Psalm 2, 10-12.
„Du Galiläer, hast gesiegt!“
So tönt verzweiflungsvoll der Ruf
Des Kaisers, der am Boden liegt,
Umstäubt von wilder Rosse Huf;
Ihn traf das tödliche Geschoss
Inmitten seiner Siegesbahn,
Warf blutend ihn vom hohen Ross,
Und Staub ist Kaiser Julian.
Ja stolzer Geist, er hat gesiegt,
Der Held vom See Tiberias,
Den du bis in den Tod bekriegt,
Dem du geschworen ew’gen Hass;
Die Starken werden ihm zum Raub,
Der zu des Vaters Rechten sitzt,
Die Stolzen sinken in den Staub,
Von seiner Majestät umblitzt.
Schad ists um deinen tapfern Mut;
Du ziertest einen Kaiserthron,
Du warst ein ächtes Heldenblut,
Der herrlichen Cäsaren Sohn;
Ein kriechend Heuchelchristentum
Empörte deinen Römerstolz,
Da suchtest du dir andern Ruhm
Und fluchtest Christi Marterholz.
Du winktest mit dem Herrscherstab
Ein zornig „Halt“ dem Zeitenlauf,
Du wecktest aus dem frischen Grab
Die kaum versunknen Götter auf;
Sein Haupt erhob der Donnergott,
Mars schlug an seinen Heeresschild,
Apollo blickte Siegerspott
Auf Christi bleiches Kreuzesbild.
Aus Hainen und Elysium
Riefst du die Weisen Griechenlands,
Mit Christi Evangelium
Zu buhlen um den Siegeskranz:
Da stritt Homeros Harfenklang
Mit Davids ernstem Saitenspiel,
Und Platos hohe Weisheit rang
Mit Pauli Torheit um das Ziel.
Du ließest mit des Christen Gold
Die Göttertempel neu erstehn,
Du warest allen Ketzern hold,
Die Unkraut in den Weizen sä’n,
Selbst Abrahams verhasstem Sohn
Winkst du mit gnädigem Verlaub:
„Auf Jude, bau zu Christi Hohn
Den Tempel neu aus Schutt und Staub!“
Umsonst! – was man am Tage schuf,
Erdbeben schlangs bei Nacht hinab;
Kein Menschenwitz, kein Herrscherruf
Erweckt die Toten aus dem Grab;
Umsonst! – der Zeiten rollend Rad,
Im Schwunge hälts kein Kaiser auf,
Und wer sich stellt in Christi Pfad,
Den überfährt sein Siegeslauf.
Umsonst! – dein Leben flog vorbei,
Gleichwie ein Meteor verfliegt;
Verzweifelnd klang dein Todesschrei:
„Der Galiläer hat gesiegt!“
Umsonst! – in der Geschichte Buch
Steht schwarzbekreuzt dein Name da,
Beladen mit der Kirche Fluch,
O Julian Apostata!
Drum hörts, ihr Großen auf dem Thron,
Ihr Weisen, nehmt die Weisung an:
Auf! eilt und küsset Gottes Sohn
Und kreuzt nicht seine Siegesbahn,
Eh über euch sein Zorn entbrennt,
Eh ihr zermalmt im Staube liegt,
Und sterbend euer Mund bekennt:
„Du Galiläer hast gesiegt!“
Tag der Veröffentlichung: 03.06.2011
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