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Der Dichter Avianus uns
Die Fabel hier erzählte,
Wie sich ein fremder Pilgerim
In einer Wüst' verlaufen

Zur Winterszeit, in tiefem Schnee,
In Reif und großer Kälte;
Der Weg ihm ganz verloren war,
Vergebens war sein Schnaufen.

Still stand er in der Wildniß da,
Sein Herz ward schwer ihm bald.
Dies all's ein Satyrus ersah
(Sie wohnen in dem Wald
Und kleine, wilde Leute sind –
In Lybien ihre Wiege –,
Gehörnet und mit Füßen wie die Ziege,
Und wohnen auf dem Berg Atlas
In großer Wüstenei:
In dieser ging der Pilgrim irr
In Sorgen mancherlei) –

Und dieser wilde Satyrus
Des Pilgrims sich erbarmte
Und führt' ihn in sein Hüttlein bald,
Zur Nacht ihn unterbrachte.

Der Pilgrim blies sich in die Hand,
Bis er zum Theil erwarmte.
Deß wundert' sich der Wilde sehr
Und auf das Blasen acht'te.

Bracht' eine Schal' ihm dann von Gold
Mit Wein von großer Wärme,
Damit er auch erwärmen sollt'
Sein ganzes Ingedärme.
Der Pilgrim nippte bald darvon,
Des Weines Hitz' er fühlte:
Er blies hinein, damit der Wein sich kühlte.
Der Satyrus auch das ersah
Und sprach zu ihm: »Ich merke,
Daß Zunge dir und Mund vermag
Sich widerstreitende Werke.

»Das Heiße kannst du machen kalt
Und machest heiß das Kalte
Gar schnell in einem Augenblick
Mit deinen schnellen Griffen.

Du machest uns wol alle irr
In diesem wilden Walde;
Voll Unbestand ist deine Zung',
Zweischneidig auch geschliffen.

Was du jetzt lobst, schiltst du bald drauf,
Dein' Zung' ist wankelmüthig.
Drum heb' dich fort in schnellem Lauf –
Ich bin dir wol zu gütig –
Und geh' an einen andern Ort
Zu andern Schmeichelkatzen,
Die vorne lecken und doch hinten kratzen.
Ich schätze dich nach deinem Wort
Und deinem Doppelathem.
Weich' fort, ich traue dir nicht mehr;
Dein will ich wohl entrathen.«



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