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Alan



Alan Richards stand vor seinem Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus. Es war vier Uhr in der Früh und alles schlief noch. All diese kleinen unbedeutenden Leute, die hier Wohnten. All die kleinen Leute, mit ihren kleinen, nichtigen Problemen. Wie er sie doch alle hasste. Von ihm aus konnten sie alle gleichsam zur Hölle fahren.
Er ließ seinen Blick wandern, sah über die Witchpad Street hinweg zur Arlington in Richtung des Highways. Deutlich konnte er die hellen Lichtflecken auf dem Boden unterhalb der Laternen sehen. Sie wirkten auf ihn, wie kleine, einsame Inseln in einem Meer von schwärze. Auch sie hasste er.
Doch war er sich sicher, dass er dies alles ändern könnte, ja noch gleich in dieser Nacht. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, welches ihn fast schon freundlich wirken ließ, wenn man einmal von seinem finsteren und beängstigenden Blick absah.
„Stell dir mal vor Alan, sie werden es noch nicht einmal merken, erst wenn es zu spät ist“, sagte er zu sich selbst mit verstellter Stimme.
Das war sein anderes ich, der andere Alan. Der Alan, der alles im Griff hatte. Der, der immer wusste was richtig war und was man tun musste.
Alan hatte vor einigen Monaten damit angefangen diesen anderen Alan zu hören. Am Anfang dachte er, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte, aber mit der Zeit, freundete er sich mit ihm an. „Ja, die werden vielleicht Gesichter machen“, antwortete er mit seiner normalen Stimme, die nicht ganz so tief und monoton war, wie die seines zweiten Ichs.
„Oh ja, das werden sie. Und sie werden wissen, dass du derjenige warst, der es ihnen mal so richtig gezeigt hat, jedenfalls einige von ihnen. Sie werden noch ihren Enkelkindern von dir erzählen“, sagte er in dieser tiefen und sonoren Stimmlage.
Ein wohliger Schauer überlief ihn bei diesem Gedanken und eine Gänsehaut bildete sich auf seinen Armen. „Alan?“ „Ja Alan!“
„Wann sollen wir es denn tun?“, sagte er wie selbst verständlich zu sich selbst, als gäbe es diesen anderen Alan wirklich, als wäre er eine echte Person, die mit ihm im Zimmer stand.
Wir werden es gleich tun, noch bevor die Sonne aufgeht“.
Das Gefiel ihm und er war froh, dass er einen so guten Freund wie Alan gefunden hatte.
Manchmal verstand er nicht, wie er so lange ohne ihn ausgekommen war. Doch er erinnerte sich an diese Zeit. Es war schrecklich. Jeder hatte auf ihm herumgehackt, jeder wollte, dass er unglücklich war, wirklich jeder, sogar seine Frau. Aber als Alan II kam, wurde alles besser. Alan II sagte ihm, dass er sich zur Wehr setzen sollte, es ihnen allen zeigen sollte.
Und genau das würde er auch machen, bei seiner Frau hatte er ja schon angefangen, gestern Nachmittag.
Er war nicht wie sonst zur Arbeit gegangen, er hatte sich krank gemeldet, während seine Frau sich fertig machte, um zur ihrer Arbeit zu gehen. Irgendwie war sie an diesem Tag guter Dinge, richtig gut gelaunt. Sie schenkte ihm sogar eine Kusshand, als sie ihre gemeinsame Wohnung verließ. Sie wusste nichts von Alan II und machte sich auch keine Sorgen. Im Gegenteil, sie wünschte Alan noch einen schönen Tag und zog die Tür hinter sich zu.
„Kannst du mir mal sagen, warum diese Schlampe schon am frühen Morgen, die Sonne aus dem Arsch scheinen hat?“
Alan erschrak ein wenig, als Alan II sich meldete.
„Wieso, was meinst du?“, fragte er.
„Was ich meine, fragt er! Bist du denn Blind?“
„Nein, aber ich verstehe nicht was du meinst“, sagte Alan. „Das man dir auch immer alles erklären muss. Sogar jemand der nicht mit ihr verheiratet ist, könnte es sehen. Sie will dich fertig machen! Und ihre Fröhlichkeit bringt zum Ausdruck, dass sie das auch schon geschafft hat und du merkst es nicht mal“, sagte Alan II. „Wie soll sie das denn gemacht haben?“, wollte er wissen.
„Willst denn etwa behaupten, dass es dir gut geht?“
Alan überlegte einen Moment. Dann stellte er fest, dass Alan II recht hatte. Er vermutete, dass sie bemerkt hatte, wie schlecht es ihm ging und es machte den Anschein, dass sie sich darüber auch noch amüsierte. „Verdammt!“, sagte er und setzte sich erst einmal.
„Sieh an, der Groschen ist gefallen! Du bist ja doch nicht so dumm wie ich dachte“, sagte Alan II.
Nein, dumm war er wirklich nicht, er brauchte nur manchmal etwas länger, aber wenn er dann etwas kapierte, dann schlagartig.
Eine leichte Wut stieg langsam in ihn auf und seine Gedanken waren verworren. Das passierte in der letzten Zeit öfter, jedenfalls seitdem Alan II sich in seinem Kopf breit gemacht hatte. In diesen Sekunden oder vielleicht auch Minuten meldete sich Alan II auch nicht, er ließ sich Zeit, bis Alan wieder klar denken konnte.
„Willst du dir, dass denn ewig gefallen lassen, Hhm? Willst du denn immer derjenige sein über den man sich lustig macht?“, fragte Alan II schließlich und förderte damit Alans Wut noch mehr.
„Nein das will ich nicht und das weißt du genauso gut wie ich auch, aber was soll ich denn dagegen machen?“
Ich denke, dass weißt du“, sagte Alan II. Alan brauchte nicht lange zu überlegen, er wusste es genau, schließlich hat sein anderes Ich immer wieder darauf gepocht. Es gab nur eine Möglichkeit, er musste sie alle fertig machen. Denn nur so konnte er sich den nötigen Respekt verschaffen, den er sich ersehnte.
Dabei merkte er nicht einmal, dass er schon längst von seinen Mitmenschen respektiert wurde.
„Ich muss sie alle fertig machen“, sagte er zu sich selbst ohne es überhaupt zu bemerken. „Genau so ist es, ganz genau so!“, sagte Alan II in seinem Kopf.
„Ich weiß aber nicht, ob ich das auch schaffe“.
„Darüber mach dir mal keine Sorgen, schließlich hast du ja mich“, sagte Alan II und klang dabei erheitert.
Alan fragte sich was Alan II damit meinte, was hatte er sich ausgedacht um das Ziel zu erreichen? Doch traute er sich nicht ihn zu fragen, da er Angst hatte, ausgelacht zu werden. Denn das machte Alan II immer, wenn er der Meinung war, dass Alan eine dumme Frage stellte. Manchmal kam es ihm sogar so vor, als wäre er nicht sein Freund, nicht anders, als die anderen, die er fertig machen sollte.
Also beschloss Alan nichts zu sagen, sondern erst einmal abzuwarten. Alan II würde sich schon bei ihm melden, wenn er eine Idee hatte, soviel war sicher.
Der Morgen ging in den Tag und schließlich in den Nachmittag über. Alan II hatte sich noch nicht gemeldet. Alan vermutete, dass er sich noch etwas ausersann. Etwas großes und aufregendes.
Alan blickte auf die Uhr, es war inzwischen schon viertel vor fünf geworden. Seine Frau Christel würde in etwa einer halben Stunde wieder von der Arbeit nach Hause kommen. Sie würden dann gemeinsam essen, dann sich vielleicht vor den Fernseher setzen, um dann zu Bett zu gehen. Der ganz gewöhnliche Alltag.
Doch nicht heute, denn Alan II meldete sich wieder.
„Sie wird gleich wieder zu Hause sein“, sagte er.
„Ja ich weiß“, sagte Alan. „Und?“
„Was heißt denn hier Und? Dann musst du die Gelegenheit beim Schopf greifen und es ihr zeigen. Sie für ihr unverfrorenes verhalten von heute Morgen zur Rechenschafft ziehen, sie fertig machen, verstehst du?“
Man konnte über Alan II sagen was man wollte, doch nicht das er nicht gleich zur Sache kommen würde.
„Und wie soll ich das machen?“, wollte Alan von seinem zweiten Ego wissen. Alan II lachte wieder und Alan fühlte sich klein und nichtig. „Na, was meinst du wohl. Nimm dir dein Gewähr und dann…“, sagte er. Dabei lag in seiner Stimme etwas bedrohliches, etwas was Alan frösteln ließ. „Ich kann doch nicht meine Frau einfach…“, sagte Alan aber weiter kam er nicht, denn er wurde jäh unterbrochen.
„Sei doch nicht immer so ein elender Feigling. Sie hat es verdient und dass weißt du ganz genau. Also mach was ich dir sage!“
Alan wusste nicht so recht, er zögerte. „Na los mach schon, die Zeit läuft“.
Alan musste zugeben, dass der Gedanke daran, seine Frau einfach zu erschießen, einer war, den er nicht zum ersten Mal hegte. Eher im Gegenteil. Doch einen Gedanken zu haben und ihn schließlich in die Tat umzusetzen, das waren zwei verschiedene Paar Schuhe.
Los jetzt, beweg dich!“, drängte Alan II ihn weiter. Und Alan machte sich auf den Weg zu seinem kleinen Waffenschrank im Keller.
Auf seinem Weg dachte er nach. War es wirklich, das richtige was er vorhatte? Ein kleiner Teil in ihm widerstrebte es, aber andererseits konnte er sich immer auf Alan II verlassen. Er hatte ihn noch nie betrogen, auch wenn seine direkte Art manchmal verletzend war.
Nachdem er dann schließlich den Schrank geöffnet hatte und das Gewähr, welches er sich vor Jahren mal zugelegt hatte, weil er dachte er könnte mal auf die Jagd gehen – was er aber nie tat – vor sich sah, waren alle seine Zweifel verflogen. Vorsichtig, ja fast liebevoll nahm er es aus der Halterung. Lies seine Hände liebkosend über den Lauf wandern und tätschelte den Schafft.
In diesem Moment wusste er sogar, dass die Idee richtig war. Die Munition lag auf einem kleinen Brett oberhalb der Halterung. Auch diese nahm er an sich und begann dann, dass Gewähr zu laden. Als er das klacken hörte, welche jede Kugel beim einlegen machte, wusste Alan mit Bestimmtheit, dass er das richtige Tat.
Er hatte dabei überhaupt nicht bemerkt, wie die Zeit dabei vergangen war. erst als er sich wieder auf den Rückweg aus dem Keller machte und hörte wie die Haustür aufgeschlossen wurde, wusste er es.
„Alan, ich bin wieder da!“, rief Christel als sie die Wohnung betrat und die Tür hinter sich ins Schloss warf.
„Sicher bist du das und wir haben sogar eine Überraschung für dich“, murmelte Alan II. Alan selbst nickte dem zustimmend und ging die Kellertreppe weiter empor. Das Gewähr hatte er in Anschlag genommen, den Lauf vor sich gerichtet, bereit sofort den Abzug zu betätigen.
„Alan? Bist du da?“, rief Christel. „Ja Liebes ich bin im Keller, warte ich bin sofort bei dir“, rief Alan zurück. Dabei bemerkte er nicht, dass er nicht mit seiner normalen Stimme sprach, sondern mit der von Alan II.
„Ist etwas nicht mit dir in Ordnung, du hörst dich irgendwie Krank an“, sagte Christel.
Alan hörte wie sie durch den Flur auf die Kellertür zuschritt und in ihm breitete sich Ruhe aus.
Langsam schritt er auch noch die letzten zwei Stufen, der Treppe hinauf. Dann presste er den Gewährschafft, noch fester gegen seine Schulter. Den Lauf auf die Tür gerichtet.
„Nein alles in Ordnung, ich bin gleich da“, sagte er. Doch noch bevor er die Tür öffnen konnte, tat dies schon seine Frau. Ohne zu zögern betätigte er den Abzug. Christel hatte noch nicht mal mehr Zeit genau zu erkennen was ihr Mann da in der Hand hielt, als das Geschoß sie traf.
Der Knall war Ohrenbetäubend, sodass Alan von einem leichten Schwindel erfasst wurde. Beißender Rauch verbreitete sich von der Mündung des Laufes in dem kleinen Treppenaufgang, sodass Alan für den Bruchteil einer Minute glaubte ersticken zu müssen. Seine Augen Tränten und er nahm sein Umfeld nur noch verschwommen wahr.
Obwohl seine Ohren noch immer pfiffen, konnte er die Stimme von Alan II deutlich hören. „Jawohl, der hast du es aber mal so richtig gezeigt!“. Doch das war Alan erst einmal egal, er wollte einfach nur aus diesem schrecklichen Qualm heraus. Langsam senkte er die Flinte und schob seine rechte Hand tastend vor. Alan hustete zweimal kurz, ging noch einen Schritt und befand sich schließlich in seinem Flur. Hier war der Rauch nicht mehr so stark und sein Blickfeld klärte sich wieder ein wenig.
„Du meine Güte, dass nenne ich ja mal voll in die Fresse“, lachte Alan II in seinem Kopf auf. Alan selbst rieb sich erst die Augen bevor er auf das sah, was er angerichtet hatte.
Etwa einen halben Meter vor ihm, lag seine Frau rücklings auf dem Boden. Ihre Beine waren weit von sich gespreizt, so dass er das weiße Dreieck ihrer Unterwäsche unter dem Rock, den sie angezogen hatte, deutlich sehen konnte. Auch ihre Arme lagen von ihrem Körper weg. Es hatte etwas Vulgäres an sich. Auf den ersten Blick sah es so aus als würde sie sich ihm willig hingeben.
Dann glitt sein Blick weiter nach oben. Sie trug eine weiße Bluse, die nun nicht weiß war. sondern rot gesprenkelt. Am Kragen war es nicht mehr gesprenkelt, sondern man sah wie sich eine Rote Flüssigkeit durch den Stoff bahnte. Alan erkannte sofort, dass es sich um Blut handelte. Seine Lippen begannen zu zittern, und seine Augen brannten nun nicht mehr nur durch den Qualm.
„Oh mein Gott, was hab ich getan“, sagte Alan sichtlich um Fassung bemüht.
Alan II lachte schallend. „Was du getan hast? Na schau doch mal genau hin. Du hast es der alten Schlampe gezeigt, aber so richtig, wenn ich das mal anmerken darf“.
Alan ging in die Hocke und beugte sich über seine Frau, er wollte in ihr Gesicht sehen, ihr sagen, dass es ihm leid täte. Doch war dies nicht mehr möglich. Denn an der Stelle wo sich noch vor wenigen Minuten ihr Gesicht befunden hatte, klaffte nun ein fleischig, an den Rändern verschmortes Loch. Eines ihrer Augen, baumelte noch seitlich an ihrem Kopf. Deutlich konnte er im inneren des Loches eine grau-blaue Masse in einer schier unendlich großen Blutlache sehen.
Alans Augen weiteten sich und er spürte wie sich sein Magen verkrampfte, aber er vermied es sich zu übergeben. Er rang nach Atem, sein Herz trommelte in seiner Brust und seine Gedanken schienen in allen Richtungen zugleich wandern zu wollen. Er wusste nicht was er als erstes machen sollte, weinen oder lachen. Schreien oder einfach nur stumm dasitzen.
„Hey Alan! Alan, mach dir keine Sorgen du hast alles richtig gemacht. Und wenn ich ehrlich sein soll, warst du sogar großartig“, sagte Alan II.
„Halt dein Maul, du gottverdammtes Schwein! Wegen dir habe ich mein Frau umgebracht“, stieß Allen hervor.
„Aber, aber. Wer wird denn gleich so aus der Haut fahren? Du weißt, auch wenn es ganz tief in deinem inneren ist, dass es das richtige war“.
Alan sagte nichts dazu, aber er wusste wirklich in seinem Inneren, dass es richtig war. Alan II hatte wieder einmal recht gehabt, wie immer. Es war die einzige Möglichkeit, sich Respekt zu verschaffen. Immer die gespielte Freundlichkeit der anderen, wenn sie ihn sahen, dieses geheuchelte Interesse an seinem Befinden.
Nein, damit war nun endgültig Schluss. Niemals würde er sich den Schikanen der anderen wieder hingeben, niemals würde er zum Gespött gemacht werden. Aber das Beste an allem war, dass er wenigsten einen Freund besaß, einen auf den er sich blind verlassen konnte. Alan II.
Mit diesen Erinnerungen und dem Blick auf die dunkle Stadt, die sich hinter seinem Fenster lag, hatte er einen Entschluss getroffen.
„Alan, ich denke du solltest dich langsam fertig machen, wenn du es durchziehen willst“, sagte er zu sich selbst mit dieser verstellten Stimme, die er Alan II verliehen hatte. „Ich weiß, mein Freund, ich weiß“, gab er sich zur Antwort und nahm das Gewähr, welches er neben sich gestellt hatte auf. Dann ging er durch den kleinen Flur, in dem immer noch der Leichnam seiner Frau lag, und ging zur Vordertür. Bedächtig und fast schon ein bisschen sentimental, ergriff er die Klinke und drückte sie herunter, er wusste, dass es das letzte Mal sein würde, dass er das tat. Dann trat er hinaus in das Treppenhaus, durchquerte es und begab sich auf die Straße.
Die Luft war angenehm kühl und fühlte sich großartig an auf seiner Haut. Tief atmete er ein. Ein leichter Geruch vom frisch gemähtem Gras, stieg im angenehm in die Nase.
Für einen Moment schloss er die Augen und genoss es. Dann öffnete er sie wieder und blickte auf die Straße vor sich, die ruhig und verschlafen vor ihm lag. Schließlich hob er die Flinte, legte auf eine der Laternen an und schoss. Der knall war dieses Mal nicht so laut, wie in dem kleinen Kelleraufgang, aber dennoch deutlich vernehmbar. Die Neonleuchte zerplatzte und rieselte in winzigen Scherben auf die Straße nieder. Ein Jauchzer der Freude stieg in seiner kehle auf, aber er ließ ihn nicht heraus. Denn noch war es nicht an der Zeit mit lautem Juchu durch die Straße zu ziehen, noch nicht.
Alan sah wie die ersten Lichter in den Häusern angingen und sich schlaftrunkene Schatten darauf zubewegten. „Jetzt ist es endlich soweit“, quietschte Alan II beinahe. „Ja so ist es“, sagte Alan und begann damit weiter die Straße entlang zu laufen.
Gerade als er erneut einen Schuss abgeben wollte, öffnete sich eines der Fenster und ein bleiches Altmännergesicht zeigte sich.
„Was zum Teufel ist denn da unten los? Was soll der Lärm, ich will schlafen“, rief der Alte.
„Keine Sorge, du wirst deinen Schlaf gleich wieder haben du Drecksack“, rief Alan mit der
Stimme seines zweiten Egos, nahm dann erneut den Lauf nach oben, richtete ihn auf den Kopf des Alten und drückte ab. Der Kopf des alten, explodierte wie eine reife Melone in die man einen Sylvesterknaller gesteckt hatte. Sofort sackte der Körper in sich zusammen und fiel in den Raum zurück. Erneut wurden rufe Laut und andere Fenster öffneten sich. „Ja, herrlich. Kommt nur alle zusammen, ich hab hier genug für jeden von euch“, sagte Alan und begann wahllos auf die Leute zu schießen.
Das ganze Szenario hatte etwas von einem Western an sich. Alan fühlte sich beinahe wie Clint Eastwood, der sich den Weg aus der Stadt frei schoss. Einige traf er in die Brust, wo die Kugeln die er Abfeuerte, große rußgeschwätzte Löcher hinterließen. Andere traf er nur am Arm, so dass diese schreiend von den Fenstern wichen. Wieder andere traf er in den Kopf, so wie den alten mit dem er angefangen hatte. Die meisten von ihnen wussten noch nicht einmal was sie traf. Ihre toten Körper sackten einfach zusammen oder kippten nach vorn über und klatschten dann mit einem nassen Geräusch auf die Straße. „Mein Gott! So ruf doch jemand die Polizei, da ist ein Irrer auf der Straße“, hörte Alan eine Frau links von sich kreischen. Sie stand an ihrem Fenster und schaute gebannt hinaus. Alan war schon an ihrem Haus vorbeigelaufen, sie rechnete aber nicht damit, dass er sich zu ihr umdrehte und auch ihr eine Kugel durch den Kopf jagte.
Alan schoss so lange auf die Menschen, die in ihrem Tran nicht wussten was sie taten und an die Fester gingen um nachzusehen, bis die Munition nachgeladen werden musste. Während er das tat, konnte er schon vom weiten die Sirenen hören, die sich rasant auf ihn zubewegten. Hier und da, vernahm er auch einige rufe von Leuten, die andere warnen wollten in Deckung zu gehen. Einer der Rufer hatte ihn sogar erkannt. „Mein Gott, das ist ja Alan Richards. Er hat den Verstand verloren“, rief diese Stimme. Doch Alan kümmerte sich nicht darum, er lud das Gewähr in aller Seelenruhe.
Kaum hatte er das getan, konnte er auch schon die ersten Rundumleuchten der Polizeifahrzeugen sehen, die auf ihn zu kamen. „Na sieh mal einer an, da kommt ja auch schon die Kavallerie“, sagte Alan II und lachte. „Sollen sie kommen“, sagte Alan und zielte auf den sich auf ihn zufahrenden Streifenwagen und schoss. Der vordere Scheinwerfer explodierte in tausend Scherben, der nächste Schuss zerfetzte den Kotflügel und der Wagen kam ins Schleudern, stellte sich quer zur Fahrbahn, kippte auf die Seite und rutschte noch einige Meter, bis es schließlich ganz zum Stehen kam. Alan konnte den Fahrer sehen, der benommen im Fond des Wagens lag. Alan richtete den Lauf der Waffe auf ihn und ging auf ihn zu. Der Fahrer lag söhnend auf dem Rücken. Blut lief ihm aus der Nase. Alan sah ihn sich an, er schätzte ihn auf gerademal Anfang dreißig. Eigentlich war er ein recht gutaussehender Mann, doch in diesem Moment sah er eher kläglich und bemitleidenswert aus. Er sah zu Alan auf, der sich nun vor dem Wagen positioniert hatte und auf ihn zielte. Alan konnte gerade noch sehen wie sich seine Lippen zu einem „Bitte, nicht“ formten, dann drückte er den Abzug. Der Kopf des Mannes explodierte in einer Blutfontaine.
„Hui, was für ein Spaß“, sagte Alan II und freute sich diebisch an diesem grausamen Schauspiel.
Alan legte sich das Gewähr nun lässig über die Schulter und setzte seine Weg die Straße entlang fort. Sirenen erfüllten die Luft mit ihrem Geheul und gaben der Situation ein Apokalyptisches etwas. Doch Alan störte das nicht, eher im Gegenteil, er genoss es sogar. Er schlenderte weiter die Straße hinunter und schoss dabei weiter auf die Menschen, die den Fehler machten aus dem Fenster zu sehen um ihre Neugier zu befriedigen. Hier ein Mann da eine Frau, was sollte es. Es war egal wen er erschoss. Sie hatten es alle verdient, niemand würde ihn mehr für einen Waschlappen halten, niemand würde sich je wieder über ihn lustig machen, niemals wieder.
Seine Gedanken liefen im Kreis. Immer wieder dachte er dasselbe. Bis ihn schließlich die Scheinwerfer mehrerer Autos in gleißendes Licht hüllten. Abrupt blieb Alan stehen, kniff die Augen zu schlitzen zusammen und versuchte etwas zu erkennen, als ein Stimme, die ihm wie die Stimme Gottes höchst selbst vorkam, zu ihm sagte: „Legen sie sofort die Waffe vor sich auf den Boden und treten sie vier Schritte zurück“.
„Wenn du das machst werden sie dich auf der Stelle erschießen“, sagte Alan II in seinem Kopf. „Sie werden dich abknallen wie einen tollwütigen Hund“.
Ja! das würden sie bestimmt tun. Dachte sich Alan. Aber es stellte sich ihm auch die Frage, ob sie es nicht ohnehin tun würden? Also nahm er die Waffe vorsichtig von seiner Schulter und richtete sie direkt au die Lichter. „Ich warne sie, legen sie sofort die Waffe vor sich auf den Boden und treten sie vier Schritte zurück, oder wir eröffnen das Feuer auf sie“, bellte ihn die Stimme an. Alan lächelte nur dümmlich, legte an und feuerte.
Der Kugelhagel, der nun auf ihn abgegeben wurde riss ihn von den Beinen. In seinen Armen, Beinen und seiner Brust tobte ein unbeschreiblicher Schmerz. Das Atmen fiel ihm plötzlich schwer. „Scheiße sie haben uns erwischt“, sagte Alan II. Alan selbst verstand nun nicht was um ihn herum vorging. Er lag auf dem Rücken, versuchte krampfhaft richtig Luft zu holen, während über ihm der sternklare Himmel sein kaltes Antlitz zeigte. „Los steh auf! Du musst hier weg!“, sagte Alan II. Alan versuchte es, aber er konnte seine Armen und Beine nicht bewegen. Er konnte einfach nur daliegen und in den dunklen Himmel starren. „Tja mein Junge das war es dann wohl“, sagte Alkan II höhnisch. „Was… soll… dass heißen“, hechelte Alan. Aber er bekam keine Antwort. Schließlich trat ein Gesicht in sein Blickfeld. Es war das kantige maskuline Gesicht eines Polizisten, der seine Waffe auf Alan richtete. Alan sah ihn stumm an, er merkte wie ihn eine Kälte beschlich. Er fror. Alan wollte das dem Polizisten sagen aber aus seiner Kehle drang nur ein gurgelnder Laut. Der Polizist sah auf ihn herunter, dann sah er in die Richtung rechts von ihm. Alan sah, dass der Polizist noch etwas schrie, aber er hörte ihn nicht. Eine endlose Stille hüllte ihn ein. Nicht einmal Alan II konnte er hören. Dann begann es dunkel um ihn herum zu werden. Erst langsam dann immer schneller. Das Gesicht des Polizisten löste sich auf. Alan dachte noch, wie schön es doch gewesen war, als Alan II noch bei ihm war, dann machte er noch einmal einen Atemzug, spürte wie seine Lunge brannte und dann driftete er in den Tod.

Alan Richards hatte an diesem Abend nicht nur sein Leben verloren. Alles in allem löschte er mehr als zwanzig Menschenleben aus. Damit hatte er sein Ziel erreicht, sämtliche Medien berichteten über ihn. Er war zum Schrecken der Nachbarschaft geworden. Sein anderes Ego hatte aber Recht behalten. Man würde noch Jahre über den Amoklauf von Alan Richards sprechen.

Impressum

Texte: Text und Layout By: Brian Oehlschlägel
Tag der Veröffentlichung: 25.06.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meine Freunde, die mich immer wieder bei meinen Ideen unterstützen.

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