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"Fin ! Bleib stehen ! Bitte, verlass mich nicht" - höre ich mich selbst schreien. Ich wache auf. Meine Augen voll Tränen. Ich weine. Ich weine schon wieder. Wie immer. Aus vollem Leibe weine ich. Ich kann es nicht unterdrücken. Jede Nacht dasselbe. Ich will nicht mehr. Ich weine solange, bis meine Mutter mein Zimmer betritt. Selbst dann höre ich nicht auf. Wie jede Nacht legt sie sich in mein Bett und wiegt mich solange hin und her, bis ich wieder einschlafe. Meine Augen werden schwer und das letzte was ich höre "Irgendwann wird der Schmerz nachlassen, mein Kind." Dann träume ich wieder. Von meinem geliebten Fin. Sommertage. Wintertage. Gute Zeiten. Schlechte Zeiten. Immer war er da. Immer stand er zu mir. Durch dick und dünn sind wir gegangen. Von klein auf. Fin und Josie waren immer unzertrennlich. Doch nun ist Josie alleine. Ganz alleine. Verlassen in der großen, weiten Welt. Fin ist einfach gegangen. Nicht einmal verabschiedet hat er sich. Wie denn auch ? Wer konnte das ahnen ? Niemand. Mir egal.

"GIRLS JUST WANNA HAVE FUN OHOH JUST WANNA HAVE FUN" - ich schrecke hoch. Das Radio schreddert die Musik in meine Ohren und ich fühle mich ausgelaugt. Ich stelle es aus und hoffe wie jeden Morgen, dass meine Mutter verschläft und ich nicht zur Schule muss. Aber bis jetzt hatte ich noch kein Glück. Keine fünf Minuten später steht sie da. "Josie steh bitte auf. Der Bus wartet nicht auf dich." Ich stehe auf und schleiche ins Bad. Der Spiegel. Ich hasse diesen Spiegel. Ich starre dieses Mädchen darin an. Man ist die blass. Man hat die leere Augen. Man wie kann man nur so schlimm aussehen ? Wäre er noch hier, würde er mich treten dafür. Aber schließlich ist er weg. Mir egal. Kurze Dusche, Haare waschen, Haare fönen und ab ins Zimmer. Klamotten ? Keine Ahnung. Ich besitze nur noch schwarze Jeans und schwarze Shirts. Also schnelle Entscheidung. Bla Bla Bla was zieh ich heute an ? Ich habs. Schwarze Jeans und schwarzes Shirt. Tasche richten ? Brauch ich nicht. Interessiert keinen. Runter in die Küche. Essen ? Will ich nicht. Schmeckt eh nicht. "Josie, iss bitte was. Du hast schon wieder abgenommen. Willst du dich umbringen ?" - Meine Mutter nervt !!! Krasse Antwort "Um ehrlich zu sein - Ja. Das würde ich gerne." Mir egal. Jacke an. Rucksack auf. Raus !

Fin. Mein Fin. Er steht nicht vor der Tür. Er stand immer vor der Tür. Heute nicht. Gestern auch nicht. Davor auch nicht. Fin steht da schon seit 8 Monaten nicht mehr. Achja stimmt. Fin ist tot. Vergessen. Verdrängt. Was auch immer. Mir egal.

Zigarette an. Tiefer Zug. Das ist gut. Jetzt aber schnell zum Bus. Rennen. Laufen. Ich kann nicht mehr. Scheiß Kippen. Scheiß Lunge. Scheiß Laufen. An der Bushaltestelle steht Miri. Miri meine beste Freundin. Ihr kann ich vertrauen. Ihr kann ich alles sagen. Über alles reden. Und da kommt Jenn. Achja Jenn. Ganz vergessen. Miri ist ja weg. Weg von mir. Seit Jenn da ist. Hahaha. Ironie des Schicksals, was ?! Vergesse ich oder verdränge ich, dass ich alleine auf dieser Welt bin ? Keine Ahnung. Mir egal. Der Bus kommt. Kippe aus. Ab in den Bus. Wie jeden Morgen. "Schau mal, ist das nicht die Freundin von dem toten Jungen. Diesem Fin ?" Ja, verdammt, dass ist sie. Die verlassene, verzweifelte Josie. Fin's Josie. Fin Fin Fin. Überall nur Fin. Der geht mir auf die Nerven. Ich hasse Fin. Ich hasse alle, die seinen Namen in den Mund nehmen. Ich hasse jeden, der ihn kannte. Ich hasse alleine schon den Namen. Fin Fin Fin. Oh mein Gott, ich liebe dich so sehr, Fin. Naja, was solls. Mir egal.

Mathearbeit. Hilfe ?! NIcht gelernt. Was soll's. Interessiert keinen. "Josie, kann ich mich zu dir setzen ? Ich kann das nicht." - Gustav - ich hasse Gustav. Krasse Antwort "Verpiss dich". Gustav weint. Zumindest gehe ich davon aus. Gustav ist scheiße. Gustav liebt mich. Mir egal. Er war Fin's bester Freund. Seit Fin tot ist ist Gustav immer da. Immer da, wo er nicht gebraucht wird. Bei mir.
Zum Kotzen ist das. Bevor der Lehrer kommt, nehme ich schnell meine Sachen und verabschiede mich herzlichst von meinen Mitschülern. Nämlich garnicht. Still und leise verlasse ich den Saal. Glaube ich. Jeder sieht es. Jeder redet. Mir egal.

Draußen an der Luft. Zigarette an. Warten. Warten bis Fin mir folgt. Zehn Minuten. Zwanzig Minuten. Ach Scheiße - Fin ist doch tot. Vergessen. Ab zum Bus. Bus kommt. Rein mit dir, Josie. Endlich ins Warme. Mann, ist das ein Winter. Kalt, kalt, kalt. Nachdenken. Über Fin. Was wäre, wenn ? Nächste Haltestelle, Hauptfriedhof. Juhu, erndlich da. Haupteingang. Florist. 5 Schwarze Rosen, wie jeden Tag, Da wird er staunen. Ab zu Fin, aber schnell. Peter Kreisel. Mir egal. Jutta Müller. Mir egal. Horst Engel. MIr egal. Verdammt. Karlheinz Segener. Mir egal. Da ist es. Ich steh davor. Fin Christensen. Mein Fin Christensen. So viele Rosen. Meine Rosen für Fin. Die sind alle von mir. Er liebt schwarze Rosen. Nur für dich, mein Schatz. Ich knie vor seinem Grab. Ich bete für ihn. Und ich verspreche ihm, dass ich bald nachkomme. Das wir dann auf Ewig zusammen sein können. Und ich sage ihm, dass er die Mädels da oben in Ruhe lassen soll. Das wird er, sagt er zu mir. Danke.

Drei Stunden sitze ich da am Grab meines Freundes. Und dann wird mir klar, dass es keinen Sinn hat. Keinen Sinn, da zu sitzen. Nichts zu tun. Voller Tatendrang gehe ich los. Josie, was denkst du dir ? Geh in die Schule. Lern was. Mach was aus dir. Tu es für deinen Freund. Aber dann. Im Bus. Ich bin so einsam. Ohne Fin ist die Welt schwarz weiss. Scheiße. Wieder nichts. Nach Hause. Da sitzt meine Mutter am Tisch und schaut mich mit traurigen Augen an. "Wieso tust du das, Josie ? Meinst du, Fin hätte .." - Weiter kommt sie nicht. "Nimm seinen Namen nicht in den Mund. Nichts weißt du von ihm. Nichts weißt du von dem, was er will und was er nicht will. Wag dich nicht, mir zu sagen, was mein Freund sagen würde. Du hast keine Ahnung was du redest." Schnell. Die Treppe hoch. Bevor sie was erwidert. Ich höre sie weinen. Mir egal.

Klopf, klopf. Herein. Mama. "Josie es tut mir Leid. Ich wollte das vorhin nicht." - "Was ist ?" - frage ich sie. "Ich denke es wird Zeit, Hilfe zu suchen. Du hast nicht einmal gelacht, seit Fin tot ist. Nicht einmal gegrinst. Du hast dich so sehr verändert. Du bist nicht mehr Josie. Bitte, lass dir helfen." - "Raus hier" - schreie ich. Ich bin ganz normal. Ein normales Mädchen, das trauert. Da ist doch nichts dabei. Schließlich habe ich meinen Freund verloren. Fin. Meinen Freund Fin. Ist das ein Verbrechen ? Muss ich deswegen bestraft werden ? Nein, ich denke nicht. Und wenn doch ? Mir egal.

Telefon. Telefon. Ich hasse es. Treppe. Oh mein Gott. Telefon und dann Schritte auf der Treppe. Das klingt wie nichts Gutes. Das klingt nach Gustav. Oh Nein, bitte nicht Gustav. Ich hasse Gustav. Tür auf. Mama rein. "Schatz da ist ein Mädchen am Telefon, sie will dich gerne sprechen." Na dann auf in den Kampf. "Ja, Josie Richter hier." - "Hi Josie. Ich bin Jule. Du kennst mich nicht, ich weiß. Aber ich habe Fin gekannt. Wir haben uns im Internet kennen gelernt. Wir waren Freunde. Wahrscheinlich hat er dir nicht von mir erzählt." Das hat er wirklich nicht. Oh mein Gott, wieso nicht ??? Egal, Jule redet. "Pass auf, Josie. Ich habe deine Nummer ausfindig gemacht, weil ich dir sagen wollte, dass Fin dich mehr als alles andere geliebt hat auf dieser Welt. Er hat nur von dir geredet. Immer, Josie. Wirklich immer. Ich wollte dich kennenlernen. Und jetzt musste es einfach sein. Bitte, sie nicht sauer." - ich bin schockiert. Aber irgendwie erfreut. Mir egal.

Jule und ich treffen uns. Ich bin aufgeregt. Wieso weiß ich nicht. Aber ich bin es. Drei Tage später sehen wir uns. Bei Bruno im Café. Jule sitzt schon da. Es ist Intuition. Ich weiß, dass sie es ist. Ich sitze gegenübervon ihr. Sie grinst mich an. Ich sage einfach nur Hallo. "Tut mir Leid, ich kann leider nicht grinsen." - sage ich. "Kein Problem." - sagt sie. Sie redet. Sie redet sehr viel. Das geht mir auf die Nerven. Ich will gehen. Einfach aufstehen und gehen. Kann ich aber nicht. Irgendwas hält mich zurück. Fin hält mich zurück. Der Penner. Hahaha. Jule erzählt, wie sie Fin kennengelernt hat. Über ein Forum. Also bitte. Wo gibts denn sowas ? MIr egal.

Ich kann es drehen. Ich kann es wenden. Fin bleibt weg. Aber. Ich bin nicht mehr alleine. Ich weiß nicht, wieso sie das getan hat. Wie hat sie mich angerufen ? Wieso wollte sie mich treffen ? Sie wird mir wahrscheinlich niemals eine Antwort darauf geben. Aber sie hat es getan. Und dafür ist sie von diesem Tag an meine beste Freundin. Jule ist die Beste. Nur redet sie furchtbar viel. Mir egal.

"Fin ! Bleib stehen ! Bitte, verlass mich nicht." - höre ich mich. Schrecke hoch. Und da sitzt sie schon und nimmt meine Hände. Danke, Jule. Die ganze Nacht hört sie mir zu. Ich rede. Rede und rede. Und rede. Nur von Fin. Irgendwann gebe cich auf. Reden bringt nichts. Ich liege da. Neben Jule. Und dann urplötzlich. Urplötzlich fange ich an zu lachen. Ich lache. Ich lache aus tiefstem Herzen. "Jule" - schreie ich. "Jule, er hat mir einen Engel geschickt. Er hat gesehen, wie sehr ich leide und hat mir einen Engel geschickt. Ich weiß endlich, wieso du hier bist. Fin hat dich geschickt. Fin. Fin. Fin. Er liebt mich so sehr. Noch immer. Er hat mir einen Engel geschickt." Vin dem Tag an kann ich wieder lachen. Ist das nicht wunderbar ? Ich denke schon. Und es ist mir verdammtnochmal nícht egal.

20. August 1995 : Fin kommt in meine Gruppe im Kindergarten. Ich sehe ihn und hasse ihn. Klein, blond und blauäugig. Ich bin schon 1 Jahr im Kindergarten. Ich bin der stärkste Typ im Kindergarten. Der kleine dumme Fin kommt hier her und jeder liebt ihn. Außer mir. Ich war immer die Beste. Und dann kommt dieser kleine Rotzlöffel und will mir mein Zepter entreißen. Nicht mit mir. Auf garkeinen Fall. Das lasse ich nicht zu. Lange Rede, kurzer Sinn. Zu zweit ist man einfach stärker. Wir haben uns nach kurzem Hin und Her zusammengeschlossen. Wir haben zusammen alle anderen gehasst. Wir waren König und Königin. Bonnie und Clyde. Wenn man das schon behaupten kann mit 3 und 4 Jahren. Aber wie auch immer. Fin und Josie waren Freunde. Bestimmt für die Ewigkeit.

In der Zeit gibt es keinen Tagm, an dem wir und nicht sehen. Sogar beieinander schlafen dürfen wor. Schließlich sind wir Kinder. Kinder, die von nichts eine Ahnung haben. Wild und entschlossen schwören wir uns Tag für Tag immer Freunde zu bleiben.

13. September 1999 : Ich weiß es noch, als wäre es gestern. Anruf von Fin. "Josie, wir können keine Freunde mehr sein. In der Schule reden alle und sagen, dass es sich nicht gehört für einen Jungen, mit einem Mädchen befreundet zu sein" - sagt er kaltherzig. Scheiß drauf. Den brauch ich nicht. Aufgelegt. Wir sind in der Grundschule. Ich bin in der 2. Klasse und Fin in der 1. Klasse. Alles ist super. Bis auf die Tatsache, dass ich meinen besten Freund verloren habe. Ach was solls, der kommt schon wieder. Und so kommt es.

12. Juni 2001 : Mein 10. Geburtstag. Fin ist nicht eingeladen. Über 1 Jahr habe ich nichts von ihm gehört. Ihn gesehen. Ja. In der Schule. Das wars aber auch schon. Meine Eltern organisieren eine große Party in unserem Garten. Nur für mich. Alles ist schön. Toll. Einfach wundervoll. Alle meine Freundinnen sind da. Ja. Ich habe Freundinnen zu diesem Zeitpunkt. Grillen. Luftschlangen. Zauberer. Fin. Oh mein Gott. Da steht er. Fin. Mein bester Freund Fin. "Fiiiiiiiiiin !! Du bist hier. Ich wusste das du kommst. Ich habe es gefühlt." - rufe ich. Er kommt, nimmt mich in den Arm. Hält meine Hände. Flüstert. "Josie, ich habe dich vermisst." Ich schaue mich um. Ich sehe in die Gesichter meiner Freundinnen. Jetzt weiß ich, was mir eigentlich wichtig ist. Ich nehme seine Hand in meine. Wir laufen ins Haus. Kurze Umarmung. Raus. Beide. Fin und Josie. Einfach weg. Zum See. Spazieren. In der warmen Sonne liegen. Alles ist einfach herrlich. Mit 10 Jahren bekomme ich meinen ersten Kuss. Wir schämen uns. Trotzdem ist es schön. Und gleich noch einen. Kuss. Kuss. Kuss. "Das bleibt aber hier am See, okay Fin ? Nur wir beide wissen davon. Sonst keiner." - bitte ich ihn. Kurzer Blick in meine Augen. Süßes Lächeln. "Mal sehen, schöne Josie." - sagt er. Fängt an zu lachen. Legt sein Arm um meine Schulter. Lacht lauter. Noch lauter. Was soll das ? Egal, ich werde es rausfinden. Irgendwann. Wir laufen. Laufen und laufen. Schön ist das. Wunderschön. Ich glaube, ich finde das wirklich schön. Früh aber schön. Atemberaubend. Darf man das schon sagen mit 10 Jahren ? Keine Ahnung. Aber es war atemberaubend.

"Ich habe uns verraten. Ich kann es nicht rückgängig machen. Meine Mama. Sie wusste irgendetwas stimmt nicht. Also habe ich es ihr gesagt. Fin. Sie lässt mich nicht mehr zu dir. Nicht mehr über Nacht. Verstehst du das ? Fin ? Verstehst du das ?" - ich bin so aufgewühlt und kann kaum noch atmen. Fin lacht. "Josie, du bist so ein dummes Mädchen. Weißt du denn nicht ? Josie, wenn man sich küsst und alt genug ist wird man Mama und Papa. Deine Mama denkt, wir wollen uns wieder küssen. Und dann würdest du ein Baby bekommen. Verstehst du ? Ach Josie, du bist älter als ich aber hast keine Ahnung, wie es zu geht in der Welt des Küssens." Okay, das klingt einleuchtend. Und wenn ich Mama einfach sage, dass ich Fin garnicht mehr küssen will ? Dann kann ich auch kein Baby bekommen. Vielleicht darf ich ja dann wieder. Ich versuche es einfach. Reinfall. Mama hat geschimpft. "Du bist zu jung für sowas, Josie." - hat sie gesagt. Immer und immer wieder. Versteht sie denn nicht ? Ich will doch garkein Baby. Ich kann doch garkeine Windeln wechseln. Mensch. Das macht mich verrückt. "Es ist nicht so einfach, wie du das denkst, Josie. Du bist 10 Jahre alt. Du musst nicht bei einem Jungen schlafen. Was denkst du, was die Nachbarn sagen werden ? Was denkst du, was getratscht wird ? Du bist zu jung, um das zu verstehen. Und Fin auch. Nehmt es hin, wie es ist. Denn wir werden daran nichts ändern, kleine Josie Richter." - Oh mein Gott, da soll mir mal jemand erklären, wie die Alten ticken. Kein Wort hab ich von dem verstanden, was die gute Frau gerade gesagt hat. Fin sagt, vielleicht ist das der Grund, wieso ich nicht mehr bei ihm schlafen dürfe. Weil ich dumm bin und nicht verstehe, was meine Mama sagt. Das glaube ich nicht. Ich denke meine Mama will einfach nicht, dass ich Fin wieder küsse, weil sie einfach nicht will, dass ich ein Baby bekomme. Okay, akzeptiert. Naja nicht unbedingt akzeptiert. Aber hingenommen wie es ist. So wie sie gesagt hat. Schade. Denn ich möchte gerne wieder bei Fin schlafen.



"Josie, denk dran, du hast heute MIttag einen Termin bei Frau Doktor Winter. Um 15 Uhr. Nach der Schule gehst du am Besten direkt los. Und heute Abend ist Fahrschule angesagt." - fast schäme ich mich für meine Mutter. Sie nervt. Jule sitzt da am Frückstückstisch und lacht. Lach nicht. Blöde Kuh. Hahaha. "Jaja Mama, Nerv nicht." Jetzt lache ich auch. Schließlich kann ich wieder lachen. Super. Das ist toll.

Frau Doktor Winter. Meine Psychotherapeutin. Wenn ihr mich fragt, hat die nicht mehr alle Tassen im Schrank. Immer will sie, dass ich rede. Reden. Reden. Reden. Ich habe es satt, immer nur zu reden. Fin. Gustav. Jule. Miri. Mama. Fin. Fin. Fin. Mein geliebter Fin. Ich will nicht mehr reden. Mir reichts, verdammt nochmal. Jedesmal sage ich ihr das. Jedesmal ist es ihr egal. "Josie, du musst dich öffnen um neue zwischenmenschliche Beziehungen eingehen zu können. Deine Seele muss sich wieder befreien. Du sperrst sie ein. Das tut ihr nicht gut." - jedesmal der gleiche Quatsch von dieser Schreckschraube. Was an der Waffel hat die gute Frau. Mehr nicht. Einfach total was an der Waffel. Und dann heißt es, ich bin ein psychisches Wrack. Also bitte. In der heutigen Sitzung will sie mir klarmachen, wie wichtig es ist, dass ich unter Leute komme. Verdammt nochmal. Jule. Jule ist doch da. Das reicht vollkommen. Die redet wie ein ganzer Saal voller Menschen. Also wenn das nicht in Ordnung ist, dann weiß ich auch nicht. Leck mich doch, Frau Doktor Psychotherapeutin Marie-Luise Winter.

"Lust auf Kino, Josie ?" - Jule will ausgehen. Ich habe keine Lust. Lieber zu Hause bleiben. Aber dann verfalle ich wieder alleine in meinen alten Trott. Will ich das ? Ich weiß es nicht. Also gut. Kino. Fertig gemacht. Jule kommt mich mit dem Auto abholen. Stadt Mitte. Menschen. Viele Menschen. Nicht mein Ding. Egal. Augen zu und durch. Im Kino angekommen. Im Saal. Popcorn und Cola. Na also. Die Welt ist okay. "Ey, Entschuldigung. Du sitzt auf meinem Platz. Geh mal weg da." - Also sowas unhöfliches. Was bildet dieser Kerl sich ein ? Hochschauen. Böse anfunkeln. Geht nicht. Oh Mann. Wer bist denn du ? Mir bleibt für einen Moment die Luft weg. Aber dann. "Oh das tut mir Leid. Ehm. Okay. Ich hab mich vertan. Sorry." - Mann Josie, wie doof bist du denn ? Ich setze mich mit Jule einen Sitz weiter. Dann setzt er sich neben mich. Oh Mann, was ein hübscher Kerl. Lass das, denk an Fin. Entschuldigung, Fin. Der Film beginnt. Guter Film. Ende. "Na wie fandest du den Film ?" - Mann, Jule. Nerv nicht. Lass mich den Kerl noch ein letztes Mal anschauen. Eib kurzer Blick. Schöne Augen. Wow, was wundervolle Augen. Fin. Ohje Josie, was machst du da ? Was soll Fin denken ? Fin ist tot. Hilfe. Egal, nicht darüber nachdenken. "Du, es tut mir Leid, dass ich auf deinem Platz gesessen war." - bring ich noch hervor. Er schaut mich an. Lächelt schräg. Süß. Richtig süß ist er. "Ist doch kein Ding. Mach kein Stress. Was macht ihr 2 denn jetzt noch ? Mein Kollege und ich wollten noch zu McDonalds. Habt ihr nicht Lust, noch mitzukommen ? Dann kannst du dir auch nen Platz aussuchen." Er zwinkert mir zu. Woooow, ist der toll. Ich denke an Fin. Das kann ich nicht tun. Gerade wollte ich ansetzen und sagen, dass es keine gute Idee ist. Da höre ich sie schon. Jule. "Ja klar, das klingt super. Wir kommen mit." Ouh Mann. Also gut.

McDonalds. Das ist so widerlich. Sie halten mich für komisch, wenn ich nichts esse. Also ne' Kleinigkeit geht. Alle reden. Nur ich nicht. Ich höre nur zu. Was tu ich hier ? Ich sitz mit Jule und 2 fremden Jungen bei McDonalds. Das glaube ich nicht. Wie kann man nur so egoistisch sein ? "Sag mal, wie heißt du eigentlich, junge Lady ?" - höre ich. Solch eine samte Stimme. Ich bin hin und weg. Ich schaue ihn an. "Josie. Und du ?" - "Tom. Tom Vogel. Sehr erfreut, Josie." - er ist so lieb. Ich stehe auf. Jacke an. Schnell raus hier. Ich spüre ihre Blicke in meinem Rücken. Schnell wieder rein. "Tut mir Leid. Ich muss los. Ich kann das nicht." - ich versuche stark zu klingen. Gelingt mir nicht. Ich weiß. Jetzt renne ich. Schnell weg hier. Nicht mal in der Nähe von ihnen möchte ich sein. Dürfte ich sein. Jule kommt mir hinterher. Wir laufen zu ihrem Auto. Sagen beide kein Wort. Das ist ungewöhnlich. Normalerweise würde sie jetzt reden. Tut sie nicht. Eigenartig. Egal.

Wir kommen bei Jule zu Hause an. Sitzen in ihrem Zimmer. Ich starre die Wand an. "Jetzt hörst du mir mal ganz genau zu, Josie Richter. Du spinnt. Fin würde nicht wollen, dass du dich so vergräbst. Und jetzt sag nicht, dass ich mir das nicht erlauben kann. Ich kannte Fin besser, als du dir vorstellen kannst. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass du nicht für immer alleine bleiben kannst. Niemand hat erwartet, dass du dich in Tom verliebst. Das war nichts, was irgendwie kompliziert hätte werden müssen. Es ist nicht schlimm, wenn du dich mit Jungs unterhältst. Das hast auch getan, als er noch lebte. Also reiß dich in Zukunft zusammen. Ich habe es satt, dir zuzuschauen, wie du unglücklich bleibst. Und ob du willst oder nicht. Morgen Abend gehen wir beide mit Tom und seinem Freund Richi in die Stadt. Mal sehen was wir dann machen, aber auf jeden Fall gehen wir morgen mit den beiden los." Das war mal eine Ansage. Na super.

15. April 2005 : Der beste Tag in meinem Leben. Fin fragt mich, ob wir nicht ein richtiges Paar sein wollen. Natürlich wollen wir das. Jetzt gehts erst richtig los. Küssen. Schmusen. Küssen. Schmusen. Wow. Die Zeit steht irgendwie still. Ich bin gerade erst 14 Jahre alt. Aber ich bin verliebt wie eine Große. Ist es schlimm, dass Fin 13 ist und ich 14 ? Hoffentlich nicht. Ich denke nicht, um ehrlich zu sein.

Sommer 2005. Es ist unser erster Sommer als Paar. Eigentlich erleben wir nicht viel. Wir sind immer drinnen. Bei mir. Bei ihm. Hauptsache zusammen. Er lässt mich nicht aus den Augen. Ich ihn auch nicht. Jede Berührung wie ein Stromschlag. So schön, wie nichts Zweites in dieser Welt. Mein Fin. Mein Fin. Er ist so wundervoll. Ich liebe ihn. Jetzt schon. Mehr als alles andere auf dieser Welt. "Josie, versprichst du mir, dass wir beide Ewig zusammen bleiben ? Wir sind noch so jung. Aber du bist das Mädchen, dass ich mein ganzes Leben lang lieben kann. Wirklich, schöne Josie." Ich verspreche es. Und ich meine es wirklich so. Denn er ist der Junge, den ich immer lieben werde. Mein Fin.



Ausgehen. Mit anderen Jungs. Bin ich wirklich schon bereit dafür ? Mama sagt ja. Jule sagt ja. Frau Doktor Schraube locker Winter sagt auch ja. Ich weiß es nicht. Vielleicht haben sie ja alle Recht. Und ich bin einfach zu aufgewühlt. Schließlich ist Tom ein toller Junge. Ein gutaussehender, toller Junge. Ich schäme mich fast ein bisschen, dass ich sowas denke. So habe ich bis jetzt immer nur über meinen geliebten Fin gedacht. Ich denke nicht, dass er sauer wäre. Vielleicht haben alle Recht. Vielleicht würde Fin wollen, dass ich wieder Spaß habe. Das ich wieder zu lieben beginne. Ach wer redet von Liebe ? Josie, reiß dich zusammen. Es ist nicht mal ein Date. Es sieht aus wie ein Doppeldate. Es ist aber keins. Mit Sicherheit nicht. Hoffe ich.

Geliebter Fin,
ich gehe heute Abend aus. Stört dich das ? Ich hoffe nicht. Glaube mir, ich werde an dich denken. Immer. In jeder einzelnen Sekunde. Fin, ich liebe dich. So sehr. Bis in alle Ewigkeit. Glaubst du mir das ? Bitte glaube mir das. Ich habe dir geschworen, dass wir beide für immer zusammen bleiben. Das halte ich ein. Auf Ewig, mein Schatz. Ich wollte dir nur sagen, dass ich heute Abend ausgehe, damit du dir keinen Kopf machst. Mach dir keine Sorgen, okay ? Ich war immer ehrlich zu dir. Und werde es immer sein. Auf Ewig, Fin Christensen. Auf Ewig.
In Liebe,
deine Josie



Um Punkt 20 Uhr stehen wir vorm Eingang unseres Stammcafés bei Bruno. Tom und Richi sitzen schon drinnen. Halten unsere Plätze frei. Süß. Irgendwie. Jule ist total aufgeregt. Ich glaube, sie hat sich ein bisschen in Richi verguckt. Süß. Ja. Das finde ich wirklich süß. Jule sagt, sie hatte noch nie eine richtige Beziehung. Obwohl sie schon 20 ist. Der ein oder ander Mal. Okay. Aber nichts Festes sagt sie. Nur Sex und sowas. Na dann, wenn sie das so will. Mit Richi, hat sie gesagt, kann sie sich vorstellen zusammen zu sein. Also Bitte. Wie kann sie das jetzt schon sagen ? Sie kennt ihn seit gestern. Aber wenn sie meint. Ich will ihr ihre Illusion nicht nehmen. Ich drück ihr die Daumen. Und ich drücke mir die Daumen. Ich weiß nicht warum. Vielleicht sehe ich Licht am Ende des Tunnels. Keine Ahnung. Mal sehen.

"Josie du Schöne - was willst du trinken ? Ich lade dich ein." Verdammt ! Ich will nicht eingeladen werden. Ist es unhöflich, bei so einer netten Einladung abzulehnen ? Mit diesen Augen ? Ja ist es. Okay, okay. Dann lasse ich mich eben einladen. Ist ja nichts dabei. So ein schöner Abend. Selten. Sehr selten in den letzten Monaten. Nie eigentlich. Ja, nie ! Tom ist soooo süß. Ich schäme mich nicht einmal, sowas zu denken. Das passt schon. Wir unterhalten uns so schön. Später merke ich, dass ich das ein oder andere Bier zu viel getrunken habe. Jule schaut mich an. Ohje. Böse schaut sie. Was solls. Ich hab meinen Spaß.

12. Juni 2006: Mein 16. Geburtstag im Park. Meinen Eltern erzählen wir, dass Freunde eine Überraschungsparty geplant haben. Alles harmlos mit Saft und Knabbereien. Meine Mutter ist nicht misstrauisch. Sie glaubt uns. Fin's Eltern. Die machen Faxen. Telefonieren. Mit meiner Mutter. Mit Lisa's Mutter. Mit jeder Mutter. Zum Kotzen !!! Alles steht auf der Kippe. Aber wir hab es geschafft. Wir haben unsere Eltern so gut gegeneinander ausgespielt. Alles klappte. Matze, Cora's Freund besorgt den Alkohol. Er ist schon 18 und der Coolste von uns allen. Cora die Zickte. Das ich nicht lache. Egal. Wie versammeln uns alle im Stadtpark. Da wird uns keiner entdecken. Niemand geht dahin. Niemand den wir kennen. Nur Penner, Punks und unfreundliche alte Omis mit ihren Kötern. Ich bin so glücklich. Fühl mich so erwachsen. Ich Josie Richter, 15 Jahre sitze mit meinen Freunden und der Liebe meines Lebens abends im Park und trinke Alkohol. Juhu, ich habs geschafft. Fin hält mich die ganze Zeit im Arm. Egal wo ich hingehe, er kommt mit. Und das ist gut so. Die anderen Mädchen tratschen "Schau mal, Fin die Klette weicht nich von Josie's Seite. Was ich dem erzählen würde, wenn das meiner wäre". Und solche Sachen halt. Neid. Purer Neid. Sie sind neidisch auf unsere Liebe. Nur weil denen ihr Freund schon nach 10 Minuten auf dir Nerven geht. Das ich nicht lache. Ich will meinen Fin immer bei mir haben. Aber irgendwann ist er weg. Ich suche ihn. Finde ihn nicht. Ich frage jeden. Niemand hat ihn gesehen. Cora sucht Matze. Vielleicht sind die zusammen weg. Aber wohin ? Fin würde nicht einfach gehen. Einfach so. Niemals. Ich trinke und trinke. Und hoffe, dass er bald wieder da ist. Plötzlich steht er vor mir. Tut, als wäre nichts. Aber okay. Ich will keinen Streit. Aber er könnte wenigstens sagen, wenn er einfach weggeht. Naja, was solls. Wir küssen uns. Na toll, er hat schon wieder geraucht. Aber was ist das ? Der Geschmack. Das ist anders. "Fin, nach was schmeckt dein Kuss da ?" Ich höre, wie Matze anfängt zu lachen. HAHAHA - sehr witzig. Matze spricht. "Gras, Püppchen. Einfach nur Gras." Was ??? "Fin, du hast gekifft ???" Er beruhigt mich. Alles halb so schlimm, sagt er. Na gut, mein Lieber. Du kiffst. Und ich trinke. Ich betrinke mich wahllos. Alles zu mir. Und ich rauche. Den ganzen Abend. Die ganze Nacht. Trinken. Trinken. Trinken. Rauchen. Rauchen. Rauchen. Fin ist stinksauer. Er hasst Alkohol. Zu viel Alkohol zumindest. Und ich hasse rauchen. Bäh. Und Kiffen erst Recht. Irgendwann war ich so sehr betrunken. Und Fin so sehr bekifft. Mitten in der Nacht haben wir mitten im Stadtpark miteinander geschlafen. Einfach so. Unser erstes Mal. Es war so schrecklich. Am Morgen sind wir alle nach Hause. So ein schlimmer Geburtstag. Bitte, lieber Gott, nie wieder. Fin läuft neben mir her. Wir haben nichts gesprochen. Bei mir zu Hause. Wir sitzen nebeneinander auf dem Bett. Kein Wort. Duschen. Schnell duschen. Dann Fin. Fin geht auch duschen. Als er wieder kommt, liege ich in meinem Bett. Ich bitte ihn zu gehen. Er geht nicht. "Ich werde dich doch nicht so verlassen. Im Streit. Bist du verrückt ? Niemals werde ich gehen, wenn wir so sind. So dumm sind wir. Nichts im Kopf, Josie. NIchts. Wir streiten hier. Du willst, dass ich gehe. Wir haben wenn wir alt und grau sind noch genug Zeit zum Streiten. Aber nicht jetzt." Er ist so süß zu mir. Er legt sich zu mir. Halb nackt. Unter meine Decke. Unsere fast nackten Körper berühren sich. Mein Bauch an seinem Bauch. Das tut so gut. Und dann schlafen wir miteinander. Richtig blöd stellen wir uns an. Als hätte es das erste Mal im Park nicht gegeben. Es war wunderschön. Er hat so schöne Sachen gesagt. "Josie, du bist das schönste Mädchen, dass ich je gesehen habe. Josie, deine Haare riechen so gut. Josie, du hast den schönsten Körper, den ich kenne. Ich liebe jedes kleine Detail an dir." Danach liegen wir da. Er schaut in meine Augen. Spielt mit seinen Fingern in meinen Haaren. Er lächelt ganz leicht. "Ich liebe dich" - flüstere ich. Er schaut mich nur an. 1 Minute. Vielleicht 2. Dann küsst er mich ganz leicht auf meine Lippen. Und dann flüstert er. "Und ich liebe dich, meine schöne Josie Richter."
Wir haben uns nichts versprochen. Nicht darüber geredet. Aber von dem Tag an habe ich nie mehr zu viel getrunken. Und er hat die wieder gekifft. Nur geraucht habe ich. Und das nicht zu wenig.



„Josie, kannst du mir sagen, wieso du dich so sehr betrunken hast ?“ Jule versteht einfach garnichts. Will sie mich nicht verstehen oder kann sie es wirklich nicht ? „Jule, du drängst mich zu Dingen, die ich einfach nicht möchte. Ich möchte mich nicht mit einem Jungen treffen und ich möchte auch nichts wissen von einem Jungen.“ Jule nimmt ihre Sachen und geht. Einfach so. Sie geht ohne auch nur noch ein einziges Wort zu mir zu sagen. Ich dachte wirklich, ich wäre soweit. Bin ich aber nicht. Der Abend mit Tom hat mir das gezeigt. Ja, Tom ist nett. Und süß. Und gutaussehend, Aber Tom ist nun mal einfach nicht Fin. Und das sollte jeder akzeptieren. Ob er nun will oder nicht.

Geliebter Fin,
ich habe einen riesigen Fehler gemacht. Es tut mir so Leid. Ich wollte mich wirklich nicht betrinken, Fin. Aber was hätte ich tun sollen ? Dieser Tom. Er ist echt lieb, Fin. Aber er ist nicht du. Wenn ich einfach wieder gegangen wäre, dann wäre Jule sauer gewesen. Also wollte ich mich betäuben, damit ich bleiben kann. Verstehst du das ? Oh bitte, versteh das, geliebter Fin.
Verzeih mir bitte.
Ich schreibe dir bald wieder.
In Liebe, Josie.



Nun sind schon 9 Monate vergangen seit Fin’s Tot. Jeden Tag bin ich auf dem Friedhof. Nichts hat sich geändert. Ich vermisse ihn jeden Tag. Jeden Tag ein bisschen mehr. Oft treffe ich seine Mama auf dem Friedhof. Wir reden nicht miteinander. Wir sitzen dann zusammen schweigend auf der Bank neben Fin’s Grab. Mehr nicht. Sitzen. Und Schweigen. Ich glaube, das tut uns beiden gut. Ich weiß, sie fühlt wie ich. Hat sie immer getan. Seit 9 Monaten. Wird sie immer tun. Bis sie selbst irgendwann stirbt, Ich weiß das.

28. September 2006: Meine Mutter kotzt mich an !!! Was denkt sie eigentlich wer sie ist ??? Wir kommen aus der Praxis von Frau Dr. Klein raus und ich bin stinksauer. Frau Dr. Klein ist meine Frauenärztin. Mama wollte unbedingt mal mitkommen. Also ließ ich sie. Aber jetzt bin ich stinksauer. Mama hat ihr andauernd irgendwelche total peinlichen Fragen gestellt. Obwohl sie wusste, dass Frau Dr. Klein ihr sowieso keine Antworten geben darf. Schließlich bin ich schon über 14 und sie hat Schweigepflicht. „Mama, hast du noch alle Tassen im Schrank ? Was soll das ? Ich nehme dich mit zu meiner Ärztin und dir fällt nichts Besseres ein, als so dumme Fragen zu stellen. Mit dir geh ich nie wieder irgendwohin.“ Mama lacht. Ist das zu glauben ? Sie findet das alles noch sehr lustig. Mir reichts. Mir reichts jetzt endgültig. Ich gehe nach Hause und packe meine Sachen. Als ich zu Hause bin rufe ich als Erstes mal Fin an um ihm davon zu erzählen. Fin lacht ! Jetzt macht aber mal bitte einen Punkt. „Fin, das ist nicht lustig. Ich will hier weg. Sie macht so was immer. Ich mach das nicht länger mit.“ „Na Josie, jetzt übertreib mal nicht. Du weißt, wie deine Mutter ist.“ - versucht er mich zu beruhigen. „Fin, ich übertreibe nicht ! Du bist mein Freund und ich erwarte von dir, dass du zu mir stehst. Und nicht zu meiner Mutter. Was soll das denn ? Ich komme für ein paar Tage zu dir. Dann wird sie sehen, was sie davon hat.“ Aufgelegt. Ende des Gesprächs. Immer muss er den Vernünftigen raushängen. Das nervt. Ich liebe es.
So, meine Sachen sind gepackt. Ich bin soweit. Ich mach mich auf den Weg zu meinem geliebten Fin. Das werden ein paar herrliche Tage. Nur wie beide. Ganz allein. Naja mit seiner Familie halt. Aber das geht schon klar. Ich komme direkt pünktlich zum Abendessen. Nudelauflauf mit grünem Salat. Lecker ! Abends liegen wir zusammen in Fin’s Bett und schauen Fernseh. „Fin, denkst du meine Mutter vermisst mich schon ?“ – frage ich ihn. Fin lacht. „Naja, meine Liebe. Ich weiß nicht so recht. Vielleicht ist sie froh, dass sie dich mal nicht ertragen muss. Oder dein Gelache abends am Telefon. Oder dein Geschnarche nachts.“ – neckt er mich. Ich schnarche nicht, und das weiß er ganz genau. Ich schlage ihm gefühlvoll in den Bauch. Er lacht schon wieder. Oder immer noch ? „Du denkst, ich kann dir nicht weh tun, Fin. Aber da irrst du dich. Ich kann dir sehr wohl weh tun. Ich will es nur nicht.“ „Jaja, Schatz. Ich weiß.“ – sagt er. Und lacht !!! Wieso lacht er ? Er glaubt mir nicht. So ein Blödmann. Ich setze an und will ihn fester schlagen. Er hält allerdings meine Arme fest und küsst mich einfach. Ein einziger Kuss und ich vergesse, was ich tun will. Ist das denn normal ? Er versetzt mich in eine andere Welt. Wir küssen uns. Einfach nur küssen. Unsere eigene kleine Welt steht still und wir sind die glücklichsten Menschen auf Erden. Es ist so wundervoll. Wir liegen uns in den Armen und schlafen ein. Wir schlafen ein und manchmal glaube ich, wir träumen sogar dasselbe. Das ist sehr unwahrscheinlich aber ich glaube es trotzdem. Es ist einer meiner sehnlichsten Wünsche. Die selben Träume haben wie mein geliebter Fin. Das wäre echt das Allergrößte für mich auf der Welt.

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Tag der Veröffentlichung: 10.06.2010

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