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Die Geschichte des Jason Lloyd



Doktor Eli Ribbon, betrat die Nervenheilanstalt von Springfield. In seiner rechten Hand trug er seinen kleinen Koffer, den er immer dabei hatte. Er war Mitte Vierzig, sein Haar war grau meliert und in seinem Gesicht bahnten sich die ersten Falten. Als Eli durch die große Eingangstür trat, empfing ihn der typische sterile Geruch, der in allen Krankenhäusern vorherrschte.
Ärzte mit weißen Kitteln und Klemmbrettern in den Händen liefen umher. In der Mitte das Eingangsbereiches befand sich die Anmeldung. Eli schritt zielstrebig darauf zu.
Eine blässliche Schwester saß hinter der Theke und kramte in irgendwelchen Akten. „Guten Tag“, sagte Eli nachdem er vor ihr stand und lächelte höflich. Die Schwester sah ihn ein wenig verdutzt an. „Was kann ich für sie tun?“, fragte sie.
„Mein Name ist Dr. Eli Ribbon. Ich bin die Vertretung von Dr. George Everett“, sagte er. Die Schwester musste einen Augenblick überlegen, aber dann fiel es ihr ein.
„Ja , aber natürlich. Entschuldigen sie bitte Doktor. Heute haben wir sehr viel zu tun, müssen sie wissen“. „Schon gut, das kann ich verstehen“, sagte Eli. „Bei wem muss ich mich melden?“ „Der Chefarzt, Dr. Scott erwartet sie schon in seinem Büro. Dazu müssen sie gleich links an den Aufzügen vorbei, dann durch die nächste Glastür am Ende des Ganges. Dann kommen sie zu den Büros, Dr. Scotts Büro ist das Vorletzte auf der linken Seite. Er erwartet sie schon“, sagte sie.
„In Ordnung, haben sie vielen Dank“, sagte er und folgte den Weg, den die Schwester beschrieben hatte. Etwa zwei Minuten später stand Eli vor der Bürotür von Dr. Scott. Eli klopfte an und wartete bis man ihn herein bat. Eine brummige Stimme rief, von der Tür gedämpft: „Herein“.
Eli öffnete die Tür und trat ein. Das Büro war nur spärlich eingerichtet. In der Mitte stand ein Tisch auf dem sich ein Computer befand. Davor stand ein nicht gerade bequem aussehender Stuhl, der für den Besucher gedacht war. An den weißen Wänden hingen jeweils rechts und links zwei Bilder, die eine herrliche Feld-, Wald- und Wiesenidylle zeigten. Hinter dem Tisch saß ein kleiner gedrungener Mann mit Brille, Glatze und einen nicht unerheblichen vorstehenden Bauch.
„Dr. Scott nehme ich an?“, sagte Eli. „Ja, das ist richtig. Sie müssen dann wohl Dr. Eli Ribbon sein“. Eli nickte. „Bitte setzten sie sich doch“, sagte Dr. Scott und deutete auf den Stuhl vor ihm. Eli zog ihn sich heran, setzte sich und stellte seinen Koffer neben sich auf den Boden. „Nun Dr. Scott, wie kann ich ihnen helfen?“ Dr. Scott sah Eli an und lächelte. „Schön, dass sie fragen. Wie sie wissen sind sie als Ersatzmann für Dr. Everett hier. Und dass nicht ohne Grund. Denn sie sind genauso auf schwere Fälle spezialisiert, wie ihr Kollege“.
Nun ja, ich kenne mich mit den verschiedensten Geisteskrankheiten aus“, sagte Eli.
„Sehen sie und genau deshalb sind hier. Sie müssen wissen, dass sie einen sehr Guten Ruf haben“.
„So, habe ich das?“
„Ja, in der Tat. Um die Sache aber auf den Punkt zu bringen, es geht um einen speziellen Patienten. Sein Name ist Jason Lloyd. Bevor man ihn zu uns brachte, war er ein anerkannter Schriftsteller. Vielleicht haben sie schon mal was von ihm gehört?“ Eli schüttelte den Kopf. „Nicht? Nun das macht nichts. Als man ihn zu uns brachte, machte er einen Völlig normalen Eindruck. Bei Gesprächen mit ihm konnte man durchaus mit einer klaren Antwort von ihm rechnen“, sagte Dr. Scott. Und was Genau ist nun das Problem?“, wollte Eli wissen.
„Tja, dass ist es ja, weshalb sie hier sind. Einer seiner Pfleger kannte ihn und seine Bücher, er fragte ihn ob er nicht etwas für ihn schreiben könne und brachte gleich eine Schreibmaschine mit und stellte sie ihm hin. Doch als Mr. Lloyd sie sah, schrie er wie am Spieß. Er versuchte sich unter das Bett in seinem Zimmer zu verstecken, als das nicht klappte, weil die Betten in den Zimmern sehr niedrig sind, schlug er den Kopf vor die Wand und schrie den Pfleger an sie wieder weg zu nehmen. Kurzum er rastete völlig aus“.
„Das klingt für mich, als leide er unter eine Art Angstzustand“, sagte Eli.
„Das dachten wir am Anfang auch, aber bei den Gesprächen die Dr. Everett mit ihm führte, kristallisierte sich schnell heraus, das er fest der Meinung ist, das alles was er schreibt auch in Wirklichkeit passiert. Sie müssen wissen, dass er zumeist über irgendwelche abstrusen Dinge schrieb, wie Monster, die Menschen auflauern und sie dann zerfleischen und solchen Dingen“.
"Also hat er sich die Horrorspate auserkoren“, sagte Eli. „Ja, richtig“, erwiderte Dr. Scott. „Und er behauptet tatsächlich, dass alles was er schreibt, in Wirklichkeit geschieht?“.
„So ist es“, sagte Dr. Scott. Eli schwieg eine Weile und überlegte. Denn das war etwas wovon er noch nichts gehört hatte. Das Krankheitsbild, was Dr. Scott ihm beschrieben hatte, passte nicht ganz in ein Bild. Zum einen zeigten sich Symptome von Paranoia und zum anderen schien es eine Phobie zu sein. „Das ist ein seltsamer Fall, wenn ich das mal sagen darf“, sagte Eli.
„Nun, Dr. Everett fand es sehr erstaunlich, wie sich zwei Krankheitsbilder zusammengefügt haben“, sagte Dr. Scott. „Das kann ich mir vorstellen, auch ich habe damit so meine Schwierigkeiten. Denn es ist nicht normal zwei unterschiedliche Krankheiten in einem Fall wie diesem Mr. Lloyd zu haben“, sagte Eli. Wieder schwiegen sich die beiden Männer für einen kurzen Moment.
Schließlich brach Dr. Scott das schweigen. „Ich glaube, wir sollten uns mal Mr. Lloyd vorstellen, damit sie sich direkt ein Bild von ihm machen können“. „Vermutlich haben sie da recht, vielleicht kann ich so etwas mehr über ihn in Erfahrung bringen“. „Gut“, sagte Dr. Scott.
Beide Männer erhoben sich von ihren Plätzen, wobei Eli es als eine Wohltat empfand wieder von dem unbequemen Stuhl aufstehen zu können. Dr. Scott öffnete die Tür und ließ Eli den Vortritt. Sie gingen durch den Flur auf die Glastür zu, durch die Eli schon bei seiner Ankunft auf seinem Weg zu Dr. Scott gekommen war. Anschließend begaben sie sich zu den Fahrstühlen. Eli drückte auf die Ruftaste. Dr. Scott stellte sich neben ihn und warte mit ihm auf den Aufzug.
Nach etwa zwei Minuten öffneten sich die Fahrstuhltüren und die beiden Männer stiegen ein. Dr. Scott drückte auf der Schaltleiste, den Knopf mit der Zahl drei. Der Fahrstuhl setzte sich gerade wieder in Bewegung, als Eli fragte: „In welch einer körperlichen Verfassung befindet er sich denn?“. Dr. Scott sah ihn einen Augenblick etwas verwirrt an, dann sagte er: „ Mr. Lloyd ist in bester körperlicher Verfassung“.
Eli nickte. Mit einem leichten Ruck blieb der Aufzug stehen. Die Türen schoben sich beiseite und Eli und Dr. Scott traten heraus. „Wenn sie mir nun folgen wollen“, sagte Dr. Scott und deutete Eli mit der Hand, sich nach links zu wenden. Sie gingen einen langen Flur entlang, der rechts und links von Zimmertüren gesäumt war. Ohne auf die Zimmernummern, die daneben angebracht waren, zu achten folgte Eli Dr. Scott.
Als sie etwa in der Mitte des Flures waren blieben sie stehen. Eli fiel auf, dass das Zimmer nicht verschlossen war. „Schließen sie ihre Patienten nicht ein?“, wollte er wissen. „Normalerweise schon, aber in diesem Fall ist es nicht erforderlich. Er kommt selbst nicht aus seinem Zimmer heraus, er hat Angst eine Schreibmaschine oder etwas in der Art zu begegnen“, sagte Dr. Scott. Eli fand das sehr seltsam, ungewöhnlich. Vermutete aber, dass es an dem Bekanntheitsgrad von Lloyd lag, dass Dr. Scott ihm so etwas durchgehen ließ.
Dr. Scott klopfte leicht gegen die Tür, öffnete sie und trat ein. Das Zimmer selbst unterschied sich nicht von anderen Krankenzimmern, die Eli schon in seinem Leben gesehen hatte. Es war Weiß gehalten mit einem Bett in der Mitte und einem kleinen Tisch unterhalb des Fensters. Auf einem Stuhl saß ein Mann, den Eli schon einmal in den Nachrichten gesehen hatte.
„Dr. Ribbon, darf ich ihnen Mr. Jason Lloyd vorstellen“, sagte Dr. Scott. Der Mann sah die Beiden herein kommenden Männer an und lächelte. Wenn Eli Lloyd hätte beschreiben müssen, hätte er nur sagen können, dass er ein völlig neutrales Gesicht hatte, zerzauste dunkle Haare und blassblaue Augen. „Schön sie kennen zu lernen“, sagte Eli zu Lloyd und streckte ihm die Hand entgegen.
Jason Lloyd sah sie einen Moment lang nur an, dann nahm Jason Eli´s Hand und schüttelte sie. „Es ist auch nett sie kennen zu lernen“, sagte Jason. „Nun“, sagte Dr. Scott der neben Eli stand, „Da wir uns nun alle einander Vorgestellt haben, werde ich sie beiden nun allein lassen, denn es warten auch noch andere Aufgaben auf mich“.
„Sind sie mein neuer Arzt?“, fragte Jason und blickte dabei zu Eli. „Ja, aber nur vorübergehend bis Dr. Everett wieder gesund ist“, sagte Eli und lächelte Lloyd an.
„Haben sie denn noch Fragen, bevor ich gehe?“, sagte Dr. Scott.
„Nein ich denke wir werden uns gut verstehen. Nicht wahr Mr. Lloyd?“. Doch sagte dieser nichts dazu, stattdessen nickte er nur freundlich. „Sehen sie“, sagte Eli. „Gut, sollten sie aber dennoch fragen haben, dann wissen sie ja wo sie mich finden“, sagte Dr. Scott und verließ das Zimmer. „Darf ich mich zu ihnen setzen“, fragte Eli, nachdem Dr. Scott das Zimmer verlassen hatte. „Wenn sie möchten gern“. Eli nahm gegenüber Jason Platz. „So sie sind also Schriftsteller wie ich gehört habe. Stimmt das Mr. Lloyd?“, begann Eli das Gespräch mit ihm. „Nennen sie mich ruhig Jason, das hat auch Dr. Everett getan“. „Gern, wenn sie es so möchten“. „Ja ich war Schriftsteller. Aber seitdem ich weiß was geschieht, wenn ich schreibe…“.
„Was geschieht denn wenn sie schreiben Jason?“, fragte Eli und tat so als würde er die Vorgeschichte nicht kennen. „Es passieren dann schreckliche Dinge“. „Was denn für schreckliche Dinge?“, wollte Eli wissen. Jason sah sein gegenüber stumm an, er versuchte etwas in seinem Gesicht zu lesen, etwas wie Schabernack, ein Zeichen davon, dass er ihn auf den Arm nehmen will, aber er konnte nur aufrichtige Neugier erkennen.
„Menschen sterben durch meine Geschichten“, sagte er. „So, ist das so!“, entgegnete Eli und öffnete seinen kleinen Koffer, um seinen Block und einen Stift heraus zu nehmen. Jason seufzte als er es sah. „Stimmt etwas nicht mit ihnen Jason?“, wollte Eli wissen. „Nein, es ist schon in Ordnung. Dr. Everett hat auch immer etwas notiert, wenn er sich mit mir unterhalten hat“, sagte er. „Ich muss nichts Notieren, wenn sie das nicht möchten“, sagte Eli und legte Block und Stift an den Rand des Tisches.
„Also, wie kommen sie denn zu der Überzeugung, dass Menschen sterben, wenn sie etwas schreiben?“. „Anfangs habe ich es gar nicht bemerkt. Wissen sie, ich schrieb meine kleinen Gruselgeschichten immer wenn ich Zeit dazu hatte und nicht gerade zur Arbeit musste. Irgendwann vor ein paar Jahren wurde ein Verleger auf mich aufmerksam. Sein Name war Jack Morris. Er fand meine Geschichten lesenswert und machte mir ein Angebot. Ich fühlte mich geehrt und nahm es an. In den nächsten Monaten wurden meine Geschichten zu einem Marktschlager. Jeder wollte sie haben. Die Druckereien kamen gar nicht mehr so schnell mit dem Nachdruck hinterher, wie die Bücher aus den Läden getragen wurden“.
„Das ist doch Großartig für sie Jason. Wer kann schon von sich behaupten quasi über Nacht zu einer Berühmtheit zu werden?“, sagte Eli.“
Bis dahin lief ja auch noch alles in geregelte Bahnen!“.
„Und was hat sich Geändert?“, fragte Eli.
„Eines Tages kam Jack Morris auf mich zu und fragte mich, ob ich ihm nicht eine Geschichte zu Halloween schreiben könnte. Er hatte nämlich vor eine Feier zu geben und fand die Idee eine Geschichte von mir an diesem Abend vorzutragen erstklassig“. „Und? Haben sie sie ihm geschrieben?“, fragte Eli. „Selbstverständlich habe ich das, schließlich schlägt man ja nicht die Bitte eines Mannes aus, dem man seine Kariere verdankt“. Eli nickte, er war fasziniert von Jasons Geschichte. „Jack wollte aber keine der herkömmlichen Geschichten, in denen fiktive Personen die Hauptrolle spielten, nein, er wollte, dass ich an Stelle einer erfundenen Person, ihn selbst zum Hauptcharakter mache. Ich fand die Idee irgendwie lustig und begann gleich am nächsten Tag damit eine Geschichte zu schreiben“. „Und von was handelte die Geschichte?“, wollte Eli wissen. „Es war eine Gruselgeschichte in der Jack die Hauptfigur war, die am Ende von einem Sensenmann enthauptet wurde“, sagte Jason und seine Stimme zitterte dabei.
„Und was ist geschehen, als sie sie fertig geschrieben haben?“ Jason sah Eli nun skeptisch an. „Was meinen Sie wohl was geschehen ist? Zwei Tage nach Halloween fand man seine Leiche in seinem Wohnzimmer. Er Hatte keinen Kopf mehr. Man hat sein ganzes Haus umgekrempelt, aber sein Kopf war verschwunden, genauso wie in der Geschichte. Als ich davon hörte, viel es mir sofort auf und ich machte mir schreckliche Vorwürfe. Ich ging zur Polizei und erzählte ihnen alles. Denn ich habe Jack ja mit meiner Geschichte umgebracht. Aber keiner glaubte mir, stattdessen schickten sie mich wieder fort und lachten. Ich hatte keine andere Wahl, als mich hier in dieser Anstalt selbst einzuweisen“.
Nun verstand Eli, wie er an so einen Ort gekommen war. Nun stellte sich ihm die Frage, wie er Jason behandeln sollte? Schließlich war er ja nicht verrückt im wörtlichen Sinne. Eli hätte eher gesagt, dass er sich einer Wahnvorstellung hingegeben hatte. „Sie glauben mir auch nicht, stimmt’s? Genauso wie Dr. Everett!“ „Wissen sie Jason, es ist wirklich schwer zu glauben. Und dass ein Mensch aufgrund einer ihrer Geschichten stirbt ist einfach abstrus. Aber ich weiß, wie sie ihre Geschichte beweisen können. Schreiben sie eine Geschichte über mich“, sagte Eli. Jason wurde blass, seine Augen weiteten sich, sodass man hätte meinen können, sie würden aus den Höhlen springen.
„Das kann doch nicht ihr ernst sein“! „Doch ist es“, antwortete Eli und lächelte Jason dabei an. „Aber das würde ihren Tod bedeuten“. Eli lachte: „Ich glaube eher nicht. Wissen sie ich möchte, dass sie keine Horrorstory über mich schreiben, nein, was halten sie denn von einer Liebesgeschichte? Ich denke, dabei kann mir doch wohl nichts Schlimmes geschehen, oder?“ Jason sah ihn weiterhin an. In seinem Kopf schienen sich seine Gedanken zu überschlagen.
Eine Liebesgeschichte? Konnte er sowas überhaupt, bisher hatte er doch nur Horrorstorys verfasst. Aber es käme auf einen Versuch an, schließlich konnte ja bei so einer Story wirklich nichts geschehen, oder?
„Ich weiß nicht, ob ich das tun soll“, sagte er zu Eli.
„Aber, aber, was soll schon geschehen? Wenn tatsächlich das eintritt, was sie schreiben, na dann umso besser. Es wird mir nichts anderes passieren, als das ich mich verliebe“, sagte Eli und gab seiner Stimme mit ein wenig Optimismus Nachdruck. „Na gut“, sagte Jason, Aber auf ihre Verantwortung“.
„Natürlich. Sie brauchen sich keine Gedanken um mich zu machen. Ich bin weder Verheiratet noch lebe ich in einer Beziehung, sollte also alles so eintreffen wie sie es schreiben, gibt es da niemanden der aus Eifersucht oder dergleichen einen Mord an mich verüben wird. Außerdem verspreche ich ihnen dann, dass ich dann dafür sorgen werde, dass sie entlassen werden“.
„Ich brauche dann aber was zum Schreiben“, sagte Jason. „Kein Problem. Hier nehmen sie meinen Stift und meinen Block“, sagte Eli und schob Jason die Sachen über den Tisch. „Danke“, sagte Jason. „Was meinen sie wie lange brauchen sie wohl für die Geschichte?“, fragte Eli.
Jason überlegte einen Moment und sagte: „Ich denke das ich sie bis morgen Nachmittag fertig habe“. Eli blickte auf seine Uhr, die er am Arm trug. Es war schon nach Zwei. „Nun gut, dann möchte ich sie für heute auch nicht länger belästigen. Ich muss nämlich noch einiges erledigen. Aber ich verspreche ihnen, das ich morgen Nachmittag, sagen wir mal so gegen Fünf wieder hier sein werde, ist ihnen das Recht?“. „Bis dahin bin ich wahrscheinlich schon seit mindestens einer Stunde fertig, aber das macht nichts, in der Zeit in der ich auf sie warte, kann ich noch einmal Korrektur lesen“. „In Ordnung, tun sie das“, sagte Eli und erhob sich von seinem Stuhl.
Bevor Eli das Zimmer verlies, schüttelten sich die beiden Männer die Hände.
Nachdem Eli sein Zimmer verlassen hatte saß Jason vor dem Block und starrte darauf. Wie sollte er eine Liebesgeschichte schreiben, wenn er doch nichts anderes als Horror und Grusel geschrieben hatte. Er wandte seinen Blick vom Blatt ab und stattdessen zum Fenster hinaus. Draußen schien es kalt geworden zu sein, der Herbst hatte Einzug gehalten und damit begonnen den Bäumen ihre Blätterpracht zu nehmen. Ein leichter Wind bewegte die Äste, der Himmel war grau und verkündete vom Regen, der nicht lang auf sich warten lassen würde.
Jason wusste nicht wie lange er sich dieses Schauspiel angesehen hatte, doch das war ihm auch egal, denn mit einem Mal hatte er eine Idee. Ja, das könnte funktionieren, dachte er sich und begann den Titel der Geschichte auf das erste Blatt des Blockes zu kritzeln. Der Titel lautete: Brennende Liebe.
Kaum hatte er den Titel geschrieben, kam es Jason so vor, als würden seine Finger den Verlauf der Geschichte schon kennen, noch bevor er sie eigentlich in seinem Kopf hatte. Die Wörter flossen praktisch auf das Papier und füllten so Seite um Seite.
Als Eli am Abend auf dem Weg nach Hause war, musste er immer wieder an Jason denken. In was hatte er sich da nur verrannt? Er fuhr mit seinem Auto die Mainstreet entlang, der Verkehr war verhältnismäßig ruhig. Als er schließlich vor seiner Wohnung einen Parkplatz gefunden hatte, den Motor abstellte und ausstieg, bemerkte er, dass er zu schwitzen begonnen hatte. Dabei war es nicht besonders warm. Hoffentlich habe ich mir keine Erkältung eingefangen, dachte er und holte seine Schlüssel aus der Tasche.
Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf und trat ein. Als er die Tür hinter sich schloss und seinen Koffer abgestellt hatte, wischte er sich mit der Hand die Stirn. Warum war ihm nur plötzlich so warm? Hatte er auch schon im Krankenhaus so geschwitzt? Eli hatte nicht darauf geachtet. Er ging in die Küche, öffnete einen der Schränke in dem sich Gläser befanden, nahm eines heraus und ließ es mit Wasser aus dem Hahn ein. Hastig trank er es aus und füllte nach. Sein Hals begrüßte das kühle Nass, wie ein verdurstender in der Wüste.
Er stellte das Glas dann beiseite und wischte sich erneut über die Stirn. Mittlerweile war ihm unangenehm Heiß. Was ist nur los mit mir, dachte er und öffnete sein Hemd, welches mittlerweile klatschnass war.
Eli beschloss sich eine kalte Dusche zu gönnen und ging ins Bad. Dort angekommen zog er sich aus, stellte sich unter die Brause und ließ seinen Körper von den kalten Strahlen überlaufen. Für einen Augenblick empfand er eine Wohltuende Kühle auf seiner Haut, aber dieses Gefühl hielt nicht lange an. Es schien als würde das Wasser auf seiner Haut sich erwärmen. Das war doch unmöglich. Sowas konnte doch einfach nicht möglich sein. Nach etwa zehn Minuten, hatte er das Gefühl, als würden die Wasserstrahlen zu kleinen Nadeln, die seine Haut malträtierten.
Schnell dreht er die Dusche ab und trat ins Bad. Als er vor dem Spiegel, welcher sich über dem Waschbecken befand, stellte, war ihm als stünde er in einem Ofen. Die Hitze schien immer mehr zu zunehmen. Was geschah mit ihm? Eli bekam es mit der Angst zu tun. Plötzlich dachte er, dass seine Fußsohlen auf Herdplatten stehen würden. Er schrie auf und sprang von einem Fuß auf den Anderen. Dann durchzog ein stechender Schmerz seine Arme und Beine. Die Haut auf seinem Rücken spannte sich. Seine Hände wurden Krebsrot und das kleine Häutchen zwischen Daumen und Zeigefinger riss auf.
Blut schoss aus der Wunde, allerdings war es nicht Rot und Flüssig, sondern blass rosa und bildete kleine Bläschen. In wilder Panik tanzte Eli in seinem Bad, jeder, der es gesehen hätte, hätte es wahrscheinlich für Ulkig erachtet. Nun konnte Eli keinen klaren Gedanken mehr fassen sein ganzer Körper schien aus Schmerz zu bestehen. Er schrie. Auf seinen Armen bildeten sich nun große Blasen, die Aufplatzten und eine Mischung aus Blut und Eiter zu Tage förderten.
Sein Haar begann sich zu kräuseln. Seine Schreie hallten durch das Bad. Eines seiner Augen platzte mit einem floppenden Geräusch. Das andere war mit einem grauen Film überzogen, sodass er sein Umfeld wie durch einen Nebelschleier sah. Schließlich brach er zusammen und blieb in zuckenden Bewegungen liegen. Eli verbrannte innerlich.
Als man seine Leiche fand, war nicht mehr viel von ihm übrig. Ein Nachbar hatte seine Schreie gehört und daraufhin die Polizei verständigt. Am Fundort fand man aber keinerlei Spuren einer Gewalttat. Es war ein Rätsel, wie der Mann so verbrennen konnte, noch dazu in seinem Bad und ohne irgendwelche Spuren von Brandbeschleuniger.
Zwei Tage später erfuhr Jason von dem Tod seines Arztes. Er erfuhr es aus der Tageszeitung. Als er den Artikel las, wurde ihm klar was geschehen war. Er hatte Eli auf dem Gewissen. Die Geschichte, die verdammte Geschichte. Er hätte sich nicht dazu überreden lassen sollen. Sicher es war eine Liebesgeschichte und er dachte, dass nichts geschehen würde. Nichts Schlimmes jedenfalls.
Doch hatte er nicht auf seinen Titel geachtet.

Brennende Liebe.

Diese beiden Wörter waren das entscheidende. Acht Stunden hatte er geschrieben und darauf geachtet, das nichts Unheimliches oder schreckliches in der Geschichte geschah. Aber den Titel hatte er dabei völlig außer Acht gelassen. Jason legte die Zeitung weg. Seine Augen waren Tränen gefüllt. Dieses Unglück würde er niemals wieder rückgängig machen können, niemals, aber er würde dafür sorgen können, dass sowas niemals mehr geschah. Jasons blick viel auf den Block, den Eli ihm da gelassen hatte. Eli´s Geschichte lag daneben. Der Stift lag noch oben auf. Er nahm den Block und den Stift, eine Geschichte musste er noch schreiben. Eine ganz besondere. Eine, die dafür sorgen würde, dass sowas nie mehr geschehen konnte. Für einen Moment sah Jason auf das leere Blatt. Dann umspielte ein Lächeln seine Mundwinkel und er begann mit der Überschrift.

Die Geschichte des Jason Lloyd.


Impressum

Texte: Text Brian O. alias Brian Oehlschlägel
Tag der Veröffentlichung: 08.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

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