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♥ Begegnung ♥

Endlich habe ich meinen Traumprinzen getroffen, in echt und in Farbe.

Es war so ein vom Schicksal vorherbestimmter Moment, der das ganze künftige Leben verändern würde; etwas, worüber man noch mit den Enkelkindern spricht, mit den Worten: 'Damals, als ich so jung war wie ihr' und sie einen daraufhin so anschauen, als würde man Märchen erzählen.

Da war also dieser unglaublich gutaussehende Typ auf der Straße und kam direkt auf mich zu. Unsere Blicke trafen sich und ich erkannte das Ziel all meiner Träume, all meines Sehnens, meines ganzen Seins.

In dieser einen Sekunde stand die Welt still und es existierte nichts anderes mehr außer uns. Das meine ich wortwörtlich: Plötzlich hatte ich diesen Tunnelblick und die Ränder meines Blickfeldes wurden unscharf, so als wenn man kurz vor einer Ohnmacht steht.

Das grässliche Bild einer kalten, nackten Großstadt verschwand. Mein Puls war im Keller, wollte sich dort unten vermutlich ein wenig Beistand besorgen. Gleichzeitig schlug mir das Herz bis zum Hals und ich konnte es quasi auf der Zunge schlagen spüren.

Der ganze nervtötende Lärm der vollen Straßen verschwand hinter dem starken Rauschen in meinen Ohren und der Gestank von Abgasen roch auf einmal nach lieblichen, taubedeckten Rosenblüten.

Es war so wunderbar kitschig, wie wir uns unvermittelt auf einer Blumenwiese mit Schmetterlingen und Vogelgezwitscher entgegen eilten.

Diese braunen Augen würde ich nie wieder vergessen - vielleicht waren sie aber auch blau. Und die Haare, die waren einfach so unglaublich haarig.

Unter den ganzen Winterklamotten konnte ich leider nicht viel von seinem Körper erkennen, aber ich bin sicher, darunter versteckten sich die prächtigsten Muskeln, derer ein menschlicher Körperbau fähig war; und für diese müsste er noch nicht einmal zum Fitnessstudio gehen. Er war der geborene Superman.

Ich sah bereits unsere gemeinsame Zukunft vor mir: Er würde mich unzweifelhaft nach einem Räuspern ansprechen, weil es ihm zunächst die Sprache verschlug. Und dann würde ich völlig überrascht tun, weil er mich Mauerblümchen entdeckt hat. Aber er würde ab sofort ein Leben lang darum bemüht sein, mir immer und immer wieder mit unzerstörbarer Geduld zu erklären, wie wunderschön und kein wenig mausgrau ich für ihn wäre. Er würde meine mittelblonden, mittellangen, mittelwelligen Haare lieben, die sich nie in eine anständige Frisur zwingen ließen; und meine farblosen Augen in meinem blassen Gesicht bewundern; und dass ich mir nichts aus vorteilhafter Mode mache, fände er besonders reizend.

Vermutlich würden wir aber erst mal nur einen Kaffee trinken in einem echt italienischen Café, welches er zufällig in Berlin entdeckt hat und wo es französisches Gebäck gibt, welches ich so liebe. Und wir würden unsere Beziehung langsam angehen. Die wirklich großen Komplimente hebt er sich für später auf. Immerhin ist er ja ein wenig schüchtern, obwohl ihm sämtliche Frauen hinterher schauen, was er tatsächlich nie bemerkt. Und ich bin natürlich auch nicht so leicht zu haben.

Aber letztendlich würde ich bei all seinen Bemühungen doch noch schwach werden, immerhin ist er unwahrscheinlich reich und hat den ganzen Tag nichts Besseres zu tun, als um mich zu werben. Das Geld kommt bei ihm ganz von alleine rein, wie genau interessiert mich eigentlich kein bisschen.

Also nach ein paar romantischen Dates in den Metropolen dieser Welt gäbe es dann endlich den langersehnten ersten Kuss zum perfekten Zeitpunkt im Sonnenuntergang, keinen Moment zu spät oder zu früh; wo sich unsere Lippen minutenlang annähern und die Distanz immer noch unendlich scheint; das ganze Ereignis in Superzeitlupe.

Er würde mich seinen Eltern vorstellen wollen und in der Öffentlichkeit Händchen halten, wofür er sich als richtiger Kerl natürlich kein bisschen schämt. Seine Geschenke wären total ausgefallen und teuer aber nicht angeberisch. Alle meine Freunde wären neidisch, obwohl sie es mir auch wieder gönnen, weil sie sich gut mit ihm verstehen. Er ist schließlich einfach so ein netter, herzensguter Mensch mit zahlreichen wohltätigen Ambitionen und geretteten Tieren daheim, die zum Glück alle wohlerzogen sind. Weswegen er auch Veganer ist und mir trotzdem meine gelegentlichen Steaks verzeiht.

Und noch bevor wir das erste Mal zusammen im Bett landen, hat er mir die bedeutenden drei Wörter gestanden oder vielleicht mit einem Schriftzug in den Himmel geschrieben oder im Fußballstadion über das Mikrophon verlautbart, was ich ihm scherzhaft übel nehme.

Diese intensive Zuneigung hat er natürlich in seinem ganzen Leben noch nie empfunden, weil wir ja etwas Besonderes sind. Überhaupt gab es quasi noch keine andere Frau vor mir. Und obwohl er sowas wie eine Jungfrau ist und noch keine Erfahrungen gesammelt hat, ist er die absolute Rakete im Bett. Er weiß genau, was ich wann und wie will, obwohl ich es nie über die Lippen bringen würde. Vermutlich kann er Gedanken lesen, aber selbstverständlich nicht die peinlichen Sachen.

Jetzt schweife ich allerdings doch ein wenig ab, denn wie wir zu unseren fünf wunderschönen Kindern kommen, überlasse ich gönnerhaft seiner Kreativität.

 

Ja, ich habe nun endlich meinen Gefährten, meine zweite Hälfte, meinen Seelenverwandten, meinen Lebenspartner, meine einzig wahre Liebe gefunden in diesem perfekten Mann und weiß dies alles sofort in dem einen Augenblick als wir uns sehen. Nur blöd, dass er davon scheinbar nichts bemerkt hat.

Denn was tut er: geht einfach weiter. Frechheit!

Warum sind Männer eigentlich so schwer von Begriff? Es könnte doch alles so einfach sein. Das Kino macht es vor...

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.02.2017

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
♥ ♥ ♥ All den gutaussehenden Millionären da draußen gewidmet, die sich für mich aufheben. Ich weiß das wirklich zu schätzen! ♥ ♥ ♥

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