Inhalt
Ein nahezu glückliches Leben in Schweden…, so wie Svensson es bisher erleben durfte, war für ihn wie ein großes Geschenk!
„Ja…, er ist dankbar dafür, in einem solchen Land leben zu dürfen.“
Es ist ein Land wo der Mensch noch was zählt und wo Hektik ein Wort aus einer völlig anderen Welt ist!
Hier lebt der Mensch noch im Einklang mit der Natur und macht sie nicht etwa zu seiner Beute!
Und das war für ihn schon immer etwas ganz Besonderes gewesen, wo man sich auch für das Wort Heimat nicht schämen muss!
Es gibt da noch viele Beispiele, die man aber kaum aufzählen kann…, er will es auch gar nicht erst versuchen.
Natürlich gibt es auch immer Höhen und Tiefen in einem Leben, wo gibt es die denn nicht?
Aber selbst aus so manchem Tief…, hat er immer noch etwas gelernt und sich nie unterkriegen lassen!
Und dann war da dieser herrliche Mittsommertag!
Wie der Zufall es will, verliebte er sich völlig überraschend und unerwartet, ja und man möchte beinahe sagen, unsterblich in eine zufällige Tanzpartnerin auf einem Mittsommerfest!
Aber leider waren es nur zwei Walzer die er mit ihr Tanzen konnte, denn es hieß plötzlich über Lautsprecher: „und nun meine lieben Festgäste, bitte Partnerwechsel!“
Sie entzog sich sachte seinen Händen und ohne ein Wort zu sagen, verschwand sie plötzlich im Gedränge der Festgäste.
Was aber noch unverzeihlicher war, er kannte weder ihren Namen noch wusste er woher sie kam!
Er gab die Hoffnung allerdings nie auf, sie eines Tages doch noch einmal wiederzusehen. Vielleicht ja auch schon im nächsten Jahr…, wieder hier auf dem Mittsommerfest!
Und dann würde er sie alles das fragen…, was ihm versagt blieb!
Nach einer mehr als schneereichen Winternacht und viele Jahre später, kommt er seiner Hoffnung ein gewaltiges Stück näher!
Aber da gibt es auch einen gewissen Bengt Olofsson, der das mit aller Macht verhindern will, dass seine gerade gewonnene Hoffnung und Zuversicht, einen glücklichen Verlauf nehmen könnte!
Und genau in dieser für ihn erfolgversprechenden Situation, wird auf seine grandiose Erfindung, an der er übrigens sehr lange gearbeitet hatte, ein heimtückischer Anschlag verübt!
Oder war es vielleicht doch nur ein reiner Zufall?
Viele unbegreifliche Geschehnisse bringen ihn beinahe aus dem Gleichgewicht und manchmal sogar…, bis zur Verzweiflung!
Schneeverwehungen ins Glück!
Ein Winter voller Emotionen
Meine Geschichte, die ich hier erzählen möchte, hat sich in einem der herrlichsten Winter Schwedens zugetragen.
In diesem besagten Winter gab es Begebenheiten, die beinahe mein ganzes Leben aus der Bahn geworfen hätten. Und viele Jahre später habe ich mich endlich entschlossen, meine Geschichte niederzuschreiben und zu erzählen.
Sie sollte nicht einfach ins Unterbewusstsein verschwinden, ich wollte sie unbedingt wieder wach werden lassen!
Nur mit dem Beginn meiner Geschichte, da hatte ich so einige Probleme!
Aber immer wieder stand eine Frage im Raum: „¬¬¬wie fange ich sie am besten an?“
Als ich nach vielen Ansätzen immer noch keine richtige Lösung hatte, setzte ich mich schließlich und als wäre es wie selbstverständlich ans Fenster! An meinem gewohnten Platz an dem runden Tisch in der kleinen Essecke meiner Küche ans Fenster!
Durch die vom Schwitzwasser beschlagene Scheibe, sah ich plötzlich den Beginn meiner Geschichte direkt vor mir.
Es war eigentlich ganz einfach, denn der beinahe schneelosen Winter da draußen, der gab mir endlich den ersehnten Anstoß!
„Ich stützte meinen Kopf ab und verfolgte einige Schneeflocken, die so leicht wie weiße Federn vom Himmel schwebten.
Irgendwie ist das schon komisch…, wir haben jetzt Januar und es hat kaum geschneit. Ich musste lange darüber nachdenken, ob ich so etwas schon mal in Schweden erlebt hatte!
Ich war trotzdem der Meinung — dass kann doch noch nicht alles gewesen sein!“
Und bei der nahezu grauen Landschaft da draußen, spulten sich wieder die Ereignisse wie in einem Film vor meinen Augen ab.
Und davon gab es ja viele, die sich in dem Winter vor langer Zeit zugetragen haben!
Ich erinnere mich…, es war auch Anfang Januar, genau wie heute und wir hatten endlich mal wieder nach langem, besser gesagt nach vielen Wochen unser obligatorisches Männertreffen!
Und diesmal war unser Stig Andersson an der Reihe um unser besagtes Treffen zu gestalten!
Meine Freunde, diesmal waren wir nur acht an der Zahl, hatten es sich inzwischen schon mal an dem großen ovalen Tisch im Wohnzimmer bei Stig und Birgit bequem gemacht.
Doch ich schob etwas die Gardine zur Seite und setzte mich zunächst ans Fenster.
Ich sah hoch zu den grauen Wolken und es fielen doch tatsächlich ein paar leichte Schneeflocken vom Himmel. Ich sah ihnen hinterher, stützte nachdenklich meinen Kopf ab und dachte dabei über den lauen Winter nach.
Ich war noch völlig in Gedanken versunken…, als ich plötzlich meinen Namen hörte.
„Hey Svensson“, was ist denn heute los mit dir?“
„Du starrst aus dem Fenster und sagst ja gar nichts!“
Ich drehte mich etwas erschrocken zu den anderen um und zeigte dabei nach draußen.
„Ich versteh das nicht, wir haben Januar und ich habe gerade darüber nachgedacht, was das für ein schneeloser Winter ist in diesem Jahr! Und weil ich nur die paar Schneeflocken da draußen sehe, bin ich der Ansicht, das kann doch noch nicht alles gewesen sein!“
„Oder was meint ihr dazu Jungs?“
So oder so ähnlich stellte ich damals die Frage an meine Freunde als wir in Skeppsgarden zu Kaffee und Kuchen geladen waren.
„Da magst du wohl recht haben Björn…“, äußerte sich Bert aus dem Hintergrund und peilte dabei ungeduldig die Torte vor sich auf dem Tisch an.
„Aber du weißt doch, fuhr er so ganz nebenbei fort…“, ohne jedoch die Torte aus den Augen zu lassen. Dabei wippte er mit der Kuchengabel, die er zwischen Daumen und Zeigefinger hielt hoch und runter.
„Wenn hier einer überhaupt über das Wetter Bescheid weiß, dann ist das wohl unser Stig!“
Dem war natürlich nichts entgegen zusetzen und ich nickte zustimmend.
„Hey Stig“, „was hält denn unser Meteorologe jetzt von einer allgemeinen Wettervorhersage?“ fragte Bert ohne Stig dabei anzusehen.
Stig der griente zwar, schien aber dennoch kaum zu reagieren, denn er suchte gerade krampfhaft nach irgendwelchen Fotos in einem großen Karton.
Bei ihm, er ist übrigens der Älteste von uns allen, da gibt es immer sehr viel Neues zu hören oder auch zu sehen. Er suchte wieder einmal einige Fotos in seiner Schatzkiste, die er in der Wunderwelt der Tiere Schwedens geschossen hatte.
Das Besondere bei unserem Treffen ist, dass Birgit seine Frau, uns mit Kaffee und Kuchen versorgt! Ab und zu backt sie auch noch eine schwedische Fischtorte für uns alle! „Ja… richtig, es ist wahr!“ Eine Fischtorte mit Dorschfleisch und Ananas.
Das hört sich vielleicht schon mal verrückt an zugegeben, süßes und Fisch, zumal auch noch viel Schlagsahne dazu gehört. Aber die Torte sieht tatsächlich aus wie eine ganz normale dreistöckige Ananastorte!
Nur mit dem Geschmack ist das so eine Sache! Aber was soll ich dazu sagen…, man muss es einfach mögen oder eben nicht!
Aber um wieder auf unseren Freund Stig zurück zu kommen, er ist meines Erachtens der besten Waldarbeiter weit und breit hier bei uns im Norden. Außerdem ist er ein typischer Naturmensch und man könnte fast meinen, er wäre irgendwo im Wald geboren worden!
Ich persönlich kenne keinen, der mehr über Wald und Flur bescheid weiß als er!
Und eine ganz besondere Fähigkeit, die hat er übrigens auch noch und die liegt in der Wetterkunde! Denn das kann man ihn nicht absprechen, darin ist er nahezu ein kleiner Wetterprophet!
Als ich noch am Fenster saß und meine Frage über das Wetter in unserer Runde brachte, war das für Stig natürlich der Stein des Anstoßes…, zumal Bert ihn ja auch noch direkt daraufhin angesprochen hatte!
Denn trotz eifriger Suche nach Fotos, hatte er wohl doch so einiges mitbekommen und will uns jetzt, mal kurz… wie er sagte, seine Wetterprognose verkünden. Zumindest für die nächsten ein, zwei Monate.
„Also Jungs, ich habe da grade mit halbem Ohr mitbekommen worum es euch geht. Lasst es mich mal so erklären: „erst einmal…, so ganz unrecht hast du ja gar nicht Svensson, dass kann wirklich noch nicht alles gewesen sein!“ Und warum und wieso das Wetter noch umschlagen kann, beziehungsweise mit Sicherheit auch wird, will ich euch jetzt mal kurz erklären!
Denn eines ist doch sicher Jungs…, wenn „Merkur“ in der nächsten Woche im rechten Winkel zum Mond steht und wenn dann auch noch die „Venus“…, ja ich merke schon… hier bedarf es wohl noch einer extra Erklärung.
Also… einige unter uns wissen bestimmt, dass die Venus unser sogenannter Abendstern ist…, er wird aber auch Morgenstern genannt. Das kommt daher, dass die Venus abends als hellster Stern am Himmel leuchtet und morgens der erste Stern ist, den man am Himmel entdecken kann!
Nun gut…, wenn sich also die Venus genau zwischen der Erde und der Sonne aufhält und dem zufolge dann auch noch ein starker Ostwind aufzieht… dann meine Freunde… wenn „das“ dann alles zusammen kommt, dann gibt es noch mal viel Schnee und das sogar noch jetzt im Januar!
Und nach meinen jetzigen Berechnungen scheint es sich genau so zu entwickeln!
Dann heißt es aber auch, noch mal richtig viel Schnee und der wird dann mit Sicherheit bis in den März oder eventuell sogar noch bis in den April liegen bleiben.“
Und so weiter und so weiter, er hörte einfach nicht mehr auf zu referieren und brachte auch noch andere Beispiele aus vergangenen Jahren an. Wobei er uns mit seinen Vorträgen schon so manches Mal auf Glatteis geführt hatte! Und genauso war es auch diesmal, denn viel später haben wir erfahren, dass es solche Konstellationen gar nicht gibt.
Birgit stand inzwischen schon seit langem ungeduldig mit der Kaffeekanne hinter uns und wollte endlich den heißen Kaffee nachschenken. Aber Stig bekam von alledem gar nichts mit, denn er redete und redete.
Uns lief derweil beim Anblick der Fischtorte das Wasser im Mund zusammen… zumindest bei einigen von uns und die, die keine Fischtorte mochten, die freuten sich auch schon auf die selbstgebackenen Plätzchen von Birgit.
Wir hörten aber trotzdem weiterhin aufmerksam zu.
Und wie gesagt, ob das alles so stimmte was Stig da so von sich gab, dass sei dahingestellt.
Aber…, wir glaubten es damals einfach, weil wir es ja auch nicht besser wussten!
Letztendlich waren wir uns aber darüber einig, dass der Winter uns bestimmt im ersten Quartal des neuen Jahres und natürlich auch auf Grund Stigs eindeutiger Argumente, doch noch mal sein wahres Gesicht zeigen wird!
Dementsprechend war die Lehrstunde von Stig für uns sehr überzeugend und er sollte damit, mindestens in einer Sache, erst einmal recht behalten!
Wenn ich hier nun die ganze Zeit immer wieder von wir rede die sich ab und zu treffen, dann meine ich damit elf gestandene Männer! Alle so um die dreißig bis vierzig Jahre, also im besten Mannesalter! Manche von uns haben zwar schon leichte Anfänge von grauen Schläfen, doch das hindert natürlich keinem einzigen an seinem Unternehmungsgeist!
Neun davon sind in einer festen Beziehung oder verheiratet. Und ich gehöre zu den zwei, na sagen wir mal, einsamen Männern ohne weiblichen Anhang!
Und der andere Leidensgenosse, wenn man es so bezeichnen will ist Janne. Der ist übrigens zweiter Steuermann auf einem Containerschiff und meistens auf der Australien Route unterwegs.
Der ist aber trotz allem mit sich und seinem Junggesellendasein zufrieden und absolut gegen eine feste Beziehung. Wenn er daraufhin angesprochen wird, sagt er immer: „nein, nein… wenn man erst mal verheiratet ist und dann auch noch Kinder hat, da muss man als Vater schon abends zu Hause sein! Und das kann ich nicht, ich bin mit Haut und Haaren Seemann!
Joakim ist der jüngste aus unserer Truppe mit seinen achtundzwanzig Jahren meinte neulich: „der Janne hat es doch so viel besser, überall wo sein Schiff anlegt wartet schon eine andere auf ihn!“
Das ist zwar schon ein alter Spruch, aber wir haben trotzdem alle gelacht.
Aber, im Gegensatz zu Janne, hätte ich gerne wieder jemand an meiner Seite!
Langsam wird es nämlich Zeit, denn ich sehne mich allmählich wieder nach Zweisamkeit. Es ist auch viel leichter und entspannter eine Entscheidung zu zweit zu treffen als vieles alleine durchzukämpfen.
Irgendwie hat es bei uns in der Ehe damals nie so richtig geklappt!
Wir waren vielleicht auch einfach zu jung gewesen um uns fest zu binden. Denn es ist beinahe alles schief gegangen, was in einer jungen Ehe schief gehen konnte! Und damit war die Scheidung eigentlich schon von Anfang an vorprogrammiert.
Allerdings gab es auch Positives in unserer Ehe, und das sind meine beiden Kinder. So wie man es sich im Leben erträumt; ein gesundes hübsches Mädchen und dann noch einen gesunden Prachtkerl von Jungen hinterher. Nicht weniger hübsch! Wenn man das überhaupt bei einem Jungen so sagen darf!
Was will man da noch mehr…, die beiden leben zurzeit bei der Mutter!
Na ja und wie schon erwähnt…, wir elf Typen treffen uns, wenn alles klappt, mindestens zweimal im Monat und dann immer im Wechsel, mal bei dem einen und mal bei dem anderen.
Das stimmt allerdings nicht ganz, denn wir elf kommen eigentlich nie alle auf einmal zusammen. Irgendeiner oder auch mehrere aus der Truppe fehlen aus irgendwelchen Gründen auch immer mal!
Aber trotz alledem sind wir eine eingeschworene Elitetruppe, denn wir halten absolut alle zusammen… man kann absolut sagen, „wie Pech und Schwefel!“
Um nun wieder auf den Winter zurück zu kommen, der war beinahe von November bis jetzt ein ganz normaler kalter Winter.
Fast zu normal, zwar mit starken Frost und gewöhnlichen Schneefall, aber nichts was einen beunruhigen könnte.
Doch dann passierte das, was Stig neulich vorausgesagt hatte…, und das war zu viel des Guten! Der Winter hatte über Nacht mächtig zugeschlagen und sein wahres Gesicht gezeigt! Um nicht zu sagen er wollte es uns allen zeigen, von wegen, kein Schnee!
Der überaus geräuschvolle Schneesturm der stundenlang um mein Haus tobte hat es zusätzlich geschafft, mich nicht ausreichend und lange genug schlafen zu lassen!
Jedenfalls zeitweise nicht, weil ich auch ein kleines bisschen besorgt war. Denn unmittelbar hinter den Schlafzimmerfenstern stehen einige riesengroße Kiefern und denen traue ich bei solch einem Sturm nicht mehr allzu viel Standfestigkeit zu!
Denn besonders drei davon, stehen sowieso schon etwas in Schräglage und dann auch noch unmittelbar am Hang.
Schon aus diesem Grund wollte ich wenigsten diese drei im letzten Jahr von Stig unseren Waldarbeiter abholzen lassen! Aber leider haben wir immer wieder den Termin verschieben müssen. Meine Schuld war es nicht, doch bei Stig mangelte es an der Zeit!
Aber ein kurzer und ängstlicher Blick heute Morgen aus eines der drei kleinen Fenster über meinem Bett, konnte meine Befürchtung schnell entkräften, denn alle Kiefern standen noch an ihrem Platz!
Leider bin ich nur nach solchen Sturmnächten und ganz besonders nach dieser Nacht immer todmüde. Hinzu kommt, dass ich durch zu wenig Schlaf, meistens auch noch schlecht gelaunt bin! Das hält sich allerdings in Grenzen, denn ein Morgenmuffel bin ich ganz und gar nicht!
Doch trotz alledem sollte ich mich jetzt allmählich beeilen, denn ich müsste heute noch unbedingt zum einkaufen in den Landhandel nach Skeppsgarden fahren.
Ich machte mich auf den Weg in die Küche um mir erst einmal einen starken Kaffee zu machen.
Denn jetzt heißt es für mich, erst einmal schleunigst wach werden und gegen die Müdigkeit ankämpfen.
Denn wenn so ein gewaltiger Schneesturm übers Land tobt, bedeutet das immer nur eines: „es ist Schneeschaufeln ohne wenn und aber angesagt!“
Endlich ertönte auch schon das lang erwartete laute Piepsen der Kaffeemaschine, was ich sogar bis ins Bad beim Zähneputzen hören konnte.
Damit wäre dann schon mal der Grundstein für einen neuen arbeitsreichen Tag gelegt. Denn alles was sich hinter diesem herrlichen und durch die Wohnung schleichendes Aroma verbürgt, weckt unwillkürlich den noch schlummernden Selbsterhaltungstrieb.
Dadurch fühlte ich mich leider genötigt, mein morgendliches Duschbad heute mal etwas zu begrenzen!
Mit der heißen Tasse Kaffee in der Hand und immer noch über die letzte Nacht nachdenkend, setzte ich mich erst einmal an den runden Tisch in der kleinen Essecke in meiner Küche direkt ans Fenster.
Die Scheiben waren leicht beschlagen aber nicht zugefroren und erst durch ein kurzes wischen mit dem Handrücken konnte ich das unglaubliche Ausmaß der gewaltigen Schneemassen vor meinem Haus erkennen. Der ganze Weg am vorderen Hang bis hinunter zur Straße war mit einer dicken Schneedecke belegt.
Gedanklich war ich für einen kurzen Moment schon längst bei der Arbeit.
Aber trotzdem wollte ich keine Hektik aufkommen lassen und erst einmal meinen Kaffee in aller Ruhe genießen!
Ich lehnte mich entspannt zurück und plante Gedanklich schon mal meine heutige Schneeräumstrategie.
Die leise tickende Uhr über der Küchentür zeigte bereits auf halb elf und ich wusste, es gibt keine andere Lösung als selber nach draußen zu gehen. Aber ich sagte zu mir – Junge… bleib lieber noch etwas im warmen, denn da draußen ist tiefster Winter und noch lausig kalt.“ „Um nicht zu sagen, Schweinekalt!“
Der gewaltige Sturm hat zwar etwas nachgelassen, aber es weht immer noch ein kalter Ostwind und der war äußerst unangenehm!
Ich werde einfach noch ein, zwei Stunden warten und vielleicht hab ich ja auch Glück und die Sonne kommt heute noch durch.
Ein ungeahnter tiefer Seufzer lässt mich ein wenig nachdenklich werden.
Warum war ich plötzlich so niedergedrückt? War es vielleicht die Einsamkeit, die mich unerwartet traurig machte?
Aber das will ich lieber erst gar nicht aufkommen lassen, obwohl ich möglicherweise doch allen Grund dazu gehabt hätte!
Denn es gibt da noch so einige Dinge, die sich in meinem Leben grundlegend ändern müssen!
Ich bin es nämlich allmählich Leid, jeden Abend alleine ins Bett zu gehen und morgens, wenn ich die Augen aufmache, immer nur die Fernbedienung oder ein Buch auf dem leeren und glatten Bett neben mir zu erblicken!
Dafür bin ich dann aber auch gerne bereit, natürlich unter vielen anderem versteht sich, morgens auch für zwei Personen als erstes den Kaffee zu machen!
Ich denke da auch gerade wieder an letzte Weihnachten, meine Kinder konnten nicht kommen und jemand anderes war ja auch nicht geplant!
Das Alleinsein und gerade an den Feiertagen ist auch nicht das, was man sich zu den Festtagen gewünscht hätte!
Ja und dann kam auch schon der Jahreswechsel, dass war bei mir ja wieder mal der größte Reinfall aller Zeiten!
Einige Freunde riefen mich zwar ein paar Tage vorher noch an, weil die ja alle wussten dass ich alleine bin.
Ich solle doch an Weihnachten oder Silvester zu ihnen kommen und mitfeiern, doch ich lehnte immer unter dem Vorwand ab, dass ich höchstwahrscheinlich nach Västervik fahren würde.
Ich erzählte ihnen, dass dort eine Veranstaltung im Kulturhaus stattfinden würde. Was zwar stimmte und den Tatsachen entsprach, ich aber überhaupt nicht die Absicht hatte dorthin zu fahren.
Schon gar nicht bei der Glätte auf den Straßen und außerdem, bis nach Västervik sind es immerhin über sechzig Kilometer!
Zudem hätte ich mich auch gar nicht entscheiden können, welche der Einladungen meiner Freunde ich denn nun annehmen sollte.
Ich bedankte mich zwar jedes Mal artig für die Einladungen, aber ich wollte in solch einer familiären Atmosphäre dann doch lieber nicht stören.
So blieb mir also nichts anderes übrig, als es mir zu den Feiertagen am warmen Kamin gemütlich zu machen.
Etwas mehr Freude kam dann am Silvesterabend bei mir auf.
Der Jahreswechsel war ja angesagt und ich freute mich riesig auf die vierstündige Silvestershow.
Vor allen Dingen darum, weil meine Lieblingsgruppe Abba in diesem Jahr sogar die gesamte Leitung der Sendung hatte!
Das Vergnügen mir die Show anzusehen hatte ich allerdings und zu meinem Verdruss dann auch nur für kurze Zeit.
Denn am Nachmittag hatte ich mich noch in meinem Holzschuppen so richtig ausgetobt! Da lagen noch viele unbearbeitete Holzklötze rum, die noch alle Kamingerecht bearbeitet werden mussten! Von den kleineren Reparaturen im und am Haus mal ganz abgesehen.
Als ich mich schließlich am Abend an den warmen Kamin setzte, gab mir das den Rest. Aber nicht nur das ich sehr schnell eingeschlafen bin, zu allem Übel habe ich dann tatsächlich auch noch den Jahreswechsel verpasst.
Aber gleich im neuen Jahr, fängt der nahezu gefürchtete Geburtstagtrubel bei uns im Freundeskreis an.
Denn schon im Januar, Februar und März sind so viele Geburtstage zu feiern, dass man fast geneigt ist einige davon abzusagen. Aber das machen wir natürlich nicht und wir ziehen das gnadenlos durch — weil wir ja alle gut befreundet sind!
Dass es aber gerade in diesen Monaten so viele Geburtstage gibt, liegt wohl an der schönen Sommerzeit vom Vorjahr. Da lässt dann wohl jeder seinen Gefühlen freien Lauf!
Und wenn der vorerst letzte Geburtstag, nämlich meiner Mitte April vorbei ist, dann ist auch schon der Frühling in Sichtweite.
Die ersten warmen Tage bringen dann wieder Leben in die müden Knochen und mit der lauen Frühlingsluft, denkt der Schwede auch gleich schon wieder an den Sommer.
Und dann lässt das wichtigste Fest der Schweden auch nicht mehr lange auf sich warten und es wird „Midsommar“ gefeiert!
Das typischste Fest der Schweden ist und bleibt eben das Mittsommerfest!
Dann wird aber auch gefeiert, gefeiert was das Zeug her hält!
Und einige, die können es einfach nicht lassen und trinken soviel, als wenn es nie wieder etwas an Alkohol zu kaufen gäbe!
Was heißt hier eigentlich kaufen?
Die meisten Schweden hier bei uns auf dem Lande brennen ihren Schnaps noch selber!
Ich denke da gerade an meinen alten Freund Thomas Elamsson „Gott hab ihn Selig“!
Thomas gehörte zwar nicht zu unserer Truppe, dennoch war er mir aber immer ein guter Freund gewesen!
Meine Güte… was konnte der für Schnaps brennen! Ich meine damit nicht der Geschmack seines selbstgebrannten, der kam zuletzt nicht mehr so sauber rüber, denn der schmeckte zuletzt schon mehr nach billigem Fusel! Er hatte seinen Schnaps in der letzten Zeit einfach zu schnell und dazu auch noch zu wenig gefiltert.
Nein…, es waren die Mengen die er brennen musste um seinen Tagesbedarf zu decken!
Er wird mir im Himmel jetzt sicher nicht böse sein weil ich darüber berichte. Thomas wusste ja selber, dass es einfach zu viel war!
Trotzdem war er es, der mir die Geheimnisse des Schnapsbrennens beigebracht hatte!
Ich erinnere mich noch genau — als ich eines Tages vom Bootsanleger kam und an seinem Haus vorbei schlenderte, sollte ich unbedingt zu ihm in das kleine Gästehaus kommen.
Da Thomas kaum Besuch bekam, hatte er kurzer Hand sein Gästehaus in eine kleine Schnapsbrennerei umfunktioniert.
Auf jeden Fall sollte ich unbedingt seinen gerade neu gebrannten „Wodka“ probieren.
Wir saßen bestimmt eine Stunde genüsslich zusammen und ich lobte währenddessen immer wieder seinen Wodka. Was sollte ich auch anderes tun als ihn zu loben!
Unbemerkt habe ich mich aber jedes Mal geschüttelt, so scheußlich schön schmeckte der Fusel!
Für ihn war es eben sehr wichtig zu hören, was für einen tollen Geschmack sein Schnaps doch hat.
Er musste aber trotzdem zugeben, dass mein selbstgebrannter Wodka auch nicht ganz ohne war, schließlich hat er mir ja alles beigebracht.
Auf jeden Fall…, im Rausch des Lobes und der Anerkennung war das für ihn wohl Grund genug, mir ein geheimes Rezept anzuvertrauen!
Und er versicherte mir, dass er es noch nie einem anderen preisgegeben hat!
Er stellte sich neben mich, legte seine Hand auf meine Schulter und begann mit mächtiger Stimme, er hatte nämlich eine furchterregende tiefe Stimme und sah beinahe aus wie Hägar der Schreckliche und es fehlte nur noch eine Augenklappe!
Er sah mich also an und sprach mit erhobenen Zeigefinger dann folgende Worte: „dein Wodka schmeckt immer gut Svensson, aber er könnte noch besser schmecken!“ Und darum mein Freund Björn Svensson… bekommst du von mir jetzt dieses geheime Rezept!
Er reichte mir dabei einen Zettel mit einigen handgeschriebenen Sätzen drauf.
„Dieses Rezept“, erläuterte er weiter: „habe ich einst von meinem Vater erhalten und ist nur für das Brennen eines edlen Wodkas gedacht.
Darum mögest du dieses Rezept in ehren halten und es immer für dich behalten. Du solltest es auch niemals an eine andere Person weitergeben!“
Dann lächelte er und sagte etwas gedämpfter: „höchstens an deinen Sohn, denn der wird ja schließlich mal dein Nachfolger!“
Ich bedankte mich für diese überaus nette Geste und auch dafür, dass er gerade mir sein Geheimnis anvertraut hat.
Ich überflog den kleinen Zettel kurz und war sehr erstaunt über das was da stand. Denn ab da wusste ich endlich, worin der Unterschied zwischen einem einfachen Korn und einem geschmackvollen Wodka bestand!
Natürlich werde ich jetzt und hier, nicht erzählen was auf dem Zettel stand…, aber einem werde ich es auf jeden Fall eines Tages anvertrauen!
„Ja…, so war er mein alter Freund Thomas!“
Aber auf einem Mittsommerfest habe ich ihn in den letzten Jahren nicht mehr gesehen, dieser Trubel war wohl nichts mehr für ihn.
Und auf so einem Mittsommerfest passierte etwas, was mein Leben total durcheinander brachte!
Solch ein Fest beginnt immer damit, dass der „Maibaum“, ein altes Sonnen- und Fruchtbarkeitssymbol, meistens in der Mitte der Festwiese aufgestellt wird.
Nachdem dann jemand eine kleine Rede gehalten hat, das ist hier jedes Jahr übrigens ein anderer, darf auf der Festwiese anschließend auch gleich getanzt werden.
Gerade vielleicht auch deshalb fällt mir eine besonders hübsche und reizende Begegnung ein!
Diese Begegnung ist allerdings schon ein paar Jahre her, aber es war ein Erlebnis, dass ich nie mehr in meinem Leben vergessen kann!
Zu oft werde ich noch an das Mittsommerfest erinnert und denke dann viel zu viel an diese mir damals fremden Person!
Es begann damit, dass wir Tanzwilligen uns zu einem großen Kreis um den Maibaum aufstellten.
Jeder nimmt dann seinen Nachbarn an die Hand, egal ob Frau, Mann oder Kind.
Der Musiker vorne auf dem Podium ist schon ein alter Bekannter, denn der spielt schon seit Jahren auf unserem Mittsommerfest auf!
Nun warten alle auf die ersten Klänge um endlich mit dem Tanzen zu beginnen.
Wobei tanzen eigentlich das falsche Wort ist, besser gesagt man hopst erst einmal rund um den Maibaum.
Denn die ersten Lieder dauern dann auch mindestens dreißig Minuten, die sind nämlich mehr für die Kinder gedacht, aber da machen auch viele Erwachsene, beziehungsweise auch viele der Eltern mit!
Eigentlich ist man schon nach mehreren Runden um den Maibaum völlig geschafft, aber hier ist Tapferkeit angesagt und man hält bis zum bitteren Ende durch!
Mittlerweile hat auch der Akkordeonspieler seine erste Pause verdient und es herrscht für einen kurzen Augenblick Ruhe!
Es sieht so aus, als wolle er erstmal seine Notenblätter sortieren, aber nein, diese Ruhe gönnt uns der fleißige Musikus tatsächlich nur für einen kurzen Moment!
Man steht noch völlig ahnungslos im Kreis und unterhält sich, da heißt es dann plötzlich über Lautsprecher: „und jetzt sucht sich jeder einen Partner zum ersten Walzer. Und alles was jetzt noch Tanzen möchte bitte schnell auf die Tanzfläche!“
„Er hätte lieber Rasenfläche sagen sollen!“
Es ist zum verrückt werden, denn jetzt gibt es wie jedes Mal ein ziemliches Gewusel und jeder versucht nun für sich den richtigen Tanzpartner zu ergattern.
Wie aufgescheuchte Hühner rennt nun alles durcheinander. Es sind ja nicht nur die suchenden Tänzer in der Mitte der Tanzfläche, nein…, es sind auch die vielen Kinder, die aus der Mitte an den Rand rennen. Und nun kommen auch noch alle anderen von außen mit dazu!
Es ist ja auch alles irgendwie lustig aber… meine Güte!
Zwar hatte ich schon vorher, schon während der Hopserei um den Maibaum, eine hübsche und attraktive Frau gesehen. Was heißt gesehen, ich wurde auf sie aufmerksam, weil ich sie so herzhaft Lachen hörte. Aber wie eine Schwedin sah sie nicht grade aus…, war mir aber auch egal!
Doch dann habe ich sie auf einmal aus meinem Blickfeld verloren. War sehr schade, bestimmt eine bezaubernde Person!
Ich weiß zwar auch nicht so richtig warum, aber irgendwie hatte ich keinen richtigen Trieb auch noch durch die umherirrende Menge zu stolpern, um mir auch eine Tanzpartnerin zu suchen!
Ich war schon kurz davor die sogenannte „Tanzfläche“ zu verlassen… wurde aber ständig daran gehindert, denn immer wieder lief mir jemand vor die Füße.
Ich kam also gar nicht so richtig von der Stelle. Allmählich hatte ich die Nase voll und blieb einfach stehen. Ich dachte gerade noch so bei mir…, Björn…, lass doch die anderen sich erst einmal austoben!
Doch manchmal und man soll es nicht glauben, da gibt es doch tatsächlich noch den außergewöhnlichen Zufall oder meinetwegen auch Glücksfall!
Irgendjemand, wahrscheinlich wohl ein noch suchender Tänzer, gab mir im vorbeirennen einen dermaßen kräftigen Stoß in den Rücken, dass ich einige Schritte nach vorne und dazu auch noch eine unbeabsichtigte leichte Drehung nach rechts machte. Und das auch noch ziemlich genau vor einer sehr hübschen kurzhaarigen Frau stolperte! Ihre dunkle Kurzhaarfrisur stand ihr gut, aber für eine Schwedin eigentlich untypisch, aber wie gesagt, es war ja egal!
Da stand ich nun völlig überrascht und total sprachlos vor dieser wunderbaren und überaus bezaubernden Frau!
Ich bin doch sonst nicht auf den Mund gefallen und es ist auch wirklich nicht meine Art gar nichts zu sagen! Aber ich fand in diesem Augenblick einfach keine Worte!
Ich dachte nur, au ha… so was Hübsches habe ich ja lange nicht mehr gesehen! Und so schöne blaue Augen, muss wohl doch eine Schwedin sein!
Meine Güte, ich schätzte gleich mal ihr Alter. Also… mehr als fünfundzwanzig Jahre auf keinen Fall!
Das einzige was ich jetzt von mir gab war gerade noch ein „Hey“… und das klang auch noch ziemlich komisch.
Nachdem ich mich wieder im Griff hatte, bemerkte ich mit großer Freude, dass es doch tatsächlich die Frau war, die ich vorher beim „Hopsen“ schon einmal gesehen hatte. Es war doch tatsächlich die Frau, die vorhin so herzhaft Lachen konnte!
Sie sah mich freundlich an und sagte ebenfalls nur: „hey“!
Ich lächelte ebenso und fragte sie etwas unbeholfen: “wollen wir Tanzen?“
Und weil meine Kehle völlig ausgetrocknet war, klang das auch noch ziemlich heiser!
Sie
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 10.02.2013
ISBN: 978-3-7309-1081-8
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