Das Mädchen.
Mutter! Mutter! lieblich blühen
Bunte Blumen, herrlich prangen
Sie im hellen Sonnenglanze, —
Laß mich, Mutter, in den Garten!
Die Mutter.
Töchterlein, was willst du immer
Draussen bei den Blumen schaffen?
Pflückst du sie, o dann verwelken
Und ersterben ihre Farben!
Das Mädchen.
Sieh, wie um die jungen Rosen
Bunte Schmetterlinge flattern,
Klaren Thau vom Kelche nippend, —
Schmetterlinge wicht' ich haschen!
Die Mutter.
Staub auf ihren lichten Schwingen
Reizet dich als schöne Farbe,
Die in deiner Hand verschwindet
Durch ein ungestümes Fassen.
Das Mädchen.
Nicht nur Blumen will ich pflücken,
Nicht nur Schmetterlinge haschen;
Sieh nur dort den Knaben spielen,
Dieser reizt mich mehr denn Alles!
Die Mutter.
Eya wie so unbesonnen!
Töchterlein, o laß dich warnen!
Jener ist der böse Amor,
Der dirscheint ein holder Knabe!
Der, wenn gleich mit süßem Lächeln
Freundlich er dich zu sich ladet,
Unter Blumen schlau verborgen
Hält des grausen Todes Waffen.
Das Mädchen.
Farben, Blumen, Schmetterlinge,
Deine Schönheit, holder Knabe!
Darf ich nur von ferne schauen,
Mir verschlossen ist der Garten!
Lieber möchte, Blumen pflückend,
Von der Hand des Wunderknaben
Ich den bittern Tod erleiden,
Als in Sehnsucht so verschmachten!
Tag der Veröffentlichung: 22.11.2010
Alle Rechte vorbehalten