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Vorwort


Die nachfolgenden Geschichten sind alle aus folgender Liste entstanden:
1. In Between Worlds - Zwischen den Welten
2. Love - Liebe
3. Sunset - Sonnenuntergang
4. Deep - Tief
5. Seeking Solace – Trost suchen
6. Break Away – Sich lösen
7. Eden – (Garten) Eden
8. Innocence - Unschuld   
9. Drive - Antrieb
10. Breathe Again – Wieder atmen
11. Memory - Erinnerung   
12. Insanity - Wahnsinn
13. Abuse - Missbrauch
14. Smile - Lächeln   
15. Emotionless - Emotionslos   
16. Caged - Eingesperrt
17. Blood - Blut
18. Candy - Süßigkeiten
19. Snow - Schnee
20. Fortitude - Glück
21. Anomaly - Unnormal
22. Forest - Wald
23. Cat - Katze
24. Me time - Zeit für mich
25. Trouble Lurking – lauernder Ärger
26. Never Cry – Niemals weinen   
27. Poison - Gift
28. Anguish – Qual/Kummer/Leid/Schmerz
29. Curious - Seltsam
30. Rain - Regen
31. Defile - Entweihung
32. Never Look Back - Sieh niemals zurück
33. Provoke - Provokation
34. Mechanical - Mechanisch
35. Hold My Hand – Halte meine Hand
36. Precious Treasure – Kostbarer Schatz
37. Eyes - Augen
38. Abandoned - Verlassen
39. Dreams - Träume
40. Black and Blue – Schwarz und Blau
41. Teamwork -Teamarbeit
42. Standing Still – Noch vorhanden /Noch stehend
43. Dying - Sterbend
44. Two Roads - Zwei Wege
45. Illusion - Illusionen
46. Family - Familie
47. Homunculi - Homunculi (künstlicher Mensch)
48. Orphan - Waise
49. Stripes - Streifen
50. Breaking the Rules - Die Regeln brechen
51. Games - Spiele
52. Claustrophobia – Klaustrophobie (Platzangst)
53. Keeping a Secret – Ein Geheimnis behalten
54. City - Stadt
55. Waiting - Warten
56. Hell-Bent – Wild entschlossen
57. Sacrifice - Opfer
58. Bittersweet - Bittersüß
59. Suffocate - Ersticken
60. Rejection - Ablehnung
61. Fairy Tale - Märchen
62. Djinn - Djinn
63. Come-hither - Einladend
64. Amputation - Abtrennung
65. Contort - Krümmen
66. Suicide - Selbstmord
67. Security Blanket - Schmusedecke
68. Bully - Raufbold
69. Annoyance – Belästigung /Störung/ Verdruss /Schikane
70. Wanton – Lüstern/ lasziv
71. Obsession - Besessenheit
72. Pawn – Pfand / Bauer im Schach
73. I Can't – Ich kann nicht
74. Demented - Wahnsinnig
75. Mirror - Spiegel   
76. Broken Pieces – Zerbrochene Stücke
77. Test - Test
78. The Fool - Der Dummkopf
79. Disease - Krankheit
80. Words – Worte /Wörter
81. Edge – Kannte/ Klippe
82. Forever – Für immer
83. Heal - Heilung
84. Out Cold - Bewusstlos
85. Spiral - Spirale
86. Seeing Red – Rot sehen
87. Appetite - Appetit
88. Pain - Schmerz
89. Through the Fire – durch (das) Feuer
90. Sephia - Tintenfischschwarz
91. Drowning – Ertrinken?
92. Die for you - Für dich sterben
93. Give Up – Gib auf
94. Last Hope – letzte Hoffnung
95. Streets – Straßen
96. In the Storm – Im Sturm
97. Regret - Reue
98. Puzzle - Puzzle
99. Solitude - Einsamkeit
100. Relaxation - Entspannung
101. Emo - Emo
102. Act your age – Sei kein Kindskopf
103. Covet - Begehren
104. Detached – Getrennt /Unvoreingenommen/ Unbeteiligt
105. Belittle - Schmähen
106. Confusion - Verwirrung
107. Dog - Hund
108. Moonlight - Mondlicht
109. Secret Place – Geheimer Ort /Versteck
110. Annex – Anhang/ Anbau
111. Coward - Feigling
112. Emulate - Nachahmen
113. Kami - Gott
114. Place of God – Ort Gottes
115. Delicate – Zart/Labil/Feinfühlig
116. All my fault – alles meine Schuld
117. Chains - Ketten
118. Ferocious - Grausam
119. Autumn - Herbst
120. Loser - Verlierer

Diese Liste stammt von folgender Website: http://lythaa.livejournal.com/86434.html

Ich schreibe immer ganz spontan zu jeweils einem Stichpunkt eine Geschichte. Die Geschichten sind in der Regel auf Deutsch, nur zum 35. Stichpunkt habe ich mich an einer englischen Kurzgeschichte versucht. Neue Geschichten füge ich ein, sobald ich sie geschrieben habe.
Die Abfolge der Geschichten im Buch ist die, in der ich sie geschrieben habe. Bereits abgearbeitete Stichpunkte sind kursiv geschrieben.

Lächeln (14.)




Ein schwarzhaariges Mädchen verließ lächelnd das Schulgebäude. Keiner ahnte was in ihrem Inneren vorging. Niemand wusste, dass sie sich nicht auf den Weg nach Hause begab, wie ihre Mitschüler... Nicht einmal ihre Freunde merkten, dass ihr Lächeln die ganze Zeit nur gespielt war, dass sie nicht glücklich war, dass ihr Leben nicht so perfekt war, wie sie dachten... Es interessierte keinen, was sie vorhatte, wo sie lächelnd hinging... Langsam ging sie in einen Wald in der Nähe der Schule, der um diese Jahreszeit so gut wie menschenleer war, denn wer wollte denn schon gerne durch einen verschneiten Wald, dessen Wege so steil waren, dass man schon bei gutem Wetter aufpassen musste, wandern? - Niemand!
Als sie sich sicher war, dass sie keinem ihrer Mitschüler mehr begegnen würde, ließ sie ihre Maskerade fallen. Aus dem lächelnden, aufrecht gehenden Mädchen wurde ein Mädchen mit hängenden Schultern, dessen Gesichtsausdruck grenzenlose Traurigkeit wiederspiegelte...
Langsam, aber entschlossen ging sie immer tiefer in den winterlichen Wald, sie wusste genau wo sie hin wollte. Ihre schwarze Umhängetasche schlug ihr mit jedem Schritt gegen die Beine, doch es störte sie nicht, genauso wenig störte es sie, dass ihre Finger ohne Handschuhe fast erfroren.
Nach einer halben Stunde hatte sie ihr Ziel erreicht: Eine helle Lichtung, in deren Mitte eine verschneite Blockhütte stand.
Hier war sie mit ihm verabredet. Fast jeden Nachmittag traf sie ihn hier und opferte sich ihm. Sie liebte ihn, denn er erlöste sie für einen kurzen Moment von ihren Qualen. Die vielen Narben und Schnitte auf ihren blassen Armen und Beinen waren auf sein Geheiß entstanden. Er wollte sie nicht vollständig besitzen, aber er genoss es jeden Tag ein Stück mehr von ihr einzunehmen, um sie irgendwann vollkommen zu sich zu holen. Sie wusste, dass diese Liebe gefährlich war, doch sie wusste auch, dass sie heute zur vollkommenen Vollendung kommen würde, heute würde sie sich ihm vollkommen opfern und sie spürte, dass er das akzeptierte.
Sie betrat die Hütte und setzte sich auf das Bett, auf dessen weißem Laken viele große und kleine Blutflecken zu erkennen waren. Sie öffnete ihre Tasche und zog eine kleine Rasierklinge hervor. Sie hörte eine leise Stimme in ihrem Kopf, die ihr zuflüsterte: "Ja, vollende es! Du hast es verdient!" Ihr war klar, dass dies sein Befehl war, also zog sie mit der Rasierklinge über ihre Pulsadern, erst zart, doch dann immer heftiger. Erst als sie das Blut laufen sah und spürte wie ihr schwindelig wurde, hörte sie auf zu schneiden. Mit einem vollkommenen, echten Lächeln im Gesicht schloss sie die Augen und flüsterte: "Danke, dass du mich endlich erlöst."

Unschuld (8.)




"Unschuld, Unschuld, Unschuld." Seit Stunden jagte dieses Wort nun schon durch seinen Kopf. Er versuchte dieses permanente Auftauchen mit Alkohol zu ertränken, doch je mehr er trank, desto länger blieb das Wort in seinen Gedanken. Immer wieder sah er Bilder vor sich aufblitzen...
Das hübsche 14-jährige Mädchen, die entsetzten grünen Augen, als ihr klar wurde, was geschah und die Tränen, die aus diesen hübschen Augen liefen, während er... - "Nein!", daran wollte er nicht denken! Er fluchte und öffnete die nächste Flasche Rotwein. Wenn er so weiter trank würde er bald in Ohnmacht fallen, das war ihm klar und vielleicht wollte er das sogar, aber da war er sich nicht sicher. Seine Gedanken kreisten nun nur noch um den Moment im Freibad, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Sie trug einen schwarzen Bikini, der ihre gleichmäßig gebräunte Haut und ihre gute Figur betonte. In diesem Moment war sein Jagdinstinkt erwacht...
"Verflucht, kann ich nicht einmal an etwas Normales denken?! Ich will diese kranken Gedanken nicht!!", schrie er in seine leere Wohnung. Er griff erneut zur Flasche und trank einen großen Schluck. Der Rotwein war billig und schmeckte scheußlich, doch seine Wirkung war die selbe, wie die von teurem Wein, er machte ihn aggressiv. Normalerweise konnte er diese Aggressionen gut beherrschen, doch mit diesen kranken Gedanken hatte er einfach keine Kontrolle mehr über sich selbst! Wütend schlug er auf den Spiegel in seinem Wohnzimmer ein, bis dieser zerbrach. Er wollte sich nicht darin sehen, wollte nicht sehen, wie ein verfluchter Kinderschänder aussah. "Ja, verdammt, ein Kinderschänder, das bist du und nix anderes! Ein Vergewaltiger!", schrie eine Stimme in seinem Kopf. Er wollte nicht hören, was diese Stimme zu ihm sagte! Seine Faust donnerte gegen ein Bild, das ihm seine erste Freundin geschenkt hatte. Wieder und wieder schlug er zu. Diese Aggressionen mussten einfach raus. Blindlings schlug er einfach auf alles ein, was ihm in den Weg kam, Bilder, Vasen und Kissen...
Sein Wohnzimmer war eigentlich immer ganz hübsch gewesen, doch nachdem er sich einigermaßen abreagiert hatte, sah es aus wie ein Schlachtfeld. Überall lagen Splitter von zerstörten Gegenständen. Doch wenigstens waren für kurze Zeit das Wort und die Bilder aus seinem Kopf verschwunden... Als er das Chaos betrachtete kamen sie allerdings mit voller Wucht zurück. Er sah sie vor sich, nackt, gefesselt und hilflos, sah die Tränen ihre Wangen hinunterlaufen und ihre Augen, die sie vor Verzweiflung geschlossen hatte. Was hatte er bloß getan?! Wieso war er hinter ihr her gelaufen, als sie das Freibad verlassen hatte? Er wusste es nicht. Sie war so hübsch gewesen im Bikini, auf gewisse Weise unschuldig. - Da war es wieder dieses verfluchte Wort... - Er hatte mit ihr geredet und sie war mit ihm mit gegangen, bis in den abgelegenen Wald. Dort hatte er sie geküsst. Er sah sie vor sich, die Augen vor Entsetzen weit aufgerissen und schreiend: "Lass das! Du bist viel zu alt für mich!" Da waren ihm die Sicherungen durchgebrannt, er war nicht alt! Er wollte ihr beweisen, dass er nicht alt war. Wütend hatte er sich den Gürtel aus der Hose gerissen und bevor sie sich wehren konnte ihre Hände gefesselt. Dann hatte er ihr das Top und den BH zerissen und ihre Hose mit Gewalt heruntergeschoben. Er hatte gesehen, dass es ihr nicht passte, doch sie sagte nichts, stand einfach stumm da. Rasend war er in sie eingedrungen, um ihr zu zeigen, dass er nicht alt war! Tränen liefen über das hübsche Teenagergesicht, während er sich auf und ab bewegte. Als er endlich von ihr abließ flüsterte sie: "Ich wollte das nicht! Ich war doch noch Jungfrau!" Angeekelt und entsetzt von sich selbst war er davon gelaufen, hatte sie einfach so da liegen lassen...
"NEIN! DAS WAR ICH NICHT! ICH HABE IHR NICHT IHRE UNSCHULD GENOMMEN!", schrie er. Noch einmal nahm er einen großen Schluck aus der Rotweinflasche, den letzten Schluck, für immer...

Erinnerung (11.)




"Wirklich tot bist du erst, wenn sich keiner mehr an dich erinnert...", stand auf dem Grabstein, vor dem eine alte, kleine Frau mit weißem Dutt kniete. Die Inschrift war schon leicht verwittert so alt war sie, doch die Frau hätte auch so gewusst, was auf dem Stein stand. "Anna Zoé Rosenholz *29.09.1996 †30.10.2012" und dann der Spruch. Wie oft hatte sie einsame Freitagabende hier, am Grab ihrer besten Freundin, verbracht? Wie oft hatte sie hier gesessen und hemmungslos geweint? Wie oft, hatte sie Blumen auf das Grab gelegt und sich gefragt: "WARUM?"?
Bei jedem Besuch auf dem Friedhof hatte sie auch ihre Freundin besucht und sich an die guten Zeiten erinnert, die Zeiten bevor Zoé depressiv wurde. Zoé hatte ihren ersten Vornamen gehasst. In ihren Augen klang er so schrecklich alt. Jeder außer ihren Eltern rief sie bei ihrem zweiten Namen Zoé...
Damals, 2012, als ihre beste Freundin sich umbrachte, war die heute 80-jährige Frau untröstlich gewesen. Sie erinnerte sich daran, als sei es gestern gewesen...

"Lydia, ich gehe.", hörte sie Zoés Stimme aus dem Handy. Zu diesem Zeitpunkt wusste die 16-jährige Lydia noch nicht, dass dieses "Ich gehe." für immer sein würde... Doch die erwachsene Lydia wollte sich nicht an diesen Augenblick erinnern! Sie wollte die fröhliche Zoé in Erinnerung behalten, nicht die traurige, die sich umbrachte...
Selbst jetzt, nach 64 Jahren, schmerzte die Erinnerung an die letzten Worte ihrer besten Freundin noch so sehr, als hätte jemand ein Feuer in ihrem Herzen entzündet, aber keines, das angenehm wärmte, sondern eines, das ihr Herz verbrannte! Tränen liefen leise über das zerfurchte Gesicht und tropften auf die Blumen, die sie auf das Grab gelegt hatte.
Ihre Erinnerungen schweiften zu glücklicheren Momenten. Sie sah ihre, von Natur aus, schwarzhaarige Freundin durch ein Weizenfeld auf sich zurennen. Die Sonne schien prall vom Himmel und ließ den Weizen golden schimmern, während Zoés lange Haare hinter ihr herflogen und sie herzlich lachte. Da waren sie beide noch glücklich gewesen.
Diese Erinnerung ließ Lydia ein Lächeln übers Gesicht huschen. Ja, so würde sie ihre beste Freundin immer im Gedächtnis behalten, bis zu ihrem eigenen (wahrscheinlich baldigen) Tod. Glücklich, lebensfroh und trotzdem nachdenklich...
Lächelnd und mit den Gedanken bei Zoé verließ die alte Frau den Friedhof.

Niemals weinen! (26.)




Der 15-jährige stürzte auf das Dach der Schule, er wusste genau wo er hin wollte...
In Gedanken ließ er den vergangenen Tag noch einmal in Revue geschehen: Der Schultag hatte ganz "normal" angefangen, normal hieß für ihn, dass er schon bevor er die Schule nur betreten hatte Beleidigungen an den Kopf geschmissen bekam, "Schwuchtel" und "Fettsack" waren hierbei noch die harmlosesten Worte... In der Klasse war das Mobbing dann weiter gegangen, wie schon so oft hatten ihn die anderen Jungs geschlagen während die Mädchen lachend daneben standen. Er hatte bei keinem Schlag, mochte er noch so schmerzhaft sein, das Gesicht verzogen, denn eines hatte er in den vergangenen 5 Jahren gelernt: Wer weint oder Schmerz zeigt ist verloren, den mobben sie in Grund und Boden. Er war nicht das einzige Mobbingopfer an seiner Schule, erst voriges Schuljahr hatte sich ein Mädchen umgebracht, deswegen, doch die Lehrer interessierte das nicht, sie schoben das Ganze in die Schublade "Privatleben der Schüler = geht uns nichts an"...
Bis zur 2. Pause war der Tag ganz "normal" verlaufen, er wurde getreten, geschlagen, angespuckt und beleidigt, doch er zeigte nicht, wie weh sie ihm taten. Er ließ es still über sich ergehen, denn er wusste: allein konnte er eh nichts gegen die anderen ausrichten. Als seine Peiniger ihn kurz aus den Augen ließen flüchtete er sich auf die Toilette. Er wusste, dass dieses Verhalten feige war, aber er musste einfach von diesen ganzen Idioten weg; musste alleine sein, denn das, was er dann tat, durfte keiner sehen... Er schloss sich in einer Kabine ein und zog sein Portemonaie aus der Hosentasche. Mit einem Griff hatte er herausgezogen, was er jetzt brauchte. Er schob seinen linken Ärmel hoch und blickte auf die vielen Wunden und Narben, die sich fast vollkommen parallel zu einander auf seinem Arm aneinander reihten. Er liebte und hasste sie zugleich... Mit einem schnellen Griff zog er die, eben hervorgeholte, Rasierklinge über seinen Arm. Immer wieder an der selben Stelle, bis er endlich einen Schmerz spürte, der ihn alle anderen Schmerzen vergessen ließ. Keiner würde sein Verhalten verstehen, aber es wusste ja auch keiner davon. Er ließ seine Wut auf seine Klassenkameraden an seinem Arm aus. Erst, als er das Blut auf den Boden tropfen sah, beherrschte er sich, denn eines wollte er auf keinen Fall: Entdeckt werden. Er beeilte sich das Blut aufzuwischen und tupfte seinen Arm mit einem Stück Watte, das er ebenfalls im Geldbeutel hatte, ab. Durch die Schmerzen und den Anblick des Blutes paradoxerweise gestärkt trat er aus der Kabine, vor der schon die Jungs standen, um ihn weiter zu demütigen, doch heute wollte er sich nicht mehr demütigen lassen. Zum ersten Mal in seinem Leben sagte er etwas, als sie ihn wieder begannen zu schikanieren. "Wisst ihr was, ihr Hurensöhne? Ihr könnt mich alle mal! Mich lässt euer ganzer Scheiß so kalt, geht doch und macht andere fertig!" Woher er den Mut nahm diese Worte auszusprechen, wusste er nicht, denn innerlich war ihm ganz anders zumute, innerlich weinte er. Doch er hatte gelernt sein Inneres vor den anderen zu verbergen und so schritt er mit erhobenem Kopf aus der Toilette. Seine Klassenkameraden standen vollkommen verwirrt vor der Kabine, aus der er zuvor herausgekommen war. Wieso hatte er plötzlich etwas gesagt? Sie konnten es sich nicht erklären.
Er war froh, dass sie ihm nicht folgten, doch gleichzeitig bekam er es mit der Angst zu tun, was wenn sie sich jetzt noch viel schlimmere Methoden einfallen lassen würden, um ihn fertig zu machen? Er wusste nicht, was er dann machen würde... Aus Furcht fing er leise an zu weinen und brach damit seine Grundregel: "Niemals weinen! - Never cry!" Natürlich blieb sein plötzlicher Gefühlsausbruch nicht unbemerkt, wie auch? Er stand ja schließlich unter ständiger Beobachtung durch seine Klasse. Sofort begannen die Mädchen ihn auszulachen, selbst Lis, die er eigentlich immer gemocht hatte, weil sie nie mitgelacht hatte. Ja, vielleicht war er sogar ein wenig in sie verliebt gewesen, er wusste es nicht. Was er allerdings wusste, war, dass ihm die Tatsache, dass sie nun lachte einen riesigen Stich ins Herz versetzte.
Und so war er hier oben auf dem Dach gelandet. Inzwischen saß er auf der Dachkante und ließ den Tränen, die sich mit den Jahren angesammelt hatten einfach freien Lauf. Jetzt war es eh egal. Seine Entscheidung war gefallen. Mit einem Schluchzen stand er auf und ließ sich einfach nach vorne fallen, seinem Paradies entgegen...

Worte (80.)




Seit Tagen schwirrten ihr seine Worte im Kopf herum. Tagsüber in der Schule, bei den Hausaufgaben, wenn sie ihre Freunde besuchte, immer wieder schrieb sie seine Worte auf, nur um sie kurz darauf wieder unkenntlich zu machen. Ja, selbst im Traum ließ er sie nicht in Ruhe... Sie wusste nicht, was sie ihm getan hatte, doch sie wusste, dass sie über das was geschehen war zu schweigen hatte, denn eines hatten ihr seine Worte klar gemacht: Mit ihm war nicht zu spaßen... Doch nicht nur seine Worte hatten sie so eingeschüchtert, auch seine Taten... Abends brauchte sie ewig, bis sie einschlief, weil sie Angst hatte, er könnte wieder kommen. Sie weinte sich Abend für Abend in den Schlaf, doch keiner bemerkte es. Sie traute sich nicht ihren Eltern zu sagen, dass sie nicht schlafen konnte, denn dann hätten sie sofort gefragt, was los sei und das konnte sie ihnen nicht sagen, zu groß war die Angst, dass er seine Drohung wahrmachen würde...
Wenn sie nicht schlafen konnte redete sie in Gedanken mit ihrem kleinen Stoffhasen, denn bei dem Häschen konnte sie sich sicher sein, dass es nichts verriet. Sie erzählte dem Kuscheltier warum sie nicht schlafen konnte und hoffte, dass er niemals wieder zu ihr kommen würde. Doch er kam wieder. Ihre Eltern waren fort, im Kino, nur für einige Stunden und er sollte auf sie aufpassen... Sie hatte schon begonnen zu weinen, als ihre Mutter ihr erzählt hatte, dass er auf sie aufpassen würde, aber ihre Mutter verstand das Weinen nicht und schob es einfach darauf, dass es ihr nicht passte, dass die Eltern etwas alleine unternahmen. Ihre Mutter kam nicht einmal auf die Idee, dass es an ihm liegen könnte...
So lag das Mädchen ängstlich in seinem Bett, als er kam. Er sprach kurz mit ihren Eltern, woraufhin diese sich verabschiedeten und verschwanden. Sie täuschte vor schon zu schlafen, denn sie wollte nicht, dass er nochmal zu ihr ins Bett kam, wie beim letzten Mal... Aber er war schlau, er merkte, dass sie nicht schlief und legte sich zu ihr. Er nahm ihre kleine Hand und legte sie auf eine Stelle, von der ihr Vater ihr immer gesagt hatte, dass man sie nicht anfassen sollte. Sie wollte ihre Hand wegziehen, doch sie wusste, dass es sinnlos war... Ihr gingen wieder seine Worte vom letzen Mal durch den Kopf: "Wir spielen jetzt ein Spiel, ja? Davon darfst du aber deinen Eltern nichts sagen, ok?" Einige Sekunden später wiederholte er genau die Worte, an die sie gerade gedacht hatte. Beim letzten Mal hatte sie sich geweigert, aber ihn hatte das wenig interessiert, er hatte ihr gedroht: "Entweder du machst, was ich dir sage, oder du stirbst! Klar?!" Dabei war ihr sein Speichel ins Gesicht getropft, was sie einfach abstoßend fand und er hatte sie so fest gehalten, dass sie blaue Flecken bekam, doch sie war zu klein, um sich zu wehren...
Er öffnete seine Jeans und schon sie ein Stück runter, gleichzeitig nahm er ihre Hand und führte sie in seine Boxershort. Er umfasste ihre Hand und rieb mit ihr an einem seltsamen langen Ding, das sie noch nie zuvor gespürt hatte. Irgendwann wurde das Ding steif und er schob seine Boxershort hinunter. "Nimm meinen Stock doch mal in den Mund, der schmeckt total lecker.", forderte er sie auf. Sie öffnete ihren Mund und lutschte an dem seltsamen Ding. Es schmeckte ihr nicht, doch sie wagte nicht etwas zu sagen, denn er hatte sich beim letzten mal deutlich genug ausgedrückt... Also lutschte sie weiter, während er ihre Schlafanzugshose hinunterschob und ihren Po und ihre Scheide anfasste. Sie wollte sich wehren, doch die Angst war stärker. Irgendwann kam aus seinem komischen Ding eine Flüssigkeit, die bei ihr einen Brechreiz hervorrief. Sie öffnete den Mund und erbrach sich auf ihr Bett und ihn. Er hörte auf sie zu streicheln, stattdessen wurde er wütend. "DU MIESE KLEINE HURE, WARUM KOTZT DU DENN JETZT? HAB ICH DIR NICHT GESAGT, DU SOLLST NUR DAS MACHEN, WAS ICH DIR SAGE?!", schrie er. Obwohl sie nur die Hälfte seiner Worte verstand, brachten sie sie zum Weinen. Woher hatte sie wissen sollen, dass es ihn wütend machte, wenn sie sich erbrach? Er riss mit Gewalt an ihrem Schlafanzugoberteil, das sie noch anhatte, bis dieses riss und wischte damit ihr Erbrochenes weg. Sie registrierte, wie ihr schönes Oberteil kaputt und dreckig zu Boden fiel, doch es interessierte sie plötzlich nicht mehr. Sie sah alles nur noch wie einen Film, mit dem sie nichts zu tun hatte... Sein wütendes Gesicht, während er mit seiner Hand ruckartig an dem seltsamen Ding rieb. Den Schmerz, als er das steife Ding in ihre Scheide rammte. Das Blut, das auf ihr Laken lief und sein diabolisches, zufriedenes Lachen. Das alles bekam sie zwar mit, doch sie nahm es nicht als Realität wahr. Sie kam sich vor, wie in einem ihrer Albträume, nur dass sie sich diesmal sicher war, dass es kein Albtraum war...
Ein plötzliches Geräusch ließ sie aus ihrer Apathie aufschrecken: Sie hörte, wie ein Schlüssel im Schloss gedreht wurde... Er sah sie entsetzt an und flüsterte dann: "Das hier bleibt unter uns, sonst bist du tot, klar?!" Sie nickte. Genau in diesem Moment kam ihre Mutter ins Zimmer. Als sie ihre nackte Tochter, das Chaos und ihn erblickte huschte ein schockierter Gesichtsausdruck über ihr Gesicht, der sich jedoch fast sofort in grenzenlose Wut verwandelte. Sie schrie ihn an. An die genauen Worte erinnerte sich das Mädchen nicht mehr genau, doch es war froh, dass seine Mutter gekommen war.
Noch Jahre später hatte sie mit diesen Erlebnissen zu kämpfen, doch inzwischen wusste sie, dass Worte, die ja damals dazu geführt hatten, dass sie sich so fürchtete und nichts sagte, durchaus auch ihre guten Seiten hatten. Dank Worten konnte sie mit ihrer Psychologin sprechen und ihr deutlich machen, wie sie sich fühlte und was ihr am meisten psychischen Schmerz zugefügt hatte... Denn den psychischen Schmerz hatte sie vor allem den Worten, die sie dazu gebracht hatten zu schweigen, zu verdanken und nicht dem Missbrauch...

Emotionslos (15.)




Emotionslos betrachtete er den Polizisten, der auf ihn zukam. Was wollte der Polizist hier? Wer zum Teufel hatte die Polizei gerufen? Eigentlich war es ja auch egal. Dieser einzelne Polizist konnte ihn nicht von seinem Vorhaben abhalten, oder doch? Wütend schnitt er sich in den Fuß. Doch seine Wut sah man ihm nicht an, für den Polizisten sah er immer noch vollkommen emotionslos aus... Er betrachtete sein Werk. Wie schrecklich sein blutender Fuß doch aussah... Egal! In einigen Minuten würde er eh nicht mehr leben. Er blickte auf den Grabstein, vor dem er saß. Innerlich begann er zu weinen, doch äußerlich war er immer noch vollkommen emotionslos. Der Polizist sah das Blut, das an seinem Fuß runterlief und fragte: "Kann ich Ihnen helfen?" "Nein, danke. Mir geht es gut.", auch seine Stimme zeigte keinerlei Emotion. "Sind Sie sicher? Ihr Fuß sieht so aus, als ginge es Ihnen nicht gut. Außerdem passen Sie auf die Vermisstenanzeige die wir haben." "Mich vermisst keiner." Er sah den Polizisten an. In seinen Augen spiegelte sich seine Trauer wieder, doch der Polizist erkannte es nicht. Für den Beamten waren die Augen des jungen Mannes genauso emotionslos, wie seine Stimme und seine Körpersprache. Das Verhalten des Verletzten war ihm suspekt, er wusste nicht, wie er mit diesem Jungen umgehen sollte. Diese Emotionslosigkeit konnte nicht echt sein. Er war sich sicher, dass derjenige, den er vor sich hatte der gesuchte 22-jährige war, doch sicher war er nicht. "Können Sie sich ausweisen?", fragte er deshalb. Wortlos hielt ihm der Junge seinen Ausweis entgegen. "Sie sind derjenige, den wir suchen. Ich bringe Sie jetzt in die Psychiatrie, das ist am besten für Sie." "NEIN!", rief er etwas zu heftig. "Bitte nicht in die Psychiatrie!" Er hatte Angst vor der Psychiatrie... Die Ärzte dort waren so emotionslos, er hasste das, obwohl er selbst immer emotionslos aussah... "Doch.", war das einzige, was der Polizist zu sagen hatte. Mit hängendem Kopf folgte der Junge dem Beamten und dachte die ganze Fahrt über nur an ein Wort: "Emotionslos." Ja, er sah emotionslos aus, aber er war es nicht! Er war innerlich extrem emotional und sensibel, doch das erkannte keiner außer ihr und sie war sauer auf ihn. Ohne sie war sein Leben sinnlos... Er dachte an die emotionslosen Ärzte in der Psychiatrie, er bezweifelte, dass sie hinter seine Maske blicken konnten... Seine Gefühle erkennen konnten... Er hasste diese verfluchte Emotionslosigkeit...
Seine Mutter rief an, er drückte sie weg, er musste seine Maske bewahren und er wusste, dass der Polizist ihr längst gesagt hatte, dass er lebte. Er betrachtete das Handy in seiner Hand und begann eine SMS an die wichtigste Person seines Lebens zu schreiben: "Ich bin am Leben." Ein Satz, das sollte reichen. Müde schloss er die Augen, selbst um sich umzubringen war er zu dumm! Eine Träne lief über seine Wange, doch er ermahnte sich: "EMOTIONSLOS!" Mit einem unauffälligen Wischen beseitigte er die Träne. Mit seinen Gedanken bei ihr blickte er aus dem Fenster ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Seine Maske schützte ihn vor den Blicken der Passanten, sie hielten ihn für einen Verbrecher oder was auch immer, doch es war ihm egal. Alles war ihm egal, denn er begann langsam auch innerlich emotionslos zu werden...

Spiegel (75.)




Ich sehe in den Spiegel und sehe ein Mädchen. Doch dieses Mädchen bin nicht ich. Dieses Mädchen lächelt, während ich innerlich weine. Dieses Mädchen hat Freude am Leben, während ich in Depressionen versinke. Das Mädchen im Spiegel sieht gut aus, ich bin total hässlich! Ich blicke ihm in die Augen. Es sind meine Augen! Diese gold-braunen Augen sehen mich traurig an. Der Mund des Mädchens lächelt immer noch, doch seine Augen, sind traurig. In seinen Augen bin ich. Ich sehe an mir hinunter. Ich bin dick! Das Mädchen im Spiegel ist dünn, es hat annähernd Modelmaße, es ist fast zu dünn. Doch ich, ich bin einfach nur fett, meine Brüste sind zu klein. Ihre Brüste sind so gut wie perfekt. Ich schluchze auf und beginne zu weinen. Plötzlich laufen auch Tränen über das immer noch lächelnde Gesicht des Spiegelmädchens... Ich schließe die Augen und denke nach... Wer ist das Mädchen im Spiegel? Warum sieht ihr Gesicht aus wie eine hübschere Version von meinem? Warum hat sie meine Augen?! Ich verstehe es nicht! WER IST SIE? Wie von alleine öffnen sich meine Augen wieder. Das Mädchen im Spiegel lächelt nicht mehr. Es sieht genauso traurig aus wie ich. Es ist aber immer noch dünner und hübscher als ich... Ich verstehe nicht, wer sie ist. Wieder schließe ich die Augen. Ich sehe mich als kleines Mädchen, hübsch, beliebt, glücklich. Und sehe mich älter werden. Je älter ich werde, desto fetter, hässlicher und trauriger werde ich... Schließlich komme ich zum jetzigen Tag sehe wieder das Mädchen im Spiegel, diesmal vor meinem geistigen Auge, wie es weint. Und plötzlich wird mir klar: Ich bin das Spiegel-Mädchen! Ihr Lächeln ist meine Maske. Ihr Aussehen ist mein Aussehen. Ich bin nicht fett. Ich bin nicht hässlich. Ich bin nur traurig, unendlich traurig. Ich lächele dem Mädchen im Spiegel zu und es lächelt zurück. Das Lächeln geht nicht bis in die Augen, doch es ist ernst gemeint. Ich weiß nicht, warum ich erst heute in den Spiegel schaue, aber es ist egal. Ich bin froh, dass ich es überhaupt getan habe...

Regen (30.)

Ich sitze am Fenster. Es regnet. Die Tropfen trommeln gegen das Fenster und laufen langsam an ihm herunter. Ich kann nicht richtig sehen, was draußen passiert, alles ist verschwommen. Der Regen kommt durch die Scheibe, läuft mir das Gesicht runter... Oder ist das gar nicht der Regen? Ich fasse die Fensterscheibe an, sie ist trocken. Ich weine leise, während es draußen regnet. Warum weine ich? Ich betrachte mein verschwommenes Spiegelbild in der Scheibe. Es scheint draußen im Dunkeln zu stehen und den Regen zu genießen. Ich kann nicht unterscheiden, zwischen Regen und Tränen. Regnet es überhaupt oder sind das alles nur Tränen? Ich weiß es nicht, es ist mir egal. Ich bin leer. Das Blaulicht draußen erscheint mir surreal. Es ist verschwommen, der Regen scheint es wegzuwischen. Stimmen dringen in mein Ohr, doch ich verstehe nicht, was sie wollen. Hände packen mich, doch ich merke es kaum. Mein Spiegelbild im Regen winkt mir zu, lächelt und ist plötzlich verschwunden. Ich sehe es zwar, doch realisiere es nicht. Das Blaulicht scheint sich zu entfernen. Immer noch reden Stimmen auf mich ein. Ich will sie nicht hören. Ich will einfach nur den Regen beobachten, wie er die Fensterscheibe hinabläuft. Ich sehe sie im Regen, wie sie mir zuwinkt, ein kurzes Winken, bevor sie auf die Straße läuft. Ein letztes Winken. Ich sehe die verschwommenen Konturen eines Autos, höre ihren Schrei und danach Stille. Nur der Regen plätschert weiter gegen die Fensterscheibe. Sie verschwimmt immer mehr und auf einmal ist auch sie verschwunden, sie hat sich aufgelöst. Ich spüre meine Tränen, doch es ist mir egal. Sie ist weg. Mein Spiegelbild, mein fröhliches Ich, ist weg. Das Blaulicht ist weg. Ich bin leer.

Ich spüre, wie mich zwei Hände rütteln. Vorsichtig öffne ich die Augen und sehe mehrere weiß gekleidete Personen. Ich weiß nicht wo ich bin. Ich blicke um mich und erkenne ihn, er hält meine Hand und sagt: "Hey meine Süße, schön dass du wieder wach bist." Ich will fragen wo ich bin, doch es geht nicht, ich kann meine Zunge nicht kontrollieren. "Du bist in der Psychiatrie.", sagt mir ein weiß gekleideter Mann. Ich verstehe nicht. Was soll ich in der Psychiatrie? Mir geht es doch gut, oder? Verzweifelt sehe ich ihn an. Und plötzlich fällt mir alles wieder ein. Sie ist tot. Meine beste Freundin ist tot. Tränen laufen aus meinen Augen und verwandeln sich in meinem Kopf in Regen. Ich schließe die Augen und versinke wieder in meiner Apathie.

Ich will nicht mehr. Der Regen übertönt alles, was von außen kommt. Im Regen lebt sie. Im Regen geht es ihr gut. Im Regen ist mein fröhliches Ich wieder da. Ich bin der Regen.

Eingesperrt (16.)

Ein blondes Mädchen tigerte durch den Raum, immer wieder hin und her, hin und her. Ihr war kalt, obwohl sie mehrere Pullis übereinander trug. Dabei war es in dem Zimmer überhaupt nicht kalt, das Thermometer zeigte 22°C an, eine völlig normale Temperatur. Sie hatte dennoch das Gefühl gleich zu erfrieren. Das Mädchen begann Liegestütze zu machen, erst 40, kurze Pause, 60, kurze Pause, 80 und das Ganze wieder zurück. Als sie bei der 250 Liegestütze war, wurde ihr plötzlich schwarz vor Augen. Alles um sie herum verschwand auf einen Schlag, sie sah ein helles Licht vor sich, das sie regelrecht anzog. Je näher sie dem Licht kam, desto wärmer wurde ihr. Sie schloss die Augen und genoss die Wärme. Zum ersten Mal seit Wochen war sie nicht mehr am Zittern. Ihr war gar nicht mehr wirklich bewusst gewesen, dass einem auch warm sein konnte... Doch auf einmal wurde ihr wieder kälter, sie hörte ein penetrantes Piepen und undeutlich Stimmen. Sie meinte die Worte: „Sie ist wieder da.“, vernommen zu haben, aber sicher war sie sich nicht. Die Stimmen und das Piepen entfernten sich wieder, aber diesmal blieb ihre Umgebung einfach schwarz.

Als das Mädchen die Augen aufschlug wusste es zunächst nicht, wo es sich befand, doch dann sah es die ganzen Maschinen um ihr Bett. „Scheiße, ich bin im Krankenhaus.“, murmelte die junge Frau. Das war immer ihre größte Angst gewesen, zusammenzubrechen und ins Krankenhaus zu müssen. Hier wurde man vollgestopft mit Zuckerlösung. Diese Ärzte wollten, dass sie fett wurde wie all die undisziplinierten Menschen, aber sie wollte das nicht, sie würde nicht zulassen, dass man sie fett machte. Energisch versuchte sie sich aufzusetzen, doch aus unerfindlichen Gründen funktionierte es nicht. Als sie an sich hinunter blickte verstand sie auch wieso: Ihre Arme und Beine waren fixiert. Die wollten sie tatsächlich mästen, ohne dass sie sich wehren konnte! Wütende Tränen liefen ihr die Wangen runter. Ein machtloser Schrei bahnte sich den Weg aus ihrer Kehle und sich hätte sich am liebsten verletzt, doch es ging nicht. Als eine Krankenschwester herein kam war die Blondine schon wieder ohnmächtig geworden. Tagelang versuchten die Ärzte sie am Leben zu halten und sie wachte auch immer wieder auf, doch dieses Gefühl des eingesperrt Seins und der Machtlosigkeit ließ sie nicht los. Ihr Körper wehrte sich gegen die Medikamente und die Nahrung, zu lange war er gequält worden, längst waren die Schäden irreparabel geworden und so war es kein Wunder, dass er kurze Zeit später den Dienst endgültig versagte...

Hold my hand (35.)

 „Please, just hold my hand, Ally.“, she whispered. Her eyes closed and her hair blown out of her face by the wind. And again: „Just hold my hand.“ But Ally stood there like a soldier, she didn't move. Only her eyes were filled with tears. „I can't, I'm really sorry, Mary, but it's just... I can't.“ Tears now rolling down her face. Her self-control wasn't as strong as it should've been. Normally she didn't have a problem with crying in front of her best friend, but this time, well... It was special. The situation wasn't normal, not at all. She looked into Mary's brown eyes and the only thing she could see was deep frustration. Ally knew, that her behaviour wasn't fair, that Mary's dissappointment was understandable, but was her best friend not supposed to understand her, too...? Yeah, they both had a hard time the last few months, otherwise they wouldn't have stood here, on the roof of the biggest monument in town, but for Ally standing exactly this standing on the roof made the difference, seeing death was another thing than just dreaming about it... They had planned to jump together, so none of them had to be sad, but this plan didn't include her feelings, she hasn't even thought about them. It could've been that Mary's will was just stronger than Ally's, maybe because her depression was deeper than Ally's, but that wasn't the point. Standing on this roof just staring at each other, was creepy... Ally knew, that her best friend could see in her face what she thought, but it wasn't important any longer, she didn't want to hide it any longer. Slowly she said: „Mary, I can't jump. Standing here with you, knowing we'll die feels wrong... Killing ourselves isn't the way we should go. Mary, I love you, I can't jump. Please, take my hand and come with me. Today's not our day. Please...“ Mary looked down on her feet. „What do you mean, you love me?“ Ally kept silent. After a while she answered: „You know it, or?“ For an endless moment time seemed to stand still, but then Mary took Ally's hand insecurely and nodded...

Impressum

Texte: brokenrose ; Stichpunktliste: http://lythaa.livejournal.com/86434.html
Tag der Veröffentlichung: 04.11.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die von den angesprochenen Themen betroffen sind.

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