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1. Kapitel

Ich saß an meinem Schreibtisch und blickte auf das herunter, was vor mir lag. Ich stöhnte. <<So viel Papierkram!>> Unwillig nahm ich meinen Füller in die Hand. Einen schwarzen Schönschreibfüller, den ich Willy getauft hatte. Ich weiß es ist verrückt toten Gegenständen Namen zu geben, doch das ist so eine Angewohnheit von mir. So, wie andere Steine sammelten oder jeden zweiten Tag einen Frühjahrsputz einlegten. Apropos Steine sammeln, ich sammle für mein Leben gern Muscheln.
Mein Blick richtete sich wieder auf das Formular. <<Na dann mal los>>, sagte ich und fing an es auszufüllen.Bei der Vorstellung,dass ich wirklich diesen Scheiß mitmachte, musste ich unwillkürlich grinsen.
Name: Kelly Marlof
Alter : 21
Größe: <Wieso wollen die denn das von mir wissen? Als ob das eine Rolle spielen würde...oder?>, fragte ich mich. Also nochmal. Größe: 1, 76m.
Und so ging es weiter. Eine geschlagene Stunde saß ich konzentriert über 15 Zettel gebeugt. Runzelte manchmal die Stirn, da die Fragen in meinen Augen manchmal nicht wirklich sinnvoll waren...Ich füllte ein Formular für eine Partnersuche aus...schon erbärmlich wenn man zu solchen Mitteln greifen musste um auch mal einen Mann abzukriegen. Dabei sah ich gar nicht schlecht aus. Ich hatte kein übergewicht und hatte eine schöne Oberweite.Einen braunen Lockenkopf zierten mein schmales Gesicht und brachten meine grünen Augen zur Geltung. Doch ich war verzweifelt. Ich war wirklich nicht der Typ Mensch der gern alleine blieb. Wahrscheinlich schreckte ich die Leute mit meiner Verrücktheit ab. Ich redete viel und gerne und meist sinnloses Zeug. Ich verstand mich schon immer besser mit Jungen als mit Mädchen. Daher war ich für die meisten Jungen einfach nur ein guter Kumpel.Oft unternahm ich was mit ihnen, doch Gefühle entwickelten sich nie. Ich spielte gerne Fußball bis ich 16 Jahre alt wurde. Dann wendete ich mich ein wenig mehr den Dingen zu, die Mädchen nun mal so taten. Doch mehr als eine gute Freundin wurde ich für die Jungen nicht. Das störte mich nicht sonderlich, bis vor zwei Jahren. Als ich mich zum ersten mal verliebte...Damals war ich 19 Jahre alt und machte Urlaub auf Hawaii. Ich ging am Strand entlang und sammelte Muscheln. Wenn ich eine schöne Muschel fand, rieb ich den Sand vorsichtig mit meinem Strandkleid ab und steckete sie in meine Tasche zu den anderen vielen Muscheln. Doch vorher gab ich den Muscheln, jeder einzelnen, einen Namen. Ich weiß, ihr haltet mich jetzt für komplett durchgeknallt, aber es macht wirklich Spaß.Ich entdeckte gerade eine wunderschöne, rötliche Muschel und lief hin.Als ich mich nach ihr bückte, bemerkte ich leider ein wenig zu spät, dass unmittelbar vor ihr ein Mann stand. Naja, ich sah nur seine Schuhe, doch keine Frau hätte diese Schuhe getragen, nehm ich an. Die braunen Halbschuhe sahen elegant, aber dennoch relativ zwanglos aus. Wie die Schuhe eines Touristen. Ich sah wohl ziemlich bescheuert aus, wie ich vor ihm stand und zu ihm aufblickte. Der Mann war um die 25 Jahre alt. Und er sah verdammt heiß aus... Er hatte dunkle Haare, lockig, die ihm leicht ins Gesicht fielen. Er grinste mich frech an und hielt mir seine Hand hin. Er fragte mich mit der wohl sexysten Stimme der Welt: <<Hast du was verloren?>> <<Ja, meine Würde, nehm ich an.>>,seufzte ich. Er lachte. Es war mitreißend und auch ich prustete los. <<Darf ich dich zu einem Drink einladen, oder wäre das zu aufdringlich?>>, fragte er. <<Nein, ich glaube das geht in Ordnung>>, meinte ich und grinste. <<Na dann, Madame...>> Er hielt mir seinen Arm hin und ich hakte mich unter. Wir gingen den Strand entlang bis wir ein kleines Restaurant direkt am Ufer sahen. Nicht zu fein, eher wie eine Kneipe...Er bestellte sich irgendeinen Cocktail, wo ich schon beim ansehen betrunken wurde. Ich bestellte mir eine Cola. Wir redeten und lachten viel. Er erzählte mir, dass er auf eine Berufsreise für zwei Wochen hier war. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, finde ich es ziemlich naiv keinen Verdacht zu schöpfen wenn er mir partout seinen genauen Beruf nicht nennen wollte. Ich dachte damals es wäre ihm peinlich. Aber damals war ich eh ein wenig komisch. Was vielleicht daran lag, dass er mich irgendwie dazu überredet hatte, diesen Mörder-Cocktail zu bestellen. Wo ich doch sonst eigentlich meine Finger von Alkohol lasse und wenn dann trinke ich nur mal ein Mischbier. Eigentlich sollte diese Unterhaltung mir furchtbar peinlich sein, aber ich weiß nicht mehr über alles genau Bescheid, was Inhalt unserer Unterhaltung war. Doch dass er sehr charmant war, das wusste ich noch. Und das ich am nächsten Morgen in seinem Bett aufwachte, das wusste ich auch noch. Aber es war nicht so wie man es aus Filmen und Büchern kennt. Ich wusste genau, wie ich hierher gekommen war, mich plagten keine Kopfschmerzen (Naja, vielleicht ein bisschen, aber die versuchte ich geflissentlich zu ignorieren) und mein Traummann war nicht abgehauen um zur Arbeit zu gehen, sondern lag noch neben mir in Bett und war am schlafen. Er sah wirklich sehr süß aus wenn er schlief. Ich stand auf und machte mich auf die Suche nach der Küche. Nachdem ich im Treppenhaus, im Bad, in einem Abstellraum und ein Wohnzimmer gelangt war, fand ich endlich die Küche. Nach weiteren zehn Minuten saß ich mit einem Glas Wasser am Küchentisch. Mit Zeigefinger und Daumen massierte ich meine Schläfen, da die Kopfschmerzen jetzt doch stärker geworden waren. Ich seufzte. Man kann ja nicht alles haben... Ich fragte mich, wie es jetzt weitergehen würde. Der gestrige Abend war schön mit ihm, aber war es das jetzt? Gingen wir jetzt einfach so auseinander? Mein Magen zog sich unwohl zusammen. Oh nein, nicht das noch! Keine Gefühle, Kelly! Gleich schmeißt er dich raus und dann stehst du da. Verliebt und allein gelassen. Ich stand auf und sah mich in der Küche um. Alles hier erinnerte mich daran, dass ich eine Fremde war. Als würde mir das Haus das zuflüstern. Der polierte Boden, das saubere Geschier, hübsch einsortiert in der Vitrine gab mir ein unwohles Gefühl. Meine grünen Augen huschten neugierig, jede Ecke absuchend, nach etwas kaputten,dreckigen,aus der Reihe tanzenden. Ich wusste nicht was ich mir vorgestellt hatte zu finden. Aber garantiert nicht das!

2.Kapitel

In der Tür zur Küche war ein kleiner Junge von vielleicht acht Jahren. Er war nicht schmutzig und sicherlich auch nicht kaputt, doch er tanzte wortwörtlich aus der Reihe. Auf seinen roten Lockengestrüpp von Haaren konnte ich Kopfhörer erkennen, er schien ziemlich laut Musik zu hören, denn er hatte mich noch nicht bemerkt. Der Junge tanzte, hüpfte, sprang und sang dabei laut einen mir unbekannten Song mit. Anscheinend spürte er meinen Blick auf sich ruhen, denn er hob den Kopf und sah mich mich mit großen Augen erstaunt an. Nach einer Weile merkte er, dass dieses Anstarren höchstwahrscheinlich als unhöflich galt, sah etwas verlegen auf den Küchenboden und wurde sogar etwas rot in seinem sonst ziemlich blassen Gesicht.
Plötzlich drehte sich der Junge um und rannte weg, ohne mich noch einmal anzuschauen. Entfernt hörte man eine Tür knallen und ich stand angelehnt an der Anrichte verwirrt und auch etwas erschrocken da. Er hatte ein Kind. Die Ähnlichkeit war nicht zu übersehen gewesen. Ich hatte für einen Augenblick in die selben braunen Augen des Mannes gesehen, der wohl immernoch im Bett lag, indem ich aufgewacht war.
Ein paar Sekunden später stand er nun auch in der Küchentür. Die Idee still und heimlich zu verschwinden war damit wohl auch schon verschenkt.
Meine Reaktion fiel unerwartet aus. <<Wieso hast du mir nicht gesagt, dass du einen Sohn hast? Ich hätte doch sonst nie...ich meine...ich hatte das Recht...okay, ich verstehe. Ich hoffe deine Frau wird niemals von mir erfahren.>> Er sah mich überrascht und entsetzt an.<<Wovon redest du, bitteschön?>>

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Tag der Veröffentlichung: 07.11.2008

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