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Zuerst war überall nur Dunkelheit. Undurchdringliche, bedrückende Dunkelheit. Ich irrte umher. Stolperte über irgendetwas, das ich nicht sehen konnte. Ich bekam Angst, und lief schneller. Ich rannte und rannte. Auf einmal war der Boden unter meinen Füßen verschwunden und ich fiel. Kurz wurde alles durch ein weiches Licht erhellt. Den Boden konnte ich nicht sehen. Nur die spitzen Felsspitzen, die zu Dutzenden unter mir aufragten. Ich raste zielsicher auf sie zu. Ich wusste dass ich vermutlich sterben würde. Die Spitzen wurden immer größer. Doch kurz bevor ich aufprallte spürte ich um mich herum einen kühlen Luftzug. Er wurde stärker und dann fiel ich nicht mehr. Ich schwebt kurz über den Spitzen in der Luft. Zittrig holte ich Atem.Dann kam wie die vielen Male zuvor auch, ein kleines, weißes Licht. Ich hörte eine weibliche Stimme meinen Namen flüstern, >>Anna...Anna...Erinnere dich and dein altes Leben...Erinnere dich<<. Immer und immer wieder. Das Licht kam immer näher und die Stimme wurde lauter. Und kurz bevor es mich erreichte, hörte ich ein schrilles kreischen und wurde aus meinem Traum gerissen.

Schwer atmend erwachte ich. Seit einem halben Jahr träumte ich so ziemlich jede Nacht dasselbe. Und vor einem halben Jahr war der Neue in die Schule gekommen. Sein Name war Kiran. Er war eigentlich ein ziemlicher Außenseiter und niemand wusste seinen Nachnahmen, bis auf die Direktorin. Seine Augen wechselten immer wider die Farbe. Mal waren sie schwarz, dann wider dunkelbraun. Kiran hatte blasse Haut, alle dachten dass er wohl aus dem Norden kommen musste, und seine Haare waren dunkelblond. Heute genau vor sechs Monaten stand er plötzlich auf dem Parkplatz der Schule und hatte mich mit einem undurchdringlichem Blick angestarrt. Als ich und meine Freundinnen an ihm vorgbei gingen, hatte er ein höfliches Nicken angedeutet und,>>Guten Tag...Anna.<<, gesagt. Ich hatte ehrlich gesagt nicht weiter drüber nachgedacht, woher er meinen Namen kannte, dafür war ich ein wenig von der Tatsache abgelenkt, dass ein so scharfer Typ wie Kiran mich ansprach. Ich fand nie, dass ich etwas besonderes war. Ich hatte dunkelbraune Haare, die mir in leichten Wellen ar
uf den Rücken fielen, himmelblaue Augen und leicht blasse Haut, aber nicht annähernd so blass wie die von Kiran war. Ich war noch nie besonders groß und wurde von allen immer nur 'das Mädchen ohne Vater' genannt.
Jeden Tag aufs neue beobachtete er mich. Sagte aber nie mehr als 'Guten Tag'. Ab und zu lächelte er mich an, nur um dann auf einmal zu verschwinden. Auch wenn wir noch nie miteinander gesprochen hatten, fühlte ich mich dennoch zu ihm hingezogen. Dann fiel mir auf, dass ich nur diesen seltsamen Traum bekam, wenn ich Kiran in der Schule traf. Er schwänzte nämlich einmal in der Woche Schule und am Wochenende sah ich ihn ja auch nicht. Und an diesen drei Tagen in der Woche hatte ich nie Alpträume.

Für diesen Tag hatte ich mir etwas vorgenommen. Da Samstag war, wollte ich mich auf die Suche nach seinem Haus machen. Es wurde mir gesagt, dass er sogar in meiner Straße wohnt. Nur hatte ich ihn bis jetzt noch nie dort gesehen. Ich bat meine beste Freundin Laila um Hilfe. Ihre Mutter war nämlich die Sekretärin in unserer Schule und dadurch konnte sie, wenn sie ihrer Mutter dafür eine Gegenleistung, wie eine Woch abspülen brachte, Informationen von allen Schülern bekommen. Also machte ich mich, nach einem kurzen Frühstück und nachdem ich mich umgezogen hatte, auf den Weg.
Nun stand ich vor seinem Haus, obwohl ich es eher als Villa des 18. Jahrhunderts beschreiben würde. Denn es wurde tatsächlich 1756 gebaut und gehörte schon immer seiner Familie.
Langsam ging ich die Verandatreppe hoch. Als ich vor der Tür stand hielt ich inne. Dann überwand ich mich und drückte kurz auf die Türklingel.
Nichts passierte. Ich wartete einige Minuten...immer noch nichts. Als ich gerade gehn wollte, öffnete sich die Tür. Dort stand Kiran. Als ich ihn sah, wurde mir etwas bewusst. Ich liebte ihn. Ich liebte ihn aus ganzem Herzen. Auch wenn ich ihn eigentlich nicht kannte.
>>Hallo.<<, murmelte ich ein weinig unsicher.
>>Schön dich zu sehn, Anna. Ich möchte nicht unhöflich wirken, aber was willst du hier?<<, sagte er und klang dabei wie ein Adliger aus längst vergangener Zeit.
>>Darf ich reinkommen?<<, fragte ich ihn, seinem Blick ausweichend.
>>Natührlich. Komm nur herein.<<
Er öffnete die Tür ein wenig weiter und trat dann zur seite.
Drin angekommen schaute ich mich staundend um. Wie groß und edel alles war! Ich folgte ihm ins Wohnzimmer und setzte mich als er es mir anbot.
Lange Zeit saß ich einfach nur da und starrte vor mir auf den Boden, während er mich fragend anschaute.
>>Ich weis warum du hier bist. Du hast Alpträume, nicht wahr? Du willst wissen was los ist und warum es so ist...Nun. Ich werde es dir erzählen.<<, begann er. Mein Kopf schoss nach oben und ich starrte ihn erschrocken an.

>>Es begann vor 255 Jahren. Damals wurde dieses wundervolle Haus erbaut. Ich kann mich genau daran erinnern. Meine Eltern waren kurz bevor der Bau abgeschlossen war ermordet. Das dachte ich damals zumindest. Eine meiner Bediensteten war eine Hexe namens Lysria, und außerdem eine sehr gute Freundin. Sie sagte mir die Ankunft meiner Seelengefährtin voraus. Und dann kamst du. Du hast damals genauso ausgesehen wie jetzt und warst auch genauso. Wunderschön, elegant, sanft, liebevoll, warmherzig...All dass und noch vieles mehr. Dein Vater wollte mit mir Geschäfte machen, er war Jäger. Also seit ihr ein paar Tage geblieben. Es war wie Magie, wenn ich nur in deine Augen sah. Ich bat deinen Vater um deine Hand. Natürlich war er gewillt darauf einzugehen, da ich Reichtümer besaß und er nur das besste für dich wollte. Dann kam der schlimmste Tag meines langen Lebens. Am Tag vor unserer Vermählung kam ein Fremder in die Stadt und bat um eine Unterkunft. Ich gewährte es ihm, da ich in hochstimmung war. Dies war mein größter Fehler. Als ich nach einigen Stunden zu deinem Gemach ging fand ich dich in seinen kalten Armen, während er dir das Leben aussaugte. Du hast geschrien. Ich stieß ihn von dir weg, doch es war zu spät. Du hattest schon zu viel Blut verloren. Du hast mir in die Augen gesehen...ganz ohne Angst vor dem was geschehen würde. Du sagtest mir, dass du eines Tages aus der Unterwelt zu mir zurückkehren würdest, wenn ich nur auf dich warten würde. Ich versprach es. Lysria aber sagte mir, dass es mehrere Jahrhunderte dauern würde, bis du zu mir zurückkehren könntest. Also hatte ich eine Entscheidung zu treffen. Ich ging zu dem Vampir und drohte ihm damit ihn zu pfählen, wenn er mich nicht unsterblich machen würde, damit ich auch hunderte von Jahren auf dich warten konnte. Er tat es. Die Verwandlung war nicht das schlimmste...sondern der Hunger. Aber ich hatte mir geschworen kein Menschenleben zu nehmen, also ernährte ich mich von Tieren. Ich muss aber zugeben, dass ich auch viele Menschen trotz meines Schwurs getötet habe. Der Hunger war viel zu mächtig gewesen. Ich muss seit jeher damit Leben, und glaub mir das ist alles andere als leicht. Aber irgendwann hatte ich mich gut genung unter Kontrolle. Die Jahre vergingen und jeden Tag habe ich dich vermisst. Doch nun habe ich dich wieder gefunden. Die Stimme die du in deinen Träumen hörst, ist die von Lysria. Und das Schrein...das kommt von dir. Hör mir zu. Ich verlange ja gar nicht, dass du mich wieder so liebst wie du es damals getan hast, oder dass du mit einem Vampir zusammen bist. Doch um eines bitte ich dich. Du musst mir glauben, dass ich dich mit meinem Herz und meiner Seele liebe und das habe ich, seit ich dich das erste mal vor 255 Jahren sah.<<, sagte er sanft und sah mich flehend an.

Ich konnte ihn nur mit offenem Mund anstarren. Mein Seelengefährte war ein Vampir verdammt noch mal! Ein Vampir! Und doch fühlte ich mich noch immer zu ihm hingezogen...es hatte sich sogar noch verstärkt. Obwohl ich wusste was er war und ich eigentlich Angst vor ihm haben müsste liebte ich ihn immer noch. Und auch ich wusste was ich jetzt tun musste. Im stillen nahm ich Abschied von allen die ich liebte...meiner Familie, von meinen Freunden.
>>Kiran. Ich liebe dich auch...und ich möchte dass du mich verwandelst.<<, sagte ich sanft und blickte ihm in die jetzt dunkelbraunen Augen.
>>Was?! Du willst dass ich dich verwandle? Dich zu einem Monster mache wie mich? Wiso?<<, fragte er mich entsetzt und doch mit ein wenig Hoffnung in seinen Augen.
>>Ich möchte dass, weil ich dich liebe und dir nie wieder einen so schlimmen Schmerz bereiten will. Und weil ich mit dir zusammen sein will. Für immer.<<, sagte ich bestimmt. Ich stand auf und stellte mich vor ihn hin. Dann beugte ich mich zu ihm hinunter und legte meine Lippen auf seine. Er zog mich an sich und erwiderte meinen Kuss. Nach einer Weile löste ich meine Lippen von seinen und er legte seine Lippen auf meinen Hals.
>>Bist du dir wirklich sicher?<<, fragte er mich unsicher.
>>Ja.<<, sagte ich nur und zog ihn näher an mich. Ein kleiner Schmerz in meinem Hals, dann spürte ich ihn saugen.

Als ich erwachte lag ich auf einem riesigem Bett. Ich sah mich neugierig um. Ich konnte mich noch daran erinnern, wie Kiran mein Blut gesaugte hatte, aber das wars dann auch schon. Ich konnte ihn unten in der Küche hören. Er füllte irgendeine dickflüssige Flüssigkeit in einen anderen Behälter. Als ich mir vorstellte was das wohl sein würde, begann mein Kiefer bestialisch zu schmerzen und ich mein Hals fing Feuer. Ich spürte wie meine Eckzähne länger wurden und gegen meine Unterlippe drückten. DAS musste also der Hunger sein von dem Kiran mir erzählt hatte.
Langsam ging ich aus dem Zimmer und die Treppe hinunter in Richtung Küche. So. Nun würde also mein neues Leben als Vampirin beginnen. Ich hoffte nur, dass ich jeden Tag mit Kiran verbringen würde. Der Rest sollte sich dann schon von selbst ergeben. Jetzt hatte ich erstmal Hunger.

Ende


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Tag der Veröffentlichung: 24.08.2011

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