Es war ein Montag. Ein schöner Tag, ich weiß es noch genau. Wir hatten schulfrei, es schien die Sonne, ein leichter Wind blies mir die Haare ins Gesicht und die Blumen blühten in voller Pracht. Meine Mutter hatte mich darum gebeten, einkaufen zu gehen. Trotz des schönen Wetters kann ich nicht behaupten, dass ich höchst motiviert war. Mein Fahrrad war in der Werkstatt, was für mich hieß, den ganzen Weg zu Fuß runter und wieder hoch gehen zu müssen. Nicht, dass es sonderlich weit gewesen wäre, doch Einkäufe den Berg
hochzuschleppen zählte nicht gerade zu meinen Lieblingsbeschäftigungen. Ich machte mich also auf den Weg. Eine Schirmmütze auf den Kopf, meine dünne Jacke ließ ich offen, wo ich nur ein T-Shirt drunter trug. ich sollte Eis für 5, 50¤ holen und etwas Gemüse. Recht schnell war ich dann auch mit meinem Einkauf durch. An Eis hatte ich vier verschiedene Sorten bekommen - Vanille, Schokolde, Straziatella und Walnuß. Ich dachte gerade daran, dass die Welt immer teurer wurde und man früher bestimmt für dieses Geld einiges mehr an Eis hätte kaufen können und außerdem bemitleidete ich mich schon selbst, das alles nach Hause tragen zu müssen. Ich war froh, dass ich noch etwas Gemüse hatte einkaufen sollen, denn ich fühlte mich unwohl, wenn ich darüber nachdachte, was die Leute an der Kasse über mich dachten. Bestimmt, dass ich ein verfressenes kleines Gör war, obwohl diese Unmengen von Eis ja für eine Großfamilie bestimmt war. Ich stellte mich also an die Kasse, mit einem "Naja-Selbstwertgefühl", packte Eis und Gemüse sorgfältig hinter dem Trenn-Teil auf das Kassenband und war dabei, selber so ein trenn-Teil hinter meinem Einkauf hinzulegen, wo eine weitere Frau schon eifrig dabei war, ihr Zeug hinzulegen, als ob es sowas wie einen Hausfrauenwettbewerb gab, wer seine Einkäufe schneller aufs Band legen kann und dabei ihre Miteinkäuferinnen, vom ganzen zusehen ganz wuschig zu machen. Darin hätte sie bestimmt gewonnen. Ich wandte mich wieder meinen Anteil vom Band zu, nur um zuzusehen wie es langsam zur kassiererin hinschlich. Jemand tippte mir auf die Schulter und ich zuckte ein wenig zusammen. Schräg hinter mir - zwischen der glücklichen Frau, die schon bei der Kassierin was und mir - stand eine alte dame, hielt eine kleine Pedigree-Hundefuttertüte auf Brusthöhe hoch, grinste, machte irgendwelche Geräusche die ich nicht deuten konnte und zeigte auf die Tüte. Ich war etwas perplex, war mir nicht sicher ob ich sie angerempelt hatte und murmelte ein >>Entschuldigung<<. Dann sah ich nochmal auf die Tüte und sagte >>Natürlich dürfen sie vor mir.<<
Und tritt, um den ganzen Nachdruck zu verleihen einen Schritt nach hinten. Wieder sagte die frau etwas, was man weder Deutsch, noch irgendeine andere Sprache hätte nennen können, doch ich wusste, dass sie Danke sagen wollte. Dabei behielt sie die ganze Zeit ein breites Lächeln auf den Lippen und ich konnte nicht anders als zurückzulächeln.
Die Dame faszinierte mich, in ihrem ausdruck konnte ich viel stärke und Fröhlichkeit lesen. Ich konnte nicht anders als sie anzuschauen während sie ihr Hundefutter kaufte. Sie hatte eine Ausstrahlung wie kaum ein anderer. als sie bezahlt hatte sagte sie etwas zur Kassiererin - ich weiß nicht was sie damit meinte. Dann drehte sie sich nochmal zu mir um und lächelte so schön und gütig, dass mir ganz warm ums Herz wurde. Dann ging sie. Die Verkäuferin sah mich mit einem fragenden Blick an, ich lächelte sie nur an und bezahlte mein Eis und Gemüse, ohne dass es mich im Geringsten gekümmert hätte was die Leute von mir dachten und verließ den Laden mit einem "Super-Selbstwertgefühl". Die Sonne schien noch heller zu scheinen, die Einkaufstasche war gar nicht mehr so schwer.
Es ist jetzt ein halbes Jahr her und jeden Tag hoffe ich, sie nocheinmal sehen zu dürfen.
Tag der Veröffentlichung: 12.06.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle Menschen, die Menschen solche Momente schenken und für all diejenigen, die noch auf solche friedlichen Momente warten müssen.