Cover

Leseprobe

 

 

 

 

 

 

Demon´s Desire

 

Sie wollen deinen Schmerz

 

 

 

Über die Autorin:

 

Liz Rosen wurde 1999 in Wien geboren und veröffentlicht erotische Liebesromane mit Thriller-Elementen und einer großen Portion Liebe, die in regelmäßigen Abständen erscheinen. Ihre Storys bestehen aus Herzschmerzmomenten, einer Prise Humor und vielen ernsten Problemstellungen, die spätestens beim garantierten Happy End von den Protagonisten gemeistert werden.

 

 

 

Buchbeschreibung:

 

Du hasst uns, corazon.

Aber das ändert nichts daran, dass du jetzt uns gehörst.

 

Als der Tag meines achtzehnten Geburtstags anbricht und mein innerer Dämon immer noch nicht erwacht ist, weiß ich, dass mein Leben sich schlagartig ändern wird. Dennoch erwache ich in einem persönlichen Albtraum, da meine Eltern mich als Sklavin ausgerechnet an die beiden Zwillingssöhne des Teufels verkaufen. An die beiden attraktiven Männer, die mich jahrelang beleidigt haben. Doch anders als erwartet nutzen sie die Chance nicht, mir gewaltsam meine Jungfräulichkeit zu nehmen und mich zu erniedrigen. Nein, ich soll stattdessen ihre Frau werden. Ob ich will oder nicht.

Impressum

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

© 2023 Lycrow Verlag

ISBN Softcover: 978-3-910791-14-5

Druck und Distribution im Auftrag des Verlags:

Lycrow Verlag, Schillerstraße 8, 17166 Teterow

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Verlag verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne die Zustimmung des Verlags unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Verlags, zu erreichen unter: tredition GmbH,

Abteilung „Impressumservice“,

An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg,

Deutschland.

 

 

 

 

 

 

 

 

Demon´s Desire

 

Sie wollen deinen Schmerz

 

 

Von Liz Rosen

 

 

 

Widmung:

 

 

Bete in schwierigen Situationen nicht zu Gott, oder warte darauf, dass Karma schlechte Menschen für dich bestraft. Nein, gib ihnen selbst, was sie verdienen. Vielleicht kommst du dafür in die Hölle, aber dann tanzen die fadenscheinigen Engel dir wenigstens nicht auf der Nase herum, sondern der Teufel küsst dir die Füße.

 

Playlist:

 

RIP – Neoni

Sex, Drugs, etc. – Beach Weather

Perfume – Marylin Manson

Hate myself – NF

I want it All – Cameron Grey

Crazy in Love – Beyoncé

Burn it Down – Linkin Park

Thanatos – Soap&Skin

Trampoline – SHAED

Born this Way – Lady Gaga

Dead to me – Melanie Martinez

Love it when you Hate me – Avril Lavigne

Bury me Alive – Neoni

I Knew you ere Trouble – Taylor Swift

Murder in my Mind – Kordhell

JEKYLL & HIDE – Bishop Briggs

Remember Everything – Five Finger Death Punch

Psycho in my Head – Skillet

Exile – Taylor Swift (feat. Bon Iver)

 

Triggerwarnung:

 

 

Du siehst verängstigt aus, corazon.

Weißt du bereits, dass wir dich packen, dich zerreißen und nichts mehr von dir übriglassen werden? Du willst nicht, dass wir unsere Zähne in deine helle Haut schlagen, unsere Krallen in deinem saftigen Fleisch vergraben und unsere Schwänze so tief in dich treiben, bis Tränen deine Wangen entlanglaufen? Ja? Wieso bist du dann hier?

Lauf weg! Vor uns und den Monstern, die wir in Wahrheit in uns verbergen. Vor den Tieren, die dich unter sich begraben und zu ihrem Eigentum machen werden, bis jeder uns an dir riechen und sehen kann, wie unser Sperma über deinen Körper tropft.

Oder bleib und lebe mit den Konsequenzen. Aber sag am Ende nicht, wir hätten dich nicht gewarnt. Denn das haben wir. Du weißt, was auf dich zukommt. Scharfe Zähne, harte Muskeln, Blut, Tod und Sex. Jede Menge Sex.

Alles, was passiert, hast du dir selbst zuzuschreiben. Du hast dich für diesen Weg entschieden. Es ist deine eigene Schuld. Denn du bist immer noch nicht weggelaufen, corazon, und unsere Geduld ist jetzt am Ende. Die Jagd hat gerade begonnen und wir freuen uns schon auf den Hauptgewinn.

Dein Leben, deinen Körper und am Schluss holen wir uns auch noch dein Herz.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was? Das reicht dir als Warnung nicht? Du möchtest mehr? Eine Versicherung, dass du es überleben wirst? Die gibt es nicht, aber eine vollständige Liste aller Dinge, die wir mit dir vorhaben, findest du am Ende des Buches.

 

 

Prolog: Aramis

 

 

 

 

 

 

 

Sechs Jahre zuvor …

 

 

Ihre leuchtenden Augen waren weit aufgerissen, als sie zu der Gruppe aus Dämonen starrte, die Seite an Seite im Halbkreis vor ihr standen und grinsend auf sie hinabsahen. Ich suchte nach der Angst, die sie mit Sicherheit empfinden musste, doch sie zeigte kein Anzeichen davon. Das Zittern ihres dünnen Körpers fehlte. Ihre Finger bebten keine Sekunde.

Stattdessen hatte sie das Kinn stolz erhoben, obwohl sie im Dreck vor diesen Arschlöchern kniete. Ihre Schuluniform hing in Fetzen von ihrem Körper.

Von der weißen Bluse, die ihren Oberkörper umhüllte, war kaum noch etwas übrig. Darunter blitzte ein roter BH hindurch, den sie trotz ihres zarten Alters bereits brauchte. Das helle Rot passte perfekt zu ihren Locken, die wie Wellen um ihre Schultern fielen und ihren nackten Rücken bedeckten.

Ihre Krawatte, die sie statt um den Hals ums Handgelenk trug - was absolut nicht den Regeln der Akademie entsprach - wies dieselbe Farbe auf. Genau wie das Blut, das aus einer Wunde an ihrer Schulter über ihren Arm floss, bis es von ihren Fingern auf den Boden lief. Es waren nicht einfach nur eine kleine Verletzung und ein paar Tropfen Blut.

Nein, irgendetwas musste sie stark verwundet haben. Ein Messer, eine Klinge. Irgendetwas, das später wieder herausgezogen worden war, denn an der Stelle war der Stoff aufgerissen und blutgetränkt, es war allerdings nichts zu sehen.

Sie knurrte.

Wütend fletschte sie die Zähne und versuchte, auf die Beine zu kommen, doch sobald sie Anstalten machte, ihr Ziel zu erreichen, trat einer der Dämonen hinter sie und schlug ihr gegen die Kniekehlen. Sie keuchte schmerzerfüllt und sackte wieder auf den Boden.

Der miese Wichser schnappte sich ihren Haarschopf und riss ihren Kopf an der Mähne zurück, bis ihr Rücken schmerzhaft gewölbt war.

Verzweifelt stützte sie ihre Hände vor sich auf dem Grund ab und wollte sich aufrichten, doch der Dämon hielt sie eisern fest. Seine Freunde lachten.

Bisher hatte niemand von ihnen mich bemerkt, sonst würde ihnen das Gelächter im Hals stecken bleiben. Das sollte es jedoch nicht. Ich wollte sehen, was sie mit ihr taten.

Oder besser gesagt, ich wollte sie sehen.

Die Dämonin mit den strahlendsten roten Haaren, die ich je gesehen hatte, und einer schneeweißen Haut, wie sie in der Hölle eher unüblich war.

Verbissen mahlte sie mit den Zähnen und versuchte immer noch, von dem Dämon hinter sich loszukommen. Sie zischte vor Schmerz, bäumte sich auf und wand sich in seinem Griff, aber sie schrie nicht um Hilfe. Sie sah sich nicht einmal nach Unterstützung um. Nein, sie wollte allein von ihm loskommen, obwohl das auf den ersten Blick unmöglich zu sein schien. Und selbst wenn es ihr doch gelang, waren da immer noch seine Freunde, die gierig auf den halbnackten Körper blickten und nur darauf warteten, die Frau selbst in die Finger zu bekommen.

Ich drückte mich tiefer in den Schatten des Gebäudes, an dem ich lehnte, und saugte an meiner Zigarette. Der Qualm an der Zigarettenspitze stieg in die Luft auf, als ich den Rauch in meine Lungen zog. Das beruhigende Gefühl, das ich dabei jedoch sonst immer empfand, blieb aus.

Anfänglich hatte mich meine eigene Neugier gezwungen, die Gruppe zu beobachten, aber nun waren es andere Gefühle, die mich dazu brachten, meinen Blick nicht von der Frau zu lösen.

Wut.

Auf die Typen, die sich an einer Schülerin vergingen, deren Dämon offenbar noch nicht erwacht war. Respekt. Für die schlafende Dämonin, die es mit mehreren ausgewachsenen Männern zu tun hatte und sich dennoch nicht geschlagen gab.

Und noch etwas anderes. Etwas, das ich nicht erwartet hätte.

Lust.

Die roten Haare, die blasse Haut, die unglaublichen, vor Zorn funkelnden Augen und dazu noch der gewölbte Rücken.

Der Anblick war … erregend.

Wenn sie nun auch noch unter Tränen gelächelt hätte, während mein Schwanz tief in ihr vergraben war, wäre er perfekt gewesen.

Aber stattdessen waren ihre vollen Lippen verbissen zu einem schmalen Strich zusammengepresst. Ihre Finger krallten sich in den Boden vor ihr.

Ein Zischen kam aus ihrem Mund, das schon bald zu einem Wimmern wurde, als der Typ hinter ihr immer fester an ihren Haaren zog. Er beugte sich weiter zu ihr, bis seine Lippen ihr Ohr streiften.

Die Frau versteifte sich. Ekel huschte über ihr Gesicht. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihrem Körper. Jede Faser ihres Organismus wollte sich gegen das Arschloch wehren, aber sie wartete auf den richtigen Zeitpunkt.

Schön, sie war also nicht nur kämpferisch, sondern auch intelligent genug, um nicht kopflos irgendwelche Dummheiten zu begehen.

Zwei Eigenschaften, die Azriel lieben würde.

Ob sie eine würdige Gegnerin für ihn wäre? Würde sie sich gegen ihn durchsetzen können?

Ich wusste es nicht, aber gegen den armseligen Bastard hinter sich konnte sie sich auf jeden Fall wehren. Es war nur eine Frage der Zeit. Er fühlte sich zu sicher. Er dachte gar nicht an die Möglichkeit, dass sie sich nicht fügen könnte, weil sie in der Überzahl waren. Doch ihre Züge verrieten, dass es schon bald hässlich werden würde.

„Du hättest tun sollen, was wir sagen, du verfickte Schlampe. Wenn ich dich ficken will, wirst du für mich die Beine breitmachen. Verstanden, Della?“

Der Wichser lachte und zerrte noch fester an den Haarsträhnen. Ein paar Haare lösten sich aus der Kopfhaut und segelten zu Boden.

Ich betrachtete das schillernde Rot, bevor ich wieder in das Gesicht der Frau sah.

Della. War das ein passender Name für sie?

Nein, eigentlich gefiel er mir nicht.

Er klang nicht feurig genug auf den ersten Blick, aber je länger ich sie anstarrte, desto klarer wurde mir, dass er doch passte. Er hörte sich kurz an, prägnant und einprägsam. Unvergesslich. Genau wie die Frau, zu der er gehörte.

„In Zukunft kann ich das auch, denn du wirst keinen Schwanz mehr haben, um mich damit zu bedrohen.“

Dellas Augen flackerten für einen Moment auf. Sie atmete tief durch und bewegte sich in der nächsten Sekunde blitzschnell.

Ihre Hand griff nach hinten, packte das Handgelenk ihres Peinigers und hielt es fest, sodass er ihr keine Haare ausriss, während sie sich mit aller Kraft nach oben stemmte, auf die Füße kam und sich zu dem Typen umdrehte.

Dabei musste sie sich unter ihrem eigenen Arm wegducken und ihre Schulter wurde für einen Augenblick verdreht, doch davon ließ sie sich nicht aufhalten.

Sobald sie vor dem Wichser stand, bohrte sie ihre Fingernägel tiefer in das Handgelenk ihres Peinigers.

Er schrie schmerzerfüllt auf. Sein Griff um ihre Haare löste sich.

Ein Fehler. Aber das wurde ihm zu spät klar.

Mit ihren Strähnen verlor er die Überhand. Della nutzte die neue Bewegungsfreiheit und stürzte sich auf das Arschloch, das es nicht kommen sah.

Wie eine Furie schlug sie nach ihm, sodass er das Gleichgewicht verlor. Ich unterdrückte ein Lachen, als er panisch das Gesicht verzog. Seine Augen weiteten sich. Schock glitt über seine Züge.

„Scheiße! Hilfe!“, schrie er, fiel wie ein Brett zu Boden und schaffte es auch nicht, wieder hochzukommen, weil Della ihre Chance ergriff und sich breitbeinig auf den Oberkörper des Wichsers setzte.

Kurz durchfuhr mich ein Stich der Eifersucht.

Sie sollte ihm nicht so nah sein. Nicht einmal, um ihn zu verletzen. Dabei ging es ihr nur darum. Sie wollte ihm Schmerzen zufügen. Und das schaffte sie auch. Della holte mit den Armen aus und fuhr dann mit fließenden Bewegungen hinab, um ihre Fingernägel über die Wangen des Wichsers zu bohren. Ein spitzer Schrei ertönte.

Dellas Finger drückten sich gegen die Augen des Arschlochs. Die Netzhaut gab unter der Wucht nach. Ein Ploppen erklang. Blut spritzte. Das Gekreische wurde markerschütternd.

Meine Mundwinkel hoben sich automatisch bei den gequälten Lauten.

„Hilfe! Hilfe! Ich kann nichts mehr sehen“, flehte das Arschloch und warf den Kopf hin und her, in der Hoffnung, Dellas Attacke abzuwehren. Damit erreichte er jedoch das genaue Gegenteil.

Immer verbissener krallte Della sich an ihm fest. Blut wurde aus den Augenhöhlen gequetscht und lief seitlich über sein Gesicht.

Einzelne Tropfen benetzten die Schläfen und tropften zu Boden. Schon nach kurzer Zeit war die Visage des Arschlochs nicht mehr zu erkennen.

Die Erektion, die sich bisher in seiner Hose abgezeichnet hatte, sank in sich zusammen. Der Schmerz übertönte seine Lust.

Meine jedoch nicht.

Der köstliche Duft nach Eisen breitete sich in der Luft aus und vermischte sich mit den salzigen Aromen der Tränenflüssigkeit, die dem Wichser übers Gesicht lief und den roten Lebenssaft verwässerte. Dellas Augen leuchteten. Ihre Haare wehten im Wind, während ihre Hände im Blut ihres Opfers badeten.

Fuck, ich glaubte nicht, jemals etwas Schöneres gesehen zu haben. Mein Schwanz regte sich in meiner Hose. Langsam wurde ich hart. Ein sanftes Pochen zog sich durch meine Lenden, das mich davon abhielt, einzugreifen. Ich wollte unbedingt wissen, wie weit sie gehen würde. Schon jetzt erinnerte mich der Anblick an ein Gemälde von Pollock, aber das reichte mir noch nicht. Und ihr offenbar auch nicht. Della presste ein letztes Mal ihre Finger in die Augenhöhlen und lehnte sich ein Stück nach vorn, um ihr ganzes Gewicht in ihre Aktion zu legen, bevor sie die Hände zurückzog und erneut ausholte.

„Nein, bitte! Meine Augen! Meine Augen!“, wimmerte der Typ, aber davon ließ Della sich nicht aufhalten.

Diesmal fuhr sie mit ihren spitzen Nägeln nur quer über das Gesicht des Mannes.

Sie entstellte ihn absichtlich.

Aber würde sie ihn auch töten?

Ich wünschte es mir, jedoch wurde daraus nichts. Nach den ersten Schrecksekunden hatten die anderen Dämonen sich aus ihrer Schockstarre gelöst und eilten nun auf ihren Freund zu, um ihm zu helfen.

Ich schnaubte.

Das war doch ein Witz.

Sie waren in der Überzahl und schafften es dennoch nicht, eine schlafende Dämonin in Schach zu halten. Sie sollten sich schämen. Vater würde mit ihnen kurzen Prozess machen, wenn er davon erfuhr.
„Holt sie von ihm runter! Jetzt dreht das Miststück richtig durch“, brüllte einer der umstehenden Kerle panisch und jagte auf Della zu, die sich davon jedoch nicht stören ließ.

Immer wieder bohrte sie ihre Krallen in die Visage ihres Peinigers und hinterließ tiefe Furchen, aus denen immer mehr Blut hervorquoll, bis der Wichser kaum noch zu identifizieren war.

Vier Paar Hände griffen gleichzeitig nach Della, packten sie an den Armen und versuchten, sie von dem Arschloch hinunterzuziehen.

Es klappte allerdings nicht. Della krallte ihre Nägel in das Gesicht unter sich und ließ nicht los. Die Männer zerrten an ihr, konnten das Opfer aber nicht gänzlich von ihr befreien, ohne dem Arschloch die Haut abzuziehen.

Schon jetzt wurden die Wangen unnatürlich nach unten gezogen und gaben damit einen großartigen Blick auf die zerstörten Augäpfel des Typen frei, der wohl inzwischen ohnmächtig geworden sein musste. Anders konnte ich mir nicht erklären, wieso die Schreie plötzlich verstummt waren.

Es war unglaublich befriedigend zuzusehen, wie Della dafür sorgte, dass der Bastard sie nie wieder verletzen würde, und alle vor Angst erzitterten. Zumindest so lange, bis jemand ein Messer zog.

Della sah es nicht, ich jedoch schon. Und es gefiel mir absolut nicht, als der Typ mit der Klinge ausholte und drohte, auf ihren Rücken einzustechen.

Fuck, war das sein Ernst? Sie waren zu fünft und Della allein und dennoch brauchte er ein Messer, um ihr Herr zu werden?

Das durfte nicht wahr sein. Diese Tatsache störte mich jedoch weniger als der Fakt, dass ein Teil von mir sie nicht verletzt sehen wollte. Schon die Wunde an ihrer Schulter war mir zu viel.

Es war, als hätte ich … Angst um sie. Angst, dass ihr etwas passieren könnte, das ihr nachhaltig schaden könnte. Dabei kannte ich sie gar nicht. Sie sollte mir egal sein, doch das Feuer in ihren Augen machte etwas mit mir und ich wollte unbedingt wissen wieso.

„Es reicht! Sich zu fünft gegen eine Dämonin zu stellen und zu verlieren, ist peinlich. Wollt ihr das Risiko wirklich eingehen?“

Ich löste mich galant aus den Schatten und trat näher an die Gruppe heran, die sofort in der Bewegung verharrt war, als sie meine Stimme erkannt hatten. Ihre Köpfe drehten sich unisono in meine Richtung. Alle Arme lösten sich gleichzeitig von Della. Die Kiefer der Männer klappten auf. Zwei von ihnen schluckten sichtlich. Einer fuhr sich wiederholt nervös über die Unterlippe.

Sie hatten Angst. Keiner von ihnen traute sich, von mir wegzusehen.

Nur Della schenkte mir keine Aufmerksamkeit, als wäre ich überhaupt nicht da.

Sie kratzte weiterhin mit ihren Nägeln in das Gesicht ihres Opfers und erst beim Nähertreten wurde mir klar, warum.

Sie wollte ihr Kunstwerk beenden.

Ich hatte geglaubt, sie würde einfach wahllos irgendwelche Kratzer und somit in weiterer Folge Narben verursachen, um dem Wichser für immer einen Denkzettel zu verpassen, aber Della ging sogar ein Stück weiter.

Die Striche ergaben Linien und vereinten sich zu Buchstaben, die am Ende nur ein einziges Wort ergaben. Ekel. Es stand quer über das Gesicht geschrieben. Sie war gerade dabei, das L mit ihrem Mittelfinger in die rechte Wange zu ritzen, und ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Sie hat angefangen“, maulte der Kerl, der mir am nächsten stand, sah sich jedoch gleich Hilfe suchend um. „Sag’s ihm, Creeton!“

„Ja, sie hat unsere Luft geatmet.“

Creeton lachte, allerdings klang es ebenfalls nicht amüsiert. Kalter Angstschweiß verpestete die Luft. Ein feuchter Film legte sich auf seine Stirn.

Panisch wischte er über sein Gesicht, bevor die Flüssigkeit ihm in die Augen laufen konnte, aber das verhinderte nicht, dass ich seine Angst riechen konnte. Doch damit nicht genug. Ich konnte sie auch hören. Sein Herz klopfte viel zu schnell in seiner Brust. Ob er die Symptome eines Infarkts bekommen würde, wenn ich ihn nur lange genug anstarrte?

„Glaub mir, wenn ich eine andere Möglichkeit hätte, würde ich auf Sauerstoff verzichten, um nicht deinen Gestank wahrnehmen zu müssen.“ Della schnaubte, blinzelte angriffslustig in Creetons Richtung und erhob sich bedrohlich von dem ohnmächtigen Wichser, als sie ihr Werk endlich beendet hatte.

Creeton – der Arsch mit dem Messer – zuckte ängstlich zurück, bis ihm wieder einzufallen schien, dass Della ihm nichts tun konnte, wenn er sie vorher abstach. Statt einen Schritt zurückzuweichen, als Della mit rasender Geschwindigkeit auf ihn loseilte, holte er mit dem Messer aus.

„Ich sagte, es reicht!“, rief ich, schnappte Della am Oberarm und hielt sie zurück, sodass die Klinge zwar die Luft durchschnitt, jedoch nicht in Dellas Nähe kam. Ihre Haut fühlte sich zart unter meinen rauen Fingerkuppen an.

Sie wehrte sich gegen meinen Griff, schaffte es jedoch nicht, sich loszureißen. Zum Glück für Creeton, der inzwischen erkannt hatte, dass er sich mit einem Messerchen vielleicht gegen Della behaupten konnte, aber bestimmt nicht gegen mich.

„Egal, wer angefangen hat, ich beende es jetzt“, grollte ich und verfestigt meinen Griff um Dellas Oberarm, damit sie aufhörte zu zappeln wie ein Fisch auf dem Trockenen.

Wütend schnaubte sie, wurde allerdings wirklich ruhiger. Noch immer warf sie ihren Angreifern giftige Blicke zu, entspannte sich jedoch, als die Arschlöcher endlich Abstand nahmen und stattdessen auf ihren verletzten Freund zueilten.

Creeton ließ sich neben den Verwundeten auf die Knie fallen und griff mit den Händen nach dessen Gesicht, doch seine Finger blieben ein paar Zentimeter vor den Verletzungen in der Luft hängen. Verständlich, auch ich hätte nicht gewusst, wo ich anfangen sollte, die Wunden zu verarzten.

Zwar würde sich das Gewebe aufgrund der Selbstheilungskraft von uns Dämonen mit der Zeit regenerieren, aber es würde eine lange Zeit dauern. Della hatte ganze Arbeit geleistet.

Das pure Grauen war auf den Gesichtern der Männer zu erkennen, die wiederholt von ihrem Freund zu Della und dann wieder zurück starrten. Zwei von ihnen hatten den Mund weit geöffnet, aber kein Ton kam über ihre Lippen.

Creeton legte irgendwann doch seine Finger auf das Gesicht des Dämons, der mehr tot als lebendig auf dem Boden lag. Sanft wischte er das Blut von den Augenhöhlen, um seinem Freund keine Schmerzen zu bereiten, aber das war unmöglich.

Der Verletzte wimmerte. Sein Körper zuckte unkontrolliert. Er warf den Kopf zur Seite, sodass noch mehr Blut aus dem Auge über das Nasenbein lief. Creeton keuchte überrascht und ließ sofort das Gesicht des Verwundeten los, als hätte er sich daran verbrannt. Seine Fingerkuppen waren verschmiert mit dem Blut von Dellas Opfer.

Er wischte sie an seiner Hose ab und erhob sich langsam aus seiner Position. Angst schimmerte in seinen Augen. Von der Überheblichkeit, die er Della gegenüber gezeigt hatte, war nichts mehr übriggeblieben. Der rachsüchtige Dämon erinnerte nun mehr an einen Schmusekater, der seiner Mommy entrissen wurde.

„Kile?“, fragte er leise, doch der Verletzte rührte sich nicht mehr. Seine Atmung war flach, aber stetig. Der Brustkorb hob und senkte sich regelmäßig und zeigte, dass er es überstehen würde. Wie bedauerlich. Um einen einzelnen Dämon wäre es nicht schade gewesen und Dellas Seele glimmte jetzt schon in einem tiefen Schwarz. Wie sie wohl aussehen würde, nachdem Della jemanden getötet hatte?

Irgendwann würde ich es erfahren und wenn ich ihr selbst befehlen musste, einem anderen die Kehle aufzuschlitzen.

Vorzugsweise, wenn sie auf meinem Schoß saß und mich ritt, bis mein Sperma zeitgleich in sie schoss, und während Blut über den Hals ihres Opfers lief.

Fuck, ich würde sie gut dafür belohnen, dass sie einem bemitleidenswerten Leben ein Ende bereitet hatte. Bei der Vorstellung meldete sich erneut mein Schwanz. Er zuckte verlangend und bettelte nach Aufmerksamkeit. Wenn es nach ihm ginge, würde Kiles Blut an Dellas Händen reichen, um sie mit einem Orgasmus zu belohnen. Aber das musste warten, bis diese Kretins sich endlich verpisst hatten. Sie hatten ihr Recht, Della und mir beim Ficken zuzusehen, verwirkt, als sie die Dämonin angegriffen hatten.

„Entschuldigt euch wenigstens dafür, dass ihr ein peinlicher Haufen Versager seid, der sich nur gemeinsam gegen eine Frau behaupten kann“, forderte ich, als Creeton und einer seiner Begleiter Kile an den Fußgelenken packten und begannen, ihn von uns wegzuziehen.

Unsicher sahen sie für einen Moment zu mir auf. Das Zittern ihrer Leiber wurde stärker.

Ob ich es schaffen würde, dass sie sich in die Hose schissen, wenn ich sie anbrüllte?

Bestimmt. Die Vorstellung gefiel mir, jedoch kam darin nicht der Gestank nach Fäkalien vor, der dieser Aktion unweigerlich folgen würde. Deshalb unterließ ich es und knirschte stattdessen mit den Zähnen. „Habt ihr gehört, was ich gesagt habe?“ Ich knurrte bedrohlich und auch wenn ich es nicht sehen konnte, zeigte die Reaktion der Umstehenden, dass meine Augen gefährlich rot aufglühten. Sie wichen alle einen Schritt vor mir zurück und begannen zu zittern.

„E-es t-tut u-uns leid“, stammelte Creeton eilig, umgriff den Knöchel von Kile fester und zog den reglosen Körper schneller über den Asphalt.

Steine verfingen sich dabei in Kiles Shirt und rissen den Stoff auf, sodass sein Rücken schon nach wenigen Metern über den Boden streifte. Davon ließen sich seine Freunde jedoch nicht aufhalten.

Sie flohen vor der Situation und nahmen den verwesenden Geruch der Angst mit sich mit, worüber ich froh war, denn so konnte ich zum ersten Mal Dellas unverfälschten Duft genießen.

Sicher, ihr haftete noch das markante Aroma von Eisen an, aber darunter kam eine Explosion aus Gerüchen zum Vorschein.

Sie roch feurig, genau wie sie aussah, und gleichzeitig nach Asche, Leid und Trauer. Wie ein weinender Phönix, der sich gerade aus den Flammen erhob, nachdem ihm Unaussprechliches angetan worden war. Dementsprechend loderte in ihren Augen auch ein unkontrollierbares Feuer, als sie den Wichsern nachsah, die sich an uns vorbei und zurück zum Akademiegebäude stahlen.

Dabei ließen sie Della und mich keine Sekunde aus den Augen, als befürchteten sie, einer von uns könnte ihnen folgen und sie doch noch für ihre Taten zur Rechenschaft ziehen.

Das waren sie jedoch nicht wert. Ich würde die Zeit, die ich dazu nutzen konnte, Della genauer kennenzulernen, nicht darauf verschwenden, irgendwelchen Arschlöchern nachzujagen, die ohnehin den Schreck ihres Lebens bekommen hatten. Nein, ich wollte jede Sekunde mit Della genießen.

Ihr Feuer faszinierte mich. Ich konnte es kaum erwarten, es am eigenen Leib zu spüren und mich daran zu verbrennen. Vielleicht würde ich dann endlich wieder etwas fühlen außer Wut, Lust und Hass.

Wir beide würden das. Azriel und ich.

Sanft zog ich an Dellas Arm, damit sie ihre Aufmerksamkeit auf mich richtete. „Du solltest dich von ihnen fernhalten. In der Gruppe könnten sie dich ernsthaft verletzen.“

Ich lächelte sie so gut wie möglich an, damit sie keine Angst bekam, weil wir nun allein waren.

Doch meine Sorge, sie könnte in Panik verfallen, bewahrheitete sich nicht. Dellas feuriger Blick richtete sich auf mich. Sie hob das Kinn ein Stück und ihre rechte Augenbraue wanderte zu ihrem Haaransatz. Die Lippen verzog sie zu einem schmalen Strich.

„Ich brauche deine Hilfe nicht. Und deine Ratschläge auch nicht. Niemand hat dich darum gebeten, dich einzumischen.“

Sie schnaubte und riss sich aus meinem Griff los. Ihre Stimme klang plötzlich noch aggressiver, fast als wäre sie wütend.

Aber wieso? Etwa auf mich, weil ich ihr geholfen hatte? Das konnte doch nicht ihr Ernst sein. Diese Wichser hätten sie für immer entstellen oder unter die Erde befördern können, wenn ich nicht gewesen wäre.

„Das sah gerade eben noch ganz anders aus.“

Ein amüsierter Ton mischte sich in meine Stimme, auch wenn ich gar nicht belustigt darüber war, dass ein paar Schüler der Akademie versuchten, sich gegenseitig umzubringen. Ich konnte dem Tod, der Rache und dem Verderben jede Menge abgewinnen, aber wir waren schon jetzt viel zu wenig Dämonen, deshalb gab es eigentlich Gesetze, die verhindern sollten, dass wir uns zu schnell dezimierten. Eins davon beinhaltete die Regelung, dass alle Schüler der Akademie beschützt werden mussten, immerhin waren wir als Heranwachsende am fragilsten.

Unsere Dämonen waren nicht ausgewachsen oder zeigten sich im schlimmsten Fall noch gar nicht. Etwas, das negative, aber auch positive Auswirkungen hatte. Ein Vorteil war, dass die jungen Dämonen Stück für Stück lernen konnten, ihre Kräfte zu kontrollieren.

Leider bedeutete das jedoch auch, dass jeder Unfall einem anderen Schüler das Leben kosten konnte, weil die Heilfähigkeiten noch nicht ausgeprägt waren. Dadurch waren wir über die Jahrhunderte immer weniger geworden, bis Vater sich vor knapp dreißig Jahren dazu herabgelassen hatte, ein Gesetz einzuführen.

Wie gut es sich durchgesetzt hatte, zeigte die Auseinandersetzung zwischen Della und den anderen.

Vater müsste härter durchgreifen, aber dafür müsste ihm irgendetwas außer er selbst wichtig sein.

Es interessierte ihn nicht, wie viele Dämonen starben, solange immer genug da waren, um alle Arbeiten in der Hölle zu erledigen, sodass er keinen Finger krümmen musste.

Immerhin brauchte er genau diese Finger noch, um Azriels Kopf so lange unter Wasser zu drücken, bis mein Bruder keine Luft mehr bekam. Oder um mein Handgelenk festzuhalten, damit ich nicht einmal in die Versuchung geführt wurde, meinen Arm wegzuziehen, wenn er die ätzende Säure über meine Haut schüttete.

„Es kümmert mich nicht, wie es für dich aussah, Teufelssöhnchen.“ Della lachte freudlos auf und verdrehte die Augen. Ihre Stimme hörte sich wie das Zischen einer Schlange an, kurz bevor sie ihre Beute schnappte und genüsslich verschlang. Dabei starrte sie mich an, als wünschte sie tatsächlich, sie hätte spitze Zähne, die sie mir in den Hals rammen konnte.

Aber die fehlten ihr noch.

Wahrscheinlich war das mein Glück, denn diese Frau hatte mehr Temperament, als gut für sie war.

Wusste sie überhaupt, mit wem sie gerade sprach? Ja, tat sie. Das machte es noch erschreckender. Sie reagierte nicht auf mich. Auch jetzt nicht, obwohl wir allein waren. Das … war mir noch nie passiert.

„Teufelssöhnchen?“

Fragend zog ich die Augenbrauen zusammen. Ich war vieles gewohnt. Einige Dämonen machten einen großen Bogen um meinen Bruder und mich, aus Angst irgendetwas anzustellen, das unseren Unmut heraufbeschwören konnte.

Andere schmissen sich uns geradezu an den Hals. Zugegeben, das waren meistens Frauen, aber leider nicht nur. Viele hielten auch einfach nur respektvoll Abstand, doch noch nie hatte mich jemand beleidigt. Und Teufelssöhnchen war bestimmt nicht als Kompliment gemeint gewesen.

Nicht so, wie sie es ausgesprochen hatte.

Della wischte mit der Hand über die Stelle an ihrem Arm, die ich berührt hatte, und verteilte so das Blut von Kile auf ihrem Körper. Das schien ihr allerdings lieber zu sein, als weiterhin den Nachklang meiner Berührung zu spüren. Ein seltsamer Stich jagte bei dem Gedanken durch meine Brust.

Wie konnte es sein, dass ich so beeindruckt von ihr war, ich sie jedoch kalt ließ? Oder tat ich das vielleicht gar nicht. Hielt sie mit Absicht Abstand, damit ich sie nicht noch einmal berührte?

Ja, diese Vorstellung gefiel mir schon besser und meinem Schwanz auch. Mein Schaft drängte sich noch fester an die Hose in meinem Schritt, bis ich mir sicher war, dass Della die Beule erkennen musste.

Aber auch das schien sie nicht zu kümmern. Sie sah nicht einmal genauer hin. Eiskalt blickte sie mir immer noch ins Gesicht.

Die Belustigung in meinem Inneren löste sich langsam auf und wurde durch aufkeimende Wut ersetzt. Ich wollte, dass sie reagierte. Irgendwie. Sie sollte mich anschreien, weinen, weglaufen. Ganz egal, solange sie nur irgendetwas tat.

Doch ihre Miene war starr. Undurchdringlich.

„Das bist du doch, oder nicht? Einer der Zwillinge, die hier herumlaufen, als würde die gesamte Akademie ihnen gehören.“

Abschätzig ließ Della ihren Blick nun doch von meinem Haaransatz zu meinen Zehen und wieder zurückgleiten. Dabei stockte sie keine Sekunde. Sie sah einfach über meine ausgewachsene Erregung hinweg, obwohl sie beeindruckt sein musste.

Es gab keinen Typen in der Hölle, der besser bestückt war als ich. Na gut, Vater, aber ich bezweifelte, dass Della meinen Erzeuger jemals nackt gesehen hatte. Wobei, vielleicht doch.

Der Teufel war dafür bekannt, sich immer wieder irgendwelche jungen Frauen aus der Akademie in sein Bett zu holen. Mit etwas Glück kamen sie dann sogar nach ein paar Wochen wieder zum Unterricht. Das alternative Ende war jedoch nicht so prickelnd.

Ich war sein Sohn und musste es wissen.

Nicht erst einmal mussten Azriel und ich das wegräumen, was Vater von seinen Liebschaften übriggelassen hatte. Verbrannte, zerrissene oder mit Klingen durchtrennte Haut war dabei noch der beste Anblick. Die Frau, die er bei lebendigem Leibe gefressen hatte, würde ich jedoch niemals vergessen können. Sie hatte die Augen weit geöffnet gehabt und mich direkt angesehen, als ich Vaters Schlafzimmer betreten hatte. Ihr Kopf hing über die Bettkante.

Der Hals wurde dabei unnatürlich gedehnt. Ihre langen schwarzen Haare baumelten vom Bett hinab und streiften den Teppichboden.

Blut sammelte sich an der Stelle. Tropfen für Tropfen fiel von dem entstellten Körper, der einst einmal wunderschön gewesen sein musste. Sie hatte noch geatmet. Einen Atemzug und noch einen, obwohl die Hälfte ihres Blutes auf dem Boden, den weißen Laken und der Matratze verteilt gewesen war.

Die Flüssigkeit schien aus jeder Öffnung zu tropfen und davon gab es reichlich. In ihrem rechten Oberschenkel prangte ein riesiges Loch, das von mehreren Bissspuren umrandet war. Dafür fehlte ihr linkes Bein gänzlich.

Es war einfach weg.

Als hätte es nie existiert.

Nur die Knochen, die abgenagt am anderen Ende des Betts lagen, erinnerten daran, dass sie irgendwann auf zwei Füßen gelaufen sein musste. Mehrere Fleischstücke waren aus ihrem Torso gerissen worden, sodass ich eine gute Sicht auf ihre Rippen und ihre Innereien hatte, die im Takt ihres angestrengten Herzschlags pochten.

Das Brustbein hob und senkte sich stetig, jedoch viel zu schnell. Ihr Körper, ihr ganzer Organismus wehrte sich gegen die Verletzungen. Zwar versuchte ihr innerer Dämon, sie noch zu retten, immerhin wuchs über ein paar der Löcher bereits ein durchsichtiger, dünner Film, der irgendwann zu einer neuen Haut werden könnte. Aber ich wusste, dass sie sterben würde. Die Wunden waren zu tief. Zu massiv. Und überall. Sogar an ihrem Hals und im Gesicht.

In ihrer Wange fehlte ebenfalls ein Stück ihres Fleisches, sodass das Jochbein frei lag, und über ihrem linken Auge fehlte die Braue.

Ihr Mund öffnete und schloss sich. Ein stummer Hilfeschrei kam aus ihrer Kehle. Es war ein schauriger Anblick, wie ihre Lippen sich bewegten, obwohl statt ihrer Lippen nur noch Wunden zu sehen waren, die ihre Zähne kaum abdeckten.

Sie strengte sich an. So sehr.

Sie wollte, dass wir ihr halfen.

Azriel und ich, aber wir konnten nichts mehr für sie tun. Ein letztes Mal hob sich ihre Brust und drückte damit noch mehr Blut aus ihren Verletzungen.

Sie schluchzte, atmete aus und … nie wieder ein.

Ich schluckte. Eines ihrer Lider hatte sich schwerfällig geschlossen und einen Augapfel verdeckt. Doch die Pupille des anderen hatte mich weiterhin angestarrt. Flehend. Sie hatte nicht sterben wollen.

Wahrscheinlich hatte sie dem Teufel nicht einmal auf diese Weise zu Diensten sein wollen. Aber das machte keinen Unterschied. Wenn Vater einen rief, hinterfragte es niemand. Alle liefen sofort los. Das kostete sie meistens das Leben.

Die schwarzhaarige Schönheit war nur eine von ihnen gewesen. Und was hatte Vater getan, während sie ihren Verletzungen erlegen war? Verdammt, richtig, er hatte einen ihrer Arme in der Hand gehalten, seine Zähne genüsslich in das Fleisch vergraben und an einem Stück Haut geknabbert, sodass ihm jede Menge Blut über sein Gesicht gelaufen war.

Dieses Bild verfolgte mich nachts in meinen Albträumen und ich wusste, dass es Azriel genauso ging. Fuck! Daran sollte ich nicht mehr denken. Es reichte, wenn es mir nachts den Schlaf raubte. Schnell schüttelte ich den Kopf, um die Erinnerungen loszuwerden, und richtete meine Gedanken auf ein vergnüglicheres Thema. Della.

Noch immer sah sie mich an, als wäre ich nicht der gottverdammte Prinz der Unterwelt, sondern lediglich ein Schuhabtreter vor einem Haus, auf dem sie gleich herumtrampeln konnte.

Wieder meldete sich die Wut in mir. Doch unter dem Zorn lag noch etwas anderes. Bewunderung. Sie wusste, was ich ihr antun konnte. Jeder wusste das. Dennoch scherte sie sich nicht darum. Es war ihr offensichtlich egal, wer oder was ich war. Sie hatte eine Meinung über mich und sie schreckte nicht davor zurück, sie mir unter die Nase zu reiben, auch wenn das für sie negative Konsequenzen haben könnte.

Das imponierte mir. Es war nicht schwierig, jemandes Willen zu brechen, wenn ohnehin keiner mehr vorhanden war, weshalb Azriel und mir mit unseren Gespielinnen schnell langweilig wurde. Keine davon hatte sich je gegen uns zur Wehr gesetzt oder hatte uns Paroli geboten.

Bei Della würde das bestimmt anders sein. Sie würde sich nicht einfach auf den Boden drücken und ficken lassen. Wie weit würde sie gehen, um zu beweisen, dass sie die Überhand hatte? Und wie lange würde es dauern, bis sie erkannte, dass sie machtlos gegen uns war? Dass ihr Körper ihr irgendwann nicht mehr gehorchen würde, weil er uns dienen wollte?

„Die Akademie gehört uns.“

Das stimmte. Genau genommen gehörte uns alles in der Hölle. Einer – oder besser gesagt, der einzige – Vorteil, den Teufel persönlich als Erzeuger zu haben. Irgendwann, wenn er endlich abgedankt hatte, war es unser Schicksal, die Unterwelt zu führen, und Azriel und ich hatten uns schon jetzt geschworen, einiges anders zu machen. Es brauchte eine Veränderung. Wir hatten immer noch Regeln aus Zeiten, die lange hinter uns lagen. Das gesamte Gesetzeswerk gehörte generalüberholt und es brauchte eine Lösung für die geringe Geburtenrate.

Die Lösung konnte nicht sein, dass jeder Dämon gezwungen war, einen Erben zu zeugen. Das war zu wenig. Aber selbst das schafften die meisten kaum, weil es im Verhältnis mehr Dämonen als Dämoninnen gab. Wir müssten also eine andere Rasse mit uns paaren. Menschen. Doch davon wollte der Teufel nichts hören. Er dachte, es würde uns schwach machen. Dabei waren wir das schon, weil wir immer weniger wurden.

Della fletschte angriffslustig die Zähne und ballte die Hände zu Fäusten. Ihre Fingernägel drückten sich in ihre Handflächen. Die Haut riss auf und begann zu bluten. Der Geruch nach Eisen, der sich durch den Wind verflüchtigt hatte, kehrte schlagartig zurück.

Allerdings war der Duft diesmal einprägsamer. Süßlicher. Sofort reagierten meine Reißzähne darauf. Mein Zahnfleisch begann zu kribbeln und die Schneidezähne bohrten sich durch den Kiefer einen Weg ins Freie.

Sie wuchsen und wuchsen, bis sie meine Unterlippe berührten und sich sanft gegen die Haut meines Kinns drückten. Della ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken, sie hob einen Mundwinkel und legte provozierend den Kopf schief. „Nein, die Hölle gehört eurem Vater. Dem Monster, vor dem alle im Dreck kriechen, nur um dessen Füße zu küssen, obwohl er nie etwas für uns Dämonen tut.“

Ich stutzte.

Hatte sie das gerade wirklich gesagt? Und tat sie das tatsächlich gerade? War sie lebensmüde?

Es war, als würde sie mir ihren Hals anbieten. Ich hätte nur einen Schritt auf sie zumachen und meine Zähne in dem zarten Fleisch vergraben müssen. Fast hätte ich es sogar getan.

Fuck, wahrscheinlich hätte ich jeden Moment davon in vollen Zügen genossen. Sie zu halten, ihr Blut zu trinken und zu sehen, wie ihr Körper in einen Rausch verfiel - das war genau das, was ich wollte.

Aber Azriel war nicht hier und es gab zwei Dinge, die ich nie ohne ihn tun würde. Jemanden umbringen und eine Frau ficken.

Also musste das bedauerlicherweise warten. Außerdem schien Della irgendetwas mit ihrem Verhalten erreichen zu wollen und ich brannte darauf zu wissen, was in ihrem wunderschönen Köpfchen vor sich ging. „Was hat das mit meinem Bruder und mir zu tun?“

„Ganz einfach, ihr seid genau wie er.“ Dellas anderer Mundwinkel hob sich nun ebenfalls. Ihr Grinsen wurde breiter. Purer Hass sah mir entgegen. „Oder willst du etwa leugnen, dass du an nichts anderes denken kannst als daran, deinen Schwanz zeitgleich mit deinen Zähnen in meinen unwilligen Körper zu schieben, nur um zu beweisen, wie viel Macht du über mich hast?“

„Nimm das zurück!“, brüllte ich und stieß ein so lautes Knurren aus, dass es am ganzes Akademiegelände zu hören sein musste.

All meine Bedenken, die Sehnsucht nach Della und die Faszination lösten sich in Schall und Rauch auf. Glühende Wut schoss durch meine Adern.

Sie legte sich über meine Sicht wie ein Schleier und tauchte alles in ein flammendes Rot. Das Feuer brach in mir aus. Es beherrschte meinen Körper und durchtrennte für einen Moment die Synapsen in meinem Gehirn.

Ich hatte keine Ahnung, was ich tat. Ich merkte, wie ich mich bewegte, aber ich konnte es nicht ändern. Meine Beine führten mich zu Della. Ich packte ihren Hals. Meine Finger legten sich um ihre Haut, drückten zu und zogen ihren wunderschönen Körper ein Stück in die Luft, bis sich ihre Füße vom Boden lösten.

Ich spürte ihren Puls in der Halsschlagader pochen. Angst kroch in ihr hoch. Ich wollte sie loslassen. Das musste ich. Aber ich schaffte es nicht. Ich war plötzlich nicht mehr der Herr über meinen Organismus. Nein, ich wurde nur von der Wut gelenkt.

Ihr seid genau wie er.

Die Worte spielten sich wiederholt in meinem Kopf ab, wie eine Filmszene, die ich zu oft gesehen hatte. Aber kein Drehbuch hätte jemals so schlecht sein können.

Ihr seid genau wie er.

Verfickte Scheiße! Wir waren vieles, aber wir hatten keine Ähnlichkeit mit diesem … diesem … Monster!

Denn genau das war er.

Vater kannte keine Liebe, kein Mitleid oder Empathie. Freunde und Familie, das waren beides nur Worte für ihn. Sie hatten keine Bedeutung.

Aber für mich schon. Für uns. Azriel war mein Bruder, mein Zwilling. Ein Teil von mir.

Es hätte nie zwei von uns geben sollen.

Vater wollte einen Erben und vielleicht wäre es auch dazu gekommen, wenn er unsere Erzeugerin nicht während der Schwangerschaft gequält hätte.

Das Schicksal, Gott oder welcher Bastard auch immer hatte dafür gesorgt, dass einer von uns diese sprichwörtliche Hölle nicht allein durchstehen musste. Nein, aus irgendeinem Grund waren aus einer Hülle zwei entstanden.

Wir funktionierten wie ein Organismus. Wir konnten fühlen, was der andere fühlte, wissen, was der andere wusste und mit ein wenig Aufwand konnten wir die Welt sogar durch die Augen des jeweils anderen sehen. Wir waren eine Einheit. Zwei Teile eines Ganzen, die zusammengehörten. Starb einer, starb der andere. Wir waren wie ein Dämon. Das machte uns zu den besten Freunden.

Wer wollte nicht schon immer mit sich selbst befreundet sein?

„Ach, und wenn nicht?“ Dellas beschleunigter Atem wehte mir ins Gesicht.

Sie hob ihre Hände an meine und krallte ihre Finger in meine Handrücken, damit ich den Griff löste.

Aber ich tat es nicht.

Stattdessen beobachtete ich bewundernd, wie ausdruckslos ihr Gesicht blieb, obwohl ich nur lange genug drücken musste, um sie zu töten.

Wie lange würde es dauern, bis ihr die Luft ausging? Ein paar Sekunden? Minuten? Ein Teil von mir wollte es herausfinden.

„Was? Hörst du es nicht gern? Ich würde es auch hassen, wenn mir jemand einen Spiegel vors Gesicht hält, und ich nicht mag, was ich zu sehen bekomme. Dein frauenverachtender Erzeuger und seine misogynen Ansichten können mir gestohlen bleiben.“

Dellas Stimme verwandelte sich in ein Krächzen.

Ihr Gesicht verfärbte sich blass. Sie schnappte gierig zwischen den Wörtern nach Luft, ohne wirklich neuen Sauerstoff in ihre Lunge pumpen zu können. Ihre Augen weiteten sich, doch davon ließ sie sich nicht abhalten, ihre Tirade zu Ende zu bringen.

Sie sprach immer weiter und weiter, als wollte sie austesten, wie viel weiter sie gehen konnte, bis sie die Grenze erreicht hatte und ich sie aus Wut für den Mist umbrachte, den sie von sich gab.

Sie benahm sich wie eine ungezogene Göre, die nur darauf wartete, bestraft zu werden.

Wollte Della leiden? Offensichtlich, sonst würde sie nicht über Dinge sprechen, von denen sie keine Ahnung hatte.

Der Gedanke ließ mich tief durchatmen.

Es stimmte. Sie wusste es einfach nicht besser.

Della sah das von uns, was wir der ganzen Unterwelt zeigten. Dass wir harte, perverse Arschlöcher waren, die mit Unmengen Frauen schliefen, wahllos töteten und andere manipulierten. Sie hatte bestimmt ihre Gründe für ihre Meinung. Vielleicht hatten wir bereits jemandem geschadet, der ihr etwas bedeutete, oder sie hatte vielleicht schon mit uns zu tun gehabt.

Wobei ich Letzteres nur schwer glauben konnte.

Sie wäre uns aufgefallen. Nicht nur mir, sondern auch Azriel ganz bestimmt und wenn Azriel und sie aufeinandergetroffen wären, dann … Es traf mich wie ein Schlag.

Natürlich!

Der Wutausbruch kam gar nicht von mir. Er kam von Azriel. Er wütete in meinem Inneren. Fuck! Sofort entspannte ich mich und schüttelte die Emotionen ab, die ich von Azriel empfing und suchte nach meinen eigenen.

Ja, ich war ebenfalls wütend, aber nicht in dem Ausmaß wie mein Zwilling. Bei mir überwog die Faszination dafür, dass Della augenscheinlich wollte, dass ich ihr die Luft abschnürte und meine Zähne in ihren Hals verbiss. Damit stand fest, dass sie die gleichen Neigungen hatte, wie Azriel und ich, nur in einer anderen Ausführung. Während mein Bruder und ich den Ton angeben und die Grenzen festlegen wollten, dürstete es Della danach ihre eigenen Grenzen zu überschreiten. Ich hatte keinen blassen Schimmer, weshalb sie es brauchte, aber ich nahm mir vor, es herauszufinden.

„Bist du heute mit dem falschen Fuß aufgestanden, oder weißt du einfach nicht, wie man sich bedankt?“ Ich schnaubte, löste ohne Vorwarnung ganz meinen Griff und sah grinsend zu, wie Della durch den plötzlichen Verlust meines Haltes wieder mit den Füßen auf dem Untergrund ankam.

Sie bemerkte es jedoch zu spät, fand nicht sofort ihr Gleichgewicht und stürzte deshalb zu Boden. Sie japste überrascht auf. Gierig saugte sie neuen Sauerstoff in ihre Lunge. Ihre Finger fanden automatisch den Weg zu ihrem Hals, an dem Abdrücke meiner Hand zu sehen waren.

Nur minimal und sie würden in kurzer Zeit wieder verschwunden sein, aber es gefiel mir, dass sie ein Zeichen von mir für die nächsten Stunden an sich tragen würde. „Ich habe dir eine Frage gestellt“, bohrte ich nach, ohne Della die Gelegenheit zu geben, sich zu orientieren.

Noch immer sah sie sich verwirrt um, als wüsste sie nicht, was in den letzten Sekunden geschehen war. Aber das war ihr Problem. Ich wollte sehen, wie sie unter Druck funktionierte. Azriel und ich konnten gemeinsam sehr fordernd sein. Wenn ein wenig Sauerstoffmangel reichte, damit sie ihr Feuer verlor, war sie vielleicht doch nicht die Richtige.

Ich irrte mich jedoch.

Sobald Della klar wurde, dass sie auf dem Boden zu meinen Füßen saß, zog sie die Hände vom Hals und sprang auf. Ihr Körper wankte durch die plötzlichen Bewegungen, doch sie schaffte es, sich zu fangen und stehenzubleiben, statt erneut Bekanntschaft mit dem Asphalt zu machen.

„Nein, ich bin nur inzwischen das Kämpfen mit irgendwelchen Idioten, die glauben, dass sie besser sind als ich, leid“, fauchte sie, strich sich mit den Händen über die Stofffetzen, als würde sie Falten aus ihren Klamotten bekommen wollen, und verschränkte anschließend die Arme vor der Brust. Dadurch kamen ihre Titten noch besser unter dem hauchengen Material der zerrissenen Bluse zur Geltung.

„Ich wollte dir nur helfen“, erklärte ich, auch wenn das nicht ganz der Wahrheit entsprach. Sicher, ihr Wohlergehen hatte im Vordergrund gestanden, weil sie sich auch nicht mit ihrem Kampfgeist gegen so viele ausgewachsene Dämonen hätte wehren können, allerdings hatte ich Hintergedanken dabei gehabt.

Diese Wichser sollten nicht zerstören, was ich ruinieren wollte. Ganz einfach.

Mein Dämon hatte bereits in den ersten Augenblicken beschlossen, dass Della ihm gehören sollte. Ich war mir nur noch nicht sicher, in welcher Funktion genau.

Als

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 15.01.2024
ISBN: 978-3-7554-6788-5

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