kopf und sah mich an. „Nein, du bist mir sogar noch einen Schritt voraus.“, gab ich zurück und erntete einen fragenden Blick. „Vergiss es, ist nicht so wichtig.“ In dem Moment fiel mir ein, dass es wohl nicht so klug war, darauf anzuspielen, dass er schon einen anderen geküsst hatte.
„Ich hab mich nur gefragt, wie es wohl ist, wenn…also wenn…wenn ein anderer mir…“Jakob brach ab und senkte seinen roten Kopf, nachdem ich kurz über seine Worte nachgedacht hatte, war mir auch klar, was er meinte. „Muss dir doch nicht peinlich sein, ich hab mich das auch gefragt. Wenn du es wissen willst, dann sag mir Bescheid und wir finden es heraus.“, bot ich an und Jakob drehte sich in meinen Armen um, den Teller hatte er beiseite gestellt.
„Okay.“ Dann machte er eine kurze Pause. „Ich würd's gern wissen, auch, wenn ich heute Mittag was anderes gesagt habe.“ Er wurde nicht mehr so rot wie zuvor, seine Wangen schimmerten trotzdem rosa. „Dann komm mit.“
Ich nahm ihn bei der Hand und zog ihn in mein Zimmer, direkt aufs Bett und drückte ihn sanft darauf, um ihn dann zärtlich zu küssen. Dann küsste ich seinen Hals, knabberte an seinem Ohr und entlockte Jakob wohlige Laute. Schließlich widmete ich mich wieder seinem Mund, schob meine Hände unter sein Shirt und strich über seine Hüften, seinen Bauch und bahnte mir meinen Weg zu seinen Brustwarzen. Jakob zog am Kragen seines T-Shirts und zog es sich über den Kopf, ich tat es ihm gleich und senkte meinen Mund auf seine Brust, erkundete jeden noch so kleinen Fetzen seiner Haut und wurde mit leisem Stöhnen belohnt.
„Bereit?“, fragte ich vorsichtshalber, als ich wieder den Bund seiner Shorts erreichte, ich konnte sehen, dass sich unter dem Stoff bereits etwas abzeichnete, aber ich wollte sicher gehen, dass Jakob damit einverstanden war. Er nickte und ich fuhr mit der Hand unter den Stoff, keuchend atmete Jakob und stöhnte auf. Die Hose landete auf dem Boden und ich umschloss seine Erregung mit meiner Hand, bewegte sie auf und ab, sah dabei in Jakobs lustverzerrtes Gesicht , seine Augen wirkten glasig, sein Mund war leicht geöffnet. Ich erhöhte das Tempo und Jakob verkrampfte sich, als er kam und ich beugte mich über ihn, küsste ihn und sah ihn an, während er sich schwer atmend erholte.
„Wow.“ War das einzige, was er dazu sagte und lächelte mich an, nur um mich dann zu sich herunter zu ziehen und mich stürmisch zu küssen. Er setzte sich auf mich, drängte sich gegen mich und fuhr mit seinen Händen über meinem Oberkörper, blieb an meinem Brustwarzen hängen und strich darüber. Immer wieder fuhr er über meinen Bauch, meine Rippen, meine Brust und irgendwann ließ er sich dazu hinreißen, alles mit seinem Lippen und seiner Zunge zu erkunden, was er an nackter Haut finden konnte
„Jakob, du treibst mich in den Wahnsinn.“, japste ich, meine Hose wurde mir langsam aber sicher schmerzhaft zu eng. Mein Freund grinste, fummelte an den Knöpfen meiner Jeans und ich hob meine Hüfte, damit er sie mir ausziehen konnte. Erleichtert atmete ich aus und schloss die Augen, als eine Hand über die Beule in meinen Shorts strich. Ich wollte nicht, dass Jakob etwas tat, was er nicht wollte, aber wenn er es wollte, dann sollte er sich verdammt nochmal etwas beeilen, also drängte ich mich seiner Hand entgegen in der Hoffnung, dass er verstand was ich ihm damit sagen wollte. „Du bist ganz schön ungeduldig.“, murmelte Jakob, entrüstet stemmte ich mich auf meine Ellenbogen und ließ die Luft geräuschvoll aus meiner Lunge strömen.
„Dann quäle ich dich das nächste Mal auch so, mal sehen was du dann sagst!“, brachte ich mit viel Selbstbeherrschung hervor, weil er den Bund meiner Shorts nach unten geschoben hatte und über meine Erektion strich. Ich erschauderte und ließ mich zurück auf die Matratze sinken, als er seine Faust darum schloss und sie auf und ab bewegte. Seufzend schloss ich die Augen und genoss das Gefühl, das Jakob mir bescherte und ich keuchte seinen Namen, als ich kam.
Ich öffnete die Augen erst, als ich wieder normal atmete und einen warmen Körper an meiner Seite spürte, der sich an mich schmiegte. Ich vergrub meine Nase in Jakobs Haaren, sog seinen Geruch ein und war schlicht und einfach glücklich.
„Weißt du was? Ich glaube du hast recht.“ Jakob strich über meinen Bauch und sah mich an. „Also mit allem, was du gesagt hast.“, erklärte er, als er meinen fragenden Blick bemerkte und ich lächelte ihn an. „Also akzeptierst du es endlich, was du, was wir, sind und versteckst dich nicht weiter?“ „Du bist doch da, oder? Dann habe ich auch keine Angst davor.“ Wenn es möglich gewesen wäre, die ganze Welt zu umarmen, ich hätte es wohl getan. Das Glück in mir machte mich schwindelig und es fühlte sich angenehm einschläfernd an. „Ich liebe dich Jakob.“, flüsterte ich noch, bevor ich langsam ins Reich der Träume wanderte.
Texte: Alle Rechte liegen bei mir.
Bildmaterialien: We heart it http://weheartit.com/entry/33204261 Bearbeitung bei mir
Tag der Veröffentlichung: 04.08.2012
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für Honey.
Weil ich mich bedanken muss und will und weil das hier sonst vermutlich noch immer nur in meinem Kopf exestieren würde. :)