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Die Begegnung

 

Johanna, aufstehen.

 

Johanna öffnete verwirrt ihre Augen. Die Stimme ihrer Mutter klang leise aus der Küche zu ihr herüber. Das erste was sie roch, waren der Kaffee und die frischen Brötchen. So langsam spürte Johanna, wie sie wach wurde. Immer noch schlaftrunken, richtete sie ihren Oberkörper im Bett auf. Ein blonder Kurzhaarschopf spähte durch die Türöffnung in ihr Zimmer.

 

Nun, was ist, du alte Schlafmütze? In einer Stunde kommt Tom und dann wollen wir los.

 

Johanna musste lächeln als sie an Tom dachte. Was war das für ein seltsames Jahr gewesen? Seitdem sie Tom kannten, hatte sich so viel in ihren Leben verändert. Nicht nur bei ihr, sondern ebenso bei ihrer Mutter Ricarda und ihrer kleinen Schwester Katja. Ihre Mutter ist 41 Jahre alt und sie selber wird in einem halben Jahr 19. Sie hat schwarze lange Haare und, wie sie immer wieder hört, ist sie eine wahre Schönheit. Etwas, was sie schon gar nicht mehr hören konnte. Ihre Mutter, ja, ihre Mutter ist wunderschön. Blonde kurze Haare, ein hübsches Gesicht mit wunderbaren blauen Augen, die immer wieder funkelten, wenn sie gerne und herzlich lachte. Johanna schmunzelte, denn sie selber, hatte ein grünes und ein braunes Auge.

 

Es fiel nur selten jemanden auf, aber Tom hatte es sofort bemerkt. Vor allem aber hatte ihre Mutter eine herrliche Figur. Die perfekte Bikinifigur, wie Johanna immer wieder bewundernd feststellen musste. Sie selbst fand, dass ihre Figur nicht so perfekt wie die ihrer Mutter war. Klar, auch sie hatte eine schöne Figur, aber Johanna fand sich selber nicht so perfekt. Sie fand immer etwas an sich, was sie störte.

Die Jungen in der Schule sahen es anscheinend aber anders, denn es gab viele, die mit ihr mal weggehen wollten, doch Johanna hatte keinerlei Interesse daran. Sie wollte erst ihre Schule zu Ende bringen, daher hatte sie auch kaum Zeit sich damit zu beschäftigen.

 

Einerseits war sie eben wegen ihres Aussehens sehr begehrt, andererseits konnte sie nur wenig mit Gleichaltrigen anfangen. Sie empfand die meisten ihres Alters als viel zu kindisch. Die kümmerten sich mehr um ihr Aussehen und um solche Nebensächlichkeiten, wie ihre Onlinespiele und Handys, als um wirklich wichtige Dinge. Wenn sie da nur an Julia dachte, ihre beste Freundin. Anstatt sich um ein vernünftiges Zeugnis zu kümmern, hatte die nur im Kopf, wie sie Daniel beeindrucken konnte. Was Johanna echt nicht verstand. Klar, Daniel sah verdammt gut aus, aber das war auch wirklich das einzige, was an ihm positiv war. Er war strohdumm und dabei so eingebildet, dass es schon beängstigend war. Vor allem, weil sich ihre Noten seitdem nach unten bewegten. Was Johanna aber am meisten an Julia auffiel, war der Umstand, das sie seit längeren immer müde wirkte. Julia selber schob es auf eine Grippe. Johanna war sich da nicht sicher, aber Julia beruhigte sie dann immer.

 

Sie sah in den Spiegel und dachte sich, dass sie doch wieder zum Friseur sollte. Ihre Haare waren etwas, worauf sie wirklich sehr stolz ist. Sie trug sie lang. Sehr lang! Ihre Mutter meinte immer, so etwas wäre doch unpraktisch, denn sie hatte ihre Haare immer kurz getragen. Johanna konnte sich nicht daran erinnern, ihre Mutter jemals mit langen Haaren gesehen zu haben. Nun überlegte sie, wie es aussehen würde, wenn sie ihre Haare nur bis kurz über die Schultern tragen würde. Seltsamerweise fand sie diese Vorstellung gar nicht so übel. Sie muss unbedingt mit ihrer Mutter darüber reden. Und mit Tom. Nur, der sagte sowieso zu allem Ja und Amen, was Johanna wollte.

Sie musste lächeln. Sie mochte Tom sehr und fand sogar, dass er auch ihrer Mutter gut tat. Seitdem ihre Mutter ihn kannte, ist sie ganz anders geworden. Am Anfang dachte Johanna ja noch, Tom würde einen Keil zwischen sie und ihre Mutter treiben, aber genau das Gegenteil ist eingetreten. Sie sind sogar noch enger zusammengekommen und er hatte einmal bemerkt, dass Johanna und ihre Schwester, das Wichtigste auf der Welt für ihre Mutter wären. Daran würde er auch nie etwas ändern wollen. Seltsamerweise glaubte sie es ihm sofort. Es war irgendwie aber auch komisch. Jeden anderen Mann, den ihre Mutter bisher kennen lernte, war Johanna mit großem Misstrauen begegnet. Sie hatte bisher immer Recht behalten. Es dauerte nie lange und es war wieder Schluss. Jeder ihrer bisherigen Freunde spielte sich nach kurzer Zeit auf wie ein Pascha. Zwar waren es bisher nur vier an die sich Johanna erinnern konnte, aber das reichte ihr auch. Vor allem waren sie sehr gewalttätig ihrer Mutter gegenüber. Dem einen hatte ihre Mutter sogar mit einer Anzeige gedroht.

Ganz anders Tom. Irgendwie hatte Johanna bei ihm ein absolut gutes Gefühl. Sie weiß nicht warum, aber bei ihm fühlte sie etwas, was sie noch nie bei einem der anderen Männer fühlte. Genauso ging es auch Katja, ihrer kleinen Schwester. Sie war absolut vernarrt in Tom. Katja ist aber auch erst 11 Jahre jung und der absolute Mittelpunkt der Familie. Nicht, dass sie sich aufdrängte, aber sie war einfach nur knuddelig und Johanna war absolut vernarrt in ihre kleine Schwester. Leider war auch ihr Vater ein Desaster für ihre Mutter.

 

Ricarda warf den Vater irgendwann hinaus, weil er Johanna anfassen wollte. Wie ein Derwisch ging sie dazwischen. Er behauptete zwar, dass dem nicht so sei, wie es aussieht, dennoch ging sie mit dem großen Küchenmesser auf ihn los.

Seltsamerweise hatte Johanna nicht das Gefühl, dass er log. Aber für ihre Mutter war es offensichtlich.

 

Der Mann, der dann in ihr Leben trat, war das Schlimmste, was ihrer Mutter je passiert ist. Johanna war entsetzt als sie ihn mit nach Hause brachte und wenn Julias Vater Torben nicht gewesen wäre, dann wäre wohl schlimmeres passiert. Er hatte die Polizei gerufen, als dieser Kerl mal wieder ihre Mutter verprügelte. Zum Glück kam Torben zufällig vorbei um etwas zu bringen. Ansonsten wäre es böse ausgegangen.

 

Sie erinnerte sich wie sie Tom kennengelernt hatten. Sie waren vorletztes Jahr im Urlaub auf Mallorca und Tom war ihr Tischnachbar. Zuerst war er sehr zurückhaltend und es kam ihnen so vor als würde er sie meiden, doch Katja hatte ihn schon nach 2 Tagen so um den Finger gewickelt, das sie fast nichts mehr ohne ihn unternahmen. Vor allem sein Beruf faszinierte Johanna sehr. Tom war Schmied. Kunstschmied, denn er stellte alte Waffen und Rüstungen her. Sie selber liebte das Mittelalter über alles und sehr oft ging sie mit ihrer Mutter zu alten Märkten und Veranstaltungen rund um diese Zeit. Sie half ihm immer sehr gerne in der Werkstatt, seit sie wieder in Bremen waren. Er hatte ihnen sogar beigebracht wie man ein Schwert führt. Sie selber war ganz gut, wie Tom anmerkte, aber Katja schien dafür ein besonderes Talent zu haben, denn selbst Tom fiel es immer schwer gegen Katja anzukommen. Aber das interessierte sie weniger, denn was für Katja wichtiger war, Toms Nachbarn hatten 3 Pferde, auf denen Katja reiten durfte. Das war für sie das Größte.

 

Was ist nun, Johanna? Kommst du jetzt? Das Frühstück ist schon fertig.

 

Johanna wurde aus ihren Erinnerungen gerissen, als Ihre Mutter wieder den Kopf ins Zimmer steckte, um Johanna zu holen.

 

Ja, ich komme ja schon. Ich will nur noch eben schnell duschen.“ „Gut, aber mach aber nicht zu lange.

 

Ihre Mutter grinste vergnügt. Johanna musste lächeln, als ihre Mutter die Tür wieder verschloss.

Tom tat ihrer Mutter sehr gut. Und, nicht nur ihr. Auch Johanna war von ihm begeistert, sie fühlte sich immer etwas aufgeregt, wenn sie mit ihm zusammen war. Sie wusste zwar nicht genau was es war, aber jedes Mal wenn er bei ihnen war, fühlte sich Johanna komisch.

 

Mama neckte sie dann immer, denn sie fragte Johanna ob sie verliebt sei. Johanna wurde dann immer verlegen und Tom schimpfte mit Ricarda, dass sie ihre Tochter nicht immer ärgern solle. Aber Johanna wusste, dass ihre Mutter recht hatte. Vor allem, weil ihre Mutter in Tom nur einen guten Freund sah. Einen sehr Guten. Als Johanna sie einmal fragte, ob es nicht mehr wäre, hatte ihre Mutter gesagt, dass ein guter Freund mehr wert sei als ein Ehemann.

 

Erst verstand es Johanna nicht, aber im Laufe der Zeit wurde es ihr immer deutlicher. Noch nie hatte ihre Mutter jemanden so vertraut wie Tom. Katja, also Katja, wich ihm ja überhaupt nicht mehr von der Seite, wenn er da war. Für sie war er sowieso der Größte.

Johanna nahm ihre Sachen und ging langsam in Richtung Dusche.

Als Ricarda in die Küche kam, duftete es herrlich nach frischen Brötchen und heißem Kaffee. Katja saß schon ungeduldig am Tisch.

 

Wann kommt Tom denn endlich?

 

Ricarda sah sie an.

 

Gar nicht, denn er hat genug von dir, du kleine Nervensäge.

 

Ricarda musste lächeln. Tom besaß eine Engelsgeduld, was Katja betraf. Sie schaffte es immer wieder ihn um den kleinen Finger zu wickeln. Ab und an musste sie schon mit ihm schimpfen, weil er Katja alles durchgehen ließ. Aber wirklich ernst, meinte sie es wirklich nie.

 

Auf einmal drang ein lauter Schrei durch die Wohnung. Johanna!

 

Ricarda ließ ihre Tasse fallen und rannte durch den Flur zur Dusche. Katja war direkt hinter ihr. Ricarda riss die Tür zur Dusche auf. Dort stand Johanna, oben ohne und starrte wie gebannt in den Spiegel. Ihre Augen waren riesengroß.

 

Was hast du, Kleines? Was ist passiert?

 

Johanna starrte immer noch wie gebannt in den Spiegel. Ricarda riss sie herum und dann sah sie es. Direkt unter Johannas rechter Brust war auf einmal ein großes Muttermal. Nein, eher eine Tätowierung. Ja, es war ein Tattoo. Es stellte einen stilisierten Baum mit drei Ästen und jeweils drei Blättern da.

 

Was ist das? Woher hast du denn das Tattoo?

Ich habe keine Ahnung Mama. Gestern Abend war es noch nicht da. Mama, was ist das? Ich habe Angst.

 

Johanna lag in Ricardas Armen und zitterte wie Espenlaub.

 

Ist ja gut. Du hast dir das Tattoo wirklich nicht selbst machen lassen?

Nein. Ganz bestimmt nicht. So etwas würde ich nie tun.

 

Ricarda wusste, dass ihre Tochter nicht log. Aber unbestritten, unter Johannas rechter Brust war eben genau dieses Tattoo. Von alleine konnte es doch auch nicht gekommen sein, oder?

 

Das ist verrückt.

 

Johanna schaute dabei ihre Mutter an.

 

Was ist verrückt, Johanna?

Nun, das Tattoo sieht genauso aus, wie das Symbol, welches ich immer kritzel. Du kennst doch meine Zeichnungen. Dieses Symbol habe ich doch auf fast jeder Zeichnung.

 

Cool, so was will ich auch haben.

 

Katja schaute fasziniert auf das Tattoo unter Johannas Brust.

 

Katja, das ist nicht lustig. Ich habe Angst, denn ich weiß nicht, wie es da hingekommen ist.

 

Johannas Stimme klang jetzt gereizt.

 

In diesem Moment klingelte es an der Tür. Tom. Ricarda wusste nicht, was sie tun sollte. Ihr war jetzt überhaupt nicht danach mit Tom und den Kindern einkaufen zu gehen. Vor allem wollte sie Johanna in dieser Verfassung nicht alleine lassen.

 

Katja, geh bitte mal zur Tür und lasse Tom herein. Sag ihm, dass wir gleich kommen.

Gut. Tom wird bestimmt wissen, was Johanna dort hat. Tom weiß alles.

 

Normalerweise bewunderte Ricarda Katjas bedingungsloses Vertrauen in Tom. Auch Johanna schien Tom sehr zu vertrauen. Was eigentlich ein Wunder ist, wenn sie bedachte, dass Johanna bisher alle männlichen Wesen in ihrer Nähe nur ablehnte. Ihr war bewusst, dass Johanna in Tom verliebt war. Sie selber vertraute ihm ja auch. Aber jetzt nervte Katja wirklich.

 

Was weiß ich?

 

Toms Stimme drang durch den Flur.

 

Hanna hat ein cooles Bild unter ihrer Brust. Ich will auch so etwas.

 

Katjas Stimme klang begeistert.

 

Mist, das ist viel zu früh. Irgendetwas muss passiert sein!

 

Toms Stimme klang erregt. So kannte Ricarda ihn überhaupt nicht. Die Tür zur Dusche ging auf und Tom schaute hinein. Er sah zu Johanna und erblickte das Tattoo. Seltsamerweise bedeckte Johanna ihre Brust nicht, sondern zeigte Tom das Tattoo sogar.

 

Ich denke, du ziehst dir etwas an und dann kommt mit in die Küche. Eigentlich dachte ich, dass ich dir erst in drei Jahren eine Geschichte erzählen muss. Das hier war nicht so geplant.

Was war nicht geplant? Kannst du mir mal erzählen, was das soll?

 

Ricardas Stimme klang wütend.

 

Ganz ruhig, Ricarda. Ich werde es dir und deiner Tochter in aller Ruhe erzählen. Was Johanna da hat, ist schon lange da, nur sollte es erst in drei Jahren sichtbar werden, wenn sie 21 Jahre alt wird.

 

Seltsam, aber Johanna wurde auf einmal ganz ruhig. So, als ob alles in Ordnung sei, nahm sie ihren BH, machte ihn sich um und zog ihren Pulli über. - Tom weiß alles -. Ricarda dachte, sie müsste durchdrehen. Tom in allen Ehren, aber, wie Johanna sich nun verhielt, das war doch nicht normal.

 

Was soll das? Johanna hat auf einmal ein Tattoo, und niemand weiß, woher es ist. Dann kommst du und sagst alles ist in Ordnung und jeder meint, es muss so sein. Tom, wer bist du?

 

Gleich, im nächsten Moment, bereute Ricarda schon, dass sie Tom so scharf angriff. Aber der schien das gelassen hinzunehmen. Er nahm sie in den Arm und drückte sie sanft an sich.

 

Meine Liebe, du musst mir jetzt vertrauen. Glaube mir, ich will euch absolut nichts Böses. Weder dir, noch den Kindern. Lass es mich bitte in Ruhe erklären. Ich denke, Johanna wird schon wissen, was jetzt kommt. Zumindest ahnt sie schon eine ganze Menge.

 

Er nahm Ricarda an seine Hand und führte sie in die Küche. Sie merkte, wie sie ihm willenlos folgte. Johanna stand schon an der Küchenzeile und schenkte heißes Wasser in zwei Becher. Sie nahm zwei Beutel Tee, die sie hineinfallen ließ. Einen Becher stellte sie vor Ricardas Stuhl, den anderen behielt sie in der Hand. Johanna wirkte ganz ruhig. Selbst Katja saß stumm auf ihren Platz. Tom zog Ricardas Stuhl vom Tisch und führte sie vor diesem. Sie nahm Platz.

 

Tom setzte sich auf die Küchenzeile. Alle schauten ihn an.

 

Nun, wie soll ich anfangen? Es ist nicht einfach. Vor allem, weil Johanna noch nicht ganz so weit ist. Stopp, Ricarda. Bitte stelle noch keine Fragen. Ich werde alles der Reihe nach erklären. Auch, wenn es dir vielleicht sehr unwahrscheinlich vorkommt.

 

Erinnerst du dich noch an deine erste Schwangerschaft? An all die Komplikationen? Als du ins Krankenhaus kamst und dort vor der Geburt dein Bewusstsein verloren hast? Nun, um es kurz zu machen, das Bewusstsein wurde dir genommen. Mit voller Absicht. Aber niemals, um dir zu schaden. Ich denke, du hast damals gedacht, dass Johanna nicht deine Tochter ist. Mütter spüren ja immer so etwas. Man hatte dir eingeredet, dass du dich täuschst. Aber, bevor ich weiter rede...

 

Er drehte sich zu Johanna um.

 

Johanna, weißt du, was dieses Tattoo darstellt?

 

Johanna nickte mit dem Kopf.

 

Ja. Die drei Äste stellen die drei Provinzen von Jar dar. Die Blätter symbolisieren die drei Länder der Provinzen. Der Stamm ist das Königshaus, der alles dieses verbindet und die Krone, die noch nicht erschienen ist, die bin ich.

 

Johannas Stimme klang sehr fest, als sie die Worte sprach. Ricarda blickte ihre Tochter fragend an.

 

Aber…

 

Toms Handbewegung brachte Ricarda zum Schweigen.

 

Ich bin die rechtmäßige Erbin des Thrones von Jar. Ich bin ….“ „Stopp!

 

Toms Stimme unterbrach Johanna.

 

Bevor du dir deinen Namen gibst, solltest du dir Gedanken darüber machen, wem du alles zu verdanken hast.

 

Johanna lächelte Tom an.

 

Keine Angst, Kel-Nor. Ich weiß genau, was ich tue. Ich bin mir bewusst, dass mein Name eine große Verantwortung ist und ich werde ihn nicht ändern.

 

Tom, den Johanna Kel-Nor nannte, lächelte. Er schaute wieder zu Ricarda.

 

Ich mache es kurz, denn ich befürchte, wir haben nicht mehr viel Zeit. Ricarda, auch wenn es dich jetzt erschüttert. Das Kind, das du damals entbunden hattest, war eine Totgeburt.

Auf Jar herrschte ein blutiger Bürgerkrieg. Der König war gefallen und die Königin lag im Sterben.

Daher wähnten einige weise Frauen und Männer die Prinzessin nicht mehr in Sicherheit. Sie wurde mit einem Notfalltor von Jar gebracht. Eigentlich sollte sie gar nicht hier landen, sondern in einem sicheren Versteck, auf einem ganz anderen Planeten.

 

Aber Irgendetwas ist bei der Anrufung des Tors schief gelaufen. Ich denke, auch hier hatten die Verräter wohl ihre Hände im Spiel.

Es blieb daher nicht viel Zeit. Wir erfuhren von deiner Totgeburt. So haben wir dich bewusst ins Koma gesetzt und dir die Erinnerung daran genommen.

Wir haben dir Johanna als dein Kind gegeben. Und ich muss gestehen, es war die beste Wahl, die getroffen wurde. Ihr wart immer durch Wächter beschützt. Vielleicht ist dir ja auch schon der Gedanke gekommen, warum manches so einfach lief. Aber, das ist ja jetzt auch egal.

 

Vor drei Jahren bin ich von Jar hierher gekommen, um Johanna, und auch euch beide, auf eben dieses Ereignis in Ruhe vorzubereiten.

Leider scheint irgendetwas dieses Vorhaben vorgezogen zu haben. Was es ist, entzieht sich zurzeit leider meinem Wissen und meines Blickes. Es befindet sich auch leider kein weiterer Beobachter auf der Erde. Ich werde daher Wächter von Jar zu eurem Schutze hierher ordern.

 

Tom öffnete seine Hände und es erschien ein seltsames Leuchten darin. Nur sehr kurz und ein kleiner, silberner Kreis entstand über seinen Händen. Dann fiel es wieder zusammen und Tom drehte sich zu Johanna um.

 

So, nun sollte die Prinzessin ihren Namen preisgeben.

 

Johanna stand auf. Sie sah auf einmal merkwürdig verändert aus. Sie war nicht mehr das kleine Mädchen, das Ricarda in ihr sah. Johanna wirkte auf einmal so reif und erwachsen. Nichts war mehr von ihrer Unsicherheit oder ihren Zweifeln zu sehen und mit fester Stimme hörte sie Ricarda sprechen.

 

Mein Name soll von nun an Johanna Valise con Jar lauten. Valise con Jar - als Zeichen meiner königlichen Herkunft

-und Johanna - als Zeichen einer wundervollen Kindheit und in Dankbarkeit an meine Mutter.

Auch, wenn sie nicht meine leibliche Mutter ist, so ist und wird sie immer meine Mutter bleiben. So wie du...

 

und damit drehte sich Johanna zu Katja um,

 

„.... immer meine Schwester sein wirst. Du sollst den Namen Katja Valis con Jar tragen. Das bedeutet Prinzessin von Jar. Obwohl ich die Vorahnung habe, dass es bis dahin noch ein langer und schwieriger Weg sein wird.

 

Johanna wendete sich Ricarda zu.

 

Dir wage ich es nicht einen Titel zu geben, denn dir würde keiner gerecht werden. Du hast schon den wichtigsten Titel. Du bist meine Mutter.

Bitte komme mit mir und sei weiterhin meine Mutter. Ich werde dich immer brauchen. Jetzt sogar dringender, als bisher.

 

Johanna schaute zu Kel-Nor.

 

Ist es erlaubt, dass ich diesen Wunsch ausspreche, Kel-Nor? Ihr seid einer der weisesten Männer auf Jar, obwohl ihr niemandem dient.

 

Tom lächelte.

 

Nun, ihr seid die Prinzessin. Ihr seid es, die es entscheiden kann. Ich bin nur ein bescheidener Wanderer. Ich werde aber jede Eurer Entscheidungen für gut heißen, denn ich habe Euch lange beobachtet und mit Euch gelebt. Ihr seid, obwohl die Zeit noch nicht gedacht war, reif für diese Würde.

 

Stopp. Ich verliere irgendwie den Faden in dieser Geschichte.

 

Ricarda war mit hochrotem Kopf aufgesprungen.

 

Irgendwie glaube ich, dass ich nicht so ganz kapiere. Als ob ich unter Drogen stehe oder zu viel getrunken habe? Beides habe ich nicht genommen. Was läuft hier ab? Johanna, was redest du da? Und warum nennst du Tom, Kelnore oder so ähnlich?

 

Tom stand auf und ging auf Ricarda zu, aber sie wich nur vor ihm zurück.

 

Halt. Ich bin im Moment echt verwirrt. Was soll dieses Jar und die Geschichte über eine Totgeburt?

Ich bin in ein Koma gesetzt worden? Johanna ist eine Prinzessin? Ist das hier irgendeine Folge von versteckte Kamera, oder was ähnliches? Wer bist du? Das Ganze fängt an mir Angst zu machen. Johanna, was redest du da?

Du bist meine Tochter. Du bist nicht irgendeine Prinzessin. Was soll das? Tom, ich bekomme Angst vor dir. Johanna ist meine Tochter. Das ist total verrückt was du da erzählst. Du kannst doch nicht einfach in unsere Familie eindringen und mir dann so etwas auftischen. Ich glaube dir kein Wort!

 

In diesem Moment baute sich hinter Ricarda ein Leuchten auf. Ricarda erschrak und sprang nach vorne. Direkt in Toms Arme. Auch Katja, die bisher nur staunend zusah und zuhörte, lief mit einem leisen Schrei zu Tom und Ricarda. Nur Johanna blieb ruhig stehen und schaute erst lächelnd auf Tom und dann zu dem Leuchten.

 

Das Leuchten wurde zu einer ca. zwei Meter hohen, blassen blauen und ellipsenartigen Wand. Auf einmal traten sechs Männer in seltsamen Rüstungen aus dieser Wand. Hinter den sechs Männern fiel die Wand wieder in sich zusammen. Ricarda und Katja drängten sich eng an Tom. Die Männer wandten sich zu Tom und dieser nickte. Nun sah Ricarda sie genauer.

 

Sie trugen silberfarbene Hemden. So ähnlich wie Rüstungen, aber alles war viel zu filigran, um eine Rüstung zu sein. Ihre Hosen waren in einem matten Rot. An den Füßen trugen sie feine Stiefel. Sie sahen aus wie Leder, aber irgendwie wusste Ricarda, dass es ein Leder war, das es hier nicht gab.

Auf dem Kopf trugen die Männer silberfarbene Kappen, die wie Helme aussahen. Aufgrund von Toms Arbeiten wusste sie, dass Helme viel größer und vor allem viel robuster sein müssen. Jeder der sechs Männer trug an seiner Seite ein Schwert. Die Männer sahen zu Johanna und auf einmal zogen sie die Schwerter aus ihrer Scheide.

Die Schwerter waren ca. 1 Meter lang. Plötzlich stellten sie die Schwerter mit der Spitze auf den Boden und knieten sich dahinter.

 

Fall tie ma reser ter to Jar.

 

Ricarda verstand nicht ein Wort, aber sie verstand, dass diese Männer ihrer Tochter Ehrerbietung leisteten.

 

Ter to Jar karella tie jewalla. Ehawa in Kel-Nor watella Ricarda semana solan ener Katja Valis con Jar.

 

Johanna sprach diese Worte so selbstverständlich, als hätte sie nie etwas anderes gesprochen. Als wäre es ihre Muttersprache. Auf einmal drehten sich die Männer zu Ricarda, Tom und Katja um. Tom ließ sie beide los und trat zur Seite, so dass Ricarda unbeholfen mit Katja alleine dastand.

 

Seid gegrüßt, Mutter der Prinzessin und Prinzessin Katja Valis con Jar.

 

Die Männer knieten sich erneut hinter ihre Schwerter und verbeugten sich vor Katja und Ricarda. Sie sprachen nun Deutsch. Ricarda kam aus dem Staunen nicht heraus und blickte gebannt auf sie.

 

Die Mutter der Prinzessin und die Prinzessin danken für die Begrüßung und eure Treue.

 

Ricarda blickte Katja erstaunt an. Diese hatte eben diese Worte gesprochen. Sie wurde immer verwirrter. Dann wurde ihr klar, dass sie nur das wiederholte, was Tom immer im Spiel mit ihr übte, wenn sie ihn in seiner Werkstatt besuchten.

Einer der Männer wandte sich an Johanna.

 

Prinzessin, seid Ihr bereit den Weg nach Jar einzuschlagen? Euer Thron ist nicht sicher und eurem Volk sinkt der Mut. Es wäre gut, wenn es wieder ein Ziel hat. Es steht schlecht auf Jar.

 

Der Mann, der mit Johanna sprach, hatte eine Zeichnung auf seinem Hemd, die genauso aussah wie das Tattoo unter Johannas Brust. Dieser Mann hatte ein silbernes Bild, die anderen Männer trugen es in Rot. Johanna schaute zu Tom und dann zu Ricarda und Katja.

 

Ich werde erst einmal mit meiner Mutter und meiner Schwester darüber sprechen. Dann muss ich mich noch mit Kel-Nor beraten. Ihr werdet meine Antwort bald bekommen.

 

Der Mann nickte und drehte sich zu Tom um.

 

Wanderer, wir mussten leider früher kommen, da Malos Truppen immer stärker werden.

 

Den Rest verstand Ricarda nicht mehr, denn Johanna zog sie und Katja ins Nebenzimmer.

Dort drückte sie Ricarda und Katja sanft auf das Sofa und blieb vor den Beiden stehen. Sie schaute sie mit festem Blick an.

 

Mama, ich weiß, dass es für dich schwer zu verstehen ist und auch ich verstehe noch nicht alles. Aber ich weiß, dass ich mit Kel-Nor und der Palastwache zurück nach Jar muss.

Ich möchte allerdings nicht alleine gehen. Kel-Nor ist ein Wanderer. Er ist einer der Freien. Er wird mir zwar helfen, aber ich bin nicht sicher ob er bei mir bleiben wird, doch ich weiß, dass ich ihn brauche.

Mama, ich liebe ihn! Aber noch mehr brauche ich dich und Katja. Bitte kommt mit mir. Auch, wenn ich nicht deine leibliche Tochter bin, so bist du meine Mutter und wirst es immer sein.

 

Johanna schaute Ricarda jetzt beinahe flehend an.

 

Wir werden zwar in einen Krieg gehen, aber du brauchst dir darum keine Gedanken machen, wir werden weit davon entfernt sein. Kel-Nor wird dafür sorgen. Jetzt weiß ich auch, warum ich ihm immer vertraut habe. Was ich jetzt noch weiß, ist dass er uns mehr mag, als er zu gibt. Er würde sein Leben für uns geben, wenn es darauf ankommen würde.

 

Trotz der ganzen vertrackten Situation musste Ricarda lächeln.

 

Also, auch wenn ich das alles hier nicht ganz durchschaue und es keine versteckte Kamera ist, habe ich seltsamerweise das gleiche Vertrauen in Tom, wie du. Aber, was noch wichtiger für mich ist. Meinst du etwa wirklich, ich lasse dich alleine in solch eine Sache gehen? Also, da solltest du mich besser kennen. Glaube mir, ich werde genauso wie Tom auf dich und deine Schwester aufpassen!

 

Johanna fiel Ricarda um den Hals und auch Katja blieb nicht vor ihren Umarmungen verschont. In diesem Moment ging die Tür auf und Tom trat hinein. Ricarda staunte nicht schlecht. Das war nicht der Tom, den sie kennen gelernt hatte.

Dieser Tom war ganz anders. Er trug nicht wie die anderen Männer eine silberfarbene Rüstung, sondern er war ganz in dunkelbraunem Leder gekleidet. Auf seinem Rücken hing ein riesiges Schwert, wie sie bemerkte. Sie konnte nur den Griff sehen, aber sie sah das Ende der Scheide hinter seinem Rücken hervorschauen.

Sein Schwert schien nicht so filigran zu sein, wie die Schwerter der Soldaten. Im Knauf steckte ein blauer Edelstein. Er war direkt in den Griff eingearbeitet. Ansonsten sah der Knauf recht schlicht aus, aber irgendwie schien dieser Edelstein zu leuchten.

 

Prinzessin, ich weiß, dass dies nicht leicht für Sie ist, aber wir müssen leider los. Also, kommt ihr drei? Ansonsten werden hier bald andere erscheinen, die nicht zum Tee eingeladen sind.

 

Johanna nickte und sah Ricarda und Katja an. Sie gingen in die Küche zu den sechs Männern. Tom sagte:

 

Kommt. Ihr braucht keine Angst zu haben. Was Euch erwartet, wird Euch mit Sicherheit umhauen. Jar ist wunderschön. Zwar ist es noch wie im späten Mittelalter, aber es verbirgt viele Geheimnisse und es wartet auf eine Thronfolgerin und auch auf seine Prinzessin.

 

Er schaute Ricarda fest in die Augen.

 

Auch erwartet Jar eine wunderschöne und starke Mutter der beiden Prinzessinnen. Kommt mit und nehmt euch am besten an die Hand. Das erste Mal durch ein Portal zu treten, ist schon sehr seltsam.

 

Er streckte seine Hände zu Ricarda und Katja aus. Die Kleine sprang vom Sofa hoch und nahm, ohne zu Zögern Toms rechte Hand. Dann schaute sie auf ihre Mutter, so, als ob sie fragen wollte, warum sie noch nicht zugegriffen hatte.

Ricarda erhob sich wie bleiern vom Sofa. Sie konnte noch immer keinen klaren Gedanken fassen.

 

Tom, oder Kel-Nor, wie immer du auch heißen magst, was erwartet uns?

 

Tom lächelte.

 

Kel-Nor. Diesen Namen habe ich schon lange nicht mehr gehört. Ich gebe zu, an Tom habe ich mich sehr gewöhnt, vor allem, weil sehr schöne Erinnerungen mit ihm verbunden sind. Na egal, welcher Name auch immer, ich bin der Mann, den du kennen gelernt hast.

 

Sie folgten Johanna in die Küche.

 

Ricarda staunte erneut. Johanna stand in der Mitte der Küche. Tom ging zu ihr und er legte seine Hände zusammen. Als er sie wieder öffnete, trat eine leuchtende Kugel aus ihnen hervor. Sie formte sich zu dem Portal wie jenes, durch das die Männer vorhin getreten waren. Johanna lächelte Tom an. Sie wollte schon vortreten und hindurchgehen, aber die Männer stellten sich vor dem Portal auf. Ricarda erschrak.

 

Prinzessin, bei allem Verständnis für Eure Sehnsucht nach Jar. Die Wachen passieren zuerst das Tor. Kommt zu uns, damit Ihr zusammen gehen könnt.

 

Toms Worte klangen fest und bestimmend. Johanna zuckte zusammen und hakte sich bei ihrer Mutter unter. Tom drehte sich zu den Männern um.

 

Geht und bereitet den Empfang für die königliche Familie vor. Sendet dann ein Portal, um zu zeigen, dass die Ankunft vorbereitet ist.

 

Die Männer nickten stumm und stiegen, einer nach dem anderen, durch das Portal. Katja schaute fasziniert um das Portal herum. So, als ob sie erwartete, dass sie auf der anderen Seite des schimmernden Lichtes wieder hervorkommen würden. Aber, sie blieben verschwunden. Das Portal verschwand und Tom zog sie wieder zu sich in die Ecke der Küche. Auf einmal erschien ein neues Portal.

 

Kommt, das Volk erwartet euch.

 

Tom löste seine Hand von Katja und Ricarda und hielt deren Hände Johanna hin. Diese nahm ihre Mutter an ihre rechte Hand und Katja an die linke. Ricarda blickte Tom an und er verstand, was dieser Blick fragen will.

 

Ich gehöre nicht zur königlichen Familie. Durch das Portal müsst ihr zunächst alleine gehen. Ich folge Euch aber und schließe dann das Tor.

 

Johanna zog Ricarda und Katja in das schimmernde Licht.

 

Die Rückkehr nach Jar und ein Abschied

 

Alles um sie herum wurde auf einmal seltsam hell und angenehm warm. Ein leichtes Kribbeln durchfuhr sie und …

 

Was sie dann sahen war etwas, was Ricarda nie erwartet hätte. Sie standen auf einmal auf einem großen Platz, mitten in einem Park. Direkt neben ihnen erhob sich ein großer Baum. Vor ihnen war ein riesiger Brunnen, der in kleinen pulsierenden Stößen Wasser aus großen Figuren spritze. Sie sahen aus wie Fabelwesen. Ricarda drehte leicht den Kopf und sah hinter sich ein riesiges Schloss. Der Park, in dem sie sich befanden, war so groß, so dass Ricarda kaum das Ende sehen konnte.

 

Er schien in verschiedene Landschaften unterteilt zu sein, denn er enthielt viele verschiedene Farben und Stile. Jede dieser Landschaften hatte eine dominierende Farbe und fast alle Blumen und Gewächse enthielten diese Farbe in den unterschiedlichsten Tönen. Aber das Seltsamste war über ihnen. Der Himmel.

 

Er leuchtete in einem zarten Rot und Blau. In ihm befanden sich zwei Sonnen, die sehr hell schienen. Große Vögel zogen über ihnen vorbei. Dann schaute sie nach vorne und vernahm einen heftigen Jubel. Eine Menschenmenge war unter ihnen versammelt. Nun erst registrierte Ricarda, dass sie auf einer Erhöhung inmitten des Parks standen. Etwas weiter entfernt erspähte sie eine große Stadt. Sie lag malerisch am Ende des Parks.

Als die drei durch das Portal traten, brach ein riesiger Jubel los. Die Menschen riefen etwas, was Ricarda nicht verstand. Aber sie wusste, dass es ihnen galt und dass diese Menschen ihre Ankunft feierten.

 

Johanna stand neben ihr, und sie hob feierlich ihre Hände, aber sie hatte dabei noch Ricardas und Katjas Hände fest umschlossen. Auf einmal erlosch hinter ihnen ein Licht und Ricarda bemerkte, dass Tom durch das Portal schritt und es sofort wieder verschloss. Er trat zur Seite und begab sich an den Rand des Brunnens. Dort setzte er sich nieder und lächelte zu den drei Frauen hinüber.

 

Ricarda bemerkte auch eine Gruppe von Männern vor ihnen. Nein, es waren Frauen und Männer. Sie trugen hellblaue Roben aus Seide, wie es schien. Sie traten vor und verbeugten sich vor den Dreien. Eine Frau trat aus der Gruppe hervor und kam zu ihnen herüber. Kurz vor ihnen hielt sie an und ging in die Knie. Die anderen der Gruppe knieten ebenfalls und schauten in ihre Richtung. Da entging es Ricarda kaum, dass sich die gesamte versammelte Menschenmenge auf die Knie begab. Nur, Tom nicht. Er saß auf dem Rand des Brunnens und schaute zu ihnen hinüber.

 

Seid gegrüßt, Prinzessin Johanna Valise con Jar. Gesegnet sei der heutige Tag, da Ihr wieder unter uns weilt. Eine junge Prinzessin alleine haben wir erwartet, aber wir haben eine königliche Familie bekommen.

 

Sie wandte sich an Ricarda.

 

Wir sind Euch zu ewigem Dank verpflichtet. Ihr habt die Prinzessin weise und selbstlos groß gezogen und nun habt Ihr den Schritt gewagt, selbst in unsere Geschichte zu treten. Eine Geschichte, die nicht die Eure ist, die Ihr aber nun durch die Liebe zu Eurer Tochter dazu gemacht habt. Johanna Valise con Jar konnte keine bessere Wahl treffen, als Euch zu ihrer Vertrauten zu machen.

 

Nun wandte sie sich zu Katja.

 

Junge Prinzessin, Euer Bild ist nicht klar, aber was zu sehen ist, zeigt mir, dass wir noch großes von Euch erwarten dürfen. Euer Herz liegt rein vor uns und auch Dir legen wir unsere Herzen zu Füßen.

 

Die Frau drehte ihren Kopf in die Richtung von Johanna.

 

Prinzessin, zu früh müsst ihr eine Bürde übernehmen, die selbst für jemand Großen zu viel ist. Aber ohne zu zögern habt Ihr sie angenommen. Damit habt Ihr Eurem Volk gezeigt, dass Ihr mehr als würdig seid, diese Krone zu tragen.

 

Aus der Menge der Weisen traten drei Gestalten hervor. Zwei Frauen und ein Mann. Sie trugen drei Kronen. Eine größere und zwei kleine. Alle glänzten silberfarben und sahen kunstvoll gefertigt aus. Feinstes Kunsthandwerk war an ihnen angewendet worden. Jede hatte neun Spitzen in denen Edelsteine funkelten. Die drei Weisen stellten sich vor ihnen auf. Johanna ging in die Knie - mit erhobenem Haupt.

 

Katja tat es ihr nach und Ricarda merkte, wie sie die gleiche Haltung einnehmen musste. Die Weisen setzten ihnen die Kronen auf und steckten ihnen königliche Siegelringe an ihre Finger. Johanna erhob sich. Ricarda und Katja stellten sich neben Johanna. Das Volk unter ihnen jubelte und rief immer wieder ihre Namen. Ricarda kam sich wie in einem Traum vor. Sie schaute zum Brunnen. Tom hatte sich erhoben und schaute traurig zu ihnen hinüber. Er nickte nur kurz und dann drehte er sich um und ging in Richtung des Schlosses.

 

Als ob sie Ricardas Gedanken lesen konnte sprach Johanna sie an.

 

Mama, Kel-Nor ist ein Wanderer, ein Freier. Er gehört nicht zu unserem Volk. Er gehört zu einer Gruppe von Menschen, die durch alle Länder ohne Grenzen ziehen.

Sie dienen niemandem und normalerweise mischen sich eigentlich auch nicht in Streitigkeiten unter den Menschen ein. Aber dieser Krieg und dieser jetzige Feind ist so mächtig, dass selbst sie davon betroffen sind.

Du, ich bin froh, dass sie an unsere Sache glauben, denn es sind nicht nur sehr weise Männer, sondern auch sehr mächtige Krieger. Kel-Nor lebt schon seit ewiger Zeit. Und ich denke, dass er auch sehr persönliche Gründe hat, ewig leben zu wollen. Ich glaube sogar, dass ich diesen persönlichen Grund sehr gut kenne.

 

Sie lächelte ihrer Mutter zu.

Ricarda war in Gedanken versunken. Johanna wirkte so erwachsen, so reif. Wo war das 18 jährige Mädchen mit ihren Selbstzweifeln, ihren übersprühendem Temperament, ihren kleinen Ungeschicklichkeiten?

Und - was war nur aus ihr selbst geworden?

Vor noch nicht einmal einer Stunde wollten sie zu viert einkaufen gehen. Sie wollten neue Kleider für Johanna und Katja kaufen. Sogar Tom, ansonsten ein wahrer Einkaufsmuffel, wollte mitkommen. Sie hatte sich so darauf gefreut, vor allem, weil sie mit ihm irgendwie über die Zukunft sprechen wollte.

 

Über eine Zukunft als Familie zu viert. Und nun? Nun war sie in einer fernen Welt, inmitten von Menschen, die sie nicht kannte und ihre Tochter, die angeblich nicht ihre war, ist eine Prinzessin. Sie spielte diese Rolle, als ob sie nie etwas anderes getan hätte. Und Tom?

 

Ja, Tom war so etwas wie ein Waldläufer, der einsam durch eben diese Welt zog, also jemand, der sich bestimmt nicht an jemanden binden würde. Vor allem wohl nicht an jemanden, der in einem Schloss lebte. Vor allem aber wohl auch nicht, weil in dieser Welt ein Krieg herrschte.

Ricarda blickte zu ihrer jüngsten Tochter.

Katja stand neben Johanna und redete mit den blau gekleideten Männern und Frauen. Ihre kleine Katja, ihr Sonnenschein. Katja, die eigentlich nur so in den Tag hinein lebte, die sich nie Gedanken darum machte, was kommt und was passieren wird, wirkte auf sie so ruhig und überlegt, so dass Ricarda den Verdacht schöpfte, dass auch sie nicht ihre Tochter sei. Aber diesen Gedanken verdrängte sie sofort wieder.

 

Und Tom? Er war ihr in der letzten Zeit so nahe gewesen, dass sie schon gar nicht mehr darüber nachgedacht hatte, wie es vor ihm war. Er war zu einer schönen Selbstverständlichkeit in ihrem Leben geworden. Ja, selbst Johanna hatte ihn vergöttert, ihre Johanna, die ständig an ihren früheren Freunden etwas auszusetzen hatte.

Und leider ja auch immer Recht hatte. Katja war Tom schon fast verfallen, so, als wäre er ihr leiblicher Vater. Ricarda musste lächeln. Die beiden hatten ein sehr intensives Verhältnis zueinander, vor allem, wenn sie Unsinn machten, was Tom mit Vorliebe tat, wenn er und Katja zusammen waren.

Ihn brauchte Ricarda jetzt, denn sie merkte, dass sie kurz davor war ihren Verstand zu verlieren.

 

Es ist alles etwas viel auf einmal, nicht wahr? Komm lass uns etwas spazieren gehen. Die Ruhe wird dir gut tun.

 

Toms Stimme riss Ricarda aus ihren nicht enden wollenden Gedanken.

 

Ich denke, ich bin dir wohl Einiges an Erklärungen schuldig.

 

Er schaute sie schuldbewusst an. Als sie seinen Blick sah, musste sie ihm innerlich zustimmen und sagte:

 

Schau mich nicht immer so an. Du weißt genau, dass ich dann immer weich werde. Eigentlich hatte ich beschlossen noch eine Weile sauer auf dich zu sein. Aber irgendwie habe ich da wohl keine Zeit für. Ja, lass uns ein wenig gehen.

 

Sie hakte sich bei Tom unter und er ging mit ihr am Brunnen vorbei in Richtung Schloss.

Jetzt erst sah sie, dass das Schloss ziemlich weit entfernt war. Der Park dorthin war wunderschön. Gepflegte Wege wurden umsäumt von halbhohen Bäumen und das Ganze wurde unterbrochen von wunderschön angelegten Beeten. An den Schnittpunkten der Wege waren Brunnen mit Bänken, so dass man immer wieder die Möglichkeit hatte sich auszuruhen, wenn einem danach war.

Ricarda war überwältigt.

 

Du musst dich in unserer Welt ja sehr nach diesem Platz gesehnt haben. So etwas Schönes habe ich ja nur ansatzweise in Versailles gesehen. Aber dies hier ist ja um einiges größer und schöner.

 

Tom lächelte.

 

Ich bin heute auch zum ersten Mal hier. Wenn du etwas länger hier bist, wirst du sehen, dass man uns und mir im Besonderen misstraut. Wir sind den Menschen hier unheimlich. Zwar sind die Menschen hier freie Bürger. So etwas wie bei euch damals - die Lehensverhältnisse - gibt es hier nicht, aber mich kann niemand hier einordnen.

Vor allem, weil ich kaum im Reich bin. Wir haben keine Grenzen und auch keine Herren. Wir dienen nur uns selbst. Du hast bestimmt schon gehört, dass mir ewiges Leben nachgesagt wird?

 

Er musste lachen.

Ricarda schaute ihn an.

 

Aber, wenn ihr niemandem dient, warum bist du denn hier? Und, wer ist denn „Wir“?

Wir? Nun, wir sind nur noch wenige. Man nennt uns hier die Wanderer oder auch die Freien. Das ist nicht unbedingt ein Lob, sondern eher etwas, vor dem sehr viele Angst haben.

 

Kel-Nors Stimme klang ein wenig bitter.

 

Aber daran haben wir uns schon gewöhnt. Wir lieben es unabhängig zu sein, so wie wir es schon immer waren. Wir haben keinen Führer oder einen König. Wir sind eher wie Brüder und Schwestern im Geiste. Warum wir hier sind? Nun, dieser Krieg betrifft auch uns.

Wir haben uns auch schon früher in die Geschichten dieses Landes eingeschaltet. Nur hat es nie jemand mitbekommen. Lediglich ein paar wenige wussten davon. Wir sind zwar frei, aber, wenn Malos diesen Krieg für sich entscheidet, dann dürfte auch unsere Zeit zu Ende sein.

Du hilfst Johanna also nur deshalb, weil du Angst um deine Zukunft hast?

 

Ricarda schaute Kel-Nor verwundert an.

 

Ich gebe zu, es war der Grund, warum ich in eure Welt gekommen bin. Für meine Freunde kann ich da nicht sprechen. Aber jetzt würde ich mein Leben für euch geben.

Ob Krieg oder nicht. Ich weiß, worüber du mit mir beim Einkaufen sprechen wolltest. Ricarda, glaube mir, ich hätte ja gesagt. Auch, wenn es nur zwei Jahre gewesen wären, die wir als Familie gehabt hätten, sie wären die schönsten gewesen.

Was meinst du wie ich die Zeit mit euch genossen habe. Mit Johanna, meiner kleinen Katja und mit dir. Ich möchte sie um nichts mehr missen.

 

Ricarda schaute Kel-Nor mit großen Augen an.

 

Ja, und was ist denn mit jetzt? Warum willst du denn jetzt nicht mehr? Du kennst unsere Gefühle dir gegenüber. Warum bleibst du denn nicht bei uns? Zwei Jahre, du was wäre dann? Wären wir dann abgeschrieben? Meinst du, du wärst da so einfach herausgekommen?

 

Kel-Nor musste lachen.

 

Nein, so wie ich euch drei kenne, bestimmt nicht. Aber ihr seid von königlichem Blut. Ihr habt auf euer Volk zu achten und es zu respektieren. Ich werde immer für euch da sein, aber euer Volk würde einen wie mich nie in eurer Mitte akzeptieren. Dafür hat es zu viel Angst vor uns.

Aber ihr kämpft für Johanna und damit auch für das Volk. Das können die doch nicht übersehen. Tom, ich möchte dich nicht wieder verlieren. Ich denke, dass ich da auch für meine beiden Mädchen spreche.

 

In diesem Moment hörten Ricarda und Tom ein lautes Gejohle. Ein riesenhafter Mann mit rotem Haar und einen rotem Vollbart stürmte auf sie zu. Ricarda erschrak und klammerte sich fest an Kel-Nor. Doch der lachte nur laut, zog sie hinter sich hervor und drehte sie zu dem anstürmenden Mann hin.

 

Meine Liebe, mit dem da lässt du mich nicht alleine.

 

Dabei lachte er wieder.

 

Darf ich dir vorstellen, das, was da kommt, schimpft sich Einar. Er ist ebenfalls ein Wanderer. Ein wenig verrückt, aber ein herzensguter Mensch, wenn er jemanden mag. Vor allem ist er eine treue Seele, wenn er erst einmal jemanden in sein Herz geschlossen hat. Oder sollte ich besser sagen, in seinen Magen?

 

Kel-Nor war schon recht groß, aber Einar war noch fast einen Kopf größer als er. Er verbeugte sich vor Ricarda.

 

Herzlich willkommen, wunderschöne Dame. Wie ich sehe müssen sie die Frau sein, die es geschafft hat aus unserem Brummbären einen Menschen zu formen.

 

Dann nahm er seinen Freund in den Arm und sie schlugen sich auf die Schultern. Sie wandten sich wieder Ricarda zu und Einar sah sie mit fragendem Blick an.

 

Man hat viel von Ihnen gehört, meine Dame, aber ich muss sagen, keiner dieser Berichte ist dem gerecht geworden, was ich nun vor mir sehe.

 

Ricarda merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Sie hörte Kel-Nor laut lachen.

 

Diesen Kerl Ricarda, darfst du nicht allzu ernst nehmen. Auch wenn er diesmal mehr als Recht hat. Gebt euch die Hand. Ricarda, Einar ist einer der wenigen, der mir nahe steht. Wir Wanderer sind auch untereinander nicht verbunden, aber mit diesem Stück Mensch habe ich einen Teil meines Leben verbracht. Wir sind irgendwie wie Brüder.

 

Ricarda gab Einar die Hand. Er nahm sie vorsichtig und drückte sie ebenso behutsam zur Begrüßung.

 

Nun kann ich verstehen, warum sich Kel so wohl fühlte auf Terra. Nun werde mal nicht verlegen, Kleiner. Was hat er von Ihnen geschwärmt. So wie ich es sehe, gibt es wohl bald einen Wanderer weniger.

 

Ricarda errötete wieder.

 

Nun Einar, ich denke, dass es unmöglich ist, weil ihr hier so etwas wie Außenseiter seid. So toll bin ich nun auch wieder nicht. Zumindest im Moment fühle ich mich irgendwie ganz schön benommen und durcheinander. Aber, nenne mich Ricarda. Ich kann mit der Dame im Moment echt nicht viel anfangen. Ich mache mir zu viele Gedanken um meine Kinder. Was den ehemaligen Wanderer angeht, der möchte es wohl auch noch gerne länger bleiben.

 

Kel-Nor sah gequält auf Ricarda.

Im selben Moment taten ihr die Worte auch schon wieder Leid.

 

Ach was.

 

Einar lachte fröhlich.

 

Nach diesem Krieg wird nichts mehr sein wie vorher. Ich habe so das Gefühl, dass auch wir Wanderer nicht mehr so sein werden wie vorher. Es ist vieles im Umbruch.

Kel hat mir sehr viel von der Prinzessin erzählt. So wie er sein Leben für sie geben würde, so kann sie auch über meines verfügen. Über die Leben der anderen auch.

Kel ich habe bereits die königlichen Truppen inspiziert, wie du gesagt hast. Was ich da sah, macht mir echt Angst. Ich denke, dass du Recht hattest. Wir sollten versuchen auch in den dunklen Ländern Männer zu finden, denn diese Truppen hier sind für einen richtigen Kampf nicht geeignet.

Ich habe Linal dazu bekommen, sie zu trainieren und zu drillen. Aber ich weiß nicht, ob es ausreicht, um aus dieser Trachtengruppe richtige Krieger zu machen. Daher sollten wir so bald wie möglich aufbrechen.

 

Je länger Einar sprach, desto ernster wurde sein Ton. Kel-Nor schaute ihn an.

 

Entschuldige Ricarda, dass unser Spaziergang so schnell unterbrochen wurde, aber die Zeit scheint wirklich zu drängen. Wir müssen zu Johanna. Sie wird leider schneller in ihre Rolle gedrängt, als mir lieb ist.

 

Nun schaute er zu Einar.

 

Einar mein Freund. Ich werde Whin mit in die dunklen Länder nehmen. Ich möchte, dass du hier am Hofe verbleibst und die Prinzessin und ihre Familie beschützt. Dein Leben für Ihres.

 

Mein Leben für Ihres. Das verspreche ich. Kel du kannst dich auf mich verlassen. Wer der Prinzessin oder ihrer Familie etwas antun will, der muss erst einmal an mir vorbei.

 

Einar grinste breit. Kel-Nor wandte sich zu Ricarda.

 

Nun ist mir wohler. Einar würde ich bedenkenlos mein Leben anvertrauen.

 

In einiger Entfernung fuhr eine Kutsche in Richtung Schloss. Einar pfiff laut und die Kutsche stoppte ihre Fahrt. Es waren Johanna und Katja, die auf dem Weg ins Schloss waren. Nun änderte die Kutsche ihre Richtung und kam auf sie zu. Auf dem Kutschbock saß ein Mann, der bei dem Anblick von Kel-Nor anfing zu grinsen.

 

Na, Du alter Schwerenöter. Wie ich sehen konnte, scheinst Du dich ja mächtig ins Zeug gelegt zu haben.

 

Tom schaute den Mann und dann Einar an.

 

Sag mal, gab es eigentlich nichts Wichtigeres zu tun als sich Gedanken über mich zu machen?

 

Und dabei musste er laut loslachen.

In diesem Moment öffnete sich die Tür der Kutsche und Johanna und Katja schossen aus ihr hervor. Sie nahmen ihre Mutter in die Mitte und schauten auf Kel-Nor.

 

Prinzessin, ich sollte nicht nur auf Euch aufpassen, sondern auch prüfen, ob Ihr es wert seid, den Thron von Jar zu betreten. Ich hatte damals nicht viele Erwartungen, aber Sie haben mehr, als nötig wäre. Ihr seid nicht nur die Prinzessin von Jar, Ihr seid Jar.

 

Kel-Nor hatte sie bei seiner Rede an den Schultern gefasst und ihr tief in die Augen geschaut. Sie blickte Kel-Nor mit aller Liebe an, die sie hatte. Nun bemerkte sie auf einmal, was hinter Kel-Nor los war. Ihr Kutscher und der große rothaarige Hüne, der mit Tom und ihrer Mutter gekommen war, knieten am Boden und hatten ihre mächtigen Schwerter vor sich aufgestellt. Auf einmal kniete Kel-Nor ebenfalls. Auch er zog sein Schwert und stelle es vor sich auf.

 

Prinzessin, wir werden Euch nicht Königin nennen, aber wir werden Euch unser Leben geben. Wir, die Wanderer, werden alles tun, um Euch zu dienen. Unsere Schwerter und unser Leben sollen Euch gehören.

 

Nach diesen Worten küssten alle drei Männer die Knäufe ihrer Schwerter. Ricarda und Katja sahen mit großen Augen auf sie und ganz besonders auf Kel-Nor. Dann blickten alle auf Johanna. Diese stand mit freudigem Gesicht vor diesen und hob auf einmal die Hand und bat sie wieder aufzustehen.

 

Nein, ich will nicht Eure Königin sein.

 

Sie schaute zu Kel-Nor.

 

Dir, mein Lieber, will ich eine gute und dich liebende Freundin sein. Und Euch will ich eine gute Freundin sein. Mein Schloss und mein Reich sollen auch das Eure sein.

 

Die Männer erhoben sich und steckten ihre Schwerter wieder ein. Kel-Nor ging zu Johanna und nahm sie fest in den Arm. Einar stand mit merkwürdigem Gesicht da.

 

Ich wollte mein Leben für Euch geben, weil Kel mein Bruder ist. Aber nun werde ich es tun, weil Ihr es mehr als wert seid.

 

Er verbeugte sich tief vor Johanna. Diese küsste Einar liebevoll auf die Stirn.

 

Sei mir mein Bruder, wie Du es für Kel-Nor warst. Und Du, Whin von den Nordländern, auch Du sei mir mein Bruder.

 

Der Mann verbeugte sich tief vor Johanna und auch ihn küsste sie auf die Stirn.

 

Mein Schwert und mein Leben sollen Dein sein, Schwester.

 

Johanna strahlte.

 

Dieser Tag ist ein wahrer Segen für mich und mein Reich. Ich habe die Wanderer nicht als Verbündete - ich habe sie als Freunde. Nein, mehr noch - als Brüder. Dieser Tag wird in die Geschichte von Jar eingehen.

 

Sie sah zu Katja, die etwas abseits stand. Sie schaute etwas wehmütig.

 

Was hast du, Katja? Du siehst aus, als ob dir etwas über die Leber gelaufen ist. Freust du dich denn nicht?

 

Nun sah sie, wie Kel-Nor Katja zu sich winkte. Sie stellte sich neben ihn und er nahm liebevoll ihre Hand.

 

Prinzessin, ich muss sofort los. Ich muss in die dunklen Länder. Dort gibt es Männer und Frauen, die bereit sind für Euch zu kämpfen. Auch, wenn Euer Volk sie als Barbaren und Wilde bezeichnen, so haben sie eine hohe Kultur und vor allem sind sie ein Volk, das durch die ständige Bedrohung durch Malos kämpfen kann.

Ich denke, es könnte mir gelingen sie als Verbündete zu gewinnen. Ich muss gehen, aber ich lasse Euch Einar als persönliche Wache hier. Er wird Euch beschützen wie kein anderer. Ich werde mit Whin reisen. Und die kleine Dame neben mir weiß, dass auch sie mit muss.

 

Ricarda und Johanna schauten erst verdutzt zu Kel-Nor und dann auf Katja. Ricarda wirkte erregt als sie sprach.

 

Was hat Katja damit zu tun. Sie ist doch erst elf. Du kannst doch kein kleines Mädchen mit auf eine so gefährliche und lange Reise nehmen? Nein, dafür werde ich nie meine Zustimmung geben.

 

Kel-Nor wollte etwas sagen, aber Katja trat vor, nahm die Hand ihrer Mutter und sah sie sehr ernst an.

 

Mama, hier geht es nicht um mich oder darum, wie alt ich bin. Hier geht es um Hanna. Es wird so sein, dass Kel-Nor jemanden aus der Familie braucht, der für Johanna spricht.

Dich braucht Hanna hier, denn sie braucht eine Vertraute, die immer für sie da ist. Ich dagegen kann mit Kel-Nor und Whin in den dunklen Ländern etwas für sie tun. Hier nütze ich zurzeit niemanden.

Du brauchst dir um mich keine Sorgen zu machen, denn Kel-Nor würde es nie zulassen, dass mir etwas passiert. Ich denke, dass auch Whin nie zulassen würde, dass ich Angst zu haben bräuchte.

 

Katja küsste die Hände ihrer Mutter, die wie perplex auf ihre jüngste Tochter starrte. Aus dem kleinen und ungestümen Mädchen klangen Worte, die so vernünftig und so fest klangen, dass ihr angst und bange wurde.

Sie schaute zu Kel-Nor und Whin. Diese beiden nickten und Ricarda wusste, dass sie ihre Kleine in gute Hände geben würde. Johanna trat vor und nahm Katja in ihre Arme.

 

Katja, das kann ich nie von dir verlangen. Ich glaube, Kel und Whin schaffen es auch alleine in den dunklen Ländern Verbündete zu finden. Nein, ich möchte nicht, dass du dich in so eine Gefahr begibst. Kel und Whin leben mit der Gefahr, aber ich habe Angst um dich. Du bist meine Schwester. Ich könnte die ganze Zeit an nichts anderes denken.

 

Johanna sah Katja verzweifelt an. Doch die schüttelte nur mit dem Kopf und gab Johanna einen dicken Kuss.

 

Schnickschnack. Hanna, ich liebe dich aber was sollte ich hier machen? Auch, wenn Kel und Whin es schaffen würden, so würden sie viel Zeit verlieren. Zeit, die wir eventuell nicht haben werden. Nein, ich werde mit ihnen gehen, denn ich habe das Gefühl, dass es genau das ist, was ich tun muss.

 

Sie schaute zu den Wanderern und diese nickten voller Bewunderung den Kopf.

 

Also, Kleiner, das ist eine wundervolle Familie. Die Kleine ist der absolute Wahnsinn. Ein richtiger kleiner Dickkopf mit einem großen Herzen.

 

Einar lächelte mild und schaute zu Katja. Diese funkelte ihn an.

 

Ja - und zwar ein richtiger Dickkopf, wie Du noch oft bemerken wirst, Du großer Bär.

 

Katja boxte ihm sanft in die Seite. Einar musste laut lachen.

Einar wandte sich an Johanna und Ricarda und sagte:

 

Diese Kleine ist in den besten Händen, die ihr Euch vorstellen könnt. Wenn ich könnte, würde ich alleine schon wegen ihr mit reiten. Sie ist eine wahre Wanderin.

 

Bei diesen Worten zuckten Ricarda und Tom unwillkürlich zusammen. Beide sahen zunächst sich verdutzt an und dann Katja. Diese stand stolz da. Sie empfand Einars Worte als eine große Ehre. Nun trat Whin vor.

 

Sei gegrüßt, Schwester. Komme nun mit mir, Du sollst Dein Pferd bekommen. Bedenke, dass nicht Du Dein Pferd aussuchst, sondern das Pferd wird Dich aussuchen. Ihr werdet ein Bund für Euer Leben eingehen, so wie wir auch. Also, komm und folge mir.

 

Katja sah zu Kel-Nor und Ricarda. Diese nickten mit schwerem Herzen und Kel-Nor lächelte, als er sie ansah.

 

Nun, anscheinend haben die Wanderer eine neue Schwester bekommen. Und, wahrlich, es ist eine sehr Würdige. Gehe mit Whin, Kleines. Wir sehen uns nachher.

 

Katja ging zu Johanna und nahm sie fest in den Arm. Sie murmelten etwas und dann gaben sie sich einen Abschiedskuss. Als Katja sich von Ricarda verabschiedete, schossen ihr Tränen in die Augen. Dennoch zeigte sie sich tapfer und gab ihrer Tochter einen langen Kuss auf die Stirn. Diese drehte sich nun zu Einar um.

 

Und Du, Großer, wirst Dich um meine Familie kümmern, ansonsten bekommst Du es mit mir zu tun.

 

Diese eher frech klingenden Worte meinte sie nicht so. Sie lächelte Einar verschmitzt an, der sich auf Katjas Spiel einließ und erschrocken tat.

 

Da werde ich ja wohl in Angst leben müssen.

 

Katja und auch Einar mussten laut lachen.

Katja wandte sich Whin zu und beide gingen in Richtung des Schlosses. Kel-Nor schaute den beiden nach. Ein Gefühl von Stolz durchströmte ihn. An Ricarda gerichtet sagte er:

 

Zwei wundervolle Töchter hast du. Beide sind wunderschön und stolz. Ganz wie ihre Mutter.

 

Er winkte den Wachen zu, die in einiger Entfernung standen. Sie kamen herüber.

 

Bringt die Prinzessin und ihre Mutter ins Schloss. Seht zu, dass es ihnen an nichts mangelt. Dieser Riese hier wird für ihren persönlichen Schutz zuständig sein. Also hört auf das, was er sagt, ansonsten wird er ganz böse.

Nein, im Ernst, er hat freien Zugang zu allen Teilen des Schlosses. Ihr, Hauptmann Bender, seid mir dafür verantwortlich, dass es alle Männer erfahren. Außerdem wird er, mit der Wanderin, weiterhin die Ausbildung Eurer Männer mit übernehmen. Ich befürchte, es steht uns ein großer Krieg bevor. Und ich möchte, dass Eure Männer nicht blind in etwas hineingeraten und unnötig ihr Leben verlieren.

 

Der Hauptmann der Wache sah Kel ernst an.

 

Ich werde mich persönlich und sofort darum kümmern. Meine Männer würden mit Freuden ihr Leben für die Prinzessin lassen.

 

Tom musste lächeln.

 

Euer Eifer in Ehren, aber jedes Leben ist kostbar. Daher sollte auch jedes, so gut wie es geht, geschützt werden. Der Prinzessin nützt es nichts, wenn sie kein Volk mehr hat. Also seht zu, dass Eure Männer mitmachen. Es wird hart werden, aber es wird Euer Leben verlängern.

 

Kel wandte sich an Einar.

 

Großer, es wird kein Zwist zwischen uns geben. Ich werde wiederkommen, aber es wird nichts mehr so sein wie vorher. Das kann ich sehen. Also, verliere keine Zeit und versuche das Beste aus den Männern zu machen.

 

Johanna und Ricarda waren bereits in die Kutsche gestiegen. Kel-Nor trat zu ihnen.

 

Ich werde nun gehen. Ich weiß Euch in den besten Händen, die ich mir vorstellen kann. Ricarda, Deine Tochter braucht Dich nun wie noch nie zuvor. Stehe ihr bei, wie Du es immer getan hast. Sie braucht eine starke Mutter, denn sie wird einige schwere Entscheidungen treffen müssen. Aber, das muss sein. Leider kann ich nicht bei Euch bleiben.

Einar wird Euch zur Seite stehen. Und Ihr, Prinzessin, Ihr solltet schön auf Eure Mutter hören. Ebenso auf Einar. Ihr habt noch nicht alles, was nötig ist, aber er wird es Euch lehren.

 

Ricarda saß mit feuchten Augen in der Kutsche und sah Kel-Nor traurig an.

 

Ricarda, wir werden uns wieder sehen. Ich weiß nicht wann es sein wird, doch ich werde wiederkommen. Mit Katja. Sie wird sicher sein. Auch, wenn diese Menschen hier Angst vor den dunklen Ländern haben, wir Wanderer sind auch dort zu Hause. Man kennt und respektiert uns dort. Sogar noch eher, als hier. Also, mache Dir um sie keine Sorgen.

 

Ricarda nahm seinen Kopf in ihre Hände.

 

Ich mache mir keine Sorgen um Katja, denn sie ist bei dir in den besten Händen. Ich mache mir Sorgen um dich. Aber damit werde ich wohl immer leben müssen.

 

Sie gab ihm einen Kuss und Einar stieg in die Kutsche. Kel-Nor löste sich von Ricardas Umarmung und gab dem Kutscher ein Zeichen.

Die Kutsche setzte sich in Bewegung und Kel-Nor winkte den Dreien nach. Eine seltsame Leere erfasste ihn. Er sah sich um. Die Menschenmenge unten im Park war dabei sich zu zerstreuen. Überall bildeten sich zwar kleine Gruppen um über das, was passierte, zu reden, aber der Großteil ging wieder zu seiner Arbeit oder nach Hause.

 

Die Kutsche entfernte sich. Er war alleine. Etwas, was er sein ganzes Leben gewesen war und was er immer wollte. Doch diesmal war es anders. Er empfand das Gefühl aufspringen zu müssen und der Kutsche nachzurennen. Gedankenverloren sah er ihr hinterher.

 

Auf einmal hörte Kel hinter sich Hufe auf das Pflaster schlagen. Er schaute auf und drehte sich um. Whin und Katja kamen auf ihren Pferden angeritten.

Daneben lief noch ein weiteres Pferd. Fenta. Ein stolzes und großes Pferd. Kels Partner und Reitgefährte. Niemals würde er es als Reittier bezeichnen. Es wieherte laut auf, als er Kel sah, doch Kel staunte nicht schlecht, denn Katja saß auf einem riesigen schwarzen Rappen.

 

Er überragte Fenta und Sinah, Whins Reitgefährtin um einiges. Es war Heral, ein wahrer König der Pferde.

Die Wanderer schlossen ein Bündnis mit ihren Reitgefährten. Sie nahmen sich die Pferde nicht einfach, sondern beide suchten sich gegenseitig aus. Und Heral hatte noch nie jemanden akzeptiert.

Aber nun trug er ein elfjähriges Mädchen auf dem Rücken. Kel hatte schon immer gespürt, dass Katja etwas Besonderes an sich hatte, aber anscheinend konnte selbst er nicht sehen, was es ist.

 

Fenta erreichte ihn als erste. Ein freudiges Wiehern erfüllte die Luft. Er schob seine Nüstern unter Kels Arme und Kel streichelte ihm den Hals. Kurz darauf folgten Whin und Katja. Katjas Stolz war nicht zu übersehen.

 

Whin sagte mir, dass Heral etwas ganz Besonderes ist. Er kam sofort zu mir, als wir auf die Weide gingen.

 

Sie beugte sich vor und fing an mit Heral zu schmusen. Das Pferd wieherte und genoss die Liebkosungen. Kel-Nor lächelte und strich ihr über das Haar. Dabei schaute er zu Whin. Doch der schüttelte ungläubig den Kopf.

 

Es ist verrückt, aber, als wir auf die Wiese kamen, schoss Heral direkt auf uns zu. Ich versuchte Katja hinter meinen Rücken zu ziehen, aber sie wollte es nicht und hat sich vor mich gestellt. Ich habe gedacht, Heral wollte sie zertrampeln, aber, was macht dieser Kerl? Er stoppte vor ihr. Dann hat er sie von oben bis unten begutachtet und ging auf einmal auf die Knie, damit sie auf seinen Rücken steigen konnte.

Kel, diese Kleine ist etwas Besonderes. Eigentlich können wir Dinge erahnen, die andere nicht sehen. Ich spüre auch etwas, aber irgendwie habe ich das Gefühl vor einer Wand zu stehen. Sie ist von der Erde, sie hat keinerlei Bezug zu Jar. Und trotzdem spüre ich, dass sie zu uns gehört.

 

Kel und Whin schauten sich an, dann blickten sie auf Katja, die mittlerweile wieder auf Heral saß und ihm den Hals streichelte.

 

Sieh Dir das an. Dieser Kerl ist ganz verrückt nach ihr. Wenn ich mir vorstelle, was der immer für ein Getümmel machte, wenn wir ihm uns nur näherten. Verdammt, wie kann das sein?

 

Kel schien nach innen zu blicken. Jedenfalls hatte Whin den Eindruck.

 

Was ist? Hast Du etwas gefunden, was das Ganze erklärt?

 

Kel schüttelte den Kopf. Nein, das, was er dachte, war einfach zu unwahrscheinlich.

 

Nein. Aber ich denke, sie wird einmal eine richtig wilde Wanderin. Schau sie Dir nur an.

 

Ein warmes Gefühl durchströmte Kel, als er Katja betrachtete. Auch Whin lächelte.

 

Was ist denn mit Euch? Was schaut Ihr mich so an? Da kann man ja richtig Angst bekommen...

 

Kel ging zu Heral und nahm Katja von seinem Rücken. Seltsamerweise schien er nichts dagegen zu haben. Er stupste sogar sanft unter Kels Armen. Der tätschelte ihm sanft den Hals und Heral schnaubte zufrieden. Dann drehte er sich zu Katja herum, sah sie an und sagte zu Whin:

 

Nun, eine Wanderin sieht aber ganz anders aus. Als erstes braucht sie passende und zweckmäßigere Kleidung. Und Waffen braucht sie auch. Ich denke, sie ist eine gute Bogenschützin. Was meinst Du?

 

Whin nickte.

 

Ja, das denke ich auch. Kleidung sollte sie nur vom Besten bekommen. Und die bekommt sie nur von Bogar, dem Schneider von Jarson. Das liegt auf unserem Weg und er kann ihr etwas Ansprechendes anfertigen. Aber einen Bogen für sie, da muss ich wirklich überlegen.

 

Kel-Nor schaute auf Katja und maß ihre Größe mit den Augen.

 

Nun, sie braucht einen leichten Halbbogen. Nicht zu schwer und vor allem nicht zu straff gespannt. Das sollte erst im Laufe der Zeit geschehen. Die Pfeile sollten keinen Meter sein. Ich denke 80 Zentimeter mit gehärteter Metallspitze. So etwas wird Bogar auf Lager haben.

Als Stichwaffe tut es wohl erst einmal ein gutes Kurzschwert. Das bekommt sie aber erst, wenn wir wieder zurück sind. Sie soll es sich selber schmieden. Aber zuerst sollten wir uns in Jarson ausrüsten. Wir brauchen Proviant und Medizin. Mal sehen, wie du durchhältst, Kleines? In spätestens fünf oder sechs Tagen sollten wir die Außengrenzen erreicht haben. Lasst uns reiten.

 

Er nahm Katja und hob sie hoch. Heral kam zu ihm und er setzte sie auf seinen Rücken. Der Rappe schnaubte erfreut. Kel musste lächeln, dann schwang er sich auf Fenta und Whin bestieg Sinah. Sie gaben sich ein Zeichen und dann ritten sie in Richtung Jarson.

 

Das Leben als Monarchin

 

Derweil erreichte die Kutsche den Innenhof des Schlosses. Ricarda war von den Ausmaßen und der unbeschreiblichen Vielfalt beeindruckt. Alleine der Innenhof maß bestimmt 200 Meter in der Breite. Drumherum waren kleinere Gebäude angeordnet. Dem Tor zum Schloss gegenüber befand sich das Haupthaus.

Ricarda schätzte seine Höhe auf bestimmt 40 Meter. Alleine die Eingangstüren waren gewaltig. Sie waren bestimmt 8 Meter breit und 12 Meter hoch. Nach oben hin liefen sie rund zu und sie waren von mächtigen Balken durchzogen. Die vorderen Fenster deuteten darauf hin, dass hinter der Tür eine große Halle liegen musste. Über der Tür war ein Rundgang. Ein Balkon, der anscheinend um das ganze Gebäude lief, war mit Fahnen geschmückt. Überall verzierten Figuren und Ornamente das Bauwerk.

 

Ricarda war sprachlos dem Detailreichtum gegenüber, der ihr entgegen schlug. Auch Johanna war nur am staunen. Sie hatte einiges erwartet, aber das hatte sie nicht vermutet. Die Kutsche hielt an und ein Diener öffnete die Tür.

An der Seite der Kutsche standen Soldaten. 20 nebeneinander und in 7 Reihen hintereinander. Sie hielten ihre Schwerter über ihrer Brust gekreuzt und salutierten, als Johanna und Ricarda ausstiegen.

 

Einar trat zum Hauptmann der Truppe und redete ein paar Worte mit ihm. Dieser nickte mit dem Kopf und dann schrie er Befehle über den Hof, die Ricarda nicht verstand. Einar half Ricarda beim Aussteigen und geleitete sie ins Hauptgebäude. Dort warteten schon die Dienerschaft und auch die Weisen von Jar. Es waren bestimmt 200 Bedienstete, die in der Eingangshalle nebeneinander standen und gespannt schauten. Einer der Weisen löste sich aus der Gruppe und trat zu ihnen vor.

 

Wenn es der Mutter genehm ist, würden wir gerne mit der Kunde beginnen.

 

Ricarda schaute Johanna und Einar fragend an. Einar, Toms besten Freund.

Irgendwie fühlte sie sich bei ihm sicher, als er an ihrer Seite war.

 

Nun, die Kunde ist nichts, was Euch gefährlich werden könnte, Ricarda. Sie werden Euch in Trance versetzen und Euch das Wissen der Sprache und das der Geschichte geben. Hier geht das Lernen etwas schneller als bei Euch.

 

Er sah trotzdem noch Unsicherheit in ihren Augen. Einar musste lächeln.

 

Soll ich Euch begleiten?

 

Ricarda nickte. Es war beruhigend, dass er dabei sein würde. Johanna schaute ihn an und zog eine Augenbraue hoch. Das tat sie immer, wenn sie etwas merkwürdig fand. Aber sie wurde abgelenkt, weil der Schlossmeister zu ihr trat und ihr zu verstehen gab, dass sie sich zunächst um die Dienerschaft kümmern müsse. Aufgaben, die für Johanna äußerst neu sind.

 

Der Schlossmeister stellte ihr das Personal vor. Mit Namen und mit Aufgaben. Aber sie hörte nur halbherzig zu, denn ihre Gedanken waren zu sehr bei Kel und ihrer Schwester.

Zuerst wurde ihr vom Schlossmeister ihr persönliches Personal vorgestellt. Es waren drei Zofen, die nur für ihr Nachtgemach zuständig waren und drei, die sich ausschließlich um ihre persönlichen Belange kümmerten.

Zwei waren für ihre allmorgendliche Toilette und wiederum zwei für ihr abendliches Bad zuständig. Johanna war erstaunt. Wenn sie bedachte, dass sie sich vor noch nicht einmal zwei Stunden in Bremen vor dem Spiegel befunden und sich für die Dusche vorbereitet hatte. Hier brauchte sie sich nicht einmal selbst zu waschen. Sie erschauerte bei den Gedanken. Wollte sie die Abhängigkeit wirklich?

Sie musste sich innerlich schütteln. Nein, soweit will sie es gar nicht erst kommen lassen. Sie winkte dem Schlossmeister zu.

 

Euer Name ist Willehad? Gut, Willehad, ich brauche nicht so viel Dienerschaft. Wir erwarten harte Zeiten und auch die Prinzessin muss sich daran halten. Es kann nicht sein, dass sich das Volk auf einen Krieg vorbereitet und ihre Prinzessin lebt in Saus und Braus. Ich möchte bis morgen einen genauen Plan der Häuser haben und ihren Verwendungszweck.

 

Wir sollten schon jetzt damit beginnen auch hier im Schloss alles dafür vorzubereiten, um Verwundete und Sterbende aufnehmen zu können. Dann können wir überlegen, wie viele der Dienerschaft dafür abgezogen werden müssen.

Dennoch möchte ich gerne meine persönliche Dienerschaft in meinen Vorgemächern sehen, damit ich mir meine persönliche Zofe wählen kann. Und in einer Stunde, wenn meine Mutter wieder da ist, möchte ich, dass das Essen in meinen Gemächern aufgetischt wird. Veranlasst das Nötige dafür, Willehad.

 

Sie legte ihm ihre Hand auf die Schulter und nickte mit dem Kopf. Man konnte deutlich sehen, wie sehr ihm die Anerkennung der Prinzessin gefiel. Beflissen ordnete er die Diener und wies sie in ihre Arbeiten ein. Johanna ging zur Haupttreppe, um ihre Gemächer aufzusuchen.

 

Einar begleitete Ricarda derweil in die Zimmer des Rates. Als sie dort ankamen, wurde Ricarda in einen roten Raum geleitet. Einar verabschiedete sich, da er noch die Truppen inspizieren und einweisen wollte.

 

Ricarda wurde gebeten auf einem braunen, großen Stuhl Platz zu nehmen. Er sah bequem aus und vermittelte ihr ein Gefühl der Behaglichkeit. Als sie saß, fingen die anwesenden Ratsmitglieder an etwas zu murmeln. Sie merkte, wie sie schwindelig wurde. Immer mehr fiel es ihr schwer sich zu konzentrieren. Auf einmal schreckte sie hoch. Sie war wieder hellwach. Der Schlossmeister und zwei Zofen standen vor ihr.

 

Geht es Ihnen gut, Majestät?

 

Ricarda schaute sich um. Wo waren die Ratsmitglieder? Sie waren doch eben noch hier.

 

Wie lange bin ich denn schon hier?

 

Der Schlossmeister schaute sie an.

 

Fast eine Stunde, Majestät. Wenn Ihr mich jetzt verstehen könnt, dann hatte der Rat Erfolg gehabt.

Anscheinend, denn ich verstehe Euch gut. Aber mir kommt es so vor, als wäre ich gerade erst hierher gekommen.

Nun, das ist immer so. Die Trance wirkt recht schnell. Man merkt überhaupt nicht, dass sie angewendet wird. Eure Tochter, die Prinzessin, möchte Euch in ihren Gemächern sehen. Eure beiden Zofen werden Euch geleiten.

Es sind Mara und Jina. Ich selbst habe die beiden ausgebildet. Sie sind exzellente Zofen mit den besten Manieren und sehr verschwiegen. Ich hoffe, sie sind zu Eurer Zufriedenheit.

 

Ricarda schaute ihre beiden Zofen an. Welch ein Irrsinn. Bisher war sie immer auf sich alleine gestellt. Erst, seitdem sie Tom, oder Kel-Nor, wie er ja hieß, kennen lernte, wurde ihr ab und zu die Arbeit abgenommen. Es machte ihm Spaß ihr alles zu erleichtern. Sie gab gerne zu, dass sie es sehr genossen hatte. Er zwang sie ja richtig dazu sich einfach mal hinzusetzen und ihn machen zu lassen.

 

Du hast zwei Kinder aufgezogen und bist immer noch dabei. Du hast einen wunderbar geführten Haushalt und das sollte auch mal gewürdigt und belohnt werden.

 

Sogar Johanna und Katja bezog er mit in die Arbeit ein und Ricarda wurde dann von vorne bis hinten bedient. Sie hatte es unwahrscheinlich genossen. Vor allem, weil sie wusste, dass es von Herzen kam.

Aber Zofen? Das war keine Liebe, das war einfach nur bequem. Aber an den Blicken der beiden Zofen konnte sie erkennen, dass sie begierig auf Befehle von ihr warteten. Nun gut, dann wollen wir mal, dachte Ricarda.

 

Bringt mich zu meiner Tochter, der Prinzessin.

 

Sie wunderte sich, wie leicht ihr diese Worte über die Lippen kamen. Jina half ihr aus dem Sessel aufzustehen. Dann gingen beide vor ihr hinweg und Ricarda folgte ihnen.

Sie kamen wieder in den großen Saal und sie steuerten auf eine riesige Treppe zu. Ricarda schaute in der Halle nach oben. Sie war bestimmt 15 Meter hoch und unter der Decke waren wunderbare Gemälde, die wohl Teile und wichtige Geschehnisse aus der Geschichte Jars zeigten.

Der Maler musste ein wahres Genie gewesen sein, denn die Fresken wirkten so lebendig. Sie kamen bei der Treppe an und die beiden Zofen gingen vor ihr die Treppe hoch. Oben angekommen bogen sie schräg nach links ab und steuerten auf eine große Tür zu. Sie kamen in einen langen Gang, wo auf der linken Seite Türen abgingen und auf der Rechten war eine weite Fensterfront, so dass der Gang sehr hell wirkte. Vor der ersten Tür blieben sie stehen und verbeugten sich vor Ricarda.

 

Dieses, Eure Majestät, sind die königlichen Gemächer.

 

Die beiden Zofen verbeugten sich und öffneten für Ricarda die Tür. Sowie Ricarda das Zimmer betrat, traf sie der Schlag. So einen Luxus hatte sie noch nie gesehen. Das Zimmer hatte eine sehr hohe Decke und die Wände waren mit Bildern und Wandteppichen behangen. An der Decke konnte man edle Fresken sehen und Stuck, der fein gearbeitet war. Selbst die Möbel waren verziert bis in das kleinste Detail.

Sie versuchte den Blick loszureißen, denn sie hörte jemanden singen. Sie musste lächeln. Diese Stimme kannte sie nur zu gut. So sang nur Johanna. Es erfreute sie, dass es Johanna so gut ging. Obwohl sie auch wusste, dass es bald wohl anders werden würde.

 

Sie trat ins Nebenzimmer. Johanna saß in einer riesigen Wanne aus Holz und ließ sich von einer Zofe ihre Haare waschen. Wenn es eine Eitelkeit gab, die Johanna hatte, dann waren es ihre Haare. Katja war da ganz anders. Sie war schon immer mehr Junge gewesen als Mädchen. Ungleich wilder und risikobereiter. Sie dachte nie so viel über die Dinge nach, wie es Johanna schon seit ihrer Kindheit getan hatte.

Ach, Katja. Ricarda musste schlucken. Es fiel ihr immer noch schwer, dass Katja nicht hier war. Sie war nun mit Tom, oder Kel-Nor, - sie würde sich nie an diesen Namen gewöhnen -, unterwegs. Wie es ihr wohl ging? Tom würde nie zulassen, dass ihr etwas passieren würde.

Dass sie bei ihm sicher war, das wusste sie, aber eine Mutter war doch immer das Beste für ein Kind. Sie wusste aber auch, dass Katja es selbst war, die eben diese Reise antreten wollte. Und irgendwie fühlte sie, dass es richtig war.

 

Worüber grübelst du nach? Denkst du auch gerade an die Kleine? Ich vermisse sie auch schon.

 

Johannas Stimme riss Ricarda aus ihren Gedanken. Sie war aus der Wanne gestiegen und ließ sich nun ein großes Tuch um ihren Körper wickeln.

 

Ich weiß nicht wie es dir geht, Mama, aber ich habe Hunger. Lass uns etwas essen.

Loussana, gehe bitte in die Küche und gebe dort Bescheid, dass wir jetzt zu Essen wünschen. Und bitte, richte dem Rat und dem Hauptmann der Wache aus, dass ich sie heute noch sehen möchte. Es gibt noch vieles zu besprechen und festzulegen. Dann komme bitte wieder zu mir.

 

Johanna betrachtete die Zofen ihrer Mutter und sagte:

 

Ihr beide könnt Euch nun zurückziehen. Ich möchte mit meiner Mutter alleine sein. Ihr seid meiner Mutter zugeteilt, daher werdet Ihr nicht in andere Dinge eingebunden. Lasst es dem Schlossmeister wissen. Geht in die Küche und lasst Euch etwas zum Essen servieren, wenn Ihr hungrig seid.

 

Jina und Mara verbeugten sich und schauten Johanna dankbar an. Sie hatten vor Aufregung schon seit Stunden nichts mehr gegessen. Sie waren in voller Aufregung darüber, dass sie in den königlichen Gemächern dienen durften.

 

Beide hatten zwar eine strenge und lange Ausbildung durchlaufen, aber, dass sie es soweit schaffen würden war nicht voraus zu sehen. Die Prinzessin und ihre Mutter machten einen sehr freundlichen Eindruck. Vor allem die Prinzessin, die noch so jung war. Sie war fast vier Jahre jünger als Jina und über 10 Jahre jünger als Mara, aber sie erschien ihnen ebenso weise wie eine erfahrene Dame. Sie zogen die Tür hinter sich zu, als sie auf den Flur traten.

 

So, nun sind wir auch einmal wieder ganz für uns.

 

Johanna ging zu ihrer Mutter und ließ sich von dieser in den Arm nehmen.

 

Ich habe etwas Angst, Mama. Ich habe Angst, dass es zu viel für mich werden könnte. Ich weiß plötzlich so viel. Ich habe auf einmal so viel Wissen und das macht mir Angst. Lass mich bitte nicht alleine. Ich brauche dich, sonst schaffe ich es nicht.

 

Ricarda gab ihrer Tochter einen Kuss auf ihre Haare und streichelte den Kopf.

 

Ich bin ja bei dir. Und das bleibe ich auch. Seit dieser Kunde schwirrt mir der Kopf. Jar hier, Jar da. Ich muss auch erst einmal alles sortieren.

 

Sie musste lächeln.

 

Aber wenigstens verstehe ich nun, was alle reden und ich brauche nicht mehr so dümmlich zu grinsen.

 

Beide lachten.

Johanna löste sich und stieg in die bereitgelegten Kleider.

 

Es wurde an der Tür geklopft. Johanna bat den Störenfried herein. Es war Willehad. In seinem Gefolge waren drei Diener, die einen Wagen fuhren, der voll war mit allerlei Köstlichkeiten. Er verbeugte sich vor Johanna und Ricarda.

 

Majestät. Sie wünschen zu speisen? Ich habe Ihnen eine Auswahl der Küche vorfahren lassen. Ich denke, eure Majestät wünschen in Ruhe und alleine zu speisen. Haben Sie noch einen Wunsch?

 

Er schaute erwartungsvoll von Johanna zu Ricarda.

 

Ja, Willehad. Unsere Zofen werden von allen weiteren hier im Schloss ausgenommen. Ich möchte nicht, dass sie in weitere Arbeiten eingebunden werden. Es werden schwere Zeiten kommen. Und es wird Zeiten geben, da brauche ich sie. Vielleicht könnten es einige als Schwäche auslegen, aber ich denke, das Ende wird zeigen, ob es so war. Schickt bitte Loussana zu mir.

 

Willehad schaute auf Johanna.

 

Schwäche, Eure Majestät? Wer sich selbst kennt und weiß, wann er Hilfe benötigt, ist nicht schwach, er ist stark und vor allem weise. Euer Volk wird es auch so sehen. Wir hatten leider zu viele, die gedacht hatten, sie stünden über ihren Kräften. Nein, Majestät, Euer Volk weiß es und niemand wird Euch Schwäche unterstellen wollen.

 

Willehad verbeugte sich tief und zog sich zurück.

 

Ich werde Eure Zofe zu Euch schicken.

 

Damit schloss er die Tür hinter sich. Ricarda schaute zu ihrer Tochter.

 

Johanna, bist du sicher, dass du diesem allen auch wirklich gewachsen bist? Du bist erst 18 und jeder erwartet von dir hier Wunderdinge. Ich mache mir wirklich Sorgen um dich.

 

Johanna drückte ihre Mutter fest an sich.

 

Nein, solange du bei mir bist werde ich es schaffen. Also bitte verlasse mich nie. Ich weiß, dass dort draußen Kel ist. Er, Katja und Whin haben die wirklich schweren Aufgaben vor sich. Den Krieg werde ich nicht führen, aber ich habe Angst vor ihm. Angst davor, was kommt. Angst davor, so viele Menschen sterben zu lassen.

Welche Entscheidungen ich auch treffen werde, es wird Menschenleben kosten. Du musst bei mir sein, da ich mich davor fürchte sonst zu versagen. Zu versagen auch in dem Sinne die richtigen Befehle zu geben. Ich habe das Gefühl, dass Katja diese Angst nicht hat.

Weißt du eigentlich, dass sie eine Wanderin ist? Was ist denn mit ihrem Vater? Was weißt du noch über ihn? Ach, das soll mir jetzt auch egal sein. Ich möchte erst einmal etwas essen.

 

Es klopfte an der Tür und Loussana betrat den Raum. Sie verbeugte sich tief vor den Beiden und blieb vor Johanna stehen.

 

Hast Du heute eigentlich schon etwas gegessen, Loussana?

 

Johanna schaute sie an.

 

Nein, Majestät. Ich bin noch nicht dazu gekommen.

Das habe ich mir schon fast gedacht.

 

Johanna musste lächeln.

 

Dann nehme bitte Platz und iss mit uns. Ich möchte dir einige Fragen zu meinen Eltern stellen.

 

Ricarda fühlte sich, als ob ihr jemand einen Dolchstoß versetzte. Sie wusste ja, dass Johanna nicht ihre Tochter war, aber es tat sehr weh, es so hart vorgesetzt zu bekommen. Johanna hatte es bemerkt. Sie lächelte Ricarda an, als sie ihr an den Arm fasste.

 

Keine Angst, du bist meine Mutter. Auch, wenn es nicht biologisch ist. Aber ich sollte doch etwas über meine richtigen Eltern erfahren. Wer sie waren und vor allem, wie sie waren.

Das hat nichts mit dir zu tun. Auch, wenn du nicht meine wahre Mutter bist, hast du mich zu dem gemacht, was ich bin. Die anderen haben mich nur gezeugt. Ich glaube, man erwartet es auch von mir, dass ich mich damit beschäftige.

Ich möchte sehr gerne, dass du mich begleitest, wenn ich ihre Gräber besuche. Ich möchte, dass meine Mutter dabei ist.

 

Ricarda schaute Johanna überrascht an. Sie merkte, dass ihr diese Rede gut tat. Sie lächelte Johanna an.

 

Natürlich werde ich dich begleiten, denn auch ich bin sehr daran interessiert. Schließlich möchte ich ja auch gerne wissen, wessen Kind ich so sehr liebe und aufgezogen habe. Ich spüre jetzt ebenfalls einen fürchterlichen Hunger.

Loussana, würdest Du mir bitte die Früchte und das Brot herüber reichen?

 

Loussana schaute Ricarda ängstlich an und tat, was ihr befohlen wurde.

 

Kleines, sei nicht so schüchtern. Lass mal für eine Stunde die Majestäten weg und iss in Ruhe mit uns. Oder sehen wir so aus, als ob wir beißen würden?

 

Ricarda lachte laut auf, als sie diese Worte sprach. Loussana schüttelte mit dem Kopf und langte dann auch zu. Sie tat sich etwas Braten, Obst und Brot auf den Teller.

 

So aßen die drei gemütlich an der Tafel und redeten über die Könige vor Johanna. Loussana war eine gute Erzählerin und Johanna und Ricarda hörten ihr gespannt zu. Ab und an stellten sie Fragen, die Loussana so gut es ging beantwortete. Sie verlor so langsam ihre Scheu vor den beiden Frauen und taute langsam aber sicher auf. Sie lachte mit ihnen und ab und an scherzte sie auch mal. Es tat ihr richtig gut.

Sie merkte, dass sie die Prinzessin und ihre Mutter sehr liebte. Sie waren so ganz anders, als man es ihr lehrte. Sie waren nicht streng und fordernd. Nein, sie behandelten sie sogar wie eine der ihren. Es kam ihr eher so vor, als wäre sie unter guten Freunden. Daher genoss sie dieses Essen über alle Maßen.

Als sie mit dem Essen fertig waren, wollte Loussana aufstehen und die restlichen Speisen abräumen. Doch Johanna gab ihr zu verstehen, dass sie sitzen bleiben solle.

 

Du bist nur für mich persönlich da, Loussana. Und auch, wenn Du meine persönliche Zofe bist, möchte ich nicht, dass Du mir alles aus der Hand nimmst. Ich komme mir ja schon recht eigenartig vor, dass mir hier anscheinend jeder alle Arbeit abnehmen will. Lasse ich das zu, dann werde ich nur zu faul und vergesse zu schnell, wer ich wirklich bin.

Wir werden einfach sitzen bleiben, weiter reden und das Geschirr da lassen, wo es ist. Ich denke nicht, dass es von selbst wegläuft.

 

Alle drei lachten vergnügt.

 

 

Die Wanderer reiten wieder

 

Kel schaute bewundernd auf Katja. Wie gut sie im Sattel saß. Whin und er hatten die ganze Zeit auf Katja geschaut, so, als wäre sie eine Porzellanpuppe. Aber sie saß auf Heral, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte. Ihr Gesicht strahlte pure Freude aus. Andauernd tätschelte sie Heral den Hals, der es offensichtlich sehr genoss.

Kel musste zurückdenken, wie er und Fenta sich trafen. Auch zwischen ihnen war sofort eine Zuneigung da. Das ist auch eine Voraussetzung, um einen Reitgefährten zu finden. Aber wie lange hatte es gedauert, bis sie so vertraut miteinander waren, wie es Katja und Heral jetzt bereits sind. Er schaute Whin an. An dessen Blick konnte er sehen, dass dieser dasselbe dachte, wie er.

 

Vor ihnen eröffnete sich ein Tal. Und in diesem Tal sahen sie eine Stadt. Sie war recht groß und sehr geordnet. Jarson! Das silberne Jarson, wie es genannt wurde.

Hauptstadt der Gelehrten und des Handwerkes. Hier wollten sie sich ausrüsten und dafür sorgen, dass Katja neue Kleider bekam. Sie lenkten ihre Pferde in Richtung der Stadt. Eine viertel Stunde später hatten sie die äußeren Stadtmauern erreicht. Die Wachen vor dem Tor verbeugten sich vor ihnen und als sie Katja sahen gingen sie vor Ehrfurcht in die Knie.

 

Willkommen in unserer Stadt, Prinzessin. Es ist uns eine Ehre, Sie hier begrüßen zu dürfen.

 

Katja sah zu den Wachen hinunter und lächelte sie an.

 

Ich danke Euch und ich freue mich, hier zu sein.

 

Kel musste lächeln.

Die Katja, die er einmal kannte, hatte sich von einem Wildfang in eine richtige kleine Dame verwandelt. Lächelnd ritten sie durch das äußere Tor. Vor ihnen öffnete sich eine breite Straße, so dass sie alle drei nebeneinander reiten konnten.

Überall war Leben, aber überall wo die drei vorbei kamen, wurde es ruhig. Man war zwar an Wanderer gewöhnt, aber man traute ihnen nicht. Und wenn, dann auch nur einzeln.

Nun kamen gleich zwei und hatten außerdem noch ein kleines Mädchen dabei, das etwas ausstrahle, was die Leute stark verunsicherte.

 

So ritten die drei erhobenen Hauptes durch die Straßen. Nach einiger Zeit kamen sie auf einen großen Platz. Er maß ungefähr 300 Meter im Durchmesser. In der Mitte des Platzes stand ein großer Brunnen. Hinter dem Brunnen befand sich die Halle des Rates. Direkt daneben, lag das Gelände der Fürstenresidenz. Sie wurde durch eine hohe Mauer zum Platz hin abgegrenzt und maß fast 100 Meter in der Breite.

Auf dem Platz selbst waren Marktbuden und Stände aufgebaut. Rund um den Platz standen Häuser. Die meisten hatten 3 Stockwerke.

 

In dem unteren befanden sich Läden und Handwerkstuben aller Art. Doch das größte gehörte Bogar, dem Schneider. Einem der angesehensten Bürger von Jarson und außerdem auch der Schultheiß der Stadt.

Wer in Jar etwas auf sich hielt kleidete sich bei Bogar ein. Was die wenigsten wussten ist die Tatsache, dass Bogar auch einmal ein Wanderer war.

Daher kleideten sich seit langen auch alle Wanderer bei ihm ein. Meistens kamen sie allerdings in der Nacht und nicht am hellen Tage.

Die drei steuerten ihre Reitgefährten auf Bogars Haus zu. Neben dem Hauptgebäude befand sich ein Stall. Dort stellten sie ihre Pferde hinein. Er war extra für Pferde der Wanderer gebaut. Zwar waren dort auch viele Pferde der Einheimischen untergebracht, doch das waren dann meistens kleinere Lastponys oder einfache Reitpferde.

Die Pferde der Wanderer waren wesentlich größer. Sie hatten ein Stockmaß von 1,60 Meter. Die anderen Pferde maßen, wenn sie groß waren, nur 1,20 Meter.

 

Als sie ihre Gefährten gut versorgt wussten, verließen sie diese, um zu Bogar zu gehen. Heral war zwar etwas unruhig, aber Katja flüsterte ihm etwas sanft ins Ohr, so dass er sich schnell beruhigte, als er vom Stallburschen gestriegelt wurde.

Kel öffnete die Tür. Ein Glockenspiel erklang. Bogar schoss aus dem Hinterzimmer in die Verkaufsstube. Als er die drei sah, erhellte sich sein Gesicht.

 

Ich habe Euch schon erwartet. Und ganz besonders unsere neue Schwester.

 

Er verbeugte sich tief vor Katja.

 

Prinzessin, Ihr seid jemand, auf den ich schon lange gewartet habe. Aber auch wenn Ihr die Prinzessin von Jar seid, so ist Euch doch anderes bestimmt. Ich kann in Euren Augen sehen, dass Ihr eine von unserem Blute seid.

 

Er schaute zu Kel und Whin.

 

Heral hat sie erwählt, sehe ich das richtig?

 

Kel nickte.

 

Ja, und nicht nur das, er scheint ihr vollkommen ergeben zu sein. Das scheint übrigens nicht nur auf Heral zu zutreffen.

 

Er lachte, als er diese Worte sagte. Katja schmiegte sich an ihn. Sie lächelte Bogar an.

 

Ich denke, Du hast auch schon etwas für mich?

 

Bogar nickte zustimmend.

 

Wir Wanderer sind ja physisch und mental wesentlich weiter als die anderen Menschen hier, aber, ob ich es genau getroffen habe, da bin ich nicht so sicher.

 

Damit holte er ein kleines Paket aus dem Nebenzimmer. Er überreichte es Katja, die sich sehr darüber freute. Sie verschwand mit dem Päckchen in ein separates Nebenzimmer, um sich einzukleiden. Whin sah Bogar an.

 

Bogar, Du besitzt von uns allen die größte Fähigkeit zu sehen. Was ist mit ihr. Sie ist definitiv eine von uns, aber das erscheint absolut unmöglich. Sie kommt weder von hier, noch hat sie Wanderer als Eltern. Aber irgendwie sprechen alle Anzeichen dafür.

 

Bogar schaute Kel und Whin ernst an.

 

So ganz stimmt es nicht. Vergesst bitte nicht, auch wenn die Prinzessin nicht ihre leibliche Schwester ist, bedenkt bitte, dass sie eine sehr starke Ausstrahlung hat. Und die wirkt bei der Kleinen, als auch bei ihrer Mutter.

Beide haben viel von ihrer Ausstrahlung abbekommen. Sie besitzen Fähigkeiten, von denen sie noch gar nichts ahnen. Was die Eltern betrifft, da seid Euch mal nicht so sicher. Bedenkt, dass vor fast achtzehn Jahren Laurentius verschwunden ist. Er ist aber nicht in der Schlacht am Killener Grün gefallen, wie jeder angenommen hat. Auch ich habe dies ja zuerst gedacht. Er hatte kurz vor seiner Niederlage noch fliehen konnte. Irgendwann musste er wieder fliehen und öffnete ein Portal, das direkt auf Terra führte.

 

Nun, der Rest dürfte Euch bekannt sein. Er kam vor knapp 12 Jahren hier vorbei. Er war kurz vor seinem Ende und erzählte mir die Geschichte. Er beauftragte mich, die Sachen für seine Tochter zu machen. Laurentius war einer der Mächtigsten unter uns. Dann noch die Aura der Prinzessin.

 

Sie ist die wohl mächtigste Wanderin auf Jar. Zumindest wird sie es in absehbarer Zeit werden. Aber ihre Macht und ihre Kraft sind jetzt schon außergewöhnlich.

Kel, Du scheinst sie als Deine Tochter angenommen zu haben und so wie es aussieht, scheint sie Dich sehr zu lieben und sie hat dich wohl auch als Vater angenommen. Damit hast Du eine große Verantwortung übernommen. Leite sie klug und sie wird eine mächtige und positive Kraft für Jar.

 

Kel und Whin hörten Bogar staunend zu. Bisher dachte jeder auf Jar, dass Laurentius in einer Schlacht gegen Malos gefallen war. Aber, das eben Gehörte war ungeheuerlich, da Laurentius somit gegen den wichtigsten Kodex der Wanderer verstieß. Keine Einmischung in die Geschicke und Geschichte irgendeiner Welt oder Rasse. Aber es war Kel vollkommen klar, dass dieser Kodex bald nichts mehr galt, da die Wanderer nun Position beziehen mussten. Dieser Krieg würde sonst nicht nur Jar zerstören, denn Malos würde diesen Krieg auch auf andere Welten ausdehnen.

 

Malos war einmal einer der mächtigsten Weisen. Seine Kraft war den Kräften der anderen Weisen weit überlegen. Er brachte eine lange glückliche Zeit über Jar. Seine Schutzzauber halfen überall. Er konnte nicht nur das Wetter kontrollieren, sondern auch den Wuchs des Getreides beeinflussen. Niemand zweifelte an ihm. Er benutzte seine Macht nur für gute Dinge. Zur Heilung und Genesung, um Frieden zu stiften und für den Handel mit anderen Welten.

 

Aber, wie einige Weise dort, wurde er immer machthungriger. Kel musste in Gedanken zugeben, dass ihn alle haben machen lassen. Auch die Wanderer. Und auch er selber hat zu lange nur zugeschaut. Klar, sie hatten erkannt, dass Malos zwar seine Grenzen überschritt, aber sie dachten immer, dass die Menschen dieses Problem selber lösen würden. Vier Generationen von Menschen kämpften nun gegen Malos und seine Armeen.

Nun muss Johanna diese unvorstellbare Aufgabe übernehmen.

 

Ein 18 jähriges Mädchen, das zudem auch noch behütet aufgewachsen war. Wie soll sie Entscheidungen treffen, denen sie nicht gewachsen sein wird. Er hatte zwar Einar bei ihr gelassen, aber vertraute sie ihm auch so, wie sie ihm vertraute? Er schüttelte sich kurz. Kel war klar, dass er für sie alles tun würde. Sie war für ihn wie sein eigenes Fleisch und Blut geworden. So, wie auch Katja. Die vier gehörten eigentlich zusammen in diesen Zeiten.

Doch Kel wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen.

 

Schaut mal.

 

Katja stand vor ihnen und präsentierte ihre neuen Kleider.

 

Na, was sagt Ihr? Steht es mir nicht gut?

 

Whin, Kel und Bogar schauten erst sich verschmitzt an und dann Katja.

Sie trug ein braunes Lederhemd und braun-grüne Hosen aus Leder. Es passte ihr, als wäre sie darin geboren worden. Über ihre Schulter hatte sie einen Bogen und einen Köcher mit Pfeilen. An ihrer Seite hing eine Scheide mit einem Schwert. Sie sah aus, als wäre sie schon immer eine Wanderin gewesen. Die drei Männer waren sehr überrascht, weil Katja die neuen Kleider so gut passten.

 

Du siehst wunderbar aus, Kleines. Man könnte meinen, du hättest nie etwas anderes getragen.

 

Katja strahlte Kel an.

 

Ich denke, ich sollte ein wenig mit dem Bogen üben. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass ich sehr gut sein werde. Bogar, hast Du einen Schießstand?

 

Bogar kratzte sich am Kopf und schaute die beiden anderen Wanderer an.

 

Meine Güte, die Kleine legt ja ein Tempo an den Tag. Passt nur auf, dass sie Euch nicht über den Kopf wächst.

 

Sie lachten. Am lautesten lachte aber Katja. Sie schmiegte sich an Kel und schaute Bogar an.

 

Naja, ich denke, den Großen hier werde ich wohl nicht überholen. Der wird mir schon meine Grenzen zeigen. Nicht wahr, Kel?

Das denke ich auch, aber Du weißt selbst, dass Du nicht irgendeine Wanderin bist. In Dir ist etwas, was hier noch nicht vorgekommen ist. Da sollten Whin und ich wohl aufpassen. Aber noch, denke ich, werden wir Dich leiten. Aber du hast vollkommen Recht, Du solltest wirklich etwas mit dem Bogen und dem Schwert üben, bevor wir weiter reiten.

 

Bogar nickte und gab ihnen ein Zeichen, ihm zu folgen. Sie gingen durch eine Tür hinter dem Ladentisch in den Hof. Dort war ein großer Garten. Er war für so eine große Stadt recht üppig. Er war wie ein kleiner Park angelegt. Mit Bäumen und kleinen Wiesen. Ungefähr 50 Meter vom Haus entfernt befanden sich vier Zielscheiben. Dorthin lenkte Bogar nun seine Schritte. Ca. vierzig Meter vor den Scheiben entfernt blieb er stehen und deutete Katja an, neben ihn zu treten.

 

Katja kam neben Bogar zum Stehen. Sie nahm ihren Bogen von der Schulter. Sie entnahm dem Köcher einen Pfeil und legte ihn auf die Sehne des Bogens. Sie spannte ihn mit zwei Fingern. Ganz ruhig und bedächtig. Sie wirkte voll konzentriert, so, als ob um sie herum alles vergessen wäre.

 

Auf einmal explodierte alles und der Pfeil verließ den Bogen. Die drei Männer schauten zu der Zielscheibe, wo der Pfeil sehr nahe der Mitte noch leicht wippte. Sie blickten Katja erstaunt an, die bereits den zweiten Pfeil aufgelegt hatte. Auch dieser schlug dicht neben dem ersten Pfeil ein. Nach und nach schoss Katja acht Pfeile ab. Sie bildeten auf der Scheibe ein Bündel, so eng waren sie nebeneinander. Die drei Männer zwinkerten sich zu.

Katja drehte sich zu Kel um und er sah, dass sie leicht schwitzte. Ihr Blick war fragend.

 

Meine Liebe, dass Du gut sein würdest, war mir klar. Aber, das, was Du hier gemacht hast, liegt weit über dem, was ich erwartet habe. Du kannst es mit den besten Bogenschützen des Landes aufnehmen. Ich denke hier weiter zu üben macht wenig Sinn.“

 

Er strich Katja liebevoll durch das Haar und schaute dabei Whin und Bogar an. Beide nickten. Auch ihnen war anzusehen, dass sie sehr überrascht waren von dem, was sie eben gesehen hatten. Bogar wandte sich um und ging wieder zum Haus zurück.

 

Ich habe Euch schon Proviant packen lassen. Ihr könnt sofort aufbreche denn. ihr habt keine Zeit zu verlieren. Wenn ich ehrlich bin, würde ich gerne mitkommen. Aber ich denke, dafür habe ich einige Pfunde zu viel um die Hüften.

 

Dabei sah er lachend an sich herunter. Bogar war wirklich eine stattliche Erscheinung. Sie gingen alle in den Stall, um ihre Pferde zu holen. Die drei Pferde wieherten laut, als sie den Stall betraten. Fenta näherte sich Kel. Er lief immer frei herum und ließ sich nur ungern in eine Box stellen. Heral schnaubte laut und lies sich von Katja über seine Nüstern streichen. Man sah, dass er es genoss.

 

Sie führten ihre Reitgefährten nach draußen, verabschiedeten sich von Bogar und ritten auf dem Weg, den sie gekommen waren, wieder aus der Stadt.

Vor der Stadt wendeten sie sich nach Osten, um in Richtung Gildnis zu gelangen. Der Weg führte durch den Grauwald. Ein Wald, den die Menschen mieden, denn es wurde gesagt, dass sich dort Dämonen und wilde Bestien herumtreiben. Kel und Whin wussten es besser. Sie ritten oft durch diesen Wald.

 

Dämonen gab es dort keine. Die Menschen hatten nur Angst, weil der Wald fast immer im Dunkeln lag. Der Grund war, dass er so dicht ist, so dass die Sonnenstrahlen kaum den Boden erreichten. So lag der Wald selbst am Tage nur im Dämmerlicht. Die alten Bäume gaukelten den Unwissenden lediglich dunkle Gestalten vor.

Wilde Tiere gab es kaum zu sehen, denn sie ließen sich nicht blicken. Nur die, die hinschauten, konnten sie entdecken. Für Menschen interessierten sie sich wenig. Die Wälder gaben genug Nahrung her, so dass sie Menschen nicht als Nahrung brauchten.

 

Im Grauwald gab es aber noch etwas. Und genau deshalb ritten die Drei in die Richtung des Waldes.

 

Kleines, Du brauchst keine Angst zu haben. Der Wald ist nicht Dein Feind, er ist Dein Freund. Auch, wenn er von weitem so bedrohlich und riesig ausschaut. Wir müssen tief hinein. Wir müssen Dich jemandem vorstellen.

 

Katja sah Kel mit großen Augen an.

 

In dem Wald lebt jemand? In der Stadt haben doch alle davon geredet, dass dort wilde Bestien und Dämonen hausen. Aber, wenn ich mir Euch beide so ansehe, dann habt Ihr bestimmt wieder eine kluge Erklärung zur Hand. Da bin ich mal gespannt. Sind es Verwandte von uns? Und warum leben sie im Wald und nicht in einem Dorf oder in der Stadt?

Stopp. Stopp. Nun mach mal halblang, Kleines.

 

Kel und Whin mussten laut auflachen.

 

Eines nach dem anderen. Also, Katja. Das, wie soll ich sagen, Wesen, das dort lebt, ist nicht unser Verwandter. Aber er und sein Volk haben etwas mit mir gemeinsam, denn sie sind auch ein altes Volk. Und mit alt meine ich – sehr alt.

Sie waren weit vor allen anderen hier. Sie sind auch nicht allzu gut auf die anderen Menschen zu sprechen. Auf mich im Speziellen überhaupt nicht. Aber das ist eine Geschichte, die Du bestimmt einmal ganz in Ruhe erfahren wirst. Wir werden daher auch nur einem begegnen. Ihn kann man als Freund bezeichnen.

Und, Katja, er mag in Deinen Augen vielleicht etwas seltsam aussehen, aber behandle ihn mit dem größten Respekt. Denn er ist der wohl mächtigste Verbündete, den wir auf Jar finden werden.

Er wird wohl auch mit Deiner Geschichte beginnen. Whin und ich werden sie im Laufe unserer Reise vervollständigen. Ich bitte Dich, höre gut zu. Ich weiß, dass wir sehr viel von Dir verlangen und es auch weiterhin tun werden.

Aber, Deine Geschichte ist wirklich sehr wichtig, denn es ist auch unsere Geschichte. Johanna wird ihre Geschichte genauso lernen müssen.

 

Kel sprach sehr ruhig und ernst mit Katja. Sie schaute ihn dabei ganz intensiv an. Sie wusste, dass viel auf sie wartete und daher war sie ganz begierig darauf, alles zu erfahren, was sie nur hören konnte.

 

Aber, warum erzählst Du es mir dann nicht? Ich dachte, wir wären Verwandt, naja, aus demselben Volk. Und wieso denn nur meine Geschichte? Ist es denn nicht auch Deine und Johannas Geschichte?

 

Whin musste grinsen.

 

Mein lieber Kel, die Kleine will es aber wissen, was? Katja, Du wirst Dir noch wünschen nicht nachgefragt zu haben. Denn der, den wir jetzt besuchen, kann doch sehr ermüdend sein. Wenn ich ehrlich bin, verstehe ich Deinen Onkel manchmal nicht, wie er sich solange mit ihm unterhalten und austauschen kann.

 

Katja bekam riesige Augen.

 

Wieso Onkel? Kel ist doch nicht mein Onkel. Wir sind doch Brüder und Schwestern - im Geiste, denke ich.

 

Kel sah Katja ernst an.

 

Katja, meine liebe Katja. Ich weiß, dass Dich im Moment viele Fragen quälen. Aber ich bitte Dich noch zwei Tage zu warten bis wir bei Krung sind. Es ist wirklich besser, wenn Du den Anfang hörst. Ansonsten wird es sehr unübersichtlich.

 

Doch Katja schien das nicht zu überzeugen. Sie schaute Kel nun in einer Art an, von der sie wusste, dass er dann meistens nachgeben würde.

Whin grinste innerlich.

 

Au man Kel, wie willst Du es jetzt schaffen diesem Blick zu widerstehen? Ich denke mal, unsere Katja ist Dir über. Der große Krieger verliert die Schlacht und auch den Krieg. Erzähle es ihr. Sie hat ein Recht darauf, es zu erfahren. Schließlich ist Eure Beziehung auch hier auf Jar etwas Besonderes. Und warum solltest Du damit warten? Das ist schließlich Eure Geschichte und nicht die des Volkes.

 

Whin sprach sehr ernst mit Kel und schaute dabei liebevoll auf Katja, die nun ihrerseits mit großen und gespannten Augen auf Kel sah, der nun Whin fragend ansah. Jedenfalls, Kels Blick sprach Bände. Begeistert schien er absolut nicht zu sein.

 

Ich halte es noch nicht für richtig. Das Ganze ist zu komplex, als dass Katja es aus dem Ganzen losgelöst heraus hört. Kleines, nicht, dass ich Dich für dumm halte, aber, wenn Du die ganze Geschichte in Ruhe hörst, wirst Du es einfacher verstehen.

 

So ernst kannte Katja Kel gar nicht. Es schien ihm fast schon körperliche Schmerzen zu bereiten, ihre Geschichte zu erzählen. Sie war fast gewillt nicht weiter nachzuhaken. Aber dann siegte doch ihre Neugierde.

 

Kel, ich vertraue Dir voll und ganz. Dass da etwas Besonderes zwischen uns ist, habe ich schon längst gespürt. Bitte, gib mir einfach die Gewissheit darüber, was es ist. Was kann denn bloß so schlimm sein? Du bist kein Monster oder Massenmörder. Du bist mir neben Mama und Johanna der wichtigste Mensch. Ich spüre, dass es Dir mit mir genauso geht. Auch spüre ich, dass Du einen schweren Kampf in Dir trägst. Vielleicht mag es nicht richtig sein alles aus einem Zusammenhang zu reißen, aber ich denke, dass ich auch ein Recht auf meine Geschichte habe. Ich beiße doch nicht, oder?

 

Sie schaute bei den letzten Worten so lieb, dass beide Männer sich vor Lachen nicht mehr halten konnten. Ihre Pferde schreckten mit ihren Köpfen leicht hoch, so impulsiv war ihr Lachen. Whin war es, der zuerst seine Sprache wieder fand. Er sprach Kel an.

 

Sag mal, bist Du sicher, dass sie erst elf Erdenjahre alt ist. Sie redet schon genauso verworren wie Krung. Ich denke, die beiden werden viel Spaß miteinander haben. Aber verworren oder nicht, sie hat absolut Recht, Kel. Die Zeit dafür sollten wir uns wirklich nehmen. Außerdem wird es dunkel und es ist besser wenn wir ein Lager aufschlagen. Während Du mit der Geschichte anfängst, werde ich der jungen Dame das Kämpfen mit ihrem Schwert beibringen.

 

Während er sprach, lenkte er Sinah auf eine Baumgruppe zu. Kel und Katja folgten ihm. Sie stiegen ab und entlasteten zuerst ihre Reitgefährten und gaben ihnen Wasser und Futter. Erst dann machten sie ein kleines Feuer, um einen Topf mit Wasser zu erhitzen. Whin zog sein Schwert aus der Scheide und deutete Katja an es ihm gleich zu tun. Diese rannte zu ihren Sachen, holte ihr Schwert und war für die Übung bereit.

Sie folgte Whin ins Abseits des Feuers. Whin steckte sein Schwert vor sich in den Boden und stützte sich auf dem Knauf ab.

Er beobachtete Katja wie sie mit dem Schwert auf ihn zu kam und sich vor ihm aufbaute. Sie ließ ihr Schwert in ihrer rechten Hand locker an ihrer rechten Seite hängen und näherte sich ihm mit lässigen Schritten.

 

Na, schon müde kleine Lady?“,

 

wollte Whin fragen, aber das Lady kam nicht mehr heraus, denn schneller, als er aussprechen konnte, machte Katja eine Finte mit dem Schwert, umrundete ihn dabei und setzte ihm ihr Schwert an seinen Hals. Kel und Whin schauten sich erstaunt an.

 

Kel, sag mal, bist Du Dir sicher, dass wir ihr das Kämpfen mit dem Schwert noch lehren sollten, oder doch lieber sie uns? Ich habe sie noch nicht einmal kommen sehen. Nur einen verschwommenen Schatten. Ich denke, wir müssen schleunigst mit ihr reden, Kel. Sie hat zu große Kräfte und es ist unverantwortlich es noch länger hinauszuzögern.

 

Kel blickte erst auf Katja und dann zu Whin. Er nickte und bat Katja sich neben ihn zu setzen.

 

Die Geschichte des Hauses con Jar

 

Johanna war schon sehr zufrieden. Loussana hatte ihr einiges über das Königshaus zu Jar erzählt. Vor allem aber einiges über ihre Eltern.

Ihr Vater, Victor Val con Jar, war zwar ein kluger aber auch ein sehr schwacher König. Er ließ es zu, dass seine Berater immer mehr die Kontrolle über den Hof erhielten. Allem voran Gero von Gildnis, einer seiner engsten Berater.

Er machte dem König des Öfteren den Vorschlag Malos an seinem Hof aufzunehmen, da nur dieser Jar zusammenhalten könne. Dieses machte er nie offensichtlich, aber er verstand es wunderbar seine Stimme wie Samt und Seide klingen zu lassen. Viele der Getreuen sahen sein Ränkespiel, aber der König vertraute ihm voll und ganz.

 

Derweil überzog Malos die Provinzen um Frolderin mit Angst und Terror. Er benahm sich wie der Alleinherrscher über das Land. Seine Ritter und Mannen nahmen den Bewohnern Land und Frucht, um sich im Frolderbruch ein eigenes Fürstentum aufzubauen. Dabei waren er und seine Männer aber klug genug sich innerhalb der Provinzen Mitläufer zu suchen und ihnen hohe Ämter zu verschaffen.

Zwar hatten diese keine Funktion, aber so hatten sie immer die Übersicht, was im Land passierte. Unruhestifter oder Königstreue konnten so schnell und ohne viel Aufstand entfernt werden. Innerhalb von fünf Jahren hatte Malos die Provinz ohne Aufstand übernommen. Die wenigen, die noch an den König glaubten, lebten entweder im Untergrund oder waren noch rechtzeitig geflohen. Aber aus Angst davor, was Malos ihren Familien antun würde, schwiegen sie auch in der Fremde und so drang lange Zeit nichts an das Königshaus.

 

Bis dann endlich Nachrichten aus der Provinz an den Palast gelangten, hatte Malos schon ein großes Heer und eine perfekte Verteidigungslinie aufgebaut. Der König stellte zwar ein großes Heer auf, aber durch die langen friedlichen Jahre waren die Ritter und Vasallen nicht mehr im Kampf erprobt. Es fanden regelmäßig Turniere und Schaukämpfe am Hofe statt, doch im Laufe der Jahre haben diese Kämpfe immer mehr einen Jahrmarktscharakter bekommen, als dass sie richtige Kämpfe waren.

 

Nichts desto trotz, fühlten sich die Ritter und Soldaten des Königreiches allen überlegen und so zogen sie immerhin voller Mut gegen Malos Horden in den Krieg, aber, was sie erwarteten würde, wusste niemand. Und das, was sie erwartete war schlimmer als alle Berichte, die sie je über Schlachten und Kämpfe hörten. Es wurde keine glorreiche Schlacht wie in den alten Geschichten vergangener Tage, es war ein einziges Gemetzel. Die schlecht ausgebildeten Ritter trafen auf ein strategisch gut gestaffeltes und an Hinterhältigkeit nicht zu übertreffendes Heer. Aus allen Teilen des Landes wurden die Heere zusammengerufen. Zwischen Wiesbach und dem Killener Grün wurde eine riesige Heerschau abgehalten.

 

Sie dauerte sechs Tage und am Ende des sechsten Tages war das Heer auf über 65.000 Mann angewachsen. Wimpel, Flaggen und Standarten aus allen Provinzen waren auf der Heerschau. Sogar ein kleines Heer aus Frolder war vor Ort.

Am siebten Tag trat der König vor das versammelte Heer, um es zu begutachten. Was er sah, erfüllte sein Herz mit Stolz und Freude. Wie konnte dieses Heer nicht siegreich aus der Schlacht zurückkommen? Allein das Heer aus Pernal - unter Fürst Kal-Tuhn und seinem Sohn Friedhelm war prächtig anzusehen. Es war mit 700 Rittern und 10.000 Reiter in die Schlacht gezogen. Die Rüstungen glänzten im Sonnenlicht des beginnenden Tages.

Oder Fürst Trebfort aus Kreuzdorf. Sein Heer umfasste 400 prächtige Ritter, 4000 Reiter und 5.000 Speerträger. Aber auch die kleineren Provinzen stellten alle Ritter, Reiter und Fußsoldaten, die sie entbehren konnten.

 

Nachdem der König sein Heer begutachtet hatte, gab er das Zeichen zum Aufbruch. Prächtig sah das Heer aus der Ferne aus, wie es funkelte und glänzte. Jeder, an dem das Heer vorbeizog, war davon überzeugt, dass es siegreich aus der Schlacht zurückkehren würde.

Nach drei Tage erreichte das Heer den Killener Grün. Ein Wald, der sich über fast 70 Kilometer in der Länge erstreckte. Der König schien schon an Vorahnungen zu glauben, denn er plante seine einzige Tochter, die gerade erst geboren wurde, in ein sicheres Versteck bringen zu lassen. Dieses sollte Laurentius mit seinen Wanderern übernehmen. Kel-Nor hielt sich aus allen Vorplanungen heraus, denn im Gegensatz zu Laurentius, war er immer noch der Meinung, es wäre alleine die Aufgabe der Menschen sich um Malos zu kümmern.

 

Er war daher nicht in alles eingeweiht, was der König oder Laurentius plante. Er wusste auch nicht was mit der Tochter des Königs geschehen sollte. Es hieß er sei in den dunklen Ländern. Aber wo er wirklich war, wusste niemand. Für die meisten war er nur ein Schatten, den zwar jeder kannte, aber, was er wirklich tat, wusste keiner. Es hieß nur, dass der König und Laurentius es wüssten. Jedenfalls wurde er nie im Schloss gesehen.

 

Wohin Johanna letztendlich gebracht wurde, wussten nur der König und Laurentius. Es hieß, dass möglicherweise auch Whin eingeweiht sei. Ob es auch Kel-Nor wusste, war nicht bekannt.

 

Whin lebte in der Nähe des Schlosses, um auf die weitere Entwicklung zu achten. Kel-Nor wanderte durch ganz Jar. Die Wanderer redeten nicht viel. Laurentius soll mit dem König in der Schlacht am Killener Grün 1479 gefallen sein. Seine Leiche wurde nie gefunden, was aber nicht weiter verwunderlich war, denn es waren so viele Tote in der Schlacht zu beklagen, dass viele Massengräber entstanden. Zwar hatte Laurentius eine sehr stattliche Erscheinung, aber niemand wusste, ob er sich unter all den Toten befand.

 

Viel gab es nicht, was über diese Schlacht an den Hof drang. Zu wenige hatten sie überlebt. Diese Schlacht hatte einen zu hohen Blutzoll gefordert. Auch unter den Männern Malos. Es wurde ein schrecklicher Status-quo- gezogen, der sich auf das Land noch viele Jahre auswirkte. Familien verloren ihre Väter, Höfe und Geschäfte verloren ihre Vorstände und Meister. Es war auch wirtschaftlich ein schrecklicher Rückschlag für das Reich.

Was aber über diese Schlacht am Killener Grün und um Frolderin in das Reich drang, ließ erkennen, dass es nicht die letzte Schlacht war, die gegen Malos geführt werden musste. Jedem war klar, dass es nur ein Aufschub auf unbestimmte Zeit ist.

 

Es begann damit, dass der König am Vorabend der Schlacht alle Heerführer zu einer letzten Besprechung in sein Zelt befahl. Da man von Beobachtern wusste, dass Malos sein Heer in und um Frolderin zusammen zog, wollte der König eine Zange bilden, um so dem Heer den Rückweg und auch den Nachschub abzuschneiden. Zwar waren alle Männer frohen Mutes und begierig darauf sich in der Schlacht zu beweisen, doch hatten Laurentius und auch Kel-Nor sie davor gewarnt, eine Schlacht auf die leichte Schulter zu nehmen.

Es kursierten zu viele Geschichten um vergangene Schlachten durch die Köpfe der Männer. Geschichten um glorreiche Zeiten. Doch, wie hatte Kel-Nor erwähnt? Keiner der Männer hatte je eine Schlacht geschmeckt oder gefühlt. Die Schreie der Verwundeten, der Geruch des Blutes, der Anblick verstümmelter Männer, die Schwere, die sich dann in den Körper und vor allem in den Geist schleicht. Zwar hielten sich gerade die Ritter des Reiches in Turnieren körperlich fit, doch keiner hatte je sein Schwert in einem Kampf um Leben und Tod gezogen.

 

Daher hatte der König auf Anraten der Wanderer weise Männer in die Schlacht mitgenommen, die seine Männer moralisch und seelisch unterstützen sollten. Je schneller die Männer den Schock der ersten Kämpfe überwanden, desto besser stand auch der Verlauf der Kämpfe für das Heer. Daran musste der König denken, als er die versammelten Heerführer um den Kartentisch sah. Alle waren in ihren Rüstungen prächtig heraus geputzt. Wie sie funkelten und blitzten. Dagegen sah Laurentius in seiner Waldläuferkluft richtig ärmlich aus. Aber keiner seiner Männer würde den Fehler machen ihn verächtlich zu betrachten. Sie wussten ganz genau, dass Laurentius mehr Schlachten und Kämpfe führte, als sie an Jahren zählten.

Sie hörten gebannt seine Worte. Er erklärte ihnen, wie sie das Heer von Malos umzingeln sollten. Der König sollte mit dem Hauptheer vor den Toren Frolderin den Hauptkampf führen. Derweil sollten zwei weitere Heere links und rechts von Frolderin in den Kampf eingreifen. Sie sollten die Flanken des feindlichen Heeres zerschlagen, um so einen Kampf an drei Fronten zu führen. Alles klang so logisch, so einfach.

 

Der Hauptangriff sollte kurz nach dem ersten Sonnenaufgang beginnen. Jeweils zwei Stunden vor Sonnenaufgang sollten sich die beiden Heere, die sich um die Flanken kümmern sollten, leise und in einem Bogen um die Stadt aufmachen, damit sie dann ca. eine Stunde nach Beginn der Schlacht in den Kampf eingreifen konnten.

 

Nachdem alle Heerführer gegangen waren, stand der König lange vor dem Kartentisch und begutachtete noch einmal in Ruhe alle Züge der Schlacht. Er konnte einfach keinen Fehler finden, alles war perfekt. Laurentius trat von hinten an den König heran und beide gingen noch einmal alles durch. Ihm schwirrten die Worte Kel-Nors durch den Kopf. Er sagte, man solle allem misstrauen, was perfekt aussieht.

Aber auch nach mehrmaligem Betrachten konnte er keine Schwachstelle in dem Plan entdecken.

Dann trat der König vor das Zelt, um seine Männer zu betrachten. Überall brannten Feuer und die Männer saßen oder standen um diese herum. Sie redeten und scherzten, als wäre es morgen früh nur ein Spaziergang. Ihm überkamen wieder Zweifel, ob es richtig sei, es den Männern zu leicht aussehen zu lassen. Aber nur so waren sie auch bereit dafür das Opfer zu bringen, um diese Schlacht zu führen.

Er wollte sich schon wieder umdrehen, um sich in sein Zelt zurückzuziehen, als er den Aufschrei der Männer vernahm.

Der dunkle Himmel war auf einmal leuchtend hell. Der König schaute hoch und sah riesige Feuerbälle heran fliegen. Bevor er überhaupt reagieren konnte, schlugen auch schon die ersten mitten in das Lager ein. Er konnte nur entsetzt zuschauen, wie die Bälle am Boden zerplatzten und sich der feurige Inhalt über seine Männer ergoss. Wohin der König auch sah, überall brannte es. Männer, die wie lebende Fackeln durch das Lager rannten. Die Schreie waren schrecklich. Es war ein Bild der Apokalypse.

 

Das war es, was Laurentius und Kel-Nor meinten. Alle Ordnung, alle Hoffnung war dahin. Im Lager herrschte nur noch heillose Panik. Auf einmal ragte eine Stimme aus dem Brüllen und dem Geschrei heraus.

 

Zusammenziehen. Stellt eine Abwehrformation auf. Ordnet Euch, Männer.

 

Laurentius Stimme klang zwar laut über alles hinweg, aber sie strahlte dabei dennoch eine Ruhe aus, die die Männer wieder etwas beruhigte. Die Feuerbälle wurden weniger und der König kam wieder zu Sinnen. Es waren nur wenige Minuten vergangen, doch kam es ihm vor wie Stunden. Der Herrscher schnappte sein Schwert und rannte zu dem Platz, wo Laurentius die Männer ordnete. Überall lagen brennende Körper, wälzten sich brennende Männer und Frauen am Boden.

 

Erlöst Eure Kameraden.

 

Diese Worte drangen grausam an die verbleibenden Männer.

 

Los, wollt Ihr sie unnötig leiden lassen?

 

Der König erblickte entsetzt, wie Männer durch die Reihen gingen und mit ihren Schwertern auf die brennenden Körper einschlugen. Er spürte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten. Der Gestank von verbranntem Fleisch und das Schreien und Stöhnen der brennenden und verwundeten Körper übertraf alles, worauf die Wanderer die Männer und auch ihn vorbereitet hatten.

Nun schwoll von weitem eine neue Geräuschkulisse zu ihnen heran. Es waren die siegestrunkenen Gesänge der heranstürmenden Heere von Malos. Schlagartig wurde ihm bewusst, wie falsch sie alle lagen. Nicht sie hatten den perfekten Plan Malos zu schlagen, sondern Malos hatte sie in einen perfekten Hinterhalt gelockt. Sie sind verraten worden

 

Gerade, als er mit dem Schwert in seinen Händen zu seinen Männern stürmen wollte, spürte der König einen stechenden Schmerz in seinem Rücken. Er hörte wie seine Männer aufschrieen und sah wie sie zu ihm liefen. Er ging in die Knie, sein Schwert fiel ihm aus der Hand. Er versuchte den Kopf zu heben um zu sehen was passierte, als er plötzlich einen dunklen Schatten über sich sah. Er sah in das hässliche Grinsen eines Wesens, wie er es noch nie gesehen hatte.

Er sah ein vollkommen bleiches und schmales Gesicht. Doch das Schlimmste waren die Augen. Sie schienen grün zu leuchten. Davon hatte er nur gehört. Wesen die sich nur dem Kampf verschrieben haben. Der König ergriff sein Schwert, das am Boden lag und wollte es aufheben, als er nur noch eine Klinge von oben auf sich herannahen sah. Das war das letzte Bild, das der König vernahm.

 

Laurentius war gerade dabei die restlichen Männer zu ordnen als er sah, wie ein weißer Laporer des Königs Kopf abschlug.

Er brüllte laut auf, um so die Männer in seine Richtung zu ziehen, aber die Panik unter den Männern war zu groß. Vorbei war der Heldenmut, vorbei war die Aussicht auf glanzvolle Taten.

 

Dies hier war keine Geschichte, der man gerne zuhörte und die großen Krieger bewunderte. Dies hier war eine Realität, vor der Kel-Nor und Laurentius den König und seine Männer immer gewarnt hatte. Die Männer sahen schon ihrem sicheren Tod ins Gesicht, als Malos Horde heranstürmte.

Nun kam bei einigen Männern doch der Mut wieder zurück. Der Mut der Verzweiflung. Sie versammelten sich um Laurentius und umklammerten ihre Schwerter. Auf einmal zog Laurentius sein Schwert und sprach ruhig einige seltsame Worte, die sie nicht verstanden. Und dann sahen sie etwas, was sie nur aus ganz alten Geschichten und Sagen kannten.

Laurentius Schwert glühte hell auf und seine Klinge wurde von langen Flammen umschlossen. Er holte mit seinem Schwert aus und wie eine lange Peitsche schossen die Flammen vor und schnitten eine weite Schneise in die heranstürmenden Horden. Wieder und wieder schlugen die Flammen eine blutige und heiße Schneise in die feindlichen Krieger. Nun machte sich unter den Feinden Panik breit. Sie stieben auseinander und versuchten den schützenden Wald zu erreichen. Aber es schien, als ob keiner den Flammen des Schwertes entkommen würde.

 

Die restlichen Männer des verbleibenden Heeres des Königs jubelten bereits auf in der unerwarteten Hoffnung des Siegs, als ein Pfeil, der wie aus dem Nichts zu kommen schien, sich in Laurentius Rücken bohrte.

 

Die Männer schrieen auf, als sie ihn zusammenbrechen sahen. Laurentius zitterte, doch er schlug weiter auf die nun fliehenden Krieger ein. Ein weiterer Pfeil traf ihn. Die Männer des Königs kamen aus ihrem Entsetzen nicht heraus, denn plötzlich erschien über ihnen ein Gesicht. Es war das überdimensionale Gesicht von Malos. Es zog ein widerliches Grinsen über sein Angesicht und sein Mund öffnete sich, als ob er höhnisch lachen würde. Aber, es war kein Laut zu hören.

Laurentius stand noch, aber er schien zu wanken. Mit einem Ruck hob er das Schwert und die Flammen fraßen sich durch die Erscheinung am Himmel. Das Gesicht verzog sich zu einer schreienden Fratze und es löste sich schließlich auf. Dieser Akt schien Laurentius die letzte Kraft genommen zu haben, denn er brach im selben Moment zusammen.

 

Flieht, Ihr Narren, solange Ihr noch könnt. Diese Schlacht ist für alle verloren.

 

In aller Deutlichkeit vernahmen die Männer diese Worte. Es waren die letzten, die sie von Laurentius hörten, bevor er endgültig zusammenbrach. Dann schlug er hart mit dem Gesicht auf dem mit Blut getränkten Boden auf und sein Schwert erlosch. Die Männer waren wie erstarrt, bis einer laut das Wort „Fliehen.“ rief.

 

Als ob alle wieder aus einer Trance erwachten, setzten sie sich in Bewegung. Einige rannten zu den verbleibenden Pferden und saßen in Windeseile auf. Die meisten rannten nur noch in Richtung Heimat. Keiner verfolgte sie, denn kaum einer der gegnerischen Männer war noch am Ort der Schlacht. Auch sie hatten die alten Geschichten der Flammenschwerter und ihrer Macht gehört.

 

Und, dass nun ausgerechnet eines davon gegen sie gerichtet wurde, hatte sie in Panik versetzt. Auch sie flohen so schnell sie konnten. So endete die Schlacht am Killener Grün, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Von den 65.000 Männern kehrten nur noch knapp 10.000 zurück. Und auch diese waren mehr oder weniger von dem Kampf gezeichnet.

 

So erfuhr auch die Königin von dem Tod ihres Gatten und das Reich vom Untergang ihres Königs. Es gab kaum eine Familie, die nicht jemanden verloren hatte.

So brachte der Krieg nicht nur Opfer an Männern, sondern raubte auch fast jeder Familie die Grundlage ihrer Existenz. Höfe waren auf einmal ohne Männer, die die Felder bewirtschafteten, Handwerksbetriebe ohne Meister. Dieser Krieg hatte dem Königreich Jar auch das Wissen gekostet.

 

Lehrjungen und Frauen mussten auf einmal die Arbeiten machen, die bisher die Männer verrichteten. Sie mussten sich das Wissen aneignen, das sonst nur von Mund zu Mund, von Meister auf Lehrjungen ging. Es schien, als ob das Königreich in eine dunkle Zeit verfallen würde.

Die Königin brach zusammen, als sie vom Tode ihres Gatten hörte und Gero von Gildnis wähnte sich seinem Ziel nahe und kümmerte sich persönlich um die Herrin. Doch er hatte nicht mit dem Misstrauen Whins und vor allem mit der Ablehnung Willehads gerechnet.

Die Königin schien immer mehr zu verfallen, da sie kaum noch das Bett verließ und kaum noch redete. Kein Heiler war in der Lage sie aus dieser Situation zu befreien. Selbst Whin, der durch seine langen Jahre, die er schon auf Jar weilte und ein enormes Wissen hatte, konnte sich den Zustand der Königin nicht erklären.

 

Gero von Gildnis bestand darauf, dass ihm Whin sagen sollte, wohin die Prinzessin gebracht wurde, da er nun die Reichsgeschäfte führen musste. Doch Whin sagte ihm vor allen versammelten Höflingen, dass er nicht das Recht besitze dieses Wissen einzufordern und dass er wohl kaum der Richtige sei, um das Reich aus dem Chaos zu lenken.

 

Geros Gesicht lief rot an und man sah, dass er schreien wollte, aber er hatte sich sehr schnell wieder im Griff und versuchte Whin zu schmeicheln, indem er ihm vorschlug, dass sie doch gemeinsam versuchen sollten das Reich wieder aufzubauen, um es für die Prinzessin vorzubereiten. Man konnte sehen, wie diese Vorstellung Whin anwiderte und er sagte ruhig, dass man erst einmal versuchen sollte die Königin wieder zu heilen. Denn sie sollte es sein, die mit ihrer Weisheit die Geschicke des Königreichs Jar steuern sollte.

 

Gero sackte leicht in sich zusammensackte und er suchte nach geeigneten Worten, aber er drehte sich nur stumm von den anderen weg und verließ dann die Halle. Höflinge berichteten, dass sein Gesicht dabei hasserfüllt aussah, aber er ließ es weder Whin noch Willehad sehen. Whin verließ ebenfalls die Halle und gab Willehad zu verstehen, dass er ihm folgen sollte. Als sie alleine waren, bat Whin ihn, auf Gero zu achten und ihn nicht mehr alleine mit der Königin zu lassen. Willehad nickte und er folgte Gero nach oben über den Balkon.

Als ob es Whin vorausgesehen hatte, begab sich Gero direkt zu den Gemächern der Königin. Leise betrat Willehad die Räumlichkeiten und konnte gerade noch sehen, wie Gero der Königin etwas aus einer kleinen Phiole einflößte. Was es war, konnte sich Willehad denken. Diese grüne und leuchtende Farbe in der Phiole konnte nichts anderes als das Gift des Dunkelfisches sein. Er schrie aus Leibeskräften und Gero fuhr mit wütendem Gesicht herum.

 

Du wirst mich nicht daran hindern, das zu tun, was notwendig ist, du Narr. Ihr wisst doch gar nicht, was Malos kann. Ich werde dieses Reich in seinem Namen führen. Niemand wird mich daran hindern können. Vielleicht hat er eine Niederlage erlitten, aber er wird größer zurückkommen, als Ihr es Euch vorstellen könnt. Also, versuche mich nicht daran zu hindern, was getan werden muss. Du hast mir zu gehorchen, denn ich bin jetzt der Statthalter dieses Reiches. Du bist mir also Gehorsam schuldig.

 

Willehad sah, wie der Kopf der Königin zur Seite fiel und sich vor ihrem Mund Schaum bildete. Verachtend sah er Gero an und dieser grinste nur hämisch zurück. Willehad spürte eine Wut in sich aufsteigen, wie er sie noch nie gespürt hatte. Er, der sonst immer so gefasst war, dem nie etwas aus der Ruhe bringen konnte, merkte, wie ihn diese Wut übermannte.

 

Mit voller Wucht stieß er sein Messer tief in Geros Bauch. Willehad war gar nicht ganz klar, wie es in seine Hand gekommen ist. Er muss es schon beim Betreten des Raumes gezogen haben. Geros Schrei drang durch das ganze Schloss und es dauerte nicht lange, da stürmten die Wachen, mit Whin an der Spitze, durch die Tür. Whin erfasste sofort die Situation mit einem Blick. Er hastete auf die Königin zu und sah, was passiert war. Whin drehte sich um und gab der Wache die Anweisung sofort die Heiler kommen zu lassen. Er wusste aber auch, dass es überflüssig war, doch er brauchte die Zeit, um sich ein Bild machen zu können.

 

Willehad stand wie betäubt in der Mitte des Raumes. In seiner rechten Hand hielt er immer noch das blutige Messer. Seine Knöchel traten weiß hervor, so fest umschloss er den Griff. Neben ihm am Boden wand sich Gero von Gildnis. Er röchelte heftig und hielt sich seine Hände auf die Wunde. Durch sie floss sein Blut auf den Boden. Die beiden restlichen Wachen standen wie Säulen da und schauten ungläubig auf ihre tote Königin.

 

In dem Moment betraten die Heiler die Gemächer und wollten zu der Königin eilen. Doch Whin bremste sie.

 

Die Königin ist tot. Sie ist bereits von uns gegangen. Niemand von uns ist in der Lage sie wieder zurück zu holen. Aber Ihr könnt Euch um den Verräter kümmern, der dort am Boden liegt. Versucht ihn zu retten, damit über ihn gerichtet werden kann. So einfach soll er nicht davon kommen.

 

Die Heiler schauten Whin verdutzt an, denn seine Worte waren in einer Härte gesprochen, die sie noch nie so von ihm vernahmen. Er war für seine Sanftheit und für die ruhige Art zu sprechen bekannt. Niemals wurde er laut oder seine Worte klangen hart. Doch jetzt hörten sie sich wie Schwerter an, die in einen Körper eindrangen.

 

Die Heiler wandten sich den am Boden windenden Gero zu. Whin ging zu Willehad und nahm ihm das Messer aus der Hand. Er legte ihm beruhigend die Hand auf die Schulter und drängte ihn sanft zur Tür, um ihn aus dem Raum zu führen. Dabei sprach er beruhigend auf ihn ein. Beim Verlassen des Raumes sah er sich noch einmal zu den Heilern um, doch diese schüttelten nur mit dem Kopf. Gero war schon so gut wie tot, es gab keine Möglichkeit mehr ihn für seinen Verrat zu richten. Das hatte Willehad getan.

 

Auf einmal schien wieder Leben in Willehad zurückzukehren. Die Wachen sahen, wie seine Schultern anfingen zu zucken und er fing an zu weinen. Jeder der Wachen wusste, wie sehr gerade Willehad die Königin vergötterte. Der König wollte ihn sogar zum führenden Bediensteten am Hof ernennen, da Willehad nicht nur loyal, sondern auch immer beherrscht und überlegt war. Denn er war bei aller Strenge, die er dem restlichen Personal gegenüber hatte, immer gerecht und immer da, wenn sie Sorgen hatten. Gerade das Personal, welches neu an den Hof kam, war bei Willehad gut aufgehoben.

 

Es hieß, wer durch die Schule Willehads ging, konnte es weit bringen. Und was tat er, als der König ihn zum führenden Bediensteten ernennen wollte? Er bat einfach darum, weiterhin der persönliche Page der Königin bleiben zu dürfen. Da er das absolute Vertrauen des Königs genoss, blieb es auch dabei.

 

Willehad, Du hast genau das getan, was Du tun musstest. Gero schien sie schon seit längerem vergiftet zu haben. Dich trifft keine Schuld an dem Ganzen. Ich bin es, der es früher hätte bemerken müssen. Ich könnte mich ohrfeigen, weil ich die Zeichen übersehen habe. Verdammt. Laurentius ist tot und Kel ist verschwunden. Willehad, Du musst dich jetzt zusammen reißen. Das Königreich muss weiter bestehen. Ich schaffe es nicht alleine. Mir fehlt das diplomatische Benehmen am Hofe.

Du kennst Dich am besten mit allem aus, was mit dem Leben am Hofe zu tun hat. Das Volk und das Reich brauchen einen starken und überlegten Willehad.

 

Während Whin diese Worte sprach, trat er mit Willehad auf die Balustrade direkt vor den Gemächern der Königin. Unten im Saal standen fast alle Bediensteten und Wachen des Hofes. Alle hatten sie das Schreien Geros vernommen und wollten nun wissen, was passiert ist. Whin trat mit Willehad an seiner Seite vor die Versammelten und legte seine Hand auf dessen Schultern.

 

Der gemeine Verräter Gero von Gildnis hat die Königin vergiftet. Er hat wahrscheinlich auch Malos die Pläne des Königs verraten. Das Königreich Jar ist nun ohne Führung durch einen König oder einer Königin.

Die Prinzessin ist zu jung, um den Thron besteigen zu können. Sie ist vor allem nicht auf Jar, sondern sie wächst in Sicherheit vor allen Unbilden auf.

Dank Willehad konnte dem Treiben des Verräters Gero von Gildnis ein Ende gesetzt werden. Ich denke nicht, dass er alleine am Hofe war, der in Diensten Malos stand. Wir können die Tat Willehads nicht hoch genug einschätzen, denn wenn er nicht gewesen wäre, hätte Gero von Gildnis die Macht am Hofe von Jar übernommen und somit das Volk an Malos und seinem Gefolge ausgeliefert.

 

Nur durch Willehads beherztes Eingreifen wurde etwas Schlimmeres verhindert. Ich weiß, dass das Volk von Jar uns Wanderer immer mit Misstrauen begegnete. Aber im Moment sind wir die einzigen, die dem Reich wieder Stabilität geben können. Daher werden Willehad und ich zusammen die Regierungsgeschäfte des Reichs übernehmen.

Wir werden versuchen der Prinzessin, wenn sie alt genug sein wird, das Reich so zu übergeben, dass es auch wieder als ein Reich bezeichnet werden kann.

Ein Reich, in dem sich die Menschen wohl fühlen und in dem es eine funktionierende Struktur gibt, die es ermöglicht, dass jeder ein gutes Leben führen kann.

 

Aber bis dahin gibt es viel zu tun. Wir stehen im Moment vor einen Scherbenhaufen, der schlimmer nicht sein könnte. Doch, wenn alle zusammen an einem Strang ziehen, dann werden wir es schaffen. Da es im Reich nur noch in Wiesbach und Pernal Fürsten gibt und auch die Barone der anderen kleinen Provinzen im Felde gefallen sind, werden diese durch den Hofe selber und durch Wiesbach und Pernal verwaltet.

 

Da nur die Krone Fürsten und Barone ernennen kann, wird es ein langer Weg bis wir wieder einen Zustand erreichen, der mit dem vor diesem Krieg vergleichbar wäre. Vor allem wird es darum gehen, dass es im Reich wieder aufwärts geht. Durch den Tod der Männer am Killener Grün ist auch viel von dem Wissen verloren gegangen.

Ich werde daher meine Brüder bitten Euch zu helfen. Unser Wissen umfasst viele Bereiche und auch viele Jahre, so dass Ihr Lehrer für alle Dinge des Lebens und des Arbeitens bekommt. Nur müsst auch ihr, die ihr am Hofe seid dieses Wissen unter das Volk bringen.

Ihr seid daher nicht länger mehr an diesen Hof gebunden, sondern müsst auch als Helfer und Lehrer unter das Volk gehen. Wichtig ist nur, dass es weiter geht mit dem Handwerk und der Landwirtschaft.

Ihr tut es nicht nur für Euch, sondern für die Menschen von Jar und auch dafür, dass die Prinzessin eines Tages wieder in einen funktionierenden Staat zurückkehren kann.

Vor allem müssen wir gewappnet sein. Dass Malos geschlagen wurde, wie einige behaupten, halte ich für übertrieben. Sicher, er hat auch schwere Verluste erlitten, aber er wird versuchen seinen Einfluss und seine Macht wieder aufzubauen. Haltet Euch das immer vor Augen. Es liegt jetzt mit an Euch, wie schnell wir dieses Land wieder in ein blühendes und vor allem lebenswertes Reich zurückverwandeln können.

 

Nehmt also die Hilfe der Wanderer an, denn sie können Euch lehren, wie die Dinge des Alltags funktionieren und so könnt Ihr die Lehrer Eures Volkes sein. Ab heute müssen die Frauen die Männern ersetzen, denn sie werden es hauptsächlich sein, die die Last des Wiederaufbaus tragen werden. Sie sollen Zugang zu allen Positionen der Männer bekommen, denn ohne sie wird nichts funktionieren. Also seid auch Ihr bereit Neues zu lernen, um so andere zu lehren?

 

Nachdem Whin seine Rede beendet hatte, herrschte eine unheimliche Stille im Saal. Alle schauten sich fragend an. Eben noch war alle Hoffnungen verloren, der König in der Schlacht gefallen, die Königin in den eigenen Gemächern durch die Hand eines Verräters gestorben.

Niemand schien da zu sein, der in der Lage gewesen wäre, diese Situation zu meistern. Und jetzt? Am Hofe waren fast nur noch Frauen. Bis auf ein paar ältere Männer, waren fast alle jungen Männer mit in die Schlacht gezogen. Was konnten die Frauen bisher lernen?

Nicht viel, außer einem Haushalt zu führen oder als Heilerin zu helfen. Nur wenige Frauen hatten es in den Männerberufen geschafft.

Wozu auch?

Bisher gab es auch keine Notwendigkeit dafür. Zwar waren Frauen schon immer dem Manne gleichgestellt, aber kaum eine Frau hatte bisher einen Beruf erlernt oder hatte einen eigenen Betrieb oder Hof.

Doch jetzt, so plötzlich und unerwartet, fast wie aus einem jedoch nicht sehr heiteren Himmel, kommt ein Wanderer daher und verlangt von den Frauen, dass sie mithelfen sollten wieder alles neu aufzubauen.

 

Whin hatte Recht mit dem, was er sagte, denn auch unter ihnen waren viele, die gerade erst dabei waren hier am Hofe zu lernen. Nur einige der Wachen waren schon älter und erfahren.

Da trat der Hauptmann der Wache vor, schaute zu Whin hoch und sprach.

 

Mein Schwert und mein Wissen für das Reich. Ihr könnt über mich und meine Männer verfügen.

 

Er kniete sich vor Whin nieder und senkte seinen Kopf, um so zu zeigen, dass er verstanden hatte, was Whin ihnen eben erklärte. Nachdem er so kniete, taten es ihm immer mehr Menschen gleich. Nach kurzer Zeit knieten alle vor Whin und Willehad. Man konnte es nicht übersehen, dass sich Whins Gesichtsausdruck entspannte. Er war deutlich erleichtert. Gemeinsam mit Willehad verbeugte er sich tief vor den Frauen und Männern im Saal.

 

Ich werde also nach meinen Brüdern schicken lassen. In zwei Tagen können die ersten eintreffen. Daher werden wir auch so schnell wie möglich mit der Ausbildung und dem Aufbau beginnen. Ich werde kein Recht über das Reich sprechen. Das soll der Rat der Menschen tun.

Dieser Rat soll noch bald von Willehad einberufen und eingewiesen werden. Daher lasst Boten ins Reich schicken, damit sich die verbliebenen klügsten Köpfe des Reiches am Hofe versammeln.

Aber bis dahin möchte ich eine kleine Truppe bilden, die sich zum Killener Grün begibt und den König heimbringt, und auch soll sie dafür sorgen, dass die gefallenen Männer begraben werden. Diese Gruppe wird von einigen Wanderern angeführt, so dass diese Aufgabe in Ruhe durchgeführt werden kann.

Ab heute befinden sich auch die Wanderer im Krieg. Aber wir werden keinen Angriffskrieg führen, sondern wir werden alles tun, um den Frieden in Jar zu sichern. Hauptmann Bender, ich würde Euch bitten, dass Ihr die Gruppe zum Killener Grün anführt.

 

Whin meinte damit den Hauptmann der Wache, der ihm als erster seinen Zuspruch gab. Hauptmann Bender stand auf und schaute Whin direkt ins Gesicht.

 

Es wird mir eine Ehre sein, diese Gruppe zu führen. Seid versichert, dass ich mein Leben dafür geben werde, diese Aufgabe zu Eurer Zufriedenheit zu beenden. Des Königs sterbliche Überreste werden in das Reich heimkehren.

 

Er verbeugte sich vor Whin und Willehad. Whin dankte ihm, indem er zustimmend mit dem Kopf nickte. Dann wies er an, alles für die Beerdigung der Königin und den Hof für die Ankunft der Wanderer vorzubereiten.

Am nächsten Morgen sollten die ersten Boten ins Land geschickt werden, um sich ein Bild davon machen zu können, wo welcher Mangel vorherrschte und wo am dringendsten Hilfe benötigt wird.

 

Hiermit begann die Zeit, die man die Zeit des hohen Rates nannte und es war dem Geschick und der Zielstrebigkeit Whins und Willehads zu verdanken, dass es in Jar sehr schnell geschafft wurde, wieder eine funktionierende Wirtschaft und vor allem einen stabilen Frieden zu schaffen. Plünderungen und marodierende Horden, die es meistens sehr oft nach einem so vernichtenden Niederschlag gab, traten nur sehr selten in Erscheinung. Und die, die versuchten aus dem Elend der Bevölkerung nur ihren Nutzen zu ziehen, wurden sehr schnell bekämpft und besiegt. Meistens waren es Männer und Frauen, die alles verloren hatten und sich so wieder das beschaffen wollten, um zu überleben.

 

Auch hier bewiesen Whin und Willehad sehr viel Geschick, denn die meisten konnten wieder in den normalen Ablauf des Reiches integriert werden. Sie und der Rat regierten mit viel Nachsicht und so schafften sie es mit Hilfe der Wanderer und denen, die sie unterrichteten und innerhalb von drei Jahren wieder dazu gelernt hatten, dass Jar wieder aufblühte und wirtschaftlichen Wachstum verzeichnete.

Die Menschen hatten angesichts dieser Situation die Prinzessin fast vergessen, aber Whin und Willehad taten alles, um den Menschen zu verstehen zu geben, dass dieses nur ein Übergang ist. So wartete das Volk seitdem sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer Prinzessin.

 

Johanna schaute gedankenverloren aus dem Fenster, nachdem Loussana die Geschichte beendete. Auch Ricarda hing in ihren Gedanken fest. Draußen wurde es langsam, aber sicher dunkel. Sie mussten fast zwei Stunden der Geschichte Loussanas gelauscht haben. Johanna kam so langsam wieder aus ihren Gedanken hoch und sah auf Loussana.

 

Ich danke dir, Loussana.

Danke, für diese ausführliche Darstellung dessen, was geschehen ist. Aber ich sehe, dass dich das Erzählen angestrengt hat. Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Ich weiß, dass Du dich jetzt wohl am liebsten ausruhen möchtest, aber ich möchte Dich bitten, uns zu begleiten, denn wir müssen nun wohl vor den Rat treten. Mama, wirst du mich begleiten?

Ich weiß, dass ich es nicht von dir erwarten kann, aber ich möchte, dass du mit mir das Reich regierst. Ich bin zwar schon sehr weit, denn das wurde mir mit in die Wiege gelegt, aber ich bin doch erst 18 Jahre und ich habe Angst davor alleine Entscheidungen zu treffen, die ein ganzes Volk betreffen.

 

Dabei schaute sie bittend ihre Mutter an. Ricarda lächelte und nahm Johannas Kopf in ihre Hände.

 

Johanna, ich werde immer für dich da sein. Auch, wenn ich im Moment etwas überwältigt bin und die Ereignisse nur so auf mich einstürzen. Ich habe dich achtzehn Jahre lang großgezogen und ich werde es auch die restliche Zeit machen. Schatz, du wirst mich so schnell nicht los.

 

Johanna war nach diesen Worten sehr erleichtert und fiel ihrer Mutter um den Hals. Beide drückten sich fest. Tränen standen in ihren Augen. Loussana stand neben ihnen und schaute ergriffen zu, wie sich die beiden in den Armen lagen.

 

Johanna machte einen Schritt auf Loussana zu und umarmte auch diese. Loussana war perplex. Nie hatte sie mit so einer Reaktion gerechnet.

Sie wurde auf alles vorbereitet, aber auf so etwas nicht. Die Prinzessin war für sie immer etwas Unnahbares gewesen. Ihre ganze Ausbildung war darauf ausgerichtet nur der Prinzessin zu dienen, ohne je auch nur ein Wort des Dankes oder der Anerkennung zu erwarten.

Nun stand sie aber hier und wurde von ihrer Herrin umarmt. Wie in Trance schlossen sich auch ihre Arme um Johanna und erwiderten die Umarmung.

Ein Gefühl der Freude durchströmte sie. Diese Prinzessin war anders als es ihr je gelehrt wurde und Loussana war sich sicher, dass, was immer auch kommen mag, sie für die Prinzessin einstehen würde.

 

Loussana, auch wenn wir uns erst sehr kurz kennen, kommt es mir so vor, als würde ich Dich schon so lange kennen. Ich weiß, dass Du zu meiner Zofe ausgebildet wurdest, aber ich habe ein großes Vertrauen in Dir. Ich benötige keine Zofe, ich brauche eine Freundin. Kannst Du mir beides sein, Loussana?

 

Diese Worte trafen Loussana wie ein Keulenschlag. Johanna hatte die Umarmung gelöst. Loussana ging vor Johanna in die Knie und senkte dabei ihren Kopf. Doch Johanna nahm ihre Arme und zog sie wieder zu sich hoch.

 

Loussana, ich möchte nicht, dass du vor irgendjemandem kniest. Ich finde es entwürdigend. Du bist fast fünf Jahre älter als ich und, auch wenn ich eine Prinzessin bin, so bin ich auch ein 18 jähriges Mädchen, das jemanden braucht, der sie als Freundin begleitet. Also, bitte knie nie wieder vor mir. Das ist beschämend.

 

Ricarda schaute mit großen Augen auf ihre Tochter. Genau den gleichen Blick hatte Loussana. Das waren nicht die Worte einer 18- jährigen. Das waren die Worte eines sehr überlegten Menschen. Klar, Johanna war schon immer etwas anders als die anderen Mädchen in ihrem Alter, aber sie war auch immer gerne ein Teenager. Mit allen ihren Launen und Freuden. Aber jetzt kam sie Ricarda vor, als ob sie schon immer die gewesen ist, die sie sein sollte. Und das machte Ricarda Angst.

 

Johanna, ich bin unheimlich stolz auf dich. Vergiss aber bitte nicht, dass du immer noch ein junges Mädchen bist. Auch, wenn hier viele von dir Dinge erwarten, die selbst für mich zu groß erscheinen. Ich bin mir sicher, dass du damit fertig wirst, aber du musst auch an dich denken, ansonsten wirst du irgendwann merken, dass dir etwas Wichtiges gefehlt hat.

Sei ab und an auch immer noch das Kind, das du noch bist. Denke bitte daran, dass alles hier ist deine Entscheidung. Tom sagte, dass nur du es wählen kannst, ob du es annimmst oder nicht. Überlege dir also sehr gut, ob du dich dem allen gewachsen fühlst. Egal, mein Schatz, wie deine Entscheidung ausfällt, ich stehe immer zu dir.

 

Ricarda sprach diese Worte sehr ernst und sie schaute dabei fest in Johannas Augen. Diese lächelte mild und streichelte das Gesicht ihrer Mutter.

 

„Ich weiß, Mama, dass du immer zu mir stehen wirst, aber meine Entscheidung ist schon längst gefallen. Ich werde dieses Schicksal annehmen, aber ich werde es nicht alleine bestreiten. Du brauchst keine Angst um mich zu haben. Solange du bei mir bist und auch die Kleine, werde ich es schaffen. Ich bin mir sicher, dass wir es gemeinsam schaffen.

 

Es traf Ricarda wie ein Peitschenhieb. Katja. Sie hatte sie schon fast in dem Rummel vergessen, der sie umgab. Was machte sie gerade? Ging es ihr gut? Auch, wenn sie die Kleine bei Tom in guten Händen wusste, überkam sie auf einmal ein Gefühl des Verlustes. Noch nie war Katja ohne sie gewesen. Sie war immer ihr und Johannas Nesthäkchen gewesen.

 

Ja, ich weiß, Mama, mir fehlt sie auch sehr, aber sie ist absolut sicher. Dort, wo sie hingeht, ist sie wahrscheinlich sicherer als hier am Hof. Dort kann sie keinen Unsinn anstellen.

 

Johanna musste lachen.

 

Aber nun sollten wir uns zum Rat begeben. Es gibt vieles zu klären und ich möchte sobald es geht damit beginnen.

 

Die Geschichte Katjas und der Beginn der Wanderer

 

Nachdem Katja neben Kel saß, schaute er sie lange an. Es schien, als würde er seine Worte, die er suchte, sortieren, um einen Anfang zu finden. Katja schaute ihn unterdessen mit großen Augen an. Whin kochte etwas in einem Topf.

 

Also, Kleines, du hast sicher schon bemerkt, dass wir etwas anders sind als diejenigen, denen du hier begegnet bist. Jar besteht aus drei großen Provinzen. Nicht so wie auf der Erde werden sie durch Meere, sondern durch Flüsse getrennt. Sehr viel früher gab es auch eine Trennung zwischen den Kulturen und den Völkern. Weit früher gab es auch das nicht. Da beginnt unsere Geschichte. Meine Liebe, es ist nicht die Geschichte der Wanderer, sondern die Geschichte einer Rasse, die hier nicht hingehört.

 

Und Kel begann damit seine und damit auch ihre Geschichte zu erzählen.

Vor mehr als 5000 Jahren kamen Fremde hierher. Es waren Gestrandete eines fernen Planeten. Um es kurz zu machen, es waren Überlebende einer Zivilisation, die es geschafft hat, sich selbst zu vernichten. Auf diesem Planeten gab es nichts außer ein paar Wesen.

Diese Wesen sind die Alten, wie Krung es einer ist. Da die Rasse, die hier strandete, technisch sehr hoch entwickelt war, waren diese Alten, die sich selber Wrangen nannten, nur unbedeutend, denn sie kannten keine Waffen und sie schienen nicht allzu intelligent. Daher beschlossen sie auf diesem Planeten zu bleiben, um sich hier eine neue Zivilisation aufzubauen. Wie auf der Erde, gehörten auch ihnen unterschiedlichen Rassen an, die sich auf ihrem Heimatplaneten bekriegten.

Bei diesen Fremden handelte es sich um die intellektuelle Elite einer jeder Rasse, zusammengetan, um wieder neu und in Frieden anzufangen.

Um daher jeden Streit von vorne herein aus dem Weg zu gehen, wurde dieser Planet in mehrere Provinzen eingeteilt, in welchen sich die verschiedenen Rassen niederlassen sollten. Aber vorher musste dieser Planet erst einmal urban für sie gemacht werden. Zwar waren sie hoch intelligent, aber sie waren nicht in der Lage ohne technische Hilfsmittel zu überleben.

 

Nach ihrer Ankunft aber stellten sie fest, dass es auf diesem Planeten eine Energie gibt, die es fast unmöglich machte, technische Geräte einzusetzen. Alles, was mechanisch war, funktionierte zum Teil, aber sobald Energie ins Spiel kam, versagten die meisten Geräte. Sie saßen auf diesen Planeten fest, denn auch zurückkehren konnten sie nicht mehr.

 

So wanderten sie über diesen neuen Planeten bis zu den dunklen Landen. Dort ließen sie sich nieder und begannen sich einzurichten. Seltsamerweise ließen sich ihre Schutzschilde aktivieren, denn diese Technik hatten sie von einer befreundeten Rasse erhalten. Das war so ziemlich das einzige, was auf diesen Planeten funktionierte.

Sobald die Neuen aber ihre technischen Geräte benutzten, passierte es, dass sich diese Energie verselbstständigte. Es geschahen daraufhin die seltsamsten Dinge. Schaltete man die eine Sache ein, fingen die Pflanzen in unmittelbarer Nähe an zu wachsen oder aber es entstanden komische Lichter. Diese Lichter waren Portale, die sich öffneten. Aber, bis man herausfand, wie diese Portale funktionieren, vergingen viele Jahre.

 

Es gab aber auch ein wesentlich größeres Problem für die Neuen als sie herausfanden, dass die Wesen, die hier lebten, so einfältig gar nicht waren. Sie waren sogar in der Lage diese Energie zu nutzen und zwar auf eine Art und Weise, die man wahrscheinlich Magie nennen würde. Sie konnten sowohl aus dem Nichts Dinge entstehen als auch Dinge und Lebewesen verschwinden lassen. Seltsamerweise waren die Wesen aber nicht in der Lage die Schutzschilde, die die Stadt der Neuen umgab, zu durchdringen.

 

Innerhalb dieser Schilde war alles so normal wie außerhalb dieses Planeten. Also setzten die Neuen alles daran, um diese Schilde zu erweitern. Sie fanden sogar heraus, wie man sich diese Energie nutzbar machen konnte. Nur wussten sie nicht, wie man diese Energie so steuern könnte um sie so zu nutzen, wie die

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 04.06.2014
ISBN: 978-3-7368-1780-7

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