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Nach Marmonte

Chor der Inkas.

Seele der Welt, die vom Himmel hernieder
Segen uns strömt aus goldener Wölk',
Leben und Wärme; vernimm unsre Lieder
Lächle herab auf dein glückliches Volk!

Der Oberpriester.

Mit welcher Majestät von deinem hohen Throne
Beherrschest du der Lüfte weites Reich!
Bewegst du auf dem Haupt die Strahlen deiner Krone,
Bist du des Himmels Stolz, der Erde Lust zugleich.
Wo sind sie hin, die kleinen lichten Funken
Die so noch kaum den Flor der Nacht geschmückt!
In deinem Glanzmeer ist ihr schwacher Schein versunken,
Sobald dein erster Strahl vom Osten hergeblickt.
Nie würd' ihr schimmernd Heer am Firmamente prunken,

Chor der Jungfrauen.

Du tauchtest dich zur Ruh in den Crystall der Wogen,
Bis deiner Jungfraun Hand vom Schlummer dich geweckt;
Wie hold erwachest du? Schon sind am Himmelsbogen
Die Purpurvorhäng' aufgezogen,
Die durch die Nacht dein Licht der Welt verdeckt.
Wie glühet deine Wang', wie glänzet deine Stirne,
Wie blendend blitzt dein königlich Geschmeid!
Du trittst hervor in deinem Schimmerkleid,
Auf deinen Wink verschwinden die Gestirne
Zerfließt die Dunkelheit.

Der Oberpriester.

Nur ein öder, wüßter Klumpen wä're
Ohne dich der schöne Erdenkreis;
Ohne dich das Wellenfeld der Meere
Eine unbewegte Masse Eis.
Trüber Nebel lag im Firmamente,
Doch dein Strahl voll Wärm' und Heiterkeit
Drang durchs Chaos roher Elemente,
Schenkte allen Leben, Fruchtbarkeit.

Leicht und heiter in die weiten Räume
Dehnte sich der blaue Aether aus,
Ans der Erde sproßten tausend Keime,
Und die Wasser wogten mit Gebraus.
Stoffe, die ein todter Frost geschieden,
Schmolzen nun zu warmem Leben ein;
Alle Elemente schlossen Frieden,
Mengten sich in glücklichem Verein.

Feuer gleitet in den Schoos der Wogen,
Und die Well', in leichten Nebelduft
Aufgelöset, glänzt als Farbenbogen,
Schwimmt als Welke in den Raum der Luft.
Luft und Wasser dringen in des Grundes
Tiefen, binden alle Keime los,
Und die Kinder dieses Liebesbundes
Sprossen zahllos aus der Erde Schoos.

Chor der Inkas.

Spendest du selber, o freundliche Sonne,
All diesen Segen uns, all diese Wonne,
Oder wars eines Unsichtbaren Ruf,
Der, mit dem Weltall, auch dich einst erschuf?

Schwingst du aus eigner, wohlthätiger
Regung Dich um die Erde mit gleicher Bewegung,
O so blick nieder, wie dankbar, entzückt,
Wir dich verehren, zum Staube gebückt!

Aber gehorchst du im Steigen und Sinken
Nur eines höhern Unnennbaren Winken:
O, so vergeb' er uns gütig und mild,
Wenn wir ihn lieben im herrlichsten Bild!

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Tag der Veröffentlichung: 22.11.2010

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