Ende?
Blitze zuckten über den Wald und ließen das Land für den Bruchteil einer Sekunde taghell leuchten. Donner grollte, der Himmel weinte.
Aus dem stillen Bächlein war ein reißender Fluss geworden. Die gewaltigen Bäume senkten sich unter der Wucht des Herbststurms und die, welche zu jung waren wurden einfach davon getragen.
Die Bewohner des Waldes und der Angrenzenden Bucht hatten sich schon zu Beginn des Sturmes in ihre Behausungen zurückgezogen, nur eine einsame Gestalt kämpfte sich durch das Unterholz.
Es war eine junge Frau, einzelne Haarsträhnen hatten sich aus ihrem schwarzen Zopf gelöst und hingen ihr wirr ins Gesicht, ihr edles Samtkleid durch ihre lange Flucht beschmutzt und zerrissen. Die einst stolzen blauen Augen wirkten stumpf und grau, Arme und Gesicht waren zerschunden. Ihr Atem ging stoßweise.
Drei Tage war sie geflüchtet und hatte sich nur von dem ernährt was die Natur ihr bot, doch langsam neigten sich ihre Kräfte dem Ende und die Reiter würden sie bald eingeholt haben. Immer wieder hatte sie Wege genommen die für die schwarzen Streitrösser der finsteren Gesellen zu klein waren und hatte die Reiter in die irre geführt um ihren minimalen Vorsprung halten zu können.
Wenn ich es nur bis zum Meer schaffen würde, dann könnte ich neue Kraft sammeln um mich ihnen stellen.
Der Regen peitschte ihr ins Gesicht und die Äste zerkratzten ihr die Arme, als sie in einen schmalen Pfad einbog, die drohende Gefahr im Rücken. Der Pfad führte auf ine kleine Lichtung auf, welcher Felsen übereinender lagen wie von einem Kleinkind gestapelte Holzklötzchen. Mit Wehmut musste sie an ihren Sohn denken, sie hatte ihn gerade noch retten können als die Reiter wie lautlose Schatten bei ihrem Spaziergang aufgetaucht waren. Der kleine war erst ein paar Monate alt und doch die einzige Hoffnung die sie noch hatte. Nach dem sie ihn in Sicherheit gewogen hatte, hatte sie alle ihre Kräfte auf ihn übertragen und ihn mit einem mächtigen Zauber belegt der ihn vor allem Unheil schützte.
Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen als sie die Reiter hinter sich fluchend durchs Unterholz preschen hörte. Stolpernd trat sie auf die Lichtung hinaus und bahnte sich einen weg zwischen den Felsen hindurch. Unter dem freien Himmel entwickelte der Regen seine volle Kraft und ergoss sich als kalte, nasse Masse auf sie nieder.
Wenn bloß dieser Sturm nicht aufgezogen wäre.
Ein Ast schlug ihr ins Gesicht, als sie sich mit der Gewandtheit einer Katze über einen Felsen sprang, nur um gleich darauf vor einer Sackgasse aus Stein zu stehen.
Alles in ihr arbeitete angespannt um aus dieser ausweglosen Situation zu entkommen, obwohl der Regen noch immer auf sie hernieder prasselte und ihre Kleider durchnässte, fühlte sie sich wie im Fieber.
Vor mir der Felsen, hinter mir die Reiter.
Sie nahm Anlauf und sprang in dem Moment ab in dem die Reiter hinter ihr aus dem Wald ausbrachen. Ihre Hände ereichten die Kante und sie stemmte sich mit aller Kraft hoch. Ihre Hände drohten auf dem feuchten, nassen Stein abzurutschen, ihre Füße traten nach den Männern unter ihr.
Sie wollte sich auf der anderen Seite hinunter schwingen, da durchfuhr ein bohrender Schmerz ihren Arm. Auf dem Boden faste sie sich an den arm doch sie fühlte kein Blut und auch keine äußerliche Verletzung.
Dieser Schmerz stammte nicht von einem Pfeil oder einer Lanze.
Nein.
Von etwas schlimmeren, was ihr erst jetzt klar wurde.
Magie.
Die Reiter hatten Magie genutzt.
Zwar nur einen einfachen Zauber den sie selbst in ihrem geschwächten Zustand in Sekundenschnelle heilen konnte, aber sie wusste auch das der Zauber nicht von einem der Reiter gesprochen wurde, sonder von einem fernen Magier auf die Männer übertragen worden war. Zu ihrem Glück war der Zauber durch die Entfernung geschwächt worden. Doch sie musste nun vorsichtiger sein.
Sie stürzte wieder in den Wald und hoffte das der Stein die Reiter lange genug aufhalten würde um ihr einen Vorsprung zu verschaffen. Wasser spritzte auf als sie durch die Pfützen rannte, immer tiefer in den Wald hinein, in die vorübergehende Sicherheit.
Lauf, lauf!!!!!!!!!
Die Reiter hetzten durch den Wald.
Die junge Frau warf sich ins Unterholz und gelangte in eine kleine von alten Eichen umgebene Senke. Erschöpft lies sie sich auf das feuchte Moos fallen, bereit beim kleinsten durch den Regen dringenden Laut aufzuspringen und weiter zu laufen.
Sie sah sich um. Der gesamte Boden war mit Moos und Flechten bedeckt, ringsum, zwischen den dicken Wurzeln der gigantischen Eichen wuchsen verschiede Kräuter und direkt vor ihr lag ein Häufchen verbrannter Asche wo irgendwann vor dem Unwetter einmal ein Lagerfeuer gewesen sein musste.
Nach Hause, ich werde nie wieder nach Hause kommen.
Vorsichtig strich sie über den grünen Teppich, als plötzliches Hufgeklapper sie aus ihren Gedanken riss.
Sie sprang auf und wollte laufen, weg laufen.
Da brachen die Reiter aus dem Gebüsch und drängten sie an den Stamm eines Baumes.
„ Oarrrghaaahhahaha! Harrrrben wirrrrr dich endlich. Oahhhahaha!“, zischte der vordere der Männer.
Er musste der Anführer der Gruppe sein, denn zusätzlich zu den schwarzen Rüstungsplatten hatte sein Pferd rote, im Mondschein funkelte Rubine in die Platten eingefasst. Auch seine eigener Schutz unterschied sich von dem der anderen. Statt der einfachen Brustpanzer aus Leder und der Lederkappe auf dem Kopf trug er eine kunstvoll verarbeitete schmiedeiserne Rüstung und einen furchteinflössenden Helm in Form einer grässlichen Tierfratze.
Nein!
Das Blut pochte in ihrem Kopf und sie zitterte am ganzen Leib. Sie wieder alles vor sich: Ihre ganze Flucht, sie hatte gewusst, dass dieser Moment irgendwann kommen würde und ihn weiter hinaus gezögert.
Wäre ich nur nicht weggelaufen, dann hätte ich noch genug Kraft gehabt um mich ihnen zu stellen.
Plötzlich fing sie an zu lachen, lachte, lachte über ihre eigene Dummheit. Irritiert sahen sich die Reiter an. „Das Lachen wird dir schon noch vergehen!“, presste einer der Männer im Hintergrund hervor. „Ein anderer mit seltsam kehliger Stimme meinte: „Jaaaahr, jetzt sind wir es die Lachen! Hahahahaha! Wir werden…!“ „RRRRUHE!“, donnerte der Anführer mit seiner zischenden Stimme. „Fürrrrr, eine Frrrrau warrrzt du zzziemlich Lezzztig! Holt zie euch!“ Drei der Männer sprangen von ihren Rössern und kamen auf sie zu.
Etwas durchströmte ihren Körper, aber es war nicht die Angst, es war ihr Wille, ihr Wille weiter zu leben. Sie sammelte alle ihre Kräfte und murmelte einen Zauber, während die Reiter immer näher kamen. „Dein Glück dazzzz wir dich lebend Brrrrrrauchen!“, zischte der bullige Anführer.
Immer schneller flüsterte sie vor sich hin, sie spürte wie die Magie sie einhüllte. Die Krieg mussten es auch gespürt haben, denn sie hielten inne als würden sie auf etwas lauschen. „Wazz izzzt? Habt ihrrrr jetzt etwa Angst vor Weiberrrn? Ergreift sie!“, wütete der Hauptmann.
Komm schon!
Die junge Frau beschwor immer mehr Magie herauf, immer stärker wurde der Zauber. Endlich hatte sie die Kraft komplett erreicht. Sie stieg an wuchs und wuchs immer größer. Dann umschloss sie ein helles Licht.
Das letzte was sie sah bevor sie zusammenbrach war das Entsetzten auf den Gesichtern der Männer.
Dann wurde es für lange Zeit dunkel um sie.
2.Die Versammlung
Die wahre Geschichte aber beginnt erst viele Jahre nach jener stürmischen Nacht. Ein paar Meilen südlich des Waldes, genauer gesagt in einer kleinen Stadt am Meer, in Aidavan. Nun war Aidavan nur eine kleiner unbedeutender Ort und doch sollte hier ein Held aufwachsen.
An jenem Tag stand die Sonne warm und friedlich am Himmel. Kein Wölkklein ließ sich blicken und das Meer lag still und träge vor der Bucht.
Und doch waren die Bewohner von Aidavan nicht fröhlich und ausgelassen, denn Lady Salenna hatte alle mächtigen Männer der Stadt in ihre Halle rufen lassen. Etwas was nur sehr selten und in dringernster Notwendigkeit vorkam.
Schon früh am Morgen waren die Männer und Frauen den Hügel hinauf zum größten Haus der Stadt gelaufen. Nun saßen sie in der Halle um den großen Tisch mit der Karte des Landes darauf.
An den Seiten des Tisches saßen jeweils ein Dudzent Leute und unterhielten sich aufgeregt. Am Ende der Tafel saß Lord Cyris und unterhielt sich mit dem Herrn, welcher neben ihm saß, Esabla Ea Mikesh, dem Verwalter der Stadt.
Die Gespräche verstummten als die beiden Flügeltüren aufschwangen und eine junge Frau eintrat. Sie zählte kaum zweiundzwanzig Sommer, doch alle, selbst die älteren und weiseren blickten zu ihr auf, denn sie handelte immer gerecht und weise.
Lady Salenna Marisa von Aidavan.
Die langen roten Haare fielen ihr über die Schultern und wurde von einer kleinen Silberkrone geschmückt. Ihr fliederfarbenes Kleid hielt sie an der Taille mit einem verzierten Gürtel zusammen.
Sie schritt auf die Tafel zu und ließ sich gegenüber ihres Gatten auf einen thronartigen Stuhl fallen. Sie räusperte sich und nickte in die Richtung der Menschen am Tisch, ein Zeichen dafür das die Versammlung eröffnet war.
„Meine Herren, meine Damen!“, begann sie; „ Wie ihr wisst, meine Freunde, war unser ganzes Land einst machtvoll und ruhmreich, doch dann wurde es von Zerion diesem Tyrannen eingenommen. Überall im Land herrschen Angst, Wut und Zerstörung. Die einzigen Orte die Zerion nicht unterstehen sind Aidavan, Nyms, Miuna und natürlich der Stützpunkt der Rebellen in Montera, die uns davor bewahrten ebenfalls zu Zerions blinden Dienern zu werden.
Natürlich kennt ihr auch die Legenden über den Helden, der aus dem Haus der gefallenen Könige stammen soll und das Land aus der Tyrannei befreien wird.
Nun wir glauben das diese Zeit jetzt gekommen ist!“ ,sie winkte einen Diener zu sich und sagte: „Hole das Kind!“ Kurz darauf erschien der Mann mit einem Bündel wieder, welches er Lady Salenna in den Arm legte.
Sie drehte es so das die Anwesenden das Gesicht des Babys sehen konnten. Ein ehrfürchtiges Raunen ging durch den Saal als die Menschen das Wassermahl auf dem Gesicht des Kindes sahen. Eine dunkelblaue Seeschlange schlängelte sich von der Schläfe, über die Wange bis zum Hals des Kindes.
„Misoha fand den Jungen im Wald zwischen den Wurzeln eines Baumes, Weiß der Himmel wie er da hingekommen ist.“, Sie nickte in Richtung einer Frau am Ende des Tisches, „Ihr habt alle das Mahl gesehen, darum frage ich euch was soll mit dem Jungen geschehen?“
„Das Meer hat es gewusst! Seid Tagen liegt es still!“, sagte der Geschichtenerzähler Gwibbles, der zweit älteste Mann im Dorf. Ein paar der jüngeren Ratsmitglieder sahen ihn daraufhin zweifelnd an, doch die Erfahreneren wussten das er Recht hatte.
„Es will das wir den Jungen behalten und großziehen!“, keuchte er. „Ich bin dafür das wir ihn nach Montera bringen, wo die Rebellen ihn aufziehen und trainieren können!“, meinte ein Junge, es war Mon der Sohn des Waffenmeisters, der heute an Stelle seines kranken Vaters an der Versammlung teilnahm. Er zählte erst zehn Winter und Salenna hatte mit einer solchen Antwort gerechnet, er war sich dem Ernst der Lage nicht bewusst.Entsprechend war die Reaktion der Anderen: „Nach Montera kommen wir nicht über den Seeweg und über Land ist es zu gefährlich! Ich sage wir behalten ihn hier!“, wiedersprach ihm Jiona, der Sohn des Schmieds. Zustimmendes Gemurmel wurde laut.
Salenna nickte bestätigend: „Ja, es ist wohl das Beste wenn wir ihn hier lassen und uns um ihn kümmern. Dann stellt sich nur noch die Frage bei wem er aufwachsen soll bis sich sein Schicksal erfüllt.“
„Er könnte zu uns kommen“, schlug Esabla vor, „Wir ihr wisst wird meine Frau innerhalb der nächsten Tage ebenfalls ein Kind gebären!“ Auch der Stallmeister Viko wollte den Jungen aufziehen: „Er wäre der perfekte Spielgefährte für meinen kleinen Linden!“
„Nein, nein!“, meinte Jhul, die Heilerin, „Es ist besser für den Jungen wenn er als einziges Kind aufwächst, so bekommt er mehr Aufmerksamkeit außerdem dürfen wir ihn nicht wie ein normales Kind aufziehen!“ Ein paar der Frauen nickten zustimmend und auch die Männer begriffen.
„Wir können ihn nehmen!“, meldete sich plötzlich eine Stimme, die bisher noch stumm gewesen war. Alle blickten in die Richtung aus welcher der Lautekommen war.
Sie gehörte Lord Cyris der bisher nur geschwiegen hatte und die Leute nun fragend ansah. Als er zustimmende Regung in den Gesichtern der Männer und Frauen sah blickte er seine Gattin direkt an: „Was meinst du meine Liebe, du hast dir doch immer ein Kind gewünscht.“
Alle Augen wanden sich Salenna zu. Würde sie den Jungen annehmen?
Die junge Frau betrachtete das Kind in ihrem Arm und wiegte es liebevoll hin und her. Als sie aufblickte war die Beherrschung aus ihren Augen verschwunden und waren Weichheit gewichen. Sie blickte ihrem Mann in die grünen Augen und nickte.
„Also dann, das Kind wird hier im Schloss aufwachsen,“ begann sie in die allgemeine Erleichterung über ihre Entscheidung hinein, „Jetzt müssen wir nur noch die allgemeinen Dinge klären. Wir können davon ausgehen, dass der Junge der Sohn aus dem Hause der Animavadra stammt, darum wird er eine besondere Ausbildung bekommen müssen. Seinen Unterricht im Lesen und Schreiben wird er im Alter von drei Jahren beginnen, das wird Misoha übernehmen.“ Die Frau in mittleren Jahren senkte ehrerbietig den Kopf.
„Jhul du wirst dem Jungen die Heilkunde lehren. Mon, denkst du das dein Vater ihm Waffenkunde und Schwertkampf beibringen kann?“
Der Junge nickte eifrig.
„Sehr schön. Viko kannst du ihm mit das Reiten und den Kampf vom Pferd aus lehren?“
„Natürlich Herrin.“
„Esabla, es wäre schön wenn du ihn in Dingen wie Klettern, Schwimmen und den Umgang mit Pfeil und Bogen unterrichten könntest.“
„Sicher, Salenna.“
„Gut, Jiona du wirst ihm die Schmiedekunst und das Schneidern beibringen!“
„Schneidern? Aber das ist doch Wei…! Ähm… ich meine… Sehr wohl Lady Salenna!“
„Mon, würdest du ihn gerne im Segeln und Fischen unterweisen?“
„ICH??? OH Nana…natürlich, sehr gern!“
Als nächstes wandte sie sich einer kleinen untersetzten Frau mit schwarzem Pferdeschwanz und einer bunten Langbluse zu, der Schwester desSeilers Kia würdest deinen Neffen fragen ob er ihm wenn es so weit ist, das Jagen zeigen kann?“
„ Das kann ich tun.“
„Schön, schön. Tauchen und die Pflanzenkunde wird er bei mir lernen. Dann brauchen wir nur noch einen Namen für das Kind, ich höre?“ endete Salenna diesen Abschnitt des Gespräches.
„Lord Cyris, würdet Ihr uns die Ehre erweisen?“, fragte einer der Anwesenden. „Na gut, nennt mir eure Wünsche und ich suche mir den Schönsten aus.“
Natürlich wollte jeder, das sein Name genommen wurde und die Ratsmitglieder stritten
„Hm, wie wäre es mit Situ, der Findling?“, schlug Jiona vor. Aber Jhul war dagegen: „Willst du den Armen Jungen sein ganzes Leben lang an sein furchtbares Schicksal erinnern? Nein, ich bin für Takeo, der Retter.“
„Oder Nedia, der Folgsame“, Gustan.
„Willst du ihn zu Gehorsam zwingen? Was ist mit Mijan, die Stimme des Volkes?“ Viko.
Wie immer wollte auch Esabla etwas zu sagen haben:„Oder Bikiol, das Wunder.“
„Bikiol?, Felion ist viel besser, die Hoffnung! Außerdem steht es mir doch am meisten zu ihm einen Namen zu geben, immerhin habe ich ihn gefunden!“, wetterte Misoha.
Plötzlich durchdrang eine hohe, schüchterne Stimme das durcheinender, sie gehörte Mon: „Wie…wie wä…wäre es m…m…mit Fenion, der Held.“
Obwohl der Junge leise geredet und eher gepiepst als gesprochen hatte, hielten die streitenden Anwesenden inne und wendeten sich in die Richtung aus welcher das Gepiepse gekommen war.
Sie blickten auf einen kleinen schüchternen, blassen Jungen mit braunem Wuschelkopf, einem Sauberen Hemd und der roten Uniform des Waffenjungen. Eines Waffenjungen, der nun unruhig von einem Fuß auf den anderen trat, im Glauben etwas falsches gesagt zu haben und, so viel Aufmerksamkeit nicht gewohnt, verlegen, mit hochrotem Kopf, in die Menge schaute.
Es war lediglich ein Vorschlag gewesen und Mon hatte nicht einmal besonders laut oder überzeugend gesprochen und auch nicht weil allen der Name so gut gefiel, wurde der Name genommen, Nein. Er wurde wegen des kleinen zustimmenden Seufzers erwählt, der in diesem Moment erklang.
Zu Mon´s Erleichterung drehten sich alle zu dem Baby im Arm Lady Salennas um. Der Kleine hatte sich kurz geregt, geseufzt und lag nun wieder still und reglos da. Bekanntlich sind die Meerleute oft abergläubig, was bei vielen Besuchern der Versammlung ebenfalls der fall war, doch auch jeder Andere hätte dies als Zeichengedeutet.
„So! Dann wäre dieses Thema also auch abgeschlossen!“, beendete Salenna die Namensgebung, „Schließlich möchte ich euch noch zwei Dinge mitteilen: Ihr werdet mit niemandem über das was ihr heute hier gehört habt sprechen, wenn ich diese Person nicht kenne! Aber das wichtigste ist das ihr dem Jungen nie, wirklich niemals seine Herkunft preisgebt. Denn ihr wisst was die Schriften besagen:
Ein Held geboren, noch unscheinbar,
Wird er aufmachen einst um seine
Herkunft zu erfahren und seine Zukunft
Zu erfüllen, mit dem Glanz der Freude
Liebe und Hoffnung.
Auf das sein Schicksal sich erfülle
Doch gebt Acht erfahre er sein Herkunft
Durch die Zunge eines Kindeskenner
So wird sich das Schicksal nicht
Erfüllen wie prophezeit
Wird ungewiss und dunkel.
Also, niemand darf es ihm sagen.
Morgen werde ich einen Boten nach Montera schicken um es König Keeh mitzuteilen
Außerdem möchte ich das wir uns alle hier zweimal im Jahr treffen damit wir über das befinden des Jungen beraten können.
Vielen Dank das Ihr alle gekommen seid, ein Lakai wird euch nun in den Speisesaal geleiten wo unser Oberkoch Le ein Gastmahl vorbereitet hat, wir werden in kürze zu euch aufschließen.
Gwibbles und Mon, bleibt bitte noch einen Moment.“
Daraufhin begaben sich die Herrschaften zum Ausgang, wo sie einem Palastdiener folgten. Mon und Gwibbles blieben allein mit dem Lord und der Lady von Aidavan allein blieben. Mon war dies gar nicht geheuer, doch Gwibbles war bereits ein alter Mann und kannte das junge Paar von Kindesbeinen an. „Zuerst zu dir mein Junge“, begann Lord Cyris und sah den Waffenjungen, dem die ganze Sache immer unangenehmer wurde, durchdringend an, „Das Kind hat deinen Namen erwählt, das ist ein Zeichen, er hat dich auserwählt.“ Mon wusste nicht was es bedeutet wenn man „auserwählt“ war, denn der Vater hatte seine Schulbildung sträflich vernachlässigt. Er fuhr fort: „Wir möchten das du so viel Zeit wie möglich mit ihm verbringst und ihm alles über das Leben am Meer lehrst was du lerntest und noch lernen wirst. Nun gut: du kannst jetzt gehen.“
Mon verbeugte sich knapp und eilte schnellen Schrittes davon. Er war sichtlich erleichtert endlich von Dannen ziehen zu können, so das sich Gwibbles ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Doch dann wandte er sich wieder dem junge Paar zu, er wusste das es sich um etwas ernstes handeln musste wenn sie es nicht vor den Anderen hatten ansprechen wollen. Lady Salenna wog den Kleinen im Arm der gerade aufgewacht war und die fremden Gesichter neugierig betrachtete, also ergriff ihr Mann das Wort: „ Mein Freund ich bitte dich, das du deinen Bruder von den jüngsten Ereignissen unterrichtest, auch wenn es mich nicht wundern würde wenn er es bereits wüsste, er besitzt die Gabe alles geheim zu halten und doch alle Details zu kennen. Wie sagt man so schon: Reden ist Silber, schweigen ist Gold. Aber ich schweife ab. Es wäre schön wenn du ihm all die alten Geschichten über die verlorenen Könige erzählen könntest und könntest du deinem Bruder ausrichten, das es mich freuen würde, wenn er dem Jungen erzählt wie es damals zuging und wie die alten Könige regierten, alles was er weiß eben. Das wäre wirklich außerordentlich hilfreich.“
„Es wäre mir eine Ehre! Wenn das alles ist, würde ich mich jetzt gerne auf den Heimweg machen, so viel Aufregung an einem Tag vertragen meine alten Knochen gar nicht gut“, damit verschwand er durch die große Flügeltür die ihm von zwei Bediensteten geöffnet wurde. Cyris und Salenna blieben mit dem Kind alleine.
„Denkst du das wir es schaffen werden?“, flüsterte sie in die Stille hinein. Er schloss sie in die Arme und antwortete: „Das Schicksal wird bestimmen ob er seiner Aufgabe gerecht wird und bis dahin, müssen wir versuchen ihn zu richten.“
3.Aidavan
So also geschah es das ein kleiner Junge zu einem großen Jungen heranwuchs und später ein beeindruckender junger Mann wurde. Fenion wuchs im Palast auf, wie es in der Versammlung beschlossen worden war. In den ersten Monaten hörte man ihn schreien, dann konnte man wenn man genau lauschte, das trippeln seiner kleinen Füßchen hören. Als er heranwuchs drang der Lärm des Schwertkampfes über den Hof. Jahr für Jahr hatten sich der Lord und Lady gut um den Jungen gekümmert und doch war es nun an der Zeit das er seinen eigenen Weg ging.
Es war der Tag vor meinem siebzehntem Geburtstag. Ich war gerade von meiner Lehrstunde bei Gereth zurückgekehrt, welcher mir heute eine Geschichte über die wilden Drachen erzählt hatte. Jetzt war ich auf dem Weg in die Gemächer der Bediensteten.
Ich schritt auf ein großes Gebäude zu aus dem laute Stimmen erklangen. Das Haus des Waffenmeisters und seiner Familie war, das prachtvollste der Dienstbotenhäuser. Es war zweistöckig gebaut und befand sich am Ende der von Palmen gesäumten Allee, wo die bediensteten in ihrer eigenen kleinen Siedlung wohnten. Wie die meisten Häuser waren auch diese aus hellem Sandstein gebaut und mit weißer Farbe angestrichen.
Ich klopfte an das große blaue Tor und wartete, das man ihm öffnete. Die Bewohner jedoch dachten gar nicht daran ihn zu begrüßen. Sie waren wieder einmal damit beschäftigt zu streiten:
Der Streit hatte vor etwa einem Jahr begonnen, es ging darum das die älteste Tochter des Waffenmeisters, Keta, heiraten wollte. Doch leider einen mittellosen, tollpatschigen Fischersohn, wie ihre Eltern ihn nannten.
Er klopfte noch einmal, diesmal lauter. Man hörte ihn. Ein kleines, sieben Jahre altes Mädchen öffnete die Tür. Sie war dünn, hatte braune Augen und gleichfarbiges Haar. Es handelte sich um das zweitjüngste der sieben Kinder: „Hallo Fenni, willst du zu Vati? Das ist gerade nicht so gut, weißt du Keta hat einfach heimlich geheiratet und jetzt sind Mutti und Vati sehr böse!“ Also doch, die Gerüchte über die Heirat stimmten, aber deshalb war er nicht hier: „Tut mir leid für deine Eltern. Aber ich bin hier weil ich mit deinem Bruder zum tauchen verabredet bin, würdest du ihn holen, meine Kleine?“ Aufgeregt lief das Mädchen ins Haus zurück. Er hörte durch die angelehnte Tür wie sich die Familie anschrie, dann erschien die Gestalt seines Freundes im Türrahmen.
„Na, Keiner? Ich dachte schon du kämmest nicht mehr“, lachte er und schlug Ich freundschaftlich auf die Schulter.
Zusammen gingen sie zurück zum Hauptteil des Palastes. „Heute Morgen als du bei Gereth warst, kam ein Bote aus Montera zu deinem Vater“, berichtete Mon, als sie den Wehrgang entlang zu Südtor liefen, „er war ziemlich lange bei ihm. Dann wurde mein Vater gerufen. Er hat mir berichtet das die Rebellen sich auf einen neuen Kampf vorbereiten. Der Bote war schon in Nyms und Miuna und hat überall Burschen zusammen getrieben die nach Montera ziehen um sich zum Kampf zu melden. Jetzt braucht er nur noch zwei junge Männer. Darum hat Vater für morgen alle seine Schüler zu sich rufen lassen.“
Dies waren keine guten Neuigkeiten, wenn sich die Rebellen für den Krieg rüsteten, würden sie die freien Städte vielleicht nicht mehr halten können und wenn Klen der Waffenmeister seine Schüler riefen ließ, dann würden zwei von ihnen gehen müssen.
Vielleicht würde sogar sein eigener Sohn gehen müssen, so dachte Ich und betrachtete seinen Freund von der Seite: Obwohl Mon fast zehn Jahre älter war, waren sie von klein auf gute Freunde gewesen. Er hatte helle ehemals dunkelbraune, vom Meersalz und der Sonne gebleichte Haare, braungebrannte Haut und die aufgeweckten grünen Augen der Seeleute. Mon hatte ihm vieles beigebracht, auch das Segeln aber dafür hatte sich Ich nie begeistern können.
Sie verließen den Palast durch das dunkelgrün gestrichene Südtor. Der wachhabende Soldat war kurz eingenickt und stand nun mit rotem Kopf vor den beiden. Ich, dem die Schläfrigkeit des jungen Rekruten bereits bekannt war lächelte ihn an und trat in den Schein der Mittagssonne. Von hier aus hatte er einen wunderbaren Blick über die Stadt und das weite im Sonnenschein glitzernde Meer. Die Sonne stand hoch am Himmel und strahlte mit ihrem Spiegelbild auf der Wasseroberfläche um die Wette.
Es war ein wunderbarer Tag zum Schwimmen, darum setzten die Jungen ihren Weg fort.
An der Kreuzung bogen sie links in die Händlergasse ein, die anderen Straßen führten in die Wohnsiedlungen der einfachen Fischer und Bürger. Links und rechts der Straße drängten sich die Läden aneinander.
Bekannte und auch viele unbekannte Gesichter streiften Ichs Sichtfeld als sie durch die belebten Gasse liefen. Er mochte das geschäftige Treiben, welches um diese Zeit in den Straßen herrschte. Nachdem sie sich an einem fahrenden Weinhändler und einer Horde schwatzender Frauen vorbeigezwängt hatten, gelangten sie zum Meeresbogen.
Der Meeresbogen befand sich zwischen dem Laden eines Spiegelmachers und dem kleinen windschiefen Haus der Kräuterheilerin Jhul. Der Bogen war der Eingang zum Muschelgang, er war durch und durch aus Gold gefertigt und mit Bildern aus Edelsteinen geschmückt, welche Wale, Korallen und andere Meerwesen zeigten. Rechts und links des Bogens waren Wachen postiert die den Freunden mit ihren Speeren den Weg versperrten, denn hinter dem Bogen, im Muschelgang, lebten die reichsten und einflussreichsten Bewohner der Stadt.
Als die Wachen Ich erkannten, gaben sie den Weg frei. Dies war einer der Vorteile die er als Sohn der Herrscher über Aidavan genoss, er konnte sich in der gesamten Stadt frei bewegen und die Abkürzung durch den Muschelgang nehmen, während das einfache Volk den längeren Weg durch die Händlergasse nehmen musste.
Der Muschelgang verdankte seinen Namen den Häusern von denen ein jedes das Aussehen einer Muschel hatte. Die Häuser waren die neben Gedenksäulen die ältesten Bauten in Aidavan und doch strahlten sie noch wie am ersten Tag ihrer Fertigstellung. Die gigantischen Muscheln waren nicht aus Kalkstein gefertigt und mit weißer Farbe bestrichen, sonder bestanden aus einer Mischung von Korallen und Elfenbein und glänzten in hellen Farben.
Mal sah man eine helllila Auster, mal eine rosa Schneckenmuschel. Das größte und prachtvollste jedoch war eine riesige pfirsichfarbene Drachenmuschel, Fenster und Türen gingen Nahtlos in die Oberfläche der Muschel über.
Ich kannte dieses Haus gut, oft hatte er im Innern mit seiner Freundin Evala gespielt sie lebte mit ihrem Vater Esabla und ihrem älteren Bruder Elaka hier, die beiden hatten Ich reiten und Bogenschießen gelehrt. Wie immer kam er sich auch heute wie ein winziger unbedeutender Krebs tief unten am Meeresboden vor. Er trat auf die Tür zu und klopfte drei mal an, kurz darauf wurde sie von einem Bediensteten geöffnet.
Er bedachte die Jungen mit einem gekünsteltem Lächeln und wandte sich dann direkt an Ich: „Seid gegrüßt, mein Herr, was verschafft uns die Ehre eures Besuches. Meines Wissens nach habt ihr euren Unterricht für diese Woche doch bereits gestern erhalten.“
Ich war den schroffen Ton des Mannes gewöhnt und entgegnete gelassen: „Das siehst du ganz recht. Heute bin ich allerdings hier weil wir mit Madam Evala zum Schwimmen verabredet sind.“
„Es tut mir wirklich außerordentlich Leid aber Madam ist nicht zu Hause. Einen schönen Tag noch!“ Der Mann wollte die Tür schließen doch Ich stellte seinen Fuß in die Diele, so schnell würde er sich nicht abwimmeln lassen: „Oh, ich bin mir sicher das Evala im Haus ist, denn wie bereits gesagt, wusste sie das wir kommen würden. Wärst du jetzt bitte so freundlich sie an die Tür zu rufen?“ Der Mann sah den Jungen durchdringend an, Ich war sich sicher das wenn Blicke töten könnten er auf der Stelle tot umgekippt wäre. Eine Weile starrten wir uns an darauf bedacht das einer von ihnen nachgeben würde, dann wandte der Bedienstete den Blick ab und zog sich ins innere des Hauses zurück.
Ich wusste das er gewonnen hatte als die Tür sich erneut öffnete. Ein junges Mädchen erschien im Türrahmen: Evala. Sie etwa zwei Monate jünger als Ich. Ihr Haar war etwas länger als Schulterlang und Hellblond, fast weiß. Ihre braunen Augen blickten stets freundlich und liebenswert. Zum schwimmen trug sie einen engen, schulterfreien Anzug.
Lächelnd trat sie auf die Straße hinaus: „Guten Morgen.“
„Dir auch einen schönen guten Morgen!“, begrüßte Mon sie, „Können wir dann los?“ Sie nahm einen verschlossenen Korb von der Treppenstufe und schritt los. Ich und Mon folgten ihr in einigem Abstand. Vom Muschelgang aus traten sie geradewegs auf den Marktplatz mit den zwölf marmornen Gedenksäulen. Hier herrschte ein ähnliches Gewusel wie auf der Händlergasse. Männer, Frauen und Kinder boten Waren an oder kauften sie. Die drei Freunde beachteten den Lärm um sie nicht. Ich steuerte auf den Ausgang des Platzes zu: einem großen Tor, ähnlich dem Meeresbogen, allerdings aus weniger wertvollem Granit gefertigt. Las sie das Tor hinter sich gelassen hatten, gelangten sie zum Hafen. Diesen umrundeten Ich und seine Freunde bis sie zu einer hohen Felswand gelangten. Der Seeschlangenkamm. Als Kind hatte Ich hier oft klettern geübt, dabei hatte er den kleinen verborgenen Strand entdeckt, den sie die Palmenbucht genannt hatten. Man konnte ihn von der Stadt aus nicht sehen, da der Seeschlangenkamm bis weit ins Meer ragte. Der Sand war weiß wie der Mond und von riesigen von Palmen gesäumt. Ringsum die Bucht erstreckte sich der Fels. Ich, der ein guter Kletterer war stieg als erster hinauf. Auf einem kleinen Felsvorsprung wartete er auf die anderen und reichte dann Evala die Hand um ihr hinauf zu Helfen.
Wer den Seeschlangenkamm überqueren wollte musste um den Felsen herum klettern, denn da sie Gefahr zu groß war ab zu stürzen oder von den scharfen Kanten aufgeschlitzt zu erden, wagte es keiner den Weg über den Kamm zu nehmen. Aber auch auf dem Weg um den Kamm herum lauerten Gefahren. Leicht konnte man an den, von der Seeluft feuchten Felswänden abrutschen und in den Fluten versinken.
Dieses Problem hatte Ich schon vor langer Zeit gelöst, als er hinter einem verkrüppelten Dornengebüsch, nahe dem Meer die Höhle eines Meerwolfes entdeckte. Die Höhle führte tief in den Berg und so hatte er sich mit einer Spitzhacke zu Gange gemacht und den Tunnel bis zur anderen Seite ausgearbeitet. In der größten, der Kammer, der Schlafkammer des Ungeheuers bewarte er nun seine größten Schätzte auf. Er kletterte weiter an der Felswand entlang bis er das Wasser und sich sehen konnte. Früher hatte ihm die Schwindelerregende Höhe und das dunkle tosende Wasser Angst eingejagt, doch mittlerweile hatte er sich an die Umgebung gewohnt. Versteckt hinter einem hohen Felsen kletterte Ich weiter auf die Höhle zu, dort angekommen schob er das Gestrüpp beiseite. Evala holte eine kleine Lampe aus ihrem Korb und reichte sie ihm. Nachdem er sie entzündet hatte, begab er sich in sich in die Dunkelheit. Auf den Knien rutschend bahnte er sich einen Weg durch die engen Gänge. Wer sich nicht auskannte konnte sich hier leicht verirren, doch Ich kannte sich aus. Vor dem Ausgang hatte er eine große Höhle geschlagen, denn nun kam der schwierigste Teil, der Abstieg. Er löste das Seil das er um die Hüfte trug und wickelte ein Ende um einen Stalaktiten, der vom häufigen Gebrauch glatt wie Speckstein war. Auf dieser Seite des Kamms war die Felswand zu glatt zum hinunter klettern. Also ließ Ich das Seil hinunter und wartete bis seine Freunde hinunter geklettert waren, danach ließ er sich selbst hinunter.
Als seine nackten Füße den weichen Sand berührten, verspürte er das wohlige Kribbeln, das er jedes Mal bekam wenn er wusste, dass er sich im nächsten Moment in die wohlige Umarmung des Wassers begeben würde. Evala war bereits im Wasser als die beiden Jungen sich ihrer Kleidung bis auf die Baumwollunterhosen entledigt hatten.
Ich lief ins Wasser, in kleinen Wellen umspülte es seine Beine. Dann ließ er sich mit einem galanten Sprung ins kühle Nass gleiten. Als er wieder auftauchte, bemerkte er das Evala und Mon sich ein Wettschwimmen zu den aus dem Wasser ragenden Steinen weiter draußen lieferten. Mit einigen schnellen Zügen hatte er sie eingeholt und kraulte dann an ihnen vorbei in Führung. Nach kurzer Zeit war er am Felsen angelangt und stemmte sich hoch. Grinsend hockte er im Schneidersitz auf dem rötlichen Stein als die anderen beiden keuchend am Stein ankamen. „Das zählt nicht, du warst immer schneller als wir “, beschwerte sich Mon. Auch Evala blickte beleidigt zu ihm hinauf. „ Außerdem warst du nicht von Anfang an dabei.“ Ich prustete los. „Ihr hattet ja auch einen Vorsprung!“ Besänftigen konnte ich beide dadurch jedoch nicht. „Ach ja, du bist doch sowieso schneller als wir beide zusammen, ob mit oder ohne Vorsprung!“
Als Ich nicht an sich halten konnte und sich köstlich über die wütenden Gestalten im Wasser amüsierte, wurde es den beiden zu viel. An Händen und Füßen zogen sie ihn zurück ins Wasser wo sie ihn unter Wasser drückten bis er sich prustend aus seiner misslichen Lage befreien konnte. Dann spritze Ich den Zweien Wasser ins Gesicht, worauf hin eine ausgelassene Wasserschlacht entbrannte.
Eine Stunde später saß Ich auf einem der großen Felsen und biss genüsslich in einen Pfirsich den er sich aus Evalas Korb geholt hatte und dann damit zu den Steinen zurück geschwommen war. Nun lauschte er was Mon ihm berichtete. „Vater war total aufgewühlt als er aus dem Palast zurück kam. Er murmelte die ganze Zeit etwas von „dem Ende“ und „wieso zum Teufel nur zwei?“. Dann ist er laut fluchend im Arbeitszimmer verschwunden. Ich bin ihm hinterher und hab ihn danach gefragt. Also hat er mir erzählt das er wegen diesem Boden aus Montera gerufen worden ist. Der arme Bursche sei ganz aufgewühlt und fertig gewesen. Und dann hat er nach Rekruten für die Armee gefragt. Vater sagte er und deine Eltern seien von mindestens zehn Soldaten ausgegangen, der Bote jedoch habe auf lediglich zwei bestanden. Dann soll er um ein Bett für die Nacht gebeten haben, er würde morgen weiterziehen und die beiden besten Kämpfer unter Vaters Schülern auswählen. Ich war ganz schön bestürzt darüber, denn wenn das war ist, stehen wir kurz vor einem Kampf mit den Truppen des Tyrannen. Es heißt das ein neuer Untergebener Zerions die Krieger des Lichts angreift. Einer der stärker ist als alle bisherigen. Aber ich schweife ab. Auf jeden Fall war Vater nicht sehr erfreut das er Zwei seiner Schüler hergeben musste die ihre Lehre noch gar nicht abgeschlossen hatten. Na ja, auf jeden Fall war er schon so ziemlich mies gelaunt und als dann meine Schwester kam und ihm mitteilte das sie und Miul gestern geheiratet hatten wurde er so richtig wütend. Ich war echt froh das du kamst und ich weg konnte.“ Nun gesellte sich auch Evala zu ihnen die zuvor mit den Delfinen gespielt hatte die oft in die Bucht kamen. „Dann stimmen die Gerüchte also?“
„Ja, leider. Es ist ja nicht so das ich etwas gegen Miul habe, aber ich kann einfach nicht verstehen wie er hinter dem Rücken der Stadt so etwas tun konnte. Die Frage jedoch die sich mir aufdrängt ist: Wer hat die beiden getraut ? Immerhin sind nur deine Eltern, Priesterin Ginela und Jhul dazu berechtigt den Bund der Ehe einzuleiten.“ Ich hatte sich diese Frage auch schon gestellt. „Nun, meine Eltern waren es ganz sicher nicht und Priesterin Ginela würde so etwas niemals zu lassen. So wäre dann also nur noch Jhul übrig, diese kann es jedoch auch nicht gewesen sein da ich gestern den ganzen Tag bei ihr war. Bis auf die Stunde gestern als ich bei euch war aber da war deine Schwester …“ Mon unterbrach ihn abrupt: „Aber das heißt sie wurden von keinem, in unserer Stadt rechtmäßig bevollmächtigtem verheiratet und sind somit nach unseren Gesetzten nicht in den Bund der Ehe eingetreten! Das wird meinen Vater freuen. Ich muss es ihm sofort mitteilen. Vorher jedoch, sollten wir diese glückliche Wendung mit einer Wasserschlacht feiern.“ Daraufhin schubste er Ich mit einem lauten Platsch in das kühle Nass. Als er wieder auftauchte hatten sich auch die anderen ins Wasser begeben.
Und da geschah es:
Mon bespritzte ihn mit Wasser, als das Wassermahl auf Ichs Wange fürchterlich zu jucken anfing. Er sah plötzlich alles viel schärfer, jeden einzelnen Wassertropfen der auf ihn zugeschossen kam nahm er deutlich wahr. Um sie abzuwehren riss er den Arm aus dem Wasser und eine Wand aus Wasser erhob sich vor seinen Augen, an welcher die Tropfen abprallten. Erschrocken nahm Ich den Arm wieder hinunter und auch das Wasser senkte sich augenblicklich. An ihrer statt standen nun Mon und Evala und sahen ihn verblüfft an.
Evala fand ihre Sprache zuerst wieder. „Wa… was war das?“ Auch Ich hatte sich langsam von dem anfänglichen Schock erholt. „Ich glaube, ich glaube das war ich.“ Währendsie immer noch überrascht wirkte, war Mon jetzt eher nachdenklich und murmelte unverständlich vor sich hin. „ …Schicksal… die Zeit ist ge… n Zeichen… auserwählt…ich…“ Als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte sagte er: „Hör zu Fen. Du musst sofort nach Hause laufen und deinen Eltern davon erzählen, es ist wirklich wichtig. Hörst du? Es hängt viel davon ab.“ Ich blickte ihn fragend an. „Jetzt mach schon, du musst sofort nach Hause! Los, los!“ Verwirrt und stolpernd rannte Ich zum Strand und zog sein Hemd über. Dann begann er an dem langen Seil hinauf zu klettern.
Auf halber Höhe hielt er inne und sah zu seinen Freunden zurück. Sie standen noch immer knöcheltief im Wasser, Mon redete wild gestikulierend auf Evala ein, welche ihn nur verständnislos an blickte. In diesem Augenblick sah er zu Ich auf. „Guck nicht! Kletter!“
Ich hatte meinen Freund noch nie so aufgewühlt erlebt. Besorgt kroch ich auf allen vieren über den rauen Boden, wodurch ich mir sogleich die Knie aufschürfte. Verwirrt und auch ängstlich kletterte ich den Felsen hinunter. Ich versuchte das soeben Geschehene zu verdauen und gleichzeitig die Unruhe meines Freundes zu verstehen.
Als ich über den belebten Marktplatz rannte starrten mich die Leute entsetzt an, es kam zwar öfters vor das jemand in das stinkende Hafenbecken fiel, aber dem Sohn der Lordschaften durfte so etwas nicht passieren. Vor allem nicht wenn dieser nichts weiter als eine Wollunterhose und ein schmutziges altes Hemd trug.
Die alten Marktfrauen schüttelten missbilligend den Kopf während die Mädchen hinter vorgehaltener Hand kicherten. Mein Kopf nahm immer mehr die Farbe der Feuerfische an. Ich gelangte zu dem Granitbogen und grinste die Wachen verlegen an, die mich abschätzend musterten: „Ähhhhm, ich bin in den äh… Wasser gefallen!“ Mit diesen Worten duckte ich mich unter ihren verschränkten Speeren durch. Froh darüber, dem Auflauf auf dem Handelsplatz entkommen zu sein. Die Stille der Muschelallee hüllte mich ein und gab mir ein Gefühl von Sicherheit. Die Menschen die hier wohnten verließen ihre Häuser nur selten um mit den anderen Beamte des Stadtrates Karten zu spielen, am Handelshafen ihre Schiffe in Empfang zu nehmen oder ihnen die Erlaubnis zum Auslaufen zu geben. So die Gefahr niedrig das einer der hohen Herren mich in diesem Aufzug zu sehen bekam.
Zum einen beruhigte mich die beständige Stille, zum anderen ließ sie mich das so eben Geschehene noch einmal Revue passieren. Ich hatte das Wasser allein durch meinen Willen aufsteigen lassen. Dann die Reaktion meines Freundes auf die ungewöhnliche Tat. Wer war ich dadurch geworden? War das Magie? Würde man mich jetzt auch verfolgen und töten wie all die anderen vor mir.
Nach allem was mir Gereth darüber erzählt hatte war ich mir sicher. Früher vor etwa fünfzig Jahren, gab es eine Menge Magier, ganz Advanta wurde von ihnen beherrscht. Sie bezogen ihre Macht aus ihrer Umgebung, aus dem Feuer der Sonne, dem Wasser des Meeres, den Pflanzen den Tieren einfach aus allem. Die geschicktesten unter ihnen wurden Ärzte, die ihre Macht zum Heilen einsetzten, andere tapfere Krieger und Herrscher sie beschützen das Land und ließen es aufblühen. Doch einer von ihnen hatte ein schwarzes Herz, er nutzte seine Macht dazu sich im Stillen eine Armee aufzustellen und die Herrscher zu stürtzen. Seine Schergen verfolgten alle ihrer Rasse und machten sie sich mit Hilfe der finsteren Magie untertan. Doch auch die unzähligen nicht menschlichen Wesen, die irgendwie mit der Magie in Verbindung standen, lies er versklaven oder töten.
In einem hatte Mon recht, nur meine Eltern könnten mir die Wahrheit über meine ungewöhnliche Gabe verraten.
Mittlerweile hatte ich die Muschelallee hinter mir gelassen und war in die Menschenströme der Händlergasse eingetaucht, ich ließ mich einfach treiben, sicher das ich ans Ziel käme. Die Wache am Südtor war wieder eingenickt, leichtfüßig huschte ich an ihm vorbei. Die hohe Mauer die das Schloss von allen Seiten umgab dämmte die Geräusche von außerhalb ab und nur das sanfte Rauschen des Meeres untermalte das Gezwitscher der exotischen Vogelarten die in den Unzähligen Feigen und Olivenbäumen oder auf den Zinnen des etwas außerhalb gelegenen Stalles. Er lief den Kiesweg entlang, zwischen den Bäumen hindurch auf das Tor des Schlosses zu. Die Wachen hier hatten sich ein schattiges Plätzchen unter den Bäumen gesucht und waren der einschläfernden Hitze nicht direkt ausgesetzt. Sie standen vom Boden auf wo sie sich niedergelassen hatten und öffneten ihm das Tor.
Das Schloss war nicht wirklich groß und bestand bloß aus einem mittleren Haupttrakt und zwei Türmen rechts und links. Von der riesigen Eingangshalle aus führte ein Gang nach links in die privaten Räume und einer nach rechts in die öffentlichen. Ich folgte dem linken, in der Hoffnung meine Eltern hier zu finden.
Ich riss eine Tür nach der anderen auf, nach etwa einem halben duzend hatte ich Glück. Meine Mutter saß auf dem großen Eichensessel hinter dem Schreibtisch und unterhielt sich mit einerkleinen untersetzten Frau mit aschgrauem Haar und einem bunten Mantel. Vater stand an einem kleinen Schreibpult neben der Tür. Als ich unangeklopft die Tür aufriss sahen meine Eltern auf und Jhul die Medizinfrau drehte sich erschrocken um.
„Himmel Junge, du kannst doch nicht so einfach hier herein stürmen, hast du denn kein Benehmen!“, tadelte mich meine Mutter; doch ich achtete gar nicht drauf
Tag der Veröffentlichung: 30.06.2011
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