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Diese Welt ist in den Händen einer wahnsinnigen Gottheit. Das mag ketzerisch klingen und ist es gewiss auch, aber inzwischen sind die Hinweise, welche der Zarakzan-Bund zusammengetragen hat, erdrückend. Natürlich haben viele schon von Anfang an den Eindruck gehabt, etwas würde grundlegend nicht stimmen, aber erst seit der Bund die Indizien und Vorfälle aus allen Teilen des Landes akribisch dokumentiert hat, scheint sich ein Bild abzuzeichnen, das noch erschreckender ist als ein Einzelner es je geahnt hätte.

Ich scheine eine gewisse Rolle in den Abläufen zu spielen, und daher dürfte es nun an mir liegen, mich in besonderem Maße einzubringen, um nicht nur mehr Licht in die Sache zu bringen, sondern um das Problem im besten Fall sogar zu lösen. Daher ...

Aber ich greife voraus und sollte mich zunächst einmal vorstellen, damit meine Notizen, die ich von den Ereignissen machen werde, später besser eingeordnet werden können.

Mein Name ist Zelenya. Ich bin die dritte Tochter der Slaktoth-Linie, die durch Iverrim Slaktoth den Unbeirrbaren begründet wurde. Meine älteren Schwestern sind bereits verstorben; Berenai starb im Kampf gegen ein Yorrhanmonster, als sie einen unserer Schattenjäger schützen wollte, und Mirca wurde beim Sammeln von Pilzen von einem Schleuderstachel eines Giriathbusches getroffen.

Wir sterben alle am Tag. Das ist einer der großen Hinweise, auf den schon der Philosoph Iolamandras aufmerksam gemacht hat, damals im Zeitalter der Orientierung. Nun ist das Zeitalter des Erwachens. In alten Zeiten hat man mit „Tag“ den Zeitraum bezeichnet, an dem die Sonne am Himmel stand, und mit „Nacht“ eben die Zeit, in welcher das nicht so war. Doch schon im letzten Zeitalter begann man – heimlich natürlich - eine andere Unterscheidung: die zwei Drittel des Tages, in welchen jene Gottheit uns lenkt, und das verborgene Drittel, in welchem wir frei sind. Dies ist die neue Nacht, unabhängig vom Sonnenstand. Und wie alles, was mit den Seltsamkeiten zu tun hat, denen wir unterworfen sind, dürfen wir nicht am Tag darüber reden.

Ja, es ist eine seltsame Welt, aber es hat gedauert zu bemerken, dass dies so ist. Früher hat niemand in Frage gestellt, dass die Monster so zahlreich, die meisten Pflanzen giftig sind und die Tierwelt so tödlich ist - während das Wetter ein Chaos ist, das keinen vernünftigen Zusammenhängen folgt. Man hat es einfach hingenommen. Aber als zunehmend beobachtet wurde, dass sich Menschen am Tage anders verhielten als in der Nacht, kamen einige – wenige zuerst – auf den Gedanken, es könne eine Macht geben, die voll Missgunst und Willkür in unser aller Leben eingreift und es verdreht; wir wissen nicht warum.

Bis jetzt. Hier sind meine Aufzeichnungen.

Der Obmann des Bundes hatte mich in die Ruine von Achraglaur bestellt, einem der vielen Schlupflöcher der Nachtkrieger. Verschwiegenheit war das oberste Gebot, vor allem dem Mann gegenüber, der am Tag mein Gemahl war: Kors. Ich verabscheute seine dominante und affektierte Art, sein herablassendes Verhalten und sein selbstgefälliges Grinsen. Aber ich war nicht imstande, ihn zu verlassen. Mehrfach war ich nachts weggelaufen, bis zur Erschöpfung von mir oder meinem Pferd – je nachdem, ob ich zu Fuß war oder mich in die Stallungen hatte schleichen können. Aber sobald es Tag wurde, war ich umgekehrt, um wieder an seiner Seite zu sein, als sei nie etwas geschehen. Also waren wir zusammen. Nicht dass ich einen Grund dafür gehabt hätte. Sicher, er war groß, muskulös, dunkelhaarig und hatte einen Dreitagebart – so wie fast alle anderen Männer von Crestalon. Aber ausgerechnet sein Bruder Damion, der einzige Mensch, der noch arroganter war als er, hatte blonde lange Haare und keinen Bart, dafür die dunkelste Stimme, die ich je gehört hatte. Sie sahen sich nicht einmal ähnlich. Es ergab für mich keinen Sinn.

Aber das waren nur unbedeutende Randaspekte. Weit wichtiger war, dass Crestalon immer weiter verfiel, ein von Monstern durchzogenes Gebiet zwischen unüberwindlichen Bergen, in welchem alle Siedlungen schon längst auf ein Minimum reduziert waren: Ruinen und zunehmender Urwald machten inzwischen das Bild aus. Mein eigener Wohnsitz musste einst eine stattliche Burg gewesen sein, jetzt hausten wir in den drei verbliebenen Räumlichkeiten, die noch alle Wände hatten. Der Himmel wurde in unregelmäßigen Abständen von den Schwingenmonstern überzogen, die alles angriffen, was sich bewegte. Es gab niemanden in der Bevölkerung, der nicht mehrere Waffen beherrschte, vom Winkeldolch bis zur Blutlanze – aber die meiste Arbeit hatten die Arkanisten. Ihre Kraft schuf immer wieder Bereiche des Schutzes, wo weder Mauer noch Dach vorhanden waren. Sie heilten jene, welche von den Monstern zu übel zugerichtet waren, als dass die normalen Heiler noch etwas tun konnten, vor allem auch bei den Giften. Doch unsere Bevölkerung schrumpfte immer mehr. Ein paarmal war es mir gelungen, zusammen mit anderen Einzelne zu retten, die sich in der Wildnis verlaufen hatten, und letztes Jahr durchkreuzte ich eine Intrige meines sinistren Schwagers, der einen Pakt mit den Mächten der Unterwelt geschlossen hatte, nur um letztlich den Platz meines Mannes einnehmen zu können. Das alles waren jedoch nur geringe Siege; eine echte Verbesserung schien nicht in Sicht.

Daher war meine Hoffnung gering, als ich in Achraglaur eintraf. Auf dem Weg hatte ich die üblichen Todesvögel und Schwarzschlangen abwehren müssen, welche in dieser Gegend heimisch waren. Daher war ich recht erschöpft und die Panzerung meines Mantels war zur Hälfte unbrauchbar geworden. Ich warf ihn über einen Haken in der wohl ehemals prächtigen Eingangshalle und verbeugte mich vor den Arkanisten, die auf mich zutraten.

Padegan, der Obmann der Gruppe, vergewisserte sich zunächst, dass die schweren Tore hinter mir gut gesichert waren, bevor er sich mir zuwandte.

„Es ist gut, dass Ihr unversehrt hier eingetroffen seid, Zelenya. Nun können wir den letzten Schritt wagen. Kommt mit.“

Es ging mehrere Treppen nach unten, in die Tiefen der Katakomben, Schutzräume und Labore. In einem weitgehend leeren Raum, dessen Mitte von einer Art Steinkreis geprägt war, hielt er inne.

„Wir müssen schnell handeln, denn die Nacht ist schon bald vorbei“, meinte er, „daher werde ich mich nicht mit der Vorstellung meiner Kollegen oder den Details der Vorbereitungen aufhalten, sondern Euch nur das berichten, was Ihr unbedingt wissen müsst.“

Einige der anderen blickten ihn darauf etwas missmutig an. Anscheinend hatten sie lange Zeit an der Sache mitgewirkt – immerhin hatte ich die ersten Gerüchte schon vor Jahren vernommen – und nun sollten sie nicht einmal eine Randerwähnung ihrer Tat erhalten. Doch Padegan fuhr sogleich fort:

„Unsere langjährigen Forschungen haben ergeben, dass die Macht, die hinter all den Merkwürdigkeiten unserer Welt steckt, tatsächlich existiert. Zan-Lo hat den Namen der Gottheit als Irazaeth … oder so ähnlich … bestimmen können, hauptsächlich basierend auf den Eindrücken unserer Seher und Traumexperten.  Irazaeth lenkt uns alle – zumindest am Tage – und Ihr, Zelenya, seid eine jener Personen, die in seinem ständigen Augenmerk stehen; vielleicht sogar die zentrale Figur.“

Einer der Kuttenträger hüstelte, und ein wenig widerstrebend erteilte Padegan ihm das Wort.

„Mein Name ist Zan-Lo, und der Fokus, der meiner Meinung nach auf Euch liegt, erklärt wohl einige Eurer… Vorzüge. Eure Wunden heilen schneller als bei anderen Leuten; Ihr seht nahezu immer frisch und ansehnlich aus, selbst in den Sümpfen der Verzweiflung…“

Ich erinnerte mich an den Marsch durch die Sümpfe. Es war hart gewesen, wir hatten zahlreiche Kämpfer an die Sumpfbestien und die Baumtentakel verloren. Da war mir zum ersten Mal aufgefallen, dass meine Haare nicht wie bei den anderen voller Schlamm am Kopf klebten, sondern immer noch sauber waren und in weichen Wellen auf die Schultern fielen. Ich hatte es einfach für Glück gehalten, nicht ausgerutscht zu sein, aber als wir nach Tagen am alten Fort ankamen, hatte ich ein paar Schlammspritzer auf der Rüstung – doch die anderen sahen so aus, als seien die Schlammbestien mehrfach über sie hinweg getrampelt.

„...und selbst unter größten Entbehrungen oder gar unter der Folter ändert sich Eure Figur nicht. Und von Eurem Aussehen brauche ich gar nicht erst anfangen.“

„Ich habe durchaus Narben“, widersprach ich ihm. Die Peitsche des verräterischen Echsenoberhauptes, welche mir den Rücken aufgerissen hatte, tauchte in meiner Erinnerung auf.

„Ihr hattet die gleichen Wunden, an denen drei andere von den Schattenjägern bereits gestorben waren“, präzisierte er, „doch Ihr habt nicht nur widerstanden, sondern sie dem Echsenmann entrissen, ihn damit erwürgt, und dann habt Ihr die restlichen Gefangenen aus dem Kerker befreit und durch die Sümpfe zu uns zurückgeführt. Das war unglaublich heldenhaft, aber vor allem war es unglaublich. Ihr vermögt so etwas, weil Irazaeth seine schützende Hand über Euch hält.“

„Ich glaube, Ihr habt es auf den Punkt gebracht, Zan-Lo, doch jetzt geht es um die Zukunft“, warf Padegan ein. „Zelenya, während Ihr da draußen für die Sicherheit der Bevölkerung gekämpft habt, haben wir hier die Forschung vorangetrieben, und endlich ist der Durchbruch gelungen. Wir haben, um es knapp und klar zu sagen, so viel arkanistische Macht wie möglich in einem Kristall gesammelt und ein Ritual entworfen, das Euch zu Irazaeth bringen wird.“

„In die Sphäre der Götter?“

Er nickte. „Es ist alles vorbereitet. Wenn unsere Berechnungen stimmen, werdet Ihr dort bis zu einer Stunde verweilen können und ziemlich … also jedenfalls weitgehend begreifen können, was dort geschieht. Dafür nutzt der Kristall die Bindung zwischen Euch und Irazaeth. Durch diese Bindung seid Ihr auch die einzige Person, mit welcher die Reise überhaupt funktionieren würde. Danach werdet Ihr hierher zurückgeworfen.“

„Und was soll ich dort tun?“ fragte ich verblüfft.

„Ihr sollt ihn um unsere Freiheit bitten. Oder eine Erklärung. Irgendetwas, das die Lage für uns besser macht. Zumindest Euer Schicksal scheint ihm ja nicht gleichgültig zu sein.“

Hinter ihm entzündeten seine Kollegen schon die Ritualkerzen, prüften die verwinkelten Symbole, die mit Kreide auf die Pfeiler des Steinkreises gezeichnet waren, und stellten sich in Position.

Ich verbeugte mich nur, zu überwältigt, um etwas zu diesem gewaltigen Ansinnen zu sagen. Wie sollte ich mit einer Gottheit sprechen? Würde mich der bloße Glanz der himmlischen Sphären nicht blenden? Und was sollte ich zu einem allmächtigen, allwissenden und ewigen Wesen sagen, das nicht primitiv und töricht klang? Was hatte eine Sumpfmücke schon einem Philosophen zu sagen?

Padegan bedeutete mir, mich in die Mitte des Kreises zu stellen. Ich betrat den Ort mit einem mulmigen Gefühl. Dabei hatte ich weniger Zweifel an der Idee, mich auf eine andere Ebene zu transportieren, als an mir selbst. Ich würde der Quelle all unseres Unheils gegenüberstehen, dem Vater des Elends, der Mutter aller Monster, dem perfiden Geist, der uns alle am Tag kontrollierte, vielleicht als Teil eines krankhaften Spiels mit anderen Göttern, vielleicht nur aus Wahnsinn oder Herrschsucht. Meine Hände zitterten; mehr noch, als mir Padegan einen glimmenden Kristall von der Größe eines Hühnereis in die Hand drückte.

„Verliere ihn nicht“, schärfte er mir ein, „sonst bist du in der Ebene der Götter verloren, verstehst nichts und kannst nicht zurück.“

Ich schloss meine Finger fest um Kristall, als die Arkanisten in ihren Gesang einstimmten. Ich kannte mich nur wenig mit deren Arbeit aus, aber man hatte mir einst erzählt, dass die Symbolik der Zeichen eine Entsprechung in vokalen Harmonien hatte, und so riefen sie nun den Zauber auf, der mich hinfort tragen sollte.

Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, aber schließlich umschloss mich ein fahles Leuchten, und ich wurde von einer unsichtbaren Kraft jäh hinweggerissen, aufwärts, seitwärts, abwärts und jenwärts. Das letzte Wort sprang vom Kristall aus in meinen Geist und ergab plötzlich Sinn. Dann wurde alles stockdunkel, und ich fiel. Instinktiv spannte ich meine Muskeln an, um den Fall zu dämpfen und bereitete mich vor, weich abzurollen, als würde ich von einem Baum stürzen. Als plötzlich unter mir ein Boden auftauchte, kam ich tatsächlich halbwegs leise und schmerzfrei auf.

Der Boden war kalt, glatt und sehr eben; er bestand aus braunen Quadraten mit schwarzem Rand. Vom himmlischen Glanz war nichts zu sehen, stattdessen fiel nur ein wenig Licht durch den Vorhang vor einem Fenster. Anscheinend war es hier wahre Nacht; die Nacht der dunklen Art also.

Ich befand mich in einem Raum, der etwa drei Schritt lang war. An den Längsseiten befanden sich Schränke, an der Kopfseite das Fenster mit einer metallenen Schale darunter, vielleicht für rituelle Zwecke; gegenüber gab es einen Durchgang, der von einem deckenhohen Vorhang nur unzureichend verborgen war. Vorsichtig öffnete ich ein paar Schranktüren und Schubladen. Es befand sich eine Menge an Geschirr, Töpfen und Besteck darin, aber auch Behälter mit Pulvern, von denen einige einen vertrauten Geruch hatten. Aber natürlich – eine Gottheit konnte sich alle Gewürze, die sie wollte, einfach herbeiwünschen.

Von dem großen Schrank neben mir ging ein leises Brummen aus. Ich zog neugierig am Türgriff, und ein grelles weißes Licht strahlte heraus, verbunden mit einem Hauch kalter Luft. Hier also wurde das göttliche Licht aufbewahrt! Schnell schloss ich den Schrank wieder.

Dann vernahm ich ein Geräusch aus dem Nebenraum. Reflexmäßig zog ich meinen Riffeldolch; das Schwert wollte ich in diesen beengten Räumlichkeiten nicht einsetzen. Mit seiner Spitze schob ich den Vorhang leicht beiseite. Der Raum dahinter war etwa viermal so groß wie der Lagerraum. Er hatte zwei große Fenster, und das spärliche Mondlicht, das dort hineinfiel, offenbarte mir einen großzügigen Wohnraum, der etwa meinem eigenen entsprach, mit einem Tisch, mehreren Bücherregalen, Stühlen und einer Schlafliege. Es war irritierend, wie ähnlich dieser Raum in seiner Anordnung meinem Zimmer war, in dem ich mit Kors lebte. Doch im Gegensatz dazu waren die Regale hier wirklich mit Büchern gefüllt und nicht mit Waffen.

Auf der Schlafliege regte sich etwas, und diesmal war ich fast sicher, dass das Geräusch von eben von hier gekommen war. Da lag also jemand im Dunkel!

Ich schlich routiniert näher, den Dolch stoßbereit. Das Ganze musste eine Falle sein, ein Test, oder auch nur ein Spott von Irazaeth, denn dass dies hier nicht die himmlische Sphäre war, war offensichtlich. Oder die Arkanisten hatten mich werweisswohin geschickt. Aber der Kristall in meiner linken Hand pulsierte jetzt schneller; für einen Moment blitzte er auf und schien Lichtpunkte aus seiner Umgebung aufzusaugen. Mich überfiel ein heftiger Kopfschmerz, als sich neues Wissen, neue Interpretationen und Erkenntnisse auf mich stürzten. Für einen ewig scheinenden Moment stand ich regungslos da, und selbst ein blinder Sumpfmolch hätte mich jetzt einfach schnappen können. Doch der Moment ging vorbei, und die Schleier hoben sich ein wenig. Doch der Dolch war meiner Hand entglitten und prallte klirrend auf dem Boden auf.

So ein Trampel war ich seit meiner Bewährungsmission in der Blutgrotte nicht mehr gewesen. Rasch hob ich die Klinge wieder auf, aber es war zu spät: die Gestalt auf der Liege richtete sich auf und erspähte mich.

„Wer sind Sie? Was wollen Sie hier?“

Es musste sich um eine weibliche Wächterin handeln, der Stimme nach zu schließen. Ich befand, es sei unklug ihr vorzuhalten, dass sie während ihrer Wacht geschlafen hatte, und sagte schlicht: „Ich bin auf der Suche nach Irazaeth.“

Sie stand schlaftrunken auf. „Und dafür brechen Sie in meine Wohnung ein? Kommen Sie ja nicht näher, ich rufe die Polizei!“

Ah, sie meinte lokale Wachleute. Der Kristall hatte gute Arbeit geleistet. Aber wozu brauchte die Wächterin einer Gottheit weitere Wachen?

Mit zwei großen Schritten war ich bei ihr, packte sie und hielt ihr den Dolch an den Hals.

„Nicht nötig. Unterhalten wir uns lieber in Ruhe. Wo ist die Gottheit Irazaeth?“

Selbst in diesem Halbdunkel konnte ich sehen, dass sie angstvoll die Augen weitete.

„Gottheit? Ich bin Ira Z. Müller, und wer sind Sie?“

„Ich bin Zelenya“, zischte ich, „und Ihr seid keine Gottheit!“

Sie wand sich in meinem Griff. „Natürlich nicht. Ich bin Autorin. Und Sie sind offensichtlich eine verrückte Cosplayerin. Lassen Sie mich los!“

Es dauerte einen Augenblick, bis das Wissen des Kristalls in meinem Bewusstsein auftauchte.

„Das hier ist kein Kostüm, und dieser Dolch ist echt. Ich komme direkt aus Crestalon, um Irazaeth zu finden.“

Sie sah so ängstlich und harmlos aus, dass ich sie losließ. Vielleicht war sie auch nur verrückt. Bei dieser Gottheit konnte man nie wissen.

Die Frau wich nach hinten zurück und drückte auf eine weiße quadratische Fläche an der Wand. Sofort flammten an der Decke drei Leuchter auf, die völlig ohne Flamme brannten. Aber so ähnliche Arkanistendinge hatte ich bereits früher gesehen, allerdings nicht in dieser Qualität. Sie war offenbar doch mächtiger als sie zugeben wollte.

Im Licht konnte ich sie zumindest besser einschätzen. Sie war im hohen Alter, musste schon über vierzig, wenn nicht gar fünfzig sein. Mit ihrem Übergewicht hätte sie vor nur wenigen Kreaturen davonlaufen können. Sie war einen Kopf kleiner als ich und sah schwach aus, zumindest völlig untrainiert. Nicht einmal der niedrigste Gott hätte so jemanden als Wächterin eingesetzt. Was mich zu der Frage führte, wieso ich in ihrer … Küche gelandet war.

Aber sie starrte mich nur fassungslos an. „Du siehst wirklich genauso aus, wie ich mir dich vorgestellt habe“, murmelte sie, „diese Augen, das Haar, die Rüstung, die Bewegungen … die schönste Frau von Crestalon, die Raubkatze Zelenya.“

„Du weißt verdächtig viel über mich“, sagte ich drohend. „Woher?“

„Ich habe dich geschrieben“, flüsterte sie. „Sag mir eins: wem bist du in der Blutgrotte am Schluss begegnet?“

„Einem hinkenden Mann“, antwortete ich. „Ich gab ihm eine Münze.“

Sie ließ sich auf die … Couch fallen. Die Worte fielen mir nun immer schneller ein.

„Das habe ich nie veröffentlicht.“ Sie schüttelte den Kopf. „Die Szene ist erst für den siebten Band geplant, als Rückblende. Niemand kann das wissen.“

„Ich bin dort gewesen“, sagte ich nur. Und dann fiel mein Blick auf die Buchreihe hinter ihr im Regal: Das Schicksal von Crestalon. Sechs Bücher, verfasst von Ira Z. Ich sprang über die Couch und nahm das erste Buch zur Hand, blätterte darin. Da stand mein Leben, meine Reisen, meine intimsten Gedanken, meine Fehler, meine Liebschaften … alles, was ich am Tag getan hatte. Alles, was sie mir aufgezwungen hatte, einschließlich meines widerlichen Gemahls und seines noch übleren Bruders. Unruhe stieg in mir auf, und meine Muskeln spannten sich etwas an.

Sie lächelte. „Du bist es wirklich! Wie kann es sein …“

Ich steckte den Dolch ein, warf das Buch fort und legte impulsiv meine Hände um ihren Hals … drückte ein wenig zu.

„Was für eine Hexerei ist das?“, grollte ich, „mit welchem Recht lenkst du das Schicksal meines Volkes, kontrollierst unser Leben?“

„Das tue ich doch gar nicht! Es ist doch bloß ein Buch! Es ist Literatur!“, presste sie dumpf hervor.

Das Wort erschien vor mir, dehnte sich aus und überflutete mich mit seinen entsetzlichen Implikationen.

„Ihr macht euch einen Spaß daraus, Lügengeschichten zu erfinden, über Dinge, von denen ihr nicht glaubt, dass es sie gibt?“, rief ich aus. „Warum?“

„Ich schreibe Bücher … ich lebe davon“, gab sie zu, „die Romane sind sehr erfolgreich, ich habe vorletztes Jahr einen Preis dafür bekommen.“

Sie gestikulierte Richtung Regal. Ich ließ sie los und ging zu der Statue eines winzigen Schwingenmonsters hinüber, an deren Fuß eine kleine Plakette angebracht war: „Monsterpreis 2020 für Crestalon. Beste Weltdarstellung einer Todeswelt seit der Todeswelt-Serie von Harry Harrison“. Das gab es doch nicht! Hier wurden Monster prämiert, und Crestalon war das Musterbeispiel einer Todeswelt! Ich dachte an die vielen Toten, die ich in meinem Leben gezählt hatte. Das brachte mich wirklich auf. Ich spürte, wie sich mein Herzschlag beschleunigte, wie vor einer Konfrontation mit einem Todesvogel. Welch ein Wahnsinn war dies hier?

Ich schleuderte die Statue in das Glas eines großen dunklen Spiegels … ah, eines Fernsehers. Er bekam zahlreiche Risse. Ira sah mich erschrocken an.

„Hier bei uns ist sowas üblich“, beeilte sie sich zu erklären, „es ist ein anerkannter Beruf, und kein einfacher außerdem. Ich habe über Jahre daran geschrieben.“

Vielleicht wollte sie mich mit dem Hinweis auf die Mühe besänftigen. Aber es machte alles nur schlimmer. Ich sah eine Gottheit vor mir, die mit dem Leben von Menschen spielte, das Schicksal willkürlich verstreute und den Tod eines halben Volkes als Unterhaltung verkaufte. Meine Beherrschung war dahin. So wütend war ich seit dem Tod von Berenai nicht mehr gewesen. Ich stürzte auf sie zu, riss sie zu Boden und schlug ihren Kopf auf die Kacheln, bis das Blut hervortrat.

„Was ist mit meinen Schwestern?“, schrie ich. „Sie mussten sterben, weil man sich hier daran ergötzen will? Weil du Geld damit verdienen wolltest? Sag es!“

„Es war … Charaktermotivation“, murmelte sie undeutlich.

Ich schlug ihr ins Gesicht, das von Angst und Blut verzerrt war. „Warum sehe ich besser aus als die anderen Frauen und heile schneller?“

„Du bist doch die Protagonistin. Und es ist für Leser uninteressant, wenn du nach jedem Kampf ein halbes Jahr Erholungszeit brauchst, bevor der Plot weitergehen kann.“

Ich schlug abermals zu. „Eine Welt, die das Leid anderer als Unterhaltung genießt, ist krank. Ihr habt uns als Sklaven erschaffen, um eure unerfüllten Lebenswünsche und Gelüste zu erfüllen, um aus sicherer Entfernung daran teilhaben zu können. Ihr seid so armselig.“

„Hör auf!“, jammerte sie. „Ich wusste es nicht … niemand glaubt, dass jemand wirklich leidet. Das ist doch alles nur fiktiv.“

Ich zwang mich, mich zu beherrschen. Noch nie habe ich Wehrlose angegriffen, Alte oder Verrückte. Und erst recht keine Gottheiten. Ich wusste nicht mehr, was hier eher zutraf, aber ich kratzte ihr die Schulter mit meinen Fingernägeln auf, als ich aufstand.

„Genauso fiktiv wie diese Wunde, ja?“, fragte ich grimmig und wandte mich abermals dem Regal zu. Wie viel Leid mochte hier verborgen sein; wie viele Menschen, die nur ein besseres, glückliches Leben haben wollten, waren gleich mir zu Furien der Verzweiflung gemacht worden?

In einem Fach lagen allerlei Romanhefte mit bunten Abbildungen auf der Titelseite. Sie zeigten jeweils einen großen, dunkelhaarigen, muskulösen Mann mit Dreitagebart, der eine halbnackte, willige Frau im Arm hielt.

„Sind das deine Inspirationen?“, fragte ich verächtlich und warf ihr den Stapel entgegen. Sie blickte beschämt zu Boden und drückte ein Taschentuch auf die Kopfwunde.

Etwas höher in den Fächern entdeckte ich ihre DVD-Sammlung. Ganz am Anfang stand eine Ausgabe von „Falcon Crest“. Jetzt wusste ich, woher unser Land seinen Namen hatte. Lächerlich.

Obwohl es mir den Magen umdrehte, schlug ich noch einige Bücher auf. In etlichen ging es um Blutsauger, in einigen um Schlachten, in zahlreichen um Beziehungen, aber der Name Damien tauchte in zahlreichen Varianten immer wieder auf, obwohl es sich meist um ganz verschiedene Autoren oder Autorinnen handelte.

Das alles zusammen festigte in mir die Überzeugung, dass sie alles detailliert geplant, zusammengestohlen und genau entworfen hatte. Für Geld. Dieser Wahnsinn musste ein Ende haben.

Ich kehrte zu Ira zurück und starrte sie an. „Bevor ich dich töte, habe ich nur noch eine Frage …“

Sie wich zurück und rang die Hände. „Bitte, Zelenya! Ich bin nur eine Frau, die spannende Romane schreibt, um über die Runden zu kommen. Zugegeben, nicht alles ist so originell, und vielleicht war es keine tolle Idee, in Crestalon auch noch Bad Boys einzubauen, aber die Leserinnen lieben es nun mal …“

Bad Boys. Der Begriff formte ein Muster. Sie hatte mir Kors und Damion nur geschickt, weil ihre Leserschaft begierig auf dominante Männer war; starke, selbstsüchtige, stille Typen, die keinen Respekt vor Frauen hatten und sie schlecht behandelten. Ich hatte die beiden in vielen Nächten getötet, um frei von ihnen zu werden, aber am Tag waren sie wieder da, als sei nie etwas passiert.

„In deiner Welt scheint es mehr Monster zu geben als in meiner, und das will etwas heißen“, sagte ich kalt.

Ira begann zu weinen. „Ich kann doch nichts dafür! Ich wollte niemandem schaden!“

Aber das hatte sie, und nun war es zu spät. Mein Urteil stand fest.

„Du bist eine falsche Göttin“, sagte ich. „Du hast unserem Land unermesslichen Schaden zugefügt. Und du kontrollierst es in allen Details. Das muss enden. Sei froh, dass ich dich nicht häute wie eine Sumpfratte. Ich werde es schnell und schmerzlos machen. Aber zuvor will ich noch wissen: auf welche Weise kontrollierst du uns?“

Sie blickte in ehrlicher Verwunderung auf. „Ich kontrolliere euch? Meine Bücher sind doch längst geschrieben, da stehen sie.“

Ich überlegte. „Aber du hast noch eines in dir: das siebente …“

„Ja, und?“

„Es war Nacht bei uns, als ich aufbrach …“ Vielleicht war es der Kristall, der mir beim Entschlüsseln der Zusammenhänge half, vielleicht ein Gedanke von mir selbst. „Du hast geschlafen, und es war Nacht!“

„Ich schlafe meistens nachts, wie alle Leute“, erwiderte sie verständnislos.

Ich verstand allmählich. „Immer, wenn dein Geist nicht aktiv ist, dann sind wir nicht an dein Buch gebunden, sondern haben einen freien Willen. Erwachst du, sind wir wieder deine Geschöpfe und folgen dem Plan, den dein Buch vorgibt. Du bist wirklich die Autorin unseres Schicksals.“

Sie kam näher und umklammerte meine Hände – wahrscheinlich nur, damit ich den Dolch nicht zog, vielleicht aber auch aus Verzweiflung.

„Zelenya! Ich bin kein schlechter Mensch. Ich schreibe nur, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Wenn du willst, werde ich damit aufhören … aber bitte bring mich nicht um. Bitte!“

„Du bist die Mutter aller Monster“, gab ich hart zurück.

„Ich bin deine Mutter!“, rief sie. „Ohne mich würde es dich nicht geben!“

Ich dachte an meine richtige Mutter, Verolia Slaktoth, die mit achtunddreißig Jahren gestorben war, das Schwert in der Hand. Nicht weil das Schwingenmonster sie zerfetzt hatte. Es war nur das Werkzeug gewesen. Sondern weil Ira es so gewollt hatte. Ich zog meine Hände weg, ballte meine Rechte zur Faust.

„Meine Mutter ist tot“, sagte ich, „und ich weiß, wer schuld daran ist. Du wirst nie wieder einen Tod in Crestalon verursachen.“

Ira schrie auf und brach zusammen. Die Tränen liefen ihr über das Gesicht.

Hinter mir knarrte eine Tür.

„Mutti? Was ist denn los?“

Ich fuhr herum, hatte den Dolch im selben Moment wurfbereit in der Hand.

Im Türrahmen standen zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt. Ein namenloses Entsetzen packte mich. Kinder, außerhalb ihres Schutzkokons? Wie gering musste man sie schätzen, wenn man sie den Gefahren der Welt aussetzte? Nach diesem ersten Schrecken fiel mir ein, dass in Iras Welt keine Schwingenmonster, keine Giftstachelpergalien und keine Schnappspinnen existierten. Diese Menschen wussten nicht, wie gut sie es hatten. Kinder konnten wirklich Kinder sein.

„Geht wieder in euer Zimmer!“, rief Ira aufgelöst. „Schließt euch ein! Los, schnell!“

Die Kinder zögerten einen Moment, aber dann zogen sie ab und schlossen sogar noch die Tür hinter sich.

„Bitte tu wenigstens den Kindern nichts!“, flehte die falsche Göttin mich auf Knien an.

Ich sah ihr in die Augen. „Glaubst du wirklich, ich würde Kindern etwas tun? Du bist das Monster, nicht ich. Da, setz dich hin, ich muss nachdenken.“

Sie setzte sich tatsächlich schniefend hin. Die Kopfwunde hatte aufgehört zu bluten, und der Kratzer an der Schulter schien erst nicht schwerwiegend zu sein.

Ich stand vor einem Dilemma. Es war eine Sache, eine Gefahr für Crestalon zu beseitigen, aber eine ganz andere, Kindern ihre Mutter zu nehmen, die obendrein keine Ahnung gehabt hatte, was sie angerichtet hatte. Zumindest so viel glaubte ich ihr jetzt. Trotzdem war jeder wache Moment von ihr ein Akt der Unterdrückung unseres Volkes. Nach Ahmelaks Gesetz der großen Zahl wäre ein Einschreiten zwar dennoch gerechtfertigt, aber es behagte mir nicht.

Der Kristall begann zu flackern. Ich war schon zu lange hier. Sehr bald würde ich nach Crestalon zurückgezogen, und dann musste ich eine saubere Lösung herbeigeführt haben. Ich glaubte nicht, dass es einen weiteren Besuch geben konnte.

Also doch mit dem Dolch einen Schlussstrich ziehen?

Doch dann kam mir eine andere Idee. Waghalsig vielleicht, aber langfristig besser.

„He, Ira!“ Ich ging zu ihr hinüber und hockte mich neben die Couch, so dass wir auf Augenhöhe waren. Den Dolch behielt ich als Unterstützung meiner Argumente in der Hand.

„Du hast einen siebten Band geplant, ja?“

Sie schniefte. „J-ja ...“

„Dann wirst du ihn schreiben, aber: darin wird in Crestalon sehr schnell mit den Monstern aufgeräumt. Die Menschen halten zusammen, die Städte werden wieder aufgebaut, und alles wird gut.“

Sie blinzelte verwirrt. „Wie soll ich denn …“

Alles wird gut, verstanden?“ Ich hob den Dolch in Augenhöhe.

Sie nickte resignierend. „Ja, gut.“

Ich stand auf. „Ich habe schon mitbekommen, dass du keine überragende Autorin bist. Mein Familienname ist eine simple Verfremdung von Schlagtot. Nicht sehr subtil.“

Auf ihre Lippen trat ein verlegenes Lächeln.

„Daher werden deine Leser auch kaum in Frage stellen, was für eine Lösung du ihnen anbietest“, fuhr ich fort, „es ist nicht nötig, mich wieder zur Heldin zu machen. Nimm meinetwegen die Arkanisten, die eine neue Waffe entwickeln, oder eine Krankheit, welche die Monster dahinrafft … es ist mir egal. Aber du wirst die Gesellschaft retten und das Land wieder aufbauen, bis zur einstigen Blüte.“

„Mach ich“, versprach sie. Es sah recht ernsthaft aus.

„Und dann wendest du dich einem neuen Projekt zu und vergisst Crestalon.“

„Ich versuch’s“, meinte sie kleinlaut.

Ich steckte den Dolch ein. „Zu guter Letzt: falls du dich nicht an diese Vereinbarung hältst, bin ich die erste, die das mitbekommt. Und dann komme ich wieder. Wütender als jetzt, ist das klar?“

Sie nickte still, weil sie meinen Bluff nicht durchschauen konnte, und ich klopfte ihr nach einem kurzen Zögern auf die Schulter. „Wahrscheinlich bist du tatsächlich kein schlechter Mensch, wie ich erst dachte, sondern nur das Produkt deiner seltsamen Gesellschaft. Oder das Produkt einer Gottheit, welche deine Geschichte schreibt, während du die meine schreibst. Man wird es nicht wissen. Ich trage dir nichts nach. Gib mir nur keinen Grund, wiederzukommen.“

Sie lächelte schief. „Ja, Zelenya. Und … du bist genau die Heldin, die ich immer vor Augen hatte. Mutig, wild, aber gerecht und mit Mitgefühl. Mach’s gut.“

Sie reichte mir die Hand, aber in diesem Moment erlosch der Kristall, und ich stürzte wieder durch die Ebenen der Welten, heim nach Crestalon. Abermals wurde ich in ungeahnte Richtungen gezerrt, bis ich auf den rauen Boden des Steinkreises fiel. Der Kristall rollte aus meiner Hand und blieb nach wenigen Umdrehungen liegen, ein trübes Etwas ohne jedes Schimmern.

Zan-Lo trat zu mir und half mir auf. „Wie war die Reise?“

„Überraschend“, meinte ich, „die Sphäre der Götter ist außerdem banaler, als wir es uns vorstellen.“

Ich hatte eigentlich befürchtet, bei meiner Ankunft direkt im Tag zu landen, willenlos, aber offenbar war Ira durch mich geistig so abgelenkt gewesen, dass die Nacht noch andauerte. Ich hoffte, dass wir noch einige Momente hatten, bevor es Tag wurde.

Padegan verschränkte die Arme. „Ich kann keine Veränderung feststellen. So seid Ihr wohl gescheitert, Zelenya?“

Ich schüttelte den Kopf. „Ich denke, ich hatte Erfolg. Es wird nur ein wenig dauern.“

„Eure Worte in Irazaeths Ohr!“

Da musste ich lächeln. „Da sind sie schon.“

Und das war es. Mit einer Hoffnung, die ich lange nicht mehr gehegt hatte, ging ich heim. Unterwegs dachte ich über das Gespräch mit Ira nach und fand, ich sei letztlich zu hart zu ihr gewesen. Aber so hatte sie mich entworfen. Wahrscheinlich war sie letztlich doch meine wahre Mutter. Ich hätte sie nicht schlagen sollen. Doch Gewalt war die einzige Art, die wir in Crestalon kannten, um mit Monstern fertigzuwerden.

Da wusste ich auf einmal, was eine Sumpfmücke einem Philosophen zu sagen hatte: Dein Blut schmeckt mir.

Diese Zeit würde hoffentlich bald vorbei sein.

Und dann brach der Tag an, und ich blickte mich verwundert um. Was machte ich hier draußen? Mit einem wilden Lachen rannte ich los, heim zu meinem gutaussehenden starken Gemahl und seinem mysteriösen und stillen, um so aufregenderen Bruder.

 

Impressum

Cover: Pixabay License. Free for commercial use. No attribution required.
Tag der Veröffentlichung: 31.05.2022

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ein Beitrag zum Mai-Wettbewerb 2022 der Anthologie-Gruppe (Platz 2). Die Vorgabe lautete: "Mutter".

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