Kapitel 17
Die Fähre wankte etwas, das Meer war heute ziemlich rau. Ich fühlte mich auf dem Wasser wohl, es war schon immer mein Element gewesen. Sollte ich einmal wiedergeboren werden, dann sicher als Delphin, oder wenigstens als Hering.
Bei Manfred sah es schon ganz anders aus. Die Hinfahrt hatte er ja noch einigermaßen gut überstanden, allerdings war es auch eine sehr ruhige Überfahrt gewesen. Heute wehte ein starker Wind, der das Meer aufwühlte und in Aufruhr brachte. Ich liebte es, wenn es so wild war und seine Stärke demonstrierte. Ähnlich wie an den Cliffs of Moher, überkam mich eine unbekannte Sehnsucht. So wie ich dort gerne mit den Möwen getauscht hätte, wäre ich heute gerne in das Meer getaucht. Wenn es an der Oberfläche bereits so wild zuging, wie mochte es erst unter Wasser sein? Ich hatte meinen Körper an der Reling hinaufgezogen, um ins Wasser schauen zu können. Manfred hatte sich über die Reling gebeugt, um ins Wasser kotzen zu können. Immerhin war er noch in der Lage, den Wind zu berechnen, so dass es keine unangenehmen Überraschungen gab, und das Meer Manfreds Essen postwendend zurückspuckte.
Er tat mir leid. Es fiel ihm sicher schwer, sich von seiner letzten Mahlzeit zu trennen, wo er das Essen doch so sehr liebte. Er hatte überhaupt keine Augen für die Schönheit des Meeres. Genauer gesagt, hatte er überhaupt keine Augen. Sie waren irgendwie nach oben verdreht, wollten sich das Elend, was da aus seinem Inneren kam, nicht mit ansehen. Ich wollte ihm irgendwie behilflich sein, hatte aber keine Ahnung, wie. Meine Instinkte verrieten mir, es sei das Beste, ihn einfach in Ruhe zu lassen. Vielleicht würde es ihm besser gehen, wenn er sich erst einmal so richtig verausgabt hatte.
Ich beschloss, bis zum Bug der Fähre zu fahren, um von dort zu sehen,
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 27.01.2014
ISBN: 978-3-7309-7863-4
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