IN DER NACHT, IN DER NACHT AUF DER HÖHE.
Es schwimmt der Mond im dunklen Meer,
Viel silberne Wolken um ihn her.
Die Blumen duften und trinken Tau;
Wie wehen die Lüfte so lind und lau
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe!
Die junge Senn'rin das Feuer facht,
Sie weiß recht wohl, warum sie wacht.
Bald klopft es draußen an's Fensterlein,
Dann lässt die Senn'rin den Jäger ein
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe!
"Fast Mittemacht!" das Dirndel spricht,
"Es kommt mein Schatz noch immer nicht."
Der Uhu ruft, es brummt die Kuh,
Fast fallen der Senn'rin die Augen zu
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe.
Da horch! von unten aus dem Wald
Ein lautes Rufen zu ihr schallt.
"Er ist's!" ruft jubelnd die Senn'rin aus
Und jodelt hell zu der Thür hinaus
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe"
Er kommt. Das Dirndel ruft ihm zu:
"Willkommen mein Schatz, du schlimmer Bue!
Wie war mir um dich so angst und bang,
Wie ward mir die Zeit so lang, so lang
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe!
Sie eilt ihm entgegen mit frohem Blick
Und taumelt entsetzt vor ihm zurück.
Es rollt der Jäger die Augen wild,
Ein gelles Lachen dem Mund entquillt
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe.
Sein Haar ist wirr, sein Antlitz ist bleich,
Als war' er erstanden dem Totenreich,
Und irren Fußes wankt er einher
Und sinkt aufs Lager und athmet schwer
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe.
Auf stiller Alm bei Sternenlicht
Verhüllt die Senn'rin ihr Angesicht.
Dem liebenden Mädchen ward es klar,
Dass — ach — der Jäger — betrunken war
In der Nacht, in der Nacht, auf der Höhe.
Tag der Veröffentlichung: 01.12.2010
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