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Mit den Goethezitaten hat es besondere Bewandtnis. Sie können mit andern nicht verglichen werden. Die übrigen großen Dichter zitiert man wegen des Inhalts des Spruchs, Goethe aus loyaler Andacht, wie man das Bildnis unseres lieben gnädigen Landesvaters aufhängt. Denn Goethe ist regierender Dichterfürst und Oberkommandierender aller deutschen Versfüße mit dem Lorbeer erster Klasse. Wie es nun auffallen würde, wenn das Bildnis seiner Majestät des Kaisers in eines Deutschen Hause fehlte, so nähme es sich unnatürlich und unanständig aus, wenn ein deutsches Buch, worüber es auch handle, nicht wenigstens einmal Goethe zitierte. Das Gefühl sagt es einem schon. Man müßte geradezu an demonstrative Absichtlichkeit denken. Es soll auch niemand sich damit entschuldigen, er könne nichts Passendes auffinden, weil er über die Eingeweidewürmer schreibe und Goethe uns kein Gedicht noch Spruch zu deren Gunsten hinterlassen. Wenn man aufrichtig will, so fügt sich's schon. Als treffliches Muster und Vorbild, wie man selbst in den scheinbar verzweifeltsten Fällen Goethe mit Glück herbeiziehen kann, empfehle ich das Verfahren eines Heuschreckologen in der wissenschaftlichen Zeitschrift »der zoologische Garten«.

Der geehrte Zoologe hatte über irgendeine amerikanische Heuschrecke Rapport zu erstatten; geben wir genau acht, auf welchem Wege er Goethe hineinbringt, damit wir's auch lernen. Der Verfasser beschreibt zunächst die heu-schrecklichen Verheerungen von ehedem; darauf weist er nach, wie die fortschreitende Ansiedlung der Menschen und das ökonomische, staatliche und polizeiliche Gedeihen der betreffenden Provinz den Heuschrecken beinahe den Garaus machte. Dann schließt er ab: So erfuhren die Heuschrecken die Wahrheit des Goetheschen Wortes: »Nichts auf Erden ist schwerer zu ertragen, als eine Reihe von guten Tagen.«

Ich schlage vor, diese Art von Logik Zoologik zu nennen.

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Tag der Veröffentlichung: 05.09.2012

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