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Cup of Love.


Kapitel 1

 

 



Leighton Elena Cunnigham, auch kurz um einfach nur Leigh, war eine junge Frau die schon während den Jahren in der Grundschule ihre Ziele hoch gesetzt hatte. Sie wuchs bei reichem Verhältnis auf, der Tatsache entsprechend, dass ihr Vater ein ziemlich hohes Tier in der Geschäftswelt war. Der Vorteil war, das ihr Vater ihr alles kaufen, sie auf ihrem Weg zu ihren Zielen auch unterstützen und sie an Schulen die viel Geld verlangten auch eintragen lassen konnte. Einziger Nachteil war, das dieser aber oft auf Geschäftsreisen war. Ihre Mutter lebte stets bei ihren Kindern, durch das viele Geld was ihr Mann mit nach Hause brachte, brauchte sie nicht auch noch arbeiten.
Durch diese guten Verhältnisse vereinfacht, wurde sie bei der Harvard Universität angenommen. Sie wollte unbedingt Anwältin werden. Warum? Das genau wusste sie nicht. Dieser Beruf faszinierte sie einfach. Gerne schaute sie Dokumentationen über den Beruf in der Anwaltskanzlei oder Filme die darüber handelten. Im Großen und Ganzen war sie glücklich mit ihrem Leben, genauso wie es eben gerade lief. Im Moment waren ihre Noten gut, sie wusste das sie es schaffen würde Anwältin zu werden.
Froh gelaunt, lief die 19 – jährige in einen kleinen Supermarkt um sich noch Kleinigkeiten für den heutigen Abend zu holen. Als sie durch die Gänge schlenderte, ohne genau zu wissen, was genau sie sich eigentlich kaufen wollte. Blieben ihre kastanienbraunen Augen an einen jungen Mann hängen der hier anscheinend arbeiten zu schien, das erkennen dieser Tatsache fiel ihr ziemlich leicht, da er die vorgeschriebene Arbeitskleidung trug. Der junge Mann blickte auf und schenkte Leigh ein freundliches Lächeln. Leigh erwiederte dieses und verschwand in die Abteilung für ‚Fertiggerichte‘.
Mit einem Zeigefinger auf ihre Oberlippe gelegt huschten ihre Augen über die verschiedenen Angebote. Natürlich konnte sie sich von der Küchenhilfe zu Hause etwas zubereiten lassen was weit aus gesünder und schmackhafter war. Aber der brünette Lockenschopf hasste es einfach auf andere angewiesen zu sein und nahm gerne ihre Sache selber in die Hand.
„Das ist aber sehr ungesund!“, meinte Jemand hinter ihr und schenkte der jungen Frau auch gleich ein Lächeln, als diese sich fragend umdrehte wer sie da wohl ansprach. Leigh erkannte den Mann von eben wieder, der nun hier Sachen ein zu räumen schien. „Ich bin Drake.“, sagte dieser und reichte Leigh seine Hand. Der Lockenschopf griff nach dieser und sagte ein freundliches: „Und ich bin Leigh.“ „Willst du nicht lieber etwas anderes essen?“, fragte er nach und grinste Leigh freundlich an. „Was denn zum Beispiel?“, fragte der Lockenschopf und drehte sich nun ganz zu Drake um. „Zum Beispiel Chinesisch, in der Bakerstreet, mit mir, heute Abend. Oder Italienisch.“, sagte er und lehnte seinen Arm auf den Wagen, den er hinter sich her gezogen hatte. „Sehr charmant, Herr Drake.“, meinte Leigh lachend. Er sah ja zumindestens gut aus, etwas länglichere dunkelbraune Haare, braune Augen und ein nettes und offenes Lächeln. Vom Aussehen her sprach er sie schon mal vollkommen an. Doch Leigh wusste nicht ob sie all ihre Prioritäten einfach über Bord werfen sollte, nur um mit Jemanden aus zu gehen der gut aussah. Aber sie mochte Drake, er hatte eine charmante Ader an sich die sie mochte. „Das ist mein Ernst!“, sagte er und warf ein Styropor Kügelchen nach ihr, welches ein paar Sekunden in ihren Locken hängen blieb, dann aber doch herunter, auf die Fliesen, fiel. Leigh bekam das Gefühl Drake schon länger zu kennen, einfach seine witzige und lockere Art vermittelte ihr dieses Gefühl. „Okay.“, sagte sie dann und schenkte ihm ein freundliches Lächeln. „Wir treffen uns dann einfach um acht Uhr, in dem Resturant.“, sagte sie und fuhr sich durch ihre lange Lockenmähne. „Es heißt ‚Dynasty‘ und wie gesagt: Bakerstreet.“, meinte er noch, um ihr schnell ein Lächeln zu schenken, ehe sie mit großen Schritten aus dem Supermarkt verschwand.

Drake Blickte ihr noch eine ganze Weile nach. Er hatte sie des öfteren hier einkaufen gesehen, sich aber nie wirklich getraut sie an zu sprechen, da seine Existenz ihr bis heute verborgen gewesen war. Der Auslöser sie zu einem Essen ein zu laden, war die Tatsache gewesen das sie ihn heute bemerkt hatte. Es klang wahrscheinlich seltsam, aber er hatte in ihren Augen gesehen, das sie doch ein wenig Interesse gezeigt hatte. Mit einem freudigen Lächeln packte der 21 – jährige Nudelpackungen sortiert in die Regale. Warum er hier schon arbeitete? Eigentlich hatte er vorgehabt Musik zu studieren. Er liebte die Musik, verbrachte die meiste Zeit damit an seiner Gitarre zu sitzen und Songs zu spielen. Aber vor einem Jahr war seine Mutter an Lungenkrebs erkrankt. Er hatte mit dem studieren aufgehört, da er sich einfach nicht mehr auf das wesentliche konzentrieren konnte. Seine Mom hatte es geliebt wenn er ihr etwas auf seiner Gitarre vorspielte, weswegen er die meiste Zeit damit verbrachte ihr auf seiner Gitarre etwas vor zu spielen. Doch paar Monate später starb sie dann schließlich. Drake, der nie einen guten Draht zu seinem Vater gehabt hatte –zu diesem hatte er nach der Scheidung von seinen Eltern keinen Kontakt mehr gehabt-, musste sich eine eigene Wohnung suchen. Also zog er einige Städte weiter, suchte sich einen Job und verdiente mehr schlecht als recht sein Geld. Also verbrachte er nun seit genau drei Monaten damit Verpackungen in Regale ein zu räumen. Er hoffte, das die brünette Schönheit ihn mögen würde, denn sie war die erste Frau, für die er sich in dieser Stadt wirklich interessierte. Ihre Augen strahlten etwas aus, das Drake noch nicht genau einordnen konnte.

*




Genau in diesem Moment saß Leigh, in einem knielangen schwarzen, schlichten Kleid an einem Tisch, in einem Chinaresturant vor Drake, welcher angestrengt auf die Menükarte blickte. Leigh brauchte nur einmal auf die Karte zu sehen um zu wissen, was das Problem war. In Drakes Kopf spielte sich womöglich ab, was Leigh wohl bestellen würde, denn die Preise waren verdammt teuer und der Lockenschopf konnte sich an ihren fünf Fingern abzählen wie viel Lohn Drake wohl privat zusammen hatte, wenn er nur im Supermarkt arbeitete. Der Brünette überkam ein wenig das Gefühl von Schuld, also lächelte sie Drake an und sagte: „Hey, wir haben ja noch nicht bestellt und ich muss dir gestehen: Ich hab vorher etwas gegessen und bin leider nicht hungrig!“ Drake sah auf und zog eine Augenbraue in die Höhe. „Aber wir können ja etwas anderes machen! Etwas spaßigeres.“, sagte sie und lächelte ihn einen Funken breiter an. „Aber wenn es dir zu spaßig wird, dann zeig mich nicht an, ja?“, witzelte Drake und legte die Serviertte auf den Tisch um auf zu stehen. Leigh fing an zu lachen und folgte Drake aus dem Resturant. Die Kellner nickten ihnen nur zu, als sie ‚Dynasty‘ verließen.
„Also, was schwebt dem Prinzesschen denn vor?“, fragte er und blickte den Lockenschopf von der Seite an. Leigh zuckte mit den Schultern und meinte: „Ich weißt nicht, einfach etwas verrücktes oder so.“ „Ach? Ist es egal was?“, fragte er nach und grinste breit. „Ehm... Ich weiß nicht was du dann machst wenn ich ja sage!“, meinte Leigh und fing an zu lachen, das Lachen wurde aber zu einem vor Erschrecken ausgerufenem Schreien, als sie sich in einem See wieder fand. Dadurch das es schon Abend war, war dem Lockenschopf nicht aufgefallen, das sich ein ziemlich langer See neben dem Resturant befand und genau in eben diesen hatte Drake sie hinein geschubst, mit dem Nebeneffekt, das sie sich an seinem Arm fest gekrallt und ihn ebenfalls mit hinein gezerrt hatte.
„Spinnst du?!“, rief sie, erstickt von Lachen oder Entsetzen, sie wusste es nicht und ihre Stimme war mehr ein Beben, was eher nach Lachen klang. „Du wolltest was verrücktes machen!“, sagte er und bewunderte im nächsten Moment ihre unglaubliche Schönheit. Eine Locke klebte in ihren Gesicht und selbst jetzt, als ihre lange Haarmähne vollkommen durchnässt war, fielen ihre Haare in Wellen von ihrem Kopf herab. „Du bist echt blöd!“, japste sie Lachend und spritzte ihm eine Welle Wasser ins Gesicht. „Also ich wollte ja etwas essen!“, versuchte Drake sich raus zu reden.
Eine ganze Weile verbrachten sie damit in dem kühlen Wasser zu planschen, bis sich die üppigen Lippen Leighs blau färbten und sie anfing zu zittern. Drake zog die aus dem Wasser und führte sie zu seinem kleinen Prius. Anders als sie, war er mit einem Auto gekommen, Leigh bevorzugte es stets zu Fuß an ihr Ziel zu kommen. Er öffnete ihr die Tür zum Beifahrersitz, schloss diese und plazierte sich dann an den Fahrerplatz, wo er dann erstmal eine Decke von der Rückbank hervor holte. „Hier!“, sagte er und gab dem durchnässten Lockenschopf die Decke. „Was werden meine Eltern nur sagen!“, lachte Leigh und kuschelte sich in den warmen Stoff. „Naja. Ich bin ja ein Gentleman und bringe dich auch nach Hause!“, erwiederte Drake und fuhr auch sogleich los.
Leigh beobachtete Drake aus den Augenwinkeln aus und lächelte freudig vor sich hin. Sie hatte noch nie so viel gelacht und sich auch noch nie in ihrem Leben so wohl gefühlt.
Nach einigen Minuten, in denen Leigh Drake den Weg schilderte, standen sie schließlich vor einem großen weißem Haus. Zwei kleine Türmchen ragten aus dem Gebäude hervor, ein riesiger Vorgarten, vollbepackt mit Pflanzen –zum Beispiel Rosen, Lilien und Petunien- stach einem sofort ins Auge. Ein sorgfältig gepflasterter Weg führte zu der großen Veranda. „Hier wohnst du?“, fragte Drake und Leigh merkte wie es ihm den Atem raubte. „Ja. Aber lass dich nicht einschüchtern!“, murmelte Leigh und ließ sich nun auch von Drake zur Haustür begleiten. „Hey. Ich fand den Abend wirklich toll!“, sagte sie dann und lächelte ihr Gegenüber an. „Ich hoffe, das war nicht der letzte.“, fügte sie hinzu und fuhr sich kurz durch ihre nassen Haare. Drake musste lachen, im Nachhinein fragte er sich nun auch, was ihre Eltern wohl zu ihrem auftreten sagen würden. „Definitiv nicht.“, murmelte er und umfasste mit einer Hand ihr Gesicht. Er kam ihrem Gesicht näher und kurz bevor er Leigh erlöste, hauchte er an ihre Lippen: „Darf ich?“ „Mach’s einfach!“, kicherte Leigh und spürte im nächsten Moment seine warmen Lippen auf ihren. Zuerst war es ein warmer und zärtlicher Kuss, den Leigh nur zu gerne erwiederte. Sie schmiegte sich an ihn, obwohl auch er noch immer ein wenig nass war. Dann griff seine andere Hand in ihr Haar und der Kuss wurde intensiver, bis Leigh ihren Mund ein wenig öffnete um seiner Zunge Einlass zu gewähren.
Ein Quietschen der Haustür, ließ Leigh aufsehen. Sie blickte in das Gesicht ihrer älteren Schwester Eleanor, die nur ein hämisches Grinsen darbietete. „Ah, der Straßenköter und die verwilderte Prinzessin. Komm rein Leighton, Vater wartet schon auf dich, es gibt Abendessen.“, sagte diese und trat einen Schritt beiseite um Leigh herein zu lassen.
Leigh sah in Drakes braune Augen und lächelte matt. „Ciao.“, murmelte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Seine Hand strich kurz über ihre Wange und ein Lächeln huschte über seine Lippen. Als Leigh eintrat knallte Eleanor die Tür zu und ihre Augen blitzen auf. Leigh schluckte, huschte schnell an ihr vorbei in ihr eigenes Zimmer um sich etwas anderes an zu ziehen. Ihre Haare band sie zu einem Dutt zusammen. Schnell lief sie in das Esszimmer in welchem ihre Mutter Marie und ihr Vater George schon saßen, Eleanor kam ebenfalls in das Esszimmer, in ihrer Hand eine Flasche Wasser. Leigh setzte sich schweigend zu ihrer Familie und schmierte sich ein Schwarzbrot mit Butter, als Eleanor plötzlich anfing zu reden und immer wenn sie dies tat, kam nie etwas gutes dabei raus: „Weißt du Vater, ich verstehe nicht, wie Frauen die vom reichen Hause kommen, sich mit billigem Fußvolk abgeben, wenn sie doch den Assistenten des Geschäftsführers von Iwumara Technic haben könnten.“ George blickte Eleanor lange an, dann sagte er mit seiner tiefenden und herrschenden Stimme: „Worauf willst du hinaus, Eleanor?“ Eleanor mit ihren gefährlichen grünen Augen und den langen glatten Haaren, lächelte Leigh breit an: „Nun. Ich habe Leigh erwischt, wie sie mit dem Jungen aus dem Supermarkt geknutscht hat.“ „Leighton! Das schädigt unserem Ruf! Glaubst du ich bin umsonst Geschäftsführer bei Iwumara Technic! Ich habe euch stets für die richtigen Entscheidungen erzogen und ich war immer der Meinung das du es mit deinen schulischen Leistungen zu etwas bringen wirst, aber wenn du dich von so einem Bettler runter ziehen lässt, weiß ich auch nicht!“, die gebieterische Stimme Georges ließ den gesamten Raum erfrieren. „Genau der selben Meinung bin auch ich, Vater.“, sagte Eleanor und ihre Augen blitzten Leighs an. „George, beruhige dich, sie ist noch jung!“, sagte Marie und tätschelte den Arm ihres Ehemannes. „Und dumm!“, zischte er und stand von dem Tisch auf. „Vater ich...“, murmelte Leigh und blickte auf die Tischkante. „Ich möchte das du diesen Bettler nie wieder siehst!“, knurrte George und verschwand aus dem Esszimmer, gefolgt von Marie, die Leigh nur traurig ansah. „George, so beruhige dich doch!“, sagte diese, ehe sie die Tür zu seinem Arbeitszimmer hinter ihrem Rücken schloss.
„Hast du gehört, Leighton? Nie wieder!“, kicherte Eleanor und auch sie stand auf, verschwand in ihr eigenes Reich um Leighs Leben auch ohne ihre Anwesenheit zur Hölle zu machen.
Leighs Blick war weiterhin auf die Tischkante gerichtet, sie wagte es gar nicht auf zu stehen und Eleanor hinterher zu rennen. Sie schwieg und litt stummen Kummer.

*




„Ian, eben ist ein Anruf rein gekommen!“, rief Lisa, die Sekräterin Ians, welcher auf Befehl seines Chefs im Ausland zu Gange war Verträge ab zu schließen und Aktien zu verkaufen. Ian war ein enger Bekannter von Leigh und Eleanor. Er war mit den beiden Geschwistern aufgewachsen und durfte nah miterleben wie sehr verschieden die Beiden Frauen doch wahren.
„Ja?“, fragte Ian und blätterte in einer so eben verkauften Aktie rum. „Es war Leighton Cunnigham, sie sagt, du sollst so schnell wie es nur geht wieder zurück kommen, Eleanor würde wieder Ärger machen.“, erklärte Lisa kurz und blickte Ian an. Dieser sah aus dem Fenster um kurz darauf laut auf zu seufzen. „Schreib ihr eine E – Mail das ich morgen bei ihr bin.“, erklärte er und machte sich daran seine Sachen zusammen zu packen. „Aber Ian, Sir...“, murmelte Lisa und fuhr sich durch ihre kurzen blonden Haare. „Wir sind doch sowieso hier fertig und ich glaube mit Eleanor, wird Leigh nicht alleine fertig.“, meinte Ian und schenkte Lisa ein herzliches Lächeln. „Wie du meinst.“, sagte diese und verschwand in ihr kleines Büro um dort die besagte E – Mail zu versenden.
Wie oft hatte Ian schon versucht Eleanor davon zu überzeugen Leigh doch in Ruhe zu lassen. Doch nie wollte sie auf ihn hören. Ian packte seine paar Klamotten in einen Koffer und schaute auf seine Uhr. Wenn er den nächsten Flug nehmen würde, wäre er früh morgens wieder in New York.
Er seufzte erneut auf und rief Lisa zu: „Buch den frühsten und schnellsten Flug den du kriegen kannst.“ Dann steckte er seine Hände in seine Hosentaschen und blickte aus dem Fenster in dem Hotel. Die plüschigen Wolken stimmten ihn froh genau wie der strahlende blaue Himmel, doch irgendwie kam ihm dieser Frieden wie die Ruhe vor dem Sturm vor.

Kapitel 2



 Eleanor saß vor ihrem Schminktisch, griff nach dem breiten Pinsel und trug sich zartes Rouge auf ihre porzellanartigen Wangen auf. In dem Moment, als sie nun auch noch dem Lidschatten griff, trat Ian in ihr Zimmer ein. Eleanor seufzte gespielt tragisch auf, sie blickte durch den Spiegel zu Ian und schwieg, bis sich die Stimme Ians erhob: „Ich verstehe nicht warum du Leigh nicht einfach in Ruhe lassen kannst. Lass sie doch einfach ihre eigenen Entscheidungen treffen.“ Eleanor legte den Pinsel beiseite und drehte sich zu Ian um. „Warum ich das mache? Es macht mir einfach Spaß.“, sagte sie und lächelte Ian breit an, ehe sie sich wieder zu dem Spiegel umdrehte und ihre Augen anfing zu schminken. „Spaß... Du hast Spaß auf Kosten anderer Menschen Leben?“, fragte Ian und lehnte sich gegen den Türrahmen. Eleanor knallte den Eyeliner auf den Tisch, Stille. Dann drehte sie sich zu Ian um, kniff ihre Augen zusammen und sagte, in dem Versuch ihre aufbrausende Wut nicht ganz so deutlich zu zeigen: „Ich tue und lasse was mir gefällt und ich lasse mich durch dummes Geschwätz von dir Einfaltspinsel nicht umstimmen. Wenn Leigh sich lieber auf wichtigere Menschen konzentrieren würde, dann würde ich sie auch in Ruhe lassen!“ Ian blickte stumm zu Eleanor, ehe er sich von dem Türrahmen weg stumpte. Er umgriff die Türklinke und kurz bevor er Eleanors Zimmer verließ, zischte er: „Gott, wie erbärmlich du bist. Deine ganze Schönheit verdeckt leider deinen verdorbenen und verotteten Charakter nicht.“
 Das Klacken der Tür und die darauf folgende Stille, machte Eleanor von Sekunde zu Sekunde wütender, weswegen sie ihren Schminkkasten umgriff und ihn gegen ihre Tür schmiss. Der Kasten flog auf, ihre gesamten Utensilien flogen aus dem weißen Kästchen mit den so zarten vergoldeten Verschnörkelungen. Nagellack knallte gegen ein kleines Ecktischchen und Wimperntusche an die Wand. Eleanor kniff ihre Augen zusammen, zog scharf die Luft ein, betrachtete sich prüfend im Spiegel, ehe sie auf stand und mit eleganten Schritten ihren Raum verließ. Spätestens heute Abend war das Chaos von den Hausmädchen beseitigt worden, wie immer, wenn sie etwas durch Wut verursacht, zerstörte.

*




Leigh wusste nicht was in ihr gefahren war. Je genauer sie über die Worte ihres Vaters nachdachte, je klarer wurde ihr, das er auf irgendeine Art und Weise Recht hatte. Den gesamten Tag konnte sie sich nicht konzentrieren und beinahe hätte sie die Fragen ihres Lehrers nicht korrekt beantworten können, was bei ihr sonst nicht üblich war. Leigh verzog sich in die Bibiothek der Universität um dort ein paar Gesetzte durch zu gehen und zu lernen. Ihre Gedanken wichen trotz allem immer wieder ab. Irgendwann hatte sie dann Kopfschmerzen und sie entschied sich, einfach am nächsten Tag weiter zu lernen, immerhin war es schon dunkel draussen geworden.
Leigh hatte ihre Lockenpracht heute zu einem Dutt zusammen gebunden, sie trug eine einfache Röhrenjeans, ein blau – weiß gestreiftes Top, mit blauer Strickjacke und blauen Chucks. So gern sie sich zurecht frisierte, hatte sie heute einfach keine Lust gehabt, die Hälfte der Nacht war sie wach gewesen.
Also lief die Brünette direkten Weges nach Hause. Ihr Kopf war gefüllt mit irgendwelchen Gesetzen, den Worten ihres Vaters und Eleanors ‚freundliche‘ Worte. So sehr Leigh versuchte Eleanor wirklich zu hassen, so konnte sie es nicht wirklich, immerhin war sie ihre Schwester und sie würde wirklich jede Chance ergreifen ein normales Verhältnis zu Eleanor auf zu bauen.
Als Leigh so in Gedanken versunken war, erschrack sie dementsprechend sehr, als Jemand sie am Handgelenk packte und zu sich zog. „Hey.“, murmelte der Jemand, der sich so eben als Drake herraus stellte. „Was tust du hier?“, fragte Leigh nur, die nun merkte das ihr Plan, Drake aus dem Weg zu gehen, kläglich gescheitert war. „Ich weißt nicht, nachdem wir gestern so seltsam auseinander gegangen sind, habe ich mir gedacht wir verbringen mal ein paar Stunden ohne ... so unfreundlich unterbrochen zu werden.“, meinte Drake und blickte Leigh eine Weile nur mit gehobenen Augenbrauen an.
„Ich weiß nicht ob...“, murmelte sie konnte aber nicht weiter sprechen, da sie in die bernsteinfarbenen Augen Drakes sämtliche Gefühlsregungen sehen konnte, welche genau es waren, wusste sie nicht. Aber es war ein Wunder von verschiedensten braun Tönen und kleinen gelben Spränkeln. „Bitte, Leigh nur ein paar Stunden und wenn du mich dann nicht mehr wieder sehen willst, dann lass ich dich in Ruhe, außer du kommst wieder in den Supermarkt, dann belästige ich dich natürlich mit vollkommenen überflüssigen Anmachen und Bergen voller Rosen.“, erklärte Drake wobei er dann eher in einen Scherz überging was Leigh zum Kichern brachte. „Also gut.“, sagte sie und Drake ergriff daraufhin ihre Hand. „Es ist auch nicht weit.“, sagte er und führte sie durch ein paar Straßen, durch einen kleinen Park, aus der Stadt herraus. „Wohin willst du?“, fragte Leigh dann nach und ihr wurde ein wenig mulmig als sie den großen Wald erblickte. „Wir sind gleich da!“, sagte er und schenkte Leigh ein freundliches Lächeln. Die junge Frau versuchte ihm zu vertrauen und schwieg als sie tiefer in den Wald hinein liefen. Nach einigen Minuten standen sie vor einer Holzleiter die in ein kleines Baumhaus mündete, welches hoch oben auf einer Baumkrone seinen Sitz hatte. „Du als Erstes!“, sagte Drake und hielt die Leiter dann fest, als Leigh unsicher anfing diese hoch zu klettern, als er sah das sie in dem Baumhaus angekommen war, stieg er ihr nach.
Er fand neben Leigh platz und lächelte sie an. Diese blickte aus dem ‚Fenster‘ –es war einfach nur ein großes rechteckiges ‚Loch‘ ohne Glas.- und ein ‚Wow‘ entrang ihren Lippen.
Man hatte einen kompletten Ausblick auf New York. Dadurch das es schon dunkel war, erleuchteten die vielen millionen Lichter der Häuser wie Sterne am Himmel. Als Leigh nach rechts blickte, sah sie viele kleine Felder, Berge und Bäume. Alles hatte eine so ruhige und harmonische Atmosphäre, das Leigh einfach nur fasziniert war.
Sie sah sogar den See in welchem sie und Drake einen Tag zuvor wie kleine Kinder geplantscht hatten, doch dieser war, von dem Baumhaus aus, nichts weiter als ein kleiner blauer Strich, am Rand New Yorks.
„Wundervoll.“, murmelte Leigh und spürte wie Drake eine Decke um sich und Leigh legte, so als hätte er gemerkt das Leigh etwas kalt war. Der Lockenschopf lehnte ihren Kopf gegen die Schulter Drakes und genoss weiter den wundervollen Anblick, der sich ihr nach wie vor bot.
„Dieses Baumhaus, haben mein Dad und ich damals gebaut.“, murmelte Drake und strich über Leighs Rücken. „Was ist passiert?“, fragte diese nach, da sie den traurigen Unterton in seiner Stimme bemerkt hatte. „Er ist abgehauen, hat eine jüngere Frau geheiratet wurde ein Firmenchef und behielt das ganze Geld das er dort verdiente für sich. Meine Mutter starb an Krebs, er tauchte nicht einmal zu ihrer Beerdigung auf.“, erklärte Drake und starrte auf die Stadt New York, so als ob er so seinen Vater ausfindig machen konnte um ihm seine Gedanken mitteilen zu können. Leigh hätte sagen können das sie ihn verstand, aber das wäre eine Lüge gewesen. Sie wusste nicht wie es war ohne ihren Vater zu leben, immerhin war ihrer stets bei ihr. Sie wusste auch nicht wie es war, einen geliebten Menschen an den Tod zu verlieren. Also öffnete sie ihrem Mund und flüsterte: „Dann denk an die guten Zeiten die du mit ihm geteilt hast.“ Drake musste kurz lächeln, dann beugte er sich zu Leigh runter und schenkte ihr einen zärtlichen Kuss. „Danke.“, murmelte er und strich ihr eine verlorene Haarsträhne aus dem Gesicht. „Nicht dafür.“, sagte sie nur und schenkte ihm ein herzliches Lächeln.
„Weißt du, ich möchte anfangen zu studieren und Musiklehrer werden. Damals als meine Mutter starb, war ich nicht in der Lage gewesen zu Ende zu studieren. Ich möchte von neu anfangen. Immerhin habe ich ja mein Abitur.“, erklärte er und sah Leigh voller Stolz an. „Drake... das ist wundervoll! Du wärst sicher ein toller Lehrer!“, sagte sie und auch sie freute sich für die Ziele die er sich gesetzt hatte. „Das hoffe ich doch sehr!“, meinte er und drückte Leigh einen Kuss auf ihre Stirn. Leigh schloss ihre Augen und genoss zum Ersten mal, nach lange Zeit, richtig die Nähe eines anderen Menschen.

*




Eleanor saß auf einem Sessel, welcher ein geblümtes Muster aufwies, in einem Vorraum welcher sich vor dem Arbeitszimmers ihres Vaters befand. Sie tat so als ob sie angestrengt ein Buch von John Grisham –es war Georges Lieblings Autor, nur deswegen las sie solche Bücher- lesen würde, doch eigentlich konzentrierte sie sich auf den Streit, der sich gerade in diesem Moment in dem Büro Georges abspielte.
„Marie! Ich habe immer gehofft das Leigh sich für Ian entscheiden würde. Er wäre ein grandioser Nachfolger. Ich bin auch nicht mehr der Jüngste.“, rief Geroge und stellte ein Glas Whiskey auf das kleine Mahagonitischchen im Raum, dieser befand sich genau neben dem großen Schrank, vollgestopft mit Akten, die nach wie vor wichtig für Georges Firma waren. „Aber du hast doch auch noch Eleanor.“, setzte Marie an und seufzte daraufhin auf. Eleanor verzog ihr Gesicht, als ob sie etwas mit diesem Möchtegern Gentleman anfangen würde. „Eleanor ist eine Frau mit anderen Prioritäten, sie würde sich nicht wohl fühlen in der Geschäftswelt.“, stritt George ab. „Aber Leighton oder was?! Glaubst du wirklich das es in unseren Händen liegt wen sie später heiraten oder mit wem sie gerade eine Beziehung führen?! Es ist nicht unsere Entscheidung, wird es nie sein!“, konterte Marie und Eleanor hörte, wie diese langsam immer wütender wurde. „Aber es könnte in unseren Händen liegen! Leigh ist so naiv! Ich weiß nicht was später aus ihr werden wird!“ „Eine Anwältin mit Verstand und Herz. Eine Frau die auf ihr Herz hört und sich nicht von anderen Menschen beeinflussen lässt!“
Marie ballte ihre Faust und sah aus ihren giftigen grünen Augen, die Eleanor wohl von ihr geerbt hatte, zu George in seine, von der Arbeit ausgebleichten, braunen Augen, die schon vor Jahren ihren damaligen Glanz verloren hatten. „Aber warum kann sie das nicht bei einem Mann sein, der vielleicht Ahnung in den Tätigkeiten meiner Firma hat?!“, zischte George und schenkte sich ein weiteres Glas Whiskey ein. „Dir geht es doch nur um deinen Nachfolger! Das Glück deiner Tochter liegt dir gar nicht am Herzen!“, rief Marie und schlug mit der flachen Handfläche auf den Arbeitstisch, ebenfalls aus Mahagoni. George knallte sein Whiskeyglas auf das Tischchen neben ihm und zischte laut: „Sag mir nie wieder was mir am Herzen liegt und was nicht!“
Er machte kehrt und verschwand aus seinem Arbeitszimmer, als er Eleanor im Vorraum erblickte hob er eine Augenbraue. „John Grishams Darstellungen von Verrat unter der Gemeinschaft fasziniert mich jedes Mal.“, sagte Eleanor und lächelte ihren Vater freundlich, doch eigentlich fies wie eine Giftschlange, die es liebte jeden Moment los zu schnappen, an. George lächelte stolz, das Eleanor die einzig vernüftige war, seine Tochter an, dann verschwand er und das einzige was Eleanor noch hörte, war das zu klacken der Haustür und der darauf aufheulende Motor seines Mercedes der nun aus der Garageneinfahrt wegfuhr.
Eleanor klappte das Buch zu, lief mit ihren eleganten Schritten die Treppe zu ihrem Zimmer rauf und fing, als sie dieses betreten hatte –das Chaos von heute Morgen war tatsächlich beseitigt worden- lauthals an zu lachen. „Gott Leighton bist du dumm! Du stellst dich gegen deinen eigenen Vater!“, sprach sie mit sich selber und feuerte das Buch in die nächst beste Ecke, ehe sie wieder in schallendes Gelächter ausbrach. Sie war sich sicher, diese Geschichte würde noch einen überaus interessanten lauf nehmen. Zum ersten Mal nach langer Zeit, konnte sie endlich wieder ihre Pläne schmieden und das Leben eines Menschen zerstören, sie liebte es einfach. Einfach weil es ihr Spaß machte.



Kapitel 3




Da saß Leigh nun, drehte einer ihrer Locken auf, blickte mit starrem Blick aus dem Fenster und fragte sich ob es so schlau war eine Beziehung gegen den Willen ihres Vaters zu führen, immerhin war dieser stets für sie da gewesen wenn sie ihn brauchte, warum konnte sie ihm das nun nicht danken, in dem sie den Kontakt abbrach, so weh es ihr auch weh tun würde. Heute war ein ‚beweglicher Feiertag‘ der Uni, weswegen sie den ganzen Tag Zeit hatte sich Vorwürfe und Gedanken über ihre Beziehung zu machen. Dann stand ihr ein Wochenende bevor, das sie genauso dazu veranlassen würde über Drake nachdenken zu müssen.
Ein erschöpftes Stöhnen entrann Leighs Kehle, weswegen sie sich in ihr Bett fallen ließ und gegen die weiße Decke starrte. Sie wusste nicht was sie nun als nächstes tun sollte, ob sie auf ihre Herz hören und sich weiterhin mit Drake treffen sollte oder doch auf ihren Vater vertrauen?
Plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, trat Eleanor in ihr Zimmer, lehnte sich an die Wand und kicherte, wie ein kleines Mädchen das sich an Süßigkeiten erfreute, auf. „Ach Leighton, triffst du dich heute nicht mit deinem Bettler?“, fragte sie und drehte ihre glatten Haare auf ihrem schlanken, manikürten Zeigefinger auf. „Nein! Und er heißt Drake!“, zischte sie und drehte sich zu Eleanor um sie finster an zu blicken. „Und woher das plötzliche Selbstbewusstsein?“, fragte sie und blickte auf ihre Fingernägel um zu frieden fest zu stellen das sie nach wie vor gut aussahen und kein Nagellack abgeblättert war. „Was willst du, Eleanor?“, fragte Leigh und kniff ihre Augen zusammen. Jedes Mal wenn sich Eleanor bei ihr blicken ließ, hieß es nichts gutes, dieser Verdacht –diese Tatsache- bestätigte sich: „Nun, unsere Eltern haben sich gestern gestritten. Du kannst dir sicher vorstellen warum, jedenfalls war Vater sehr wütend und du weißt wie er drauf ist wenn er einmal richtig in Fahrt kommt. Ich möchte dich nur daran erinnern das Mutter vor einiger Zeit mit einem Veilchen davon gekommen ist.“ Leigh biss sich auf ihre Lippe und seufzte kurz auf.
Sie blickte in Eleanors Augen, unterdrückte die aufkommenden Tränen und sagte dann: „ Du hast Recht. Ich werde ihn nicht mehr wieder sehen.“ Eleanor schien verwundert, denn anscheinend hatte sie jeg mögliche Reaktion erwartet nur nicht diese. Sie blickte von ihren Fingernägeln auf, zog eine Augenbraue hoch und verzog ihren Mund zu einem finsteren Lächeln. „Ach? Wieso der Sinneswandel?“, fragte sie und fuhr sich durch ihre Haarpracht. Wenn Leigh an ihre Kindheit dachte, musste sie schmunzeln, denn sie war immer eifersüchtig auf Eleanors lange glatte Haare gewesen. „Weil ich keine Lust habe, dich weiter in meinem Leben rummischen zu sehen.“, zischte Leigh, lief an Eleanor vorbei und suchte den großen ‚Kunstraum‘ ihres Vaters auf. Leigh nannte ihn so, da in diesem Raum ein wunderschöner Flügel stand, die Wände mit bekannten Kunstwerken beschmückt waren und sich ein großer Bücherschrank an einer Wand entlang befand. In diesem Schrank waren die liebsten Bücher ihres Vaters. Leigh hatte nie erfahren ob George Klavier spielen konnte oder dieses Instrument nur hatte, weil es schön aussah. Die junge Frau liebte es einfach auf dem Instrument herum zu klimpern, wenn sie ehrlich war klang es grauenhaft, aber sie liebte die Töne und den klaren Klang dieses Instrumentes. Leigh legte sich auf die Ledercoach, welche sich vor dem Bücherschrank befand. Ihr Blick glitt durch den Raum, blieben an den weißen Wände hängen, den Krohnleuchter in der Mitte des Raumes und die großen Fenster, die den Raum in helles Licht tauchten. Die samtigen Vorhänge, in der zarten Farbe eines Pfirsichs, ließen den Raum unglaublich schön erscheinen. Sie liebte diesen Ort, weswegen sie oft hier her kam um nach zu denken. Und genau in diesem Moment, in welchem sie sich vornahm ihr Leben neben dem weißen Flügel zu verbringen, trat Ian in das Zimmer. Leigh blickte ihn an und ein kleines Lächeln bildete sich auf ihren rosigen Lippen. Ian war stets auf ihrer Seite gewesen, egal was gekommen war.
Ian setzte sich zu Leigh auf die Coach und ein tiefes Schweigen legte sich auf dem Raum nieder. Da der Lockenschopf nicht wusste warum Ian sie aufgesucht hatte, versuchte sie auch nicht ein Gespräch an zu fangen. Gerade als ihr dieser Gedanke durch den Kopf schoss, fing Ian an zu reden: „ Wenn du mit diesem Drake zusammen sein willst, dann sei es. Lass dich doch nicht von Eleanor zu Entscheidungen zwingen die du später bereust." Leigh blickte auf ihre Hände, sie dachte nach, wobei sie doch ihre Antwort wusste. „Aber sie hat Recht. Meine Eltern streiten sich wegen mir und mein Verhältnis zu Eleanor wird von Tag zu Tag immer schlechter.“, murmelte sie und blickte zu Ian. Seine Augen waren matt und traurig, diese Gefühlsregung verstand Leigh nicht. „Deine Eltern streiten sich, ja, aber nur weil dein Vater im Unrecht ist, er will dich ebenso zu etwas zwingen wie Eleanor und deine Mutter scheint auf deiner Seite zu sein. Lass dich nicht von Eleanor zurecht biegen.“ Die Brünette blickte Ian lange an, dann fragte sie leise: „Warum bist du auf meiner Seite?“ Ian fing verbittert an zu Lachen, er fuhr sich durch seine Haare und seufzte daraufhin auf. „Weil ich Eleanor kenne, ich kann in ihr lesen wie in einem offenem Buch, so seltsam das auch klingen mag.“, sagte er und blickte starr aus dem Fenster. Leigh schwieg weil ihr keine Antwort darauf einfiel. Es machte sie traurig das Ian Eleanor so gut kannte, immerhin war Eleanor ihre Schwester und nicht seine. Plötzlich fragte sie sich ‚Warum‘ er Eleanor so verstand. „Warum?“, fragte sie dann einfach und fixierte jede Faser aus Ians Gesicht. „Weil ich mich schon vor langer Zeit in deine Schwester verliebt habe, Leigh. Da siehst du es, hier versucht dir Jemand einen Ratschlag in Beziehungen zu geben und ist selber der Looser!“, erklärte er und fing daraufhin an zu Lachen. Leigh schmunzelte, sie kratzte sich am Kinn und meinte: „Bis jetzt warst du der Einzige der Eleanor immer etwas unter Kontrolle hatte, vielleicht ist noch Hoffnung.... Und mit Hoffnung meine ich das du sie mit deiner unendlichen Liebe gerade biegen kannst!“ Ian verzog gespielt das Gesicht, piekste Leigh in ihren Bauch und rief: „Mach dich nicht über mich Lustig Leighton Elena Cunnigham!“ „Du hast es so gewollt, Ian!“, meinte sie nur und piekste ihn zurück.
„Ich meine es Ernst Leigh, lass dich nicht von Eleanor unterkriegen. Lebe dein Leben so wie du es für richtig hälst und zeige deiner Schwester endlich das du dein Leben nun selber in die Hand genommen hast!“ „Danke Ian.“, murmelte sie und gab Ian einen kleinen Kuss auf die Wange. „Nicht dafür.“, entgegnete er und setzte ein liebevolles Lächeln auf.

*



Drakes Nachmittag war langweilig verlaufen, zwischen Nudelpackungen einräumen und alten Damen die Abteilung für Katzenfutter zu zeigen, durfte er Preisschilder aufhängen, aufkleben und aufsammeln. Der ganze Tag hatte ihn schon verärgert und die Tatsache das Leigh sich nicht meldete, seinen Anrufen aus dem Weg ging und ihm auch so irgendwie die kalte Schulter zeigte, verletzte ihn, es machte ihn sogar etwas sauer. Mit einem etwas angesäuertem Blick sortierte er die Verpackungen in den Müsliregalen neu. Als schnelle Schritte, mit einem unterstrichenem Klacken von Hohenschuhen ihm sich näherten. Drake blickte automatisch auf, er müsste es leugnen, aber er hatte den gesamten Tag jedes Mal aufgesehen wenn er hohe Schuhe gehört hatte. Nun stand Eleanor, Leighs Schwester, vor ihm, blickte mit einem verachtendem Blick zu ihm herunter. Drake, der auf dem Boden gekniet hatte, stellte sich auf um Eleanor von oben herab ansehen zu können, was nicht schwer war, denn er war mindestens eineinhalb Köpfe größer. „Was willst du?“, fragte er etwas barsch und legte eine demolierte Müslipackung in den Wagen den er, ebenfalls, den ganzen Tag mit sich rum gezogen hatte. „Frag mich nicht so unhöflich und Rüde, das unterstreicht nur das du ein namenlose Wurst bist.“, konterte sie und warf ihre Haare zurück. Drake unterdrückte ein wütendes Knurren. Von Sekunde zu Sekunde fing er an Eleanor mehr und mehr zu hassen. „Entschuldigung meine werte Dame, aber wie kann ich Ihnen helfen?“, zischte er, das tat er nur, weil er hoffte etwas neues von Leigh zu hören. Und Neugikeiten von ihr bekam er: „Ich bin nur gekommen um dir zu sagen das in Leightons Leben kein Platz für einen armen Schlucker wie dir ist. Sie brauch dich nicht und ist ohne dich hundertmal besser drann. Du warst so etwas wie ein... hm... ein Umweg, oder eine Ablenkung.“, sagte sie und legte einen Zeigefinger auf ihre Lippen. Diese vollen Lippen, die sicher hübsch waren wenn nicht nur widerliche Worte aus ihnen heraus kommen würden, formten sich zu einem gehässigen Lächeln.
Da Drake schon den ganzen Tag nichts von Leigh gehört hatte und sie ihm auch gekonnt aus dem Weg ging, fing er sogar, tief in seinem Inneren, an die Worte Eleanors zu glauben. „Dann sag ‚Leighton‘ sie soll mir das persönlich sagen. Sonst glaube ich nicht das sie mich nicht mehr sehen will.“, sagte er und versuchte so locker wie nur irgend möglich rüber zu kommen. „Nicht nötig, Honey. Ich meine, sie meldet sich nicht, sie ignoriert dich und heute morgen hat sie mir sogar recht geben das du ein Niemand bist.“, kicherte Eleanor, so als ob sie mit ihrer besten Freundin den neusten Tratsch austauschen würde. Drake zog seine Augenbrauen zusammen, schmiss eine weitere kaputte Müslipackung in den Wagen, lief an Eleanor vorbei und ehe er um die Ecke bog sagte er: „Der einzige Niemand hier bist du, immerhin kriegst du es nicht auf die Reihe deine eigene Schwester zu übertrumpfen und spielst ihren Boten.“ Dann verschwand er, ließ eine vor Wut kochende Eleanor alleine und versuchte mit seinen eigenen Gefühlen klar zu kommen.
Studieren wollte er nur um Leigh zu zeigen, dass er es zu etwas bringen konnte, das er eben nicht der Typ vom‘ Supermarkt war. Doch jetzt schien er nicht mehr interessant für sie zu sein und sein Ansporn war weg. Plötzlich verankerte sich aber das Gefühl, dass er Leigh zeigen wollte was sie verpasste, er wollte ihr klar machen, das er eben doch kein Niemand war.
Mit neu geschöpftem Mut zog er das Hemd des Supermarktes aus, zog sich seinen Motorradhelm auf und verschwand aus dem kleinen Supermarkt. Ja, er würde es ihr und Eleanor zeigen, dieser Gedanke verankerte sich immer mehr, als er mit seinem Motorrad zu seiner kleinen Wohnung fuhr.



Kapitel 4



Es war nicht schwer gewesen Drakes Adresse herraus zu finden. Leigh hatte nichts weiter tun müssen, als in den Supermarkt, in welchem Drake arbeitete, zu gehen, sich nach ihm und seinen Daten zu erkundigen –mit der Aussage sie sei seine Freundin- und sich dann auf dem Weg zu ihm zu machen.
Warum sie sich entschied ihn auf zu suchen und doch nicht auf Eleanor zu hören? Ganz einfach: Die Worte Ians hatten sich fest in ihre Gedankenwelt gefressen, sie war nach einigem Grübeln dazu gekommen, dass er Recht gehabt hatte. Deswegen stand sie nun vor der kleinen Wohnung und fühlte sich fehl am Platz. Sie, Leigh, die mit ihren hohen schwarzen Pumps, der enganliegenden Röhrenjeans und dem engen schwarzen Top (eine lange Kette an deren Ende eine Faustgroße Taschenuhr hing –diese gehörte ihrem Urgroßvater- umrandete ihr erscheinen etwas. Die Taschenuhr war silber und einige Verschnörkelungen ließen sie edel wirken.), fühlte sich fehl am Platz. Sie wirkte wie die Prinzessin in einem Armenviertel. Das Gefühl von unbehagen breitete sich in ihr aus, weswegen sie die silberne Uhr umgriff und in das Treppenhaus der Wohnung trat.
In dem Hausflur roch es unangenehm, der Putz war an einigen Stellen abgeblättert und einige Graffitis zeichneten sich an den Wänden ab. Leigh lief schnell die Stufen hoch, blickte an jedes Namensschild, was ihr auf dem Weg auffiel. Sie suchte nach dem Namen ‚Johnson‘, welcher laut dem Chef Drakes, Drakes Nachname war. Sie lief die Treppe bis zum vierten Stockwerk rauf, als sie das Schild, welches fein und säuberlich neben dem Lichtschalter aufgehängt worden war: ‚Drake Johnson‘.
Leighs Herz machte Luftsprünge. Sie holte tief Luft und klopfte an die Holztür. Einmal. Zweimal. Sogar ein drittes Mal. Die Tür wurde soweit geöffnet, das Leigh Drake erkennen konnte, wie er sich an den Türrahmen lehnte und sie aus seinen braunen Augen herraus ansah. Der Braunhaarige sagte nichts, sah sie an und stand mit verschrenkten Armen vor ihr. Leigh schluckte. „Ja… ich habe Fehler gemacht. Einen großen sogar. Ich habe dich ignoriert. Ich habe einen wundervollen Menschen ignoriert, der es nicht verdient hat...“, sagte Leigh und sah Drake aus ihren leuchtenden Augen herraus an. „Ach hast du das? Ich kann auf dein Mitleid verzichten Leighton.“, konterte Drake und machte keinerlei Anstalten ihr auch irgendwie weiter zu zu hören.
„Aber ich meine es Ernst! Mein Vater... und Eleanor!“, versuchte sie ihm zu erklären, fand aber keine richtigen Worte, weswegen ihr Erklärungsversuch irgendwie unter ging. „Ja ich weiß. In deinem Leben ist kein Platz für einen armen Schlucker wie mir. Aber hey, ich erleichtere dir diese Entscheidung: Ich habe nicht weiter vor Teil deines Lebens zu sein.“
Ein lautes Knallen ertönte. Leighs Nasenspitze berührte nur knapp das kalte Holz der Tür. Wütend rief sie: „Hat dir das Eleanor erzählt?! Du warst ein weitaus größerer Teil meines Lebens als es meine gestörte Schwester je sein könnte!“
Tränen sammelten sich in Leighs Augen, sie versuchte ihre Trauer runter zu schlucken und rannte die Treppe so schnell sie konnte runter. Die kalte Luft peitschte ihr ins Gesicht und die Tatsache, das sie es zu gelassen hatte, das Eleanor ihn ihr weggenommen hatte, verletzte sie so sehr, das sie am liebsten brechen würde, da sich ihr Magen wie ein Zementblock anfühlte.


*



„Du mieses, hinterhältiges, verlogenes Miststück!“, schrie Leigh, als sie in das Zimmer ihrer Schwester stürmte und die Tür laut zu knallte. Wütend stürzte sie sich auf Eleanor, schubste sie auf die Coach und baute sich wütend vor ihr auf. „Was hast du zu ihm gesagt? Warum hast du das getan, du Monster!“, brüllte Leigh und warf ein Kissen nach ihr, alles was sie im Moment in die Hände bekommen konnte, schmiss sie nach Eleanor, diese wich gekonnt, den auf sie zu fliegenden Sachen aus. „Ich weiß nicht was du meinst, Schätzchen.“, meinte diese nur zuckersüß Lächelnd. Sie griff nach der Teetasse, die sich vor ihr befand und trank einen Schluck des Pfefferminztees. „Du weißt es genau!“, sagte Leigh und versuchte ihre Wut unter Kontrolle zu bekommen. Sie ballte ihre Hände zu Fäusten und holte tief Luft. „Meinst du diesen Drake? Ich habe ihn gesehen ... ja genau gestern! Er sieht wirklich gut aus für so einen hm.. Bauern wie ihn!“, meinte Eleanor und setzte ihre Teetasse auf den Untersetzer zurück. Ihre vollen Lippen formten sich zu einem finsterem Lächeln, das sie trotz allem schön aussehen ließ. „Was. Hast. Du. Gemacht?“, zischte Leigh und betonte jedes einzelne Wort. „Hm. Zuerst haben wir uns unterhalten, sind ausgegangen haben was getrunken und dann kann ich mich erinnern das ich in seinen Armen aufgewacht bin. Schätzchen, er ist wirklich gut im Bett, aber ich sage dir das ist eine einmalige Nummer.“ Eleanors lange Finger umgriffen ein Caramelbonbon welches sie sich vom Tisch gefischt hatte. Dieses drehte sie ein paar Mal in ihren Fingern, ehe sie das Papier von der Süßigkeit löste und dann in ihren Mund schob.
„Weißt du das du eine Hexe bist? Eine widerliche und abstoßende Hexe?“, fragte die Brünette dann und auf ihrer Stimme legte sich Trauer. Sie wollte den Worten Eleanors nicht glauben, sie konnte es nicht. Aber ihre Schwester war zu allem fähig, fähig dazu ihr Leben zu ruinieren, egal mit welchen Mitteln.
„Ja ich weiß. Aber weißt du was, Leighton? Es macht verdammt Spaß!“, kicherte Eleanor und schnalze genüsslich mit der Zunge. „Fahr zur Hölle.“, warf Leigh, mit letzter Kraft, an ihren Kopf und verschwand auch sogleich aus dem Zimmer ihrer Schwester.
Mit trägen Beinen schleppte sie sich in ihr Zimmer. All ihre Gedanken kreisten um Drake und Eleanor. Bilder in denen sie sich küssten, Drake sich Eleanor vollkommen hingab. Ein fürchterlicher Schmerz zog ihre Brust zusammen. Als sie ihre Zimmertüre öffnete und wieder schloss, wollte sie sich einfach nur noch in ihrem Bett verkriechen und weinen, solange weinen bis sie es einfach nicht mehr konnte.
„Leigh?“
Leigh glaubte Drake zu hören, sie sah auf und blickte in das Gesicht Ians. Für einen kurzen Moment war sie enttäuscht, doch dann schmiss sie sich in seine Arme und fing an zu weinen. Tränen flossen ihre zwarten Wangen hinunter. Heiße Wassertropfen, die auf das weiße Hemd Ians flossen.
„Ich hasse sie. Ich hasse sie. Ich hasse sie.“, schluchzte Leigh, so als wolle sie einen Zauberspruch aussprechen und müsse diesen immer wieder wiederholen, damit er auch Wirkung zeigte.
„Ich weiß.“ – „Warum tut sie so etwas? Was habe ich ihr getan?!“ – „Ich weiß es nicht.“ – „Warum?!“ – „Shhh.“, Ian strich über Leighs Kopf und wiegte sie wie ein kleines Baby hin und her.
„Danke Ian.“, murmelte sie und legte ihren Kopf auf seine Schulter. „Ich danke dir so.“, fügte sie hinzu. Ian lächelte matt. „Du brauchst mir nicht zu danken.“, sagte er leise und fuhr erneut durch die Lockenmähne Leighs.
Dann fügte er hinzu: „Dafür sind Freunde da, oder nicht?“

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Tag der Veröffentlichung: 24.04.2011

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