Cover

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Es ist schon weit nach Mitternacht. Doch Floey liegt immer noch wach in ihrem grünen Bett, obwohl sie schon längst schlafen sollte. Sie liegt eingekuschelt in ihrem grünen mit Blättern versehenen Lieblingsbettzeug. Alles ist so wie an jedem anderen Abend: Ihre silberne Trinkflasche und ihr schwarzer Funkwecker stehen rechts neben ihr, auf dem hölzernen Nachttisch. Links von ihr liegen ihre beiden Lieblingskuscheltiere. Ihre Hündin Flower, ein Border Collie, lag neben ihrem Bett in einem braunen Körbchen mit Tatzen drauf und schlummerte selig. Und doch kann die 13-jährige einfach nicht schlafen, denn morgen ist für sie der schlimmste Tag im ganzen Jahr: Der Montag nach den langen Sommerferien. Natürlich meinen viele Kinder, dass dies der schlimmste Tag im Jahr ist, weil die Schule weitergeht, doch Floey hat ein ganz anderes Problem, woran die anderen Kinder nie im Leben denken würden. Floey möchte nie wieder in diese Schule, denn dort wird sie nur beleidigt, geärgert, geschubst, ja sogar getreten und geschlagen. Sogar die Lehrer nehmen keine Acht auf sie, sondern stellen sie bloß, machen sich über sie lustig und vieles andere. Doch das schlimmste daran ist, dass es für all dies keinen Grund gibt. Floey ist nicht dumm, nein, eigentlich sogar schlau, sie schreibt eigentlich Zweien, manchmal aber auch Einsen oder Dreien. Eben eine ganz normale Schülerin. Genauso wenig ist sie dick, oder hässlich. Floey ist wirklich hübsch, sie hat oranges, langes Haar und einen Seitenscheitel mit Pony, außerdem ist sie dünn, sie hat die richtige Statur für ihre 1,69m. Im Großen und Ganzen gibt es nichts, was man an Floey auszusetzen haben könnte. Aber eines bleib ihr, egal was die anderen sagen: Ihre beste Freundin Lillian. Die beiden gehen einfach durch dick und dünn, und haben keinerlei Geheimnisse voreinander.

Floey liegt also wie so oft schlaflos in ihrem Zimmer. Es gibt kaum Nächte, wo sie wirklich schlafen kann. Denn wenn ihre 4-jährige Schwester Li mal nicht plärrt, oder die Zwillinge der Nachbarn sich mal nicht abends streiten, muss Floey über den nächsten Tag nachdenken. Ihre größte Angst ist aber, dass Lillian fehlt, denn dann wäre sie allein. Ganz allein. Allein dem Ärgern der anderen Kinder ausgesetzt. Irgendwann, oft spät in der Nacht, schafft Floey es dann ihre Ängste halbwegs zu vertreiben, und fällt in einen leichten Schlaf, wenn auch nur mit ungutem Gefühl im Bauch. So auch jetzt.


Um 6 Uhr klingelt Floey's Wecker. „Brr!“ Müde quält Floey einen Arm aus dem warmen Bett, und haut auf den Knopf des Weckers. Verschlafen zieht sie ihren Arm wieder unter die Bettdecke, und dreh sich wieder um. Sofort verfällt sie wieder in den Schlummer-Schlaf. Doch schon nach ein paar Minuten hört sie ein dumpfes Klopfen an ihrer „Tür“, der Luke, mit der man über eine Leiter vom Dachboden in den zweiten Stock gelangt. Mit einem leisen Knarren öffnet ihre Mutter Eliana die Luke und steckt den Kopf in ihr Zimmer: „Ich muss jetzt gehen, Floey, achtest du bitte darauf dass Iggi und Tara aufstehen, frühstücken und pünktlich losgehen? Li musst du in den Kindergarten bringen, ihr geht es ja im Moment nicht so gut. Du stehst jetzt bitte auch auf. Bis später, Floey!“ Das war alles, was Eliana, Floey’s, Iggi’s, Tara’s und Li’s Mutter zu sagen hatte. Aufgaben, alltägliche Aufgaben. Von Floey erwartet jeder, dass sie diese Aufgaben Tag für Tag erledigt. Es kommt ihr immer so vor als wäre sie hier die Mutter, denn ohne sie würde alles zusammenbrechen. „Ja Mama, mach ich.“ Eliana musste jeden Tag arbeiten, von Morgens früh bis spät in den Abend hinein. Floey’s Vater Mo war gestorben, als sie noch ganz klein war. Sie hatte keine Erinnerung an ihn, das einzige was ihr blieben, waren ein paar alte, verblichene Fotos von ihm.
Mit Mühe quälte sich Floey aus ihrem warmen, kuscheligen Bett, zog sich ihre Klamotten an und machte sich daran, ihre Geschwister aus dem Bett zu schmeißen. Als erstes war Li an der Reihe. Leise öffnete Floey die Tür zu ihrem Zimmer und sagte mit leiser, freundlicher Stimme: „Li, steh jetzt bitte auf und pack deine Tasche für den Kindergarten. Ich ruf dich gleich zum Frühstück.“ „Ja, Floey, mach ich“, sagte Li. Floey ging zu nun zu den Schlafmützen alias Iggi und Tara. „Aufstehen! Es ist Zeit! Packt eure Schulsachen, zieht euch an und kommt zum Frühstück!“ Ein müdes Knurren und ‚och nö’ war aus den Betten zu vernehmen. „Wird’s jetzt bald mal?!“, schlug Floey in strengerem Ton an. „Motzt und gefälligst nicht so an du Mrs. Oberschlau!“, rief Iggi. „Und du redest nicht so mit deiner großen Schwester!“ Floey war kurz vor dem ausrasten, doch Tara konnte sie beruhigen: „Jetzt nimm’s mal locker Schwesterchen.“ „Auch wenn ich es locker nehme, würde ich euch raten jetzt aufzustehen, sonst hol ich Flower, und ihr wisst ja wie gerne sie euch aufweckt. Und eine Gesichtswäsche ist gleich inklusive.“ Damit waren die beiden immer leicht zu überreden. Sobald Floey aus dem Zimmer war, sprangen sie aus den Federn und machten sich fertig. Flower ist 1 Jahr alt, und für Floey ist sie das ein und alles in ihrem Leben. Gerade war sie auf dem Dachboden angekommen, um ihre Hündin aufzuwecken, als Li von unten rief: „Komm mal, Floey! Ich find meine Tasche nicht!“ Also stand Floey auf und ging nach unten in Li’s kleines Zimmer, welches bis oben hin mit allem möglichen Spielzeug vollgestopft war. Sie suchte in Li’s Kleiderschrank, der mit Klamotten in Größe 116-122 zugemüllt war. Dann suchte sie in ihren Schubladen, welche von Gesellschaftsspielen nur so überquollen. Floey suchte noch in Li’s Puppenkisten, auf ihrem Schrank, in ihrer Kommode und unter ihrem Bett, wo sie schließlich die kleine Khaki-farbende Umhängetasche hervorholte. „Da“, sagte Floey und ging nach unten. Dort warteten schon Iggi und Tara. Anstatt mal auf die Idee zu kommen, selber Brötchen in den Ofen zu tun und den Belag herauszuholen, fragte Iggi: Wo ist das Frühstück, Floey? Wir haben Hunger!“ Am liebsten hätte Floey ihn angebrüllt, er könnte gefälligst auch mal was selber tun, aber sie riss sich zusammen. Er würde sie sowieso nur bei ihrer Mutter verpetzen. Also backte sie schnell die Brötchen auf, deckte den Tisch und gab den beiden schließlich die Brötchen und Belag. Gerade war sie wieder am Kühlschrank um Wasser zu holen, und am Wasserkocher, um Wasser für den Tee aufzukochen, als Li rief: „Floey! Komm schnell! Mir ist zum kotzen übel!“ Kurz überlegte sie, von wem Li das Wort ‚kotzen’ hatte, als ihr ein Licht aufging. „Iggi! Wie kommst du darauf Li solche Wörter beizubringen? Du…“ „Floey!!!!“, rief Li verzweifelt. Floey spurtete nach oben, doch sie war schon zu spät. Li hatte sich bereits über ihrem Teppichfußboden entleert. „Oh Li!“, rief Floey verzweifelt, „was machst du nur?“ Li saß immer noch kreidebleich auf ihrem Fußboden, also hob Floey sie schnell hoch und trug sie ins Bad, damit nicht noch mehr passiert.Li übergab sich noch einmal, während Floey ihr Zimmer halbwegs säuberte. Aber Li war kein Weichei, Li war stark und hielt alles tapfer durch. Als sie aus dem Bad kam, war ihr Zimmer wieder halbwegs sauber und sie hatte wieder Farbe im Gesicht. Floey wartete vor ihrer Zimmertür. „Danke Floey!“, sagte Li, umarmte Floey und watschelte zurück in ihr Zimmer, um sich frische Sachen anzuziehen. Floey ging nach unten um Li einen Stuten zuzubereiten, und sich ein Brötchen zu schmieren. Dann begab sie sich wieder zu Li hoch. „Willst du deinen Hundi mitnehmen?“ „Ja! Flower muss mit!“ Flower war auch Li’s Stoffhund, denn sie fand die richtige Flower total toll, aber Flower ist eben Floey’s Hund, deswegen hat sie ihren Stoffhund nach ihr benannt. Nachdem Flower 2 in der Tasche verstaut war, packte Floey noch etwas Essen und Trinken ein und ging mit Li runter.

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Tag der Veröffentlichung: 30.08.2011

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