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Auf nach Namibia - Reise in den Süden

 Buch 1

 

 

 

 

 

Ein großes Projekt steht an: wir wollen Namibia kennenlernen. Günstige Umstände helfen, unser Vorhaben auf den Weg zu bringen. Die erste Etappe führt uns mitten hinein in das Herz des Landes: in die Hauptstadt Windhoek. Windhoek ist quirlig und mutet europäisch an. Modern, gepflegt: die Innenstadt. Auf einem Hochplateau ca. 1600 m über Meereshöhe gelegen, ist Windhoek dank seines trockenen Klimas äußerst angenehm.  Eine liebenswerte Stadt, von Bergrücken malerisch umrahmt und über viele Hügel ausgedehnt. Windhoek ist Ausgangspunkt und Anlaufstelle für alle Aktivitäten in diesem wunderbaren Land Namibia.  

 

Vorwort

„Namibia, wo liegt denn das?“ bekommt man manchmal zu hören. Andere sagen: „Ja, da waren wir, damals mit dem Wohnmobil, vor 20 Jahren“. Oder auch: „Da wollten wir schon lange mal hin“. Wir haben es verwirklicht, haben unser Vorhaben in die Tat umgesetzt. Zunächst sind wir beschäftigt mit den notwendigen Vorbereitungen und freuen uns auf Windhoek. Zu unserem ersten Namibia-Besuch brechen wir auf im Januar. Einige Tage haben wir Zeit, die Hauptstadt Namibias kennen zu lernen. 

 

Windhoek ist der Dreh- und Angelpunkt Namibias. Am International Airport Hosea Kutako geht es beschaulich zu, keine großen Menschenmassen, kaum Hektik, übersichtlich und ruhig im Vergleich zu den Hauptstadtflughäfen anderer Länder. Der Flughafen liegt ca. 40 km im Osten der Stadt. Nach einer knappen Autostunde Fahrtzeit hat man Windhoek erreicht. Die Fahrt geht über weites nahezu unbewohntes Land; am Horizont sind die Bergketten des Khomas Hochlandes zu sehen. Windhoek liegt auf 1650 m über NN. Meinem Empfinden nach herrscht ein sehr angenehmes Klima. In den dortigen Sommermonaten ist es heiß, eine gut verträgliche trockene Hitze. Man taucht ein in die quirlige Hektik und fühlt sich versetzt in eine moderne europäische oder amerikanische Stadt. 

 

Dann beginnt unsere Reise in den Süden. Es geht los zu Dritt - Eltern und Sohn - in dessen Pkw. Die ersten Erfahrungen, was es heißt, in der Wüste unterwegs zu sein, machen wir auf dieser Tour. Ein wenig Unternehmungsgeist gehört schon dazu, sich in den privaten Pkw zu setzen (ohne im Konvoi zu fahren) und die Zivilisation hinter sich zu lassen. Entlang der Wüste, der Kalahari, auf einer zunächst asphaltierten Straße, deren Breite einer durchschnittlichen Landstraße bei uns entspricht. Jeder entgegenkommende oder zu überholende Lkw wird mit einem innerlichen Stoßgebet begleitet. Die Pkw‘s, denen man unterwegs begegnet, sind im allgemeinen verkehrstauglich und - solange man bei Tageslicht unterwegs ist - schon von weitem zu sehen. Obwohl die flirrende Hitze über dem Asphalt wie eine Fata Morgana Visionen hervorrufen kann. Oder man befindet sich im bergigen Gelände und kann buchstäblich nicht sehen, was sich hinter der nächsten Kuppe oder hinter der nächsten Kurve verbirgt. Sieht man einen Wagen auf der Straße oder neben der Strecke stehen, nähert man sich mit der nötigen Vorsicht und Skepsis. Oft genügt ein Handzeichen des Fahrers und man weiß, man kann die Fahrt fortsetzen, Hilfe wird in diesem Fall nicht benötigt.

 

Kaum hat man Windhoek verlassen, bietet sich das Land in seiner grandiosen Weite. Namibia fesselt durch seine unbeschreibliche Vielfalt. Man wird gepackt vom Gefühl der Einsamkeit, gepaart mit der Erkenntnis, wie klein und unbedeutend wir Menschen doch sind. In manchen Gegenden Namibias fühlt man sich, als wäre man Augenzeuge der ersten zu Stein gewordenen Momente nach Entstehung unseres Planeten. 
 

Es hatte uns zahlreiche Nächte Vorarbeit und Planung über das Internet gekostet, die Übernachtungsmöglichkeiten bzw. Lodges auszusuchen und zu kontaktieren. Der Kontakt über Internet ist anzuraten, da manche Adressen nicht mehr aktuell oder außerhalb der Saison möglicherweise geschlossen sind. Von unterwegs unbedingt nochmal Kontakt mit der Pension oder Lodge aufnehmen, um sein Ankunftsdatum zu präzisieren! Landkarten werden gewälzt, wobei wir später erkennen müssen, dass diese nicht unbedingt zuverlässig sind. So geschieht es auf unserer Irrfahrt bei den Uranminen von Trekkopje im Gebiet der Spitzkoppe. Streckenwahl und Etappenlänge sind zu überlegen, vor allem in bezug auf die Notwendigkeit, Treibstoff zu tanken. Essens- und Getränkevorräte sind evtl. aufzustocken, das Eis für die Kühlbox, das dahinschmilzt wie Butter in der Sonne, ist nachzukaufen. Es empfiehlt sich, jeweils nur Tagesetappen anzugehen, um vor Einbruch der Dunkelheit das Ziel erreicht zu haben. Man muß wissen, bei Überlandfahrten fehlt jegliche Beleuchtung. Nichts, außer den Sternen am Firmament oder dem fahlen Schein des Mondes und den Scheinwerfern des eigenen Pkw. Sie sind das einzige Licht, wenn man nachts unterwegs sein sollte, wovon meiner Erfahrung nach dringend abzuraten ist. Dazu kommt die Undefinierbarkeit des Fahrbahnrandes, vor allem, wenn man auf den berühmt-berüchtigten Gravel Roads unterwegs ist. Es kann schon mal vorkommen, dass ein Autofahrer entgegenkommt, der seine Scheinwerfer nicht eingeschaltet hat. Und - nicht zu vergessen und nicht zu unterschätzen - die Tiere in freier Wildbahn.

 

Das erste touristische Highlight ist der Quiver Tree Forest, der Köcherbaumwald. Südlich von Keetmanshoop lernen wir ein neues Fahrgefühl kennen: das Fahren auf der Gravel Road. Wir werden durchgerüttelt und durchgeschüttelt. Wir tun gut daran, uns nur Tagesetappen vorzunehmen. Es ist eine gewisse Eile geboten, um vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen. Im voraus, noch in Windhoek bei unserer Gesamtplanung, haben wir uns per Internet eingemietet und nun von der Strecke aus telefonisch unser Eintreffen im Laufe des Tages angekündigt. In der Farblosigkeit der sandigen Umgebung ist es schwer, das verstaubte Schild auszumachen, das die Abfahrt zur Lodge ankündigt. 

 

 

 

 

Dann geht es weiter zum Fish River Canyon. Mit welch kritischen Situationen man als Allein-Reisende im Pkw konfrontiert werden kann, zeigt sich beim Steckenbleiben im Sandloch; hier können wir uns selbst befreien. Nun drohen neue Hindernisse: unsere geplante Strecke ist unpassierbar: der Naute-Staudamm ist geflutet. Wir fahren ans Meer. In Lüderitz, dem verträumten Kleinod am Atlantik, kämpfen wir an gegen unablässig wehenden Wind, genießen fangfrische Austern am sturmumtobten Strand, und treffen auf Schritt und Tritt auf Spuren deutscher Besiedlung.

 

Als nächstes steht die  im Wüstensand versunkene Geisterstadt des Diamantenrausches Kolmanskop, in alten Büchern auch als „Kolmanskuppe“ bezeichnet, auf unserem Plan. Wir kämpfen uns durch knöcheltiefen Sand, um das Haus des Architekten und andere einst schmucke Gründerzeithäuser zu besichtigen, klettern über knarzende halbverfallene Stiegen in das obere Stockwerk und überblicken von der überdachten Veranda die umliegenden Hausruinen. Dort, wo vor 100 Jahren der Champagner in Strömen floss und Damen in eleganten Abendroben sich mit Ballgeflüster amüsierten, herrscht die Ödnis der Sandwüste. Die Natur hat sich alles zurückgeholt.

Für die nächsten beiden Nächte freuen wir uns auf die Lodge zu Füßen der Petrified Dunes, der Versteinerten Dünen. Dort angekommen, verkündet man uns, aufgrund zahlreicher Gäste einer Busgesellschaft sei keine zweite Übernachtung für uns möglich. Kurzfristig müssen wir uns nach einem anderen Quartier umsehen. Bei einem ausgiebig langen Spaziergang tauchen wir ein in den Zauber der Wüste, genießen ein Farbenmärchen mit dem Ausblick in unendliche Weiten, bevor wir aufbrechen, ein Alternativquartier zu finden. Ein markantes Windrad - man könnte meinen, man sei im Wilden Westen Nordamerikas - kündigt die Nähe einer Gästefarm an.

 

Natürlich wollen wir auch das "absolute Muß" jeder Namibia-Reise, das Sossusvlei, besuchen. Unserem Vorhaben, am gleichen Tag bis zu den Sanddünen zu kommen, wird durch eine üble Panne ein schnelles Ende bereitet. Nach dem Abenteuer der Pannenbewältigung erklettern wir am nächsten Tag eine dieser gewaltigen Dünen, die Dune 45. Dann geht es weiter in nördlicher Richtung. Auf dem Weg zum Atlantik müssen wir uns durch einen Sandsturm kämpfen, keine angenehme Erfahrung für einen Autofahrer.

 

Dann hat uns die Zivilisation wieder: wir sind an der Atlantikküste. Swakopmund heißt unser Ziel, dort, wo sich die Jugend Namibias am Wochenende trifft. Ein hübsch gestaltetes Zentrum mit Restaurants und Boutiquen lädt den verwöhnten Europäer ein, sich dort wohl zu fühlen. Das sehr informative und detailreich ausgestattete Museum bringt Natur, Geschichte und Folklore näher. Die ständig wehende Atlantikbrise läßt es nicht zu heiß werden. Sie bringt den Gleitschirmfliegern an den sanften Dünen der Küste den erforderlichen Wind. Die Sandkulisse der Dune 7 im Hinterland der Küste baut sich gigantisch auf, an deren Flanke Sportler mit Brettern in die Tiefe gleiten können.

 

Unweit der Küste taucht man ein in die außerirdisch anmutende Szenerie der Mondlandschaft; eine Landschaft, in der man glauben könnte, man sei auf einem anderen Planeten. In weitem Bogen geht es in die Landesmitte zu einem der Wahrzeichen Namibias, der Spitzkoppe, wo der Wind skurrile Felsformationen geformt hat. Namibia zeigt sich wieder einmal in erstaunlicher Vielfalt. Bevor wir in die Zivilisation zurückkehren, tauchen wir noch einmal ein in die Wildnis. Wir statten der Gegend des erloschenen Erongo-Kraters einen Besuch ab. Hier haben wir so richtig das Gefühl, in Afrika zu sein. Sand, Felsen, Gestrüpp, unwegsames Gelände. Wir sind allein. Es ist heiß. Die Sonne brennt erbarmungslos vom Himmel. Wie segensreich kann Schatten sein! Wir treffen auf Spuren der Ureinwohner, der San. Sie erbauen Hütten mit einfachsten Mitteln nach altbewährter Tradition. Sie sind Meister des Überlebenskampfes in der Wildnis. Wir besuchen den Park mit den Dino’s Footprints, dies ist die letzte Stationen auf der Rückreise in Richtung Windhoek .

 

Mehr als 3.000 km haben wir hinter uns gebracht auf unserer Reise zu dritt im eigenen Pkw durch den Süden, Pannen in der Wüste gemeistert und viele der Highlights Namibias besucht und bestaunt. Das alles wird aber noch übertroffen durch die Erlebnisse auf einer späteren großen gemeinsamen Familienreise, siehe Buch „Regen“: Auch in der Wüste können die Unwägbarkeiten des Wetters zuschlagen und eine geplante Strecke unpassierbar machen. 

 

Ende Januar brechen wir auf in den Norden des Landes, diesmal mit einer Reisegruppe. Vorher bleiben uns einige Tage Ruhepause, die wir in Windhoek bestens verbringen können. Unser Plan ist, ausgehend von Windhoek, die nördlichen Regionen Namibias zu besuchen. Es soll eine kleine Reisegruppe sein, möglichst mit Kleinbus; mit einem Fahrer, der auch deutsch spricht. Weder eine Campingreise - das ist meinem Mann und mir zu unbequem (dazu sind wir nicht mehr jung genug - ein wenig Komfort soll schon sein), aber auch nicht die Super-Luxusklasse, sondern mit Übernachtungen in Lodges gepflegter Kategorie, gute Mittelklasse etwa. Dies war die Aufgabe, die sich uns stellte, lange bevor wir uns in den Flieger nach Windhoek setzten. Es bedurfte gründlicher Recherche im Internet, um die Idee einer Anschlussreise in den Norden Namibias zu realisieren. Es gelang, wir fanden einen deutschen Reiseanbieter; mit der Bezahlung klappte es reibungslos. Gerade noch rechtzeitig vor unserer Abreise aus München Anfang Januar konnten wir alles abwickeln. Ende Januar soll es mit der Gruppenreise losgehen. Diese Reise führt uns zunächst wiederum zum Sossusvlei. Diesmal haben wir die Gelegenheit, bis in die Tiefe des Dead Vlei vorzudringen. Es geht in weitem Bogen in den Norden zu weiteren Highlights Namibias: Die Sceleton Coast - wer hier Schiffbruch erlitt, war dem Tode geweiht. Wir besuchen die prähistorischen Felszeichnungen bei Twyfelfontain. In einer im felsigen Gelände liegenden Lodge dürfen wir ein üppiges Buffet mit auserlesenen Fleischsorten genießen und uns im malerisch zwischen Felsen gelegenen Pool entspannen. Wir sehen Jahrmillionen altes versteinertes Holz im „Petrified Forest“. Während des Schwimmens in einem an einer Hügelkante angelegten Pool genießen wir einen sensationellen Rundumblick auf die bewaldete Bergkette am Horizont. Es geht weiter zum Kunene, dem Grenzfluß nach Angola, wo uns die Gischt der Wasserfälle umhüllt und wo wir ein kleines Tropenparadies am Flußufer  besuchen. Die Route geht ostwärts durch fruchtbares Weideland. Dies ist die bevölkerungsreichste Region Namibias. Der Reiseleiter führt uns zum Volksstamm der Himba. Wir besuchen ein Freilichtmuseum, wo wir die Flechtarbeiten der Vorratsbehälter, die Stabilität der Zäune und das ausgeklügelte Labyrith des Inneren dieses Dorfes bestaunen können. Die mächtigen Baobab-Bäume bergen in ihrem Inneren Erstaunliches.  Der Weg zurück Richtung Windhoek führt uns zur weltbekannten Etosha-Pfanne und zu einem wunderbaren Ausklang unserer Gruppenreise im Areal einer ehemaligen Missionsstation.

 

Eine Abrundung der Aufenthalte in Namibia bildet Buch 13 „Destination Windhoek", das weitere persönliche Erlebnisse in Windhoek schildert sowie Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung der Hauptstadt Namibias; Episoden, die wir im Laufe der Jahre bei unseren Aufenthalten erlebten. (Anm.: Die Abfolge der Kapitel in Buch 13 entspricht nicht den chronologischen Abläufen.) Das Buch bildet den Abschluß meiner Reiseberichte über Namibia.

 

 

 

 

 

 

 



 

 

Buch1_Namibia's Highlights

Tafelberge säumen den Horizont
 

  

Die "Petrified Dunes" - die "Versteinerten Dünen" 

 

 

Sossusvlei

Wohnen nahe des Fish River Canyon

 

 

 Die unendliche Weite der Namib

 

 Quiver Tree Forest - der Köcherbaumwald

 

 Fish River Canyon

 

 Moon Landscape - Mondlandschaft

 

 

 

Buch1_Vorbereitungen

Die Begeisterung für Afrika wurde in mir geweckt aufgrund einer Zufallsbekanntschaft in München. Es ergab sich, dass zwei Touristinnen Rat suchend in der Innenstadt mit dem Stadtplan hantierten und ich ihnen meine Hilfe anbot. Wir setzten unser angeregtes Gespräch bei einem Glas guten Weißwein fort. Es führte dazu, dass ich einige Wochen später meinen anstehenden runden Geburtstag mit einem Aufenthalt in Kapstadt krönen und die Gastfreundschaft Südafrikas genießen durfte. Somit war in mir die Liebe und Bewunderung für den Süden Afrikas geweckt. Eine meiner beiden Gastgeberinnen schwärmte von Namibia. Mein stiller Traum, das nördliche Nachbarland Südafrikas zu besuchen, sollte sich bald erfüllen. So begann ich mit Vorplanungen.

Meine Güte, an was man nicht alles denken muß! Reisenden, die schon viel in der Welt herumgekommen sind, ist das nichts Neues. Diejenigen, die sich zum ersten Mal auf eine derartige Abenteuer-Reise begeben wollen, möchte ich gerne bitten, sich gesundheitlich gründlich durchchecken zu lassen. Aus eigener leidvoller Erfahrung muß ich folgendes berichten: Trotz Besuches beim Zahnarzt - der nichts Negatives finden konnte - setzten beim etwa 10stündigen Rückflug höllische Zahnschmerzen ein. So schlimm, wie ich sie in meinem Leben noch nie hatte. Ich werfe sämtliche Schmerztabletten, die ich zufällig einstecken hatte, in mich hinein. Zusätzlich noch Tabletten, die mir die freundliche Stewardesse gibt. Dem folgt in München eine langwierige Wurzelbehandlung, sowie die Erkenntnis, beim Zahnarzt nachdrücklich gründlichsten Check auf verborgene Karies einzufordern! Und für zukünftige Flüge sicherheitshalber immer ein starkes Schmerzmittel ins Handgepäck! Für das trocken heiße Wüstengebiet empfehlen sich Trekkingschuhe. Meine sind aus Yak-Leder, nahezu unverwüstlich. Sie umschließen sicher die Knöchel und sind auch bei großer Hitze nicht unangenehm. 

Die jahrelange Erfahrung von Ausflügen und Urlaubsreisen mit unseren Kindern hat bei mir Spuren hinterlassen: Wir reisen nie ohne Proviant. Nur, was soll man mitnehmen? Schokolade oder Schoko-Kekse scheiden wegen der Hitze aus. Eigentlich sind meine Gedanken bereits im Süden, es will sich keine rechte Stimmung zum Backen von Weihnachtsgebäck einstellen. Ich bringe dann doch mein gut sättigendes Früchtebrot zustande, und auch die bewährten Kekse nach dem Rezept von Hildegard von Bingen, nicht zu süß, aber würzig durch Muskat und Galgant; als Wichtigstes: gebacken mit Dinkel. Beides, Früchtebrot und Dinkelkekse, begleiten uns dann auch tatsächlich auf all unseren Reisen durch Namibia, sie bewähren sich bestens.

Das Reisegepäck hat beträchtlichen Umfang angenommen, auf geht‘s zum Münchner Flughafen. Ambitionierte Namibia-Urlauber erkennt man schon von weitem in der Abflughalle: oft tragen sie martialische Westernhüte, sind äußerst sportlich gekleidet, manchmal mit knapp bis ans Knie reichenden Schnürstiefeln. Ihre ausladenden Gepäckstücke lassen vermuten, dass sie der Großwildjagd oder anderen Extremsportarten nachgehen wollen. Wir reihen uns in die Schlange der Safari-Touristen ein. Aufgrund der kalten Temperaturen in München trage ich entsprechend warme Kleidung. Die Quittung dafür erhalte ich später: Beim Gang über die Landebahn am Flughafen in Windhoek schlägt mir die dortige Hitze wie eine Ohrfeige entgegen.

So, nun kann es losgehen ins Land der Extreme, Namibia.

 

 

 

 

Buch1_Die Ankunft



 

Nach gut 10stündigem Flug erreichen wir Windhoek, die Hauptstadt Namibias. (Wir kamen damals noch in den Genuß der direkten Flugverbindung zwischen München und Windhoek; diese wurde leider später eingestellt.)

Ich bin winterlich gekleidet, mit Anorak, bequemen langen Hosen, Bluse, Pulli, Halstuch. Nicht zu vergessen, die verhaßten Stützstrumpfhosen, deren An- und Ausziehen mich immer nahezu einen Herzinfarkt kosten, die aber leider wegen der langen Flugdauer unbedingt getragen werden müssen. Praktischerweise habe ich die Yakstiefel gleich im Flugzeug an, damit sie nicht das Fluggepäck volumenmäßig belasten. Mir ist dies Schuhwerk so wichtig, dass ich einen Verlust - etwa bei nicht ankommendem Gepäck - nicht verkraften würde. Derart warm gekleidet, entsteigen wir der klimatisierten Kühle des Fliegers die steilen Stufen hinab auf das brütend heiße Betonfeld des Internationalen Flughafens von Windhoek. Na, das kann ja heiß werden...


 

Windhoek liegt auf einem Hochplateau des Khomasberglandes, etwa 1600 Meter hoch, umgeben von Bergketten. Ein weiter Blick, ein weites Hochland. Die Stadt ist recht modern, der Verkehr pulsiert. Irritierend für uns Deutsche ist der Linksverkehr, den die Namibier von den Engländern übernommen haben, sehr zum Leidwesen des deutschen Autofahrers. Die Autofahrer dort sind recht spontan, d.h. sie kümmern sich nicht sonderlich um das Einhalten der Richtungsspur. Vor allem Taxifahrer sind dafür berühmt-berüchtigt: wenn sie einen vermeintlichen Fahrgast am Fahrbahnrand erspähen, wechseln sie gerne - für die nachkommenden Fahrzeuge unerwartet und unvermittelt - die Spur. Man braucht einen sehr guten 7.Sinn im Stadtverkehr Windhoek‘s. In der Innenstadt herrscht geschäftiges Treiben und reger Passantenstrom. Man kann sehr gut gekleidete Business-Damen im schicken Outfit beobachten, wie in jeder westlichen europäischen oder amerikanischen Großstadt.





 

Es gibt einige Adressen in Windhoek, die man unbedingt - neben den im Reiseführer benannten Besichtigungspunkten - besuchen sollte. Dazu gehört das Café, dessen Terrasse wunderbar von den riesigen Ästen und dem Blattwerk eines gigantischen Gummibaumes beschattet wird. Oder die Alte Brauerei, in deren historischen Mauern einheimische Frauen ihre selbst angefertigten Waren verkaufen. Im Zuge meiner diversen Aufenthalte in Windhoek werde ich dort noch einige Male einkaufen, sowohl Kleidung als auch Geschenke, alles handgefertigt.  Nach dem Einkauf kann man sich hinterher im Restaurant im Obergeschoß mit den besten Milkshakes Namibias verwöhnen lassen.


 

Die Stadt breitet sich über zahlreiche Hügel aus. Besonders in den Vororten geht es rauf und runter. Bis man sich umsieht, ist man schon wieder hügelabwärts, bevor es, einer Achterbahn ähnlich, drüben gleich wieder steil ansteigt.


 

Die gediegeneren Vororte zeichnen sich dadurch aus, dass sich die Häuser hinter meterhohen, meist stacheldrahtbewehrten und mit Elektrozaun gesicherten Mauern verstecken. Manche Grundstücke gleichen Festungen, mit doppeltem Stacheldraht, meist dem besonders effektiven Nato-Draht, der sich in Endlosrundungen an die Grundstücksmauern oder unterhalb des Elektrozauns anklammert. Nicht unähnlich riesenhaften Luftschlangen, nur eben rasiermesserscharf und stahlgrau.


 

Beim Hund-Gassiführen umgibt einen das wütende Gebell Dutzender von Hundekehlen. Manche Köter gleichen mit ihrem hasserfüllten Gebell dem Angriffsröhren eines Löwen auf Beutefang. Diese Kampfhunde, Rottweiler, Staffordshires und wie sie alle heißen mögen, gebärden sich wie wild hinter den Zäunen, fletschen die Zähne und überspringen sich gegenseitig in ihrem Bemühen, nur ja niemanden zu nahe herankommen zu lassen. Ein besonders aggressives Exemplar, das mit den Vorderbeinen und dem Brustkorb nahezu schon über dem augenscheinlich nicht ausreichend hohen Tor hing, obwohl mannshoch, ist der Grund dafür, dass ich diesen Straßenzug in Zukunft peinlich vermeide, um nicht nochmals in Angst und Gefahr zu geraten.





 

Einige Tage haben wir Zeit, uns klimatisch einzugewöhnen, die Innenstadt zu Fuß zu begehen, etwas Geld auszugeben, bevor wir auf große Reise gehen.

Im Vorfeld haben wir uns reichlich mit Literatur und Landkarten eingedeckt. Die notwendigen Recherchen im Internet zur Wahl der Streckenführung, bezüglich Unterkünften, Tankmöglichkeiten, eventuellen Einkaufsmöglichkeiten für Proviant, dem Straßenverlauf, füllten Wochen vorher unsere Abende zuhause aus. Heftige Regengüsse der vergangenen Tage haben im sonst so trockenen Namibia die Gefahr entstehen lassen, die geplante Routenführung kurzfristig abändern zu müssen. Es ist unbedingt zu beachten, noch vor Anbruch der Dunkelheit am Ziel zu sein. Man ist in der totalen Wildnis, nichts außer dem Funkeln der Sterne hoch oben am Firmament. Dazu die unbefestigten Straßenränder, deren blaß-beige Farbe sich vom Farbton der Rüttelpiste nicht unterscheidet. Wehe aber, wenn man zu sehr an die Randzonen gerät. Da droht man, im unwegsamen Gelände festzufahren. Hinzu kommt noch, dass Fahren mit Licht nicht unbedingt verläßlich von allen Autofahrern eingehalten wird. In Namibia passieren sehr viele gravierende Unfälle, gemessen an der Verkehrsdichte eine unverhältnismäßig hohe Zahl mit tödlichem Ausgang. Und nicht zuletzt die Tiere in freier Wildbahn...

Nach umfassendem Einkauf in den entsprechenden Läden sind wir gut versorgt mit den notwendigen Utensilien, 5-Liter-Karaffen mit Trinkwasser, 2 Ersatzkanistern für Benzin, Spaten zum Freischaufeln festsitzender Räder, Wagenheber, Ersatzreifen, in etwa haben wir nun alles für eventuelle Pannen. Zum Essen, wie bereits erwähnt, das altbewährte Früchtebrot und die gehaltvollen Kekse, dazu als Besonderheit das landesübliche Biltong, eine namibische Spezialität: Fleischstücke, gewürzt, getrocknet, erhältlich als Würstchen, oder als lose Stückchen. Auf stundenlanger Autofahrt eine willkommene und zudem gutschmeckende Beschäftigung des Kauens. Noch dazu mit dem unschlagbaren Vorteil gegenüber dem Kaugummi: Man kann es hinunterschlucken, es sättigt und verliert auch nicht den Geschmack. Natürlich mit im Gepäck: Rotwein für meinen Mann, mein neu entdeckter Favorit Weißwein für mich, einige Träger und Sixpacks Bier, Pumpernickel, der auch getrocknet gut schmeckt und die Kauwerkzeuge einige Zeit sinnvoll beschäftigt. Nicht zu vergessen: wüstentaugliche Safarikleidung aus Baumwolle oder Leinen, - auf Schönheit kommt es auf stundenlangen Autofahrten durch die Wüste nicht an -, Sonnenbrille, Fernglas, und sehr wichtig: unsere Digitalkameras. Nachdem ich in puncto Digitalkamera ein absoluter Neuling bin, ist die abgediente Vorgängerkamera meines Mannes "für die paar Fotos, die ich vielleicht aufnehme", gut genug. Nie hätte ich gedacht, dass es Hunderte von Aufnahmen werden würden...

Derartig gut bestückt kann es nun endlich losgehen auf die große Fahrt Richtung Süden.

 

Buch1_Windhoek - erste Eindrücke

Linksverkehr

Für mich ist es eine komplette Umstellung: der Linksverkehr. Spätestens bei Anmietung eines Leihwagens wird man damit konfrontiert. Jüngere Fahrer (ich denke hier besonders an unseren Sohn) sind genug flexibel, um sich nach einigen Trainingsrunden in ruhigen Vorortstraßen auf das andere Lenksystem umzustellen. Trotzdem - so habe ich es mir sagen lassen - kann es vor allem im Kreisverkehr passieren, dass man extra Runden dreht, bis man sich orientiert hat, um am besten wieder aus dem Kreisel heraus zu kommen. An Kreuzungen hat derjenige Fahrer das Recht loszufahren, der als erster dort eingetroffen ist. Ich muss zugeben, mir ist es nicht gelungen, die Breite des eigenen Wagens, den Abstand zu den parkenden Fahrzeugen oder zum Straßenrand im Falle von Gegenverkehr zu meistern: ich habe meine diesbezüglichen Fahraktivitäten eingestellt. Mein Mann hingegen als versierter Vielfahrer meisterte das Problem; bei einem späteren Aufenthalt in Namibia kutschierte er uns im Mietwagen quer durchs Land bis an die Küste und in weitem Bogen wieder zurück. Die Hauptverkehrsstraßen in Windhoek sind mehrspurig und gut ausgebaut. Der Verkehr tobt zur Rush-Hour ähnlich hektisch wie bei uns in Europa. Ein Stadtplan von Windhoek ist sehr empfehlenswert: Die Stadt breitet sich über viele Hügel aus und erschließt sich einem zunächst nicht sehr übersichtlich.

 

Unterwegs

Das Überlandfahren stellt ein Problem dar. Die Überlandverbindungen sind durchgehend asphaltiert, aber nur einspurig in jede Richtung. Nur wenn man Windhoek nach Norden Richtung Okahandja verläßt, ist ein Streckenteil mehrspurig. Bei Gegenverkehr oder beim Überholen würde man eine breitere Fahrbahn begrüßen. Die Trucks donnern heran mit dem Recht des Stärkeren. Ich sandte innerlich jedesmal ein Stoßgebet zum Himmel und hatte hierzu recht oft die Gelegenheit... Nicht nur die Brummis der Landstraße sind eine Gefahr, oft auch die Pkw-Fahrer, die sich waghalsige Überholmanöver leisten, das eigene Fahrkönnen überschätzen und die Geschwindigkeit des anderen Verkehrsteilnehmers, den es zu überholen gilt oder der entgegenkommt, unterschätzen. Die Polizeiberichte sprechen Bände. Die Zahl schwerer bis tödlicher Verkehrsunfälle ist sehr hoch. Vor allem in der Urlaubszeit, wenn ein Großteil der Bevölkerung zur Küste unterwegs ist, schnellen die Unfallzahlen in die Höhe. Übrigens: an den Ausfallstraßen der Städte ist Polizei postiert. Es ist ratsam, das Tempo zu drosseln und artig an die Kontrollstation heranzufahren. Wachsame Augen werfen einen Blick auf die Wageninsassen. Uns ist es glücklicherweise nie passiert, den Unmut der Wachhabenden zu erregen.

Immer wieder sieht man die wohl beschaulichste Art der Fortbewegung: die Eselskarren. Stoisch zockeln sie durch dichten Großstadtverkehr, auf der Autopiste hinter schweren Lkw‘s oder fernab auf holprigen Sandstraßen. Das andere Extrem an Verkehrsteilnehmern sind die Kleintransporter: Der Transport von Arbeitskräften findet mit den hier sehr beliebten Pick-ups statt. Deren Ladeflächen sind vollgepackt mit jungen Menschen, durchwegs schwarzer Hautfarbe. So rasen sie über die Straßen, ohne dass man eine sonderliche Absicherung der beförderten Personen erkennen könnte. Die Straßen außerhalb des Stadtzentrums sind mit Stolperschwellen versehen. Dies mindert die Durchfahrgeschwindigkeit erheblich, ansonsten würde man Gefahr laufen, mit der Karosserie aufzusitzen. Ein angenehmer Nebeneffekt: der Verkehrslärm in den Vorortstraßen wird minimiert. Besonders achtsam sollte man sein im Bereich der Straßenabsenkungen auf dem Niveau von ausgetrockneten Flussläufen. Im Falle von Regen können sich diese Mulden innerhalb kurzer Zeit zu gefährlichen Furten entwickeln. Uns ist es so ergangen: Wir wollten zu einer „angesagten“ Nachtbar mit exzellenter Abendküche und dort im Freundeskreis unser Dinner einnehmen. Doch das Wetter machte uns einen gehörigen Strich durch das Vorhaben. Infolge starker Regenfälle waren ganze Bezirke auf dem normalen Wege nicht mehr erreichbar. Nur Ortskundige konnten sich den Weg zum angestrebten Ziel auf weiten Umwegen bahnen. Hochbeinige Allradwagen sind hier nur bedingt einsetzbar, wenn aus normalerweise trockenen Straßenabsenkungen reißende Flussdurchquerungen (und dies in einer Wohngegend) geworden sind. Endlich im Restaurant angekommen, wateten wir im knöcheltiefen Wasser vom Parkplatz bis zum zeltüberspannten Eingangsbereich. Unsere leichten eleganten Sommerschuhe hatten wir ausgezogen und hofften darauf, in der nachtschwarzen Finsternis bei strömendem Regen nicht in Scherben zu treten. Wasserkanister und Eimer waren aufgestellt worden, um die Wassermassen, die der Himmel an diesem Abend ausschüttete, notdürftig aufzufangen. Sogar im Restaurant-Inneren war es feucht. Dank des exzellenten Essens (zu vertretbaren Preisen für reichlich große Fleischportionen) verschmerzten wir die feuchtkalte Umgebung. Was Regen anbelangt, sind Namibianer nicht mit europäischen Maßstäben zu betrachten. In ihrem heißen und trockenen Land, wenn nach monatelanger Dürre die sogenannten Veldfeuer mit ihrem lodernden Flammenmeer oftmals Häuser und Siedlungen bedrohen, ist Regen sehr willkommen und heiß herbeigesehnt. Die Namibianer rechnen mit vielem, nicht aber mit strömenden Regenmassen. Die Seltenheit von Regen verleitet manch Architekten dazu, Häuser in der Senke zu errichten ohne Vorsorge zu treffen vor herunterströmenden Wassermassen. So berichtete es uns ein Hausbesitzer.

 

Öffentliches Verkehrsystem

U-Bahn oder S-Bahn sowie Buslinien (für Weiße) gibt es nicht. Daher bin ich bei meiner Rückkehr in die deutsche Heimat geduldig, was Verspätungen bei unseren öffentlichen Verkehrsmitteln anbetrifft. Bin sogar froh, dass generell gesehen das Verkehrssystem bei uns exzellent ausgestaltet ist und eigentlich jedem ermöglicht, - außer man wohnt weitab draußen auf dem Land - mit Bus oder Bahn ans Ziel zu kommen. Das System der Busverbindungen bleibt der schwarzen Bevölkerungsschicht vorbehalten. Frühmorgens werden die Beschäftigten in Katatura, dem Viertel der Schwarzen, mit Bussen abgeholt und in den Villenvierteln ausgeladen. Nachmittags warten die Arbeitskräfte an den Sammelstellen geduldig darauf, wieder eingesammelt zu werden und können sich untereinander austauschen über das, was sie in den Stunden ihrer Arbeit in den Häusern der wohlhabenden Bevölkerungsschicht erlebten. Eine Bahnverbindung besteht zwischen Windhoek und Swakopmund. Es sind immerhin einige hundert Kilometer bis zur Küste. Uns gelang es nicht, mit diesem Zug zu fahren, wir waren immer mit dem Pkw unterwegs. Auch über die von Nord nach Süd bis nach Südafrika existierende Zugverbindung kann ich keine Aussage treffen. Wir begegneten dem Eisenungetüm aus weiter Ferne, als es sich schwerfällig ratternd und schnaubend seinen Weg durch die Wüste bahnte. Ein malerisches Bild für Eisenbahn-Fans (siehe Buch 3 Fish River Canyon).

 

 

 

Taxis

In der verkehrsreichen Stoßzeit im Zentrum Windhoeks wechseln Taxis urplötzlich die Fahrbahn, - ohne auf den nachkommenden Verkehr zu achten - um einen Fahrgast am Straßenrand aufzunehmen. Manche Taxifahrer werfen Verkehrsregeln über den Haufen und benehmen sich, als wären sie allein auf der Straße. Übrigens sollte man als Tourist vermeiden, ein Taxi heranzuwinken, das man nicht vorher über sein Hotel oder seine Unterkunft vorbestellt hat. Es lässt sich ansonsten die Gefahr nicht ausschließen, das gewünschte Ziel nicht zu erreichen, sondern irgendwo in der Peripherie seines Geld, der Fotoausrüstung und der Papiere beraubt, ausgesetzt zu werden, wenn nicht gar Schlimmeres. Aber das kann auch in anderen Ländern passieren.

 

Service

Service wird großgeschrieben. Überall warten freundliche und bereitwillige Helfer und sind sofort zu Stelle. Sehr angenehm gestaltet sich der Besuch an der Tankstelle. Man muss das Auto überhaupt nicht verlassen. Man wird behandelt wie ein König. Kaum fährt man auf das Gelände einer Tankstelle, weisen die heranspringenden jungen Männer den Autofahrer an die nächste freie Zapfsäule ein. Man kurbelt das Fenster herunter und wird freundlich gefragt, für welchen Betrag man denn tanken möchte. Der Helfer steckt den Tankrüssel in den Tank und achtet genau auf die Tankmenge. Man überreicht ihm den Betrag und kann sichergehen, das Wechselgeld korrekt zurück zu erhalten. Natürlich überläßt man dem Servicemann ein Trinkgeld. Während des Tankens ist ein anderer junger Mann eifrig bemüht, die Windschutzscheibe, sämtliche Seitenfenster, das Rückfenster sowie die Scheinwerferlampen mit Putzmittel und Schwamm zu säubern und blitzblank zu wienern. Auch ihm gibt man gerne Trinkgeld. In der Weihnachtszeit tragen die Helfer der Tankstelle Nikolausmützen, was bei weit über 30°C lustig anmutet. Oft wird man von den jungen Männern gefragt, wo man denn herkomme. Erstaunlich: München und das große Bierfest, das Oktoberfest, ist bis in den entferntesten Winkel Namibias bekannt. Kein Wunder, wird doch von der bekanntesten Brauerei in Windhoek alljährlich das Oktoberfest zelebriert, mit bayrischer Musik - extra eingeflogen aus unseren Landen - und bayrischer Küche, mit Schuhplatteln und Fingerhakeln. Und das Bier wird nach bayrischem Reinheitsgebot gebraut! Es schmeckt erfrischend köstlich, vor allem in den Wüstenregionen nach überstandener Tagesfahrt und hat uns beim Abendessen gerne begleitet. Man bekommt auch keinen dicken Kopf, es trinkt sich leicht und angenehm. Was natürlich nicht ausschließt, mit einem guten Tropfen südafrikanischen Weines die Nachmittagsstunden am Pool in einer schönen Lodge zu genießen. Der Verkauf von Alkohol über die Ladentheke ist ab Samstag Mittag bis Montagmorgen untersagt - ein puritanisches Erbe. Dies sollte man als Selbstversorger wissen.

Bei der Parkplatzsuche auf dem Weg zum Supermarkt oder für den Restaurantbesuch findet sich überall ein Parkplatzwächter, der den Fahrer in die Parklücke einweist. Man drückt ihm beim Verlassen des Wagens etwas Geld in die Hand und kann sichergehen: es wird ihm eine Ehre sein, den Wagen im Auge zu behalten. Das Einkaufen im Supermarkt gestaltet sich ähnlich servicebetont. An jeder Kasse steht ein Helfer, der das Einkaufsgut in Plastiktüten verstaut, es in den Einkaufswagen verfrachtet. Damit nicht genug: Der Helfer karrt den voll beladenen Wagen bis zum Auto und belädt den Kofferraum. Man muss sich nicht selbst damit abplagen. Alles wird einem abgenommen. Mit dem hierdurch verdienten Trinkgeld versorgen die jungen Männer daheim ihre Familien, oftmals das einzige Einkommen für die zahlreiche Verwandtschaft. Übrigens: Unterstellmöglichkeiten im Schatten sind generell nicht vorhanden. Die Sonne brennt unerbittlich auf die Karosserie und heizt das Wageninnere unerträglich auf.

 

 

Essen

Im Stadtzentrum finden sich reichlich Restaurants. Ob beim Portugiesen oder italienisch oder spanisch, ob Fischrestaurant oder, falls auf der Strecke nach langer Autofahrt auch mal ein Drive-in-Service. Pizzaservice ist ebenfalls nicht unbekannt. Die Fleischgerichte sind ein Gedicht, Fleisch generell ist nicht so teuer wie bei uns. Das Land hat reichlich davon in bester Qualität. Edelrestaurants finden sich auf den Hügeln über der Stadt. Zum erlesenen Ambiente und der hochpreisigen Speiseauswahl wird der grandiose Ausblick als Beigabe offeriert.

 

 

 

Die Supermärkte sind gut bestückt, es bietet sich die volle Palette an Lebensmitteln. Gemüse und Salat wird meist aus Südafrika verpackt angeliefert. Hier muss man aufpassen, gute und einwandfreie Ware in der Tüte vorzufinden. Hervorragend ist der grüne Spargel, der zunehmend im Lande selbst angebaut wird und köstlich schmeckt. Dieser grüne Spargel begleitete uns auf unserem Picknick auf unserer Reise im Gebiet des Erongokraters (siehe Buch 7 Erongo).

 

 

Das Fleisch- und Wurstangebot ist reichlich. Die Fleischtheke biegt sich, auch im Kühlregal ist verpacktes Fleisch sehr gut sortiert. Käse ist sehr teuer. Brot, sogar deutsches Vollkornbrot, ist in allen Variationen erhältlich. Manch Fachgeschäft steht in seinem Sortiment und in der Art, wie die Waren angeboten werden, in keinerlei Weise unseren Delikatessenläden nach.

 

Geld abheben

Geldautomaten finden sich überall in der Stadt verteilt. Wenn man Geld abheben will, sollte man darauf achten, welche Personen sich in der Nähe befinden. Man vermeide tunlichst, zuzulassen, dass sich jemand hinter einem in den Raum drängt. Achtsamkeit ist geboten. Auch darauf achten, Geld, Geldtasche und Papiere nicht offen herumzutragen. Am besten, man entfernt sich nach dem Geldabheben so unauffällig wie möglich oder fährt mit dem Auto rasch davon.

 

Shopping

Im Stadtzentrum finden sich edle Boutiquen für Lederwaren, geschmackvoll eingerichtete Läden für das gehobene Wohnambiente, Schuhgeschäfte, natürlich auch Ramschläden voll mit Plastikartikeln für den kleinen Geldbeutel. Besonders empfehlenswert sind die Stoffschals in allen Farben und Farbkombinationen, die an kühlen Abenden die Schultern wie eine Stola wärmen und die sich bestens mit der heimischen Garderobe kombinieren lassen. Diese Baumwollschals kleiden auch (nicht nur modebewußte) junge und junggebliebene Männer! Sie eignen sich sehr gut als Mitbringsel für die Daheimgebliebenen, sind leicht und benötigen wenig Platz im Koffer. Lederartikel sind ebenfalls sehr beliebt, das weiche Kudu-Leder schmiegt sich an die Füße. Rucksäcke oder Handtaschen aus Leder mit hübschem Futter erzählen auch noch nach Jahren, wo man im Urlaub weilte. Straußenledergürtel sind elegant und zweckmäßig und überdauern Plastikgürtel an Haltbarkeit bei weitem. Kleiderläden mit bis an die Decke gestapelten Textilien, praktische Safarikleidung oder elegante Hängekleider mit afrikanischen Motiven finden sich überall. Nur zu gerne hätte ich eine hochbeinige Giraffe erstanden für unsere Tochter. Diese Giraffe würde gut in ihrer Wohnung Platz finden, da sie elegant und schlank auch in die schmalste Ecke passt. Dieses Vorhaben scheiterte jedoch immer an meinem eigenen Gepäck und dem Umstand, beim Nachhauseflug mit Transit auf jeglichen zusätzlichen Ballast verzichten zu müssen. Ich bin jedesmal total fix und fertig, bis ich mit meinem Handgepäck-Rollkoffer sowie einer Zusatztasche vollgestopft mit Fotoausrüstung und Laptop glücklich und ohne Gepäckverlust wieder zuhause eingetroffen bin. Besonders gut ist man beraten, den Gebäudekomplex einer ehemaligen Brauerei zum Shoppen aufzusuchen. Auf mehreren Etagen verteilen sich die Verkaufsflächen der Dorfkooperativen. Von Läden im Sinne von abgegrenzten Shops kann man nicht sprechen. Die großen Innenräume sind ohne gemauerte Trennwände. Es reiht sich Ladentisch an Ladentisch, allenfalls durch mobile Stellwände - in Erweiterung der Warenpräsentationsmöglichkeit - abgetrennt. So haben die Anwesenden den Überblick, was sich am Nachbartisch oder in der Verkaufsecke gegenüber tut. Man hat das Gefühl, die Frauen sind nicht Konkurrentinnen sondern helfen einander. Hier wird authentische Ware, von Einheimischen gefertigt, angeboten. Es finden sich die allseits bekannten Bastschalen oder Schnitzereien, Heimtextilien und Nützliches für Heim und Küche. Schmuck, Handtaschen, alles, was das Kaufvergnügen braucht (siehe Buch 9 Felsgravuren und das Paradies am Kunene). Die Frauen sind äußerst hilfsbereit und haben Freude an ihrer Arbeit. Da wird sofort zu Nadel und Faden gegriffen, wenn man z.B. an einer Umhängekette einen Verschluß angebracht haben will. Am besten ist Zahlung per cash. Mit Kreditkarten kommt man hier nicht weit, da die Verkäuferinnen nicht über derartiges elektronisches Equipment verfügen. Mein Fundus an praktischen, nützlichen Gegenständen und kleidsamer Garderobe und Accessoirs, die ich im Laufe der Zeit erstanden habe, ist beträchtlich. Soll ich aus dem Nähkästchen plaudern? Hier eine Auswahl: Mir hatte immer schon vorgeschwebt, ein Kleidungsstück, das unverkennbar Afrika repräsentiert, für heiße Sommertage zu besitzen. Bei meinem ersten Aufenthalt in Windhoek erstand ich ein Oberteil, Grundfarbe gelb, mit schlanken tanzenden Figuren vor dem Hintergrund des Abenduntergangs. Dazu passend eine Halskette aus Holz in braun und gelb. Die Kette war teurer als das Kleidungsstück. Da ich klein bin und die Zuschnitte der Kleidung auf afrikanische Größen angepasst sind, kann ich dieses Oberteil gut und gerne als 3/4 Kleid in Kombination mit einer flotten engen sandfarbenen Jeans tragen. In München musste ich dieses Oberteil mit Hilfe des Schneiders an den Seiten abnähen lassen, da es mir doch zu weit vom Körper abstand. Nun passt es ganz gut. So trug ich es vor einigen Jahren an einem heißen Sommertag zum Afrikafestival auf dem Areal der Theresienwiese, erntete bewundernde Blicke der afrikanischen Aussteller und entsprechende Kommentare. Wahrscheinlich hatte ich bei ihnen nostalgische Gefühle geweckt (meine Schönheit kann es nicht gewesen sein, dazu bin ich zu alt....). Ein Jahr später erstand ich im gleichen Geschäft ein Oberteil, diesmal in blauer Farbgebung, tragbar zu hellblauen Jeans. Auch hier wiederum eine Kette aus bemaltem Holz mit Steinen und Glas, farblich blau passend. Mein Sortiment an Tischtüchern erweiterte ich um attraktive Sets mit afrikanisch warmen Erdfarben und geometrischen Mustern sowie passender großer Tischdecke. Bei einem späteren Aufenthalt in Windhoek stöberte ich wieder im mir inzwischen bestens bekannten Gebäudekomplex. Eine Kette war als besonderer Blickfang ausgestellt, wohl auch wegen des gehobenen Preises in einer Glasvitrine. Immer wieder ging ich daran vorbei und fragte mich und meinen Geldbeutel, ob ich mir dieses Stück leisten könne. In Vorgriff auf meinen Geburtstag leistete ich sie mir dann, diese besondere Kette mit Halbedelsteinen, dunkelbraun/schwarz/bernsteinfarben, sehr attraktiv zu dunklen Pullis. Und dann eine Handvoll langer Umhängeketten, passend zu unifarbenen Pullis. Meine Sommergarderobe ergänzte ich durch eine passende Stofftasche, die durch raffinierte Verschlusstechnik wie ein quadratischer Beutel wirkt und erstaunlich viel Volumen bietet. Zugegeben: ich habe ein Faible für die warmen afrikanischen Farben und Muster und bewundere den Einfallsreichtum der Hersteller. An all diesen Sachen freue mich auch noch nach vielen Jahren. Wie oben erwähnt, erwarb ich bei jedem Aufenthalt mindestens einen Baumwollschal in warmen Farben mit verschiedenfarbenen Längsstreifen, auch in der Grundfarbe rot. Modebewusste Damen werden mir zustimmen: die Farbe Rot ist etwas heikel; schon eine kleine Nuance der Farbabweichung tut dem Auge weh. Das weiche Rot dieses Tuches läßt sich erstaunlicherweise sehr gut zu meinem roten Mantel tragen. In einem Anfall von Überschätzung des heimischen milden Abendklimas kaufte ich mir ein bodenlanges Kleid, schwarz, mit attraktiver Wildkatzen-Applikation. Leider hat es bisher noch nicht geklappt, diesen eleganten Abend-Dress an einem lauschig milden Sommerabend überzuwerfen. Ich warte noch darauf... Mein bisher letztes Souvenir ist ganz anderer Natur: eine Holzschale, mit einem Zebra. Dieses Zebra beugt sich anmutig über den Rand der Schale, als würde es aus einem Brunnen trinken. Zugleich dient dieses Zebra als Griff. Diese Schale ist ein Andenken meiner lieben namibianischen Freundin in Windhoek, die ich von dieser Stelle aus besonders grüßen möchte.

 

Buch2_Cover

Im Köcherbaumwald

Auf nach Namibia / Reise in den Süden

Buch 2 

 

 

 

 

Bestückt mit den notwendigen Utensilien: einigen 5-Liter-Karaffen Trinkwasser, 2 großen Ersatzkanistern Benzin, Spaten zum Freischaufeln festsitzender Räder, Wagenheber, Ersatzreifen, Biltong (namibische Spezialität: Fleisch getrocknet, gewürzt, als lose Stücke oder als Würste), Pumpernickel, Selbstgebackenem: Früchtebrot und Dinkelkekse, Safarikleidung und Trekkingschuhe, Kartenmaterial, Kameras, Fernglas und Taschenlampen, einigen Six-Packs Bier, Rot- und Weißwein, brechen wir in Windhoek auf Richtung Süden.

Buch2_Von Windhoek aus führt uns die B1 in den Süden - entlang der Kalahari

Wir verlassen die quirlige Hektik Windhoeks und schlagen die südliche Richtung ein. 

 

Die Route führt uns fast schnurgerade über Rehoboth, dann Mariental, bis wir nach fast 500 km unser erstes Übernachtungsziel erreichen, Keetmanshoop.

 

 

 

Buch2_Der Weg in den Süden

 

Eine geteerte Autostraße, die B1, ähnlich einer einspurigen Schnellstraße bei uns, führt in den Süden, über Rehoboth, Mariental, immer entlang der Kalahari. Diese Wüste erstreckt sich über Hunderte von Kilometern nach Osten, bis über Botswana hinaus. Man durchquert eine unermessliche Weite. Ganz in der Ferne, irgendwo am Horizont, erblickt man Bergketten, oder wie Spitzkegel aufragende einzelne Berge. Zwischendurch verliert sich der Horizont in der Unendlichkeit des Nichts. Man sieht keinerlei menschliche Behausungen, keine Farm, keine Hütte, kein Dorf, keine Stadt, nichts, was auf Besiedlung hinweist. Ganz anders als bei uns, wo der Blick spätestens nach ein paar Kilometern Häuser, Dörfer, Kirchen, Städte, sprich: Anzeichen von Ansiedlungen, erspäht, oft ein Siedlungskonglomerat. Hier ist das große Nichts. Man fühlt sich allein auf diesem Planeten. 

 

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Ursula Irma Scholz
Bildmaterialien: Ursula Irma Scholz
Cover: Ursula Irma Scholz
Tag der Veröffentlichung: 28.12.2018
ISBN: 978-3-7438-9187-6

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch - alle meine Reiseberichte - widme ich meiner Familie, die für mich das Wichtigste in meinem Leben bedeutet. Möge die Harmonie, die auf unseren Reisen in Namibia zwischen uns herrschte, uns auf unserem künftigen Lebensweg weiter begleiten.

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