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Durch den Aesop ist uns beschrieben,
Wie ein' Ameis' in kalter Winterzeit
Ihr Korn wollt' trocknen an der Luft
Und es hatt' ausgestreut.
'Ne Grill' durch Hunger ward getrieben,
Bat von der Speis' zu geben die Ameis',
Daß sie im Winter nicht käm' um.
Da sprach die Ameis' weis':
»Was that'st du in den sommerlichen Tagen,
Daß du dir nicht hast Körner eingetragen?«
Die Grill' thät wieder sagen:
»Den Sommer lang ich fröhlich war und sang,
Und durch die Zäun' und grünen Büsch'
Ich hin und wieder sprang.«

»Wenn du im Sommer hast gesungen,«
Sprach die Ameis', »so sing' im Winter auch;
Die Speis' hab' ich getragen ein
Für mich, und sie auch brauch'.«
In der Ameise seht den Jungen,
Der arbeitsam, emsig, von hohem Fleiß,
Der seine Kost zusammen hält
Und gut zu sparen weiß,
Auf daß, wenn ihn das Alter nun ergreife
Und sich sein Haar bedeck' mit Winterreife
Und seine Kraft entschleife
Und es ihm gehe an Gewinne ab –
Daß er an Gut, erspart zuvor,
Dann Winterzehrung hab'.

Zum andern sehet in der Grillen
Den jungen Mann, der lässig, träg' und faul;
Was ihm gewinnen beide Händ',
Vernascht das einz'ge Maul.
Verzehrt die Jugend in Muthwillen,
In Müßiggang, im Spiel und Buhlen arg;
Wer nicht, wie er, sein Gut verpraßt,
Den nennt er filzig, karg.
Thut er in Jugend also jubiliren,
Im Alter thut ihn nach der Sonne frieren,
Dann thut ihn erst vexiren
Die Armuth schwer mit Mangel und Gebruch.
So er muß in dem Alter erst
Nähn an dem Hungertuch.



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