Es kroch da vor einigen Jahren (und kriecht noch) ein literarischer Katzenjammer durch Europa, der sich in allerlei Künstlerromanen erleichterte, deren gemeinsames Thema den Seelenekel eines an seiner Kunst irregewordenen Künstlers bildete. Den Anlaß gab Zola mit seinem Oeuvre. Dieses Dokument darf literarhistorischen Wert beanspruchen, doch nicht in dem Sinne, wie es der Verfasser meinte, als Probe der Seelenkämpfe eines genialen Künstlers, sondern als warnendes Exempel der Stimmung der gottverlassenen Mittelmäßigkeit, des unheilbaren geborenen Stümpers. Niemals verzweifelt, ja niemals zweifelt ein Großer an der Kunst. An sich selbst, ich meine an seinem Verhältnis zur Kunst mag er zweifeln oder verzweifeln, die Kunst selber hingegen stellt er nie in Frage. Wehmut und Gram, Verdüsterung bis zum Wahnsinn mögen ihn heimsuchen, allein Ekel vor seinem Werkzeug, nein, den verspürt kein Meister. Jeder tüchtige Geiger, wenn ihm auch Gott und Welt abhanden kämen, glaubt doch an seine Geige. An die tastet ihm keine Skepsis.
Kunst, wenn sie einer kann, verleiht das Gefühl der Kraft, zeugt Selbstbewußtsein und Selbstgefühl. Und Selbstgefühl, wenn es begründet ist, macht glücklich. Freilich ist die Kunst eine Last, und zwar eine schwere Last, auch mag einer zeitweilig darunter ächzen, wie Sindbad, als er den Riesen trug, immerhin ist es ein göttlicher Riese und eine beseligende Knechtschaft.
Darum noch einmal: künstlerische Stärke und Größe zeugt Glück, wehmütiges ernstes Glück, zugegeben, immerhin das höchste Glück, das auf dieser Erde zu finden ist. Haltlos ist nur der Schwächling und Ekel verspürt nur der Erbärmliche.
Tag der Veröffentlichung: 06.09.2012
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