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Zu Florenz ein Notarius saß,
Der voller arger Listen wâs
Und gar bewandert in der Kunst,
Zu lügen und zu trügen.
'Nen jungen Bürgerssohn fragt' er,
Ob er bezahlet worden wär': –
Fünfhundert Gulden hätt' aus Gunst
Der Vater sein in Kriegen
Geliehn 'nem Hauptmann, der nun todt –
Genau die Sach' er wüßte.
Der Sohn sprach: »Weiß nichts, sonder Spott.«
Drauf der Notar voll Liste:
»Ich habe noch das Instrument,
Darin er seine Schuld bekennt;
Ich geb's dir um fünf Gulden roth,
Damit wirst stets du siegen.«

Der Jung' das Instrument bezahlt
Und ladet vor's Gerichte bald
Des Hauptmanns Sohn und ihn verklagt
Um jene Summ' in Zorn.
Des Hauptmanns Sohn stark läugnen thät,
Da er des Vaters Bücher hätt'
Und keins die Schuld besagt';
Gern hätt' er's gleich beschwor'n.
Doch erst er zum Notarius lief,
Sprach: »Bösewicht, merk' eben,
Du hast gemacht ein' falschen Brief.
Mein Vater in seinem Leben
Von dem entlehnet hat kein Geld.«
Sprach der Jurist: »Du hast gefehlt!
Ich war ja selber beim Geschäft,
Bevor du noch geboren.

»Das Geld lieh er deinem Vater baar,
Jedoch darnach im ersten Jahr
Hat er es ihm zurückgezahlt,
Deß hab' ich die Quittanzen;
Und wenn du gibst fünf Gulden mir,
So will ich sie zustellen dir,
So wirst du von ihm ledig bald
Und hast nicht viel Kramanzen.«
Der Jung' ihm auch fünf Gulden gab.
So hat er beid' geschunden
Und trieb ihr Geld da ihnen ab
Mit Listen also runden. –
Das ist noch der Juristen Kunst:
Sie machen nichts als blauen Dunst,
Daß was in ihren Beutel fällt.
Gott geb' ihnen die Franzen!



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