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Kapitel 1

 

 

Zacharias wachte mit schmerzendem Kopf auf. Um ihn herum herrschte tiefe Dunkelheit. Als er sich aufrichten wollte, merkte er, dass er gefesselt war. Man hatte ihn auf einer Art Pritsche gebunden.

Wo war er? Was war geschehen? Jemand hatte ihn von hinten niedergeschlagen, als er auf dem Weg zu seinem Bruder Nathanael, dem König, war. Er, Zacharias, war dessen erster Ritter. Insgesamt waren sie sieben und jedem unterstanden eine Handvoll Kämpfer. Die Ritter wohnten alle bei Nathanael in einer Festung, die auf einem Hügel über der stetig wachsenden Stadt lag.

 

„Endlich aufgewacht?“ fragte eine weibliche Stimme in seine Gedanken hinein.

„Wo….wo bin ich?“ wollte Zacharias wissen. „Und was wollt Ihr von mir?“

„Du bist bei mir, in meiner Festung hoch über dem Meer.“ bekam er zur Antwort. „Und was ich will? Ich will wissen, was euch so stark macht, dass ihr meine bisher unsterblichen Geschöpfe töten könnt.“

Zacharias spürte, dass sich die Person ihm näherte. Eine Hand strich leicht über seine Brust, die, wie er merkte, nackt war, ebenso der Rest seines Körpers. Langsam glitt die Hand an seinem Körper hinab, blieb zwischen seinen Beinen liegen.

„Du fühlst Dich gut an.“ schmeichelte sie ihm. „Und das,“ sie umfasste seinen Schwanz, „fühlt sich besonders gut an.“

Obwohl Zacharias sich innerlich wehrte, wurde sein Schwanz groß und hart in ihrer Hand.

„Er ist so groß, so hart. Ganz anders als bei allen bisher Dagewesenen,“ murmelte sie. „Ich will ihn kosten, ihn ganz tief in mir spüren.“

Kaum hatte sie den Satz beendet, spürte Zacharias ihre Lippen seinen Schwanz umschließen. Mit ihrer Zunge umkreiste sie dessen empfindliche Spitze.

„Was….was tut Ihr?“ stöhnte Zacharias auf. „Bindet mich los und ich werde es Euch besorgen.“

„Oh nein,“ fuhr sie ihn an, drückte hart seine Eier. „Ich werde mir nehmen, was ich will, wann immer ich es will. Deine Aufgabe ist es, still dazuliegen und dafür zu sorgen, dass er lange hart bleibt.“ Wieder drückte sie seine Eier zusammen. „Verstanden?“

Als Zacharias nicht antwortete, schlug sie ihm hart ins Gesicht.

„Hast Du verstanden? Dann antworte mit ‚Ja, Herrin.‘ schrie sie ihn an, aber er schwieg. Wütend schlug sie ihm härter ins Gesicht. „Antworte!“ schrie sie bei jedem Schlag.

„Zara, Liebling. Was geht hier vor?“ Das Licht einer Laterne erhellte den Raum, in deren Schein Zacharias einen großen, hageren Mann erblickte.

„Er weigert sich, mir zu antworten,“ erwiderte die mit Zara angesprochene. Nun konnte Zacharias auch sie sehen. Ihr Haar war pechschwarz und lang, offen fiel es über ihre Schultern. Ihre Kleidung bestand aus einem langen, weißen Gewand, welches recht durchsichtig war.

„Sei doch nicht so ungeduldig, mein Schatz. Er wird uns schon noch verraten, was wir wissen wollen,“ versuchte er sie zu beruhigen.

Mit hocherhobener Laterne trat der Mann näher. „Er scheint nicht nur körperlich stark zu sein. Sein Schwanz scheint auch recht kräftig zu sein. Würde es Dir gefallen, ihn zu spüren?“

„Zorian, mein Lieber, es würde Dir nichts ausmachen?“ säuselte Zara, sah gierig auf Zacharias Schwanz.

„Mein Schatz, alles, was Dich glücklich macht, macht auch mich glücklich.“ erwiderte er, küsste ihre Hand. „Leider kann ich Dir das Vergnügen nicht mehr bieten, kann Dich nur mit meiner Zunge und meinen Fingern beglücken. Ich habe durchaus Verständnis, dass es Dich nach einem dicken, harten Schwanz verlangt.“ Nun fasste auch er ihn an. „Oh, sehr standfest scheint er nicht zu sein.“ Er griff in die Tasche seines Mantels, holte ein kleines Fläschchen heraus. „Das wird ihm helfen, aufrecht zu stehen.“ Dann hielt er Zacharias Nase zu, so dass er zum Atmen den Mund öffnen musste, schüttete den Inhalt des Fläschchens in seinen Mund.

„Du bist der Beste.“ Zara küsste Zorian. „Würde es Dir gefallen, daran teilzuhaben?“

„Du kennst meine geheimsten Wünsche.“

Rasch zog Zara ihr Kleid aus, stieg über Zacharias, setzte sich, ihm den Rücken zugewandt, auf ihn. Zorian schob währenddessen den unteren Teil der Pritsche auseinander, so dass Zacharias mit gespreizten Beinen da lag. Zorian trat dazwischen, griff nach Zaras Brüsten, leckte über deren Spitzen, saugte an ihnen.

„Er ist so riesig.“ stöhnte Zara, sich langsam auf Zacharias bewegend. „Liebling, Du musst mir helfen, er bereitet mir Schmerz.“

Zorian schien zu verstehen, was sie meinte, er kniete sich vor sie, begann sie zu lecken.

„Ah!“ stöhnte sie auf und verfiel in einen wilden Ritt. „Deine Zunge vollbringt Wunder.“ stöhnte sie dabei.

Es wurde dunkel und Zacharias war wieder alleine. Bewegen konnte er sich nicht, war immer noch gefesselt. Auch waren seine Beine noch in gespreizter Stellung. Kein Licht drang in seine Zelle und er wusste nicht, ob es Tag oder Nacht war.

Zacharias wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, als er wieder sie Anwesenheit einer Person spürte. Er glaubte, Zara wäre wieder erschienen, um ihr perfides Spiel fortzusetzen. Kühles Wasser berührte seine Lippen und er roch gebratenes Fleisch.

„Was…?“

„Pst, nicht sprechen. Ich bin Samira, eine Dienerin der Fürstin und bringe Dir Essen. Niemand darf davon wissen.“ wurde ihm zugflüstert.

„Ich werde schweigen.“ versprach Zacharias ebenfalls flüsternd.

„Hör zu. Verweigere Dich ihnen nicht, dann wird Dir nichts geschehen.“

„Ihnen? Soll das heißen, dass auch er…?“ war Zacharias entsetzt.

„Nein, nein, er will nur zusehen. Es macht ihn geil. Er kann nicht mehr ficken, weiß aber um das Verlangen seiner Frau. Deshalb lässt er immer wieder junge, starke Männer herbringen, um es zu stillen. Auch hat er Angst, dass sie ihn verstößt.“

Während sie sprach, hatte sie ihn mit Fleisch gefüttert. Nachdem sie ihn nochmal trinken ließ, verschwand sie so lautlos, wie sie erschienen war.

 

Von nun an erschienen Zara und Zorian in unregelmäßigen Abständen. Anfangs lief es immer gleich ab, Zorian schüttete ihm etwas in den Mund, leckte Zara, während sie auf Zacharias ritt. Dann begannen Zacharias Kräfte nachzulassen, weil er seit langer Zeit kein Blut mehr getrunken hatte. Sein Schwanz blieb nicht mehr so lange steif, trotz des Trankes, und wollte schließlich gar nicht mehr hart werden.

Wütend darüber rief Zara nach der Wache, ließ Zacharias nach draußen bringen. Dort wurde er an einen Pfahl gebunden, wurde ausgepeitscht, bis sein Rücken von blutigen Striemen überzogen war. Die Wache schleifte ihn zurück in die Zelle, warf ihn auf die Pritsche, fesselte ihn.

„Ich hoffe, das war Dir eine Lehre und Du strengst Dich jetzt mehr an.“ sagte Zara. Sie und Zorian hatten kurz nach der Wache die Zelle betreten.

„Blut….ich brauche Blut.“ stammelte Zacharias mit geschlossenen Augen, wandte seinen Kopf hin und her.

„Endlich wissen wir, woher Sakuras Geschöpfe ihre Kraft beziehen.“ freute sich Zara. „Los, Zorian, gib ihm Dein Blut, ich will sehen, ob er wieder stark wird.“

„Warum meins?“ weigerte Zorian sich. „Ruf doch eine Deiner Dienerinnen. Sollte sie daran sterben, ist es nicht so schlimm.“

„Du hast wie immer Recht, mein Liebster.“ stimmte Zara zu. Sie wies die Wache an, ihr eine ihrer Dienerinnen zu bringen. Als diese mit einem verängstigten jungen Ding zurückkam, nahm Zara dessen Arm, schnitt ihr die Hand auf, presste sie auf Zacharias Mund. Zunächst weigerte sich Zacharias, von ihr zu trinken, aber dann siegte sein Durst. Hastig trank er ein paar Schlucke und Farbe kehrte in sein Gesicht zurück. Seine Wunden hörten auf, zu bluten, schlossen sich allerdings nicht. Dankbar blickte er die junge Frau an, trank noch ein wenig von ihr, verschloss ihre Wunde.

Fasziniert hatten Zara und Zorian zugesehen. „Verschwindet jetzt, lasst uns allein.“ befahl Zara der Wache und dem jungen Ding.

„Seine Wunden haben aufgehört zu bluten.“ war Zorian immer noch fasziniert.

„Was interessieren mich seine Wunden, ich will wissen, ob sein Schwanz wieder steht.“ winkte Zara ungeduldig ab. Aber dieser richtete sich trotz aller Bemühungen nicht auf.

„Warum rührt sich da nichts?“ tobte Zara. Zacharias grinste sie an. Das Blut, welches er getrunken hatte, stillte zwar seinen Hungen, ließ den Blutfluss stoppen, aber es gab ihm nicht die Kräfte, wie es das Blut der Jungfrauen tat. Aber er würde sich lieber die Zunge abbeißen, als es preiszugeben.

„Zara, Schatz, vergiss mal seinen Schwanz.“ versuchte Zorian sie zu beruhigen. „Überleg mal: Wir haben einen von Sakuras Geschöpfen in unserer Gewalt. Es eröffnet uns die Möglichkeit, herauszufinden, wo ihre Schwachstellen liegen. Das versetzt uns in die Lage, sie zu besiegen.“

„Du hast ja Recht wie immer.“ Zara legte ihre Arme um seinen Hals. „Aber das Auspeitschen hat mich so heiß gemacht, ich brauche Befriedigung.“

„Die sollst Du auch bekommen, ich rufe die Wache.“ Zorian riss Zaras Kleid hinunter, setzte sie nackt auf Zacharias Schoss. „Vielleicht macht ihn das ja geil.“ Er öffnete die Tür, rief die Wache herein.

„Ficke die Herrin.“ befahl er barsch. Perplex stand die Wache da, schaute von Zorian auf Zara.

„Jetzt mach schon, sonst lass ich Dich köpfen.“ Zorian stieß ihn zu Zara. Die Wache tat ihr Bestes.

„Zorian, Liebling, es war nicht das Gleiche, ich spüre immer noch das Feuer in mir.“ jammerte Zara.

„Komm, mein Schatz, gehen wir in unser Zimmer. Dort habe ich ein neues Spielzeug, seinem Schwanz nachempfunden.“ Zorian reichte ihr die Hand. „Damit werde ich das Feuer in Dir löschen.“

 

Kurz, nachdem Zara und Zorian fort waren, kam Samira leise herein. Schweigend fütterte sie ihn mit dem mitgebrachten Essen. Tränen schimmerten in ihren Augen.

„Es ist das letzte Mal, dass ich zu Dir kommen kann. Von nun an werde ich keine Möglichkeit mehr dazu haben.“ Bedrückt blickte sie zu Boden. „Warum hast Du Dich ihr verweigert? Jetzt wird für Dich ein Weg des Leidens beginnen, an dessen Ende Dich der Tod erwartet, so wie all die Männer vor Dir.“ Bevor Zacharias etwas erwidern konnte, war sie verschwunden.

Samira sollte Recht behalten. Kurz nach ihrem Verschwinden wurde die Tür aufgestoßen, zwei Wachen stürmten herein, banden ihn los, packten ihn und schleiften ihn in einen anderen Raum. Dort warfen sie ihn auf einen schmalen Holztisch, fesselten ihn erneut. Ihre Gesichter waren ausdruckslos, nur ihre Augen blickten höhnisch auf Zacharias. „Idiot.“ murmelte einer von ihnen, dann gingen sie hinaus. Da es hier ein Fenster gab, welches vergittert war, konnte Zacharias erkennen, dass es heller Tag war. Er sah sich um, sein Blick fiel auf etliche Foltergeräte, von denen einige aussahen, als wären sie ziemlich schmerzhaft. ‚Was hatten sie nun mit ihm vor?‘ ging es ihm durch den Kopf. Lange Zeit zum Nachdenken blieb ihm nicht, denn Zara betrat den Raum. Sie trug ein scharlachrotes Kleid, hatte ihr Haar zusammengebunden. Verächtlich sah sie auf Zacharias, fuhr suchend mit den Fingerspitzen über eine Anzahl Messer, nahm eins mit einer langen, schmalen Klinge. Mit einem hämischen Grinsen trat sie auf ihn zu, packte seinen Schwanz, hob die Hand, wollte zum Schnitt ansetzen. „Unbrauchbare Dinge sollte man entfernen.“ murmelte sie.

„Halt!“ kam es von der Tür her. Zorian stürmte herein. „Tu es nicht, es würde ihn töten. Und wir wissen immer noch nicht alles über sie.“

„Aber er ist nutzlos, zumindest für mich.“ widersprach Zara.

„Ja, ich weiß, aber ich habe hier etwas, was ihn wieder funktionieren lässt.“ Zorian griff in die Tasche seines Umhanges, holte einen kleinen Tiegel heraus. Mit dessen Inhalt rieb er Zacharias Schwanz ein. Es brannte wie Feuer, ließ ihn anschwellen. ‚Ich hasse Dich, Du verdammtes Ding.‘ dachte Zacharias wütend. ‚Wenn ich hier lebend herauskomme, werde ich Dich abschneiden.‘

„Du bist wundervoll, Liebster.“ Erfreut klatschte Zara in die Hände. „Wie lange wird es halten?“

„Du wirst Deine Gelüste stillen können.“ versprach Zorian, reichte ihr seine Hand, half ihr auf den Tisch zu steigen. Breitbeinig über Zacharias stehend, entledigte sie sich ihres Kleides, drehte ihm den Rücken zu, setzte sich auf ihn.

„Zorian, komm, Du weißt, was Du zu tun hast.“ Ihre Stimme klang befehlend. Gehorsam wie ein Hund trat Zorian heran, ging auf die Knie, spreizte ihre Scham, begann sie zu lecken.

„Jaaa, gut so, mach weiter.“ forderte sie ihn auf. „Oh, es macht auch mich ganz heiß, ich verbrenne.“

Hilflos lag Zacharias unter ihr, musste miterleben, wie ein Orgasmus den nächsten jagte, bis Zara erschöpft auf ihm zusammen sank.

„Es war herrlich, ich hoffe, Du hast noch mehr von dem Zeug.“ Zaras Stimme klang atemlos.

„Natürlich, mein Schatz. Aber nun komm, ich werde Dich auf Dein Zimmer bringen, damit Du Dich ausruhen kannst.“ Hilfreich hielt Zorian ihr seine Hand hin, half ihr hinunter. Er warf ihr seinen Umhang über, stützte sie, brachte sie hinaus.

In Zacharias wuchs der Hass auf Frauen. Vergeblich versuchte er, sich zu befreien, es gelang ihm nicht. ‚Heilige Mutter Sakura, wenn Du mich hörst, komm und hilf mir.‘ flehte er im Inneren, aber es kam keine Antwort. Stattdessen kam Zorian zurück. Nichts an ihm war mehr unterwürfig, im Gegenteil, er sah aus wie ein Rächer. Er hob das Messer auf, welches Zara hatte achtlos fallen lassen, wog es in seiner Hand.

„Hübsches Gesicht, großer Schwanz.“ sagte er grollend, während er sich Zacharias näherte. „So viele Männer brachte ich ihr, damit sie glücklich ist, aber sie bekam nie genug. Ich weiß, dass sie mich nicht liebt, mich nur bei sich behält, weil sie meine magischen Dienste benötigt. Als Dank dafür darf ich sie mit meiner Zunge beglücken und mit meinen geschickten Fingern. Das, was sie am meisten braucht, kann ich ihr nicht mehr geben.“ Er legte die Messerspitze an Zacharias Kehle, drückte sie leicht in seine Haut. „Weißt Du, ich liebe sie, liebe sie mehr als mein Leben. Wegen ihr habe ich überlebt. Der Preis dafür war hoch.“ Er zog eine Spur mit der Messerspitze über Zacharias Körper, ohne ihn zu verletzen, hielt kurz vor dessen Schwanz an. „Willst Du wissen, welchen Preis ich zahlen musste?“

„Hat man Dir die Eier abgeschnitten?“ höhnte Zacharias.

„Halts Maul, Du elender Mistkerl.“ Wütend stieß Zorian die Klinge in Zacharias Oberschenkel, drehte sie in der Wunde. Zacharias heulte vor Schmerz auf. Der lange Verzicht auf Blut ließ ihn Schmerzen empfinden. Mit bösem Grinsen stieß Zorian das Messer in den anderen Oberschenkel.

„Sieh mal an, die starke Rasse Sakuras empfindet Schmerz.“ stellte Zorian sarkastisch grinsend fest. „Mal schauen, wieviel Du aushältst.“ Gelassen entledigte er sich seiner Kleidung bis auf die Hose.

Zacharias Selbstheilungskräfte waren geschwächt, so dass sich seine Wunden nicht schlossen. Der zusätzliche Blutverlust ließ ihn noch schwächer werden.

Zorian hatte mit Schwung das Messer in einen Balken geworfen, wo es nun zitternd steckte. Stattdessen hielt er nun eine Peitsche in der Hand, an der sich neun dünne Lederriemen befanden. Damit schlug er ziellos auf Zacharias ein. Jeder Schlag hinterließ tiefe, blutige Striemen. Kein Laut drang mehr über dessen Lippen, fest biss er die Zähne zusammen. Als es kaum noch eine heile Stelle auf seinem Körper gab, ließ Zorian von ihm ab, trat ganz dicht an ihn heran, beugte sich über sein Gesicht. Zacharias erwiderte seinen Blick, spukte ihn an. Darüber geriet Zorian in Rage, griff sich einen Säbel, schlug ihn in Zacharias Gesicht. Nun klaffte eine Wunde von seiner rechten Augenbraue quer über die Nase, die linke Wange bis zum Ohr.

„Wache!“ schrie Zorian außer sich vor Wut. Als diese erschien, befahl er ihr, Zacharias an den Pfahl, der mitten im Raum stand, zu binden. Brutal stieß die Wache ihn mit der Brust dagegen, band seine Hände fest.

„Du kannst gehen.“ forderte Zorian die Wache auf. „Schließ die Tür hinter Dir und egal, was Du hörst, Du wirst diesen Raum nicht betreten.“

„Jawohl, Herr.“ Die Wache verneigte sich und ging hinaus.

„Und nun zu Dir, mein hübscher Junge.“ Ein Schlag traf Zacharias Kniekehlen, knirschend brachen seine Knochen. Ein weiterer Schlag brach seine Handgelenke. Erneut kam die Peitsche zum Einsatz, zerfetzte seinen Rücken. Vor Schmerz halb ohnmächtig hing Zacharias an dem Pfahl. Ein Schwall kaltes Wasser traf ihn. Zorian band ihn los, er sackte zu Boden.

„Warum tötest Du mich nicht?“ fragte Zacharias undeutlich.

Als Antwort bekam er einen heftigen Tritt in den Unterleib. An der Tür drehte sich Zorian nochmals zu ihm. „Töte Dich selbst, genügend Werkzeug ist ja vorhanden.“ Dann war Zacharias allein.

 

Jemand hielt ihm einen Becher an die Lippen, aus dem ein verlockender Duft emporstieg. Mühsam öffnete Zacharias seine geschwollenen Augen, sah zwei komplett schwarz gekleidete Personen vor sich. Das einzige, was von ihnen erkennbar war, waren ihre Augen, ein paar strahlend blaue, das andere Paar leuchtete in einem Grün, welches an junge Blätter im Frühling erinnerte, durch das die Sonne schien.

„Wer….?“ brachte Zacharias mühsam hervor, aber die Person mit den grünen Augen legte ihm den Finger auf die Lippen, bedeutete ihm so, zu schweigen. Hartnäckig hielt sie ihm den Becher an die Lippen, bis er schließlich trank. Er schmeckte warmes, frisches Blut. Gierig trank er den Becher aus. Dankbar sah er in die grünen Augen.

Die andere Person war größer und breiter. Beide trugen schmale, leicht gebogene Schwerter auf dem Rücken, bewegten sich schnell und lautlos, schienen sich nur durch Blicke zu verständigen. Solche Gestalten hatte Zacharias nie zuvor gesehen. Als er den Becher geleert hatte, warf ihm der Kleinere einen Umhang über, dann warf ihn der Größere über seine Schulter. Vorsichtig öffneten sie die Tür, spähten nach draußen, aber außer einer getöteten Wache war nichts zu sehen. Ihr Weg führte sie durch lange, dunkle Gänge, steile Treppen hinab, immer weiter nach unten. Die Luft wurde feucht, Zacharias hörte Meeresrauschen und Wellen, die gegen die Mauern schlugen. Am Ende des Ganges standen sie plötzlich vor einer dicken Mauer. Kein Fenster, keine Tür war dort und Zacharias glaubte die Flucht zu Ende und gescheitert. Wie durch Zauberhand drehte sich plötzlich ein Stück Mauer, gab einen Durchschlupf frei, so schmal, dass nur eine Person hindurch passte. Auf der anderen Seite standen sie auf einem schmalen Sandstreifen, links ragten steile Klippen auf und rechts befand sich das Meer, welches in der Dunkelheit bedrohlich aussah. Immer wieder schickte es seine Wellen auf den Sand.

Die Nacht war dunkel und mondlos, man konnte kaum etwas erkennen, nur der Sand leuchtete hell. Im Schutz der hohen Klippen folgten sie dem Streifen, der immer schmaler wurde, da die Flut kam. In kurzer Zeit reichte ihnen das Wasser bis zu den Hüften. Immer wieder spritzte Wasser auf Zacharias, das Salz brannte in seinen Wunden. Immer noch hing er über der Schulter einer seiner Retter. Aber was nutzte ihnen die Flucht aus der Festung, wenn das Meer sie nun holte? Kaum hatte er zu Ende gedacht, da verließen sie den Strand, folgten einem schmalen Pfad nach oben. Dichter Wald lag vor ihnen und im Schatten der Bäume warteten zwei schwarze Pferde auf sie. Zacharias wurde quer über den Rücken eines der Tiere geworfen, dann schwang sich sein Retter ebenfalls hinauf. Auch der Andere saß auf und im wilden Galopp ging es quer durch den Wald, bis sich im Osten der Himmel rot färbte. Auf einer kleinen Lichtung machten sie halt. Ein Bach floss dort hindurch und saftiges, grünes Gras wuchs. Die Pferde machten sich gleich darüber her. Zacharias wurde im Schatten der Bäume niedergelegt, wo er vor Erschöpfung gleich einschlief.

Als er aufwachte, blickte er in zwei grüne Augen, die ihn prüfend ansahen. Er öffnete den Mund, wollte fragen, wer sie seien, aber ihm wurde mit einem Finger die Lippen verschlossen und sein Gegenüber schüttelte stumm den Kopf. Zacharias sah der Person nach, als sie ging. Der Statur nach hätte es eine Frau sein können, sie war kleiner und schmaler als der andere. Aber ihre seltsame Kleidung ließ keine genauere Bestimmung zu. Beide trugen lange, schwarze, weite Hosen, darüber ein ebenfalls weites, schwarzes Hemd, welches mit einem breiten Band zusammengehalten wurde. Über ihren Köpfen trugen sie schwarze Tücher, welche außer den Haaren auch ihre Gesichter verdeckte. Beide hatte noch kein Wort gesprochen. Der Größere kam mit dem Pferd am Zügel zu ihm, half ihm aufsitzen, dann ritten sie weiter. Im Morgengrauen erreichten sie den Fuß des Hügels, auf dem sich die Festung befand. Als Zacharias sich umsah, stellte er fest, dass sie allein waren, der Grünäugige hatte sie verlassen. Langsam ritten sie den Berg hinauf, bis vor das große Eingangstor, welches fest verschlossen war. Sein merkwürdiger Retter stieg ab, klopfte dagegen. Eine kleine Luke öffnete sich, wurde gleich wieder geschlossen und das Tor schwang auf.

„Endlich! Du wurdest gefunden.“ rief Nathanael erfreut, rannte auf Zacharias zu. „Wir glaubten Dich schon für immer verloren.“

Zacharias wollte absteigen, fiel hinunter, lag auf dem Boden. Zwei Ritter stürzten herbei, hoben ihn auf, trugen ihn ins Haus. Dort brachten sie ihn in sein Zimmer, legten ihn auf das große Bett.

„Gabriel, Raphael, danke euch.“ Nathanael betrat hinter ihnen den Raum. „Ich möchte euch bitten, uns jetzt allein zu lassen, ich werde euch später Bericht erstatten.“

„Dürfen wir die anderen unterrichten?“ fragte Gabriel.

„Ja, macht das. Sagt ihnen, dass Zacharias wieder zurück ist, dass er jetzt erstmal Ruhe braucht.“ erwiderte Nathanael.

„Ich habe Dir eine Jungfrau gerufen.“ wandte er sich an Zacharias, als sie alleine waren. „Sie wird gleich hier sein.“

„Danke, Bruder. Ich habe lange nichts mehr getrunken.“ murmelte Zacharias schwach.

Die Jungfrau erschien und Nathanael zog sich diskret zurück. Zacharias griff ihren Arm, biss ihr ins Handgelenk, trank gierig. Fast hätte er sie getötet. Seine Kräfte kehrten zurück, aber viele seiner Wunden heilten nicht, sie waren zu vernarbt an den Rändern.

„Geht es Dir besser?“ fragte Nathanael, als er wieder ins Zimmer kam.

„Einigermassen.“ antwortete Zacharias. „Allerdings war es das letzte Jungfrauenblut, welches ich zu mir genommen habe. Ab jetzt werde ich mich vom Blut der Menschen ernähren.“

„Warum? Was bringt Dich dazu, dies zu tun?“ Verständnislos sah Nathanael ihn an.

„Ich habe meine Gründe.“ erwiderte Zacharias mit einer Stimme, die keine weiteren Fragen zuließ.

„Nun berichte, wo Du warst. Was man Dir antat, wie Du entkommen konntest.“ forderte Nathanael.

„Ich wurde entführt, gefoltert, befreit, hergebracht, das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.“

Schnell kam er wieder auf die Beine, trank nur noch das Blut junger Frauen, trainierte härter als die anderen, kämpfte wie besessen gegen die Wesen Zaras, welche sie ‚Ratten‘ nannten. Er sprach nie ein Wort über die Zeit seiner Gefangenschaft, warf jedem, der es wagte, ihn nach seiner Narbe im Gesicht zu fragen, einen Blick zu, der ausdrückte: ‚Lass mich in Ruhe.‘.

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 2



Beim Aufwachen fiel Zacharias Blick auf den Kalender. Es war der elfte November. Heute genau vor fünfhundert Jahren wurde er von zwei geheimnisvollen Wesen aus den Händen der Fürstin und ihres verrückten Mannes gerettet.

Er dachte zurück. Kurz nach seiner Flucht waren die ‚Ratten‘ in immer größerer Zahl erschienen. Jede Nacht fanden erbitterte Kämpfe statt, mit den größeren Verlusten auf Seiten des Feindes. Obwohl er seinen Schwur hielt, nie wieder Jungfrauenblut zu trinken, war seine Kampfkraft ungebrochen. Das Menschenblut verlieh ihm zwar nicht so große Kraft, aber das störte ihn nicht im Geringsten. Immer war er mitten im Kampfgetümmel, wurde sehr oft verletzt. Manches Mal auch schwer, aber der Wunsch, die ‚Ratten‘ zu vernichten und eines Tages der Fürstin gegenüber zu stehen, verlieh ihm zusätzliche Kraft.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedanken.

„Nat erwartet uns.“ Asaziel steckte den Kopf durch die Tür. Auch er war ein Ritter des Königs, allerdings noch nicht so lange. Kurz, nachdem Zacharias wieder daheim war, stieß er zu ihnen.

„Ich erscheine sofort.“ Zacharias schwang sich aus dem Bett, zog seine schwarze Jeans an und ein ebenfalls schwarzes Shirt. Auf nackten Füßen folgte er Asaziel die breite, geschwungene Freitreppe hinunter, welche mit einem dicken, roten Teppich ausgelegt war. Quer durch die Halle, die als Gemeinschaftsraum diente, führte der Weg zum Arbeitszimmer seines Bruders. Aus einem der Schränke in der Halle nahm er sich ein Glas, goss im Weitergehen Whiskey hinein, stellte die Flasche achtlos auf einem der vielen kleinen Tische ab. Als Letzter betrat er das Zimmer seines Bruders, lehnte sich gleich neben der Tür an die Wand.

„Tolles Frühstück.“ sagte Nathanael mit Blick auf das Glas.

„Halt die Klappe.“ knurrte Zacharias. „Komm lieber zur Sache und quatsch keine Opern.“

„Es gibt schlechte Neuigkeiten, was unseren Nachwuchs betrifft. In Ares Gefolge befinden sich kaum noch Krieger, weil die Zeiten sich geändert haben und niemand mehr mit dem Schwert kämpft. Und die Handvoll Krieger, die ihm geblieben sind, sehen sich außerstande, für den nötigen Nachwuchs zu sorgen. Für uns bedeutet das, wir müssen uns selber darum kümmern, dass es genug Kämpfer gibt.“

„Soll das heißen, wir sollen die Jungfrauen schwängern?“ fragte Raphael.

„Nein heißt es nicht.“ erwiderte Nathanael. „Sakura bat mich zu sich und gemeinsam mit ihr und Ares überlegten wir, wie wir an Kämpfer kommen. Sakura schlug vor, wir sollten sie in den Reihen der Adeligen suchen.“

„Also ficken wir deren Töchter und machen ihnen Söhne?“ unterbrach ihn Raphael.

„Ich muss Dich enttäuschen, auch das ist nicht der Plan.“ erklärte Nathanael. „Es geht vielmehr um deren schon geborenen Söhne. Wie ihr wisst, ist nur der Adel reinrassig. Nur er ist, außer uns, berechtigt, Blut der Jungfrauen zu trinken. Wir werden demnächst ein Fest geben, auf dem ich ihnen den Vorschlag unterbreiten werden, uns ihre Söhne zur Ausbildung zu schicken. Werde sie auch auf die Gefahren hinweisen.“

„Und wenn sie sich weigern, uns ihre Söhne zu geben?“ wagte Michael einen Einwand.

„Dann werde ich es befehlen müssen, so gerne ich das vermeiden möchte.“ sagte Nathanael entschlossen.

„Und wo soll das Ganze stattfinden?“ wollte Jonas wissen.

„Hier bei uns auf der Burg, im großen Ballsaal.“

„Du willst allen Ernstes alle hierher einladen? So ziehst Du die Aufmerksamkeit der Ratten auf uns und sie werden herausfinden, wo wir wohnen.“ ereiferte sich Jonas. Er war derjenige, der sich der ständig wachsenden Technik verschrieben hatte. Dank ihm war die Burg mit einem ausgeklügelten Sicherheitssystem ausgestattet.

„Hm, daran habe ich nicht gedacht.“ gab Nathanael zu.

„Wir sollten das Ganze in einem großen Hotel in der Stadt stattfinden lassen.“ schlug Gabriel vor.

Alle, außer Zacharias, stimmten dem zu.

„Was ist Deine Meinung dazu? Du hast bisher nichts dazu gesagt.“ wandte sich Nathanael an ihn. Er war immer bemüht, seinen Bruder mit in seine Entscheidungen einzubeziehen.

„Mir egal.“ brummte Zacharias. „Ich werde sowieso nicht dabei sein.“

„Oh doch. Ich wünsche, nein, ich befehle, dass alle meine Ritter anwesend sind. Des Weiteren erteile ich euch den Befehl, im Smoking zu erscheinen. Und das gilt auch für Dich.“ Er zeigte auf Zacharias.

„Wie Ihr befehlt, Eure königliche Hoheit.“ Tief verneigte sich Zacharias ironisch, seine Stimme triefte vor Spott. „Wenn das dann alles wäre, würde ich mich gerne, mit Eurer Erlaubnis, zurückziehen.“

„Ja, ja, geh nur.“ seufzte Nathanael. Nachdem er Jonas noch gebeten hatte, nach einem geeigneten Hotel zu suchen, entließ er sie. Alle gingen hinaus, nur Asaziel blieb.

„Kann ich etwas für Dich tun?“ fragte Nathanael müde.

„Wirf mal einen Blick auf den Kalender.“ forderte Asaziel.

„Heute ist der sechste, na und?“

„Ja, der sechste November. Heute vor genau fünfhundert Jahren wurde Zacharias befreit. Als ich vorhin bei ihm war, spürte ich, dass er sich daran erinnerte.“ teilte Asaziel mit.

„Er hat nie über das Erlebte gesprochen.“ seufzte Nathanael.

„Ich wollte Dir nur raten, ihn heute Nacht nicht nach draußen zu schicken. Die Erinnerung wird ihn unachtsam werden lassen und die Gefahr, dass er verletzt oder gar getötet wird, ist zu groß. Ich werde für ihn übernehmen.“ sagte Asaziel.

„Danke, ich werde es ihm gleich mitteilen ohne den Grund dafür zu nennen. Und Dir gebührt mein Dank dafür, dass Du Dir solche Sorgen um ihn machst.“

Nathanael machte sich gleich auf die Suche nach Zacharias, fand ihn in der Halle, wo er in einem der tiefen Sessel saß, ein Glas in der Hand und die Flasche vor sich auf dem Tisch. Als Nathanael ihm mitteilte, dass er in dieser Nacht nicht hinaus musste, weil Asaziel darum gebeten hatte, seine Schicht zu übernehmen, sah Zacharias ihn aus glasigen Augen an.

„Okay.“ nickte er, griff nach der Flasche. „Dann werde ich mit ihr hier mein Bett teilen. Sie stellt wenigstens keine Fragen und nervt nicht.“

Besorgt sah Nathanael ihm nach, als er schwankend die Treppe hoch stieg.


Müde wandte sich Nathanael ab, suchte sein Zimmer auf. Dort ließ er sich auf das Bett fallen, starrte zur Decke. Es verlangte ihn nach frischem Blut und einem warmen, weichen Frauenkörper. Es war nicht ausdrücklich verboten, mit den Jungfrauen zu schlafen, aber es war auch nicht gern gesehen.

Die von ihm gerufene Jungfrau erschien. Wie schon seit einigen Jahrhunderten war es Luna-Mae, welche in einem weißen, durchsichtigen Kleid vor ihm stand. Sittsam setzte sie sich auf die Bettkante. „Hier bin ich, Herr.“

Anstatt in das dargebotene Handgelenk zu beißen, kniete sich Nathanael vor sie, schob das Kleid nach oben, drückte ihre Beine auseinander. Mit seinen Daumen spreizte er ihre von goldenen Löckchen umgebene Mitte, umkreiste mit seiner Zunge ihre empfindliche Klitoris. Aufstöhnend ließ sie sich nach hinten fallen, stellte ihre Beine weit geöffnet auf die Bettkante, gab sich ihm komplett preis. Schon fanden seine Finger den feuchten Weg in ihr Innerstes. Er leckte und saugte ihre Klitoris, während seine Finger in ihr hin und her glitten, bis sie aufstöhnend kam. Rasch entledigte er sich seiner Kleidung, streifte ihr das Kleid ab, kniete wieder vor ihr nieder. Er legte ihre Beine auf seine Schultern, stieß seine Zunge in ihre feuchte, dunkle Höhle, rieb mit seinem Daumen über ihre Perle der Lust. Als sie erneut einen Orgasmus erlebte, stieß er seinen harten Schwanz in sie, nahm sie mit kräftigen Stößen. Seine Hände lagen auf ihrer Brust, ihre Warzen zwischen Daumen und Zeigefinger zwirbelnd.

Nachdem er Stunden später von ihr getrunken hatte, streifte sich Luna-Mae ihr Gewand über. Nathanael lag nackt auf dem Bett, sah ihr zu. Er griff nach ihrer Hand, zog sie zu sich.

„Bleib diese Nacht bei mir.“ bat er, aber Luna-Mae schüttelte den Kopf.

„Das geht nicht. Ich war schon viel zu lange bei Dir. Nicht, dass es Sakura stören würde, nein, es ist eher die ‚Madre des Hommes‘, Arwina, die sich darüber aufregt. Seit sie die Aufsicht über uns hat herrschen strenge Regeln. Eine davon besagt, dass wir euch nur noch unser Blut geben dürfen, nicht mehr unsere Körper.“

„Du bekommst jetzt Ärger, weil Du gegen die Regeln verstoßen hast? Das wollte ich nicht. Warum hast Du nichts gesagt?“

„Weil ich merkte, dass Du mich brauchtest. Und das bisschen Strafe nehme ich gerne auf mich.“

„Ich wünschte, ich könnte etwas für Dich tun. Soll ich mit Sakura reden?“ bot Nathanael an.

„Nein.“ wehrte Luna-Mae ab. „Sie hat zurzeit den Kopf voll mit anderen Dingen. Da wäre zu einem der fehlende Nachwuchs für euch. Darüber sorgt sie sich sehr, zumal die Angriffe der anderen Seite zunehmen. Dazu kommt noch die Sorge über ihr eigenes Kind.“

„Samira hat ein Kind?“ war Nathanael erstaunt. „Davon habe ich nie gehört.“

„Oh ja, sie hat sogar drei Kinder – Drillinge. Zwei Söhne und eine Tochter. Sie wurden kurz nach der Hochzeit mit Ares geboren. Allerdings sind sie nicht so, wie es sich Sakura erhoffte. Ihre Tochter sollte ihre Nachfolge antreten, aber sie hat das kriegerische Wesen ihres Vaters geerbt, wehrt sich vehement dagegen. Und auch die beiden Söhne sind nicht so wie erwartet.“

„Wenn man nur wüsste, wer die Angriffe befiehlt, dann könnte man denjenigen auslöschen und es würde Frieden herrschen.“ überlegte Nathanael.

„Aber derjenige ist schwer zu finden. Und wie leicht ist es ihn dann zu töten, sollte er je gefunden werden?“ gab Luna-Mae zu bedenken. Sie sah Nathanael an. „Bitte, begib Dich nicht unüberlegt in Gefahr. Ich….ich will Dich nicht verlieren.“ stieß sie hervor.

Nathanael riss sie an sich, küsste sie. „Ich kann nichts versprechen.“ murmelte er, dann ließ er sie gehen.


* * * * * * * *


Mit brummendem Schädel wachte Zacharias am nächsten Morgen auf. Er lag angezogen quer auf dem breiten Bett, die leere Flasche in der Hand. Irgendwann in der Nacht hatte er auf das Glas verzichtet, gleich aus der Flasche getrunken. Ihm fiel sofort der Grund für sein Trinken ein, stellte fest, dass sich die Erinnerungen nicht ertränken ließen.

Nach einer kalten Dusche, die seinen Kopf halbwegs freimachte, zog er sich nur eine schwarze Jogginghose an, ging barfüßig die Treppe nach unten. Ein starker Kaffee täte jetzt gut, dachte er und ging in die große Küche. Zu seinem Erstaunen waren alle anderen Ritter dort versammelt. Er nahm sich einen Kaffee, setzte sich zu ihnen an den Tisch.

„Die Zahl der Ratten nimmt von Nacht zu Nacht zu.“ berichtete Jonas gerade. Er und Asaziel waren in der Nacht unterwegs. „Wenn das so weitergeht, sind zwei von uns zu wenig auf den Straßen.“

„Wir sollten so schnell als möglich die Söhne der Adeligen zu den Waffen rufen.“ meinte Nathanael. „Es dauert zwar einige Zeit, bis sie voll ausgebildet sind. Bis dahin werden wir nur noch zu viert losziehen. Samuel, Gabriel, Raphael und Michael machen in dieser Nacht den Anfang, Jonas, Asaziel, Zacharias und ich übernehmen die nächste Nacht. So bleibt allen genügend Zeit zur Erholung.“

„Ich habe ein Hotel gefunden, welches für das Treffen mit den Adeligen geeignet scheint. Und zwar das ‚Golden Sun‘. Es liegt zwar außerhalb der Stadt, verfügt aber über einen großen Saal, der Platz für alle bietet und hat ausreichend Parkmöglichkeiten.“ berichtete Jonas.

„Gut.“ nickte Nathanael. „Dann verschicke die Einladungen an den Adel und datiere sie auf Samstag in einer Woche. Und regle das mit dem Hotel bitte.“

„Okay, ich werde mich gleich an die Arbeit machen.“ versprach Jonas, sah Asaziel an. „Kommst Du mit und hilfst?“

Zacharias sah den Beiden nach. Er mochte Asaziel nicht sonderlich. Seit er bei ihnen war, hatte Zacharias das Gefühl, er sei nicht ganz aufrichtig, verberge etwas vor ihnen.

„Und ihr, ihr solltet euch eine Jungfrau rufen, dann schlafen gehen.“ riet Nathanael den Vieren, die in der kommenden Nacht auf die Straße gehen sollten.

Als Zacharias und Nathanael alleine waren, grinste Zacharias und meinte: „Du hattest ja wohl schon Deine Ration Blut, so wie Du heute strahlst.“

„Im Gegensatz zu Dir.“ erwiderte Nathanael. „Deine beste Freundin war ja diese Nacht eine Flasche.“

„Genau.“ gab Zacharias zurück. „Sie stellt keine Fragen, lässt sich problemlos leer trinken, verlangt keine Aufmerksamkeit. Im Gegensatz zu einer Frau.“

„Willst Du mir nicht endlich mal erklären, was Dich Frauen so hassen lässt?“ fragte Nathanael. „Das hat doch bestimmt mit Deiner Entführung zu tun, denn seitdem bist Du so.“

„Das ist allein meine Sache.“ erwiderte Zacharias barsch.

„Aber ich bin Dein Bruder, Dein Zwilling, ich wüsste schon gerne, was Dich bedrückt. Alles was Dich schmerzt, schmerzt auch mich.“ versuchte es Nathanael weiter.

„Vergiss es, ich werde nicht darüber reden.“ gab Zacharias unwirsch zurück. „Das Blut, welches ich benötige, hole ich mir weiterhin von jungen Menschenfrauen, die es mir bereitwillig geben, auch wenn sie sich mehr erhoffen. Nur werden sie das nie von mir bekommen. Und jetzt ist dieses Thema für mich erledigt, ich geh trainieren.“

Zacharias sah ihm nach, als er die Küche verließ. Er würde wohl nie erfahren, was sein Bruder erlebt hatte, dass ihn so werden ließ.



 

Kapitel 3





Zacharias ging am nächsten Abend in eine Bar, suchte sich ein williges Opfer, trank von ihm, danach begab er sich zum vereinten Treffpunkt. Dort warteten Nathanael, Jonas und Asaziel bereits.

„Wir werden zu zweit durch die Straßen laufen.“ entschied Nathanael. Sollte eine Gruppe von uns auf Ratten treffen, informieren sie direkt die andere. Du, Zack, wirst mit Asaziel gehen, Jonas wird mich begleiten. Dabei kann ich dann noch Einzelheiten zwecks des Treffens besprechen.“

„Wie Du meinst.“ Zacharias zuckte mit den Schultern. Lieber mit Asaziel schweigend durch die Straßen laufen, als den nervigen Fragen seines Bruders ausgesetzt zu sein.

„Wir nehmen den Norden und Osten, ihr den Süden und Westen.“ entschied Nathanael. „Im Morgengrauen treffen wir uns dann wieder hier.“ Dann trennten sich ihre Wege.

Stumm lief Zacharias neben Asaziel her, bis dieser plötzlich stehen blieb.

„Hör zu, mir gefällt es genauso wenig wie Dir, dass wir zusammen herumlaufen müssen. Ich wäre lieber mit Jonas unterwegs, aber Nat hat nun mal so entschieden, wir sollten das Beste daraus machen.“

„Mir doch egal, mit wem ich durch die Gegend laufe. Hauptsache, Du quatscht mich nicht die ganze Zeit voll.“ brummte Zacharias.

„Eine Frage hätte ich allerdings noch.“ meinte Asaziel. „Was hast Du eigentlich gegen mich? Sag jetzt nicht nichts. Ich spüre es seit dem Tag, als ich zu euch kam.“

„Können wir das auf später verschieben? Wir bekommen Besuch.“ Zacharias deutete die Straße hinunter, wo sich eine große Gruppe graugekleideter Männer auf sie zu bewegte.

„Hier können wir nicht kämpfen, zu viele Zeugen.“ Asaziel deutete auf die Häuser. Sie liefen los, die grauen Männer folgten ihnen. Die belebten Straßen verlassend, lockten sie sie in einen Hof einer verlassenen Fabrik.

„Ruf Nat und Jonas an.“ sagte Asaziel, aber Zacharias winkte ab. „Mit dieser Handvoll werden wir alleine fertig.“

Ihre Messer ziehend warfen sie sich den Angreifern entgegen. Wie aus dem nichts tauchten immer mehr von ihnen auf, bald waren sie umzingelt. Keinem der Beiden bot sich die Möglichkeit, nach dem Handy zu greifen, um Hilfe zu rufen.

„Verdammt.“ zischte Zacharias. „Es werden immer mehr. Wo kommen die bloß her?“

„Wie Ratten aus den Löchern.“ versuchte Asaziel zu scherzen.

„Blödmann.“ knurrte Zacharias.

Rücken an Rücken versuchten sie, sich die Gegner vom Hals zu halten. Um sie herum lagen etliche Leichen, der Boden rot und rutschig von deren Blut.

Ein Zischen durchfuhr die Luft, eine Handvoll Gegner ging zu Boden. Wie aus dem Nichts stand plötzlich eine schwarz gekleidete Person neben ihnen, nur ihre Augen waren unbedeckt. Diese blickten Zacharias an, zwinkerten ihm zu. Dieses Grün kannte er, hatte er schonmal gesehen, ging es ihm durch den Kopf. Auch die Kleidung kam ihm bekannt vor.

Zwei schmale Schwerter ziehend, sprang sie zwischen die Ratten, drehte sich im Kreis, mähte eine große Anzahl Ratten nieder.

Nachdem Zacharias sich aus seiner Erstarrung gelöst hatte, kämpfte auch er weiter. Immer wieder suchten seine Augen diese schwarze Person. Wer war sie? Und warum half sie ihnen?

Als alle Gegner am Boden lagen, blickte die Person zu Zacharias, zwinkerte ihm erneut zu, verschwand dann in der Dunkelheit.

„Puh, das war knapp.“ stöhnte Asaziel. „Der schwarze Ritter erschien mal wieder im richtigen Moment.“

„Der schwarze Ritter?“ fragte Zacharias perplex. „Kennst Du ihn etwa?“
„Nicht persönlich, aber ich verdanke ihm mehr als einmal mein Leben.“ erwiderte Asaziel.

Bevor Zacharias etwas erwidern konnte, kamen Nathanael und Jonas angerannt.

„Warum habt ihr uns nicht gerufen?“ fragte Nathanael, sah auf die vielen Leichen.

„Keine Zeit.“ knurrte Zacharias. „Sie tauchten urplötzlich auf, wurden immer mehr. Wäre uns nicht der schwarze Ritter zur Hilfe gekommen, lägen wir jetzt hier am Boden.“

„Der schwarze Ritter?“ Jonas sah Asaziel fragend an. „Etwa DER schwarze Ritter?“

„Ja, ja, beruhige Dich, alles gut.“ Asaziel nahm Jonas Gesicht, drückte ihm einen Kuss auf den Mund.

Als Jonas die erstaunten Blicke Nathanaels und Zacharias sah, grinste er, sagte, tief Luft holend: „So, nun ist es heraus. Ja, Asa und ich sind ein Paar, schon seit langem.“

„Aha,“ machte Nathanael, immer noch verwirrt, „ihr seid also schwul, niemand wusste davon. Naja, meinen Segen habt ihr. Lasst uns nun nach Hause gehen, für diese Nacht herrscht Ruhe.“



Müde ließ Zacharias sich auf sein Bett fallen. Immer noch sah er die grünen Augen vor sich. Wie gerne würde er dessen Träger kennenlernen. Wer war er? Warum hatte er ihn damals gerettet? Wieso verbarg er seine Identität? Es klopfte und auf sein Herein betrat Asaziel den Raum.

„Ich würde gerne mit Dir reden. Darf ich?“ fragte er leise.

„Über Dein Schwulsein? Das interessiert mich nicht.“ grummelte Zacharias.

„Nein, nicht darüber. Über den schwarzen Ritter.“ erwiderte Asaziel.

Sofort war Zacharias hellwach. „Was weiß Du über ihn?“

„Nicht viel mehr als Du. Auch ich wurde von ihm aus der Burg befreit. Mich entführte man damals genauso wie Dich. Auch ich wurde von der Fürstin missbraucht. Nur folterten sie mich nicht so wie Dich. Man peitschte mich zwar des Öfteren aus, aber ich denke, es war weniger als Strafe gedacht, sondern sie geilten sich daran auf. Es bereitete ihnen Lust, andere zu quälen, machte sie geil, obwohl der Magier keinen mehr hoch bekam. Eines Nachts, sie hatten mich mal wieder blutig gepeitscht, tauchte dieser schwarze Ritter auf, bedeutete mir zu schweigen, schnitt mich los und trug mich in die Freiheit. Seine Statur ist zwar klein, aber trotzdem ist er sehr stark. Er schleppte mich den gleichen Weg entlang, den wir Dich trugen, warf mich auf ein Pferd, brachte mich zu einer Hütte mitten im Wald, wo einige Jungfrauen auf mich warteten. Diese kümmerten sich um mich, bis es mir wieder gut ging. Mir wurde gesagt, ich solle vorläufig in der Hütte bleiben, irgendwann würde ich um einen Gefallen gebeten, danach könne ich hingehen, wohin ich wolle. Naja, nach ein paar einsamen Jahren dort war es dann soweit, ich half, Dich dort herauszuholen. Danach rief Sakura mich zu sich, ich solle mich den Rittern Nathanaels anschließen. So kam ich hierher, erkannte Dich gleich. Als Du nichts von Deiner Zeit in der Burg erzähltest, schwieg auch ich.“
„Gut. Und Du solltest auch weiter schweigen.“ sagte Zacharias, sah nachdenklich zu Boden. „Man könnte mit seiner Hilfe herausfinden, wo diese Burg liegt, eindringen und die Schlampe samt ihrem Lakaien ins Jenseits befördern.“ dachte er laut nach.

„Aber niemand weiß, wo wir ihn finden.“ gab Asaziel zu bedenken.

„Dann müssen wir hoffen, dass er uns findet, so wie letzte Nacht.“ gab Zacharias zurück. „Ich werde ihn dann einfach fragen, ob er uns hilft.“

„Ich wäre schon gerne dabei.“ gab Asaziel zu. „Wenn Du nichts dagegen hast, können wir ja in nächster Zeit zusammen auf Patrouille gehen.“

„Mir doch egal, mit wem ich herumrenne. Aber was sagt Jonas dazu?“

„Keine Sorge, er weiß, dass Du nicht mein Typ bist.“ grinste Asaziel.

„Du meiner auch nicht.“ erwiderte Zacharias ebenfalls grinsend.



Nathanael war ein wenig erstaunt, dass Zacharias freiwillig mit Asaziel Streife laufen wollte, aber er sagte nichts dazu. Obwohl sie jede Nacht in Kämpfe verwickelt wurden, ließ sich der schwarze Ritter nicht mehr blicken.

„Er scheint zu ahnen, dass wir etwas von ihm wollen.“ meinte Asaziel.

„Wir werden trotzdem nicht aufgeben.“ entschied Zacharias entschlossen. „Irgendwann wird er schon auftauchen.“

„Nur komisch, dass die Anderen nichts von ihm wissen. Bisher hat noch keiner von ihm berichtet.“

„Hoffen wir einfach, dass er sich irgendwann blicken lässt.“ beendete Zacharias das Gespräch.

Der Tag des Treffens mit den Adeligen war gekommen. Widerwillig hatte sich Zacharias in seinen Smoking gezwängt. Nun stand er an der Seite seines Bruders am Eingang des Saales, wo sie und die anderen Ritter die eintreffenden Gäste begrüßten. Alle Adeligen waren samt ihrer Söhne und Töchter der Einladung gefolgt. Viele Eltern hegten die Hoffnung, dass sich für ihre Tochter ein Ritter als Ehemann fände, wenn nicht sogar der König selber. Selbst seinen entstellten Bruder würden sie in Kauf nehmen. Nathanael begrüßte alle Gäste mit der gleichen Höflichkeit, schien sich nicht für die jungen Frauen zu interessieren, was bei vielen herbe Enttäuschung hervor rief. Nathanael war ein gutaussehender Mann, sein Haar war ebenso schwarz wie das Zacharias, sie hatten beide die gleichen saphirblauen Augen, aber bei ihm sah alles heller, freundlicher aus.

Als alle geladenen Gäste eingetroffen waren, wollte Nathanael sich zu seinem Platz zu geben. Eine junge Frau betrat den Saal. Sie war ohne Begleiter, was sehr ungewöhnlich war. Freundlich lächelnd zeigt sie ihre Einladung, blickte von Nathanael zu Zacharias. Desinteressiert sah Zacharias zurück, schaute direkt in ihre Augen. Dieses Grün – er kannte es, hatte es schon mal gesehen. Er ließ seinen Blick an ihr hinunter wandern. Ihr Abendkleid hatte die gleiche Farbe wie ihre Augen. Jadegrün kam ihm in den Sinn. Genau solche Augen hatte auch der schwarze Ritter. Aber das konnte nicht sie sein, sie war eine Frau, viel zu schwach, um zu kämpfen. Auch hätte sie ihn niemals tragen können. Außerdem kannte er keine Frau, die mit Pfeil und Bogen oder Schwertern umgehen konnte. Asaziel schien auch von ihren Augen fasziniert zu sein.

Als Nathanael alle zu Tisch bat, setzte sich Asaziel neben Zacharias. „Hast Du ihre Augen gesehen? Sie kann aber unmöglich der schwarze Ritter sein.“

„Das Gleiche habe ich auch gedacht.“ gab Zacharias zu.

„Guten Abend.“ Nathanael war aufgestanden, klopfte an sein Glas. „Ich freue mich, dass Sie alle meiner Einladung gefolgt sind und möchte Sie herzlich willkommen heißen. Keine Sorge, ich halte jetzt keine lange Rede, dass ist nicht mein Ding, komme lieber gleich zur Sache. Wie Sie alle wissen, werden wir von einer Gruppe bedroht, welche wir ‚die Ratten‘ nennen. Sie hatten es zunächst auf die Menschen abgesehen, wandten sich dann aber uns zu. Ihre Anzahl nimmt stetig zu und durch den Verlust Ares Krieger ist es nicht mehr möglich, genügend Nachwuchs zu erzeugen. Deshalb haben Sakura und ich uns überlegt, Ihre Söhne zu Kämpfern auszubilden. Nach Abschluss ihrer Ausbildung werden sie dann zu Rittern zweiten Ranges ernannt.“

„Im Großen und Ganzen stimme ich dieser Idee ja zu, aber was ist mit den ständigen Entführungen unserer Rasse? Es betrifft ja hauptsächlich junge Männer.“ meldete sich ein Adeliger zu Wort, sprach den anderen damit aus der Seele.

„Seit Jahrhunderten werden immer wieder junge, kräftige Vampire entführt, kehren nie zurück. Niemand fordert Lösegeld, sie verschwinden einfach.“ warf ein weiterer Adeliger ein.

„Das ist uns bekannt, auch wir wissen nichts Näheres darüber. Um das Risiko so gering als möglich zu halten, werden wir eure Söhne am frühen Morgen mit Bussen abholen und sie vor Einbruch der Dunkelheit zurück bringen.“ Teilte Nathanael ihnen mit. „Ich möchte Euch bitten, in Ruhe darüber nachzudenken, es zu besprechen. Wer sich dafür entscheidet, meldet sich per E-Mail bei uns. Und nun lasst uns essen und trinken, aus diesem Grund seid ihr ja hier.“

Nachdem alle reichlich Gebrauch von seiner Einladung gemacht hatten, standen sie in kleinen Gruppen beisammen, diskutierten seinen Vorschlag. Die Ritter hingegen wurden von jungen Frauen belagert, welche sich ins Zeug legten, von ihnen auserkoren zu werden. Auch um Zacharias hatte sich eine Handvoll Frauen geschart, aber es interessiert ihn nicht. Gelangweilt blickte er sich im Saal um, sah die junge Frau mit dem grünen Kleid nahe dem Eingang stehen, ein Glas Champagner in der Hand. Es schien, als würde sie alles Anwesende genaustens beobachten. Zacharias nahm zwei Gläser vom Tablett eines vorbeilaufenden Kellners, ging in ihre Richtung.

„Hier, für Dich.“ Ungelenk reichte er ihr das Glas. „Deins ist fast leer und hier kommt kein Kellner vorbei.“

„Danke.“ sagte sie, lächelte ihn an. „Das hättest Du nicht tun sollen, jetzt hast Du einer Menge Mädchen das Herz gebrochen.“

„Na und? Das interessiert mich herzlich wenig.“ Zacharias zuckte mit den Schultern.

„Als Bruder des Königs bist Du fast so heiß begehrt wie er.“

„Du weißt, wer ich bin?“

„Natürlich. Jeder hier im Raum weiß, wer Du bist.“

„Na toll.“ seufzte er auf. „Verrätst Du mir, wer Du bist? Oder bleibt das ein Geheimnis?“

„Keineswegs. Nur weiß ich nicht, welchen Sinn es macht, Dir meinen Namen zu verraten, da wir uns nach heute Nacht nie wiedersehen werden.“

„Na gut, dann nenn ich Dich halt Grashüpfer, weil alles an Dir so grün ist.“

Sie lachte auf. „Scheint, als würdest Du mit mir flirten.“

„Sehe ich so aus?“ fragte er unwirsch. „Ich habe bestimmt nicht die Absicht, Süßholz zu raspeln, um Dich in mein Bett zu zerren.“

„Gut, dann wäre das ja geklärt.“ Sie war immer noch freundlich. „Bleibt nur noch die Frage, warum Du mich verfolgst.“

„Ich verfolge Dich nicht, wollte nur nett sein, weil Du so alleine hier standest.“ grummelte Zacharias. „Weiber.“ murmelte er kopfschüttelnd und verließ den Saal.

Draußen atmete er tief die klare Luft ein. Hier war es still, kein Laut war zu hören. Langsam ging er tiefer in den Park hinein, der das Hotel umgab. Schritte knirschten hinter ihm auf dem Kies, blitzschnell drehte er sich um.

„Wer verfolgt jetzt wen?“ fragte er grimmig.

„Entschuldige, ich wollte Dich nicht kränken vorhin.“

„Ja, ja, schon gut.“ brummte Zacharias. „Mein Interesse galt auch weniger Dir, eher Deinen Augen. Sie erinnerten mich an jemanden, dem ich viel zu verdanken habe. Aber ist egal.“

„Willst Du darüber reden?“

„Nein, verdammt, will ich nicht.“ fauchte er wütend.

„Still ist es hier.“ wechselte sie das Thema. „Zu still.“ murmelte sie, sah sich um, hakte sich bei Zacharias ein. „Lass uns langsam zurückgehen.“

Nun fiel auch Zacharias die unnatürliche Stille auf. Er blieb stehen, zog sie in die Arme. „Nicht falsch verstehen.“ flüsterte er ihr ins Ohr. „Ich befürchte, wir sind nicht mehr alleine.“

„Du meinst…?“ Sie klang keineswegs ängstlich.

„Pscht, nicht reden.“ flüsterte er an ihrem Ohr. Sollte man sie beobachten, würde man glauben, sie wären in einen Kuss versunken.

Beim Weitergehen legte er ihr seinen Arm um die Schulter, langsam schlenderten sie zurück ins Hotel. „Sorry, ich muss die anderen informieren.“ sagte er, als sie den Saal betraten. „Bleib hier, im Schutz der anderen, Grashüpfer.“ Er nickte ihr zu, ging von einem Ritter zum anderen, informierte sie leise, dass sich draußen Ärger anbahnte. Nathanael teilte er es nicht mit. Zacharias hielt einen vorbeieilenden Kellner auf, bat ihn, so unauffällig wie möglich, die elektrischen Rollladen zu schließen. Der Kellner nickte verstehend, er war, ebenso wie der Besitzer des Hotels, auch ein Vampir.

Suchend sah Zacharias sich im Hinausgehen um, konnte ‚Grashüpfer‘ aber nirgends entdecken. Ihm blieb aber nicht die Zeit, sich jetzt Gedanken darum zu machen. Er zog sein Jackett aus, warf es achtlos auf den Boden. Raphael und Gabriel hatten mittlerweile die Waffen aus den Autos geholt. Schwer bewaffnet begaben sie sich in den Park, wo sich gleich eine große Gruppe grau gekleideter Männer auf sie stürzte.

Unerbittlich kämpften die Vampire, schlitzten Leiber auf, schlugen Köpfe ab, Blut tränkte die weißen Kiesel der Wege, überall lagen abgetrennte Gliedmaße. Die Schar der Angreifer war enorm, die Vampire hatten den Eindruck, für jeden Getöteten kämen zehn neue. Ihre Kräfte ließen langsam nach, da sah Zacharias ihn – den schwarzen Ritter. Wie ein Derwisch wirbelte er durch die Reihen, ließ seine Schwerter kreisen. Sein Anblick gab Zacharias neue Kraft. Nach kurzer Zeit lagen alle Gegner tot am Boden.

„So können wir unmöglich zurück zum Fest.“, sagte Samuel, sah an sich hinunter. Sein vormals weißes Hemd war rot von Blut. Auch die Anderen sahen nicht besser aus.

„Hat jemand von euch vielleicht was Sauberes dabei?“ fragte Jonas ohne große Hoffnung auf eine positive Antwort.

Natürlich hatte niemand daran gedacht. „Tja, dann müssen wir wohl oder übel Nat anrufen, uns entschuldigen.“ meinte Gabriel, zog sein Handy aus der Tasche. Kurz berichtete er Nat von dem Kampf, sagte, sie würden nach Hause fahren, duschen, sich umziehen, eventuell danach zurückkommen.

„Zum Glück hat niemand im Saal etwas mitbekommen.“ teilte Gabriel mit nach Beendigung des Gespräches. „Nat meinte, wir sollten daheimbleiben, es lohne sich nicht mehr herzukommen, das Fest neige sich dem Ende zu.“

Zacharias hatte sich zwischenzeitlich unauffällig umgesehen, in der Hoffnung, den schwarzen Ritter zu entdecken. Wüsste er nicht, dass auch Asaziel ihn kannte, würde er ihn für ein Phantom halten.

„Schöne Sauerei.“ hörte er hinter sich eine Stimme.

„Kein schöner Anblick für eine junge Dame.“ kam es von Raphael. „Ihr geht besser wieder hinein.“

„Ach, ich habe schon schlimmeres gesehen.“ winkte sie ab.

„Wer seid Ihr und woher kommt Ihr, dass Euch dieser Anblick nicht schreckt?“ wollte Raphael wissen. Auch Zacharias wartete gespannt auf ihre Antwort, ließ sich aber nichts anmerken, stand mit dem Rücken immer noch zu ihr.

„Ich bin die Tochter eines Kriegers, zog früher mit ihm von Schlacht zu Schlacht.“ antwortete sie.

„Ein Mädchen auf dem Schlachtfeld. Hat er Dich auch das Kämpfen gelehrt?“ war Raphael neugierig.

„Nein.“ lachte sie auf. „Er hätte mir niemals eine Waffe in die Hand gegeben, dafür liebte er mich zu sehr. Nie hätte er mich dem Risiko eines Kampfes ausgesetzt.“

„Na los, Jungs, lasst uns nach Hause fahren, bevor der Adel aufbricht.“ forderte Samuel sie auf. „Raphael, reiß Dich von der jungen Dame los. Du kannst sie ja daten, wenn Du sauber bist.“

„Ich würde mich freuen, wenn wir unser Gespräch fortsetzen könnten. Würden Sie mir bitte ihre Nummer geben?“ bat Raphael.

„Ich weiß, wer ihr seid und wo ich euch finde.“ lachte sie, dann hörte Zacharias, wie sie sich entfernte.

„Na los, Casanova, reiß Dich von ihrem Anblick los, komm endlich. Was ist mit Dir, Zack? Kommst Du mit?“ wollte Samuel wissen.

„Habt ihr die Augen gesehen? Und ihre Haare?“ schwärmte Raphael, als sie auf dem Heimweg waren. „Und erst die Figur. Ich würde gerne wissen, wie sie ohne Kleid aussieht.“

„Ja, haben wir, wir sind ja nicht blind.“ lachte Gabriel. „Aber sie ist nichts für Dich, viel zu schade, um ein paar Nächte das Bett mit Dir zu teilen, bis Du sie leid bist.“

„Mit ihr könnte ich mir schon etwas Längeres vorstellen.“, sagte Raphael. „Vielleicht sogar für immer.“

„Falls sie sich überhaupt bei Dir meldet.“ dämpfte Gabriel seinen Enthusiasmus.

Zacharias hörte, starr aus dem Fenster blickend, schweigend zu. Bei Raphaels Worten verspürte er ein seltsames Gefühl. Wut war es nicht. Eigentlich war ihm Raphaels Liebesleben völlig egal, aber die Vorstellung, sie nackt in dessen Armen, versetzte ihm einen Stich. Zuhause ging er gleich unter die Dusche, überlegte, zum Fest zurück zu kehren, hörte dann, wie sein Bruder nach Hause kam. ‚Am Besten, sie vergesse sie gleich wieder.‘, dachte er, legte sich schlafen.



Am nächsten Morgen rief Nathanael alle zu sich in sein Arbeitszimmer. Wie immer war Zacharias der Letzte, der erschien.

„Ich kann euch mitteilen, dass der gestrige Abend ein voller Erfolg war.“ berichtete Nathanael erfreut. „Obwohl ihr euch so unauffällig als möglich nach draußen begeben habt, ist euer Kampf nicht unbeobachtet geblieben. Nachdem sie gesehen haben, welche guten Job ihr gemacht habt, waren fast alle einverstanden, ihre Söhne von uns ausbilden zu lassen. Was ihnen nur noch Sorgen bereitet, sind die Entführungen. Aber da die Ausbildung am Tag stattfindet, konnte ihnen auch diese Angst genommen werden.“

„Das heißt, wir sollen tagsüber ausbilden, nachts auf Streife gehen? Außerdem fehlen uns am Tag unsere speziellen Kräfte.“ gab Samuel zu bedenken.

„Also, ich dachte mir das so. Das Team, welches von der Nachtschicht kommt, bildet am Tag aus. Damit sie aber trotzdem noch etwas Schlaf bekommen, beginnen wir mit dem Unterricht erst um elf Uhr, endet um neunzehn Uhr. Er beinhaltet Kraft- und Ausdauertraining, Kampftechniken, Waffenkunde, später dann der Umgang mit den Waffen.“

„Naja, am Tag sind die Ratten in ihren Löchern, bekommen es nicht mit.“ überlegte Gabriel laut. „Trotzdem sollten wir uns ihre Fähigkeiten bei Nacht anschauen. Gibt es schon eine Zahl?“

„Bis heute morgen lagen fünfundzwanzig Anmeldungen vor.“ gab Jonas Auskunft.

„Vielleicht kommen noch einige dazu.“ meinte Nathanael. „Es steht allerdings noch nicht fest, ob alle tauglich sind, dass müssen wir erst testen.“

„Schauen wir uns sie erstmal an. Wann soll das Ganze starten?“ wollte Gabriel wissen.

„Morgen in zwei Wochen.“ teilte Nathanael mit. Er lehnte sich in seinen Stuhl zurück, legte die Fingerspitzen aneinander, sah von einem zum anderen. „Ihr habt letzte Nacht hervorragende Arbeit geleistet.“ lobte er seine Ritter. „Habt den Saal verlassen, ohne Panik auszulösen. Unsere Aufräumer hatten danach gut zu tun, zum Glück gab es noch einen zweiten Ausgang.“

Die ‚Aufräumer‘ waren niedere Vampire, sie entstammten Verbindungen zwischen Mensch und Vampir. Sie verfügten über keinerlei Fähigkeiten und besaßen keine große Kraft. Dadurch unterschieden sie sich von den Adeligen, die allesamt von Jungfrauen und Kriegern abstammten. Die niederen Vampire wurden vom Adel mehr geduldet als akzeptiert. Viele von ihnen arbeiteten als Bediensteste beim Adel. Auch bei Nathanael gab es einen von ihnen.

„Danke.“ murmelten alle. „Aber ohne die Hilfe der unbekannten Person hätten wir es nicht geschafft.“ fügte Michael hinzu.

„Welcher Unbekannter?“ fragte Nathanael.

„Mitten im Kampf tauchte er urplötzlich auf, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, sogar das Gesicht verhüllt. Er stand urplötzlich mitten zwischen den Ratten, zog zwei schmale Schwerter, fegte wie ein Wirbelwind durch die Reihen der Ratten.“ berichtete Michael. „Und so schnell, wie er auftauchte, verschwand er auch wieder.“

„Hm, seltsam. Habt ihr ihn vorher schonmal gesehen?“ wollte Nathanael wissen.

„Ja, einmal.“ meldete sich Asaziel, was ihm einen bösen Blick von Zacharias einbrachte. „Vor ein paar Tagen hat er Zack und mir schonmal geholfen.“

„Davon habt ihr mir gar nicht berichtete. Wisst ihr mehr über ihn?“

„Nein.“ antwortete Zacharias schnell, bevor Asaziel antworten konnte. „Es war das einzige Mal, dass wir ihn sahen, bis auf letzte Nacht halt.“

„Falls er nochmals auftaucht, versucht ihn aufzuhalten, mehr über ihn zu erfahren, herauszufinden, warum er uns hilft, was ihn dazu veranlasst.“



„Warum hast Du verschwiegen, dass er es wohl war, der Dich damals befreit hat?“ wollte Asaziel wissen. Er war Zacharias in den Raum gefolgt, der als Sporthalle diente.

„Weil es niemanden etwas angeht, was damals war.“ knurrte Zacharias. „Du hättest es ja genauso gut sagen können.“

„Hätte ich, aber niemand weiß, dass auch ich entführt wurde. Nicht einmal Jonas.“ erwiderte Asaziel.

„Du redest nicht darüber, also verlang es auch nicht von mir.“ forderte Zacharias.

„Aber,“ sagte Asaziel nachdenklich, „mich würde es schon interessieren, wer er ist, warum er das tat.“

„Sprecht ihr über den großen Unbekannten?“ fragte Jonas von der Tür her, kam näher.

„Ja.“ antwortete Asaziel, unsicher, wieviel Jonas von dem Gespräch mitbekommen hatte. „Zudem er zum zweiten Mal im richtigen Moment auftauchte. Wir haben gerätselt, woher er das so genau wusste.“

Jonas legte seine Arme von hinten um Asaziels Hüften, das Kinn auf seine Schulter.

„Er steht bestimmt auf einen von euch.“ grinste er.

„Auf mich bestimmt nicht.“ knurrte Zacharias.

„Dann auf Dich, mein Hübscher.“ Jonas liebkoste mit seinen Lippen Asaziels Hals.

„Gegen Dich hat er aber keine Chance.“ Asaziel drehte sich in Jonas Armen, legte seine Arme um dessen Nacken, küsste ihn auf den Mund.

„Oh Mann.“ stöhnte Zacharias, verdrehte die Augen, als er sah, dass sich in beiden Hosen etwas rührte.

„Sorry.“ murmelte Jonas schuldbewusst, trat von Asaziel weg.

„Euer Liebesleben ist mir doch scheißegal. Von mir aus könnt ihr euch gegenseitig ficken, bis euch die Augen rausfallen. Nur lasst mich mit dem Scheiß in Ruhe.“ grummelte Zacharias.

„Ich geh dann mal.“ murmelte Jonas betreten.

„Warte, ich komme mit.“ rief Asaziel, verließ mit ihm den Sportraum.

Zacharias begab sich zur Hantelbank, begann Gewichte zu stemmen. Gedanklich war er allerdings nicht bei der Sache. Durch das gerade Gesehene dachte er an das Ding zwischen seinen Beinen. Nach seiner Befreiung hatte er es gehasst, später dann einfach ignoriert. Er hatte ihn seit fünfhundert Jahren nicht mehr berührt, pinkelte im Sitzen, selbst beim Duschen vermied er jegliche Berührung. Er trainierte weiter wie besessen, der Schweiß lief. Nachdem er Stunden später geduscht hatte, zog er sich an, fuhr in die Stadt. Schnell fand er in einer der vielen Bars ein williges Opfer. In einer dunklen Seitenstraße drückte er sie an eine Wand, legte seinen Mund an ihren Hals, biss zu. Zunächst erstarrte sie, wurde aber mit jedem Schluck weicher, es erregte sie zusehends. Ihr Unterleib presste sich gegen ihn, rieb sich an ihm. Als sie letztendlich die Hand in seinen Schritt legte, stieß er sie heftig von sich, bedachte sie mit einem abfälligen Blick, ging davon. Ziellos lief er anschließend durch die Straßen, gelangte in eine abgelegene Gegend.

Kampfgeräusche drangen an sein Ohr, er folgte ihnen bis zu einem dunklen Hinterhof. Dort kämpften Gabriel und Raphael gegen eine Schar Ratten. Zacharias zog sein Messer, welches er immer dabei hatte, wollte sich gerade ins Getümmel stürzen, als er einen Schatten von den Dächern springen sah. Im Schatten der Toreinfahrt hielt er sich im Verborgenen, versuchte die wirbelnden Schwerter im Auge zu behalten. Wieder lagen in kurzer Zeit alle Angreifer tot am Boden. Der Unbekannte zog sich wortlos in den Schatten der Häuser zurück, verschwand, als hätte der Erdboden ihn verschluckt.

„War ER das?“ fragte Gabriel.

„Ich denke schon.“ erwiderte Raphael. „Wir sollten gleich Nat darüber berichten. Lass uns abhauen, mehr als einen Angriff pro Nacht gab es noch nie.“

Zacharias zog sich tiefer ins Dunkle zurück, als die Beiden an ihm vorbeigingen. Als sie fort waren, betrat er den Hinterhof, betrachtete die Leichen. Den meisten von ihnen war mit einem glatten Schnitt die Kehle durchtrennt worden, andere wiesen Hieb- und Stichverletzungen auf. Zacharias suchte den ganzen Hof nach einer Spur ab. Ein weißes Tuch zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Er steckte es ein, verschwand, da das Aufräumteam sich näherte.

Zuhause ging er gleich auf sein Zimmer, zog das Tuch aus der Tasche, betrachtete es genauestens, aber es deutete nichts auf seinen Besitzer hin. Es war ein einfaches Tuch, welches man an jeder Straßenecke kaufen konnte.















Kapitel 4





Der Tag der Ausbildung war gekommen. Johannes, ihr Diener, nahm die Neulinge in Empfang, führte sie durch einen Nebeneingang in die Sporthalle. Diese war früher mal ein Ballsaal, wurde dann aber umfunktioniert, da Nathanael keine großen Feiern gab. Erstens mochte er die Veranstaltungen nicht und zweitens sollte so verhindert werden, dass die Gegner wussten, wo sie wohnten.

Nathanael hatte die Ritter gebeten, bei der Begrüßung dabei zu sein. Gemeinsam betraten sie die Halle und sahen sich fünfundzwanzig neugierigen Augenpaaren gegenüber.

„Guten Morgen, die Herren.“ begrüßte Nathanael sie. „Mein Name ist Nathanael, ich leite das Ganze hier. Falls Ihr Fragen oder Beschwerden habt, wendet euch an mich. Heute werden wir noch nicht mit dem Training beginnen, erst einmal erklären wir, worum es geht, warum ihr hier seid. Danach machen wir einen Fitnesstest, um zu sehen, womit wir die Ausbildung beginnen müssen. Zunächst möchte ich euch erstmal eure Ausbilder vorstellen. Hier haben wir Gabriel und Raphael, sie werden das Krafttraining leiten. Diese beiden, Samuel und Michael, unterrichten Kampfsportarten. Jonas und Asaziel sind unsere Technikfreaks, machen den Theoriekram. Zum Schluss haben wir noch Zacharias, unseren besten Messerkämpfer. Mit ihm zusammen werde ich euch den Nahkampf lehren. Gibt es Fragen dazu?“

„Ja.“ meldete sich ein recht kräftiger, dunkelhaariger junger Vampir. „Wann geht es in den Straßenkampf?“ Er wirkte ziemlich arrogant.

Zacharias schlenderte an der Reihe der Jungen entlang, als würde er sie genau ansehen. Im Vorbeigehen hieb er dem Dunkelhaarigen in den Magen. Aufstöhnend krümmte er sich, japste nach Luft. „Was soll der Scheiß?“ fauchte er wütend.

„Das war die Antwort auf Deine Frage. Du hast meine Absicht nicht einmal geahnt. Wenn wir Dich so auf die Straßen ließen, wärst Du innerhalb zwei Minuten tot.“ erwiderte Zacharias gelassen.

Mit den Worten: „Wir sehen uns später.“ verabschiedeten sich Gabriel, Raphael, Samuel und Michael, da sie in der Nacht unterwegs waren.

„Jetzt schauen wir, wie fit ihr seid. Jonas bringt euch zu den Umkleidekabinen, wo für jeden von euch Hosen und Shirts bereitliegen. Schuhe braucht hier erstmal nicht. Für jeden von euch wurde ein Schrank eingerichtet, schreibt euren Namen darauf, schließt eure Sachen ein. Verseht auch die Schlüssel mit Namen, gebt sie bei Asaziel ab. Nach Ende des Trainings bekommt ihr sie zurück.“

Wie eine Herde Schafe folgten sie Jonas, redeten und alberten dabei herum. Zacharias zog sich Shirt und Schuhe aus, vertrieb sich die Zeit an den Ringen. Auch Nathanael und Asaziel entledigten sich ihrer Shirts und Schuhe.

„Was für ein undisziplinierter Haufen.“ stöhnte Jonas, als er zurückkehrte. „Was hast Du uns da nur angetan?“

„Warte doch erstmal ab.“ lachte Nathanael. „Bisher brauchten sie ja nichts weiter tun, als gut auszusehen.“

Einer nach dem anderen kamen die Jungs in die Halle zurück. Alle waren ziemlich groß, auch kräftig gebaut, nur Muskeln hatte keiner wirklich von ihnen. Bewundernd starrte sie Zacharias an.

„So, meine Herren, nun zeigt mal, was in euch steckt.“ rief Nathanael. „Beginnen wir mit ein paar Runden durch die Halle. Und los, hopp, hopp.“ Er klatschte in die Hände, die Jungs setzten sich in Bewegung.

Nach den ersten drei Runden gaben die ersten auf, nach zwei weiteren machte auch der Rest schlapp.

„Setzte euch mal im Halbkreis auf den Boden.“ bat Nathanael, während er und Zacharias stehen blieben. Jonas und Asaziel hatten die Halle bereits verlassen.

„So, Mädels, was haben wir denn falsch gemacht?“ fragte Zacharias und sah in die Runde. „Hm? Keiner? Also gut, dann werde ich es euch sagen. Als es hieß, lauft los, seid ihr losgestürmt wie die Irren, gleich Vollgas gegeben. Und weil es mit eurer Ausdauer weit her ist, war nach ein paar Metern schon Schluss. Jetzt machen wir das Ganze nochmal, nur das ihr hinter mir herlauft, ich gebe das Tempo vor. Wer nicht mehr kann, geht in die Mitte. Nathanael wird die Runden zählen. Denkt daran, es geht nicht um Speed, sondern um Ausdauer.“

„Aber müssen wir nicht auch schnell sein?“ kam eine Frage.

„Ja, schon.“ erwiderte Zacharias, sah den Jungen an. Es war derjenige, der gleich zu Beginn wissen wollte, wann es in den Kampf ging. „Wie heißt du?“ wollte Zacharias wissen.

„Raul.“ lautete die Antwort.

„Also, Raul, und das gilt auch für alle anderen: Was nützt es, wenn Du schnell bist, es aber nicht lange durchhalten kannst? Wenn Du Deine Gegner zum Beispiel aus einem bewohnten Gebiet in ein unbewohntes locken musst? Dann rennst Du hundert Meter und es ist vorbei.“ erklärte Zacharias. „Die Besten von euch haben vorhin gerade mal fünfzig Meter geschafft.“

Im mittleren Tempo lief Zacharias vor ihnen her. Dieses Mal gaben die ersten nach zehn Runden auf, mit jeder Runde wurden es weniger. Nach zwanzig Runden waren es nur noch zwei, die hinter ihm herliefen. Es war Raul und ein Rothaariger mit Brille. Dessen Körper war nicht so kräftig wie der der anderen, eher konnte man ihn als drahtig bezeichnen. Aber auch die Beiden wurden von Runde zu Runde langsamer und nach vier weiteren Runden gaben auch sie auf.

„Na also, geht doch.“ grinste Zacharias, dem man nichts ansah, nicht einmal Schweiß. „Und was sagt ihr, Raul „…?“
„Lukas.“ stellte der Rothaarige sich vor. „Stimmt, so war es einfacher.“

„Okay, Jungs, ich würde sagen, dass wars für heute. Geht duschen, zieht euch um. Johann wird euch zum Bus bringen.“ teilte Nathanael ihnen mit. „Mitbringen zum Training braucht ihr nichts, wird alles von uns gestellt. Wenn es soweit ist, dass wir Waldläufe machen, sagen wir Bescheid, damit ihr euch bequeme Schuhe mitbringen könnt.“
„Waldläufe? Draußen?“ fragte ein Junge mit weitaufgerissenen Augen.

„Natürlich draußen. Oder siehst Du hier drinnen einen Wald?“ spottete Zacharias.

„Zu unserem Anwesen gehört ein großer Wald.“ erklärte Nathanael. „Er ist von einer hohen Mauer umgeben, mit Kameras bestückt, macht euch also keine Sorgen.“ Damit waren die Schüler entlassen.

„Heute Nacht werden wir zusammen gehen.“ teilte Nathanael seinem Bruder mit.

„Du bist der Boss, Du entscheidest.“ grinste Zacharias



Am Abend fuhren sie gemeinsam mit Jonas und Asaziel in die Innenstadt. Dort trennten sie sich, gingen in verschiedene Richtungen.

„Was hältst Du von unseren Schülern?“ wollte Nathanael wissen.

„Noch kann man nicht viel dazu sagen.“ erwiderte Zacharias. „Dieser Raul scheint ziemlich ehrgeizig zu sein. Und die anderen – mal abwarten.“

„Ich hoffe, dass zwei Drittel von ihnen durchhalten. Wenn wir vier Teams bilden könnten, hätten wir die Möglichkeit, die Stadt besser abzusichern.“ überlegte Nathanael.

Sie waren mittlerweile in ruhigeres Gebiet gelangt. Hier waren die Straßen nicht so belebt, es gab kaum Kneipen oder Bars. Vor ihnen lag ein kleiner Park, den sie betraten. In der Mitte befand sich ein Springbrunnen, der leise vor sich hin plätscherte. Als sie ihn erreichten, kamen sie von allen Seiten.

„Verdammt.“ zischte Zacharias. „Keinerlei Rückendeckung, nur offenes Gelände. Und weglocken können wir sie auch nicht, sie sind rundherum.“

„Ich rufe Jonas an, sie sollen herkommen.“ Nathanael zog sein Handy aus der Tasche.

„Wer weiß, wo sie sind, die da werden wohl nicht warten.“ Zacharias drehte sich im Kreis, um alle im Auge zu behalten.

„Sie beeilen sich, herzukommen.“ Nathanael hatte das Telefonat beendet. Kaum hatte er sein Handy weggesteckt wurden sie angegriffen. Rücken an Rücken kämpften sie, sich gegenseitig Deckung zu geben. Bald schon lag eine Reihe Toter um sie herum. Die nachrückenden Gegner mussten über die Leichen steigen, was den Rittern etwas Zeit verschaffte. An Flucht war nicht zu denken, da sie von allen Seiten kamen.

„Wo bleiben die zwei?“ stöhnte Nathanael, als sich urplötzlich eine schwarze Gestalt zwischen den Ratten bewegte. Die schmalen, leicht gebogenen Schwerter blitzten im Licht der Laternen immer wieder auf. Sich um sich selbst drehend, umkreiste sie den Brunnen, eine Schneise des Todes schlagend.
Von diesem Anblick kurz abgelenkt, konnte einer der Angreifer nahe genug an Nathanael herankommen, stieß ihm ein Messer tief in den Bauch. Zacharias sah es, stieß einen Schrei aus, stürzte sich wie ein Wilder auf die Angreifer, stieß in blinder Wut auf sie ein.
Dann war es vorbei. Zacharias sah zu Nathanael. Er lag mitten zwischen den Leichen, bei ihm der schwarze Ritter. Er kniete neben ihm, presste ein Tuch auf dessen Bauch.

„Was ist passiert?“ hörte er wie durch Watte Jonas rufen.

„Nat – er wurde verletzt.“ erwiderte Zacharias konfus. „Wir müssen ihn so schnell als möglich ins Krankenhaus bringen.“

„Ich rufe einen Krankenwagen.“ Jonas griff nach seinem Handy.

„Nein, die bringen ihn in ein normales Krankenhaus, dort können sie ihm nicht helfen, er muss in unseres.“ rief Zacharias. „Besorg ein Auto, von mir aus klau eins.“

Am Ausgang des Parks hupte es, als sie hinsahen, stand dort ein Van mit laufendem Motor, die Türen geöffnet. Niemand hatte auf den schwarzen Ritter geachtet. Dieser stand neben dem Fahrzeug, verneigte sich kurz und verschwand.
Sie trugen Nat zu dem Van, legten ihn auf die Rückbank. Er blutete immer noch sehr stark, sein Gesicht hatte alle Farbe verloren. Zacharias setzte sich zu ihm, nahm seinen Kopf auf den Schoss. „Du fährst.“ befahl er Jonas knapp. In rasender Fahrt ging es quer durch die Stadt.

Das Krankenhaus, welches sie kurz darauf erreichten, sah von außen ganz normal aus, besaß aber im Keller eine extra Abteilung für die Vampire. Der Arzt, der es leitete, gehörte ebenfalls zur Gattung der Vampire, ebenso ein Teil der Schwestern.

„Los, los, gleich in den OP.“ befahl der Arzt beim Anblick von Nathanaels Verletzung.

Ruhelos lief Zacharias im Warteraum auf und ab. Jonas und Asaziel saßen händchenhaltend auf den Stühlen.
„Phil macht das schon.“ versuchte Jonas Zacharias zu beruhigen. „Bisher hat er jeden von uns schon zusammengeflickt.“

Stunden später, die Sonne stand schon hoch am Himmel, betrat ein erschöpft aussehender Arzt den Wartebereich.
„Es war verdammt knapp.“ sagte er mit schonungsloser Offenheit. „Er hat eine Menge Blut verloren. Um es zu stoppen, mussten wir seine Wunde nähen. Es wurde zwar gleich eine Jungfrau gerufen, aber bis zu ihrem Erscheinen hätte er nicht durchgehalten. Der Stich war ziemlich tief, dazu wurde das Messer noch in der Wunde gedreht. Zum Glück wurden keine inneren Organe verletzt und die Hauptschlagader nur um Millimeter verfehlt. Er war schon zu schwach, um zu trinken, deshalb haben wir ihn erstmal an einen Tropf angeschlossen. Wenn er aus der Narkose erwacht, werden wir ihm erneut eine Jungfrau rufen.“

„Danke, Phil.“ seufzte Zacharias erleichtert. „Kann ich zu ihm?“

„Noch liegt er in Narkose, aber Du kannst einen kurzen Blick auf ihn werfen. Morgen kannst Du dann zu ihm.“

Blass lag Nathanael im Bett, an Schläuchen angeschlossen. Mit Tränen in den Augen blickte Zacharias auf seinen Bruder.

„Fahrt nach Hause, legt euch schlafen.“ riet Phil. „Ich bleibe hier, werde hier ein paar Stunden schlafen, so bin ich im Notfall direkt erreichbar.“

Mit dem gestohlenen Fahrzeug fuhren sie zu ihrem eigenen Auto. Jonas notierte sich noch schnell das Kennzeichen, um darüber den Besitzer ausfindig zu machen, dann fuhren sie heim.

„Eigentlich müsste der schwarze Typ für den Schaden aufkommen. Immerhin hat er die Karre ja geklaut.“ knurrte Zacharias.

„Dazu müsste man wissen, wer es ist. Oder weißt Du es etwa?“ wandte Jonas ein.

„Woher sollte ich? Hab ihn nie zuvor gesehen.“ knurrte Zacharias.

Als sie Zuhause ankamen, gingen Jonas und Asaziel gleich in ihr Zimmer, Zacharias hingegen begab sich zur Sporthalle. Gabriel und Raphael waren dort, ließen die Schüler gerade ein paar Runden durch die Halle drehen. Aus den Augenwinkeln erkannte Zacharias, dass sie seinen Ratschlag befolgten, versuchten, im gleichmäßigen Tempo zu laufen.

„Hey.“ begrüßte er Gabriel und Samuel. „Könnt ihr die Leutchen mal kurz zusammen rufen? Ich möchte ihnen kurz etwas mitteilen.“

„Klar.“ erwiderte Gabriel. „Wie geht es Nat? Was war überhaupt los?“

„Ihr wisst schon Bescheid?“ fragte Zacharias.

Raphael nickte. „Asa hat uns angerufen, als Nat im OP war, kurz berichtet, was passiert ist.“

Gabriel hatte inzwischen die Schüler zu sich gerufen. Nun standen sie im Halbkreis um sie, schauten sie mit erwartungsvollen Augen an.

„Wie ihr vielleicht wisst, wurde Nathanael in dieser Nacht schwer verletzt, durch einen Stich in den Bauch. Unser Doc hat sein Möglichstes getan, ihn wieder zusammen geflickt. Es war eine sehr tiefe Wunde, die genäht werden musste, deshalb wird Nat für einige Zeit ausfallen.“ berichtete Zacharias.

„Ich dachte, er wär neben Dir der Beste, wie konnte das passieren?“ Es war Raul, der diese Frage stellte.

„Er war für Sekunden unaufmerksam.“ erwiderte Zacharias. „Aus welchem Grund spielt keine Rolle. Ihr seht daran, dass es nicht nur um Kraft, Ausdauer und Geschicklichkeit geht, sondern auch um Konzentration. Man darf sich durch nichts ablenken lassen, sonst läuft man Gefahr, verletzt oder gar getötet zu werden. Als zusätzlichen Unterricht werden wir Konzentration hinzunehmen, Jonas und Asaziel werden das übernehmen.“ Ernst sah er in die Runde, nickte Gabriel zu. „So, dass war es, ihr könnt weiter trainieren.“

Er verließ die Halle, ging nach oben. Kurz überlegte er, Jonas von der Zusatzaufgabe zu unterrichten, verwarf den Gedanken gleich wieder, ging in sein Zimmer, ließ sich angezogen bäuchlings auf sein Bett fallen, wo er gleich einschlief.
Als er nach ein paar Stunden aufwachte, plagte ihn der Durst nach Blut. Bevor er sich aber eine Jungfrau rief, würde er sich lieber sie Zunge abbeißen. Das bedeutete allerdings, dass er in die Stadt müsste, sich in den vielen Bars ein Opfer suchen. Er duschte, zog eine schwarze Cargohose, ein schwarzes Shirt, seine Kampfstiefel an. Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass es noch recht früh war. Es blieb noch Zeit, um in der Küche einen Kaffee zu trinken und eine Kleinigkeit zu essen. Vorher wollte er noch Jonas informieren.
Auf sein Klopfen erhielt er keine Antwort, dachte Jonas schliefe noch, drückte leise die Klinke hinunter. Der Anblick, welcher sich ihm bot, ließ seinen Schritt stocken, er blieb in der geöffneten Tür stehen.
Jonas und Asaziel knieten nackt mitten auf dem Bett, küssten sich, dabei lag jeweils eine Hand um den Schwanz des Anderen. Immer noch auf Knien, beugte sich Jonas nach hinten, stützte sich auf seinen Händen ab. Asaziel beugte sich nach vorn, nahm Jonas Schwanz, begann an ihm zu lecken, saugte ihn in seinen Mund. Lustvoll stöhnte Jonas auf.
Angewidert, aber doch fasziniert sah Zacharias zu ihnen, dann verließ er leise das Zimmer. ‚Wie kann Asaziel nur Spaß daran empfinden, wo er doch das Gleiche erlebt hatte wie ich?‘, dachte Zacharias. Denn das Asaziel nicht gelogen hatte, hatte er an den zahlreichen Narben an seinem Körper erkannt.
Unter dem Eindruck des eben Gesehenen betrat Zacharias die Küche, nahm sich einen Kaffee, der immer bereit stand. Johann, ihr Diener, bereitete gerade das Abendessen vor.

„Ist alles in Ordnung, Herr?“ fragte er. „Ihr seht so verstört aus.“

„Ja, ja, alles in bester Ordnung.“ erwiderte Zacharias. „Ich bin in der Stadt, falls jemand nach mir fragen sollte.“ Er nickte Johann kurz zu, verließ die Küche, fuhr in die Stadt.
Im Vergnügungsviertel fand er in einer der vielen Bars schnell ein williges Opfer. In einer ruhigen Seitenstraße drängte er sie gegen eine Wand. Als er seinen Kopf senkte, erwartete sie wohl, dass er sie küssen wolle, schloss die Augen. Ein kurzer Schrei entfuhr ihr, als er seine Zähne in ihren Hals bohrte. Mit jedem Schluck, den er nahm, wuchs ihre Erregung. Ihr Unterleib drückte sich gegen Zacharias, auffordernd rieb sie sich an ihm. Zacharias bemerkte es wohl, aber es ließ ihn kalt. Für ihn waren Frauen nur willige Blutspender, eine Gegenleistung hatten sie nicht zu erwarten. Sie aber wollte mehr, legte ihre Hand in seinen Schritt, in der Hoffnung, einen steifen Schwanz zu fühlen.
„Ihr Weiber seid doch alles Nutten.“ knurrte Zacharias, warf ein paar Geldscheine vor ihre Füße, suggerierte ihr, gerade den besten Sex ihres Lebens gehabt zu haben.

Gelangweilt schlenderte Zacharias anschließend durch die Stadt. Die Nacht war warm und sternenklar, viele Menschen waren unterwegs. Er verließ die belebten Straßen, gelangte schließlich in die ruhigeren, ärmeren Viertel. Kampfgeräusche drangen an sein Ohr. Ihnen folgend kam er in eine Sackgasse, an deren Ende Samuel und Michael in einen Kampf verwickelt waren. Im Laufen zog Zacharias sein Messer aus dem Stiefel, stürzte sich ins Getümmel. Da es nur eine kleinere Gruppe Angreifer war, hatten sie diese schnell erledigt.

„Was treibt Dich hierher? Wir dachten, Du vergnügst Dich bei Jeremia?“ fragte Samuel grinsend.

Jeremia war der Besitzer einer Bar, welche die Ritter häufig aufsuchten und ebenfalls ein Vampir.

„Ich war nicht darauf aus, mich zu amüsieren.“ erwiderte Zacharias. „Nicht, wenn mein Bruder schwer verletzt im Krankenhaus liegt, dem Tode näher als dem Leben.“

„Du hast wieder Menschenblut getrunken.“ ahnte Michael.

„Und wenn schon? Wen interessiert es?“ gab Zacharias trotzig zurück.

„Sakura. Sie sieht es nicht gerne.“ erinnerte ihn Michael.

„Soll sie halt die Augen zumachen. Ist eh das, was sie am Besten kann.“ brummte Zacharias.

„Hört auf zu diskutieren.“ unterbrach Samuel die Beiden. „Wie wärs? Noch einen Absacker bei Jeremia?“

Als sie zustimmten, rief Samuel Gabriel an, teilte ihm mit, dass sie sich dort treffen wollten.
Es dämmerte schon, als sie die Bar verließen. Zacharias beschloss, gleich zum Krankenhaus zu fahren, zu sehen, wie es Nat ging.

„Bestell dem Boss schöne Grüße, er soll schnell wieder auf die Beine kommen.“ trug Samuel ihm auf.

„Das wird schon, er ist ein zäher Kerl.“ erwiderte Zacharias. „Ist ja nicht das erste Mal, dass er verletzt wurde.“

Er ging zu seinem Auto, fuhr zum Krankenhaus. Für ihn und die anderen Vampire galten keine Besuchszeiten.







Kapitel 5





Luna-Mae war noch anwesend, als Zacharias ohne anzuklopfen das Zimmer betrat. Sie saß auf der Bettkante, ließ Nathanael aus ihrem Handgelenk trinken. Er sah schon wieder besser aus, die Schläuche waren verschwunden.

„Stör ich?“ fragte Zacharias von der Tür her.

„Nein, komm nur rein.“ forderte Nathanael ihn auf.

„Wie geht es Dir, Großer?“ erkundigte sich Zacharias.

„Schon wieder besser. Seit sie hier ist, sogar noch besser.“ Nat lächelte Luna-Mae an.

„Schön.“ Zacharias sah geflissentlich an Luna-Mae vorbei.

„Ich werde nun gehen.“ sagte diese sanft. „Ruf mich, wann immer Du mich brauchst.“ Sie beugte zu Nathanael, küsste ihn auf die Stirn.

„Danke, mein Herz.“ Nathanael nahm ihre Hände, küsste deren Innenseiten. „Ich hoffe, wenn ich Dich das nächste Mal zu mir rufe, werde ich Dich wieder lieben können.“

Luna-Mae erwiderte darauf nichts, sie lächelte nur, dann war sie fort.

„Ist sie nicht wundervoll?“ schwärmte Nathanael mit glänzenden Augen.

„Heirate sie doch.“ brummte Zacharias genervt.

„Würde ich ja, wenn es gehen würde.“ seufzte Nathanael. Ernst werdend, wollte er wissen: „Was führt Dich so früh hierher? Ist Zuhause alles in Ordnung? Machen die Schüler Probleme?“
„Nein, nein, es ist alles in bester Ordnung. War diese Nacht mit den Jungs bei Jeremia, wollte wissen, wie es Dir geht.“

„Es hat mich wohl ganz schön erwischt, wie Phil mir sagte.“ erwiderte Nathanael. „Aber als dieser……dieser…“

„Schwarze Ritter.“ half Zacharias aus.

„Wie? Naja, egal. Jedenfalls, als er auftauchte, war ich einen Moment abgelenkt. Er tauchte so plötzlich auf, als wäre er vom Himmel gefallen. Dich hat es nicht gestört, Du hattest dieses Erlebnis wohl schon öfter.“

„Schon ein paar Mal, ja.“ nickte Zacharias.

„Ist jetzt nicht so wichtig. Als ich wieder einigermaßen klar wurde, kam mir der Gedanke, dass wir so etwas wie ihn gut brauchen könnten. Seine Schwerttechnik ist einmalig, könnte mir vorstellen, es auch zu erlernen. Auch für unsere Schüler wäre es was.“

„Guten Morgen.“ erklang eine weibliche Stimme fröhlich, bevor Zacharias antworten konnte. „Zeit für die Morgentoilette.“
Sie reichte Nat einen Bademantel. „Wie schauts aus? Kannst Du alleine aufstehen?“
Obwohl Nat zustimmend nickte, half sie trotzdem, sich aufzusetzen, stützte ihn auf dem Weg ins Bad. Mit flinken Händen richtete sie das Bett. Zacharias lehnte an der Wand, sah ihr zu. Als sie den Kopf hob, ihn lächelnd ansah, erstarrte er. Das Grün dieser Augen, er kannte es, hatte es schon mal gesehen.

„Kennen wir uns?“ fragte er mit belegter Stimme.

„Nicht, dass ich wüsste. Oder warst Du schonmal Patient hier?“

„Nein. Du erinnerst mich an jemanden, der Deine Augen hat.“

„Aber ich habe meine noch.“

„Was?“ Zacharias war verwirrt.

„Na, meine Augen. Ich habe sie noch, also kann niemand anderer sie haben.“ erklärte sie ernsthaft.

„Ich….ich meinte, solche Augen wie Deine schonmal gesehen zu haben. Du warst nicht zufällig auf dem Fest meines Bruders? Vor ein paar Wochen, in dem Hotel?“

Nathanaels Rückkehr unterbrach ihr Gespräch. Sie half ihm, sich wieder hinzulegen, zog die Decke über seine Beine bis kurz über seine Scham.

„Ich werde nun den Verband abnehmen, der Doc kommt gleich, will sich die Wunde ansehen.“

„Sieht ja gut aus.“ stellte Phil, der Arzt, fest. „Zum Glück war es nur eine tiefe Fleischwunde, innere Organe wurden nicht verletzt.“

„Gut, dann kann ich ja nach Hause.“ sagte Nathanael bestimmt.

„Ich glaube nicht.“ schüttelte Phil den Kopf. „Die Wunde musste genäht werden, weil keine Zeit blieb, eine Jungfrau zu rufen. Es dauert mindestens zehn Tage, bis die Fäden entfernt werden können. Solange wirst Du wohl bleiben müssen. Auch muss der Verband täglich erneuert werden. Ich bezweifele, dass einer Deiner Männer das fachmännisch erledigen kann.“

„Mann, ich habe zu tun, hab die Bude voller Schüler. Soll ich meine Leute mit dem ganzen Kram alleine lassen?“ fuhr Nathanael auf.

„Wir schaffen das schon.“ mischte sich Zacharias ein. „Komm Du erstmal wieder auf die Beine.“

„Du halte die Klappe. Soll ich etwa hier herumliegen, mich zu Tode langweilen, während ihr nachts draußen seid und euch am Tag mit den Schülern plagt? Außerdem gibt es noch eine Menge Papierkram zu erledigen. Wenn Du mich nicht entlässt, entlass ich mich halt selber.“ drohte Nathanael.

„Doc, einen kurzen Moment.“ Die Schwester sah Phil an, dann gingen die Beiden zur gegenüberliegenden Wand, flüsterten miteinander.

„Also gut, ich schlage Dir einen Kompromiss vor. Unter einer Bedingung lasse ich Dich gehen. Sie,“ er deutet auf die Schwester, „wird Dich begleiten, Dich zu Hause versorgen. Auch wird sie darauf achten, dass Du Dich weiterhin schonst, nicht übertreibst. Jeden Abend erstattet sie mir Bericht, solltest Du Dich nicht an ihre Anweisungen halten, kommst Du hierher zurück.“

„Lässt sich machen.“ stimmte Nathanael zu. „Wo das jetzt geklärt ist, lass uns nach Hause fahren, Zack.“

„Nackt? Solltest Du Dich nicht vorher anziehen?“ grinste Zacharias.

„Ach, verdammt, stimmt ja. Wo sind meine Klamotten?“ wollte Nathanael ungeduldig wissen.

„Im Müll.“ erwiderte Phil ruhig. „Erstens mussten wir Dich so schnell als möglich davon befreien, da blieb zum Ausziehen keine Zeit, aufschneiden ging schneller. Zweitens waren sie voller Blut.“

„Pass auf, ich fahr nach Hause, hol Dir ein paar Klamotten. In der Zeit kann Phil Dich nochmal richtig durchchecken. Außerdem muss sie,“ er deutete mit dem Kinn auf die Schwester, „auch noch packen, Verbandszeug und so nen Kram.“

„Gute Idee.“ stimmte Phil zu. „Also, Mister Ungeduld, wäre das in Deinem Sinne?“
Ergeben nickte Nathanael.

Knapp eine Stunde später waren sie auf dem Weg nach Hause. Als sie dort ankamen, waren alle in der Halle versammelt.
„Schön, Dich wieder auf den Beinen zu sehen.“ begrüßte ihn Jonas, der Rest stimmte ihm zu.
„Ach, der kleine Kratzer.“ winkte Nathanael ab.

„Kleiner Kratzer? Du hast geblutet wie ein abgestochenes Schwein. Wir haben echt gedacht, wir hätten Dich verloren.“ erwiderte Jonas.

„Habt ihr aber nicht.“ grinste Nathanael schief. „Ach, übrigens, wo hattet ihr so schnell ein Auto her? Das es nicht das unsere war, habe ich noch so eben mitbekommen.“

„Dieser schwarz gekleidete Typ hat es uns dahin gestellt, stieg aus und verschwand. Ich habe über das Kennzeichen den Halter ermittelt, ließ ihm einen ordentlichen Batzen Geld zukommen.“ erklärte Jonas.

„So,“ unterbrach die Schwester das Gespräch. „genug geredet, Nathanael sollte sich nun hinlegen. Ich gehe mal davon aus, dass ihr euren Boss noch länger behalten wollt.“

„Das ist übrigens Schwester..?“ Fragend sah er sie an.

„Jay.“ warf sie ein, Nathanael sprach weiter: „Phil hat sie mir aufs Auge gedrückt, nur deshalb durfte ich gehen.“

„So was könnte mir der Arzt auch verschreiben.“ grinste Samuel anzüglich in ihre Richtung.
Sie ging nicht darauf ein, bedachte ihn nur mit einem hoheitsvollen Blick.

„Wie lange werden wir mit ihrer Anwesenheit beehrt?“ wollte Jonas wissen.

„Für mindesten zehn Tage, bis die Fäden raus sind.“ antwortete Nathanael. „Dann mal schauen, was der Doc empfiehlt.“

„Wo ist Dein Zimmer?“ wollte Jay wissen. „Nach der Fahrt würde ich gerne einen Blick auf den Verband werfen.“

„Dort oben rechts neben der Treppe.“ Nathanael deutete nach oben.

„Gibt es hier unten einen Raum, den man nutzen kann? Weil, Treppen steigen ist nicht.“ sagte Jay streng.

„Neben meinem Arbeitszimmer gibt es eine Art Ruheraum.“ antwortete Nathanael.

„Solange ein Bett drin steht, ist es gut. Dann komm, zeig mir den Weg. Und Du,“ deutete sie auf Zacharias, „bringst mir die Tasche dorthin.“

„Keine Zeit, die Schüler warten.“ erklärte Zacharias knapp, begab sich zur Sporthalle.



„Guten Morgen, Mädels.“ begrüßte Zacharias die Schüler, als er in Jogginghose den Raum betrat. „Zuerst die gute Nachricht: Nat ist übern Berg, seit heute morgen wieder zu Hause. Allerdings kann und darf er noch nichts machen, weil er noch die Fäden in seiner Wunde hat. Das heißt für euch, ich werde bis auf weiteres das Training alleine übernehmen. Fangen wir gleich damit an. Fünfzig Runden, hopp, hopp.“

Während sie ihre Runden drehten, baute Zacharias einen Parkour auf. Aus dem Büro holte er sich ein Klemmbrett, befestigte die Namensliste darauf, hielt eine Stoppuhr in der Hand.

„Hat jemand die Runden mitgezählt?“ rief er fragend. „Okay, kommt her. Heute stehen Geschicklichkeit und Tempo auf dem Plan. Wie ihr seht, habe ich etwas vorbereitet. Los geht es mit einem Slalom um diese Pylonen, danach über die gestapelten Kisten, eine halbe Runde durch die Halle laufen, über den Schwebebalken hin zur Sprossenwand. Diese hinauf, zur Hälfte wieder hinunter, auf die Matten springen und abrollen. Am Ende wieder zu mir und fertig. Alles soweit verstanden?“ Ein zustimmendes Nicken als Antwort. „Gut. Zuerst machen wir einen Probelauf. Wenn alle durch sind, beginnen wir mit dem gezeiteten Lauf. Das heißt, ich werde von jedem die Zeit stoppen. Gestartet wird einzeln in alphabetischer Reihenfolge. Aaron, Du darfst als erstes. Und los, zeig was Du kannst.“

Aufmerksam beobachtet Zacharias jeden einzelnen Schüler. Bei vier, fünf Jungen vermutete er, dass sie nicht durchhalten würden.
Wie erwartete, schnitten Raul und Lukas am Besten ab. Beide schienen sehr ehrgeizig zu sein.
„So, Pause.“ rief Zacharias. Gemeinsam gingen sie in einen der Halle angeschlossenen Raum, in dem die Theorie gelehrt wurde. Hier gab es Tische und Stühle. Berge von Sandwiches warteten auf sie, gegen den Durst gab es literweise Wasser. Zacharias setzte sich auf den Tisch, welcher direkt vor einer Tafel stand.

„Im Großen und Ganzen habt ihr euch alle gut geschlagen.“ teilte er ihnen mit. „Ich werde euch nicht die Zeiten der Einzelnen sagen, weil sie noch nicht relevant sind. Wir sind hier beim Training, nicht bei einem Wettbewerb. Sagen kann ich euch aber, dass ihr noch schneller werden müsst. Wenn ihr alles drauf habt, wird am Ende des Parcours eine Zielscheibe aufgestellt, die ihr mit einem Messer treffen müsst. Wir werden gleich nach der Pause einige Wurftechniken üben.“
„Mit scharfen Waffen?“ kam eine Frage.

„Natürlich. Oder hältst Du das hier für einen Kindergarten, wo man mit Spielzeugmessern spielt? Falls ja, bist Du fehl am Platz.“ erwiderte Zacharias.

Nach der Pause führte Zacharias sie in den Keller, wo die Ritter ihre Waffen aufbewahrten. An der Wand der Tür gegenüber standen fünf, aus Sisal gefertigte Zielscheiben. Der Raum war fensterlos, alles in weiß gestrichen, von der Decke leuchteten Neonröhren.
Zacharias nahm einen Schlüssel aus der Tasche, öffnete einen grünen Metallschrank, entnahm ihm fünf Messer.
„Ich dachte, jeder bekäme eins.“ maulte Raul.
„Kannst Du zählen? Dort stehen fünf Zielscheiben, das bedeutet, ihr werft in Fünfergruppen. Jede Gruppe holt die Messer zurück, übergibt sie der nächsten Gruppe. Nun schaut gut zu, ich zeige euch, wie man das Messer am besten wirft.“
Zacharias nahm eins der Messer, fasste es mit Daumen und Zeigefinger an der Spitze, warf es locker aus dem Handgelenk, traf genau den Mittelpunkt. Unter dem Beifall der Schüler holte er das Messer zurück.
„Wir gehen wieder alphabetisch vor. Da ich eure Namen noch nicht kenne, nehme ich wieder die Liste zur Hilfe. Bewertet wird heute nichts, ihr sollt nur ein Gefühl für die Waffe entwickeln.“

An der Wand stehend, beobachtete Zacharias sie. Hin und wieder gab er einen Ratschlag, wie das Messer besser zu halten sei oder wie sie einen besseren Stand hatten.
„So, Schluss für heute.“ rief er, als alle fünfmal geworfen hatten. „Jetzt gibt es für euch noch eine Stunde Theorie, dann geht’s ab nach Hause.“
„Schon?“ tönte es enttäuscht.
„Da ihr vor der Dunkelheit zu Hause sein sollt, Jonas euch erwartete für seine Stunde, ist hier für heute Schluss. Und außerdem brauche ich auch noch etwas Schlaf, muss diese Nacht wieder raus.“ erklärte Zacharias.
Er räumte die Messer weg, verschloss den Schrank, löschte das Licht, verließ den Keller. Die schlaflose Nacht machte sich bei ihm bemerkbar, er ging gleich nach oben. Sein Zimmer lag links von der Treppe. Zwischen seinem und Nats gab es ein weiteres Zimmer, welches bisher leer stand.
Er stieg die Treppe hinauf, betrat den Gang, der sich um die ganze Halle zog. Von ihm führten Türen zu den Zimmern der anderen Ritter. Kurz bevor er seine Tür erreichte, öffnete sich die Tür des leeren Raumes und Jay kam heraus.
„Was machst Du da drin?“ wollte Zacharias unfreundlich wissen.
„Dort wohne ich während meines Aufenthaltes hier. Nat hat es mir zur Verfügung gestellt.“ erwiderte sie.

„So, so, Nat also. Na, ihr seid ja schon ziemlich vertraut.“ brummte Zacharias, ließ sie einfach stehen, verschwand in seinem Zimmer.

„Ungehobelter Klotz.“ murmelte Jay, ging die Treppe hinunter, sah nach Nathanael.
Dieser saß im Arbeitszimmer hinter dem Schreibtisch, der voller Papiere war.
„Nicht arbeiten, schonen.“ sagte Jay lächelnd.
„Ich arbeite nicht, sehe nur diese Papiere durch. Außerdem sitze ich ja dabei.“ Nathanael erwiderte ihr Lächeln.
„Na gut, solange Du Dich nicht aufregst.“
„Ist nichts Aufregendes, nur die Anmeldebögen der Schüler. Ich kann schließlich nicht erwarten, dass sich Jonas oder Asaziel auch noch darum kümmern, sie haben schon genug zu tun.“ sagte er bestimmt.
„Na gut, Du hast mich überzeugt.“ gab Jay nach. „Aber übertreibe es nicht.“
„Versprochen.“ grinste er. „Nicht, dass Du das dem Doc petzt und er mich wieder ins Krankenhaus schleift.“
Jay lachte. „Ich wollte Dich noch fragen, ob ich eure Halle nutzen kann, wenn der Unterricht vorbei ist und sie sonst keiner benutzt.“
„Klar, jeder Zeit. Falls Du Hilfe brauchst, frag einfach einen der Männer.“ antwortete Nathanael.
„Ach, Jay,“ hielt er sie auf, als sie gehen wollte, „sollte einer meiner Männer Dir dumm kommen, blöde Sprüche machen oder Dich gar belästigen, sag es mir. Ich werde ihn dann zur Rechenschaft ziehen, hier haben sie sich anständig zu benehmen.“



Zacharias hatte sich, so wie er war, auf das Bett geworfen, zwei Stunden tief und fest geschlafen. Nachdem er geduscht hatte, war er nun auf dem Weg zur Küche, einen starken Kaffee zu trinken. Auf halber Treppe kam ihm Jay entgegen. Ihr weißes Shirt war schweißnass, ihre Haare waren zerzaust, ihre Schuhe hielt sie in der Hand. Der Gedanke, dass sie gerade aus Nats Bett kam, ließ ihn aus unerklärlichem Grund wütend werden.
„Na, hats Spaß gemacht? Und das mit einem Rekonvaleszenten.“ fuhr er sie wütend an, schüttelte den Kopf, ging an ihr vorbei nach unten.
Irritiert sah Jay ihm nach. „Idiot.“ zischte sie, überlegte kurz, ihm nachzulaufen, ihm zu erklären, dass sie vom Sport kam, entschied sich aber dagegen. Sollte er doch denken, was er wollte.

Als sie später beim Abendessen wieder aufeinander trafen, würdigte er sie keines Blickes, während die anderen, bis auf Jonas und Asaziel, sie anhimmelten. Widerlich, wie Männer sich in Gegenwart einer Frau in sabbernde Idioten verwandelten, ging es Zacharias durch den Kopf.

„Hey, Zack, mit wem bist Du diese Nacht unterwegs?“ wollte Asaziel wissen.
„Keine Ahnung, notfalls allein.“ erwiderte Zacharias schulterzuckend.

„Mit niemanden, weil er hier bleibt.“ kam es entschieden von Nathanael, der unbemerkt die Küche betreten hatte. „Heute Nacht werden Samuel und Michael gehen, dafür übernimmt Zack morgen ihr Training. Wie es dann weitergeht, bis ich wieder mit gehe, müssen wir uns überlegen. Es geht niemand von euch alleine.“
„Quäl die armen Schüler nicht zu doll.“ grinste Samuel in Zacharias Richtung.
„Keine Sorge, habe ja die ganze Nacht Zeit, mir was Schönes zu überlegen.“ erwiderte Zacharias leise lachend.
„Kann ja nichts passieren, wir haben ja eine Schwester im Haus.“ feixte Michael.
„Ich bin aber nur für Nat verantwortlich.“ hob Jay abwehrend die Hände.
„Ja, leider.“ seufzte Samuel. „Wenn man Dich so ansieht, bekommt man den Wunsch nach einer Verletzung.“
„Schluss jetzt.“ erhob Nat die Stimme. „Damit eines klar ist, hier lässt sich niemand absichtlich verletzen. Ihr werdet die Finger von ihr lassen, keine dummen Sprüche oder Anzüglichkeiten äußern. Sie ist nicht dafür da, damit ihr eure Männlichkeit beweisen könnt.“
„Jawoll, Chef.“ kam es von allen, bis auf Zacharias. Ihm war klar, warum Nat das nicht wollte. Immerhin kümmerte sie sich ja nicht nur um seine Verletzung.
„Ich geh zu Jeremia.“ sagte er aus diesem Gedanken heraus.
„Hast Du was dagegen, wenn wir mitkommen?“ fragte Raphael.
„Wir leben in einem freien Land, ihr könnt gehen, wohin ihr wollt.“ brummte Zacharias.

In dieser Nacht trank Zacharias mehr, als er vertrug. Schuld daran waren die Bilder in seinem Kopf. Sie zeigten ihm Jay und Nat nackt im Bett, heißen Sex habend. Aber mit jedem Glas verblassten diese Bilder mehr und mehr.

Am nächsten Morgen wachte er mit schwerem Kopf auf, wusste nicht einmal mehr, wie und wann er nach Hause gekommen war. Außer seinen Stiefeln war er noch voll bekleidet. Er beschloss, zuerst mal einen starken Kaffee zu sich zu nehmen, der hoffentlich seine Lebensgeister erwachen ließ. Die Küche war leer, bis auf Jay, die alleine am Tisch saß, eine Tasse vor sich. Wortlos nahm er sich eine Tasse, goss sie voll, wollte wieder gehen.
„Du scheinst ein Problem mit mir zu haben.“ hielt Jays Stimme ihn auf. „Lass uns drüber reden, vielleicht können wir es aus der Welt schaffen.“
„Ich habe kein Problem.“ knurrte er gereizt.
„Na, wenn Du das sagst. Trotzdem habe ich das Gefühl, Du hast etwas gegen mich.“
„Boah, was erwartest Du? Das ich Dich anhimmle, wie die anderen? Mir bei Deinem Erscheinen sabbernd die Zunge heraushängt? Du bist mir völlig egal, ich habe sowieso nicht die Absicht, Freundschaft mit Dir zu schließen.“ erklärte er mit kalter Stimme. „Und nun hab ich zu tun.“
„Sie muss Dir sehr wehgetan haben.“ hörte er Jay murmeln, als er an der Tür stand.
„Was weißt Du denn schon?“ fauchte er sie wütend an. „Nichts, rein gar nichts weißt Du von mir. Hör auf, mich zu analysieren, lass mich einfach in Ruhe.“

Von nun an vermied Zacharias die gemeinsamen Essen. Er verzog sich jeden Abend mit einer Flasche Whiskey in sein Zimmer, trank mehr, als ihm guttat. Hätte man ihn nach dem Grund dafür gefragt, er hätte keinen nennen können.
Nach drei Tagen klopfte es an seiner Tür. „Herein.“ rief Zacharias mit schwerer Stimme. Asaziel betrat den Raum.
„Es geht mich zwar nichts an..“ begann er, wurde rüde von Zacharias unterbrochen: „Dann halt die Klappe und verschwinde.“
„Nein, das werde ich nicht.“ erwiderte Asaziel ruhig, aber bestimmt. „Alle sind in großer Sorge wegen Deines Alkoholkonsums. Du isst seit Tagen nicht mehr, trinkst nur noch. Niemand weiß, dass ich hier bin. Es ist keinesfalls meine Absicht, Dir Vorwürfe zu machen.“
„Mann, komm endlich auf den Punkt. Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit.“ fauchte Zacharias wütend.
„Okay, ich wollte Dir nur sagen, dass Du Dir keinen Gefallen tust mit der Trinkerei. Hast Du schonmal darüber nachgedacht, was ist, wenn Du mit Nat wieder auf Streife gehst? In diesem Zustand wärst Du ihm keine große Hilfe. So wird es nicht lange dauern und er liegt wieder schwer verletzt am Boden, wenn nicht sogar tot. Was auch immer es ist, was Dich veranlasst, zu trinken, dadurch wird es nicht verschwinden.“
„Fertig mit der Predigt? Dann hau ab.“ knurrte Zacharias genervt.

Als Asaziel fort war, betrachtete Zacharias die Flasche in seiner Hand, sie war noch halb voll. „So ein Arschloch.“ murmelte er, nahm noch einen kräftigen Schluck, fiel um.
Wie in einem Film sah er sich und Nat in einen Kampf verwickelt. Sturzbetrunken versuchte er, die Gegner zu treffen, gelang ihm aber nicht. Nat wurde, obwohl er wie ein Besessener kämpfte, überwältigt, lag schwer verletzt am Boden, aus unzähligen Wunden blutend. Tote Augen starrten ihn vorwurfsvoll an.
Schreiend fuhr Zacharias auf, er hatte geträumt. Er blickte auf die Flasche in seiner Hand. ‚Asaziel hat Recht.‘, dachte er. ‚Dadurch bringe ich nicht nur mich, sondern auch andere in Gefahr.‘ Wütend schleuderte er die Flasche gegen die Wand, quälte sich aus dem Bett, ging unter die kalte Dusche, die seine Lebensgeister halbwegs erweckte. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass es noch früher Morgen war. Leise ging er nach unten zur Küche, nahm sich eine große Tasse, goss heißen Kaffee hinein, setzte sich an den Tisch. Der Grund für seinen Aussetzer betrat die Küche, nahm sich ebenfalls Kaffee, setzte sich weit weg von ihm an den langen Tisch.
„Ich hab nichts gegen Dich persönlich, hab gegen Frauen im Allgemeinen was. Was nicht bedeutet, ich bin schwul.“ versuchte er zu erklären. „Das Beste wird sein, wir gehen uns, so gut es geht, aus dem Weg.“
Jay nickte stumm, sah ihn nicht an. „Keine Sorge, ich bin bald wieder weg.“
„Zack, in mein Büro, sofort!“ kam es befehlend von Nathanael, der in der offenen Tür stand.
Er saß hinter seinem Schreibtisch, als Zacharias das Arbeitszimmer betrat.
„Setz Dich.“ ordnete er knapp an.
„Nein, danke, ich stehe lieber.“ erwiderte Zacharias.
„Wie Du willst.“ Nathanael zuckt mit den Schultern, stand auf und lief auf und ab.
„Kommst Du dann endlich mal zur Sache, sagst mir, was ich hier soll.“ meinte Zacharias gelangweilt.
„Ich werde keine Extratouren mehr von Dir dulden. Ab sofort ist Schluss mit lustig. Lange genug war ich zu nachgiebig mit Dir, hab stets Rücksicht genommen wegen dem, was Dir geschehen ist. Aber damit ist jetzt endgültig Schluss.“ sagte Nathanael im harten Ton.
„Was genau willst Du eigentlich von mir? Habe ich euch jemals im Stich gelassen? Hab ich nicht immer mein Bestes im Kampf gegeben?“ brauste Zacharias auf.
„Darum geht es nicht.“ stellte Nathanael klar.
„Ach, weißt Du was? Das ist mir alles zu blöd.“ sagte Zacharias unwirsch.
„Dir ist alles zu blöd.“ wurde Nathanael laut. „Fragen über Deine Entführung ignorierst Du einfach. Wenn man versucht, sich Dir zu nähern, blockst Du ab. Du hast keine Freunde, nicht mal unter den anderen Rittern. Von einer Freundin ganz zu schweigen.“
„Ich brauche niemanden.“ knurrte Zacharias.
„Jeder braucht irgendwann jemanden, auch Du. Ach ne, stimmt ja, Du hast ja Deine Flaschen:“ hielt Nathanael ihm vor.
„Boah, wurde aber auch Zeit, dass Du endlich wieder auf die Straßen kommst. Du drehst sonst noch vollkommen durch.“ erwiderte Zacharias genervt.
„Genau wie Du, nur besauf ich mich nicht drei Tage lang.“ konterte Nathanael.
„Solltest Du mal machen, ist besser als jeder Sex.“ riet Zacharias ironisch.
„Blödmann.“ grinste Nathanael.
„Idiot.“ gab Zacharias zurück.
Nathanael ließ sich in seinen Stuhl fallen. „Also, Deine Extravaganzen hören jetzt auf, verstanden?“
„So wie die Fragen nach meiner Vergangenheit.“ forderte Zacharias.
„Gut, ich werde nicht mehr fragen. Vielleicht redest Du ja eines Tages darüber.“ lautete Nathanaels Antwort.

Zehn Tage waren vergangen seit Nathanaels Verletzung, heute sollte in der Klinik die Fäden gezogen werden. Zacharias fuhr ihn dorthin.
„Die Fäden bin ich endlich los.“ verkündetet Nathanael. „Aber noch soll ich mich schonen.
„Wie lange?“ wollte Zacharias wissen.
„Ein paar Tage.“ antwortete Nathanael.
„Mindestens eine Woche, sagte ich.“ ergänzte Phil, der gerade den Warteraum betreten hatte. „Dann kannst Du mit leichtem Training anfangen.“
„Mann, ich muss endlich wieder auf die Straße.“ stöhnte Nathanael genervt auf.
„Kannst Du ja auch, nur nicht sofort. Da ich weiß, wie ungeduldig Du bist und nicht auf mich hören wirst, lasse ich Jay noch bei euch, damit sie Dich im Auge behalten und mir berichten kann.“ teilte Phil mit.
„Na toll, jetzt kriege ich auch noch einen Babysitter aufs Auge gedrückt.“ grummelte Nathanael.
„Als ob Dich das nicht freuen würde.“ meinte Zacharias und stieß ihm scherzhaft den Ellbogen in die Seite.
„Na, und wie.“ kam es ironisch von Nathanael. „“Komm, lass uns von hier verschwinden, bevor dem Doc noch etwas Verrücktes einfällt.“

„Na, Boss, darfste wieder?“ fragte Samuel, als sie zu Hause eintrafen.
„Ne, der Doc hat mir Schonzeit aufgebrummt und gleich eine Aufseherin dazu.“ brummte Nathanael.
„Naja, war ja auch keine einfache Verletzung.“ meinte Samuel. „Bevor Du gleich wieder auf der Nase liegst, solltest Du auf den Doc hören.“
„Ja, ja, schon gut. Nur ist solange auch Zack zum Nichtstun verdonnert.“ erwiderte Nathanael. „Und ich weiß, wie sehr er sich langweilt.“
„Okay, für ihn ist es scheiße, das versteh ich.“ nickte Samuel. „Uns würde es nicht anders ergehen. Was hast Du jetzt mit ihm vor?“
„Wenn ich das nur wüsste.“ seufzte Nathanael. „Ich kann nur versuchen, ihn an die kurze Leine zu legen, damit er nicht wieder über sie Stränge schlägt. Wenn es nur eine richtige Aufgabe für ihn gäbe.“
„Oder ´ne Frau.“ grinste Samuel.
„Das wäre auch eine Lösung.“ erwiderte Nathanael ebenfalls grinsend.

Zacharias ahnte nicht, dass sie über ihn sprachen, er war gleich in die Sporthalle gegangen. Die Schüler waren noch in der Mittagspause, er nutzte die Zeit, um ein wenig Krafttraining zu betreiben. Das Nichtstun zerrte an seinen Nerven, er vermisste die nächtlichen Kämpfe.
„Na, meine Kleinen.“ begrüßte er die Schüler, als sie aus der Pause kamen. „Wie fühlt ihr euch? Satt und müde?“ Ein zustimmendes Nicken war die Antwort. „Damit ihr nicht einschlaft, zehn Runden.“
Gehorsam, wenn auch unwillig, setzten sie sich in Bewegung. Zacharias holte in der Zeit eine Kiste mit Messerattrappen. Zwei von ihnen tauchte er mit der Spitze in rotes Kreidepulver, dreiundzwanzig in blaues. Als er damit fertig war, rief er die Schüler zu sich.
„Heute machen wir ganz was Feines.“ grinste er in die Runde. „Und zwar üben wir den Messerkampf. Hier in dieser Kiste befinden sich fünfundzwanzig Messer, zwei davon haben eine rote Spitze, der Rest ist blau. Diejenigen, welche die blauen erwischt haben, spielen die Angreifer, die zwei roten müssen sich verteidigen, versuchen, soviel blaue als möglich auszuschalten. Wer tödlich getroffen ist, scheidet aus.“
„Wie erkennen wir die tödlichen Treffer?“ wurde gefragt.
„Das entscheide ich, sage schon Bescheid.“ antwortete Zacharias. Er stellte die Kiste, deren Deckel mit einer Öffnung versehen war, in die Mitte und jeder Schüler griff hinein.
„Um das Ganze ein wenig spannender zu machen, verlegen wir das Ganze nach draußen in den Wald.“ verkündete Zacharias. „Wer will, kann sich Schuhe anziehen.“
Alle wollten und liefen in den Umkleideraum. Zacharias wartete geduldig, er selbst blieb barfüßig. Er führte die Schüler an den Rand des Waldes.
„Ihr habt fünf Minuten, euch zu verstecken, dann folgen wir euch.“
„So, ihr zwei, wenn wir uns gleich auf den Weg machen, heißt es aufpassen. Nutzt eure Augen und Ohren.“ erklärte er.
Sie betraten ebenfalls den Wald, folgten einem Weg. Zacharias redete die ganze Zeit, erzählte von den Kämpfen. Wie aus dem Nichts waren sie plötzlich von den anderen Schülern umzingelt, die sie gleich angriffen.
„Tja, ihr seid leider tot.“ stellte Zacharias bedauernd fest.
„Das liegt nur daran, dass Du die ganze Zeit gequatscht hast.“ maulte einer der Beiden. „Das hat uns abgelenkt.“
„Das war Sinn des Ganzen. Glaubt ihr etwa, nachts ist es da draußen totenstill? Irrtum. Autos fahren, laute Musik kommt aus Wohnungen. Wir laufen auch nicht schweigend herum, reden miteinander. Das bedeutete, ihr müsst lernen, euren Partner zuzuhören, gleichzeitig auf die Umgebungsgeräusche zu lauschen. Das wäre dann die nächste Aufgabe für euch. So, jetzt laufen wir noch eine Runde durch den Wald, dann machen wir für heute Schluss.“

„Ihr wart heute draußen?“ fragte Nathanael beim Abendessen. „Wie war es?“
„Keine zwei Minuten und sie waren tot.“ berichtete Zacharias. „Lassen sich noch zu leicht ablenken.“
„Ich wünschte, ich könnte dabei sein.“ seufzte Nathanael. „Beim nächsten Mal komme ich mit.“ beschloss er.
„Du nicht, Du hast Pause.“ kam es mahnend von Jay.
„Ich will doch nur zusehen.“ maulte Nathanael. „Du kannst ja mitkommen, aufpassen, dass ich keine Dummheiten machen.“, bot er ihr grinsend an.
„Das mach ich auch.“ ging Jay auf sein Angebot ein.
„Nat, wir sollten so langsam das Training auf nachts verlegen.“ sagte Gabriel. „Wir würden gerne wissen, wie stark sie tatsächlich sind.“
„Gab hat Recht.“ stimmte Michael zu. „Das Training läuft gut, alle arbeiten hart und fleißig an ihrer Kondition, aber ihre wahren Kräfte kennen wir nicht.“
„Es wird schwierig sein, ihre Familien davon zu überzeugen.“ meinte Nathanael nachdenklich. „Ich werde mich darum kümmern, hab ja Zeit ohne Ende.“
„Willst Du die Familien einladen, um mit ihnen darüber zu reden? Oder machst Du es schriftlich? So hoch offiziell, auf königlichem Briefpapier?“ wollte Jonas wissen.
„Ich hab Briefpapier?“ schmunzelte Nathanael, fuhr ernster fort: „Wie lange sind sie jetzt hier? Drei Wochen? Wie wäre es, wenn wir die Eltern in zwei Wochen hierher einladen, ihnen zeigen, was ihre Jungs schon so alles können? Da könnte man das Thema dann anschneiden.“
„Gute Idee.“ stimmten alle zu, es war beschlossen.

Am nächsten Morgen ging Zacharias früh zur Küche, wollte einen Kaffee trinken, danach ein paar Runden durch den Wald joggen. Johann war gerade damit beschäftigt, Unmengen von Hamburgern zu braten. Jay war bei ihm, belegte die Brötchen mit Salat, Gurke, Tomaten. Beide waren so in ihrer Arbeit vertieft, dass sie ihn nicht bemerkten.
„Du musst das nicht tun, ich schaffe das auch alleine.“ sagte Johann gerade.
„Ach, ich helfe Dir doch gerne, habe ja eh sonst nichts zu tun.“ winkte Jay ab. „Und Du hast auch so genug zu tun, kümmerst Dich hier um alles, hältst das Haus sauber, wäscht, kochst für die Ritter. Durch die Schüler hast Du noch eine Menge mehr Arbeit.“
„Stimmt schon, dass es sehr viel ist.“ gab Johann zu. „Ich mache es ja gerne, nur manchmal wünschte ich mir schon eine Hilfe.“
„Dann sag es doch Nathanael. Und wenn es nur jemand wäre, der das Haus sauber hält.“ schlug Jay vor.
Zacharias zog sich leise zurück. Er dachte über das Gehörte nach. Bisher hatte er sich keine Gedanken über Johanns Job gemacht, es als selbstverständlich hingenommen, dass immer alles sauber war, die Wäsche gewaschen, gebügelt und gefaltet im Schrank lag, die Stiefel jeden Abend frisch gesputzt, dass Essen pünktlich auf dem Tisch stand.







Kapitel 6





Am Abend ging Zacharias in die Stadt, es verlangte ihn nach Blut. Auf der Suche nach einem Opfer schlenderte er durch die Bars. Wie immer dauerte es nicht lange, da war eins gefunden. Für ihn war es nur ein lästiges Übel, aber für sie schien es erregend zu sein.
Angewidert von den Frauen, die wohl alle nur das Eine wollten, lief er ziellos durch die Straßen. Seine Gedanken wanderten mal wieder in die Vergangenheit, an die Frau, die ihn zerstört hatte. Bevor ihm das passierte, rief er sich regelmäßig eine Jungfrau, trank von ihr, fickte sie im Anschluss. Das war lange vorbei, jetzt hasste er jedes weibliche Wesen. Er merkte dabei nicht, dass er die belebten Straßen verlassen hatte, sich an den Rand der Stadt begeben hatte. Der Gestank, der in seine Nase stieg, ließ ihn wieder in die Gegenwart zurückkehren. Die Straße, auf welcher er sich befand, war eng, schmutzig, kaum beleuchtet. ‚Was ist das hier?‘, dachte er. ‚In diesem Viertel waren wir noch nie.‘ Langsam ging er weiter, sah sich um. Die Häuser waren grau, der Putz bröckelte von den Wänden, die Fenster teilweise ohne Glas. Aus manchen Wohnungen fiel Licht aus Gardinenlosen Fenstern auf die Straße. Laute Musik schallte aus vielen Häusern, Menschen stritten laut. Eine Frau in zerlumpten Kleidern kam auf ihn zu. Das, was sie trug, schien aus dem vorigen Jahrhundert zu sein. Ihr Gesicht war schmutzig, ihr Haar hatte bestimmt jahrelang keinen Kamm gesehen. Ihre Körperhaltung war angespannt, ängstlich sah sie sich ständig um.
Als sie näher kam, hob sie den Kopf, sah ihn an. In ihren Augen blitzte es auf, sie schien ihn zu kennen.
„Du hast es geschafft, bist ihnen entkommen.“ flüsterte sie heiser.
„Verzeihung, kennen wir uns?“ fragte Zacharias irritiert.
„Ich kenne Dich, aber Du wirst mich nicht erkennen.“ antwortete sie mit normaler Stimme.
‚Diese Stimme‘, ging es ihm durch den Kopf, ‚ich habe sie schon mal gehört, vor langer, langer Zeit.‘
„Du bist….Du bist diese Dienerin, die mir Essen und Wasser brachte. Mir ihr Blut gab?“ Fragend sah er sie an.
„Ja, die bin ich.“ nickte sie. „Es freut mich, zu sehen, dass es Dir gut geht.“ Sie wollte an ihm vorbei weitergehen.
„Halt, warte.“ hielt Zacharias sie auf. „Was machst Du hier? Suchst Du neue Opfer für sie? Tut mir leid, ich kann Dich nicht gehen lassen.“
„Keine Sorge, ich bin schon lange nicht mehr bei ihnen.“ erwiderte sie müde, sah sich wieder angstvoll um. „Als es Dir damals gelang, zu entkommen, rastete sie völlig aus. Du warst schon der Zweite, der ihnen entwischte. Sie tobte und schrie, ließ alle Bediensteten zu sich kommen, beschuldigte sie, Dir geholfen zu haben. Die Wachen, welche in der Nacht Dienst hatten, wurden allesamt geköpft. Sie drohte jedem mit dem Tod, der sich dem nächsten ihrer Spielzeuge nähern sollte. Da ich zu der Zeit ihre persönliche Dienerin war, einige Privilegien dadurch genoss, konnte ich aus dem Schloss gehen, um Besorgungen für sie zu machen. Kurz nachdem Du fort warst, nutzte ich eine dieser Gelegenheiten und lief weg. Seitdem lebe ich in ständiger Flucht, weil sie mich suchen lässt. In ihren Augen trage ich die Schuld an Deinem Entkommen.“
Zacharias überlegt kurz, dann sagte er: „Ich habe Dir viel zu verdanken, deshalb helfe ich jetzt Dir. Du wirst mit zu uns kommen, da bist Du vor ihr und ihren Häschern in Sicherheit.“
„Das geht nicht, ich kann euch doch nicht auf der Tasche liegen.“ wehrte sie ab.
„Das wirst Du auch nicht. Du wirst für Deinen Unterhalt arbeiten. Unser Diener wird sich freuen, jemanden zu haben, der ihm zur Hand geht.“ stellte Zacharias richtig. „Ich werde Dich gleich mitnehmen, also komm. Verräts Du mir Deinen Namen?“
„Samira.“ antwortete sie erfreut. „Ich packe noch schnell meine Sachen, bin gleich wieder da.“
„Soll ich Dich begleiten?“ bot er an.
„Nein, danke, es ist gleich hier, in diesem Haus.“ Sie deutete auf das Haus hinter sich.
„Beeil Dich, ich warte hier.“

Er hörte sie nicht kommen, er roch sie nicht, der Gestank um ihn herum war zu stark. Ihr Angriff kam völlig überraschend, ihm blieb keine Zeit, sein Messer zu ziehen. Der erste Stich traf ihn in der Nierengegend, ließ ihn in die Knie gehen. Zehn Ratten waren um ihn herum, überrascht, einen von ihnen hier zu sehen. Wie besessen stachen sie wahllos auf ihn ein. Verzweifelt versuchte er, sich zu wehren, hatte keine Chance. ‚Hier geht es also zu Ende, in einer stinkenden Gasse am Ende der Welt.‘, dachte er, spürte, wie das Leben aus ihm herausfloss. Verschwommen nahm er einen Schatten war, dann herrschte Ruhe, kein Messer traf ihn mehr. Ihm schwanden die Sinne, mit letzter Kraft dachte er: ‚Lebwohl, Welt, lebwohl, Bruder.‘



Der Tod ist gar nicht so schlimm, er ist warm und weich, wie mein Bett, waren seine Gedanken. Er schlug die Augen auf, sah zur Decke. ‚Sogar sie sieht aus wie die in meinem Zimmer.‘
„Zack? Zack, bist Du wach?“ hörte er Nathanael fragen.
War er etwa auch tot? „Ja, nein, weiß nicht.“ murmelte er schwach, drehte den Kopf in Nathanaels Richtung. Besorgte braune Augen sahen ihn an.
„Wieso bist Du hier? Wer hat Dich getötet?“ fragte Zacharias leise.
„Niemand.“ antwortete Nathanael, griff nach seiner Hand. „Und Dich auch nicht. Auch, wenn es manchmal so aussah, als würdest Du es nicht schaffen.“
„Ich habe sie nicht kommen sehen, habe sie nicht gerochen, alles stank nach Müll.“ stieg die Erinnerung in Zacharias auf. „Mein Messer, ich komm nicht ran, kann mich nicht wehren. Ihre Stiche treffen mich überall, es tut weh, ich verblute, verlier das Bewusstsein. Der Schatten, plötzlich ist er da, Ruhe kehrt ein. Dunkelheit umfängt mich, alles ist vorbei.“
Die Tür ging auf, Jay trat ein, in Begleitung einer Frau im weißen Kleid. Sie trat an sein Bett, legte ihre Hand auf seine Stirn, fühlte seinen Puls. „Fieber hast Du keins, Dein Herz schlägt fast normal.“ sagte sie geschäftsmäßig. „Schauen wir uns Deine Wunden an.“ Sie zog die Decke weg, nackt lag er vor ihr. „Sie heilen schlecht, wie erwartet. Deshalb habe ich eine Jungfrau mitgebracht.“ Sie drückte Zacharias wieder nach hinten, als dieser sich aufsetzen wollte. „Ganz ruhig. Ich weiß, dass Du Dich nicht von ihnen nähren willst, aber nur ihr Blut kann Deine Wunden heilen lassen. Im Übrigen ist sie keine der normalen Jungfrauen, sie ist Deine Mutter. Von ihr wirst Du ja wohl Hilfe annehmen.“
„Meine Mutter? Ich brauche weder sie noch jemand anderen von da oben. Sollen bleiben, wo sie sind.“ brauste Zacharias auf.
„Schön liegen bleiben.“ Jay drückte ihn zurück auf die Matratze. „Du wirst jetzt, ob Du willst oder nicht, ihr Blut nehmen. Entweder freiwillig oder ich flöße es Dir ein, notfalls mit Gewalt. Verstanden?“
„Wie redest Du denn mit mir? Nat, sag doch auch mal was dazu.“ Hilfesuchend sah er seinen Bruder an.
„Tu, was sie sagt, es ist das Beste für Dich.“ erwiderte Nathanael.
„Fall Du mir auch noch in den Rücken.“ beschwerte sich Zacharias beleidigt. „Ihr seid anscheinend alle gegen mich, hasst mich. Warum sonst wollt ihr mich zu etwas zwingen, was ich nicht will?“
„Niemand ist gegen Dich oder hasst Dich.“ sagte Nathanael. „Im Gegenteil, wir alle wollen, dass Du so schnell als möglich wieder auf die Beine kommst. Deshalb überwinde Deinen Stolz, trink von ihr, bitte.“
„Also gut, das eine Mal mach ich es, aber ich werde sie nicht beißen.“ sagte Zacharias trotzig.
„Sturkopf.“ Jay nahm die Hand der Jungfrau, schnitt mit einem Skalpell ihr Handgelenk auf.
„Ich hab meine Gründe.“ knurrte Zacharias, trank gehorsam.
„Brav gemacht.“ sprach Jay zu ihm wie zu einem Kind. „Und diese Medizin gibt es nun dreimal täglich.“
„Was?“ brauste Zacharias auf. „Du spinnst ja wohl. Dreimal täglich!“ Er tippte sich an die Stirn.
„Und schon ist er wieder fast der Alte.“ grinste Nathanael, seine Erleichterung verbergend.
„Das war ein Scherz.“ gab Jay lachend zu. „Trotzdem solltest Du noch ein oder zweimal von ihr trinken. Dein Blutverlust war enorm. Bevor Du mich jetzt killst, lass ich euch lieber mal alleine, ich bringe sie zurück und erstatte dem Doc Bericht.“

„Wieso bin ich eigentlich hier und nicht in der Klinik?“ wollte Zacharias wissen, als sie alleine waren.
„Das war der kürzeste Weg,“ erklärte Nathanael. „Als wir die SMS bekamen, waren Gabriel und Raphael als erste bei Dir, sie waren gerade in der Nähe. Du lagst da in einer riesigen Blutlache, umgeben von kopflosen Ratten. Eine Frau kniete neben Dir, Deinen Kopf auf ihrem Schoss, ihre blutende Hand auf Deinem Mund gepresst. Sie erzählte Gabriel, dass sie alles beobachtet hätte. Du hast wohl kurz zuvor mit ihr geredet, ihr kanntet euch wohl von früher.“
„Samira.“ murmelte Zacharias. „Sie waren bestimmt hinter ihr her.“ Er sah Nathanael an, fasste seinen Arm. „Ihr müsst sie dort herausholen, falls sie noch lebt.“
„Bleib ruhig, sie ist hier.“ beruhigte ihn Nathanael. „Gabriel sah die Angst und Panik in ihren Augen, nahm sie kurzerhand mit. Später erzählte sie uns, sie wäre eine flüchtige Dienerin, ihre ehemalige Herrin ließe sie suchen. Du hättest ihr angeboten, bei uns zu arbeiten, dafür dürfe sie hier wohnen, unter unserem Schutz.“
„Stimmt, das habe ich.“ nickte Zacharias. „Das war ich ihr schuldig.“
„Ich frag jetzt nicht, warum, Du würdest mir eh nicht antworten.“ meinte Nathanael. Zacharias grinste ihn an. „Richtig.“
„Okay, weiter im Text. Nachdem sie hier war, ein Bad genommen hatte, was dringend nötig war, in der Küche Unmengen von Essen verschlungen hatte, erzählte sie, was sie gesehen hatte. Sie wollte gerade aus dem Haus, wo sie ihre Sachen geholt hatte, da tauchten die Ratten auf, etwa zehn. Unfähig, Dir zur Hilfe zu kommen, als sie auf Dich losgingen, blieb sie im Verborgenen. Plötzlich tauchte dieser schwarze Typ auf, tötete alle Ratten, beugte sich über Dich, durchwühlte Deine Taschen, fand Dein Handy, tippte etwas, steckte es zurück. Anschließend sah er zu Samira und verschwand. Naja, wir alle bekamen eine SMS mit dem gleichen Inhalt. ‚Beeilt euch, wenn ihr euren Kameraden retten wollt. Er liegt schwer verletzt in der und der Straße.‘ Gab und Raph sind dann gleich dorthin, wir machten uns ebenfalls auf den Weg. Phil erhielt ebenfalls eine Nachricht, er solle so schnell als möglich, hierher kommen, es ginge um Leben und Tod. Drei Wochen hat Dein Kampf gedauert, aber nun bist Du endlich wieder bei uns.“
„Drei Wochen? So lange liege ich hier schon rum?“ war Zacharias entsetzt.
„Ah, unser Patient ist wieder munter.“ erklang eine laute Stimme fröhlich. Phil, der Arzt der Vampire, trat ein, Jay im Schlepp. „Du hast uns einen schönen Schrecken eingejagt. Hättest Deinem Bruder auch anders sagen können, dass Du eine Auszeit brauchst.“ flachste er. „Wollen wir mal schauen, wie es Dir so geht.“
Mit Hilfe von Jay nahm er die Verbände ab, sah sich die Verletzungen genauestens an. „Sieht alles sehr gut aus. Hast endlich Deinen Starrsinn überwunden und Jungfrauenblut getrunken?“
„Freiwillig niemals, sie hat mich gezwungen.“ knurrte Zacharias, zeigte auf Jay.
Phil lachte. „Ja, sie kann sehr hartnäckig sein und ziemlich wütend werden. Ich an Deiner Stelle würde mich nicht mit ihr anlegen.“
„Nimm sie mit, schick mir wen anderen.“ brummte Zacharias.
„Geht nicht. Du kannst froh sein, dass sie zur Stelle war, als man Dich brachte. Durch ihre lange Erfahrung wusste sie, was zu tun war.“
„Wann kann ich aufstehen?“ wollte Zacharias ungeduldig wissen.
„Wenn Du brav Deine Medizin nimmst, würde ich sagen, in etwa einer Woche. In den nächsten Tagen wird Jay Dir helfen, aufzustehen, Dich ins Bad bringen. Nur duschen solltest Du noch nicht.“
„Welche Medizin?“ wollte Zacharias wissen.
„Mindestens noch zweimal Jungfrauenblut.“ lautete die Antwort.
„Wenn es nur zweimal ist.“ grummelte Zacharias. „Aber anziehen darf ich mich?“
„Nun werd mal nicht prüde, Jay hat Dich in den letzten drei Wochen täglich nackt gesehen.“ lachte Phil.
„Schlimm genug.“ knurrte Zacharias.
„Wenn Du Dich besser fühlst, zieh eine Boxershort an, aber nicht mehr.“
Dann verabschiedete der Doc sich, seine anderen Patienten warteten auf ihn.

Kurz darauf klopfte es erneut an die Tür. Nathanael öffnete, herein kam eine schmale Frau in blauer Jeans und einem grünen Shirt, welches gut zu ihrem langen, kastanienbraunen Haar passte. Ihre saphirblauen Augen blitzten bei seinem Anblick erfreut auf. Zacharias sah sie fragend an.
„Ich hörte, Du bist endlich aufgewacht, da wollte ich gleich nach Dir sehen, mich bei Dir bedanken.“ sagte sie und strahlte ihn an.
Diese Stimme. „Samira?“ fragte er vorsichtig. Als sie zustimmend nickte, fuhr er fort: „Du….siehst so anders aus.“
„Ja, ne?“ Sie drehte sich einmal im Kreis. „Das verdanke ich Dir. Endlich muss ich keine Angst mehr haben, mich nicht mehr ständig verstecken. Hätte ich Dich nicht getroffen…..“
„….wäre ich jetzt tot.“ unterbrach Zacharias sie.
„Sag sowas nicht.“ erwiderte Samira ernst. „Nicht mir hast Du Dein Leben zu verdanken, sondern diesem Unbekannten. Ich konnte nicht helfen, war wie gelähmt, hab mich lieber feige versteckt.“
„Aber Du hast mich mit Deinem Blut am Leben gehalten. Oder nicht, Nat? Nat?“ Weder er noch Samira hatten mitbekommen, dass Nathanael und Jay den Raum verlassen hatten.
„Das war das mindeste, was ich für Dich tun konnte.“ wehrte Samira bescheiden ab.
„Hm, Samira, wieso hast Du eigentlich nicht gesagt, woher wir uns kennen?“ wollte Zacharias wissen.
„Ich hatte Angst, sie würden mich dort lassen oder mich wieder hinauswerfen, wenn sie wissen, woher ich komme.“ gestand sie verlegen.
„Dann bleibt das unser Geheimnis, behalten es weiterhin für uns.“ bestimmte Zacharias.
„Das wird das Beste sein.“ stimmte Samira zu.

Es klopfte erneut, Gabriel und Raphael betraten das Zimmer.
„Na, Du fauler Sack.“ flachste Gabriel. „Liegt hier wochenlang faul im Bett, lässt uns die ganze Arbeit machen.“
„Idiot.“ erwiderte Zacharias lachend. „Ich wär auch lieber da draußen, den Ratten den Arsch aufreißen.“
„Wird erstmal wieder fit,“ wurde Gabriel ernst. „Wir sind ja froh, Dich überhaupt noch bei uns zu haben.“
„Richtig.“ stimmte Raphael zu. „Ich werde nie den Anblick vergessen, als wir Dich fanden. Du sahst aus wie ein Springbrunnen, überall spritzte Blut heraus. Wir dachten echt, Du wärst hin.“
„Es war schon ein gruseliger Anblick, selbst für uns.“ fügte Gabriel hinzu. „Du inmitten einer riesigen Blutlache, umgeben von geköpften Ratten. Und mittendrin saß sie, Deinen Kopf in ihrem Schoss, Dich mit ihrem Blut versorgend. Als wir Dich aufheben wollten, biss sie mich in die Hand.“
„Ich wusste doch nicht, wer ihr wart, dachte, ihr wolltet ihm den Rest geben.“ sagte Samira kleinlaut.
„Alles gut, Schatz, niemand macht Dir einen Vorwurf.“ sagte Gabriel liebevoll.
„Schatz?“ fragte Zacharias mit großen Augen.
„Ja.“ strahlte Gabriel. „Schon, als ich sie dort sitzen sah, wusste ich, dass ist sie, die Frau fürs Leben. Glücklicherweise empfindet sie ebenso.“

„Und ich muss nun alleine zu Jeremia gehen, seine Nutten ficken.“ seufzte Raphael theatralisch.
„Du Armer.“ bedauerte Gabriel ihn ironisch. „Selbst schuld, hattest Du genügend Angebote auf Nathanaels Gartenparty.“
„Ach ja, Nats Einladung der Eltern, ich hab`s verpennt. War es wenigstens erfolgreich?“
„Oh ja.“ nickte Gabriel. „Es war ein Riesenerfolg. Alle waren begeistert, von dem, was ihre Jungs erreicht hatten. Nach der Demo des Trainings gab es eine Gartenparty. Johann hat mit Hilfe von Samira und Jay alles vorbereitet. Vor allem die Steaks vom Grill hatten es in sich.“
„Boah, ihr Schweine. Fresst die leckersten Sachen, während ich mit dem Tod ringe.“ warf Zacharias grimmig ein.
„Hättest Dich ja nicht abstechen lassen müssen.“ erwiderte Raphael lapidar.
„Vollidiot.“ knurrte Zacharias.
„Bleibt friedlich.“ bat Samira leise. „Zacharias hat es doch nicht absichtlich getan.“
„Bestimmt nicht. Jetzt muss ich dieses ekelige Jungfrauenblut trinken.“ grummelte Zacharias.
„Keine Sorge, Schatz, wir bleiben friedlich, das ist nur unser spezieller Humor.“ Gabriel legte seinen Arm um Samiras Schultern, küsste sie auf die Stirn.
„Und die Erleichterung darüber, dass er noch bei uns ist.“ ergänzte Raphael.
„Die Jungs sind komisch und seltsam, aber man gewöhnt sich daran. Das, was sich für andere wie Streit anhört, ist nur ein Ausdruck ihrer Erleichterung, wenn alle wieder heil nach Hause kommen.“ erklärte Zacharias.

„So, meine Herren, Schluss für heute, der Patient braucht Ruhe.“ Jay war ins Zimmer getreten. „Raus mit euch, kommt morgen wieder.“
„Aye, aye, Sir.“ Übertrieben salutierten Raphael und Gabriel, schlugen die Hacken zusammen. „Kommt, ihr Turteltäubchen, verlassen wir dieses traute Heim, wenden uns anderen Dingen zu.“
Zacharias sah ihnen lachend nach. Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel, verschwand das Lachen und er blickte finster zu Jay.
„Es ist mein Job, darauf zu achten, dass Du Dich nicht übernimmst. Immerhin lagst Du drei Wochen im Koma.“ verteidigte sie sich auf seinen stummen Vorwurf in seinen Augen.
„Ich weiß selber, was gut für mich ist,“ knurrte Zacharias. „Sie sind es, Du allerdings nicht. Und da ich ja laut Deiner Aussage Ruhe brauche, geh.“
„Zuerst wird Fieber gemessen, dann helfe ich Dir, aufzustehen, bring Dich ins Bad, damit Du pinkeln kannst.“ teilte sie ihm ruhig mit.
„Ich kann alleine aufs Klo.“ widersprach er trotzig.
„Wage es und Du schläfst weitere drei Wochen.“ drohte sie ihm.
„Ich werde mich bei Phil über Dich beschweren.“ fauchte Zacharias.
„Mach das, Du wirst mich trotzdem nicht los. Es gibt niemanden, der im Moment Zeit hat, diesen Job zu machen.“ Sie zuckte die Schultern. „Und jetzt – Mund auf.“
Wie ein trotziges Kind presste Zacharias seine Lippen zusammen.
„Na gut, wenn Du nicht willst.“ Sie schlug die Decke zurück. „Dann halt….“
„Stopp! Was gibt da, wenn es fertig ist?“ fragte Zacharias misstrauisch.
„Was wohl?“ kam es gelassen von Jay.
„Gib schon her, das Ding.“ Er riss ihr das Thermometer aus der Hand.
„Geht doch.“
Anschließend half sie ihm aufzustehen, brachte ihn ins Bad, ließ die Tür offen.
„Mach die verdammte Tür zu.“ brüllte Zacharias. „Glaubst Du etwa, ich pinkle, wenn Du mir zuhörst.“
„Zumachen nein, anlehnen ja.“ teilte sie ihm ruhig mit.
„Verdammte Scheiße, tut das weh. Was habt ihr mit mir gemacht?“ fluchte Zacharias.
„Du hattest einen Katheder oder dachtest Du, wir hätten Dich ins Bett pissen lassen?“
Wieder zurück im frisch bezogenen Bett, war Zacharias ziemlich erschöpft. Notdürftig hatte er sich gewaschen, eine Short angezogen. Kaum hatte sein Kopf das Kissen berührt, war er auch schon eingeschlafen. Er merkte nicht, wie Jay ihn zärtlich zudeckte, über sein Haar streichelte, ‚Großer, dummer Junge‘ murmelte.

Als er aufwachte, fühlte er sich schon besser. Vorsichtig schob er sich am Kopfende nach oben in eine sitzende Position. Kurz darauf betrat Jay das Zimmer, als würde sie hellsehen können.
„Du bist wach, gut, dann hole ich gleich Deine Mutter her.“ sagte sie freundlich, aber bestimmt.
„Schon wieder?“ kam es genervt von ihm.
Ohne zu antworten, ging sie, kam kurz darauf mit seiner Mutter zurück.
„Achte darauf, dass er genügend trinkt, Jasmin. Ich lasse euch alleine, hole Dich später wieder ab.“ sagte Jay zu ihr, ohne den grimmig blickenden Zacharias zu beachten.
Jasmin setzte sich auf die Kante des Bettes, als Jay gegangen war.
„Es tut mir leid,“ begann sie mit gesenktem Kopf, „dass ich Dir nicht helfen konnte, damals. Ich weiß, was Du durchgemacht hast, aber wir konnten nichts für Dich tun. Die Burg ist mit einem undurchdringlichen Bann belegt. Ares und Sakura waren die Hände gebunden, weder sie noch ihre Krieger konnten hinein.“
‚Und trotzdem gelang es jemanden, mich dort herauszuholen.‘ dachte Zacharias.
„Ich konnte Dir damals nicht helfen, so lass mich Dir jetzt helfen. Trink von mir, damit Du schnell wieder auf die Beine kommst, Deinen Bruder unterstützen kannst.“ bat sie mit erstickter Stimme.
Widerwillig, nur von dem Gedanken an schnelle Heilung beseelt, nahm er das dargebotene Handgelenk, biss hinein, trank.

Zacharias Laune verschlechterte sie mit jedem Tag, den er im Bett verbringen musste. Er ließ sie an Jay aus, welche es ruhig und geduldig über sich ergehen ließ.
Seine Mutter war noch zweimal bei ihm, ohne dass sie ein weiteres Wort miteinander sprachen. Phil, der alle zwei Tage nach ihm sah, meinte, es würde reichen, seine Wunden heilten sehr gut.
„Na, das sieht ja alles super aus, alles wunderbar verheilt. Ab sofort kannst Du zumindest stundenweise das Bett verlassen. Morgen, nachdem der Verband ab ist, kannst Du kurz, aber wirklich nur kurz, unter die Dusche gehen, danach solltest Du aber bequeme Jogginghosen tragen, nichts, was einengt. Wenn Du Dich fit genug fühlst, kannst Du herumlaufen, zur Küche gehen oder wohin auch immer, übertreibe es am Anfang aber nicht. Allerdings muss das Training noch warten, da reden wir in einer Woche nochmal drüber. Ich werde Dir dann einen Plan erstellen mit leichtem Training.“
„Du, Doc, ich danke Dir für all die Mühe, die Du Dir mit mir gegeben hast.“ sagte Zacharias aufrichtig.
„Ich habe nur meinen Job gemacht.“ wehrte Phil ab.
„Ja, schon. Nat hat mir erzählt, dass Du die halbe Nacht und den ganzen Tag damit verbracht hast, mich wieder zusammen zu flicken,“ fuhr Zacharias fort.
„Sahst aus wie ein Nadelkissen,“ grinste Phil. „Um ganz ehrlich zu sein, manchmal dachte ich daran, aufzugeben, dachte, Du würdest es eh nicht schaffen. Wäre Jay nicht gewesen, die mich immer wieder gedrängt hat, weiter zu machen, hätte ich es vielleicht getan. Ihr verdankst Du also quasi Dein Leben.“
Diese Worte machten Zacharias nachdenklich. Welches Interesse hatte sie daran, ihn leben zu lassen? Er war nie besonders nett zu ihr gewesen, ignorierte sie, wo er konnte, war manchmal sogar richtig beleidigend zu ihr.
„So, mein Lieber.“ unterbrach Phil seine Gedanken. „Ich muss los, hab noch andere Patienten. Lass es langsam angehen, wir sehen uns in einer Woche.“

Als Zacharias am nächsten Morgen zum Frühstück in der Küche erschienen, wurde er freudig von den anderen Rittern begrüßt. Sie hatten ihn zwar alle regelmäßig in seinem Zimmer besucht, aber ihn nun wieder auf den Beinen zu sehen, war doch etwas anderes.
„Du siehst Scheiße aus, Alter, aber schön, Dich wieder hier unten bei uns zu haben.“ sagte Jonas grinsend, sprach den anderen aus der Seele.
„Ich habe euch auch vermisst, eure blöden Visagen am frühen Morgen haben mir gefehlt. Jetzt schmeckt mir der Kaffee gleich besser,“ erwiderte Zacharias ebenfalls grinsend.
„Bist Du wieder ganz okay?“ fragte Michael.
„Fast, noch darf ich nicht trainieren.“ antwortete Zacharias.
Samira brachte ihm ein Tablet mit einem großen Teller Rührei, gebratene Würstchen, ein Stapel Toast, Wurst, Käse, ein großer Pott Kaffee.
„Boah, willst Du mich mästen?“ stöhnte Zacharias bei dem Anblick.
„Wer bluten kann wie ein Schwein, kann auch fett werden wie ein Schwein.“ sagte Raphael sarkastisch.
„Schnauze, Idiot. Hättest mich ja ausbluten lassen können.“
„Um dann von ihr gekillt zu werden?“ Raphael deutete auf Samira. „Was meinst Du, was sie für einen Aufstand gemacht hat, als wir Dich holen wollten? Uns blieb nichts anderes über, als sie mitzunehmen.“
„Was Gabriel sicherlich besonders geärgert hat,“, grinste Zacharias in dessen Richtung.
„Und wie.“ stimmte Raphael zu. „Jetzt ist für ihn Schluss mit lustig, keine Besuche mehr bei Jeremia und seinen Nutten.“
„Hey,“ kam es protestierend von Samira. „Ich habe nichts dagegen, wenn er zu diesem Jeremia geht, nur von den Nutten sollte er die Finger lassen.“
„Seit ich Dich habe, brauche ich sie nicht mehr.“ Gabriel zog Samira, die neben ihm stand, auf seinen Schoss.
„Hey, Zack, kannst ja für ihn einspringen.“ rief Samuel.
„Zu Jeremia jederzeit, aber ficken? Never, vergiss es.“ wehrte Zacharias ab.
„Sorry, Leute, ich geh pennen.“ Michael stand auf, reckte sich, nickte allen kurz zu und verließ die Runde.
„Wie sind die Nächte?“ erkundigte sich Zacharias.
„Relativ ruhig. Im Moment kommen sie nur in kleinen Gruppen, manchmal auch zwei pro Nacht.“ berichtete Samuel.
„Haben ihre Taktik wohl geändert.“ fügte Raphael hinzu. „Seit neuestem machen sie aber auch Jagd auf Halbblüter.“
„Und die Schüler? Wie weit sind sie?“ fragte Zacharias.
„Seit wir in der Nacht trainieren, machen sie große Fortschritte. Bald können wir sie mit in den Außeneinsatz nehmen. Jeder Gruppe von uns wird zunächst einer zugeteilt.“ gab Jonas Auskunft.
„Denke, ich werde heute Nacht mal vorbeischauen.“ überlegte Zacharias.
„Aber nur Hallo sagen und zusehen.“ kam es streng von der Tür her. In Begleitung von Nathanael betrat Jay die Küche.
„Nur gucken, nicht anfassen.“ äffte Zacharias sie nach. „Alter Drache.“ fügte er leise murmelnd hinzu.
„Ich werde darauf schon achten,“ versprach Nathanael.
„Boah, ich brauch kein Kindermädchen.“ fauchte Zacharias grimmig, verließ die Küche, knallte die Tür hinter sich zu.



„Er braucht eine Aufgabe, sonst dreht er völlig durch,“ sagte Nathanael zu Jonas, den er mit Asaziel in sein Arbeitszimmer gebeten hatte.
„Aber etwas, was seine Genesung nicht gefährdet.“ mahnte Jonas. „Ich wüsste etwas, was nicht anstrengend ist, ihn aber am Training teilhaben lässt. Wir lassen ihn die Schüler benoten. Er hat eine gute Beobachtungsgabe, sieht, wo ihre Stärken und Schwächen liegen. Wie lassen ihn eine Liste erstellen, wo jeder einzelne Schüler Punkte zwischen eins und zehn erhält. So profitieren alle davon – wir, weil wir dann wissen, wo jeder Schüler steht und Zack, weil er eine Aufgabe hat.“
„Eine sehr gute Idee.“ stimmte Nathanael begeistert zu. „Und als besonderes I-Tüpfelchen bekommen die beiden Besten einen Abend bei Jeremia spendiert.“
Als Nathanael alleine war, legte er seinen Kopf an die hohe Lehne seines Stuhles, schloss die Augen. Warum traf es immer seinen Bruder? Erst die Entführung, jetzt dieser Angriff, welcher um ein Haar tödlich geendet hätte. Stand er nicht mehr unter dem Schutz Sakuras, weil er das Jungfrauenblut verschmähte? Aber das musste einen Grund haben. Diesen vermutete Nathanael in der Entführung. Da musste etwas passiert sein, was Zacharias an Sakura zweifeln ließ.
Nathanael spürte die Anwesenheit einer Person, öffnete die Augen. Vor seinem Schreibtisch stand Luna-Mae, lächelte ihn an.
„Was….? Wieso….?“ stammelte er verwirrt.
„Scht.“ machte Luna-Mae, ging um den Tisch herum, setzte sich auf seinen Schoss. Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände, drückte ihm einen Kuss auf den Mund. „Sakura schickt mich, sie hat gespürt, dass es Dir nicht gut geht, dass Du Dir große Sorgen um Deinen Bruder machst. Ich soll Dir ausrichten, dass er, genau wir ihr alle, unter ihrem Schutz steht, ihr es aber schwer macht, da er nicht das Blut der Jungfrauen trinkt. Du solltest nicht an ihr zweifeln.“
„Ich kann ihn nicht zwingen, euer Blut zu trinken.“ seufzte Nathanael.
„Das weiß sie. Selbst das Blut eurer Mutter nahm er nur widerwillig.“ bestätigte Luna-Mae.
„Seit seiner Entführung ist das so. Vorher trank er von euch, trieb es mit euch. Und jetzt? Jetzt macht er keins mehr von Beiden, trinkt das Blut menschlicher Frauen, rührt sie aber nicht an.“ murmelte Nathanael. Er strich mit der Hand über die Stirn. „Hast Du ein wenig Zeit oder musst Du gleich wieder zurück?“
Luna-Mae lachte leise. „Ich habe ein wenig Zeit, so etwa eine Woche,“ kicherte sie.
„Eine Woche? Du darfst eine Woche bleiben?“ vergewisserte sich Nathanael vorsichtig.
„Ja, Sakura hat mir erlaubt, eine Woche bei Dir zu sein.“ nickte Luna-Mae, legte ihren Kopf an seinen.
„Und was sagte Arwina dazu? Bekommst Du keinen Ärger?“ wollte Nathanael wissen.
„Die Erlaubnis kommt direkt von Sakura, da kann Arwina nichts gegen machen.“ antwortete Luna-Mae.
„Eine Woche.“ murmelte Nathanael, zog ihr das Kleid über den Kopf. „Ich werde jede Sekunde voll auskosten.“ Er griff nach ihren Brüsten, leckte über deren Warzen. Seine Hände lagen auf ihrem nackten Rücken, hielten sie, als sie sich nach hinten lehnte, ihm ihre Brüste darbot.
Nathanael stand auf, gab seinem Stuhl einen Tritt, so dass er nach hinten rollte, setzte Luna-Mae auf den Schreibtisch. Während er sie mit einem Arm hielt, an ihren Brüsten saugte, bohrten sie die Finger seiner anderen Hand in sie.

„Du solltest etwas anderes tragen während Deiner Zeit hier.“ sagte Nathanael einige Zeit später, als sie nackt auf dem dicken Teppich lagen. „Erstens möchte ich nicht, dass die Anderen Dich in diesem durchsichtigen Fummel sehen und zweitens kann ich nicht ständig mit Dir in meinem Zimmer verschwinden.“
„Ich habe aber nicht etwas anderes getragen.“ gestand Luna-Mae leise.
„Wir werden schon etwas für Dich finden. Im Moment haben wir zwei Frauen im Haus, die können Dir bestimmt aushelfe,“, meinte Nathanael.
„Sakura sagte, ich solle alles tun, was Dich glücklich macht.“ flüsterte Luna-Mae, setzte sich auf.
„Ich….oh,“ stieß Nathanael hervor, weil sich Luna-Maes Lippen um seinen Schwanz geschlossen hatten. Niemals zuvor hatte sie etwas in dieser Richtung gemacht, immer war er es, der sie leckte, fickte, von ihr trank. Stöhnend, mit geschlossenen Augen genoss er es, ihren Rücken streichelnd. Sie veränderte leicht ihre Position, er führte seine Finger in sie ein.
„Ich….ich komme gleich.“ stöhnte er auf, zog sie auf sich, ergoss sich in ihr.

Es klopfte. „Jetzt nicht.“ rief Nathanael.
„Verzeihung, Herr, ich wollte nur Bescheid sagen, dass das Abendessen fertig ist.“ kam es durch die Tür von Samira.
„Ja, danke. Ach, Samira? Warte einen Momen,“ forderte er sie auf, zog sich rasch seine Jogginghose über, warf sein Shirt flüchtig über Luna-Mae, öffnete die Tür, forderte Samira auf, herein zu kommen.
„Das ist Luna-Mae,“ stellte er kurz vor. „Eine Jungfrau Sakuras, sie wird für eine Woche bei uns bleiben. Da sie nur ihr Gewand besitzt, benötigte sie für diese Zeit normale Kleidung. Kannst Du ihr aushelfen?“
Samira nickte, sah Luna-Mae an, meinte: „Hm, sie ist kleiner und zierlicher als ich. Jays Sachen würden ihr eher passen. Soll ich sie schnell holen?“
„Ja, mach das Und kein Wort zu den anderen.“ bat Nathanael.
Kurz darauf erschien Jay. „Du hast mich rufen lassen?“
„Könntest Du ihr aushelfen?“ Nathanael deutete auf die immer noch nackte Luna-Mae.
„Sicher.“ nickte Jay lächelnd, sah Luna-Mae an. „Komm mit, wir werden schon etwas Passendes finden.“
In Nathanaels Shirt gekleidet, welches ihr bis fast zu den Knien ging, folgte Luna-Mae ihr.
Kurze Zeit später kamen sie die Treppe hinunter, trafen den in der Halle wartenden Nathanael. Jay hatte sie mit Jeans und Shirt ausgestattet.
„Du siehst so – so anders aus,“ stellte Nathanael bewundernd fest. „Das blaue Shirt passt hervorragend zu Deinem blonden Haar und Deinen blauen Augen.“ Er nahm ihre Hand, küsste sie.
Hand in Hand betraten sie die Küche. Erstaunte Blicke empfingen sie.
„Das ist Luna-Mae. Sie wird für eine Weile hier sein, benehmt euch ihr gegenüber anständig.“ stellte er kurz vor, dann führte er sie an den Tisch.
„Noch ein Weib.“ knurrte Zacharias, stand abrupt auf, verließ die Küche. In der Halle blieb er stehen, überlegte kurz, ob er sich mit einer Flasche in sein Zimmer verkriechen sollte, verwarf den Gedanken aber gleich wieder, begab sich stattdessen in die Sporthalle. Ruhig und verlassen lag sie vor ihm, die Schüler waren noch nicht da. Langsam ging er an den Geräten vorbei, strich mit den Fingern darüber. Als er bei den Hanteln ankam, blieb er stehen, nahm eine von ihnen in die Hand. Sie fühlte sich leicht an. ‚Kann ja nicht schaden, ein wenig meine Armmuskeln zu trainieren.‘, dachte er, griff sich eine zweite, beugte seine Unterarme auf und ab. Anfangs erschien es ihm leicht, aber mit der Zeit begannen seine Arme zu schmerzen. Verbissen machte er weiter. ‚Ist nur fehlende Kondition.‘, dachte er grimmig.
„Zack, Jay sucht Dich überall, Zeit zum Verbandwechsel.“ hörte er Asaziel hinter sich. „Was machst Du überhaupt hier? Darfst Du wieder mit dem Training beginnen?“
„Mir doch egal, ich weiß selber, was ich kann oder nicht.“ knurrte Zack, legte die Hanteln weg, stapfte wortlos an Asaziel vorbei aus der Halle. Schlechtgelaunt betrat er sein Zimmer, wo er Jay vorfand.
„Boah, Du nervst.“ knurrte er sie an, setzte sich auf das Bett. „Musst Du wirklich jeden Tag das Pflaster erneuern oder bist Du nur geil darauf, mich nackt zu sehen?“
„Bestimmt nicht,“ erwiderte sie gelassen. „Ich befolge nur die Anweisungen vom Doc. Und jetzt zieh Dein Shirt und die Hose aus.“
„Und wenn ich mich weigere?“ provozierte er sie.
„Dann zieh ich es Dir aus.“ drohte sie. „Wenn Du Dich wehrst, nehme ich die Schere und schneide es Dir runter.“
„Ist schon gut, Du Nervensäge, ich mach`s schon selber.“
Als er die Arme hob, durchfuhr ihn ein Schmerz, als ob jemand Messer in seine Muskeln stieß. Scharf sog er die Luft ein.
Misstrauisch sah Jay ihn.
„Was?“ fauchte er.
„Kann es sein, dass Du Schmerzen hast?“ fragte sie ruhig.
„Und wenn schon! Was geht Dich das an.“
„Lässt Du mich nachsehen?“
„Da ist nichts. Tu Deine Arbeit und verschwinde.“ forderte Zack wütend.
Ohne ihn weiter zu bedrängen, wechselte sie seine Verbände, ging hinaus, ohne ihn nochmals anzusehen. Zack wollte sein Shirt wieder anziehen, schaffte es aber nicht, seine Arme zu heben. ‚Verdammt,‘, fluchte er innerlich, ‚die paar Kilos. Scheiß Muskelkater.‘ Wütend auf sich und auf die Welt trat er kräftig gegen sein Bett.
„Das kann nichts für Deine Dummheit,“ hörte er Phil von der Tür her sagen.
„Was willst Du denn hier? Hat Deine Spionin gepetzt?“ fuhr Zack ihn an.
„Jay ist nicht meine Spionin, sondern Schwester in meinem Krankenhaus. Sie ist nur hier, weil sie sich um Dich kümmern soll, da wir Dich nicht bei uns einsperren wollten.“ erklärte Phil, fügte grinsend hinzu: „Nur aus Furcht um unsere Klinik.“
„Ha, ha.“ machte Zack ironisch.
„Also, los, erzähl schon, was hast Du angestellt?“ wollte Phil wissen.
„Nichts, nur ein kleines bisschen mit den Hanteln gespielt.“ gab Zack kleinlaut zu.
„Idiot.“ schüttelte Phil den Kopf. „Bei dem Überfall wurden Dir sämtliche Armmuskeln durchtrennt, sie brauchen Zeit, um zu heilen. Ich habe Dir deshalb Trainingsverbot erteilt, nicht um Dich zu ärgern. Und jetzt lass mich mal sehen.“
Phil tastete Zacks Arme ab, besah sie sich von allen Seiten. „Gut.“ nickte er. „So wie ausschaut, ist alles heil geblieben. Ich hoffe, das bleibt auch so, nie wieder ohne mein Okay auch noch so kleine Hanteln stemmen, kapiert?“
„Boah, ja, ich bin ja nicht blöd.“ knurrte Zack.
„Hoffe ich. Ich bin dann auch wieder weg, schicke Dir Jay herein, damit sie Dir hilft.“ sagte Phil.
„Helfen? Wobei?“ wollte Zack misstrauisch wissen.
„Beim Ausziehen.“ grinste Phil.
„Bist Du blöd? Ich lass mich doch nicht von ihr ausziehen,“, blaffte Zack, „vielleicht auch noch nackt.“
„Stell Dich nicht so an, sie hat Dich des Öfteren nackt gesehen, als Du im Koma lagst.“
„Das zählt nicht, da war ich unfähig mich zu wehren.“
Lachend verschwand Phil durch die Tür, kurz darauf trat Jay ein.
„Phil sagt, ich soll Dir helfen.“
„Fass mich an und Du bist tot,“ fuhr Zack sie an.
„Wie denn? Du kannst ja nicht mal Deine Arme heben.“ fragte sie sarkastisch.
„Halt einfach Deine Klappe, lass mich allein, ich komm schon klar.“ brummte Zack.
„Wie Du willst.“ Jay zuckte mit den Schultern, ging zur Tür.
Als sie fort war, ließ Zack sich auf das Bett fallen, starrte zur Decke. Wenn er nicht bald etwas tun konnte, würde er völlig durchdrehen, waren seine Gedanken. Er schnappte sich sein Shirt, lief die Treppe hinunter in die Küche, wo er Johann antraf. Zum Glück war er alleine.
„Helf mir mal bitte,“ bat Zack ihn, hielt ihm das Shirt hin.
Ohne eine Frage zu stellen, half Johann ihm, das Shirt überzuziehen.
„Danke.“ murmelte Zack.
Er begab sich zur Sporthalle, die Schüler waren bestimmt schon da. Er konnte zwar nicht unterrichten, aber zusehen, dass würde ihn etwas ablenken.
„Gut, dass Du da bist.“ begrüßte Nathanael ihn.
„Wieso? Ich kann doch eh nichts tun, vielmehr, ich darf nicht, strengste Anweisung vom Doc.“ erwiderte Zacharias.
„Du kannst uns trotzdem helfen. Wir haben uns überlegt, ihnen Punkte zu geben, wollen so herausfinden, wie gut sie sind. Diese Aufgabe könntest Du übernehmen, solange Du noch nicht wieder unterrichten darfst,“ antwortete Nathanael. „Wer am Ende der Woche vorne ist, bekommt eine Nacht bei Jeremia spendiert.“
„Ihr wollt sie so animieren, ihr Bestes zu geben?“ fragte Zacharias.
Die Schüler begrüßten Zacharias mit großem Hallo.
„Unterrichtest Du wieder?“ stellte Raul die Frage, die alle interessierte.
„Ne, noch nicht, noch bin ich zum Nichtstun verdammt. Ihr müsst noch eine Weile warten, bis ich euch wieder quälen darf“ grinste Zacharias.
„Dich hat es ja auch ganz schön erwischt. In den ersten Tagen nach dem Überfall waren die anderen Ritter nicht ganz bei der Sache. Bei jedem Geräusch vor der Tür zuckten sie ängstlich zusammen, in Erwartung, Deinen Tod mitgeteilt zu bekommen. Nat hat sich während der drei Wochen, als Du im Koma lagst, überhaupt nicht sehen lassen.“ berichtete Raul.
„So, genug gequatscht, zeigen wir Zack mal, was ihr alles gelernt habt.“ rief Nathanael, klatschte in die Hände.
Zacharias nahm sich die Namensliste, setzte sich an den Rand der Halle, beobachtete sie genauestens. Nathanael ließ sie den Nahkampf üben, allerdings ohne Waffen.
„Pause!“ rief er nach vier Stunden harten Trainings.
„Und was sagst Du?“ fragte er, als alle im Pausenraum verschwunden waren.
„Sie sind verdammt gut geworden, alle fünfundzwanzig. Hätte ich nicht erwartet. Dachte anfangs, wir würden maximal fünfzehn so weit bringen.“ antwortete Zacharias. „Sie sind bald alle reif für den Straßenkampf.“
„Sehe ich auch so. Das Problem ist nur, wir können nicht alle auf einmal mitnehmen. Deshalb hatte Jonas die Idee mit der Liste. Die zwei Besten dürfen dann mit einem der Teams auf die Straßen.“
„Wie bekommen dann die Restlichen eine Chance?“ wollte Zacharias wissen.
„Die Beiden, die am Ende der Woche gewonnen haben, werden gestrichen. So kommt jeder an die Reihe.“
„Meiner bisherigen Einschätzung nach werden Raul und Lukas in dieser Woche das Rennen machen. Die Beiden haben von Beginn an alles gegeben.“ war sich Zacharias sicher.

Er sollte Recht behalten, am Ende der Woche standen Raul und Lukas ganz oben auf der Liste. Nach dem letzten Training bat Nathanael die beiden in sein Büro. Unsicher, was sie erwartete, betraten sie den Raum, sahen sich den versammelten Rittern gegenüber.
„Keine Panik, es ist nichts Schlimmes, ihr bekommt keinen Ärger.“ beruhigte Nathanael sie. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, lächelte. „Wir möchten euch nur gerne für euer Engagement belohnen. Ihr Zwei seid mit Abstand die Besten unserer Schüler. Zack hat euch alle in dieser Woche beobachtet, hat Punkte an jeden Einzelnen verteilt, mit dem Ergebnis, dass ihr die Ersten seid, die in der nächsten Woche mit Gabriel, Raphael, Samuel und Michael eine Nacht auf die Straße dürfen.“ Er legte eine Pause ein, sah in ihre strahlenden Gesichter. „Zuvor aber spendieren wir euch eine Nacht bei Jeremia, mit allem Drum und Dran.“
„Wenn wir draußen sind, dürfen wir dann auch kämpfen? Oder sollen wir nur daneben stehen und zusehen?“ wollte Raul wissen.
„Ihr bekommt die gleiche Ausrüstung wie wir. Wir erwarten, dass ihr euch nicht vor einem Kampf drückt.“ antwortete Nathanael. „Johann wird euch jetzt nach Hause bringen. Heute Abend um acht holt er euch dann ab, wir werden gemeinsam essen, dann geht es zu Jeremia.“
„Glaubst Du wirklich, sie sind bereit für einen Kampf?“ fragte Gabriel zweifelnd, als Raul und Lukas den Raum verlassen hatten.
„Ob sie wirklich bereit sind, wird sich dann zeigen, aber ich denke schon.“ entgegnete Nathanael.
„Vielleicht haben wir ja Glück und es wird eine ruhige Nacht.“ kam es von Raphael.
„Hoffentlich bleibt es heute Nacht ruhig.“ hoffte Samuel. „Ich hätte so richtig Lust auf einen ordentlichen Fick mit Jeremias Nutten.“

Immer zwei Stufen auf einmal nehmend, lief Nathanael die Treppe hinauf. Er wollte schnellstens in sein Zimmer, dort schlief Luna-Mae in seinem Bett. So wie in den vergangenen Tagen wollte er sich leise ausziehen, zu ihr legen, ihr einen Kuss geben. Sie würde sich ihm im Schlaf öffnen, mit seiner Zunge würde er sie wecken. Leise öffnete er die Tür, blieb wie angewurzelt stehen. Vor dem Bett stand eine hochgewachsene, hagere Frau, sah streng auf Luna-Mae, die mit hochgezogener Decke im Bett saß. Keine von Beiden hatten sein Eintreten bemerkt.
„Was fällt Dir ein, einfach zu verschwinden und nicht mehr zurückzukommen?“ fragte die Frau, welche ebenfalls ein Jungfrauengewand trug, ihr feuerrotes Haar zu einem strengen Knoten gebunden hatte. „Du weißt genau, dass ihr euch bei mir abzumelden habt und dass ihr nicht länger als eine Stunde bleiben dürft.“
„Sakura persönlich hat mich hergeschickt und mir erlaubt, eine Woche zu bleiben.“ verteidigte sich Luna-Mae.
„Papperlapapp.“ machte die Rothaarige. „Sakura, unsere senile Göttin, weiß doch nicht mehr, was sie tut, hat genug Probleme mit ihren ungeratenen Kindern. Es wird Zeit, dass jemand anderer ihr Amt übernimmt.“
„Ach, und das willst wohl Du?“ fragte Luna-Mae ironisch.
„Besser ich als einer ihrer ungeratenen Kinder.“ antwortete die Rothaarige selbstherrlich. „Wenn es dann so weit ist, werden Deine Besuche hier aufhören. Bildest Du Dir etwa ein, er wird Dich zu seiner Königin machen? Wohl kaum. Dieses stünde eher mir zu, als Dir, Du kleines Nichts.“
„Arwina, es reicht.“ kam im leisen Befehlston die Stimme Sakuras aus einer dunklen Ecke des Raumes. In einen schwarzen Mantel gehüllt, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, trat Sakura hervor. „Nun kenne ich Dein wahres Gesicht, weiß, wie Du über mich denkst. Du bist neidisch, missgünstig, herrschsüchtig, eitel. So etwas können wir nicht dulden. Ab sofort bist Du alle Deine Ämter los, verlierst sämtliche Privilegien, kannst Dich nicht mehr transferieren. Ich hätte nicht üble Lust, Dich hier zu lassen. Darüber hinaus wirst Du das Zeichen der Geächteten tragen.“
„Nein, bitte, nicht das,“ jammerte Arwina, ging auf die Knie. „Selbst, wenn ich hierbleibe, wird mich niemand beachten, werde keine Chance haben, Arbeit zu bekommen, geschweige denn, einen Mann."
Sakura ließ sich durch ihr Gejammer nicht erweichen, hob die Hand, zeichnete mit dem Zeigefinger ein A in der Luft, welches sogleich auf Arwinas Stirn erschien. „Bis ich mich entschieden habe, was mit Dir geschieht, wirst Du oben in einer Zelle auf mich warten,“ sagte sie hart, schickte Arwina mit einer Handbewegung fort.
„Eigentlich ist Deine Mission damit hier beendet.“ wandte sich Sakura an Luna-Mae. „Ich hatte schon länger den Verdacht, dass Arwina was im Schilde führt, konnte es aber nicht beweisen. Das sie herkommen würde, Dich zu holen, war mir klar.“
„Darf ich mich wenigstens noch von Nathanael verabschieden?“ fragte Luna-Mae leise.
„Habe ich mit einem Wort erwähnt, dass ich Dich gleich mitnehme? Ich gewährte Dir eine Woche bei ihm, die ist noch nicht vorbei.“ lächelte Sakura.
„Ich danke Euch.“ murmelte Luna-Mae erfreut.
„Eigentlich,“ begann Sakura nachdenklich, sah Luna-Mae an, „wäre Dein angestammter Platz sowieso hier. Ares und ich hatten aber beschlossen, euch solange zu trennen, bis die Angriffe aufhören, ihr in Frieden leben könntet. Du und Nathanael, seid von Geburt an für einander bestimmt gewesen.“ Sie holte tief Luft, fuhr fort: „Jetzt sollst Du alles erfahren, nachdem ich schon soviel preisgegeben habe. Als wir damals berieten, wie wir den Ratten entgegentreten könnten, fassten wir den Plan, dass der erstgeborene Junge mit dem erstgeborenen Mädchen als Herrscherpaar hier leben sollten. Ihr Beide seid in der gleichen Minute geborenen worden, Zacharias kam fünf Minuten nach euch zur Welt. Gleich nach der Geburt wurdet ihr miteinander verbunden. Habt ihr euch nie gefragt, woher die kleine Narbe an eurem linken Handgelenk stammt?“ Sie drehte sich zu Nathanael, winkte ihn zu sich, griff seinen linken Arm, nahm Luna-Maes linken Arm, legte sie aneinander. „So wurdet ihr aneinander gebunden, damit sich euer Blut vermischt. Seit dem Zeitpunkt seid ihr quasi vermählt.“
„Wurde ich deshalb nur zu ihm geschickt? Nicht wie die Anderen, welche mehrere Vampire mit ihrem Blut versorgten?“ wollte Luna-Mae wissen.
„Genauso ist es.“ bestätigte Sakura.
„Und wann genau wolltest Du uns das sagen?“ knurrte Nathanael gereizt.
„Vermutlich nie.“ sagte Luna-Mae schmollend. „Wäre Arwina nicht so missgünstig gewesen, hätten wir es auch heute nicht erfahren. Uns wären weiterhin nur die Stunden geblieben, in denen ich Dich genährt habe.“
„Ich verstehe, dass ihr sauer auf mich seid, aber ihr müsst auch uns verstehen. Es war einfach zu riskant, Luna hier bei Dir zu lassen. Niemand konnte sicher sein, dass man euch nicht hier überfallen würde oder Du das gleiche erleben würdest, wie Dein Bruder.“ versuchte Sakura zu erklären. „Hinzu kommt noch, dass Luna vielleicht mal ein Kind von Dir empfangen würde, welches dann bei uns hätte in Sicherheit geboren werden und aufwachsen können. Nun, da alles raus ist, gehe ich davon aus, dass Luna hier bei Dir bleiben möchte.“
„Wenn ich alles richtig verstanden habe, ist Luna seit langem meine Frau?“ wollte Nathanael, immer noch verwirrt, wissen. „Falls sie sich jetzt entscheidet, hier, bei mir zu bleiben, ist das von Deiner Seite völlig okay?“
„So ist es.“ nickte Sakura bestätigend. „Es liegt bei ihr, wie sie sich entscheidet.“
„Willst Du hier bei mir, als meine über alles geliebte Frau bleiben?“ fragte Nathanael mit nervös zitternder Stimme.
„Nichts lieber als das.“ jubelte Luna-Mae, fiel ihm um den Hals, wobei die Decke verrutschte, ihren nackten Oberkörper preisgab.
„Dann gilt es als beschlossen.“ stimmte Sakura seufzend zu. „Allerdings gibt es da noch etwas, eine kleine Bedingung. Sollte es den Ratten gelingen, hier einzudringen, komm bitte gleich zu uns, Luna. Das Gleiche gilt auch, falls Du irgendwann mal ein Kind erwarten solltest.“
„Versprochen, wenn das Deine einzigen Bedingungen sind.“ sagte Nathanael glücklich und Luna-Mae nickte zustimmend.
„Scheut euch nicht, mich um Hilfe zu bitten, sollte etwas sein.“ bat Sakura noch, warf einen letzten lächelnden Blick auf die Beiden, verließ sie.
„Komm her, Frau.“ lachte Nathanael, zog Luna-Mae in seine Arme, schwang sie herum. Glücklich lachend ließ er sich mit ihr auf das Bett fallen, beugte sich über sie, küsste sie überschwänglich, sah ihr in ihre strahlend blauen Augen. „Jetzt, mein Schatz, kann ich Dich jeden Morgen wach küssen, brauche nie wieder Abschied von Dir zu nehmen.“
„Und ich muss Dich nie wieder schweren Herzens verlassen.“
„Ich liebe Dich, liebe Dich mehr als mein Leben.“ stöhnte Nathanael, streichelte ihren Bauch.
„Ich liebe Dich auch.“ flüsterte Luna, schob ihre Hände unter sein Shirt, streifte es über seinen Kopf.
„Ich habe noch was nachzuholen.“ grinste Nathanael, versenkte seinen Kopf zwischen ihren Beinen.

Die anderen Ritter saßen währenddessen in der Halle zusammen, schmiedeten Pläne für den Abend.
„Hey, wie machen wir das eigentlich heute Nacht?“ fragte Samuel. „Immerhin wollen ja alle wohl ficken, es sollten aber mindestens zwei von uns auf der Straße sein.“
„Also ich will keine Nutten ficken.“ sagte Gabriel, küsste Samira, die auf seinem Schoss saß, auf den Nacken.
„Okay, Du bist raus.“ grinste Raphael.
„Ich auch nicht.“ brummte Zacharias.
„Wer hätte das gedacht?“ kam es ironisch von Michael, was ihm einen Stinkefinger einbrachte.
„Du fällst aber aus, weil Du nicht auf die Straße kannst.“ kam es von Samuel.
„Asaziel und ich werden gehen, uns liegt nicht so viel an Frauen.“ sagte Jonas.
„Öhm, seid ihr etwa schwul?“ fragte Michael.
„Und wenn, hast Du ein Problem damit?“ fuhr Jonas ihn an.
„Ich? Nein! Wieso sollte ich? So lange ihr einen guten Job macht, nicht versucht, mich anzumachen, ist mir doch egal, was ihr treibt,“ sagte Michael mit erhobenen Händen.
„Keine Sorge, Du bist ganz und gar nicht unser Typ,“ lachte Jonas ihn an.
„Deiner vielleicht nicht, aber woher willst Du wissen, auf welchen Typ Mann Asa steht?“ Michael sah von einem zum anderen, dann blitzte Erkenntnis in ihm auf. „Äh, ihr Beide? Ihr seid ein Paar?“
„Ja.“ bestätigte Jonas, nahm Asaziels Hand.
„Und wie lange schon?“ war Michael neugierig. Auch den anderen Rittern war die Neugier deutlich anzusehen.
„Schon seit langem. Kurz nachdem Asaziel bei uns auftauchte, stellten wir fest, dass wir uns zueinander hingezogen fühlten. Es hat zwar noch einige Zeit gedauert, bis wir uns trauten, aber seitdem sind wir ein Paar,“ berichtete Jonas.
„Schon so lange? Und keiner von uns hat etwas bemerkt.“ war Michael erstaunt.
„Aber nun ist es raus, alle wissen Bescheid, wir brauchen unsere Liebe nicht mehr zu verstecken.“ Zur Bestätigung küsste Jonas Asaziel auf den Mund.
„Bleiben also nur wir drei.“ Samuel sah Raphael und Michael an.
„Guten Morgen zusammen.“ erklang Jays fröhliche Stimme von der Treppe her. „Zacharias, ich habe Dich gesucht.“
„Was willst Du jetzt schon wieder?“ kam es unfreundlich von ihm.
„Nur meinen Job machen.“ erwiderte sie lachend.
„Boah, joah, Du Nervensäge, gehen wir, damit ich es schnell hinter mir habe.“ seufzte Zacharias gequält auf. „Bin ich froh, wenn Du weg bist.“ fügte er grimmig hinzu.


„Ich habe gehört, ihr geht heute Abend mit den beiden besten Schülern zu Jeremia?“ fragte Jay beiläufig, als sie seine Verbände wechselte.
„Ja, als Belohnung.“ erwiderte Zacharias knapp.
„Mit euch allen? Und wer ist dann draußen auf den Straßen?“ wollte Jay wissen.
„Ich.“ knurrte Zacharias. „Mir liegt nichts am ficken und saufen kann ich zu Hause.“
„Du? Wohl kaum.“ lachte Jay auf. „Wie, bitte, willst Du Dich verteidigen? Kriegst ja nicht mal Deine Arme hoch.“
„Ist nicht Dein Problem.“
„Könnte aber zu meinem werden, wenn man Dich in Stücke schneidet, muss Dich dann länger pflegen.“
„Bloß das nicht. Ertrag Dich schon lange genug.“ brummte Zacharias.
„Bin auch froh, wenn ich Dich nicht mehr sehen muss.“ konterte sie.
„Klar, fickst ja auch lieber mit meinem Bruder.“ fauchte Zacharias.
„Wenn Du meinst.“ zuckte sie mit den Schultern.
Warum tat ihm das, was er gesagt hatte, weh? Wer oder was war sie, dass sie Gefühle in ihm auslöste, die er für tot gehalten hatte? Sollte sein Panzer, den er um sich aufgebaut hatte, etwa durch sie Risse bekommen?
Als er alleine war, nahm er ein Kissen, warf es gegen die Tür. „Ich hasse, hasse, hasse sie, sie und alle anderen Frauen.“ schrie er laut, aber eine Stimme in seinem Kopf widersprach.
Er war frustriert, hatte keine Möglichkeit, seinen Frust abzubauen. Konnte nicht, wie sonst, den Sandsack malträtieren oder Gewichte stemmen. Der Gedanke an den Überfall verstärkte seinen Frust, sein Hass und seine Wut auf die Ratten steigerte sich.
Nachdem er sich eine Jogginghose und Laufschuhe angezogen hatte, verließ er das Haus, lief in den Wald. Als er die Mauer erreichte, die das Grundstück umgab, schrie er seinen Frust laut hinaus. Danach fühlte er sich ein wenig besser. Tief die klare Luft in seine Lungen pumpend, marschierte er strammen Schrittes durch den dichten Wald. In der Dämmerung kehrte er ins Haus zurück. Als er die Halle durchquerte, lief ihm Jay über den Weg.
„Warte.“ hielt er sie auf. „Kann ich duschen?“
„Ähm, ja, denke schon.“ erwiderte sie. „Nur nicht zu lange.“
„Ich will duschen, nicht den Atlantik durchqueren.“ grummelte er.
Frisch geduscht und angezogen machte er sich auf den Weg zur Küche, ihm war nach einem heißen Kaffee.
„Was dagegen, wenn ich Dich begleite?“ fragte Jay, die gerade aus ihrem Zimmer kam.
„Hier ist ein freies Land, Du kannst doch machen, was Du willst.“ kam es unfreundlich von ihm.
„Die Rolle als einsamer Wolf gefällt Dir wohl.“ murmelte Jay.
Zacharias hatte es dennoch gehört, packte sie hart am Arm. „Hör auf, Dich in mein Leben zu mischen, mach einfach nur Deinen Job. Und wenn er zu Ende ist, verschwinde.“ fuhr er sie an, ließ sie abrupt los, ging zur Küche.
„Ah, da seid ihr ja endlich.“ rief Nathanael freudig. „Jetzt, wo alle beisammen sind, möchte ich euch etwas mitteilen. Ich hoffe, es freut euch genauso wie mich. Es gibt seit heute eine Königin. Darf ich vorstellen – Luna-Mae, meine Frau.“
„Ach Du Scheiße.“ entfuhr es Zacharias leise, während die anderen wild durcheinander sprachen, ihrem König gratulierten und die Königin willkommen hießen.
„Heißt das, Du kommst nicht mit zu Jeremia?“ wollte Samuel wissen.
„Nur, weil ich jetzt hier bin, wird sich nichts ändern.“ antwortete Luna-Mae an Nathanaels Stelle.
„Die Worte einer wahren Königin.“ kam es bewundernd von Michael.
„Die jungen Herren wären jetzt hier.“ Johann stand in der Tür, begleitet von Raul und Lukas.
„Dann lasst uns mal feiern gehen.“ rief Nathanael. „Bis später, meine Liebe.“ Er küsste Luna-Mae kurz auf den Mund.
„Geh, lass die anderen nicht warten.“ Lachend schob sie ihn zur Tür. „Und mach Dir um mich keine Sorgen, ich habe genug Unterhaltung, werde Jay und Samira ausfragen über das Leben hier.“

Außer Jonas und Asaziel stiegen alle in den Minibus, den sie ihr Eigen nannten. „Ihr kommt noch kurz mit zu Jeremia, bevor ihr loszieht.“ rief Nathanael ihnen zu, dann brachen sie auf.

Jeremia begrüßte sie persönlich, brachte sie zu einem großen, runden Tisch, der abseits in einer Nische stand. Er winkte einer Kellnerin, trug ihr auf, eine Flasche des besten Whiskeys zu bringen.
„Das geht’s aufs Haus, als Einstand für die Neuen.“ teilte er ihnen mit, zwinkerte Raul und Lukas zu. „Übrigens, falls Interesse besteht, ich habe neue Damen.“
„Na los, ihr zwei.“ grinste Nathanael. „Zur Feier des Tages spendieren wir euch einen Fick.“
„Kommt schon, ziert euch nicht, es war für alle das erste Mal.“ lachte Raphael.
„Ist es nicht, ich habe es schon getan:“ sagte Raul großspurig.
„Mit Deiner rechten Hand? Oder mit einer Jungfrau Sakuras? Aber das zählt nicht.“ zog Michael ihn auf.
„Nein, mit der Schwester eines Freundes.“ behauptete Raul.
„Und jetzt seid ihr verlobt und wollt bald heiraten?“ wollte Samuel wissen.
„Was? Wieso? Nein, will ich nicht.“ war Raul verwirrt.
„War sie noch unberührt?“ fragte nun Raphael.
„J…ja.“ stotterte Raul.
„Und Du willst sie nicht heiraten? Dann wird eine saftige Geldstrafe fällig.“ Behauptete Raphael.
„Geldstrafe? Warum?“ war Raul verunsichert.
„Mann, Mann, Mann, da lässt er sich zu einem Ritter ausbilden und kennt nicht mal die Gesetze.“ schüttelte Samuel den Kopf. „Jeder, der einer Frau die Unschuld nimmt, ist verpflichtet, sie zu heiraten. Will er das nicht, muss er ihr eine hohe Summe zahlen als Entschädigung, die dann der Mann bekommt, der sie trotzdem heiraten will. Frag Nat, ob es stimmt.“
„So ist es.“ bestätigte Nathanael ernst. „Morgen nennst Du mir den Namen des Mädchens und wir handeln eine Summe aus.“
„Ich….ich., stammelte Raul. „Wir haben nicht miteinander geschlafen, nur ein wenig geknutscht und gefummelt.“ gab er verschämt zu. Lautes Gelächter war die Antwort.
„Reingelegt.“ sagte Samuel mit erstickter Stimme. „So ein Gesetz gibt es gar nicht.“
„Komm, Jungchen, dann darfste jetzt Dein erstes Mal haben.“ lachte Jeremia.
Unter dem andauernden Lachen der Ritter folgten Raul und Lukas Jeremia in den hinteren Bereich.
„Das war ganz schön gemein.“ meinte Nathanael, immer noch lachend. „Aber sein Gesichtsausdruck war zum Schießen, als Samuel ihm von dem Gesetz erzählte, welches in früheren Jahrhunderten tatsächlich mal gab. Ich glaubte, es existiert immer noch, hat aber in der heutigen Zeit keine Bedeutung mehr.“
Jonas und Asaziel stießen zu ihnen. Samuel erzählte ihnen gleich von dem Streich, den sie Raul gespielt hatten.
„So ein kleiner Dämpfer schadet ihm nicht. Er ist ein hervorragender Kämpfer, begreift sehr schnell, ist nur verdammt überheblich.“ war Jonas der Meinung.
„Stimmt, gut ist er.“ bestätigte Nathanael. „Aber auch Lukas, obwohl er nicht so kräftig gebaut ist. Dafür ist er sehr ausdauernd.“
Raul und Lukas kehrten zurück. Lukas Haarschopf war zerzaust, seine Augen leuchteten, seine Brille hielt er in der Hand. Auf seinem Gesicht lag ein glückliches Lächeln. Raul hingegen tat auf cool, obwohl auch seine Augen strahlten.
„Na, Jungs? Alles gut? Habt ihr es ordentlich krachen lassen?“ fragte Nathanael, goss jedem einen Drink ein.
„Und wie.“ prahlte Raul. „Sie ist bestimmt zehnmal gekommen.“
„Und bei Dir?“ wandte sich Nathanael an Lukas, ohne auf Rauls Prahlerei einzugehen.
Verlegen senkte Lukas den Blick. „Anfangs war es nicht so toll.“ gestand er verschämt.
„Haste keinen hoch gekriegt?“ frotzelte Raul.
„Quatsch! Natürlich stand er,“ fuhr Lukas auf.
Asaziel sah ihn nachdenklich an. „Du kannst nicht mit Frauen, stimmts?“ fragte er ihn direkt. „Du kannst es ruhig zugeben, niemand wird Dich dafür auslachen oder verachten. Auch Raul nicht.“ erhob er warnend die Stimme.
„Er ist doch nicht schwul.“ lachte Raul auf.
„Falls doch? Was machst Du dann?“ fragte Asaziel streng.
„Dann gesteht er ihm seine Liebe.“ sagte Jonas lapidar.
„Oh, Mann, ihr habt Probleme.“ Es war das erste, was Zacharias sagte, seit sie hier waren. „Scheißegal, ob schwul oder nicht, Hauptsache, sie können kämpfen. Was in ihren Betten abgeht, interessiert doch keinen.“
„Zack hat Recht.“ stimmte Nathanael zu. „Für uns zählt nur der Kampf, alles andere ist Privatsache.“
„Ich schau mal, was Jeremia so zu bieten hat,“ beschloss Samuel, stand auf.
„Ich komme mit.“ Raphael schloss sich ihm an.
„Ich ebenfalls.“, kam es von Michael.
„Wir machen uns mal wieder auf den Weg.“ Jonas und Asaziel verabschiedeten sich ebenfalls.
„Was ist mit euch? Geht ihr nicht nach hinter?“ fragte Raul.
„Nein, wozu? Ich habe zu Hause eine Frau, die auf mich wartet.“, erwiderte Gabriel.
„Ich ebenfalls.“ sagte Nathanael.
„Und Du, Zack? Ebenfalls eine Frau oder bist Du schwul?“ wollte Raul wissen.
„Falsche Thema.“ murmelte Nathanael.
„Weder das eine noch das andere. Frauen sind zum Nähren da, nicht zum ficken. Das Gleiche gilt für Männer.“ antwortete Zacharias gequält freundlich
„Genug von uns, erzählt was von euch.“ wechselte Nathanael schnell das Thema, der er merkte, dass Raul weiterhin neugierige Fragen stellen wollte. „Was hat euch bewogen, zu uns zu kommen?“
„Mein Vater war der Meinung, es wäre eine sinnvolle Beschäftigung für mich. Er ist geschäftlich viel unterwegs, meine Mutter starb vor Jahren, so bin ich viel alleine zu Hause. Seit ich aus dem Alter bin, wo ich ein Kindermädchen brauchte, sitze ich halt nur zu Hause rum.“
„Hat er keine Angst um Dich?“ wollte Nathanael wissen.
„Ich glaube schon, aber er zeigt es nicht. Immer, wenn er zwischen seinen Geschäftsreisen kurz nach Hause kommt, will er wissen, was ich gelernt habe, lässt sich einiges zeigen, gibt mit Tipps, wie ich mich verbessern kann. Manchmal glaube ich, er war auch mal ein Ritter.“
„Oder er wäre gerne einer geworden.“ meinte Gabriel.
„Und Du, Lukas? Warum bist Du bei uns?“
„Ich habe mich freiwillig gemeldet.“ erwiderte dieser knapp.
„Warum?“ hakte Gabriel nach. „Es hat doch bestimmt einen Grund.“
„Es ist wegen meinem Vater. Er hält mich für ein Weichei, nichts kann ich ihm recht machen. Für ihn bin ich zu klein, zu schmal, zu schwach, ständig beschimpft er mich als Mädchen, behandelt mich auch so. Ich lese halt gerne, beschäftigte mich mit dem Computer. Als ich ihm sagte, dass ich mich bei euch beworben habe, lachte er mich aus, fragte: als was? Als Putzfrau? Aus Dir wird doch nie ein Kämpfer.“
„Um ihm zu beweisen, dass Du es doch schaffst, hängst Du Dich so rein, ja?“ mutmaßte Nathanael.
„Aber nicht nur ihm, sondern auch Dir, stimmts?“ erriet Zacharias. „Du weißt, dass Du anders bist, willst es aber nicht wahrhaben. Du fühlst Dich von Männern angezogen, Frauen interessieren Dich nicht. Nur würdest Du das niemals zugeben.“
„Ich…“. Lukas wurde rot. „Woher weißt Du das?“
„Ich hatte viel Zeit, euch zu beobachten, euch zuzuhören. Immer, wenn die anderen über Frauen sprachen, hieltest Du Dich raus, selbst Fragen beantwortest Du nicht. Duschen gingst Du auch nicht mit den anderen zusammen, hast entweder gewartet oder hast zu Hause geduscht.“
„Also doch schwul.“ feixte Raul.
„Hast Du ein Problem damit?“ fuhr Lukas ihn wütend an.
„Boah, ne, chill mal, Junge, ist doch okay.“ Beruhigend hob Raul die Hände.
„Dann haben wir Dir ja keinen Gefallen getan, als wir Dich zu den Nutten schickten.“ meinte Nathanael. „Hattest Du schon mal was mit einem Mann?“
„Nein, noch nie. Mein Vater würde mich erschlagen, wenn ich mit einem Mann nach Hause käm,“ erklärte Lukas.
„Du würdest also eine Frau heiraten, nur um Deinen Vater nicht zu enttäuschen? Den Rest Deines Lebens unglücklich sein?“ wollte Gabriel wissen.
„Ja.“ stimmte Lukas geknickt zu.
Zacharias stand auf, ging zu Jeremia, der hinter der Bar stand, redete mit ihm. Jeremia griff zum Telefon, sprach kurz, legte auf, nickte Zacharias zu.
„Komm mit.“ forderte Zacharias Lukas auf, als er zum Tisch zurückkam. Er betrat den Gang, welcher zu den Hinterzimmern führte, ging bis zur letzten Tür, klopfte kurz, öffnete sie, stieß Lukas mit den Worten: „Viel Spaß“ in den verdunkelten Raum.
Zufrieden grinsend kehrte er zum Tisch zurück, setzte sich, trank einen Schluck.
„Wenn er schon aus Angst vor seinem Alten irgendwann eine Frau in sein Bett legen will, sollte er wenigstens einmal erleben, was er verpasst, wenn er nicht zu seiner Neigung steht.“ beantwortete Zacharias die stumme Fragen in den Augen.
„Harter Kerl mit weichem Kerl., flachste Nathanael.
„Schnauze,“ fuhr Zacharias ihn lachend an.
„Boah, Jungs, das war der Hammer.“ Samuel, Raphael und Michael kehrten zurück. „Jerry hat doch immer die besten Pferde im Stall.“
„Erspart uns die Einzelheite,“, forderte Zacharias sie grimmig auf.
„Ach, schade, ich wollte Dir gerade detailgetreu erzählen, was ich mit ihr gemacht habe.“ zog Samuel ihn auf.
„Behalt`s für Dich, Du Arsch,“ zischte Zacharias.
„Hey, wo ist denn der Kleine? Auf Clo?“ fragte Michael dazwischen.
„Nein, Zack hat ihm einen zweiten Fick geschenkt, dieses Mal mit der richtigen Person.“ erwiderte Gabriel.
„Oh, wie nett von Dir, Zack.“ meinte Michael.
„Ich bin nicht nett,“ grummelte Zacharias, „aber nur zufriedene Schüler sind gute Schüler.“

In der Bar wurde es ruhiger, es war bereits vier Uhr am Morgen. Jeremia kam mit einer neuen Flasche, setzte sich zu ihnen.
„Alles okay bei euch?“ fragte er, goss sich ein Glas ein.
„Ja, alles bestens.“ erwiderte Nathanael. „Hatten alle ihren Spaß. Bist halt der Beste.“
„Schleimer,“ grinste Jeremia. „Habe gehört, es gibt jetzt eine Königin. Steht ja wieder ein großes Fest bevor.“
„Neuigkeiten verbreiten sich rasend schnell.“ stöhnte Nathanael.
„Unter uns sowieso.“ nickte Jeremia. „Der Adel wartet jetzt darauf, dass sie ihnen vorgestellt wird, sind neugierig, wer sie ist, woher sie kommt.“
„Erinnere mich nicht daran.“ stöhnte Nathanael gequält auf. „Ich denke schon mit Grauen daran, weiß allerdings, dass ich es dem Adel schuldig bin. Jetzt heißt es wieder, eine geeignete Lokation zu finden, wo alle rainpassen, die gut geschützt ist, dann noch ein passendes Datum finden und, und, und.“
„Hey, ich mach das für euch,“ bot Jeremia an, „habe die besseren Connections, über den Tag werden wir uns auch noch einig.“
„Das wäre cool, dann braucht sich Jonas nicht auch noch darum zu kümmern,“ stimmte Nathanael erfreut zu. „Nächstes Wochenende wäre gut, dann haben wir es schnell hinter uns. Sollte es klappen, dann mach Du ein Datum aus, es sollte nur am Wochenende sein.“
„Werde mich gleich darum kümmern.“ versprach Jeremia.
„Aber, mein Lieber, dieses Mal bist Du auch dabei, gehörst auch zum Adel. Ausreden lasse ich keine gelten, notfalls befehle ich es Dir. Sich den Befehlen seines Königs zu widersetzen, bringt harte Strafen mit sich.“ versuchte Nathanael streng zu sein, musste aber lachen.
„Jawoll, mein König.“ verneigte sich Jeremia, alle brachen in Gelächter aus. Jeder hier am Tisch wusste, dass Nathanael es mit seinem Amt nicht allzu ernst nahm.

„Sieht aus, als hätte da gerade jemand den Fick seines Lebens gehabt.“ Jeremia deutete auf Lukas, der gerade zerzaust, verschwitzt, aber glücklich lächelnd an den Tisch zurückkam. „Hier, Kleiner, trink erst mal.“ Er reichte ihm ein halbvolles Glas, welches Lukas in einem Zug hinunterkippte.
„Seit wann hast Du auch Männer im Angebot?“ wollte Raphael wissen.
„Wieso? Hättest Du lieber einen Kerl gefickt?“ grinste Jeremia.
„Idiot.“ lachte Raphael. „Wundere mich nur, dachte, Du hättest nur Frauen.“
„Ne, seit heute auch einen Jungen. Der arme Kerl stand heute vor mir, fragte nach einem Job. War halb verhungert, dreckig, hatte bestimmt seit Tagen nichts gegessen oder geschlafen. Als ich ihn fragte, woher er käme, druckste er zunächst herum, dann brach der Damm, es sprudelte nur so aus ihm heraus. Sein Name ist Jonathan, stammt aus adeligem Haus, war das jüngste von drei Kindern. Sein Vater war sehr streng, duldete keine Lebensweise, die nicht ins Schema passte. Nun ja, als er herausfand, dass sein Jüngster mehr auf Männer stand, warf er ihn hinaus. Um zu überleben, verkaufte Jonathan seinen Körper, geriet an einen alten Mann der menschlichen Rasse, der ihn zu allen möglichen Sexpraktiken zwang, ihn ständig vergewaltigte, schlug, hungern ließ, wie einen Hund durch die Wohnung laufen ließ, bis ihm die Flucht gelang. Als ich ihm sagte, dass ich zur Zeit keinen Job für ihn hätte, brach er weinend zusammen, sagte, er würde alles tun, auch sich prostituieren. Mir tat der Kerl leid, so gab ich ihm Essen, steckte ihn in die Wanne, gab ihm das letzte Zimmer. Lukas war übrigens der Erste.“
„Hoffen wir mal, dass es sich für Dich lohnt.“ meinte Nathanael, bat dann: „Mach mal die Rechnung fertig, es wird Zeit für die Küken, ins Bett zu kommen.“
„Es war toll hier, ich hoffe, wir dürfen wiederkommen.“ sagte Lukas, Raul nickte nur zustimmend. Seit er erfuhr, wo Lukas war, war er sehr still geworden.
„Klar doch, ihr seid jederzeit willkommen.“ erwiderte Jeremia.

Sie brachten Raul und Lukas nach Hause, warteten, bis sie im Haus waren, fuhren heim. Jonas und Asaziel saßen in der Halle, tranken was.
„War ne ziemlich ruhige Nacht,“ berichtete Jonas, „sind nur auf eine kleine Gruppe gestoßen.“
„Also keine Begegnung mit dem schwarzen Ritter?“ war Nathanael enttäuscht.
„Nein, heute leider nicht.“ bedauerte Jonas.
„Ob wir ihn jemals zu fassen kriegen? Herausfinden, wer sich dahinter verbirgt?“ dachte Nathanael laut nach.
„Vermutlich nicht.“ erwiderte Jonas.
„Naja, schade eigentlich. Ich hätte gerne einen so geschickten Schwertkämpfer in unseren Reihen, wir könnten noch eine Menge von ihm lernen,“ gab Nathanael zu.




Kapitel 7



„Bin sehr zufrieden mit Dir.“ sagte Phil, nachdem er Zacharias untersucht hatte. „Alles wunderbar verheilt, keine bleibenden Schäden, Du kannst langsam mit leichtem Training beginnen. Da ich Dich kenne, weiß, dass Du nicht auf mich hören wirst, bleibt Jay noch hier, wird Dich am Anfang betreuen.“
„Ich brauche kein Kindermädchen.“ fauchte Zacharias böse. „Nimm sie bloß wieder mit.“
„Werde ich nicht.“ Phil sah ihn ernst an. „Willst Du, dass ich Dich in eine Reha-Klinik stecke? Ich denke, dass willst Du nicht, deshalb habe ich mit Jay einen Plan erstellt, nachdem Du mit ihr trainieren wirst. Tu, was sie sagt, umso schneller wirst Du sie wieder los.“
Seufzend ergab sich Zacharias in sein Schicksal. Lange genug hatte er untätig herumgesessen, nun kam es auf ein paar Tage auch nicht mehr an. Hauptsache, er konnte überhaupt wieder etwas tu.
Phil packte seine Sachen. „Nimm`s nicht so tragisch, ist nur für ein paar Tage. Es geht ja nur darum, dass Du Dich nicht gleich übernimmst und wieder auf der Nase liegst.“ Er klopfte Zacharias freundschaftlich auf die Schulter und ging.
Leise klopfte es an die Tür, Jay trat ein. Sie trug eine kurze Sporthose, ein enges Muskelshirt.
„Schön, brauch ich Dich nicht suchen.“ knurrte Zacharias unfreundlich.
„Dachte mir schon, dass Du gleich loslegen willst.“ erwiderte sie mit leisem Lächeln. „Von mir aus können wir.“
Zacharias trug, wie seit seinem Unfall, eine Jogginghose, war also auch bereit. Auf Shirt und Schuhe verzichtete er wie immer.
Gemeinsam gingen sie in die Sporthalle. Da es noch früher Morgen war, war sie leer. Zacharias steuerte gleich auf die Hantelbank zu.
„Du solltest Dich besser vorher aufwärmen, Deine Muskeln lockern. Hast lange nichts getan, solltest es langsam angehen lassen.“ riet Jay.
„Und was empfiehlt Madam Besserwisser?“ fragte Zacharias ironisch.
„Laufen, Sit-Ups, so was in der Art.“ antwortete Jay keineswegs beleidigt.
Im Grunde wusste Zacharias, dass sie Recht hatte, würde es nur niemals zugeben, besonders nicht ihr, denn sie war eines dieser verhassten Wesen – eine Frau. Er verdrehte die Augen, lief, scheinbar widerwillig, ein paar Runden. Die fehlende Kondition machte sich schnell bemerkbar, nach zehn Runden war er schon ziemlich atemlos. Jay war mit ihm gelaufen, ihr war nicht anzumerken, nicht einmal Schweiß perlte von ihrer Stirn. Zacharias ließ sich rücklings auf eine der Matten fallen. Jay setzte sich neben ihm, maß seinen Puls. „Rast ganz schön.“
Nach einem grimmigen Blick zu ihr, begann er, Sit-Ups zu machen, sah aus den Augenwinkeln, dass Jay dies ebenfalls machte. Schwitzend und schnaufend gab Zacharias nach etwa fünfzehn Stück auf, legte seine Arme um die angewinkelten Beine. Jay machte noch weiter. Bei ihr sah es so locker aus, so, als würde sie nichts anderes machen, als den ganzen Tag trainieren. Nicht ein Schweißtropfen klebte an ihr. Zacharias sah auf das Spiel ihrer Muskeln. Ihr hochgebundenes Haar ließ den Blick auf den Hals zu. ‚Ob sie einen BH trägt?‘ schoss es ihm irrsinniger Weise durch den Kopf. Plötzlich und unerwartet regte sich etwas bei ihm. Er senkte den Kopf, starrte auf die Beule in seiner Hose, sprang auf, rannte aus der Halle, die Treppe hinauf in sein Zimmer.
Was sollte das? Nach fünfhundert Jahren Schlaf musste dieses Ding jetzt erwachen? Ausgerechnet bei ihr? Krampfhaft bemühte er sich, an die Fürstin zu denken, aber statt ihrer dunklen Gestalt sah er eine blonde, schlanke Frau mit jadegrünen Augen vor sich, was dieses Ding weiter anschwellen ließ. Seine Hoden waren stramm, heiß und schmerzten. Er griff nach einem Messer, wollte sich davon befreien.
„Was tust Du da?“ kam es entsetzt von der Tür her. Jay war ihm gefolgt, stand mitten im Zimmer, sah entsetzt auf das Messer in seiner Hand.
„Nichts, was Dich angeht.“ fauchte Zacharias. „Geh, verschwinde, lass mich alleine.“
„Das werde ich nicht, ich werde nicht zulassen, dass Du Dich selbst verstümmelst. Zumal es gefährlich ist, was Du vorhast, Du daran sterben kannst,“ widersprach sie mit fester Stimme.
„Na und? Lieber tot als so einen Verräter zwischen den Beinen.“ schrie er sie an.
„Ach, mach doch, was Du willst, Dir ist eh nicht zu helfen.“ Jay wandte sich um, wollte gehen, wurde hart am Arm gefasst, auf das Bett geworfen. Mit einer Hand drückte er sie nieder, mit der anderen zerriss er ihre Kleidung, drückte ihre Beine auseinander, stieß hart in sie hinein, spürte einen kurzen Widerstand. Mit harten Stößen nahm er sie, ließ sie seine ganze Wut spüren.
„Scheiße, was mache ich hier eigentlich?“ Wie zur Besinnung kommend löste er sich von ihr, sprang aus dem Bett. „Los, renn schon zu meinem Bruder, sag ihm, dass ich Dich vergewaltigt habe. Die Strafe dafür nehme ich gerne in Kauf.“
„Du bist ganz schön doof.“ hörte er hinter sich Jay leise sagen. „Wenn ich mich gewehrt hätte, hättest Du keine Chance gehabt.“
„Was soll das heißen? Etwa, dass ich schwach bin?“ fuhr er sie an, ohne sie anzusehen.
„In Deinem jetzigen Zustand ja. Mit Leichtigkeit hätte ich Dich von mir stoßen können.“ bestätigte sie.
„Das klingt fast so, als ob Du es gewollt hättes,“ war Zacharias verwirrt.
„Gewollt ja, allerdings hatte ich es mir anders vorgestellt.“ Sie lachte leise.
„Ich versteh gerade gar nichts mehr.“ Zacharias schielte über die Schulter zu ihr, sah das Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Sag doch, Du bist doof.“ Er spürte, wie sie sich hinter ihm bewegte, ihre Hände sich über seine Schultern schoben, die nackte Brust sich an seinen Rücken drückte. „Großer, dummer Junge.“ Sie küsste seinen Hals.
„Lass das, sonst…“ knurrte er.
„Sonst was?“ flüsterte sie heiß an seinem Hals.
„Boah, Weib, Du machst mich irre. Verschwinde aus meinem Zimmer, bevor noch mehr passiert.“ drohte er.
„Geht nicht, ich bin nackt, Du hast meine Sachen zerrissen.“ erwiderte sie lachend.
„Ich…ich…ach verdammt, ich will Dich ficken.“ zischte er.
„Dann tu es doch.“ forderte sie ihn heraus.
Hart und fordernd nahm sie ein zweites Mal, immer noch voller Wut. Noch weitere fünfmal in der Nacht rollte er sich auf sie, nahm sie, rollte sich wieder hinunter. Jay ließ es klaglos über sich ergehen.

Als sie am Morgen erwachte, blickte sie direkt in seine braunen Augen. Zacharias lag auf der Seite neben ihr, den Kopf auf die Hand gestützt, betrachtete sie.
„Guten Morgen.“ lächelte sie ihn an.
„Was ist gut daran? Nachdem, was Du in der Nacht erdulden musstest?“ fragte er grimmig.
„Nur das, was ich zuließ, weil ich es wollte.“ gab sie zu.
„Du wolltest von mir vergewaltigt werden?“ staunte Zacharias.
„Nein, Du Riesenkamel, ich wollte von Dir gefickt werden. Ich hatte mir mein erstes Mal zwar ein wenig anders vorgestellt, aber naja.“
„Du…Du warst noch Jungfrau? Aber Du und Nat..?“ stammelte Zacharias verwirrt.
„Ich hatte nie etwas mit Nat. Meine Fresse, ich war vom ersten Moment an in Dich verknallt, wollte, dass Du der Erste bist.“ schrie sie ihn an. „Aber Du brachtest mir nur Hass entgegen.“
„So wie allen Frauen.“ gab er zu. „Nie wieder wollte ich meinen Schwanz in eine Frau stecken, glaubte ihn tot.“
„Und jetzt?“ fragte Jay. „Bereust Du es? Wirfst mich jetzt hinaus und das war es dann?“
Statt einer Antwort beugte er sich über sie, legte zaghaft seine Lippen auf ihren Mund. Ihre Lippen waren weich, öffneten sich leicht. Vorsichtig tastete sich seine Zunge vorwärts, stieß gegen ihre Zähne, welche sich öffneten, ihm Einlass gewährten. Sanft umschloss seine Hand eine ihrer Brust, streichelte leicht über deren Warze, bis sie hart wurde.
„Schließ die Augen, stell Dir vor, es wäre das erste Mal.“ flüsterte er an ihrem Mund.
Seine Zunge umkreiste abwechselnd ihre Warzen, bis sie hart wurden, dann saugte er leicht an ihnen, bis Jays Atem heftiger wurde. Seine Zunge zog nun eine feuchte Spur über ihren Körper bis zu ihrem seidigen Dreieck. Dort verharrte sie für einige Sekunden, glitten zwischen ihre Schamlippen, fand ihr Ziel. Jay stöhnte auf, hob sich ihm entgegen. Mit seinen Daumen öffnete er sie, saugte und leckte an ihrer Perle der Lust. Ihr Stöhnen wurde lauter, er spürte, dass sie kurz vor einem Orgasmus war, führte einen Finger in sie ein, rieb sie, bis sie kam. Seinem Finger ließ er seine Zunge folgen, leckte, bis sie erneut kam. Ihre Knie nach oben drückend, drang er sanft in sie ein, bewegte sich langsam in ihr, brachte sie immer wieder zum Höhepunkt, bis sie schließlich beide das Finale erreichten, von ihrem erlösenden Schrei begleitet.
„Danke.“ murmelte Jay. „Es war wunderschön. Können wir gerne wiederholen.“
„Soll das heißen, dass ich Dich jetzt für immer am Hals habe?“ fragte Zacharias gespielt entsetzt.
„Viel schlimmer ist ja wohl, dass ich Dich am Hals habe.“ erwiderte sie lachend, küsste ihn auf den Mund.
„Ach, wir finden schon eine Lösung,“ grinste Zacharias, schlang seine Arme um sie.
„Willst Du ihn immer noch abschneiden?“ fragte Jay, sah auf seinen Schwanz, welcher schon wieder im Begriff war, zu wachsen.
„Soll ich?“ wollte er wissen und begann zu lachen. Zärtlich sah Jay ihn an. „Nein, sollst Du nicht.“
„Wusste gar nicht, dass Du auch lachen kannst, Du alter Griesgram.“ sagte sie etwas später.
„Alter Griesgram? Ich?“ war Zacharias entsetzt.
„Ja, Du.“ nickte Jay. „Machst hier einen auf einsamem Wolf, läufst mit einem Gesicht herum, welches ausdrückt: Komm mir bloß nicht zu nahe, ist unfreundlich zu jedermann.“
„So siehst Du mich also.“ erwiderte Zacharias, setzte sich auf. „Ich war nicht immer so, wurde es erst… erst nach.“ Er brach ab, starrte auf die Bettdecke.
Jay hatte sich ebenfalls aufgesetzt, legte nun ihre Hand auf seine Schulter. „Du musst mir nichts erzählen, wenn Du nicht willst. Vielleicht redest Du später mal darüber. Ich weiß ja jetzt, dass ein liebvoller Kerl unter der rauen Schale steckt.“ Leicht streichelte sie mit den Fingerspitzen über seinen Arm. „Ich habe Dich nackt, verletzlich gesehen nach dem Angriff, als Phil und ich um Dein Leben kämpften.“
„Mir war es egal, ob ich lebte oder starb, alles war mir egal. Ich wollte nur meine Ruhe haben. Alle, außen meinem nervigen Bruder, verstanden das. Lass uns aber das Thema beenden, erzähl mir was von Dir. Wo kommst Du her? Warum wurdest Du Krankenschwester?“
„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Mein Vater war ein Krieger, wir zogen mit ihm von Schlacht zu Schlacht. Habe viel Elend gesehen, fasste den Entschluss, anderen zu helfen. Das ist eigentlich alles. Ach so, ja, ich habe auch einen Zwillingsbruder, er ist der Jüngere von uns beiden.“
„Was?“ schrie Zacharias, weil es an der Tür geklopft hatte.
„Ich bin`s, Nathanael, würde gerne mit Dir reden.“ kam es von draußen.
„Jetzt nicht.“ rief Zacharias. „Ich komme später zu Dir.“
Er sah zu Jay, die sich unter der Decke versteckte, verdrehte die Augen, grinste sie an.
„In Ordnung.“ erwiderte Nathanael.
„Nervensäge., grummelte Zacharias. „Kann er nicht das Gleiche tun wie wir?“
Ruckartig zog er die Decke weg, betrachtete Jays nackten Körper. Er war schlank, trotzdem muskulös, schien gut durchtrainiert. Ziemlich ungewöhnlich für eine Frau. Ihr Busen war fest und klein, zwischen ihren Beinen ein dunkles, seidiges Dreieck. Über ihren flachen Bauch zog sich eine feine Narbe, von der rechten Leiste bis kurz unter die Rippen auf der linken Seite. Sein Blick ging zu ihrem Gesicht, blickte in ihre grünen Augen, die ihn fragend ansahen. Während er ihren Blick festhielt, schob er eine Hand zwischen ihre Beine, reizte sie mit seinen Fingern. Als sie leise stöhnte, rutschte er nach unten, umfasste ihre Oberschenkel, spreizte weit ihre Beine, leckte, saugte, stieß seine Zunge in sie, bis sie jammernd um seinen Schwanz bettelte. Hart stieß er in sie, fickte sie, bis sie gemeinsam den Höhepunkt erreichten.
Schwer atmend und schweißgebadet lagen sie nebeneinander. „Ich sollte mal zu meinem Bruder gehen, sonst steht er gleich wieder vor der Tür., meinte Zacharias, schwang sich aus dem Bett, ging ins Bad. Nachdem er geduscht hatte, blickte er in den großen Spiegel, schaute auf seinen Schwanz. „Du bist und bleibst ein Verräter.“ sagte er mit einem Lächeln.
Jay saß auf dem Bett, hielt ihre zerrissenen Sachen in der Hand.
„Ich würde ja gerne in mein Zimmer gehen, duschen, mir was anziehen, aber nackt?“
„Auf keinen Fall. Das und das gehört mir, nur mir.“ Er legte eine Hand auf ihren Busen, die andere zwischen ihre Beine. „Ich könnte Dir ja ein Shirt von mir geben, das ist lang genug. Aber,“ er legte den Zeigefinger überlegend an die Wange, „wenn es mir recht überlege, bist Du gleich noch hier, wenn ich zurückkomme.“
„Los, gib mir ein Shirt und verschwinde zu Deinem Bruder, sonst kommst Du nie dahin,“ forderte Jay lachend.
„Ich geh ja schon.“ maulte er.

„Na, Großer, was liegt an?“ fragte Zacharias jovial, als er Nathanaels Büro betrat, über das ganze Gesicht grinsend.
„Was ist denn mit Dir? Hast Du was genommen?“ war Nathanael irritiert.
„Ähm, ja, kann man so sagen. Und zwar eine Frau, sechs- siebenmal.“ erwiderte Zacharias, über den Gesichtsausdruck Nathanaels lachend.
„Lass den Scheiß. Oder hast Du Dir eine Nutte bestellt?“ grinste Nathanael.
„Ne, bestimmt nicht.“ antwortete Zacharias.
„Jetzt sag bloß, Du bist durch Mutters Blut auf den Geschmack gekommen und hast Dir eine Jungfrau gerufen?“ bohrte Nathanael weiter.
„Nein, Du Idiot. Da Du ja eh keine Ruhe gibst, bis Du es erfährst – ich habe unsere Krankenschwester gefickt.“ gab Zacharias genervt zu. „Ich wollte es, sie wollte es, also trieben wir es miteinander. Sonst noch Fragen?“
„Ähm – nein.“ erwiderte Nathanael. „Nun zu dem Grund, warum ich Dich sprechen wollte. Ich habe mir überlegt, dass wir, sobald Du fit bist, Raul und Lukas regelmäßig mit zu nehmen. Ich denke, die Beiden sind reif für den Straßenkampf.“
„Die Zwei sind tatsächlich besser als der Rest, was das Kämpfen angeht. Wie sieht es mit den Messern aus?“ erkundigte sich Zacharias.
„Als Du ausfielst, habe ich sie darin weiterunterrichtet. Ihre Trefferquote liegt weit über dem Durchschnitt.“ teilte ihm Nathanael mit.
„Dann sollten wir es riskieren. Ich hoffe, dass ich nächste Woche wieder fit genug bin.“ sagte Zacharias.
„Übertreib es nur nicht, nimm Dir die Zeit, die Du brauchst.“ warnte Nathanael.
„Wird schon, Großer, der Drache wacht über mich.“ grinste Zacharias.
„Meinst Du Jay damit?“ Nathanael blickte ihn fragend an.
„Klar, wen sonst?“ antwortete Zacharias.
Luna-Mae kam herein. „Oh, störe ich?“.
„Nein, Du störst nie, mein Engel. Was gibt es denn?“ Nathanael sah sie verliebt lächelnd an.
„Alle warten mit dem Abendessen auf euch.“ sagte Luna-Mae.
„Ja, okay, wir kommen gleich mit.“ Nathanael erhob sich, sah Zacharias auffordernd an.
„Geht schon mal vor, ich komme gleich nach.“ Er lief die Treppe hinauf, ging in Jays Zimmer, griff wahllos nach einer Jeans und einem Shirt.
„Man wartet mit dem Essen auf uns.“ sagte er, als er sein Zimmer betrat, wo Jay nackt auf dem Bett lag. Er warf ihr die Sachen zu, sah zu, wie sie sich anzog. Als sie fertig war, sagte er mit rauer Stimme. „Lass uns gleich nach unten gehen. Wenn ich Dich jetzt berühre, kommen wir nie zum Essen.“

„Heute Nacht ist Vollmond, da wird es wohl ruhig sein.“ sagte Gabriel. „Helle Nächte mögen die Ratten nicht besonders.“
„Genau so wenig wie Sonnenlicht.“ stimmte Raphael zu.
„Verlasst euch nur nicht darauf,“ warnte Samira, die Johann beim Servieren half. „Sollten sie je herausfinden, wo ihr wohnt, hetzen sie ihre Meute auch am Tag auf euch.“
„Wer sind ‚Sie‘?“ wollte Nathanael wissen.
„Die dunkle Fürstin und ihr irrer Mann.“ antwortete Samira.
„Ach ja, Du hast ja bei ihnen gelebt, weißt also wie sie ticken.“ erinnerte sich Nathanael.
„Jedenfalls nicht richtig.“ murmelte Zacharias, an der Kaffeemaschine stehend. Jay gesellte sich zu ihm. „Machst Du mir auch einen?“
„Klar.“ nickte Zacharias, legte seinen Arm um ihre Hüfte, zog sie an sich, küsste sie auf den Mund, drehte sich um, sah erstaunte Augen auf ihnen ruhen.
„Noch Fragen?“ grinste er in die stumme Runde.
„Du bist ein Fuchs.“ grinste Michael. „Angelst Dir die Krankenschwester. Nicht schlecht, haben wir jemanden im Haus, der sich um kleinere Verletzungen kümmern kann.“
„Genau aus diesem Grund habe ich sie ihn mein Bett gezerrt.“ bestätigte Zacharias mit breitem Grinsen, was ihm einen Rippenstoß von Jay einbrachte.
„Na dann, willkommen in der Familie.“ sagte Raphael feierlich, erhob ein imaginäres Glas.
„Johann, Champagner,“ rief Nathanael. „Wir sollten auf die neuen Familienmitglieder anstoßen. Samira, komm zu uns, Du gehörst schließlich dazu.“
„Tja, bleiben nur noch wir drei unbeweibt.“ wandte sich Samuel an Raphael und Michael. „Bleiben wenigstens wir Jeremia weiterhin treu.“
„Vielleicht findet ihr ja bei den Feierlichkeiten für die Königin was Passendes.“ meinte Nathanael.
„Unter diesen albernen Gänsen? Sie fallen ja schon reihenweise in Ohnmacht, wenn man sie nur freundlich anlächelt.“ winkte Michael abwertend ab.
„Irgendwann begegnet euch auch die Richtige.“ tröstete Gabriel, sah Samira verliebt an.
„Zack, wann gehst Du nochmal ins Armenviertel?“ flachste Raphael lachend.
„Hey,“ mischte sich Jay ein, „ich hoffe, nie mehr. Nicht nochmal wochenlang um sein Leben bangen. Sucht ihr eure Frauen mal schön selber.“
„Spielverderberin.“ grinste Raphael sie an.
„Genug rumgealbert.“ hob Nathanael die Tafel auf. „Die Schüler treffen gleich ein.“ Er sah zu Raphael, Gabriel, Samuel und Michael. „Ihr solltet euch auch langsam auf den Weg machen. Wir wünschen euch eine ruhige Nacht.“
„Soll ich weiterhin die Schüler beobachten?“ fragte Zacharias gelangweilt.
„Ja, diese Nacht allerdings ohne Raul und Lukas, sie sind raus, damit andere auch eine Chance haben.“ antwortete Nathanael.



„Ist das nicht langweilig?“ fragte Asaziel später, als er und Jonas die Gruppe übernahmen.
„Und wie.“ stöhnte Zacharias genervt. „Aber was soll ich machen, solange ich noch nicht nach draußen darf?“
„Wer sagt, dass Du nicht darfst?“ wollte Asaziel wissen.
„Der Doc. Und Nat. Außerdem muss ich erst wieder richtig ins Training kommen, Muskeln aufbauen und so, alles ganz langsam, sagte Phil. Deshalb hat er mir Jay als Wachhund dagelassen.“ antwortete Zacharias.
„Es würde aber schneller gehen, wenn Du regelmäßig Jungfrauenblut trinken würdest.“ riet Asaziel, hob beschwörend die Hände, als er sah, dass Zacharias aufbrausen wollte. „Ja, ja, ich weiß, ist kein Thema für Dich. War auch nur eine Überlegung.“
Nachdenklich stieg Zacharias am Morgen die Treppe hinauf. Asaziels Worte geisterten ihm im Kopf herum. Im Grunde hatte er ja Recht, sollte er sich wirklich dazu überwinden, eine Jungfrau zu rufen? Tief in Gedanken öffnete er die Tür zu seinem Zimmer, sah Jay schlafend in seinem Bett. Rasch zog er sich leise aus, legte sich zu ihr. Er betrachtete ihr Gesicht, es war glatt und eben, ihre Nase schmal. Ihre weizenblonden Haare hatte sie zu einem dicken Zopf geflochten, er lag über ihrer Schulter, bedeckte eine ihrer Brüste. Langsam zog er die Decke von ihr herunter, nackt lag sie vor ihm. Mit scheuer Neugier betrachtete er jeden Zentimeter ihres Körpers. An ihrem Bauch blieb sein Blick an der feinen Narbe haften, welche sich quer darüber zog. Woher sie wohl stammte? Seine Augen wanderten weiter, blieben an ihrem seidigen Dreieck haften. Dunkel zeichnete es sich von ihrer hellen Haut ab. Nie zuvor hatte er eine Frau so betrachtet wie sie. ‚Sie ist so wunderschön und sie ist mein.‘, dachte er besitzergreifend, hob den Blick wieder zu ihrem Gesicht. Sie war aufgewacht, ihre Blicke trafen sich.
„Guten Morgen,“ lächelte Jay, legte ihre Arme um seinen Hals. „Ich habe so gut geschlafen wie noch nie. Dein Bett ist echt bequem, ich glaube, ich ziehe bei Dir ein.“
„Was?“ tat er entsetzt. „Ich soll mein Bett mit Dir teilen?“
„Wieso denn nicht? Du brauchst es in der Nacht nicht. Wenn Du dann am morgen kommst, gehe ich.“ neckte sie ihn.
„Aber erst, wenn Du Miete gezahlt hast.“ ging er auf sie ein.
„Miete? Wieviel verlangst Du?“ wollte sie wissen.
„Nicht viel,“ murmelte er, stieß seine Zunge in ihren Spalt. Aufstöhnend öffnete sie sich ihm. Ausgiebig erkundete er sie mit seiner Zunge, ließ sie sich stöhnend winden, sich weiter für ihn öffnen. Vorsichtig führte er seinen Finger in sie, den ihre Muskeln gleich fest umschlossen. Tastend drang er tiefer in sie ein, als wolle er sie erkunden.



Jay sah auf den tiefschlafenden Zacharias. Er lag auf dem Bauch, den Kopf ihr zugewandt. Vorsichtig verließ sie das Bett, ging leise ins Bad, duschte kurz, zog eine graue Jogginghose und ein pinkes Topp an. Auf nackten Füßen verließ sie das Zimmer, darauf bedacht, ihn nicht zu wecken, lief die Treppe hinunter. Es war ruhig, alle schienen noch zu schlafen. Jay ging zur Küche, wollte einen Kaffee trinken. Dort traf sie auf Samira, die gerade den Kaffeeautomaten befüllte.
„Hi.“ sagte Jay fröhlich.
„Kannst Du auch nicht mehr schlafen?“ Samira nahm zwei Tassen, füllte sie mit Kaffee.
„Nein. Im Gegensatz zu den Männern haben wir ja die ganze Nacht.“ antwortete Jay.
„Naja, die ganze Nacht habe ich nicht, da ich Johann helfe, dass Essen für die Schüler zuzubereiten.“
„Ach ja, stimmt.,“ nickte Jay. Nachdenklich rührte sie in ihrer Tasse. „Gefällt es Dir hier? Mal abgesehen davon, dass es Gabriel gibt.“
„Hier ist es auf jeden Fall tausendmal besser als bei der Fürstin. Auch ohne Gabriel würde ich hier sein. Als Zacharias in jener Nacht auf mich traf, mir anbot, hierher zu kommen, war ich überglücklich. Von den Rittern hatte ich schon viel gehört, niemand wusste, wo sie leben und wie man sie erreichen könne. Lange war ich auf der Flucht, hatte im Verborgenen gelebt, wusste, dass die Fürstin ihre Häscher auf mich gehetzt hatte. Auch in jener Nacht wollte ich die Stadt verlassen, ahnte, dass sie mich wieder Mal gefunden hatten. Leider kam es anders und Zacharias wurde schwer verletzt, weil er mir helfen wollte. Seitdem mache ich mir schwere Vorwürfe, wünschte, ich hätte ihn nicht getroffen.“ Samira wischte sich die Tränen weg, sah mit kläglichem Lächeln zu Jay.
„Hör auf, Dir Vorwürfe zu machen. Wäre Zacharias nicht zufällig dagewesen, wärst Du heute in den Händen der Fürstin, wer weiß, was sie mit Dir anstellen würde. Sie ist ja für ihre sadistische Art bekannt, sei dem Schicksal dankbar, dass es Dir Zacharias geschickt hat. Niemand hier gibt Dir die Schuld an seinen Verletzungen.“ sagte Jay tröstend.
„Das Gleiche sagte Gabriel auch zu mir, als mit ihm darüber sprach. Ja, wir reden auch miteinander.“ grinste sie, fuhr ernster fort: „Er sagte, ich trüge keine Schuld an dem, was passiert ist, ich hätte Zacharias ja nicht mit Absicht dorthin gelockt, er wäre rein zufällig dagewesen. Wäre der Angriff nicht so überraschend gekommen, er Zeit gehabt hätte, sich zu wehren, wäre er nicht so schwer verletzt worden.“

„Sei dem Schicksal dankbar, hier zu sein, genieße Dein Leben in Sicherheit, Gabriels Liebe.“ riet Jay.
„Noch jemand, der geflüchtet ist.“ lachte Jay, als Luna-Mae die Küche betrat.
„Ja, es ist langweilig, einem Mann beim schlafen zuzusehen.“ erwiderte Luna-Mae. „Außerdem hoffte ich, Samira hier anzutreffen.“ Sie nahm sich ebenfalls einen Kaffee, setzte sich zu den Beiden an den Tisch. „Seit ich hier bin, liebe ich dieses Gebräu,“ bekannte sie.
„Was kann ich für Euch tun, Hoheit?“ wollte Samira wissen.
„Zunächst mit dem Blödsinn aufhören, mich Hoheit zu nennen. Mein Name ist Luna-Mae oder einfach nur Luna, basta. Und zweitens, ich brauche Hilfe. In ein paar Tagen will Nathanael ein Fest geben, bei dem er mich als seine Frau vorstellen wird. Nur habe ich keine Ahnung, was man zu so einem Anlass trägt. Ich kenne doch nur das Gewand der Jungfrauen.“
„Warum fragst Du nicht Deinen Mann?“ wollte Jay wissen.
„Hab ich versucht.“ seufzte Luna-Mae. „Seine Antwort war: Davon habe ich keine Ahnung, trag was Du willst, Du bist mir eh nackt am liebsten. Ich denke, nackt kann ich da wohl nicht erscheinen, oder?“
„Männer.“ lachte Samira. „Nimm seine Kreditkarte und geh shoppen.“
„Alleine? Begleitet ihr mich?“ fragte Luna-Mae hilflos.
„Von Mode versteh ich nichts, also bin ich raus.“ hob Jay abwehrend die Hände. „Ich geh lieber eine Runde Sport machen.“
„Brauchst Du denn kein Kleid?“ wollte Samira wissen.
„Darüber mache ich mir jetzt noch keine Gedanken.“ winkte Jay ab, verließ die Küche Richtung Sporthalle.



Zwei Stunden später betrat sie leise das Zimmer von Zacharias. Sie war verschwitzt, wollte gleich unter die Dusche.
„Komm her.“ murmelte Zacharias schlaftrunken, klopfte auf die Matratze.
„Gleich, ich geh nur schnell duschen.“ erwiderte Jay.
„Nein, sofort.“ befahl er. „Komm her, Weib.“

„Wie Ihr befehlt, mein Herr. Aber seid gewarnt, ich bin nass von Schweiß.“ antwortete Jay, sich gehorsam zu ihm legend.
„Was hast Du gemacht?“ wollte Zacharias wissen.
„Ein wenig Sport getrieben in der Halle,“, antwortete Jay.
„Alleine? Ohne mich?“ Besitzergreifend zog er sie an sich.
„Ich wollte Deinen Schlaf nicht stören.“ Jay schmiegte sich an ihn.
„Jetzt bin ich wach, will trainieren.“ grinste Zacharias. „Und Du musst mich begleiten, aufpassen, dass ich mich nicht zu sehr verausgabe, Befehl von Phil.“
„Dann lass uns gehen.“ forderte Jay ihn auf.
„Ja, gleich.“ murmelte Zacharias, schob ihr Shirt hoch, umfasste ihre Brüste, streichelte mit seiner Zunge über deren Warzen, bis sie sich aufrichteten und hart wurden. Aufreizend langsam zog er eine feuchte Spur bis zum Bund ihrer Hose, zog diese Zentimeter für Zentimeter nach unten, jedes freigelegte Stück Haut küssend. Er schob sie über ihre Knöchel, nahm diese, legte sie sich über die Schultern. Mit seinen Daumen öffnete er sie, stieß seine Zunge in sie. Aufstöhnend presste Jay ihre Fußsohlen gegen seine Schultern, bot sich ihm dar. Er nahm es an, bescherte ihr mit seiner Zunge höchste Wonnen, ließ sie ein über das andere Mal kommen. Neben ihr liegend, betrachtete er ihr Gesicht, als seine Finger in ihr waren, sie immer wieder zum Orgasmus brachten. Ein großer feuchter Fleck hatte sich zwischen ihren Beinen gebildet, als er schließlich seinen Schwanz in sie stieß.



Kapitel 8



Zacharias kam nicht wieder so schnell zu Kräften, wie er es sich wünschte. Seinen Frust darüber ließ er an Jay aus, er beschuldigte sie, ihm seine Kräfte zu rauben. Jay ertrug das alles widerstandslos, so, als ob sie wüsste, dass er einfach einen Schuldigen brauchte. Ruhig, ohne sich zu wehren, ließ sie sich von ihm auf nicht gerade sanfte Art nehmen.
„Weiber!“ schimpfte Zacharias eines Morgens, als mal wieder nichts so lief, wie er sich vorgestellt hatte.
„Was ist los? Streit mit Jay?“ fragte Asaziel, der zufällig in seiner Nähe war.
„Es geht Dich zwar nichts an – aber nein, wir haben keinen Streit.“ brummte Zacharias. „Es ist….ach, alles ist zum Kotzen. Ich trainier mir täglich den Arsch ab und was bringt es? Nichts! Wenn das so weitergeht, bin ich in hundert Jahren noch nicht fit.“ brach es aus ihm heraus.
Nachdenklich sah Asaziel ihn an. „Ich glaube, dass hat weniger was mit dem Training oder Jay zu tun, sondern vielmehr mit Deiner Nahrung. Und damit meine ich nicht das Essen.“
„Quatsch.“ winkte Zacharias ab, ließ Asaziel einfach stehen. Dessen versteckter Hinweis ging ihm nicht aus dem Kopf. Sollte er tatsächlich Recht haben? Nachdenklich stieg er die Treppe hinauf, betrat sein Zimmer. Es war leer, aber aus dem Bad war zu hören, dass Jay gerade duschte. Zacharias setzte sich auf das Bett, den Kopf in seine Hände gestützt. Kurze Zeit später erschien Jay, nur in ein Handtuch gewickelt. Als sie ihn dort sitzen sah, spürte sie, dass ihn etwas beschäftigte, setzte sich einfach neben ihn, fragte nichts.
„Ich hasse es, aber er hat Recht, ich muss es tun.“ murmelte Zacharias vor sich hin. Sein Blick fiel auf Jay. „Vielleicht geht es ja auch mit Deinem.“ überlegte er laut. „Verdammt nein, ich will es nicht.“
„Wovon sprichst Du?“ wollte Jay leise wissen.
„Ist nicht wichtig.“ winkte er ab. „Komm her.“ Er zog sie auf seinen Schoss, barg sein Gesicht an ihrer Brust. Tief sog er ihren Duft ein, ihr Blut rauschte in seinen Ohren. Ihn überkam das Verlangen, seine Zähne in sie zu bohren. Heftig atmend presste er sie fester an sich.
„Ich möchte, dass Du bei mir bleibst, während ich...während ich…ach, verdammt, ich kann nicht mal die Worte aussprechen.“ sagte Zacharias grimmig.
„Könntest Du Deinen Griff wohl etwas lockern? Ich bekomme kaum noch Luft.“ bat Jay leise, fuhr fort, als er ihrer Bitte nachkam: „Wenn ich es richtig verstanden habe, überlegst Du, Dir eine Jungfrau zu rufen. Du könntest Dich auch von meinem Blut nähren, es ist ebenso rein.“
„Nein!“ fuhr er auf. „Ich will weder das Eine noch das Andere. Es ist Asaziels schuld, dass ich darüber nachdachte. Er meinte, ich käme dadurch schneller zu Kräften.“
„Womit er nicht ganz Unrecht hat. Menschenblut stillt zwar Deine Bedürfnisse, gibt Dir aber keine Kraft.“
„Ihr habt ja alle so Recht!“ stieß er wütend hervor, sprang abrupt auf. Jay landete unsanft auf dem Boden, wo zum Glück der dicke Teppich den Aufprall dämpfte. „Nur Zacharias, der Idiot, will es nicht einsehen.“ Wütend lief er im Zimmer auf und ab.
Jay war aufgestanden, das Handtuch hatte sich gelöst, lag am Boden. Nackt trat sie ihm in den Weg, legte ihre Arme um ihn.
„Lass mich.“ knurrte er, versuchte nicht, sich zu befreien.
„Nein.“ schüttelte Jay den Kopf, sah zu ihm auf, sah den gequälten Ausdruck in seinen Augen. Sanft legte sie ihre Hand auf seine Wange, welche von der Narbe gezeichnet war. Zacharias nahm ihre Hand fort, hielt sie kurz in seiner, hauchte einen Kuss auf die Innenfläche. Sein Blick blieb an ihrem Handgelenk haften.
„Mein Blut ist Dein Blut,“ murmelte Jay, „also nimm es Dir.“
„Verzeih mir.“ bat er, bohrte seine Zähne tief in ihr Fleisch.

„Ich danke Dir, mein Herz.“ Er küsste die Stelle, wo er zugebissen hatte. „Vergib mir, wenn ich zu heftig war.“ Er sah sie an, seine Augen glänzten. „Jetzt möchte ich Dich anders schmecken.“ Er hob sie hoch, legte sie auf das Bett, entledigte sich seiner Kleidung. Lächelnd, mit erwartungsvoll geöffneten Beinen erwartete sie ihn. Immer wieder trieb er sie zum Höhepunkt, bis er sich schließlich ihrer erbarmte, sie fickte, bis sie gemeinsam den Gipfel der Lust erreichten.

Von nun an nahmen seine Kräfte schnell zu, bald war er wieder so wie vor dem Angriff. Er scheute sich nicht mehr, Jays Blut zu trinken.

„Unsere Schüler sind jetzt soweit, dass wir sie zum Einsatz bringen können.“ sagte Nathanael, als er mit Zacharias nach langer Zeit wieder gemeinsam durch die Straßen lief. „Das, was sie jetzt noch lernen können, können sie nur hier draußen.“
„Dann sollten wir das in Angriff nehmen.“ stimmte Zacharias zu. „Hast Du schon einen Plan?“
„Naja, ich dachte, wir beide nehmen übermorgen Raul und Lukas mit, Asaziel und Jonas werden ebenfalls von zwei Schülern begleitet.“ erklärte Nathanael. „Es wird jede Nacht gewechselt, bis alle einmal draußen waren. Danach müssen wir überlegen, wie wir es machen.“
„Zunächst könnten wir, wie bisher, zwei Gruppen bilden, zu je vier Mann, zwei von uns, zwei Schüler. Wenn dann alle bereit sind, bilden wir vier Teams, jeweils einer von uns plus ein Schüler.“ schlug Zacharias vor.
„Die Idee hatte ich auch schon.“ erwiderte Nathanael. „Wir sollten das mit den anderen besprechen.“
„Heute Nacht ist nichts mehr los.“ sagte Nathanael in den frühen Morgenstunden. „Lass uns noch bei Jeremia vorbeischauen auf einen Drink, ich sage nur kurz Jonas Bescheid, dann treffen wir uns dort.“
Es war nicht mehr viel los, als sie die Bar von Jeremia betraten.
„Hey, Jungs.“ begrüßte Jeremia sie, stellte ein Tablet mit einer Flasche und fünf Gläsern auf den Tisch. „Das geht aufs Haus.“ teilte er ihnen mit, setzte sich zu ihnen. „Das ihr hier seid, erspart mir einen Anruf.“ Er wandte sich an Nathanael. „Es gibt ein Problem mit der Buchung eines Saales. Alle Hotels sind momentan völlig ausgebucht, haben erst im Herbst wieder was frei.“
„Tja, kann man nichts machen.“ sagte Nathanael nicht gerade sehr enttäuscht. „Warten wir halt bis dahin.“
„Bist aber sehr enttäuscht.“ frotzelte Jonas.
„Und wie.“ grinste Nathanael. „Weißt doch, wie ich darauf brenne, eine Riesenfete zu geben, mich in einen Anzug zu zwängen, vor einer Horde Leute zu stehen.“ Alle stimmten in sein Lachen ein.
„Wenn es groß und stilvoll sein soll, habe ich genau das Richtige.“ meinte Jeremia lachend. „Es liegt zwar ein wenig außerhalb, umgeben von einem riesigen Park. Vor vielen Jahren war es mal ein Schloss, von da stammen auch die Mauern, welche es umgeben, verfügt über einen riesigen Saal. Der Besitzer ist einer von uns, seine Angestellten sind in der Mehrzahl Halbblüter. Außerdem verfügt es über einen Wachschutz, bestehend aus Reinrassigen.“
„Der richtige Rahmen für Dich.“ zog Jonas Nathanael auf. „Ein Schloss für den König und seine Königin.“
„Halt die Klappe, sonst schiebst Du Sonderschichten.“ grummelte Nathanael ihn an. „Mach, was Du willst.“ wandte er sich an Jeremia. „Nenn mir einfach Preis und Datum.“
„Ich gebe Dir Bescheid, sobald ich Näheres weiß.“ versprach Jeremia.


„Du riechst nach Alkohol.“ murmelte Jay im Halbschlaf, als Zacharias sich neben sie legte.
„Wir waren noch kurz bei Jeremia. Schlimm?“ erwiderte Zacharias.
„Ja, sehr schlimm.“ grinste Jay, reckte sich. „Nein, Spaß, Du musste meinetwegen nicht Deine Gewohnheiten ändern.“
„Das habe ich doch schon längst. Enttäusche hunderte junger Frauen, weil ihr Blut nicht mehr trinke, liege mit einem verhassten Wesen im Bett, lasse zu, dass sie mich berührt. Was noch viel schlimmer ist, ich mache das mit ihr.“ Er beugte sich über sie, küsste sie, während seine Hand zwischen ihre Beine glitt, wo seine Finger warm und feucht empfangen wurden.

„Zack, ich würde gerne etwas mit Dir besprechen.“ sagte Jay später, als sie in seinen Armen lag.
„Oh, oh, das hört sich ernst an.“ erwiderte er, sah sie an.
„Ist es ja auch.“ Sie lächelte, fuhr, tief Luft holend, entschlossen fort: „Jetzt, wo Du wieder nachts unterwegs bist, würde ich gerne in meinen Job zurückkehren. Dir zuliebe werde ich nur nachts arbeiten.“
„Das musst Du nicht. Wenn es ums Geld geht, sag einfach, was Du brauchst, Du bekommst soviel Du willst.“ bot er ihr an.
„Es geht mir nicht ums Geld.“ erklärte sie. „Es ist nur so, dass ich mich langweile. In der Nacht schlafe ich, bis Du heimkommst und am Tag sitze ich nur rum, während Du schläfst. Wenn ich zur Nachtwache ginge, kämen wir morgens fast zeitgleich heim, gingen zusammen schlafen.“
„Hm, grundsätzlich spräche nichts dagegen. Ich könnte Dich abends bringen und morgens abholen. Nur werden wir bald keine Schüler mehr haben, so dass ich alle zwei Nächte frei habe.“
„Daran habe ich nicht gedacht.“ gab sie geknickt zu.
„Ich werde diese Nächte dann halt zum Trainieren nutzen, sonst komme ich ja nicht dazu.“ grinste er sie an.
„Soll das heißen, ich halte Dich davon ab?“ fragte Jay provokant.
„Hm, ja, in gewisser Weise schon.“ Er sah an sich hinunter. Jay folgte seinem Blick, sah, dass er schon wieder bereit war.

Als sie nach dem Abendessen wieder in Zacharias Zimmer waren, erklärte er: „Ich habe über unser Gespräch von heute Morgen nachgedacht. So schwer es mir auch fällt, ich werde Deinen Wunsch respektieren. Allerdings werde ich Dich jeden Abend zur Klink bringen und am Morgen wieder abholen. Sollte ich mal verhindert sein, wird Johann Dich fahren. Ich dulde nicht, dass Du alleine durch die Dunkelheit läufst.“
„Danke.“ Ungestüm fiel sie ihm um den Hals. „Ich werde gleich Phil anrufen.“
„Das hat Zeit bis morgen.“ knurrte er, zerriss ihr Shirt, leckte über ihre freigelegte Brust. „Heute Nacht wirst Du mir meine Dankbarkeit beweisen.“ Ungeduldig wanderte seine Hand über ihren Körper, stieß an den Rand ihrer Jeans. Nach einigen erfolglosen Versuchen, deren Verschluss zu öffnen, zerriss er auch diese kurzerhand. Noch im Stehen stieß er zwei seiner Finger in sie, schob sie langsam zum Bett.
Im Morgengrauen schlief Jay erschöpft unter ihm liegend ein, Arme und Beine weit gespreizt, ihn noch in sich habend. Zacharias löste sich von ihr, zog die Decke über sie, legte sich ebenfalls schlafen.
Als Jay am frühen Nachmittag aufwachte, lag er noch schlafend neben ihr. Leise verließ sie das Bett, schlich ins Bad, ließ Wasser in die Wanne laufen. Mit entspanntem Seufzen ließ sie sich in das warme Wasser gleiten, umgeben von wohlriechendem Schaum. Sie lehnte sich an den Rand, schloss die Augen.
„Hier steckst Du.“ Jay zuckte zusammen, sie war wohl eingenickt. Zacharias kam näher, setzte sich auf den Wannenrand. „Ich dachte, Du wärst schon auf dem Weg zur Klink.“
„Dann hätte ich Dir Bescheid gesagt. Außerdem habe ich noch gar nicht mit Phil gesprochen, wollte das später machen.“
„Eigentlich wollte ich nur kurz duschen, aber jetzt.“ er grinste sie an. „Mach Platz, ich leiste Dir Gesellschaft.“
„Ein Bad habe ich lange nicht genommen, immer nur schnell geduscht.“, stellte er fest, als er hinter ihr saß, sie sich an ihn lehnte. „Das lag daran, dass ich meinen Körper hasste.“
„Jetzt hasst Du ihn nicht mehr?“
„Naja, wir sind dabei, uns wieder miteinander anzufreunden.“
„Also ich mag ihn.“
„Wen? Mich, meinen Körper oder doch nur meinen Schwanz?“ Seine Stimme klang höhnisch.
Abrupt stand Jay auf, stieg aus der Wanne, griff nach einem großen Handtuch, wickelte sich ein.
„Du bist so ein Idiot.“ fuhr sie ihn an. „Wenn es mir nur ums ficken ginge, hätte ich es schon tausendmal machen können.“ Ihm einen letzten wütenden Blick zuwerfend, verließ sie das Bad. Beim Ankleiden fiel ihr Blick auf das zerwühlte Bett, den nassen Fleck in der Mitte. Immer noch wütend, begann sie, es abzuziehen.
„Was tust Du da?“, fragte Zacharias erstaunt von der Tür her. „Lass es doch Johann oder Samira machen.“
„Sie müssen das nicht sehen.“ knurrte Jay, ohne ihre Tätigkeit zu unterbrechen. „Brauchen nicht zu wissen, dass es mir nur ums ficken geht.“
„Hör auf.“ bat Zacharias, legte seine Hände auf ihre. „Für das, was ich vorhin sagte, werde ich mich nicht entschuldigen, es ist nun mal die Meinung, welche ich über Frauen habe. Ihr nehmt euch, was ihr wollt, notfalls auch gegen den Willen des Anderen. Was man euch nicht freiwillig gebt, nehmt ihr euch einfach.“
„Ich weiß ja nicht, wem Du das zu verdanken hast, aber ich bin nicht sie. Ich habe niemals etwas von Dir gefordert, die Initiative ging immer von Dir aus.“ erwiderte Jay, riss sich los, sah ihn traurig an, verließ das Zimmer. Sie rannte die Treppe hinunter, durchquerte die Halle, ging durch eines der großen Flügelfenster, die bis zum Boden reichten, nach draußen. Tief atmete sie die klare, warme Luft ein, sah sich um. Es war der hintere, private Teil des Parks, in dem sie sich befand. An eine große, mit Terracottafliesen ausgelegte Terrasse schloss sich eine große, gut gepflegte Rasenfläche an, in deren Mitte ein blauer Pool schimmerte. Verborgen zwischen hohen Sträuchern stand eine Hollywoodschaukel, auf der sie sich niederließ. Jay nahm ihr Handy aus der Hosentasche, rief Phil an, sagte ihm, dass sie ihren Job bei ihm gerne wiederaufnehmen möchte, allerdings nur in der Nacht. Sie verabredeten sich für den Abend, um alles Nähere zu besprechen. Nach Beendigung des Telefonates lehnte sie sich zurück, schloss die Augen, genoss die warmen Strahlen der Sonne auf ihrer Haut.
„Hier hast Du Dich also versteckt.“ drang Zacharias Stimme an ihr Ohr.
„Ich habe mit Phil telefoniert, treffe ihn heute Abend in der Klinik.“ sagte sie mit geschlossenen Augen.
„Du scheinst es ja sehr eilig zu haben, von mir weg zu kommen.“ meinte Zacharias sarkastisch.
„Wenn Du meinst.“ erwiderte Jay, zuckte mit den Schultern.
„Ich habe über unseren Streit nachgedacht,“ bekannte er leise, „würde verstehen, wenn Du mich verlässt. Für das, was ich sagte, werde ich mich dennoch nicht entschuldigen. Dass ich Dir Unrecht tat, weiß ich und es tut mir leid.“
„Jetzt, da ich Deine Meinung kenne, brauche ich Zeit, darüber nachzudenken. Ich weiß noch nicht, ob und wie es mit uns weitergeht. Lasse Dich wissen, wenn ich zu einer Entscheidung gelangt bin.“ teilte sie ihm mit, ging zurück ins Haus.

Als Jay zum Abendessen erschien, saßen alle schon am Tisch, sahen zu Nathanael, der ihnen wohl gerade etwas mitteilte. Leise huschte sie zu ihrem Platz neben Zacharias, setzte sich. Dieser sah sie kurz an, wandte seine Aufmerksamkeit wieder Nathanael zu.
„Ja, also.“ fuhr dieser fort. „Wie schon gesagt, sind unsere Schüler jetzt soweit, dass sie auf die Straße können. Natürlich noch nicht alleine, sie werden uns am Anfang nur begleiten, allerdings voll ausgerüstet. In den nächsten Nächten werden wir also in zwei Gruppen zu jeweils vier unterwegs sein.“
„Wie ist es, wenn zu einem Kampf kommt? Kämpfen sie dann mit?“ wollte Michael wissen.
„Sicher, nur so wissen wir, ob sie wirklich bereit sind.“ antwortete Nathanael. „Ich werde ihnen nachher mitteilen, dass es nun langsam ernst wird. Ab morgen Nacht beginnen wir.“
„Was ist mit dem Rest?“ fragte Samuel.
„Sie werden weiter trainieren wie bisher.“ erwiderte Nathanael.

Nach dem Essen ging Jay nach oben, zog sich um. Sie wählte ein weißes Shirt, eine blaue Jeans und weiße Sportschuhe, ihre langen Haare band sie zu einem Zopf. Beschwingt lief sie die Treppe hinunter, traf unten auf Zacharias, der sich ihr in den Weg stellte.
„Ich fahre Dich.“ sagte er bestimmt.
„Danke, nein, ich fahre selber.“ wehrte Jay ab.
„Du wirst dieses Haus nicht ohne Begleitung verlassen. Da Johann keine Zeit hat, werde ich Dich fahren.“ teilte er in einem Tonfall mit, der keinen Widerspruch duldete.
Seufzend gab Jay nach, stieg in sein Auto. Schweigend legten sie die kurze Strecke zur Klink zurück. Ohne ein Wort des Dankes, ohne einen Blick für ihn, stieg sie aus, ging durch den Eingang.
„Verdammt, verdammt, verdammt, verdammt.“ Wütend schlug Zacharias auf das Lenkrad ein, sah ihr mit brennenden Augen nach.
Mit grimmigen Gesicht betrat er wenig später die Sporthalle, wo Nathanael den Schülern gerade mitteilte, dass es nun ernst wurde, sie auf die Straße geschickt würden.
„Alleine?“ wollte ein Junge namens Sander wissen.
„Selbstverständlich nicht.“ erwiderte Nathanael. „Wir werden damit beginnen, dass vier von euch uns begleiten. Das heißt, wir werden in den nächsten Nächten jeweils zu viert unterwegs sein.“
„Und der Rest hat dann frei?“ wollte ein Anderer wissen.
„Das könnte euch so gefallen.“ lachte Nathanael. „Ne, ihr werdet schön weiterhin trainieren.“
Er sah von einem zum anderen. „Wir haben lange überlegt, wie wir beginnen sollen. Zuerst wollten wir alphabetisch vorgehen, sind dann zu dem Entschluss gekommen, die Reihenfolge der Bewertungsliste zu übernehmen. Das heißt, wir beginnen mit Sander, Marius, Raul und Lukas. Morgen sind dann die nächsten vier dran, und so weiter. So sind am Ende der Woche alle durch. In dieser Woche werden Zacharias, Jonas, Asaziel und ich jede Nacht übernehmen, Samuel, Gabriel, Michael und Raphael sind hier, übernehmen das Training. Nächste Woche wird dann gewechselt. Danach müssen wir schauen, wie es weitergeht. Die Vier, die ich gerade genannt habe, gehen mit Zacharias. Er gibt euch eure Ausrüstung. Und dem Rest – viel Spaß beim Training.“
„Okay, Jungs, lasst uns mit einem kleinen Waldlauf beginnen.“ rief Samuel fröhlich, klatschte in die Hände.
Zacharias war währenddessen im Keller angelangt, öffnete einen Raum, welcher voller schwarzer Kleidung war. Jeder sollte sich eine Cargohose, ein Shirt und Kampfstiefel heraussuchen, sich umziehen. Anschließend verteilte er Messer in verschiedenen Größen, zeigte ihnen, wie man sie schnell griffbereit unterbrachte.
„Hier, für jeden noch ein Handy.“ Jonas reichte sie ihnen, als sie wieder in der Sporthalle ankamen. „Sie wurden von mir so programmiert, dass ihr im Notfall jede beliebige Taste drücken könnt, um einen von uns zu erreichen. Also Gespräche mit der Freundin oder zocken ist damit unmöglich.“ fügte er grinsend hinzu.
„So, nun wird es ernst.“ Nathanael sah in vier angespannte Gesichter. „Haltet euch an unsere Anweisungen, dann wird alles gut gehen. Sander, Marius, ihr fahrt mit Jonas und Asaziel, Lukas, Raul, ihr begleitet Zacharias und mich.“
Sie fuhren los, parkten in der belebten Innenstadt, liefen wachsam durch die Straßen.
„Hast Du Streit mit Jay?“ fragte Lukas Zacharias leise.
„Wie kommst Du denn darauf?“ knurrte Zacharias unwillig.
„Du bist heute anders als die letzten Tage, guckst die ganze Zeit grimmig, redest kaum.“ erwiderte Lukas.
„Falls es so ist, glaube ich kaum, dass es Dich was angeht.“ kam es unfreundlich von Zacharias.
„Stimmt, es geht mich nichts an.“ nickte Lukas gleichbleibend freundlich. „Ich habe nur darüber nachgedacht, ob es bei so einem Job gut ist, im Streit auseinander zu gehen. Man kann nie wissen, ob man sich am Morgen wiedersieht“.“ murmelte Lukas leise, ohne Zacharias direkt anzusprechen. Dieser tat, als ob er nichts gehört hätte, wirkte plötzlich sehr nachdenklich.
Die Nacht verlief ruhig, keine Ratten weit und breit. Sander, Marius, Raul und Lukas waren zwar enttäuscht, gleichzeitig aber auch erleichtert.
„Freut euch nicht zu früh, so ruhig ist es nicht jede Nacht. Ihr werdet schon noch Bekanntschaft mit ihnen machen.“ versprach Nathanael.

Zacharias stürmte die Treppe hinauf, riss seine Zimmertür auf – stand in einem leeren Raum. Er rannte die Treppe wieder hinunter, wollte in der Küche nachsehen, ob sich Jay dort befand. In der Halle kam ihm Johann entgegen.
„Wo ist Jay? Hast Du sie nicht abgeholt?“ fuhr Zacharias ihn aufgebracht an.
„Doch, Herr. Sie befindet sich in ihrem Zimmer.“ erwiderte Johann perplex.
Immer zwei Stufen nehmend, lief Zacharias wieder hinauf, öffnete ungestüm das Zimmer, welches Jay vorher bewohnt hatte.
Sie hatte gerade geduscht, stand mit einem Handtuch bekleidet im Raum, als er hereinstürmte.
„Hier bist Du.“ stieß er hervor.
„Noch.“ erwiderte Jay, sah ihn trotzig an. „Ich werde gleich meine Sachen packen und in meine Wohnung zurückkehren.“
Während sie sprach, war er dicht vor sie getreten, hatte das Tuch gelöst, ihre Brüste umfasst.
„Willst Du das wirklich? Willst Du wirklich gehen?“ flüsterte er, streichelte ihre Warzen.
„Ja.“ stieß Jay hervor, wollte sich von ihm zurückziehen.
„Aber ich werde Dich nicht gehen lassen.“ erwiderte Zacharias gelassen, presste sie an sich.
„Ich bin aber eins dieser Wesen, die Du hasst.“ murmelte Jay halb erstickt.
„Hassen, verachten, wo ist da der Unterschied? Du hast mir einen Teil Vertrauen in euch wiedergegeben, bist nicht egoistisch. Jetzt zum Beispiel. Du bist heiß, würdest liebend gern gefickt werden, das spüre ich, bedrängst mich aber in keiner Weise. Wenn Du bei mir bleibst, könntest Du mir helfen, den Hass, die Verachtung euch gegenüber zu verlieren. Ich bitte Dich, hilf mir dabei.“ Er schob sie auf Armlänge von sich, sah sie an, sah in ihre tränenfeuchten Augen. Jay wagte ein schiefes Lächeln. Sie ahnte, welche Überwindung ihn diese Worte gekostet hatten. Er drängte sie zum Bett, drang gleich in sie ein.
„Sag, dass Du bei mir bleibst.“ presste er hervor, während er sie mit harten Stößen nahm.
„Vorläufig.“ stieß sie unter einem heftigen Orgasmus hervor.

„Ich werde mich nie wieder im Streit von Dir trennen.“ sagte Zacharias, als er neben ihr lag, mit seinen Fingerspitzen über ihren erhitzten Körper streichelte. „Es war die schlimmste Nacht, die ich je hatte. Die Vorstellung, Dich nicht mehr in meinen Armen zu halten, war die Hölle. Zum Glück war die Nacht ruhig.“ Er stützte sich auf seinen Ellbogen, betrachtete ihren Körper, den er weiterhin streichelte.
„Mir erging es nicht besser. Bei jedem Klingeln, bei jedem Krankenwagen erwartete ich, Dich verletzt bei uns.“ gestand Jay leise mit geschlossenen Augen.
„Wirst Du bei mir bleiben?“ wollte er scheu wissen.
Jay öffnete die Augen, sah fest in seine. „Eine Trennung von Dir würde ich nicht überstehen.“ bekannte sie ernst.
Zacharias Hand glitt zwischen ihre Beine, ließ seine Finger in sie gleiten. Aufstöhnend nahm sie sie auf. Er betrachtete ihr Gesicht, während er sie rieb. „Willst Du, dass ich Dich lecke?“ fragte er heiser.
„Entscheide Du.“ stieß die hervor.

„Ich verachte die Frauen immer noch.“ sagte Zacharias grinsend, sie ihm Arm haltend.
„Schön, Deine Verachtung zu spüren.“ murmelte sie schläfrig.
Während sie schliefen, hielt er sie fest im Arm, als habe er Angst, sie könne ihn verlassen. Aber Jay verließ ihn nicht, weder an dem Tag noch an einem anderen. Über das Thema, welches den Streit ausgelöst hatte, sprachen sie nie wieder. Auch trennten sie sich nicht mehr im Streit.
Jay verließ weiterhin jeden Abend das Haus, ging zur Arbeit. Morgens, wenn sie zurückkam, erwartete Zacharias sie mit einem Kaffee in der noch leeren Küche.
„Wie läuft es eigentlich mit euren Schülern?“ fragte Jay eines Morgens.
„Ziemlich gut.“ erwiderte Zacharias. „Bisher gab es nur Begegnungen mit kleinen Gruppen, da haben sie sich gut geschlagen. Bis auf ein, zwei kleinere Verletzungen ist nichts passiert.“
„Und euer Freund, der schwarze Ritter, wie ihr ihn nennt?“ wollte Jay wissen.
„Hat sich lange nicht sehen lassen.“ antwortete Zacharias. „Er erschien ja immer nur, wenn die Zahl der Ratten uns haushoch überlegen war, ein Sieg für uns aussichtslos schien. Die Frage ist, woher er das immer wusste.“
„Vielleicht beobachtet er euch ja heimlich, greift ein, wenn es für euch brenzlig wird.“ meinte Jay überlegend.
„Wie auch immer. Ich würde ihn gerne persönlich kennenlernen, ihn fragen, ob er uns nicht im Schwertkampf unterrichten würde, fragen, woher er seine Schwerter hat.“
Jay erwiderte nichts, stellte ihre Tasse in die Spülmaschine, reckte sich. „Ich bin müde, gehe schlafen.“
„Schlafen – hört sich gut an.“ grinste Zacharias, erhob sich ebenfalls.
Sie liebten sich gerade, als jemand laut gegen die Tür hämmerte.
„Zack, komm runter, es ist wichtig.“ rief Raphael durch die geschlossene Tür.
„Ja, gleich.“ rief Zacharias zurück.
„Nicht gleich, sofort.“ kam es von Raphael.
„Du solltest gehen, es scheint wichtig zu sein.“ forderte Jay ihn auf.
„Ich geh ja schon.“ maulte Zacharias, zog eine Trainingshose über. „Nicht weglaufen, wir machen gleich weiter.“ grinste er, küsste Jay auf die Stirn.
„Ich komm mit, vielleicht kann ich helfen.“ Jay zog sich was über, gemeinsam gingen sie nach unten in die Halle, wo alle versammelt waren. In einem Sessel saß Raul, nach vorn gebeugt, das Gesicht in den Händen vergraben. Nathanael hielt ihm ein randvolles Glas Whiskey hin. „Hier, trink, dann erzähl, was passiert ist.“
„Er rief vorhin völlig aufgelöst an, stammelte heulend wirres Zeug.“ berichtete Jonas Zacharias leise. „Ich habe dann Johann zu ihm geschickt, damit er ihn herbringt.“
„Er ist weg, wurde entführt.“ heulte in diesem Moment Raul auf.
„Wer wurde entführt?“ fragte Nathanael ruhig.
„Lukas.“ schluchzte Raul.
Jay setzte sich auf die Lehne des Sessels, legte ihren Arm um seine Schulter. „Schließ die Augen, atme ruhig tief ein und aus, zähl bis zehn, dann erzählst Du in Ruhe, was genau passiert ist.“ sprach sie beruhigend auf ihn ein.
Raul atmete ein paarmal tief durch, trank einen großen Schluck Whiskey, dann begann er: „Lukas kam heute Morgen mit zu mir, wir wollten zusammen lernen. Gegen zehn Uhr ging er, weil mein Vater nach Hause kam. Ich bot ihm an, ihn von einem Diener fahren zu lassen, aber er lehnte ab, meinte, es ist heller Tag, was soll schon passieren. Später wollte ich ihn anrufen, aber er ging nicht an sein Handy. Ich rief dann seine Eltern an, erfuhr, dass er nicht nach Hause gekommen war.“
„Und daraus schließt Du, dass er entführt wurde?“ fragte Nathanael.
„Wo sollte er denn sonst sein?“ fuhr Raul auf.
„Na, vielleicht ist er zu Jeremia gegangen, konnte gerade nicht an sein Handy gehen.“ mutmaßte Nathanael.
„Nein, das würde er mir nicht antun.“ schüttelte Raul den Kopf.
„Dir?“ Fragend zog Nathanael eine Braue hoch.
„Er…ich…“ stammelte Raul verlegen, schielte ängstlich zu Nathanael hoch.
„Ah.“ nickte dieser verstehend. „Ihr Beide, also, dass hätte ich nicht erwartet.“
„Tut mir leid, ich würde verstehen, wenn Du uns jetzt feuerst.“ sagte Raul mit gefestigter Stimme.
„Laber keinen Scheiß. Niemand wird gefeuert.“ stellte Nathanael klar. „Nichts braucht Dir leidtun, es ist eure Sache, keiner wird euch deswegen anders behandeln. Kommen wir aber zu Deiner Vermutung zurück, dass Lukas entführt wurde. Kann es nicht doch sein, dass er nicht gleich nach Hause gegangen ist? Vielleicht wollte er noch etwas in der Stadt erledigen?“
„Nein. Nachdem er ging, sah ich ihm aus dem Fenster nach. Zwei Männer in schwarzen Anzügen sprachen ihn an, brachten ihn zu einer schwarzen Limousine mit getönten Scheiben. Man konnte erkennen, dass er nicht freiwillig mit ihnen ging. Immer wieder sah zu unserem Haus, als würde er auf Hilfe warten. Ich rannte hinaus, kam zu spät.“ berichtete Raul.
„Wir werden uns bei Deinem Haus mal umsehen und Lukas Eltern aufsuchen, möglicherweise hat sich ja ergeben.“ beschloss Nathanael. „Zack, Raph, ihr kommt mit, der Rest kann schlafen gehen. Raul, Du bleibst heute auch hier. Ich werde Johann gleich bitten, Dir ein Zimmer zu richten.“
„Ne, lass.“ warf Jonas ein. „Wir nehmen ihm mit zu uns.“
Zacharias war nicht begeistert, wollte gerade protestieren, als er Jays Hand auf seinem Arm spürte.
„Zieh mich eben an.“ brummte er, ging mit Jay nach oben.
„Tja, meine Liebe, nun können wir doch nicht weiter machen.“ grinst er, zog sie an sich, ließ seine Hände unter ihr Shirt gleiten. „Aber ich verspreche Dir, Dich dafür doppelt und dreifach zu entschädigen.“
„Beeil Dich lieber, Nat wartet.“ kicherte Jay, weil seine Daumen über ihre Warzen strichen. „Ich denke nicht, dass er warten wird, bis Du mit ficken fertig bist.“
„Boah, ja, ich mach ja schon.“ stöhnte Zacharias genervt, stieg in seine schwarze Jeans.
Raul saß noch im Sessel, als Jay und Zacharias wieder hinunterkamen. Nathanael und Raphael hatten sich auch angekleidet, waren bereit zum Aufbruch. Jonas und Asaziel saßen noch bei Raul, während die anderen wohl schlafen gegangen waren.
„Startklar, Jungs?“ fragte Nathanael gezwungen fröhlich. „Dann lasst uns die Suche starten.“
„Hoffentlich habt ihr Erfolg. Sollte er nicht zurückkommen, dann…dann…“ Rauls Stimme versagte.
„Mach Dir keine Sorgen, man wird ihn finden.“ versuchte Jay ihn zu trösten. Sie griff in ihre Tasche, hielt ihm eine Tablette hin. „Nimm das, es ist ein leichtes Beruhigungsmittel. Danach wirst Du schlafen und wenn Du aufwachst, wird Lukas wieder da sein.“
„Versprich nichts, was Du nicht halten kannst.“ warnte Nathanael flüsternd. Jay erwiderte nichts, sah ihn nur lächelnd an. Die drei Männer machten sich auf den Weg.

Kapitel 9





„Hier ist nichts.“ stellte Nathanael enttäuscht fest, als sie den Ort untersuchten, den Raul ihnen genannt hatte.
Ein schwacher Geruch lag in der Luft, den Zacharias wahrnahm. Es war der Gleiche, den er damals roch, als er entführt wurde.
„Die Fürstin hat ihn.“ entfuhr es ihm aus seiner Erinnerung heraus.
„Welche Fürstin?“ war Raphael verwirrt.
„Schlechte Karten für uns.“ meinte Nathanael, ohne auf Raphaels Frage einzugehen.
„Was machen wir jetzt? Holen wir ihn daraus?“ wollte Raphael wissen.
„Keiner weiß, wo sie steckt. Wo also sollen wir anfangen zu suchen?“ erwiderte Nathanael.
„Der schwarze Ritter.“ murmelte Zacharias.
„Wo?“ Suchend sah Raphael sich um.
„Nicht hier, er kennt allerdings das Nest der Fürstin.“ stellte Zacharias klar.
„Bleibt nur zu hoffen, dass er von Lukas Entführung erfährt, ihn da rausholt.“ meinte Nathanael, ohne zu fragen, woher Zacharias es wusste. „Lasst uns zu Lukas Eltern fahren, vielleicht wissen etwas über seinen Verbleib.“

„Wir würden gerne die Herrschaften sprechen.“ bat Nathanael wenig später den Diener, der ihnen die Tür geöffnet hatte. Dieser führte sie in einen Raum, eine Art großes Empfangszimmer, bat sie, zu warten.
„Welch Glanz in meiner Hütte.“ Mit ausgestreckten Armen kam der Hausherr auf sie zu. „Eure Hoheit persönlich ehrt mich mit seinem Besuch. Was führt Euch her?“
„Es geht um Lukas, Euren Sohn.“ sagte Nathanael.
„Was hat die kleine Schwuchtel angestellt? Bringt ihn her, ich werde ihn bestrafen.“ forderte der Hausherr.
„Nichts hat er angestellt.“ erwiderte Nathanael kalt. „Er wurde heute Morgen entführt.“
„Nein.“ wurde er vom Schrei einer Frau unterbrochen. Unbemerkt waren zwei Frauen eingetreten, wobei es sich wohl um Mutter und Schwester Lukas handelte.
„Sei ruhig, Weib.“ fuhr der Hausherr sie an. „Habe ich Dir erlaubt zu reden?“ Er holte aus, schlug ihr ins Gesicht.
„Aber Martin, es geht doch um unseren Sohn.“ schluchzte sie auf.
„Was interessiert mich dieses kleine Weichei? Du bist ja nicht mal in der Lage, mir einen richtigen Sohn zu gebären, nur eine Schwuchtel hast Du zustande gebracht.“ schrie er seine Frau an, schlug ihr wieder ins Gesicht. Die Jüngere duckte sich ängstlich.
„So, dass reicht.“ Nathanaels Stimme klang schneidend. Mit den Augen gab er Raphael und Zacharias einen Wink, woraufhin sie Martin unter den Armen fassten, ihn in einen Sessel drückten, ihn festhielten.
„Schlägt er Euch öfter?“, wandte sich Nathanael an die Frau.
„Ja.“ erwiderte die Tochter schnell, da sie bemerkte, dass ihre Mutter nicht die Wahrheit sagen würde. „Nicht nur uns, auch Lukas wurde von ihm ständig geschlagen.“
„Die Schwuchtel hat es nicht anders verdient. Frauen soll er ficken, Frauen, nicht Männer.“ tobte Martin.
„Jetzt halt mal die Fresse.“ fuhr Nathanael ihn an. „Die Schwuchtel, wie Du Lukas nennst, ist der Beste unserer Klasse. Nacht für Nacht wird er demnächst sein Leben riskieren, um Arschlöcher wie Dich zu beschützen.“
„Arschloch? Ihr nennt mich Arschloch? ICH lasse mich nicht in den Arsch ficken wie mein toller Sohn.“ brauste Martin auf.
Nathanael missachtete ihn, wandte sich den beiden Frauen zu. „Packt eure Sachen, wir werden euch mit zu uns nehmen. Hier werdet ihr auf keinen Fall bleiben.“
„Aber…“ wollte Lukas Mutter Einwand erheben, wurde von Nathanael unterbrochen: „Nichts aber, ihr packt, basta.“
„Komm, Mutter, tun wir, was er sagt.“ Die Tochter zog ihre Mutter mit sich hinaus.
„Wehe, ihr verlasst mich, ihr Schlampen, ich schlage euch grün und blau.“ schrie Martin drohend hinter ihnen her.
„Du schlägst niemanden mehr. Die Beiden kommen mit zu uns, sowie Lukas, wenn er zurück kehrt. Um Dich wird sich Sakura kümmern.“ sagte Nathanael streng.
„Pf, Sakura.“ höhnte Martin. „Sie ist doch auch nur ein Weib, kann mir gar nichts.“
„Das werden wir gleich sehen.“ ertönte die sanfte Stimme Sakuras. Niemand hatte ihr Erscheinen bemerkt. Auf Nathanaels fragenden Blick sagte sie: „Ich wurde von der Entführung informiert, wollte sehen, ob ich etwas für die Eltern tun kann. Habe alles mitbekommen, werde ihn strafen für das, was er seiner Familie antat.“ Sakura trat dicht vor Martin hin, den Raphael und Zacharias immer noch festhielten. „Sieh mich an.“ forderte sie ihn streng auf. „Eine Frau trug Dich neun Monaten unter ihrem Herzen, gebar Dich unter Schmerzen, nährte Dich, sorgte sich um Dich. Auch jetzt wirst Du von einer Frau genährt. Aus diesem Grund solltest Du ihnen Respekt zollen, sie ehren. Das, was Du ihnen antatest, kann und werde ich nicht tolerieren. Ab sofort wirst Du kein Vampir mehr sein, wirst als normal Sterblicher leben, altern, sterben wie sie.“
„Nein, bitte, dass könnt ihr mir nicht antun.“ heulte Martin auf, wollte sich von Raphael und Zacharias losreißen. Er war zu schwach, Sakura hatte ihre Worte gleich in die Tat umgesetzt.
„Das verdanke ich nur euch Schlampen.“ schrie Martin, da seine Frau und Tochter gerade zurückkamen. „Ihr verfluchten Huren seid schuld daran, ich werde euch windelweich prügeln, euch zeigen, wer der Herr ist. Im Staub sollt ihr liegen, um euer Leben winseln.“
„Du bist unbelehrbar.“ schüttelte Sakura den Kopf. Sie streckte den Arm aus, beschrieb Kreise mit dem Zeigefinger. Ketten legten sich um Martins Körper. „Meine Strafe sollte eine Chance sein, Dein Verhalten zu ändern, aber ich merke, es wird nicht gelingen. Damit Du nicht wieder wehrlose Frauen schlägst, werde ich Dich mitnehmen, Dich bei mir einsperren, über eine angemessene Strafe nachdenken.“ Sie nickte Nathanael kurz zu, dann verschwand sie mit Martin.
„Jetzt, wo er fort ist, könnten wir doch hierbleiben.“ meinte seine Frau.
„Ihr werdet erstmal mit zu uns kommen, bis Lukas zurück ist. Danach werden wir überlegen, ob ihr dieses Haus je wieder betreten solltet.“ entschied Nathanael.

„Das sind…“ Nathanael hielt fragend inne, sah die beiden Frauen an. „Ich kenne nicht mal eure Namen, sorry.“
„Ich bin Delia, das ist Solvey, meine Tochter, Schwester von Lukas.“ stellte Delia vor.
„Sie werden vorläufig hier wohnen.“ teilte Nathanael mit.
Freundlich wurden sie von allen begrüßt, niemand fragte nach dem Grund, wunderte sich, dass es keinen Vater gab.
„So, ich werde dann mal Johann bitten, euch ein Zimmer herzurichten.“ sagte Nathanael, machte sich auf die Suche nach seinem Diener.
Unsicher standen die beiden Frauen in der großen Halle, blickten verlegen zu Boden.
„Kommt, setzt euch zu uns.“ forderte Gabriel sie freundlich auf. „Wir beißen nicht. Ich bin Gabriel, diese beiden Eierköpfe sind Samuel und Michael. Zacharias und Raphael kennt ihr ja schon, fehlen noch Jonas und Asaziel. Sie kümmern sich gerade um Raul, ihr werdet sie dann später kennenlernen.“
„Leben nur Männer hier?“ fragte Delia verängstigt.
„Nein, es gibt außer unserer Königin Luna-Mae noch zwei weitere Frauen. Da wären noch Jay, Zacharias Frau und Samira, die meinige.“ erklärte Gabriel. „Ah, unsere Königin schreitet gerade die Treppe hinab.“ fügte er hinzu. „Eure Hoheit, darf ich Euch Delia und Solvey vorstellen? Euer Gatte brachte sie her, er wird Euch bestimmt später berichten, aus welchem Grund.“ Er verbeugte sich übertrieben tief.
„Du sollst mich mit Hoheit nennen.“ schalt Luna-Mae ihn, drohte scherzhaft mit dem Finger. Sie wandte sich Delia und Solvey zu, die bei ihrem Erscheinen aufgestanden waren, vor ihr in einen Hofknicks versanken. „Erhebt euch, lasst den Quatsch. Ich bin Luna-Mae, nur Luna reicht auch. Seid herzlich willkommen.“ Sie reichte ihnen die Hand, welche die beiden ehrfurchtsvoll ergriffen.
„Verzeiht unser plötzliches Erscheinen,“ bat Delia leise, „aber Euer Mann, der König, meinte, wir sollten herkommen, weil…weil…“ Ihre Stimme versagte, weil ihr die Tränen kamen.
„Lukas, der Entführte, ist ihr Sohn.“ flüsterte Raphael Luna zu.
„Die Zimmer wären bereit.“ meldete Johann. „Wenn ich Euch dorthin führen dürfte?“
„Geht nur, ruht euch aus.“ riet Luna ihnen, als Delia sie ängstlich ansah.
Nathanael gesellte sich zu ihnen. „Ich habe kurz Rauls Vater informiert, dass sich sein Sohn bei uns befindet.“ teilte er mit, legte einen Arm um Lunas Schulter, zog sie an sich, gab ihr einen Kuss. „Ach, Zack, würdest Du Jay bitten sich unsere Gäste anzusehen?“
Zacharias nickt, lief die Treppe hinauf. Leise öffnete er die Tür, dachte, Jay würde schlafen. Das Bett war leer, unberührt, nur ein Zettel lag auf dem Kissen. „Es gab einen Notfall, ich musste dringend zurück zur Klinik. Weiß nicht, wann ich zurück sein werde, unter Umständen kann es ein, zwei Tage dauern. Sei bitte nicht allzu sauer auf mich. Gruß Jay.
Zacharias ließ den Zettel sinken, schaute nachdenklich in die Ferne. ‚War es wirklich ein Notfall? Oder hatte sie ihn doch verlassen?‘ ging es ihm durch den Kopf. ‚Phil, ich werde Phil anrufen.‘, beschloss er, nahm sein Handy, wählte dessen Nummer. „Könnte ich bitte Jay sprechen? Ich versuche sie, zu erreichen, aber sie geht nicht an ihr Handy.“ sagte er, als Phil sich meldete.
„Jay?“ kam es zögernd von Phil. „Hm, das ist im Moment schlecht. Wir stecken gerade bis über beide Ohren in Arbeit, ich kann hier nicht weg. Jay ist…sie ist gerade bei einem Patienten, welcher eine hochansteckende Krankheit hat. Aber ich richte ihr aus, dass sie Dich so schnell als möglich zurückruft.“ versprach Phil.
„Danke, nett von Dir.“ Nachdenklich sah Zacharias auf das Handy, hatte das Gefühl, Phil hätte ihn angeschwindelt.

„Tut mir leid, Jay ist nicht da.“ teilte Zacharias seinem Bruder mit, als er in die Halle zurückkehrte. „Es gab wohl einen dringenden Notfall in der Klinik.“

Raul erschien in Begleitung von Jonas und Asaziel. Er wirkte ruhiger als am Vormittag.
„Mein Vater hat angerufen, wollte wissen, ob alles okay ist, fragte, warum ich bei euch sei. Nathanael, Du hast wohl schon mit ihm telefoniert, wie er mir sagte. Ich habe ihm kurz erklärt, warum ich hier bin, das hat ihn ein wenig beruhigt.“ teilte er mit.
„Was ist mit Deiner Mutter? Macht sie sich keine Sorgen?“ wollte Luna-Mae wissen.
„Sie ist tot.“ erwiderte Raul. „Starb bei der Geburt meiner kleinen Schwester, die auch nicht leben durfte. Drei Jahre war ich alt, als es geschah. Kurz darauf verließen Vater und ich unser Heimatland, kamen hierher. Vater nahm diesen Job an, der ihn ständig unterwegs sein lässt. Kindermädchen kümmerten sich um mich, mehr oder weniger. Sie alle hatten es mehr auf meinen Vater abgesehen. Wenn er fort war, war ich ihnen egal, sobald er sich aber im Haus befand, erdrückten sie mich mit ihrer Vorsorge. Ihr Pech war allerdings, dass es einen älteren Diener bei uns gab, der meinem Vater täglich Bericht erstattete. Tja, sie blieben nicht lange bei uns.“ Zum ersten Mal sprach Raul von seinem Leben, schweigend hörten ihm alle zu.
„Und ich hielt Dich für ein großkotziges Arschloch.“ fand Zacharias als erster die Sprache wieder. „Dabei hattest Du nur ein Scheißleben.“
„Verdammt, jetzt habe ich mein Image zerstört.“ lachte Raul auf.
Zacharias Handy klingelte. Nach einem Blick auf das Display nahm er das Gespräch an.
„Hey, Kleine.“ meldete er sich. „Wo steckst Du?“
„Ich habe Dir doch eine Nachricht hinterlassen,“ antwortete Jay, „dass es in der Klinik einen Notfall gab. Nach einem Unfall wurde hier jede Hand gebraucht.“ Sie schwieg einen Moment, fuhr fort: „Unglücklicherweise war ich gerade in der Notaufnahme, als dieser Mann kam, bei dem eine hochansteckende Infektion festgestellt wurde. Da ich ungeschützten Kontakt mit ihm hatte, steckte Phil mich in Quarantäne, hat mir Blut abgenommen. Es dauert leider mindestens achtundvierzig Stunden, bis die Ergebnisse vorliegen.“
„Zwei Tage bleibst Du fort?“ fragte Zacharias nach.
„Ja, leider.“ bedauerte sie. „Es soll sich doch niemand von euch anstecken.“
Stimmengemurmel war im Hintergrund zu hören. „Tut mir leid, ich muss Schluss machen, Phil will was von mir. Ich rufe Dich heute Abend nochmal an.“
„Ja, okay, mach das.“ murmelte Zacharias, dann war das Gespräch beendet.
„Boss, Samuel, Michael, Raphael und ich werden die nächsten Nächte übernehmen, solange bis Lukas wieder hier ist.“ teilte Gabriel mit. „Du und Luna könnt euch dann in Ruhe um Delia und Solvey kümmern, Jonas und Asaziel sich um Raul.“
„Und was ist mit mir? Ich kann doch mitkommen.“ maulte Zacharias.
„Du? Du würdest wahrscheinlich blindlings in eine Horde Ratten rennen, Dich abstechen lassen, weil Deine Gedanken woanders sind.“ wies ihn Gabriel lachend zurecht.
„Vollidiot.“ fuhr Zacharias ihn an.
„Schluss.“ ging Nathanael dazwischen. „Die Idee ist nicht schlecht. Wir werden den Schülern den Rest der Woche freigeben, bis auf jene, die euch begleiten. Diese holt ihr abends zu Hause ab, bringt sie morgens zurück. Wir werden die Zeit nutzen, herauszufinden, wo man Lukas festhält.“
„Hast Du schon mit Sakura gesprochen?“ wollte Luna wissen. „Vielleicht weiß sie ja mehr. Wenn es Dir recht ist, könnte ich dies übernehmen.“
„Darüber haben wir nicht geredet, als wir bei Lukas Eltern waren.“ verneinte Nathanael. „Da ging es nur um den Vater. Es wäre allerdings sehr hilfreich, wenn Du das übernehmen würdest.“

Die ganze Nacht grübelten sie darüber nach, wie man den Aufenthaltsort von Lukas ausfindig machen könne, aber sie kamen zu keinem Ergebnis. Im Morgengrauen erschien Luna-Mae mit einer schlechten Nachricht.
„Sakura kann ihn auch nicht finden, sie hat es die ganze Nacht versucht. Sie vermutet ihn in der Festung der Fürstin. Dort kann sie aber nicht hineinsehen, weil diese mit einem Bann belegt ist.“
„Weiß sie, wo sich diese Festung befindet?“ fragte Nathanael.
„Irgendwo am Meer, auf einer steilen Klippe, geschützt an drei Seiten vom Meer.“ antwortete Luna-Mae.
Ihr Gespräch wurde von der Ankunft der anderen Ritter unterbrochen, auch Delia und Solvey erschienen. Samira kam mit einem Tablet aus der Küche, verteilte Kaffee. Gabriel nahm sie in den Arm, küsste sie.
„Boah, nehmt euch ein Zimmer.“ stöhnte Samuel grinsend.
„Wir haben eins.“ erwiderte Gabriel lachend.
„Verzeiht euch dahin, macht da weiter, ist ja nicht zum Aushalten.“ grummelte Samuel.
„Wenn ihr es so nötig habt, verschwindet.“ kam es abwesend von Nathanael.
„Guten Morgen, die Damen. Gut geschlafen?“ wandte er sich an Delia und Solvey.
„Danke, ja, so gut wie seit langem nicht mehr.“ erwiderte Delia.
„Die erste ruhige Nacht seit Jahren.“ fügte Solvey hinzu.
„Warum habt ihr ihn nicht längst verlassen?“ fragte Luna-Mae.
„Wohin hätten wir denn gehen sollen? Eltern habe ich keine mehr, auch keine sonstige Verwandtschaft. Gelernt habe ich auch nichts, wovon hätten wir leben sollen?“ kam es verzweifelt von Delia. „Er ließ uns ja nicht mal aus dem Haus. Lukas ließ er erst gehen, als dieser sich hier beworben hatte.“
„Er hat nie eine Andeutung gemacht, dass bei ihm zu Hause Gewalt herrscht, sonst hätten wir schon lange vorher eingreifen können.“ sagte Jonas.
„Ich…ich wusste es auch nicht, bis…bis ich ihn mal nackt sah.“ kam er bedrückt von Raul. „Lukas wartete immer, bis alle mit Duschen fertig waren, erst dann ging er. Alle machten sich darüber lustig, dachten, er mache das, weil er nicht so kräftig gebaut war, wie wir. Einmal hatte ich etwas in der Dusche vergessen, wollte es holen, sah seinen mit roten Striemen überzogenen Rücken. Wütend schrie er mich an, ich solle verschwinden, keinem ein Wort darüber sagen. An diesem Tag begann ich, seine Freundschaft zu suchen. Anfangs war er sehr misstrauisch, dachte wohl, es wäre mir nicht ernst. Langsam fasste er aber Vertrauen. Er sagte mir eines Tages, woher seine Verletzungen stammten, nahm mir das Versprechen ab, es niemandem zu erzählen.“
„Hättest Du besser mal.“ knurrte Zacharias. „Ich hätte diesem Schwein nur zu gerne die Fresse poliert.“
„Du bist also dieser Freund, bei dem er sich morgens einige Stunden aufhielt, angeblich, um zu lernen.“ stellte Delia fest.
„Wir haben gelernt. Lukas besitzt ja keinen Computer, bei uns stehen die Dinger haufenweise herum, immer die neusten, teuersten Modelle. Mein Vater ist in der Branche tätig, schleppt die immer an zum Testen.“ antwortete Raul.
„Bei uns gab es auch einen Computer, nur durfte niemand anderer als mein Vater ihn benutzen. Lukas hat es einmal gewagt, danach zu fragen, die Antwort waren Schläge mit dem Gürtel.“ kam es leise von Solvey, die bisher still und in sich gekehrt da gesessen hatte.
„Oh, da fällt mir ein, ich habe euren Tyrannen gesehen, als ich heute Nacht bei Sakura war.“ fiel es Luna ein, kichernd fuhr sie fort: „Ich muss ja sagen, Sakura kann ganz schön gemein sein.“
„Was hat sie mit ihm gemacht?“ wollte Nathanael wissen.
„Naja, außer Metallbändern an Hand- und Fußgelenken trägt er – nichts. Sollte er sich abfällig über Frauen äußern, bekommt er durch die Bänder einen Stromschlag. Sakura hat ihn in einen Vampir zurückverwandelt, sonst würde er dort nicht überleben, er sollte keinen schnellen Tod erleben, dass erschien ihr als Strafe zu gering. An seinem ganzen Körper befindet sich nicht mehr ein Haar. Sakura hat ihn zu den älteren, erfahreneren Jungfrauen gesteckt, zu denen, die beim ersten Mal erscheinen. Dort muss er auf Knien den Boden wischen, ihnen beim An- und Auskleiden, beim Baden helfen, ihnen zur Verfügung stehen, wenn sie die Lust überkommt. Und glaubt mir, sie sind sehr schwer zufrieden zu stellen. Wenn eine anfängt, wollen die anderen auch. Sie haben ihm den Namen Schweinchen gegeben.“
Mitleid stieg in Delia auf. „Der Arme.“ murmelte sie.
„Boah, Mutter, jetzt hör bloß auf, ihn auch noch zu bedauern.“ fuhr Solvey auf. „Das geschieht ihm ganz recht. Ich hoffe, sie tun ihm die gleiche Gewalt an, die er uns antat, Nacht für Nacht. Weder Du noch ich haben es genossen, als er mir sein Ding reinschob. Ich war damals erst zwölf!“
„Du hast ja Recht, ich sollte kein Mitleid mit ihm haben.“ weinte Delia.
Bei Solveys Ausbruch starrten alle sie fassungslos an, fassten es nicht, was da aus ihrem Mund kam. Raphael zog es das Herz zusammen, er fühlte sich seit ihrer ersten Begegnung zu ihr hingezogen. Am liebsten würde er sie in die Arme schließen, befürchtete nun, dass sie keinen Mann mehr an sich ran lassen würde.
„Was?!“ fand als erster Samuel seine Sprache wieder. „Er hat sich an Dir, seiner eigenen Tochter vergangen?“ Blankes Entsetzen sprach aus seinem Blick.
„Nicht nur das, er zwang Mutter, dabei zuzusehen, beschimpfte sie als unfähiges, nutzloses Stück Vieh.“ erwiderte Solvey, griff nach Delias Hand.
„Solvey war gerade zwölf geworden, entwickelte sich langsam zur Frau,“ begann Delia mit leiser Stimme, „als er sie zum ersten Mal in unser Schlafzimmer holte. Mich hatte er zuvor an einen Stuhl gebunden, den Mund zugeklebt. Er zerrte Solvey in das Zimmer, riss ihr das Nachthemd hinunter, warf sie auf das Bett, drückte ihre Beine auseinander, nahm sie brutal. Ihre Schreie klingen mir immer noch in den Ohren, aber ich war hilflos. ‚Sieh zu, wie ich diese kleine Hure ficke,‘ lachte er wie irre dabei, ‚und wage es ja nicht, Deine Augen zu schließen.‘ Solvey begann zu weinen. ‚Heul nicht rum, Du Nutte,‘ schrie er sie an, schlug ihr mehrfach ins Gesicht. Er ließ von ihr ab, kam zu mir, riss meinen Kopf an den Haaren nach hinten. ‚Du sollst zusehen.‘ Bei jedem Wort schlug er mir ins Gesicht. Er band mich los. ‚Du wirst mich reiten, während ich sie lecke. Verstanden, Du Schlampe?‘ Wieder ein Faustschlag ins Gesicht. An den Haaren schleifte er mich ins Bett, legte sich auf den Rücken, zerrte Solvey so über sein Gesicht, dass sie das Gesicht mir zuwandte. ‚Los, Du alte Kuh, beweg Dich.‘ Er zog an dem Halsband, welches er mir zuvor umgelegt hatte, nahm mir die Luft. ‚Dieses Miststück kommt einfach nicht,‘ fluchte er, ‚leck an ihren Nippeln, ich will, dass sie kommt.‘ Wieder zog er am Halsband. ‚Sie ist ja noch unfähiger als Du, zeigen wir der Schlampe, wie es richtig geht.‘ Er schleuderte Solvey aus dem Bett, leckte und fickte mich, bis er endlich genug hatte. Von da an ging es Nacht für Nacht so.“ Delia versagte die Stimme, Tränen liefen über ihr Gesicht.
„Mutter, lass gut sein.“ Tröstend legte Solvey ihren Arm um sie. „Hätten wir uns ihm verweigert oder widersprochen, er hätte uns totgeschlagen. Erinnere Dich an Lukas, als er sich weigerte, mit einer Frau zu schlafen.“
Nathanael war der Erste, der seine Stimme widerfand. Er räusperte sich, sagte: „Ich weiß, vergessen könnt ihr das alles nicht. Nun aber ist es vorbei, ihr könnt ohne Angst weiterleben, er wird euch nie wieder etwas antun. Hier bei uns wird euch nichts geschehen, bleibt also, solange ihr wollt.“
„Danke, Ihr seid zu gütig. Wir wollen euch nicht zur Last fallen.“ erwiderte Delia.
„Als erstes vergesst ihr mal den Quatsch mit Hoheit, Ihr und Sie, das gibt es hier nicht. Und von zur Last fallen kann keine Rede sein. Wir sind dazu da, die Schwachen und Hilflosen zu beschützen, das nicht nur auf den Straßen. Sollte es euch unangenehm sein, kostenfrei hier zu wohnen, könnt ihr gerne Johann unterstützen. Auch Samira wird es nicht ablehnen, Hilfe zu bekommen.“
„Auch ich würde mich über weibliche Gesellschaft freuen.“ fügte Luna-Mae hinzu. „Jay geht des Nachts wieder zur Klinik, schläft also am Tag und Samira hat auch ständig etwas zu tun.“
„Seht ihr, Beschäftigung gibt es hier genug.“ lächelte Nathanael.
„Sorry, Leute, wir verlassen euch dann mal, nehmen eine Mütze voll Schlaf.“ Samuel, Michael und Raphael verabschiedeten sich.
Zacharias Handy klingelte, nach einem Blick auf das Display ging er nach oben, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, nahm auf der Treppe das Gespräch an.
„Hey,“ hörte er Jay fröhlich sagen. „wollte nicht bis zum Abend warten.“
„Wann kommst Du zurück?“ fragte er direkt. Er hatte sein Zimmer erreicht, legte sich auf das Bett.
„Warum? Vermisst Du mich etwa?“ lachte Jay leise.
„Ich? Nö, Nat braucht Dich.“ erwiderte er gelassen.
„Nat? Ist er verletzt?“ wollte Jay aufgeregt wissen.
„Nein, nein, ist er nicht.“ Zacharias berichtete kurz von Delia und Solvey, danach blieb es am anderen Ende eine Zeitlang still.
„Sie brauchen nicht mich, sie brauchen professionelle Hilfe.“ sagte Jay.
„Das dachte ich mir.“ meinte Zacharias. Nach einer kurzen Pause: „Kommst Du bald?“
„Also doch große Sehnsucht.“ stellte Jay lachend fest, fuhr fort: „So wie es ausschaut, wird es noch bis morgen dauern. Wisst ihr schon etwas Neues über Lukas?“
„Bisher nicht. Wir haben zwar eine Vermutung, wo er sein könnte, wissen aber nicht, wo wir suchen sollen. Luna war bei Sakura, aber auch sie kann nicht helfen. Uns bleibt nichts weiter, als tatenlos hier herumzusitzen, zu warten.“
„Tut mir leid, dass ich jetzt nicht bei euch sein kann.“ seufzte Jay.
„Du könntest auch nichts anderes tun, außer mir die Zeit vertreiben.“ sagte Zacharias anzüglich.
„Kannst Du auch noch an etwas anderes denken?“ tat Jay entrüstet.
„Ich schon, aber ein gewisses Etwas nicht.“
„Hm, ich empfehle eine kalte Dusche.“ lachte Jay.
„Biest.“ murmelte Zacharias zärtlich.
„Grüß das Etwas von mir, sag ihm, morgen bin ich wieder zurück.“ flüsterte Jay mit rauchiger Stimme.

Nachdem das Gespräch beendet war, ging Zacharias zurück in die Halle. Dort waren nur noch Jonas, Asaziel und Raul anwesend.
„Nat und Luna sind schlafen gegangen, Delia und Solvey haben sich ebenfalls zurückgezogen mit der Bitte, sie gleich zu informieren, sollte sich etwas ergeben.“ berichtete Jonas.
Raul hielt sein Handy in der Hand, las eine Nachricht.
„Mein Vater fragt, ob es mir gut geht. Er befindet sich auf dem Heimweg, trifft morgen Nachmittag ein, würde mich dann gerne sehen.“ teilte er kurz mit.
„Wir werden Johann zu ihm schicken, er soll ihn herbringen. Das Du nach Hause gehst, kommt vorläufig nicht in Frage.“ bestimmte Jonas.
„Was von Jay gehört?“ fragte Asaziel.
„Ja, wir haben gerade telefoniert.“ Zacharias ging zu einem der Schränke, holte eine Flasche, vier Gläser, stellte alles auf den Tisch. „Sie wird wohl erst morgen zurück sein.“
„Mann, diese Warterei macht mich noch wahnsinnig.“ stöhnte Jonas.
„Nicht nur Dich.“ stimmte Zacharias zu. „Damit die Zeit schneller vergeht, lasst uns ein paar trinken.“
Gesagt – getan. Sie verbrachten die Nacht damit, einige Flaschen zu leeren. Als Gabriel, Raphael, Michael und Samuel im Morgengrauen heim kamen, waren sie ziemlich angetrunken, lachten albern.
„Ihr solltet schlafen gehen, denke, ihr habt genug.“ riet Gabriel.
„Noch lange nicht.“ lachte Zacharias, griff nach der Flasche. „Los, kommt, trinkt einen mit.“
„Du solltest keinen mehr trinken.“ drang durch den Alkoholnebel eine ihm bekannte Stimme. Mit glasigen Augen starrte er auf die verschwommene Gestalt vor ihm.
„Du bist schon zurück?“ lallte er, versuchte aufzustehen.
„Gerade rechtzeitig, wie ich sehe.“ lachte Jay, half ihm auf, stützte ihn. „Ich denke, ihr gehört alle ins Bett.“
„Aber nicht in meins, da kommst nur Du rein.“ Zacharias lachte albern., wollte sie küssen.
„Ja, ja, schon gut.“ hielt Jay ihn auf Distanz. „Kümmert ihr euch bitte um die anderen?“ bat sie Raphael.
„Kein Ding, machen wir.“ versprach er.
„Danke.“ nickte Jay ihm zu, brachte den schwankenden Zacharias in sein Zimmer. Sie mit sich ziehend ließ er sich auf das Bett fallen.
„Warum bist Du angezogen?“ murmelte er, schlief gleich darauf ein.
Jay wartete, bis er tief und fest schlief, ging ins Bad, ließ sich Wasser in die Wanne. Mit einem langen Shirt bekleidet setzte sie sich neben Zacharias auf das Bett, sah ihm beim Schlafen zu.
„War es doch kein Traum, Du bist wirklich hier.“ murmelte er einige Zeit später.
„Gerade noch rechtzeitig, bevor ihr euch ins Koma gesoffen habt.“ grinste sie.
Zacharias drehte sich auf den Rücken, breitete die Arme aus. „Oh Mann.“ stöhnte er. „Es war wohl doch ein wenig zu viel, mir dreht sich noch alles.“
„Mitleid sollte ich eigentlich nicht mit Dir haben, bist selber schuld.“ Sie hielt ihm das Handgelenk hin. „Trink, dann geht es Dir gleich besser.“
Mit schlechtem Gewissen griff er danach, trank von ihr.
„Danke.“ Er hauchte einen Kuss darauf. „Ich geh mal schnell duschen, die restlichen Lebensgeister wecken.“
„Wo waren wir vorgestern stehen geblieben?“ grinste er Jay an, als er nackt aus dem Bad zurückkam.
„Das es an der Tür klopfte.“ erwiderte sie trocken.
„Das meinte ich nicht.“ Ging vor ihr in die Hocke, spreizte ihre Beine. In diesem Moment hämmerte es gegen die Tür.
„Was ist denn jetzt schon wieder?“ brüllte er wütend. „Kann man nicht mal in Ruhe ficken?“
„Los, kommt runter, es gibt Neuigkeiten.“ rief Samuel.
„Samuel klang aufgeregt, es scheint etwas Wichtiges zu sein.“ meinte Jay, zog sich rasch eine Jogginghose an.
„Wehe nicht.“ grummelte Zacharias, zog sich ebenfalls etwas an.

„Und was gibt es jetzt so Wichtiges, dass man beim Ficken gestört wird?“ fragte Zacharias grimmig, als sie in der Halle ankamen.
„Lukas ist zurück.“ freute sich Raul. „Er stand plötzlich vor dem Tor, Nat und Raph holen ihn gerade.“
Delia und Solvey kamen in dem Moment an, als sich die Eingangstüre öffnete.
Lukas war in einen schwarzen Umhang gekleidet, dessen Kapuze tief in sein Gesicht gezogen war. Auf blutigen Füßen kam er, gestützt von Nathanael und Raphael herein. Sie führten ihn zu einem Sessel, wo er mit hängendem Kopf Platz nahm.
„Oh, Jay, schön, dass Du da bist.“ war Nathanael erleichtert, als er sie erblickte. „Würdest Du ihn bitte mal anschauen?“
Jay nickt, ging zu Lukas, zog ihm die Kapuze vom Kopf. Darunter erschien ein von Schlägen gekennzeichnetes Gesicht. Beide Augen waren zugeschwollen, wiesen eine dunkelblaue Färbung auf. Seine Wangen waren von Blutergüssen überzogen, seine Lippen aufgeplatzt, unter seiner Nase getrocknetes Blut. Als Jay ihm den Umhang abstreifen wollte, hielt er ihn krampfhaft zu.
„Nicht hier.“ Leise und undeutlich sprach er diese Worte.
Nathanael, der danebenstand, hatte die Worte gehört. „Geht in den Raum neben meinem Arbeitszimmer.“
Dort ließ Lukas den Umhang fallen, ein von Peitschenhieben übersäter Oberkörper kam zum Vorschein, auch seine Beine wiesen Verletzungen auf. Jay öffnete die Tür zum Arbeitszimmer, sah, dass sich dort alle versammelt hatten.
„Ich brauche saubere Tücher, warmes Wasser und eine Jungfrau.“ bat sie.
„Wasser und Tücher kommen sofort, aber das mit der Jungfrau dauert zu lange.“ ergriff Luna-Mae die Initiative. „Ich werde ihn trinken lassen.“
„Er hat sehr viel Blut verloren.“ warnte Jay. „Es sollte dennoch jemand gerufen werden.“
„Geht mein Blut auch?“ kam es schüchtern von Delia.
„Jedes Blut weiblicher Vampire geht.“ erwiderte Jay, welche noch nicht wusste, wer Delia war.
„Mutter?“ kam es nuschelnd aus dem Nebenraum.
„Pscht, nicht reden.“ mahnte Jay. „Dazu ist später noch Zeit.“
Johann brachte Tücher und Wasser. Zusammen mit Luna machte sich Jay daran, seine Wunden zu säubern, dann ließ Luna ihn trinken. Mit geschlossenen Augen lag Lukas auf dem Bett, Jay bedeckte ihn mit einem dünnen Laken.
„Können wir mit ihm reden, fragen, was geschehen ist?“ wollte Nathanael wissen.
„Er schläft gerade. Gönnt ihm zwei, drei Stunden, dann wird er sich weitgehendst erholt haben.“ antwortete Jay.
„Kann ich bei ihm bleiben?“ bat Delia leise.
„Sie ist seine Mutter.“ erklärte Nathanael. „Ich vergaß, euch einander vorzustellen. Jay, darf ich Dich mit Delia und Solvey, Lukas Mutter und Schwester bekanntmachen? Über die Umstände ihres Hierseins reden wir später.“
Jay begrüßte sie freundlich. „Ruft mich, wenn etwas ist.“ sagte sie lächelnd. „Versucht, ihn nochmal trinken zu lassen, dass hilft ihm bei seiner Genesung.“
Es klopfte. „Telefon, Herr.“ meldete Johann. „Es ist der Vater des jungen Herrn Raul.“
„Danke, Johann, ich nehme das Gespräch in der Halle an.“ nickte Nathanael.

Niemand dachte daran, sich schlafen zu legen, gemeinsam suchten sie die Küche auf, tranken einen Kaffee. Nach kurzer Zeit stieß Nathanael zu ihnen.
„Dein Vater ist zurück, würde Dich gerne sehen.“ wandte er sich an Raul. „Sollen wir ihn herholen oder sollen wir zu ihm fahren?“
„Ich würde gerne hier, bei Lukas, bleiben, wenn ich darf.“ antwortete Raul.
Nachdenklich sah Nathanael ihn an. „Spricht nichts dagegen, aber solltest Du dann nicht noch ein paar Sachen von Dir holen? Ich schlage vor, wir fahren zu Dir, dann kannst Du etwas einpacken, mit Deinem Vater reden. Jonas, Asaziel, ihr begleitet uns.“ entschied er.
„Ich geh erstmal pennen.“ Gabriel stand auf, reckte sich.
„Ich ebenfalls.“ schloss Samuel sich an. Auch Michael und Raphael verabschiedeten sich.
„Luna, ich möchte Dich bitten, uns ebenfalls zu begleiten.“ Nathanael sah seine Frau fragend an. Nickend stimmte diese zu.
Zacharias und Jay standen nun alleine in der Küche. „Und was machen wir?“ fragte er grinsend.
„Hm, eine Runde Schach spielen?“ schlug Jay vor.
„Schach? Ich kenne eine bessere Möglichkeit, Dich matt zu setzen.“ Kurzerhand nahm er sie auf die Arme, trug sie nach oben.
„Halt.“ befahl sie, bevor er sie auf das Bett legen wollte.
„Was ist? Willst Du es nicht?“ war er verwirrt.
„Doch.“ gab sie zu. „Nur würde ich dieses Mal meine Sachen selber ausziehen, soviel besitze ich nicht mehr.“
„Dann müssen wir mal shoppen gehen.“ Begeistert klang er nicht.
Aufreizend langsam begann sie, sich auszuziehen. „Warte.“ sagte sie, als sie nackt vor ihm stand, er sich ebenfalls entkleiden wollte. „Wenn ich darf, würde ich das gerne machen.“ Überrascht stimmt er nickend zu. Langsam streift sie seine Jogginghose nach unten, kniete vor ihm. Was sie dann tat, nahm ihm den Atem.
„Hör auf.“ stöhnte er, stieß sie fort, nahm sie gleich auf dem Boden.
„Das hat noch niemand bei mir gemacht.“ sagte er später, als sie engumschlungen auf dem Bett lagen.
„Hat es Dir nicht gefallen?“ wollte Jay wissen. „Ich wollte Dir nur etwas von dem zurückgeben, was Du mir immer gibst.“
„Und ob es mir gefallen hat. Es war nur so neu, ließ mich zu schnell kommen.“ Er legte sich auf sie, sah ihr in die Augen. „Du bist nicht auf Deine Kosten gekommen.“
„Hol es nach.“ flüsterte sie verführerisch, was er sich nicht zweimal sagen ließ.

Am späten Nachmittag fanden sich alle in der Halle wieder. Lukas erschien in Begleitung seiner Mutter und Schwester. Jetzt trug er einen Sportanzug, andere Kleidung besaß er hier nicht. Seine Augen wiesen noch blauschwarze Ringe auf, waren aber nicht mehr geschwollen. Seine Wangen hatten auch fast ihre normale Farbe zurück, die Schwellung seiner Lippen war zurückgegangen, die Wunden darauf fast verheilt. Jay bat ihn, einen Blick auf seinen Oberkörper werfen zu dürfen, auch da erkannte man schon fortgeschrittene Heilung.
„Ich möchte euch danken, dass ihr meine Mutter und meine Schwester aus der Hölle, die sich unser Zuhause nannte, befreit habt.“ richtete er das Wort an alle.
„Hättest Du früher etwas gesagt, wärt ihr schon lange da raus.“ erwiderte Nathanael.
„Hoheit, Euch möchte ich auch danken. Euer Blut verschaffte mir eine recht schnelle Heilung.“ wandte er sich mit einer leichten Verbeugung an Luna-Mae.
„Ach,“ winkte Luna ab, „das war das einzige, was ich für Dich tun konnte. Und bitte, nenn mich nicht Hoheit, sag einfach Luna zu mir.“
„Für die Umstände, welche ihr durch uns habt, möchte ich mich entschuldigen.“ sprach Lukas weiter. „Wir werden so schnell als möglich in unser Haus zurückkehren, jetzt, da wir dort ohne Furcht leben können.“
„Red keinen Quatsch.“ kam es von Nathanael. „Ihr macht uns keine Umstände. Hier ist Platz genug. Einer schnellen Rückkehr in euer Haus werde ich nicht zustimmen.“
„Im Grunde bin ich froh, dass wir vorläufig hierbleiben dürfen.“ gestand Lukas leise. Tränen schimmerten in seinen Augen. „Es waren die schlimmsten Tage meines Lebens.“, brach es aus ihm heraus. „Die Misshandlungen meines Vaters waren ein Nichts dagegen. Als sie mich in das Auto gezerrt hatten, schlugen sie mich nieder, ich wachte erst wieder in einem dunklen, fensterlosen Raum auf, gefesselt auf einem Tisch, oder was auch immer es war. Bei jedem Versuch, mich zu befreien, schnitten die Fesseln tiefer in mein Fleisch. Eine Frau erschien, eine altertümliche Laterne in der Hand, leuchtete mir ins Gesicht. ‚Hübscher Bengel.‘ meinte sie, nahm mir meine Brille fort. ‚Mal sehen, wie der Rest so ist.‘ Sie stellte die Laterne ab, machte sich an meinem Schwanz zu schaffen. So sehr sie sich auch bemühte, er richtete sich nicht auf, was sie wütend machte. Wütend schrie sie nach einem Mann namens Zorian. Er schmächtiger Kerl in einem scharlachroten Umhang erschien, fragte, was er für sie tun könne. ‚Mach, dass er steht.‘, befahl sie streng. Er zwang mich, ein widerlich schmeckendes Gebräu zu schlucken. Als es keine Wirkung zeigte, schlug sie auf mich ein, schrie und tobte, er solle endlich dafür sorgen, dass mein Schwanz steif würde, sie wolle ficken. Gehorsam begann er, es mit etlichen Salben zu versuchen, aber es tat sich nichts. Aufgebracht schrie sie nach den Wachen, die mich vom Tisch losbanden, meine Hände fesselten, mich in einen anderen Raum schleppten. Dort hängten sie mich mit den Handfesseln an einen, in der Mitte stehenden Pfahl fest. Die Wachen wurden hinausgeschickt, der Mann begann mich zu peitschen. Fest biss ich die Zähne zusammen, wollte nicht schreien. ‚Zorian, lass ihn, komm her, leck mich, vielleicht törnt ihn das an.‘, befahl sie. Widerstandslos gehorchte er, kniete sich vor sie. ‚Ich brauche einen Schwanz.‘, stöhnte sie dabei immer wieder. ‚Es gibt ein neues Spielzeug in unserem Zimmer, es wird Dich glücklich machen.‘, sagte er zu ihr, brachte sie fort, mich dort hängen lassend. Irgendwann kam der Mann alleine zurück, schlug mir immer wieder mit der Faust ins Gesicht. ‚Ich hasse eure hübschen Visagen, euere dicken Schwänze.‘, wütete er dabei. ‚Ich, ich bin der Jenige, der sie bis zur Ekstase ficken sollte.‘ Nun griff er sich eine Peitsche, schlug auf mich ein, bis ich die Besinnung verlor. Als ich wieder zu mir kam, standen zwei schwarz gekleidete Gestalten vor mir, ich glaubte, mein letztes Stündlein hätte geschlagen. Einer der Beiden hielt mir einen Becher an die Lippen, gefüllt mit frischem Blut. Sie bedeuteten mir, still zu sein, banden mich los, warfen mir den Umhang über, dann warf der Größere der Beiden mich über seine Schulter. Durch etliche Gänge, viele Treppen trug er mich, bis wir draußen waren. Ich wurde wohl wieder bewusstlos, denn als ich aufwachte, lag ich hier vor eurem Tor.“
Zacharias hatte, während Lukas sprach, nach Jays Hand gegriffen, sie fest umklammert.
Ein Schluchzen durchbrach die Stille, welche nach Lukas Bericht herrschte. Alle blickten zu Delia, sie dachten, es käme von ihr. Aber weder sie noch Solvey hatten es ausgestoßen, es kam von Raul.
„Warum habe ich Dich nur gehen lassen an diesem Morgen?“ heulte er auf.
Lukas ging zu ihm, hockte sich, nahm seine Hände. „Gib Dir nicht die Schuld, ich war es, der unbedingt gehen wollte, Dich hinderte, einen Diener damit zu beauftragen, mich nach Hause zu fahren. Es war doch heller Tag, niemand konnte damit rechnen.“ versuchte er Raul zu beruhigen.
„Wenn wir nur die Quelle dieser Entführungen ausfindig machen könnten.“ überlegte Nathanael laut. „Nicht einmal Sakura kann uns dabei behilflich sein.“
„Es muss irgendwo am Meer sein. Ich erinnere mich noch, dass wir, als wir nach draußen kamen, auf einem schmalen Sandstreifen standen, links davon ragten Steilklippen in den Himmel, rechts tobte das Meer.“ berichtete Lukas.
„Jetzt bist Du hier, in Sicherheit, wirst Dich erstmal von alledem erholen.“ schloss Nathanael das Thema ab. „Johann wird Dir ein Zimmer in Nähe deiner Mutter richten.“
„Danke.“ nickte Lukas. „Mir geht es aber gut, ich werde gleich wieder am Training teilnehmen.“
„Wohl kaum.“ schüttelte Nathanael den Kopf. „Darüber entscheidet Phil, der nachher vorbeischaut, euch alle drei anschaut.“



Kapitel 10



Nathanael saß in seinem Arbeitszimmer, sah Papiere durch. Nach kurzem Anklopfen kam Phil herein. Nathanael bat ich, Platz zu nehmen, holte eine Flasche und zwei Gläser aus dem Schreibtisch.
„Allen Deinen Gästen geht es gut.“ berichtete er, nahm einen Schluck aus seinem Glas. „Jay hat gut Arbeit geleistet bei Lukas, es werden keine Narben bleiben. Das Erlebte wird er schnell verarbeiten, er redet ja darüber. Um ihn mach ich mir keine Sorgen. Was seine Mutter und seine Schwester betrifft, bin ich mir nicht sicher. Körperlich geht es ihnen auch gut, nur wie es in ihrem Inneren aussieht, vermag ich nicht zu sagen. Lasst sie darüber reden, wann immer sie wollen.“
„Es belastet sie mehr, als sie zugeben, stimmt`s?“ fragte Nathanael.
„Ihren Aussagen nach entnehme ich, dass er ihnen suggeriert hat, dass Schläge, Misshandlungen, Vergewaltigungen normal in einer Familie seien. Auch das der Vater der erste Mann für seine Tochter zu sein hätte.“ erwiderte Phil.
„Das ist doch einfach nur krank.“ schüttelte Nathanael den Kopf.
„Gönnen wir ihnen Ruhe, in ein paar Tagen schau ich nochmal nach ihnen.“ Phil blickte auf seine Uhr. „Tut mir leid, ich muss los. Für heute Abend steht noch eine Geburt an:“

Lukas erholt sich erstaunlich schnell. Schon nach einer Woche stand er abends in der Sporthalle, bestand darauf, am Training teilzunehmen.
„Okay, aber wenn es nicht mehr geht, hörst Du auf.“ gab Gabriel, der in dieser Nacht mit Raphael das Training leitete, sein Einverständnis.
Neugierig starrten ihn seine Mitschüler an, Lukas reckte sich, sah in die Runde. „Um eure Fragen vorweg zu beantworten: man hat mich entführt, gefoltert, wurde befreit. Das ist alles, was ich dazu zu sagen habe.“
„Hey, übertreib nicht.“ Nach Ende des Trainings stand Raul neben ihm.
„Ich doch nicht.“ lachte Lukas auf, sah sich verstohlen um, sie waren alleine. „Ich dachte, Du hättest mich mal besucht.“ sagte er leise ohne Vorwurf in der Stimme.
„Wollte ich ja, aber Du wohntest bei deiner Mutter. Zudem bestand mein Vater darauf, dass ich wieder bei ihm wohnen sollte. Das Haus darf ich nur noch verlassen, um hierher zu kommen. Er hat sogar einen Bodyguard engagiert.“ antwortete Raul bedauernd.
„Sehen wir uns also nur noch hier oder wenn wir mit Nat und Zack unterwegs sind?“ war Lukas enttäuscht.
„Verdammt, ich vermisse Dich doch auch.“ stöhnte Raul auf, griff nach Lukas Hand.
„Sorry, ihr Turteltäubchen, ich möchte ja nicht stören, es gibt eine Nachricht für Raul.“ Asaziel stand plötzlich neben ihnen, grinste breit.
„Boah, ja, ich mach mich ja schon auf den Heimweg.“ grummelte Raul genervt.
„Bleib mal ruhig.“ Asaziels Grinsen wurde noch breiter. „Darum geht es gar nicht. Dein Vater rief an, sagte, dass er dringend fort müsse, zu irgendeinem Großkunden, da gäbe es Probleme. Er wäre für mindestens zwei Wochen weg, vielleicht auch länger. Da er weiß, wie sein Sohn tickt, einen Scheiß auf das geben würde, was sein Bodyguard sagt, sich nicht daran halten würde, was abgemacht war, bat er Nathanael, Dich für diese Zeit hier unterzubringen. Nat hat natürlich sofort zugestimmt, davon ausgehend, dass auch Du einverstanden bist. Deinem Gesicht nach zu urteilen, war er wohl doch zu vorschnell.“ sagte Asaziel mit ernster Miene.
„Was? Nein!“ fuhr Raul auf. „Klar bleibe ich gerne hier, so können Lukas und ich weiterhin zusammen lernen.“
„Lernen, aha.“ meinte Asaziel mit schiefem Lächeln. „Hört zu, ihr Beiden, ich weiß, was zwischen euch läuft, mir braucht ihr nichts vormachen. Wenn ihr es geheim halten wollt, gut, ist eure Sache.“
„Du…Du weißt es?“ war Lukas erstaunt.
„Die Anzeichen waren nicht zu übersehen, jedenfalls für jemanden von gleicher Gesinnung.“ teilte Asaziel ihnen mit. „Seht mich nicht so zweifelnd an. Ja, auch ich steh auf Männer, schon immer. Seit Ewigkeiten bin ich mit Jonas zusammen, hielten es geheim bis vor ein paar Monaten.“
„Du und Jonas? Ihr seid…Du bist…er ist…“ stammelte Lukas fassungslos.
„Schwul, ja.“ vollendete Asaziel. Er zwinkerte ihnen zu, sagte: „Ich sag dann mal Nat Bescheid, bitte Johann, ein Zimmer zu richten.“
„Würdest Du Dich offen zu mir bekennen?“ wollte Lukas wissen, als sie alleine waren.
„Jeder Zeit.“ antwortete Raul, schloss ihn in die Arme. „Und Du?“
„Jetzt, wo mein Vater nicht mehr ist, sofort.“ gestand Lukas. „Lass uns noch warten, zumindest so lange, bis Du Dir ganz sicher bist.“
„Ich bin mir sicher.“ sagte Raul mit fester Stimme, presste Lukas fester an sich.
„Naja, Du hast vorher mit Frauen geschlafen, was Dir wohl gefiel. Hast Dich damit gebrüstet.“
„War alles nur Angeberei, in Wahrheit habe ich es nur mit zwei Frauen getan, das erste Mal mit der Jungfrau, welche mir durch meine Wandlung half, und die zweite war die Nutte bei Jeremia. Hinter meinem ganzen Gehabe stand nur die Unsicherheit. Ich fühlte mich gleich zu Dir hingezogen.“ gab Raul zu, vergrub sein Gesicht in Lukas rotem Haar.
„Ich habe seit gestern ein eigenes Zimmer, wir könnten dort duschen.“ schlug Lukas vor.
„Nur duschen?“ grinste Lukas anzüglich, presste seinen Unterleib gegen Lukas.
Unbemerkt von den Beiden beobachteten Asaziel und Jonas sie aus dem kleinen Büro, welches ein Fenster zur Halle hatte. Jonas saß auf dem Stuhl, hatte noch Papierkram gemacht, Asaziel lehnte neben ihm am Schreibtisch.
„Die Jugend von heute.“ lachte Asaziel leise.
„Waren wir anders? Als wir uns damals fanden, nutzten wir auch jede freie Minute, jede dunkle Ecke.“ erinnerte Jonas, zog Asaziel am Shirt zu sich, flüsterte dicht an seinem Mund. „Ich bin immer noch scharf auf Dich wie zu Beginn.“ Er küsste ihn leidenschaftlich. „Lass uns nach oben gehen.“ Er löschte die kleine Lampe auf dem Schreibtisch, dabei fiel sein Blick aus dem Fenster. Raul und Lukas waren fort, dafür betrat in diesem Moment Jay die Halle. Sie trug eine lange, weite, schwarze Hose mit Gummizügen an den Knöcheln und am Bund, dazu ein enges, schwarzes Bustier, dessen Ränder neonpink leuchteten. Von Zacharias allerdings keine Spur. Asaziel blickte ebenfalls aus dem Fenster.
„Hat sie nicht eine tolle Figur? Super gut durchtrainiert, aber nicht übertrieben muskulös.“ schwärmte Jonas.
„Hey, muss ich jetzt eifersüchtig werden?“ fragte Asaziel ernst.
„Quatsch.“ winkte Jonas ab. „Ich finde nur, dass es für eine Frau ungewöhnlich ist.“
„Scheinst ja viele Frauen so gesehen zu haben.“ Eifersucht schwang in Asaziels Stimme.
„Mein kleiner Othello.“ lachte Jonas. „Klar habe ich schon viele Frauen gesehen, genau wie Du. Es gibt nun mal keine männlichen Jungfrauen.“
Interessiert schauten sie Jay zu. Diese ging nicht zu den Geräten, sondern griff sich einen langen, dünnen Stab. Sie hielt ihn so, dass er unter ihrem Unterarm lag, ein Stück nach hinten herausragte. Sich mit einer Hand festhaltend, erklomm sie flink wie ein Affe die Sprossenleiter bis nach ganz oben, machte einen Rückwärtssalto, landet sicher auf ihren Füßen. Aus dem Stand sprang sie auf den Schwebebalken, lief ihn sicher entlang, verließ ihn mit einer Rolle vorwärts. Nun drehte sie Pirouetten wie eine Ballerina.
„Was treibt sie da?“ war Jonas fasziniert.
„Ist doch egal. Lass uns gehen, ich möchte duschen. Außerdem denke ich, dass es ihr nicht recht wäre, dass wir ihr zusehen.“ grummelte Asaziel.
„Hast Recht.“ stimmte Jonas zu. „Gehen wir unter die Dusche, danach werde ich Dir zeigen, dass kein Grund zur Eifersucht vorhanden ist.“
Leise schlichen sie an der Tür vorbei, gingen nach oben in ihr Zimmer. Jonas verschloss die Tür, schaltete die Handys aus. Gemeinsam gingen sie unter die Dusche. Jonas griff das Duschgel, seifte Asaziel ein, beschäftigte sich dabei intensiv mit dessen Eiern. Asaziel lehnte mit geschlossenen Augen an den Fliesen, stöhnte hin und wieder leise auf. Jonas ging auf die Knie, saugte Asaziels Schwanz in den Mund. Während das warme Wasser auf sie niederprasselte, saugte, leckte er ihn, massierte seine Eier, bis Asaziel laut stöhnend kam.
„Komm ins Bett.“ flüsterte Jonas heiß. Nass, wie sie waren, legten sie sich ins Bett. Jonas rollte sich auf Asaziel, küsste ihn, flüsterte an seinem Ohr: „Ich möchte in Dein Gesicht sehen während ich Dich ficke.“ Er streifte ein Kondom über, legte sich Asaziels Beine über die Schultern, drang in ihn ein.

„An was denkst Du?“ wollte Asaziel wissen, als sie nebeneinander lagen.
„An unsere Küken.“ erwiderte Jonas. „Ob sie wohl genau soviel Spaß haben wie wir gerade?“
„Mich wundert, dass ausgerechnet Raul, unser kleiner Macho, schwul ist. Bei Lukas habe ich es sofort vermutet.“ meinte Asaziel nachdenklich.
„Raul hat es vermutlich genau so verdrängt, wie ich es am Anfang tat. Als Du damals zu uns kamst, fühlte ich mich gleich von Dir angezogen, wollte es aber nicht wahrhaben. Frustriert nahm ich mir jede Frau, die ich kriegen konnte, fand aber keine Befriedigung bei ihnen. Du wurdest verletzt, ich starb tausend Tode, hatte Angst, Dich zu verlieren. Tag und Nacht saß ich an Deinem Bett, wartete, dass Du aufwachst. Als es dann endlich soweit war, küsste ich Dich. Zuerst sahst Du mich erstaunt an, ein Lächeln glitt über Dein Gesicht, meintest: ‚Na endlich, hat ja lange genug gedauert.‘. Unser erstes Mal bleibt mir auch unvergesslich, Du warst so zärtlich, so rücksichtsvoll, nahmst mir meine Angst.“ erinnerte sich Jonas.
„Bei Deinem Kuss war ich wirklich überrascht. Vom ersten Tag an war ich in Dich verknallt, wie Feuer brannte die Eifersucht in mir, wenn Du es wieder mit einer Frau tatest, fraß es in mich hinein, hatte mich damit abgefunden, dass zwischen uns nie etwas passieren würde.“ gab Asaziel zu. „Als Du Dich offenbartes, hätte ich schreien können vor Glück.“
„Ich liebe Dich.“ Jonas beugte sich über ihn, küsste ihn.
„Ich liebe Dich, mehr als mein Leben.“ flüsterte Asaziel, den Kuss erwidernd.




Kapitel 11

(Lukas und Raul)



Nachdem Asaziel Raul von der Nachricht seines Vaters unterrichtet hatte, waren er und Lukas auf dem Weg nach oben zu Lukas Zimmer. In der Halle kam ihnen Johann entgegen.
„Man hat mich unterrichtet, dass Ihr für längere Zeit unser Gast seid.“ verbeugte er sich leicht vor Raul. „Euer Zimmer befindet sich gleich neben dem jungen Herrn Lukas, verfügt über eine Verbindungstür. Falls Ihr es wünscht, werde ich diese verschließen.“
„Danke, Johann.“ nickte Raul ihm freundlich zu. „Diese Tür kann ruhig geöffnet bleiben.“
„Wie Ihr wünscht. Solltet Ihr Eure Meinung ändern, lasst es mich wissen.“
Vor Lukas Tür sah dieser Raul an: „Willst Du gleich in Dein Zimmer?“
„Ich kann doch durch Deins gehen.“ grinste Raul, betrat hinter Lukas dessen Zimmer, schloss die Tür.
„Komm her.“ zog Lukas an sich, presste seine Lippen auf seinen Mund. „Darauf habe ich schon gewartet, seid Du zurück bist, aber wir waren ja nie alleine.“
„Und ich erst.“ murmelte Lukas, gab sich dem leidenschaftlichen Kuss hin.
Langsam drängte Raul ihn rückwärts zum Bett. Aufeinander liegend küssten sie sich weiter, durch den Stoff ihrer Hosen drückten sich ihre harten Schwänze aneinander.
„Am liebsten würde ich gleich Besitz von Dir ergreifen.“ stöhnte Raul, strich über die Beule in Lukas Hose.
„Dann tu es doch.“ flüsterte Lukas erregt.
Nackt auf der Seite liegend lagen sie hintereinander, küssten, streichelten sich.
„Es ist das erste Mal für mich.“ gestand Raul leise. „Habe Angst, Dir weh zu tun.“
„Wirst Du schon nicht.“ beruhigte Lukas ihn. „Wir können auch noch warten, wenn Du willst.“
„Ich will Dich.“ Vorsichtig drang er in Lukas ein, stöhnte: „Ist das geil.“
„Sorry.“ murmelte er kurz darauf. „Dachte nicht, dass ich so schnell komme.“ Er rollte sich auf den Bauch, vergrub sein Gesicht in seinen Armen.
„Ist schon okay.“ Lukas beugte sich über ihn, küsste seinen Rücken. „Mir erging es beim ersten Mal nicht anders.“
„Hast Du es schon oft gemacht?“ fragte Raul mit leichter Eifersucht in der Stimme.
„Nur einmal. Als wir bei Jeremia waren, hatte ich mein erstes Mal. Du bist der Erste, mit dem ich fest zusammen bin. Das sind wir doch, oder?“ fügte er ängstlich hinzu.
Raul drückte ihn auf den Rücken, legte sich auf ihn, sah ihm in die Augen. „Das hoffe ich doch. Solltest Du es jemals mit einem Anderen treiben, töte ich erst ihn, dann Dich.“ versprach er drohend. Lukas erwiderte nichts, sah ihn nur ernst an, griff die Innenseiten seiner Oberschenkel, schob sie auseinander, drang in ihn ein. Als Raul sich aufsetzte, setzte sich auch Lukas, legte seine Arme um Rauls Hüften. Sich küssend, saßen sie bewegungslos einige Zeit.
„Oh, verdammt, ich bin schon wieder gekommen.“ fluchte Raul.
„Ich hab`s gemerkt.“ erwiderte Lukas trocken, drückte ihn nach hinten, murmelte: „Leg Deine Beine um mich.“

Nachdem sie geduscht hatten, legten sie wieder auf das Bett. Raul schob seinen Arm unter Lukas, zog ihn zu sich. Sich an ihn kuschelnd, murmelte Lukas schläfrig: „Es war wunderschön.“
Seine gleichmäßigen Atemzüge verrieten Raul, dass er eingeschlafen war. Liebevoll sah er auf den roten Haarschopf, der auf seiner Schulter ruhte, dachte an die Zeit zurück, als sie sich kennenlernten….


Es war der erste Tag ihrer Ausbildung. Raul versteckte seine Unsicherheit hinter Machogehabe. Er war auf Wunsch seines Vaters hier, weil dieser geschäftlich viel unterwegs war, Raul oft alleine ließ.
Als Raul an diesem Morgen Lukas zum ersten Mal sah, dachte er: ‚Was will dieses magere Kerlchen hier? Er hat ja nicht einmal Muskeln.‘. Die anderen Schüler schienen ähnlich zu denken, sie bedachten ihn mit hämischen Blicken. Aber Lukas belehrte sie alle eines Besseren, er war mit Raul einer der Besten. Er war zwar immer noch schmaler als andere, machte diesen Mangel aber durch Schnelligkeit und Wendigkeit wett. Raul fühlte sich auf seltsame Art von ihm angezogen, beobachtete ihn heimlich. Ihm fiel auf, dass Lukas immer nach den anderen duschen ging, nie mit allen zusammen. Das machte ihn neugierig, er folgte ihm unter dem Vorwand, etwas in der Dusche vergessen zu haben.
Geschockt sah er auf Lukas nackten Rücken.
„Glotz nicht so blöd.“ fuhr Lukas ihn wütend an. „Was willst Du eigentlich hier?“
„Ich…ich habe etwas vergessen.“ stammelte Raul.
„Dann hole es und verschwinde. Und – kein Wort zu irgendwem davon.“ Lukas deutete auf seinen Rücken.
Neugierig geworden, suchte Raul von nun an, Freundschaft mit Lukas zu schließen, aber er ließ niemanden an sich heran.
Als ihr Unterricht auf die Nacht verlegt wurde, meinte Raul eines Morgens: „Hast Du verstanden, was Jonas uns heute erzählt hat? Ich nämlich nicht. Falls ja, hättest Du Zeit, es mir zu erklären? Du könntest mit zu mir kommen, da sind wir ungestört. Mein Vater ist auf Geschäftsreise.“
Lukas nickt zustimmend, stieg, ohne zu ahnen, dass es nur ein Vorwand war, bei Raul zu Hause aus dem Bus.
„Wie lange kannst Du bleiben?“ fragte Raul, als sie in dessen Zimmer waren.
„Egal, mein Vater schlägt mich so oder so, ob ich nun pünktlich oder drei Stunden später komme.“ entfuhr es Lukas.
„Er schlägt Dich? Daher also die Narben auf Deinem Rücken.“ erwiderte Raul entsetzt.
„Behalt es bitte für Dich. Niemand darf davon erfahren, sonst schlägt er mich tot.“ bat Lukas verzweifelt. „Und nicht nur mich, auch meine Mutter und meine Schwester schlägt er ständig. Wenn ich versuche, sie zu schützen, wird er rasend vor Wut, nimmt, was ihm gerade in die Finger kommt, prügelt mich.“
„Verlasst ihn doch.“ riet Raul.
„Das geht nicht. Würde er uns finden, brächte er uns um.“ erwiderte Lukas bedrückt.
„Dann bitte Nathanael um Hilfe. Er ist der König, wird euch beschützen zu wissen.“ schlug Raul vor.
„Nein, nein, niemand kann uns helfen.“ schüttelte Lukas traurig den Kopf.
„Komm zu mir, wann immer Du willst.“ bot Raul an. „Mein Vater ist selten daheim, sein Job führt ihn um die ganze Welt.“
„Und Deine Mutter?“ fragte Lukas.
„Sie starb bei der Geburt meiner Schwester. Auch sie überlebte nicht. Das hat meinen Vater veranlasst, unsere Heimat zu verlassen, sich hier niederzulassen. Er nahm dann diesen Job bei einer großen Computerfirma an, ist seitdem ständig unterwegs.“
„Bist Du deshalb bei Nathanael?“ wollte Lukas wissen.
„Vater meinte, für Kindermädchen wäre ich schon zu groß. Damit ich mich nicht langweile und fett werde, schickte er mich dort hin.“ antwortete Raul lachend.
Nach einem reichhaltigen Frühstück bat Raul einen der Diener, Lukas nach Hause zu fahren.
„Wollten wir nicht lernen?“ war dieser verwirrt.
„Heute nicht mehr.“ winkte Raul ab. „Vielleicht ein anderes Mal.“
Von nun an fragte er regelmäßig, ob Lukas mit zu ihm käme, freute sich, wenn dieser zustimmte.
Bisher hatte Raul es für eine normale Freundschaft gehalten, bis zu dem Abend bei Jeremia. Nathanael hatte ihnen als besondere Belohnung Sex mit Jeremias Nutten spendiert. Raul durchlitt Höllenqualen, als er erfuhr, dass Lukas es mit einem Mann getan hatte. In dieser Nacht wurde ihm klar, dass es nicht nur freundschaftliche Gefühle waren, die er für Lukas hegte. Aus Furcht, Lukas ganz zu verlieren, schwieg er darüber, verhielt sich zurückhaltender ihm gegenüber, lud ihn nicht mehr zu sich ein.
Lukas bemerkte die Veränderung, verstand nicht, was in Raul vorging, sagte eines Morgens: „Ich muss mit Dir reden. Kann ich gleich mit zu Dir kommen?“
Raul überlegte kurz, ihn anzuschwindeln, dass es heute nicht passe, da sein Vater daheim wäre, stimmte schließlich doch zu.
„Habe ich etwas falsch gemacht?“ wollte Lukas gleich wissen, als sie in Rauls Zimmer waren. „Seit Tagen merke ich, dass Du mir aus dem Weg gehst.“
„Es ist nichts.“ erwiderte Raul, wandte Lukas den Rücken zu.
„Was bedrückt Dich? Ich spüre, dass da etwas ist. Du kannst mit mir darüber reden, wir sind doch Freunde.“ blieb Lukas hartnäckig.
„Freunde, ja.“ platzte Raul heraus. „Nur das meine Gefühle für Dich nicht mehr nur freundschaftlich sind. Bisher gab es nur Frauen in meinem Leben, bis ich Dich kennenlernte. Weißt Du, wie ich mich fühlte, als ich erfuhr, dass Du bei einem Mann warst? Schreien hätte ich können vor Eifersucht.“
„Ist das alles?“ kam es gelassen von Lukas.
„Ob das alles ist?“ brauste Raul auf. „Reicht das nicht? Ich Idiot habe mich in Dich verknallt, weiß nicht, wie ich es vor Dir verbergen soll. Jede Nacht durchlebe ich Höllenqualen, würde Dich am liebsten in den Arm nehmen, Dich küssen.“ Raul holte tief Luft, wollte weiterreden, wurde von einem lachenden Lukas unterbrochen.
„Komm her, Du Blödmann.“ Er zog Raul an sich. „Meine Gefühle für Dich waren nie freundschaftlich, wollte Dich nicht bedrängen, hatte Angst, Dich dann ganz zu verlieren.“
„Oh Mann, wir sind ganz schön blöd, oder? Ich hatte solchen Schiss, Dich ganz zu verlieren, wenn ich Dir gestehe, was ich für Dich empfinde, dachte, Du willst nichts mehr mit mir zu tun haben.“ Verlegen sah er Lukas an. „Am liebsten würde ich Dich jetzt küssen. Darf ich?“
Warm trafen ihre Lippen aufeinander. Nach anfänglichem Zögern drängte Raul seine Zunge in Lukas Mund, erkundete ihn, spielte mit dessen Zunge. Befreit lachte er auf, zog Lukas zu einer kleinen Sitzecke, zog ihn neben sich. Seine Hand haltend, sah er ihn verliebt an. „Ich könnte den ganzen Tag hier so mit Dir sitzen.“
„Ich auch,“ gab Lukas zu. „Geht nur leider nicht, ich muss nach Hause.“
„Ich lasse Dich gleich bringen, möchte nicht, dass Du Ärger bekommst.“ versprach Raul, küsste ihn erneut.
„Ach.“ winkte Lukas ab. „Er schlägt mich so oder so, einen Grund braucht er nicht. Ich möchte nur verhindern, dass er seine Wut an meiner Mutter und Schwester auslässt.“
„Ich wünschte, ich könnte etwas für Dich, für euch tun.“ war Raul geknickt.
„Das hast Du schon.“ Lukas lächelte, küsste ihn auf den Mund. „Wenn es auch nur ein paar Minuten am Morgen sind, die wir haben, geben sie mir doch die Kraft, den Tag durchzustehen.“
„Ein paar Minuten, ja, aber die reichen mir nicht. Ich möchte nicht nur ein paar schnelle Küsse mit Dir tauschen. Ich möchte Dich kennenlernen, Dich in meinen Armen halten, Deinen Körper erkunden.“ erwiderte Raul, sah Lukas ernst an.
„Das alles möchte ich doch auch.“ gestand Lukas traurig, dachte kurz nach. „Ich werde einfach sagen, dass unser Unterricht ab sofort länger geht, weil wir auf den Einsatz vorbereitet werden, so haben wir ein wenig mehr Zeit.“
„Wird man Dir das glauben? Was ist, wenn Dein Vater nachfragt?“ war Raul skeptisch.
„Das wird er nicht, so groß ist sein Interesse an mir nicht. Seiner Meinung nach bin ich eh zu schwach für diesen Job. Als ich ihm sagte, ich hätte mich bei Nathanael angemeldet, lachte er, meinte: ‚Als was? Als Klofrau?‘ Zu mehr tauge ich ja sowieso nicht.“
Lukas sollte Recht behalten, es interessiert seinen Vater nicht sonderlich, er schien eher froh darüber zu sein, dass Lukas ein paar Stunden länger aus dem Haus war. Raul und er konnten so zwei ungestörte Stunden miteinander verbringen. Sie beschlossen, es niemanden zu sagen.
„Ich bin doch eh schon ein Außenseiter.“ argumentierte Lukas. „Rote Haare, Brille, kleiner als ihr, kein Muskelprotz.“
Raul verschloss seinen Mund mit einem Kuss. „Für mich bist Du, so wie Du bist, der Schönste überhaupt. Sollte jemand gegen Dich sein, bekommt er es mit mir zu tun.“
„Ich komm schon klar, ignoriere es einfach.“ winkte Lukas ab.
„Bist schon ein komischer Kerl.“ lachte Raul. „Aber Du bist mein komischer Kerl, ich gebe Dich nie wieder her.“
Als er seine Arme um Lukas legte, um ihn an sich zu ziehen, zuckte dieser kurz zusammen, verzog schmerzhaft das Gesicht.
„Hab ich Dir wehgetan? War das zu fest?“ fragte Raul erschrocken.
„Nein, ist alles in Ordnung.“ wehrte Lukas schnell ab. Zu schnell, wie Raul fand.
„Nichts ist okay, zieh Dein Shirt aus, sofort!“ befahl Raul barsch.
Eingeschüchtert kam Lukas dem nach, zog sein Shirt über den Kopf. Raul drehte ihn um, zog zischend die Luft zwischen zusammengebissenen Zähnen ein. Lukas Rücken war übersät von frischen, roten Striemen.
„Verdammt.“ murmelte Raul. „Ich bringe den Kerl um. Warum hat er das getan?“
„Er braucht keinen Grund.“ erwiderte Lukas leis.
„So ein Arsch.“ fluchte Raul, ließ sich auf sein Bett fallen.
„Reg Dich nicht über ihn auf.“ bat Lukas, stellte sich vor ihn, streichelte über seinen Kopf. Raul legte seine Arme um Lukas Oberschenkel, zog ihn dicht zu sich. An seiner Wange spürte er den harten Schwanz Lukas, hatte den Wunsch, diesen zu berühren. Bisher hatten sie sich nur geküsst. Er öffnete den Verschluss von Lukas Jeans, sah ihn von unter her an, seine Augen waren geschlossen. Langsam schob Raul die Jeans weiter nach unten, nahm den Schwanz in die Hand, küsste dessen Spitze. Stöhnend legte Lukas seine Hände auf Rauls Kopf, welches sich vertiefte, als Raul mit seiner Zunge über die Spitze kreisen ließ, ihn schließlich mit seinen Lippen umschloss. „Oh ja.“ stöhnte Lukas auf.
„Sorry.“ murmelte Lukas nach kurzer Zeit, entzog sich ihm, ergoss sich auf dessen Shirt. Er kniete sich vor das Bett, öffnete Rauls Hose, machte bei ihm das Gleiche.
„Ich…oh Gott…ich komme.“ stöhnte Raul.
„Es war…wow.“ bekannte Raul, als sich seine Atmung normalisiert hatte. „Ich hätte nie gedacht, dass es toll sein würde.“
„Raul, bist Du noch wach?“ kam es nach kurzem Klopfen.
„Mein Vater.“ war Raul erstaunt. „Er ist zu Hause? Wusste gar nicht, dass er heute zurückkommt.“ sprach er mehr zu sich selber, rief: „Einen Moment.“
„Du solltest Dich umziehen, bevor Du ihn hereinlässt.“ deutete Lukas leise lachend auf Rauls Kleidung. Schnell zog Raul sich Jeans und Shirt aus, warf es achtlos zu Boden, schlüpfte in eine Jogginghose. Nach einem Blick auf Lukas, der gerade seine Jeans schloss, ging er zur Tür, öffnete, fragte: „Was ist?“
„Nichts.“ erwiderte sein Vater. „Ich wollte nur schauen, was Du so machst, wie es Dir geht, mich erkundigen, wie es mit der Ausbildung läuft.“
„Ach.“ erwiderte Raul spöttisch. „Hattest Du zwischen zwei Flügen mal wieder eine Stunde Zeit, wusstest nichts damit anzufangen, bis Dir einfiel, dass es ja noch einen Sohn gibt?“
„Ja, genau.“ antwortete Rauls Vater ernst. „Ich langweilte mich, während Paolo meine Koffer packt, da fiel mir ein, dass es hier irgendwo im Haus noch einen frechen, vorlauten Bengel geben muss.“
„Hast Dir gedacht, den geh ich jetzt mal nerven.“ Genervt verdrehte Raul die Augen.
„So ist es.“ nickte der Vater lachend.
„Vater, ich möchte Dir Lukas vorstellen, einen der Schüler und mein Freund.“ Raul zog den sich ängstlich duckenden Lukas neben sich.
„Freut mich, Dich kennenzulernen.“ Freundlich reichte er Lukas die Hand. „Schön für meinen Sohn, dass er einen Freund gefunden hat.“
Lukas nahm die dargebotene Hand. „Freut mich auch, Sie kennenzulernen, Herr..“
„Nenn mich einfach Simon.“ wurde er unterbrochen. „Rauls Freunde brauchen mich nicht siezen.“
„Bleibst Du dieses Mal für länger?“ wollte Raul wissen.
„Nein, leider nicht, mein Sohn. Ich muss gleich wieder los. Wir haben einen neuen großen Kunden an der Hand, muss mich um den Vertragsabschluss kümmern.“ bedauerte Simon, sah auf seine Armbanduhr.
„Ich seh schon Du hast es eilig.“ schmollte Raul. „Lass Dich nicht aufhalten. Wie Du siehst, geht es mir gut, vielleicht hast Du beim nächsten Mal mehr Zeit.“
„Es wird bestimmt mal ruhiger.“ erwiderte Simon.
„Ach, den Spruch höre ich schon seit Jahren.“ winkte Raul ab. „Jetzt mach, dass Du weg kommst, ich will nicht schuld sein, dass Du Deinen Flieger verpasst. Nicht, dass Du noch Deinen Job verlierst, gezwungen bist, hier zu bleiben.“
„Das wäre grauenvoll.“ stöhnte Simon theatralisch, umarmte Raul lachend, welcher es erwiderte.
„Pass gut auf ihn auf, er ist alles, was ich noch habe.“ wandte er sich an Lukas.
„Das werde ich.“ versprach Lukas, wurde auch kurz von Simon umarmt, dann waren sie wieder alleine.
„Macht es Dir nichts aus, ständig alleine zu sein?“ wollte Lukas wissen.
„Anfangs schon.“ gab Raul zu, ließ sich auf sein Bett fallen, zog Lukas mit sich. „Aber ich bin es ja seit Kindertagen gewohnt. Der Verlust meiner Mutter und meiner ungeborenen Schwester haben ihn ruhelos werden lassen. Um mich kümmerten sich ständig wechselnde Kindermädchen, die alle nur eins im Sinn hatten – seine zweite Frau zu werden.“
„Du Armer.“, sagte Lukas mitleidig.
„Alles halb so wild,“ winkte Raul ab, „Dein Leben ist schlimmer. Und außerdem – jetzt bin ich nicht mehr alleine, jetzt habe ich Dich.“ Er küsste ihn. „Viel schlimmer ist, was da unten gerade abgeht.“ Grinsend zeigte er auf die Beule in seiner Hose. Lukas schob seine Hand hinein, umfasste den Schwanz, befriedigte ihn.
Weitere Wochen vergingen, in denen ihnen nur die zwei gestohlenen Stunden blieben. Bis…ja, bis zu dem Tag der Entführung. An diesem Morgen wollte Raul Lukas nicht gehen lassen, aber Lukas bestand darauf, zu gehen, sonst müssten seine Mutter und Schwester darunter leiden.
„Warte noch, bis unser Diener wieder zurück ist. Er holt gerade meinen Vater vom Flughafen ab.“ bat Raul. Lukas schüttelte den Kopf.
„Dann werde ich Dich begleiten.“ beharrte Raul.
„Nein, lieber nicht. Wenn er uns zusammen sieht, prügelt er die Wahrheit aus mir heraus.“ wehrte Lukas ab. „Es ist zudem heller Tag, was soll mir da schon passieren?“
Schweren Herzens ließ Raul ihn gehen. Vor dem Tor drehte sich Lukas um, winkte Raul zu, dann ging alles sehr schnell. Ein schwarzer Van hielt, drei vermummte Männer sprangen heraus, packten Lukas, zerrten ihn in den Wagen.

„An was denkst Du?“ holte Lukas Stimme ihn aus seinen Erinnerungen.
„An Dich, daran, wie wir zusammen fanden.“ lächelte Raul, zog Lukas an sich. „An dem Morgen, als Du entführt wurdest, ist mir klar geworden, dass ich Dich liebe, Dich nie mehr verlieren möchte.“
„Ich liebe Dich auch.“ erwiderte Lukas. „Wir werden auf ewig zusammen bleiben, wir sind so gut wie verlobt.“
„Wenn wir es nochmal tun, sind wir dann verheiratet?“ grinste Raul, nahm, während er Lukas küsste, dessen Hand, legte sie auf seinen Schwanz.

„Am Tag meiner Entführung waren wir kurz davor, es zu tun, erinnerst Du Dich?“ fragte Lukas später. „Daran musste ich die ganze Zeit denken. Hätte ich zugelassen, was sie von mir wollte, wäre es wie Verrat an Dir gewesen. Die Schläge, als es nicht so funktionierte, wie sie wollte, naja, Schläge war ich von Klein auf gewohnt, sie machten mir nichts aus. Als dann die beiden schwarzen Gestalten auftauchten, dachte ich, nun ist es vorbei, ich werde hier sterben. Sie waren vermummt, nur ihre Augen waren frei, sprachen kein Wort, ich hielt sie für Henker. Erst hier vor dem Tor wurde mir klar, dass sie mich befreit hatten, wollte ihnen danken, aber sie waren schon fort.“ Lukas stand auf, ging zum Schrank, holte einen schwarzen Umhang heraus. „Den warfen sie mir um, er wird mich immer daran erinnern.“
Raul war ebenfalls aufgestanden, legte seine Arme von hinten um Lukas. „Uns, er wird uns erinnern. An die schlimmste Zeit meines Lebens. Ich machte mir schwere Vorwürfe, dass ich Dich habe gehen lassen an diesem Morgen, gab mir die Schuld an Deiner Entführung. Wärst Du nicht zurückgekommen, hätte ich es nicht überlebt, hätte mich getötet. Wäre nach meinem Anruf nicht jemand gekommen, um mich zu holen, hätte ich es sehr wahrscheinlich getan.“
Lukas hängte den Umhang zurück. „Denken wir nicht mehr daran. Lass uns duschen, in die Küche schleichen, nachsehen, ob wir etwas Essbares finden, ich sterbe vor Hunger.“
„Warte.“ Raul nahm Lukas Hände, sah ihn ernst an. „Ich liebe Dich, möchte es nicht mehr verbergen müssen. Von mir aus können es alle erfahren.“
„Die Ritter wissen es, glaube ich, sowieso schon.“ erwiderte Lukas. „Bleiben nur noch unsere Mitschüler. Sollen wir uns vor sie stellen und sagen, hallo, wir sind schwul und ein Paar?“
„So direkt nicht, sie werden es schon früher oder später merken.“ sagte Raul.
Es klopfte, ohne auf eine Aufforderung zum Eintritt zu warten, betrat Lukas Mutter das Zimmer. Beim Anblick der beiden nackten, sich umarmenden Männer stockte sie kurz, kam lächelnd näher.
„Ich wollte nur mal sehen, wie es Dir geht. Meine Sorge scheint unbegründet gewesen zu sein, wie es aussieht.“ Sie reichte Raul die Hand. „Du musst Raul sein, Lukas Freund. Ich bin Delia.“
„Ähm, ja.“ stotterte Raul verlegen, versuchte, sich zu bedecken. „Freut mich, Sie kennenzulernen.“
„Lass mal das Sie, gehörst ja jetzt zur Familie.“ forderte sie ihn auf. Ihr Blick fiel auf das Bett, welches ziemlich zerwühlt war, ahnen ließ, was dort stattgefunden hatte. „Es ist schön, meinen Jungen so glücklich zu sehen. Ich hoffe nur, dass es so bleibt.“
Raul hörte die versteckte Drohung. „An mir soll es nicht liegen.“ erwiderte er ernst, zog Lukas enger an sich. „Ich werde alles dafür tun, dass es so bleibt.“
„Na gut, Jungs, dann werde ich euch wieder alleine lassen. Wollte nur Bescheid sagen, dass es Zeit für das Abendessen ist.“
„Wir duschen kurz, kommen dann.“ versprach Lukas.
„Bitte angezogen, ich denke, euren nackten Anblick wird nicht jeden begeistern.“ lächelte Delia.
„Oh Mann, war das peinlich.“ stöhnte Raul, als sich die Tür hinter Delia schloss. „Hat es aber locker aufgenommen.“
„Dass ich schwul bin, weiß sie schon länger, hat es aber vor meinem Vater geheim gehalten, aus Angst, er würde uns totschlagen. Jetzt, wo er fort ist, kann und darf sie zeigen, dass es ihr nichts ausmacht.“
„Die Zeiten sind zum Glück vorbei. Niemand wird Dich, euch jemals wieder schlagen.“ versprach Raul. „Jetzt lass uns endlich duschen, sonst kommen wir nicht mehr nach unten.“
„Dann los, Du sexbesessenes Monster.“ lachte Lukas, sah an Raul hinunter. „Du duschst am besten kalt.“
„Sei still, sonst…“ brummte Raul.
„Sonst was?“ grinste Lukas provozierend, drehte ihm den Rücken zu. Stöhnend nach Raul das Angebot an.
„Soviel Sex wie heute hatte ich in meinem bisherigen Leben noch nie.“ gab Raul zu, als sie es endlich unter die Dusche geschafft hatten.
„War es Dir zu viel?“ fragte Lukas erschrocken.
„Verdammt nochmal, nein.“ antwortete Raul. „Von mir aus könnten wir es vierundzwanzig Stunden treiben. Ich brauche Dir nur ansehen, bin gleich geil.“
„Hm, ja, sieht man.“ grinste Lukas, stellte ruckartig das Wasser auf kalt.
„Boah, Du Blödmann.“ Raul schnappte nach Luft. „Das gibt Rache, fürchterliche Rache.“
„Heb sie Dir für später auf, mein Schatz. Jetzt würde ich gerne nach unten gehen, etwas essen, ich sterbe vor Hunger.“ erwiderte Lukas lachend.
Hand in Hand betraten sie wenig später die Küche, wo alle bereits beim Essen saßen.
„Ach, sieh an, haben unsere Turteltäubchen den Weg doch noch hergefunden.“ stellte Asaziel ironisch fest. „Kommt her, Jungs, haut rein.“
„Na, ihr zwei hattet euch ja eine Menge zu erzählen.“ meinte Nathanael mit besonderer Betonung auf dem letzten Wort.
„Also gut, Leute.“ Raul griff Lukas Hand. „Lukas und ich, wir sind ein Paar und das nicht erst seit gestern. Ich hoffe eure Neugier ist nun befriedigt.“
„Ach, Kleiner, dass Du mehr als Freundschaft für Lukas empfindest, wussten wir schon länger, schon seit dem Abend bei Jeremia, als er mit einem Jungen im Zimmer war.“ klärte Raphael ihn auf.
„Sorry Leute, wir haben uns verspätet.“ kam Jays Stimme fröhlich von der Tür.
„Ist schon okay.“ winkte Nathanael ab. „Ihr seht aus, als kämt ihr von draußen. Was habt ihr gemacht?“
„Waren einkaufen.“ stöhnte Zacharias gequält auf. „Jay war der Meinung, sie brauche ein neues Kleid für euren großen Abend.“
„Seid ihr fündig geworden?“ fragte Luna-Mae interessiert.
„Ja, im tausendsten Geschäft.“ erwiderte Zacharias, verdrehte die Augen, seufzte abgrundtief, was allgemeines Gelächter auslöste.
„Spinner, so viele Geschäfte gibt es hier doch gar nicht.“ schüttelte Jay den Kopf. „Und ja, Luna, wir haben etwas gefunden, zeige ich Dir morgen. Ich werde schnell etwas essen, dann muss ich los.“
„Gibt es jetzt einen Termin, wann das große Ereignis stattfindet?“ erkundigte sich Samuel.
„Warum? Brauchst Du auch noch ein Kleid?“ frotzelte Zacharias.
„Ja, genau. Du kommst mit, damit wir nicht das gleiche tragen.“ gab Samuel zurück.
„Hättest Du nicht gefragt, hätte ich glatt vergessen, Bescheid zu sagen.“ gab Nathanael kleinlaut zu. „Jeremia hatte Erfolg, es findet Samstag in drei Wochen statt.“
„Ich werde mich gleich morgen um die Einladungen kümmern.“ versprach Jonas.
Nathanael nickte zustimmend, richtete den Blick zu Raul und Lukas. „Nun zu euch beiden.“ Er grinste, als er ihre schuldbewussten Blicke sah. „Heute Nacht gebe ich euch frei, es gibt eh nur Standardtraining, da verpasst ihr nichts. Morgen geht es dann wie gewohnt weiter, nur das Lukas einige Zeit auf Außeneinsätze verzichten wird.“

„Und was machen wir nun mit der freien Nacht?“ fragte Lukas, als er und Raul wieder in seinem Zimmer waren.
„Als erstes die Tür verschließen.“ grinste Raul. „Ich möchte nicht wieder unbedingt nackt Deiner Mutter gegenüberstehen.“
Lukas kicherte. „Endlich haben wir genügend Zeit, uns richtig kennenzulernen, brauchen nicht auf die Uhr zu sehen.“





















Kapitel12

„Warum hast Du ihnen freigegeben?“ wollte Gabriel wissen. „Sie wären heute dran gewesen, euch zu begleiten.“
„Eben deshalb.“ antwortete Nathanael. „Sie haben es auf Lukas abgesehen, weil er ihnen entkommen konnte. Jetzt sind sie sauer, schicken das Doppelte an Ratten, hoffen, ihn wieder einzufangen.“
„Du meinst, sie machen Jagd auf ihn?“ wollte Raphael wissen.
„So stand es jedenfalls in der anonymen Nachricht, die ich heute erhielt.“ erwiderte Nathanael. „Sie enthielt den Rat, Lukas eine Zeitlang nicht auf die Straßen zu lassen, am Tag sowie in der Nacht.“
„Warum dann auch Raul?“ erkundigte sich Michael. „Er ist unser Bester.“
„Warum wohl?“ bekam er von Jonas als Antwort.
„Ach so, ja, zwischen den Beiden läuft ja was. Obwohl…ich hätte nie gedacht, dass unser Macho Raul auf Männer steht.“ schüttelte Michael den Kopf.
„Glaub es ruhig. Unser kleiner Macho ist verknallt wie ein Teenager in unseren Rotschopf, mit dem er sich wohl gerade das Bett teilt.“
„Ähm, ja, okay, erspar uns weitere Details.“ stotterte Michael mit scheuem Seitenblick auf Delia.
„Vor mir braucht ihr euch nicht zurückhalten, ich weiß schon lange, dass ich von meinem Sohn keine Enkelkinder zu erwarten habe.“ winkte Delia beruhigend ab. „Mir ist viel wichtiger, dass er glücklich ist, egal, mit wem er sich sein Bett teilt.“
„Es macht Dir wirklich nichts aus?“ wollte Raphael wissen.
„Nein.“ antwortete Delia. „Jetzt, wo wir frei sind, ist mir das Glück meiner Kinder das Wichtigste, egal, ob mit einer Frau oder einem Mann.“
„Vater hätte ihn totgeschlagen, wenn er es gewusst hätte.“ warf Solvey leise ein.
„Euer Vater ist fort, er wird euch nie wieder etwas antun können.“ Raphael, der neben Solvey saß, nahm deren Hand, sah sie an. „Niemand wird euch je wieder was antun, was ihr nicht wollt.“
„Ich weiß.“ sagte Solvey leise, lächelte ihn schüchtern an, ließ ihre Hand in seiner.
„So, Leute, es wird Zeit zum Aufbruch. Zack, Gab, Raph, seid ihr so weit?“ Nathanael erhob sich, sah sie fragend an.
„Passt auf euch auf.“ Luna-Mae hatte sich ebenfalls erhoben, sah einen nach dem anderen an, küsste Nathanael zum Abschied, sah ihnen nach, als sie die Küche verließen.
„Wir kümmern uns dann mal um den Rest.“ Samuel, Michael, Jonas und Asaziel verließen den Raum, gingen in die Sporthalle.
„Nun sind wir alleine.“ wandte sich Luna-Mae an Delia und Solvey. „Wollt ihr auch auf eure Zimmer oder habt ihr Lust, mir noch ein wenig Gesellschaft zu leisten?“
„Wir leisten Euch gerne noch Gesellschaft, Hoheit.“ erwiderte Delia, nachdem sie mit Solvey einen Blick getauscht hatte.
„Samira, bringst Du uns Kaffee? Setzt Dich dazu, ja?“ bat Luna freundlich.
„So,“ begann Luna, als sie in der Halle Platz genommen hatten, „eins möchte ich nochmal klarstellen. Ich bin keine Hoheit. Bis vor wenigen Tagen war ich noch eine einfache Jungfrau Sakuras. Nur weil ich mit Nathanael zusammenlebe, habe ich mich nicht verändert. Sagt also einfach Luna, bitte.“
„Wie Ihr….wie Du wünscht.“ nickte Delia. Solvey neigte zustimmend den Kopf.
„Ah, da bist Du ja. Komm, setz Dich.“ forderte Luna Samira auf, als diese mit einem Tablet erschien.
„Habt ihr schon eine Idee, was ihr zu dem Ball tragen werdet?“ fragte Luna, fuhr fort, als alle verneinend den Kopf schüttelten: „Was haltet ihr davon, wenn wir vier gemeinsam in die Stadt fahren würden, um einzukaufen?“
„Du meinst, Nathanael würde es zulassen?“ zweifelte Samira. „Alleine, ohne Begleitung?“
„Du hast Recht.“ stimmte Luna geknickt zu. „Das wird er nicht zulassen. Aber mit Männern einkaufen, ist immer so anstrengend, sie sehen nach einer halben Stunde schon genervt auf die Uhr. Und,“ sie senkte verlegen den Kopf, „ich war noch nie mit Frauen einkaufen. Alles, was ich trage, seit ich hier lebe, wurde mir besorgt oder ich war mit Nat unterwegs. Das ging dann so: rein ins Auto, großes Kaufhaus angesteuert, raus aus dem Auto, rein in den Laden, das, das und das gekauft, zurück zum Auto, ab nach Hause. Spaß gemacht hat das nie.“
„Ich würde auch gerne mal wieder raus.“ gab Samira zu. „Aber was, wenn sie noch nach mir suchen?“
„Wer sucht Dich? Die Polizei“ fragte Delia irritiert.
„Nein, meine frühere Herrin.“ erwiderte Samira. „Ich war Dienerin, floh vor langer Zeit. Lebte lange im Verborgenen, bis Zacharias auf mich traf.“
„Mal zu sehen, wie außerhalb der Mauern aussieht, das wäre schon was.“ seufzte Solvey.
„Warst Du noch nie in der Stadt? Du bist doch bestimmt zur Schule gegangen.“ meinte Luna.
„Das ließ er nicht zu, weder Lukas noch ich besuchten je eine Schule.“ erwiderte Solvey. „Er brachte uns bei, was wir wissen mussten. Alles, was zum Leben benötigt wurde, besorgte entweder er selber oder es wurde bestellt.“
„Entschuldige, Delia, aber ich verstehe nicht, warum ihr ihn nie verlassen habt.“ Verständnislos schüttelte Luna den Kopf. „Oder Sakura um Hilfe gebeten habt.“
„Deshalb.“ Delia schob die Ärmel ihres Pullis hoch, deutliche Fesselspuren waren erkennbar. „Sobald er das Schlafzimmer verließ, fesselte er uns an das Bett. Er drohte uns mit dem Tod, sollten wir auf die Idee kommen, Hilfe zu rufen.“
„Es muss die Hölle für euch gewesen sein.“ Mitleidig schaute Samira sie an. „Es erinnert mich an meide frühere Herrin, auch sie fesselte, quälte ihre Opfer, junge Männer, welche ihr sexuelle Befriedigung verschaffen mussten.“
„Dank Nathanael sind diese Zeiten nun vorbei. Lasst uns das Ganze vergessen, reden wir über etwas anderes.“ sagte Delia.
„Wenden wir uns wieder der Kleiderfrage zu.“ wechselte Luna das Thema. „Lasst uns überlegen, wie wir das Problem am Besten lösen.“
„Wir könnten sie selber nähen.“ schlug Solvey vor.
„Gute Idee.“ war Luna begeistert, schwieg eine Weile nachdenklich. „Hat jemand von euch Erfahrung damit?“
„Ähm – nein.“ mussten die drei Frauen zugeben.
„Kann ja nicht so schwer sein.“ überlegte Luna.
„Darf ich den Herrschaften noch etwas bringen?“ Johann war leise näher getreten, verneigte sich kurz.
„Nein, danke, Johann, alles gut.“ nickte Luna ihm freundlich zu.
Johann wollte sich zurückziehen, als Luna ihn aufhielt: „Johann kannst Du nähen?“
„Ja, Hoheit, diese Tätigkeit beherrsche ich.“
„Auch mit einer Maschine?“
„Auch darin bin ich geübt.“
„Gut.“ nickte Luna. „Würdest Du uns darin unterrichten?“
„Hoheit brauchen nur zu sagen, was Sie benötigt, ich werde es für Sie anfertigen.“
„Wir vier benötigen Kleider für den Ball.“ teilte Luna ihm mit. „Aber nicht Du sollst sie anfertigen, dass würden wir schon gerne selber machen. Nur hat keine von uns eine Ahnung, wie es geht.“
„Warum bittet Ihr den Herrn nicht, mit Euch in die Stadt zu fahren?“ fragte Johann.
„Weil…weil es eine Überraschung werden soll, also das Kleid.“ erwiderte Luna impulsiv.
„Oh, wenn das so ist. Ihr benötigt allerdings Maschinen dazu, den nötigen Stoff und einige Accessoires.“ erklärte Johann.
„Hm – ja, dazu am Besten noch einen Raum, wo wir ungestört sind, den niemand außer uns betreten darf.“ überlegte Luna.
„Ich könnte Euch einen Raum im Dachgeschoss einrichten.“ bot Johann an.
„Mit allem, was wir benötigen?“
„Wenn Ihr das wünscht.“
„Ja, gut, aber so, dass niemand etwas davon merkt.“ bat Luna.
„Sehr wohl, Hoheit. Ich werde es gleich morgen in Angriff nehmen.“ Johann verbeugte sich.
„Danke.“ nickte Luna ihm zu.
„Fehlen nur noch die Stoffe.“, meinte Solvey.
„Wir werden einfach Raphael bitten, mit Dir in die Stadt zu fahren. So kommst Du mal unter Leute, hast jemanden, der Dir tragen hilft. Ihn wird es freuen, einen ganzen Tag in Deiner Nähe zu verbringen.“ sagte Luna lachend.
„Warum ausgerechnet Raphael?“ fragte Delia verständnislos.
„Weil er über beide Ohren in Solvey verknallt ist, keine Fragen stellen wird, wenn sie ihn darum bittet. Wenn ich mich nicht täusche, ist er auch Solvey nicht gleichgültig.“ kicherte Luna.
Delia sah ihre Tochter an, die mit gesenktem Kopf in ihrem Sessel zusammengesunken war, die Wangen von einer zarten Röte überhaucht.
Um sie nicht noch mehr in Verlegenheit zu bringen, wechselte Luna schnell das Thema. „Ich freu mich schon auf Nats Gesicht, wenn er das Kleid beim Empfang sieht.“
„Weiß jemand, welche Farbe Jays Kleid hat?“ fragte Samira.
„Bestimmt Jadegrün, passend zu ihren Augen.“ war Luna überzeugt.
„Sie hat wunderschöne Augen.“ stellte Solvey neidlos fest.
„Sie werden der Grund sein, warum Zacharias seinen Hass auf Frauen vergessen hat, sie in sein Bett holte.“ lachte Luna.
„Wieso geht sie eigentlich des Nachts zur Arbeit?“ wollte Delia wissen.
„Damit sie sich nicht so langweilt wie wir.“ vermutete Samira.
Luna holte aus einem der Schränke eine Flasche Wein und Gläser.
„Genug der ernsten Gespräche.“ sagte sie, schenkte die Gläser voll, prostete den anderen zu.
Bei Delia und Solvey, welche noch nie Alkohol getrunken hatten, setzte schnell die Wirkung ein. Sie bekamen rote Wangen, lachten immer wieder grundlos.
„Was ist denn hier los?“ erklang die Stimme Nathanaels. „So verbringt ihr also eure Nächte.“ Er setzte sich auf die Lehne von Lunas Sessel, küsste sie auf das Haar.
„Oh, so spät, vielmehr so früh schon?“ kicherte Luna, lehnte sich an ihn. „Wir haben geredet, etwas getrunken, nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist.“
„Dann war eure Nacht ja lustiger als unsere.“ sagte Nathanael. „Wir hatten alle Hände voll zu tun. Die Ratten kamen wieder mal in Scharen aus ihren Löchern. Unser geheimnisvoller Freund, der schwarze Ritter, eilte uns zwar zur Hilfe, trotzdem hat es Raphael erwischt.“
„Nein.“ kam es erstickt von Solvey, alle wandten sich ihr zu. Verlegen schlug sie ihre Hände vor das Gesicht, verkroch sich tief in ihrem Sessel.
„Es ist nur ein Kratzer, Jay verarztet ihn gerade.“ teilte Nathanael beruhigend mit.
„Welch ein Glück, dass wir Jay haben.“ war Luna erleichtert.
„Ihr sehr müde aus.“ stellte Delia fest. „Ich denke, wir sollten die Runde auflösen, zu Bett gehen.“
„Gute Idee., stimmte Gabriel zu, reckte sich. „Noch kurz unter die Dusche, dann ab ins Bett.“
Raphael betrat in Begleitung von Jay und Zacharias die Halle. „Schwester Jay sagt, es ist nicht so schlimm, nur eine tiefe Fleischwunde. Nach einem Tag Ruhe ist alles wieder okay.“ Sein Blick hing dabei an Solvey.
„Na dann, ab in die Betten.“ lachte Nathanael.

Solvey wollte gerade zu Bett gehen, als es leise an ihre Tür klopfte. Sie zog ihren Morgenmantel über, öffnete.
„Entschuldige, ich wollte nicht stören.“ Raphael stand vor ihr. „Könnten wir kurz reden, bitte?“
„Ähm – ja – komm rein,“ erwiderte Solvey verwirrt.
„Danke.“ Raphael trat ein, blieb mitten im Raum stehen. Solvey schloss leise dir Tür, setzte sich auf das Bett. Abwartend sah sie Raphael an.
„Luna sagte mir, Du hast Dir Sorgen um mich gemacht.“ begann er. „Wollte Dir nur sagen, dass alles in Ordnung ist, war nichts Schlimmes, wurde schon öfter verletzt. Du kannst also beruhigt schlafen, brauchst Dir keine Gedanken zu machen.“ Er wandte sich zur Tür, wollte gehen, als ihr leises „Warte“ ihn aufhielt.
„Ja?“ drehte er sich fragend zu ihr um.
„Ich…Du…“ stammelte sie, nach Worten suchend. Tief Luft holend fuhr sie mit leiser Stimme fort: „Als Nathanael sagte, es hätte Dich erwischt, glaubte ich, Du wärst getötet worden, bekam einen Riesenschreck. Ich weiß, dass ihr Nacht für Nacht euer Leben riskiert, mir fiel ein, dass mein Bruder jetzt auch dazugehört. Die Vorstellung, dass er eines Tages..“ sie machte eine kurze Pause, „konnte ich nicht ertragen.“
„Dann galt Deine Sorge nur Deinem Bruder?“ Die Enttäuschung in Raphaels Stimme war nicht zu überhören.
„Ja – nein – ach, Mann, es ist so schwer, zu erklären, was ich fühle.“ stieß Solvey hervor.
„Darf ich?“ fragte Raphael sanft, setzte sich neben sie, als sie nickte. Er nahm ihre Hand. „Die ist ja eiskalt. Hast Du Angst vor mir?“
„Ein wenig schon:“ gab Solvey verlegen zu. „Das heißt, vielmehr Angst vor dem, was ich empfinde, wenn ich an Dich denke oder Du in meiner Nähe bist. Mein Herz beginnt dann zu rasen.“
Raphael erwiderte nicht, schwieg lächelnd.
„Entschuldige, ich wollte Dich nicht mit meinem Geschwätz langweilen.“ sagte Solvey, wollte ihm ihre Hand entziehen, aber er hielt sie fest in seiner.
„Du langweilst mich nicht. Das, was Du gerade sagtest, macht mich glücklich und lässt mich hoffen.“
„Hoffen? Worauf?“ wollte Solvey wissen.
„Das meine Liebe zu Dir eines Tages erwidert wird. Seit wir in eurem Haus waren, schlägt mein Herz für Dich. Als Du mit Deiner Mutter den Raum betratst, habe ich mich Hals über Kopf in Dich verliebt. Nachdem, was Du durchgemacht hattest, wollte ich mich Dir nicht aufdrängen, Dich nicht erschrecken.“ antwortete Raphael. Vorsichtig legte er seinen Arm um ihre Schulter. Sie wehrte sich nicht dagegen, im Gegenteil, sie lehnte sich an ihn.
„Ich sollte gehen, Du wirst müde sein.“ flüsterte Raphael in ihr Haar.
„Nein, bitte bleib.“ bat Solvey leise. „Ich möchte jetzt nicht alleine sein. Wir können uns auf das Bett legen, Du kannst schlafen, ich werde ganz leise sein.“
„Was wird Deine Mutter dazu sagen?“ wollte Raphael wissen.
„Meiner Mutter ist nur wichtig, dass Lukas und ich glücklich werden.“ erwiderte Solvey. „Das bin ich in Deiner Nähe.“ Sie streift den Bademantel ab, Raphael sah, dass sie nichts weiter als ein Longshirt trug.
„Komm.“ Solvey hielt eine Ecke der Decke hoch, unter sie sie geschlüpft war, klopfte einladend auf die Matratze. Innerlich aufstöhnend legte er sich neben sie.
„Solvey, ich liebe Dich.“ bekannte Raphael leise. „Es ist nicht einfach für mich, hier neben Dir zu liegen. Das Beste wird sein, ich gehe.“
Statt eines Widerspruchs spürte er ihre Lippen auf seinen. „Du darfst nicht gehen.“ flüsterte sie an seinem Mund.
„Warum nicht?“
„Weil…weil ich es nicht will.“
Er schob sie von sich, drückte sie auf die Matratze, beugte sich über sie, sah ihr in die Augen. „Ich kann das nicht, kann nicht ruhig neben Dir liegen. Es geht einfach nicht.“ kam es gequält.
Tränen traten in ihre Augen. „Ist es, weil ich nicht mehr unberührt bin?“
„Nein.“ stöhnte er auf. „Das ist mir egal. Nur will ich Dich nicht damit überfallen, Dich nicht erschrecken. Lassen wir uns Zeit, lernen uns erst besser kennen, alles andere ergibt sich dann.“
„Küss mich.“ murmelte sie, nahm seine Hand, legte sie zwischen ihre Beine.
„Mach es mir doch nicht noch schwerer.“ Gequält schloss er die Augen.
„Du bist nicht mein Vater.“ sagte sie schlicht. „Mit Dir wird es anders, schöner sein.“
Raphael konnte der Versuchung nicht länger widerstehen, führte langsam einen Finger in sie ein. Während er ihn langsam in ihr bewegte, sah er in ihr Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, ein entspanntes Lächeln umspielte ihren Mund.
„Sag, wenn ich aufhören soll.“ bat er leise an ihrem Ohr.
„Nein, nicht aufhören.“ stöhnte sie. „Oh.“ entfuhr es ihr, erschrocken sah sie ihn an.
„Alles gut, nur eine ganz natürliche Reaktion.“ beruhigte er sie.
„Das…das ist mir noch nie passiert.“ gab sie verlegen zu.
Raphael schob die Decke fort. „Ich möchte Dich ansehen.“ Schob ihr Shirt hoch, zog es über ihren Kopf. „Du bist wunderschön.“ Leicht streichelte er über ihren Körper, küsste sanft ihre Warzen. Die ungewohnten Zärtlichkeiten erregten sie zusehends. Raphael küsste sich einen Weg nach unten, erkundete ihre Mitte mit seiner Zunge. Bereitwillig öffnete sie sich ihm, kam einige Male stöhnend. Raphael streift seine Hose ab, wollte sie ganz besitzen. Als er ihr seine Zunge entzog, sich zwischen ihre Beine kniete, sah sie auf, erblickte seinen harten Schwanz, zuckte zusammen, zog sich von ihm zurück. Dieses Teil war mit Schmerzen für sie verbunden, es machte ihr Angst. Leise begann sie zu schluchzen.
„Scht.“ machte Raphael, ihre Angst erkennend. „Alles gut. Warten wir noch, bis Du bereit bist.“
„Du…Du bist nicht sauer? Schlägst mich nicht?“ fragte sie schluchzend.
„Sieh mich an.“ bat er, hob ihren Kopf an. „Ich liebe Dich, würde Dir niemals wehtun, geschweige denn, Dich schlagen. Sauer bin ich nicht, ein bisschen enttäuscht vielleicht, aber ich werde warten, egal wie lange es dauert.“
Solveys Anspannung löste sich, sie schmiegte sich an ihn. Raphael zog die Decke über, löschte das Licht. Durch die hinuntergezogenen Rollos war das Tageslicht ausgesperrt, es war dunkel im Raum. Fest hielt er Solvey im Arm.
Unvermittelt begann sie zu sprechen: „Ich war gerade zwölf geworden, da stand er plötzlich eines Nachts in meinem Zimmer, starrte mich aus glasigen Augen an. Ob er betrunken war oder Drogen genommen hatte, weiß ich nicht, vermutlich aber beides. ‚So, Du kleine Hure, wird Zeit, dass Du zur Frau wirst.‘, lallte er, packte mich, schleifte mich ins Schlafzimmer. Als Lukas mir auf meinen Schreien zur Hilfe kommen wollte, schlug er ihn mit zwei gezielten Fausthieben nieder, trat ihn in den Unterleib, lachte: ‚Du Schwächling.‘ Im Schlafzimmer saß meine Mutter nackt gefesselt und geknebelt auf einem Stuhl mit Blick Richtung Bett. Er warf mich auf das Bett, zerriss mein Nachthemd. ‚Und jetzt, Du Schlampe, sieh genau zu, wie ich diese kleine Hure ficken werde.‘ Mutter sah ihn entsetzt an, versucht zu schreien, was ihr durch den Knebel nicht gelang. Voller Wucht schlug er ihr ins Gesicht. ‚Halt die Fresse, nutzlose Kuh, sieh genau hin.‘ Brutal drückte er meine Beine auseinander, stieß mir sein Ding rein. Es tat höllisch weh, aber Mutter zuliebe schrie ich nicht. ‚Warum schreist Du nicht, Miststück?‘ Immer wieder schlug er mir ins Gesicht. ‚Schrei endlich.‘, stieß sein Ding immer tiefer in mich rein. Ich konnte meine Schmerzen nicht mehr unterdrücken, weinte und schrie. Triumphierend ließ er von mir ab, band Mutter los, stieß sie auf das Bett. ‚Du wirst mich reiten, während ich sie lecke.‘, befahl er, schlug seine Faust in ihr Gesicht. ‚Verdammt, wieso kommt diese kleine Nutte nicht?‘, fluchte er, stieß mich vom Bett. Den Rest der Nacht verging er sich brutal an Mutter. Mit Ketten fesselte er sie morgens an das Bett, nahm einen Gürtel, eine Peitsche oder was ihm sonst in die Finger kam, prügelte auf sie ein. Auch ich wurde von ihm geschlagen. ‚Zwei Nutten, die nichts taugen, die es nicht schaffen, einen Mann zu befriedigen.‘, schrie er dabei. Lukas versuchte öfter, uns zu helfen, wurde von ihm bewusstlos geschlagen. Wir waren ihm hilflos ausgeliefert, bis, ja, bis ihr erschient.“
Wortlos hatte Raphael zugehört, hielt sie fest im Arm. Solvey deutete sein Schweigen falsch.
„Wenn Du mich jetzt nicht mehr willst, verstehe ich das.“ sagte sie mit Trauer in der Stimme.
„Red keinen Quatsch, natürlich will ich Dich noch.“ erwiderte Raphael mit belegter Stimme. „Ich werde alles dafür tun, Dich diese schrecklichen Dinge vergessen zu lassen, möchte Dir zeigen, wie schön körperliche Liebe sein kann. Gebe Dir mein Versprechen, Dich niemals gegen Deinen Willen zu nehmen.“
„Du hättest es vorhin gerne getan, oder?“ fragte Solvey unsicher.
„Ja,“ gab Raphael geknirscht zu. „Es war gedankenlos von mir, tut mir leid.“
Eine kalte Hand berührte leicht seinen Schwanz. Raphael hielt die Luft an, musste sich beherrschen, wollte sie nicht erschrecken. Zart wie Schmetterlingsflügel strichen ihre Finger darüber, ertasteten jeden Zentimeter. Er stöhnte auf.
„Habe ich Dir wehgetan?“ fragte sie erschrocken.
„Nein.“ presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Es ist nur..“ Mitten im Satz kam er, konnte sich nicht mehr zurückhalten.
„Oh.“ machte Solvey, schielte ihn angstvoll von unter herauf an.
„Alles okay.“ beruhigte er sie. „Es ist ganz normal, was da gerade passiert ist.“
„Es tut mir leid.“
„Es braucht Dir nicht leid tun. Natürlich hätte ich Deine Berührung gerne noch länger genossen, aber – naja.“
„Kann ich etwas tun, um es wieder gutzumachen?“ fragte Solvey schüchtern.
„Ja, leg Dich wieder zu mir.“ Raphael zog sie an sich, küsste sie sanft auf den Mund. Ihren Kopf auf seiner Brust schlief er ein.
Nach zwei Stunden wachte Raphael auf, Solvey lag fest schlafend neben ihm. Leise schob er sich aus dem Bett, zog sich rasch an, verließ das Zimmer. „Es ist besser so.“ murmelte er vor sich hin.

Erst beim Abendessen trafen sie wieder aufeinander. Solvey vermied jeglichen Blickkontakt mit ihm, senkte verlegen den Blick.
„Ach, Raphael, ich hätte ein Anliegen an Dich.“ wandte sich Luna an ihn.
„Verfügt über mich, wie immer es Euch beliebt, Hoheit.“ erwiderte er.
„Wer auch immer mich nochmal Hoheit nennt, bekommt mächtigen Ärger.“ drohte Luna, stapfte mit dem Fuß auf.
„Sehr wohl, Hoheit.“ grinste Zacharias frech.
„Du sei still, bist selber eine.“ fuhr Luna ihn an.
„Ich? Ne, bin nur der Bruder des Königs.“ antwortete Zacharias.
„Somit ein Prinz, also Klappe.“ wies Luna ihn zurecht. „Jetzt wieder zu Dir Raphael. Ich möchte, dass Du mit Solvey morgen in die Stadt fährst, sie muss Besorgungen machen. Nat hat sich bereit erklärt, Dir heute Nacht frei zu geben. Wegen der Verletzung könntest Du eh nicht raus und das Training schaffen sie auch ohne Dich.“
„Tja, wenn das so ist, werde ich mich opfern.“ grinste Raphael.
„Na, so groß wird das Opfer nicht sein.“ sagte Luna trocken. „Jeder hier weiß doch, dass Du bis über beide Ohren in Solvey verknallt bist.“
„Vor euch kann man auch nichts geheim halten.“ feixte Raphael.
„Natürlich nicht. Wir als euer Herrscherpaar müssen über alles informiert sein.“ meinte Nathanael mit ironischem Ernst.
„Raul, Lukas, eure Auszeit ist vorbei, ihr dürft heute Nacht Jonas und Asaziel begleiten. Samuel, Du und Michael sucht euch selber zwei Leute aus.“ teilte er mit.
„Raphael, ich würde Dich gerne kurz unter vier Augen sprechen.“ bat Luna, ging mit ihm in Nathanaels Arbeitszimmer.
„Wie Du bestimmt denken kannst, geht es um Solvey. Für sie ist es das erste Mal, dass sie das Haus verlässt. Es ist alles neu für sie dort draußen. Ihr habt den ganzen Tag, zeig ihr die Stadt, geht essen, Kaffee trinken, Eis essen, was immer ihr wollt. Aber – bitte, lass sie nicht alleine.“ legte sie ihm ans Herz.
„Das werde ich nicht, versprochen.“ Er legte seine Hand auf das Herz.
„Noch etwas – über die Einkäufe, welche sie tätigen wird, bewahrst Du bitte Stillschweigen.“ bat sie noch. „Wirst Du noch zu ihr gehen?“
„Ich denke schon. Wir sollten noch besprechen, wann wir morgen aufbrechen.“ nickte Raphael.
„Sei geduldig mit ihr.“ sagte Luna leise. „Wenn sie bereit ist, wird sie es schon signalisieren.“
„Ich weiß, was ich zu tun habe, werde warten. Es fällt zwar schwer, aber sie soll es von sich aus wollen.“ erwiderte Raphael.
Raphael stand in der Halle, überlegte, ob er zu Solvey gehen sollte, entschied sich dagegen. In seinem Zimmer legte er sich auf das Bett, starrte die Decke an. Was hatte Luna gesagt? Solvey war noch nie in der Stadt? Wie sie wohl auf die vielen Menschen reagieren würde?
Über diese Gedanken war er wohl eingeschlafen, wähnte sich in einem Traum. Leicht fuhren Fingerspitzen über sein Gesicht, zeichneten seine Konturen nach. „Ich liebe Dich so sehr.“ flüsterte eine leise Stimme an seinem Ohr. „Wäre so gerne Deine Frau, wenn nur diese Angst nicht in mir wäre. Hilfst Du mir, sie zu überwinden?“
„Ja.“ erwiderte er ebenfalls flüsternd, glaubte immer noch zu träumen. Unter seiner Hand fühlte er seidiges Haar. Er öffnete die Augen, sah ihr Gesicht über sich.
„Du bist hier? Was machst Du hier?“ stammelte er verwirrt.
„Mich entschuldigen, weil ich Dich beim Essen ignoriert habe. Es ist mir nicht peinlich, dass alle wissen, dass wir uns lieben, nur schämte ich mich, weil ich nicht Deine Frau werden konnte, in Panik geriet beim Anblick Deines….Sofort kamen mir die Schmerzen in Erinnerung, obwohl mir mein Herz sagte, Du würdest mir nie wehtun. Ich ahnte, dass Du ihn gerne in mich gesteckt hättest, so wie zuvor Deine Finger und Deine Zunge, was im Übrigen sehr schön war. Jetzt bin ich hier, um Dir zu sagen, Du kannst es tun, wenn Du willst.“
„Es gibt keinen Grund, sich zu entschuldigen. sagte Raphael sanft. „Und ja, ich würde gerne mit Dir schlafen, aber nicht so, nicht aus einem Pflichtgefühl heraus. Du sollst es nicht über Dich ergehen lassen, Du sollst die gleiche Freude daran haben wie ich sie haben werde.“
Ihr Blick war offen, als sie ihn ansah, keine Spur von Furcht. Ihre Lippen waren leicht geöffnet, Raphael konnte nicht widerstehen, küsste sie. Seine Hand legte sich auf ihre Brust, streichelte sie durch das dünne Shirt, spürte, dass ihre Warzen hart wurden, sich aufrichteten. Solvey legte ihre Arme um seinen Nacken, hielt seinen Kopf fest, presste ihre Brust in seine Hand. Dadurch ermutigt, schob er seine Hand unter ihr Shirt, streichelte mit seinem Daumen über ihre nackte Warze. Sein harter Schwanz drückte durch den Stoff seiner Hose gegen ihre Mitte. Er löste sich von ihrem Mund, leckte leicht über ihre harten Warzen, saugte sanft an ihnen. Leise stöhnend rollte sie ihren Kopf hin und her, hob ihm ihre Brust entgegen. Mit sanften Küssen zog er eine Spur über ihren Bauch nach unten, küsste durch den Stoff ihre Mitte.
Solvey entzog sich ihm, kniete sich, streifte ihr Shirt ab. Auch Raphael hatte sich hingekniet, sah ihr zu. Sie griff nach seinem Shirt, zog es ihm über den Kopf. Stumm seinen Blick festhaltend nestelte sie am Verschluss seiner Hose, schaffte es mit seiner Hilfe, sie zu öffnen, schob sie nach unten. Seinen Nacken umschlingend, ließ sie sich nach hinten sinken, zog ihn mit. Mit den Füßen befreite sich Raphael von seiner Hose, öffnete den Verschluss ihrer Jeans, streifte sie nach unten. Als sie nackt aufeinanderlagen, nahm sie sein Gesicht in ihre Hände, sah ihm fest in die Augen, murmelte: „Nimm mich zu Deiner Frau.“
„Willst Du das wirklich?“ fragte er mit vor Erregung heiserer Stimme.
„Ja, das will ich.“ Zur Bestätigung öffnete sie ihre Beine.
Sich zurückhaltend, drang er langsam und vorsichtig in sie ein. Obwohl es ihrem Wunsch entsprach, versteifte sie sich, riss angstvoll die Augen auf. Bewegungslos blieb Raphael in ihr, ließ ihr Zeit. Der von ihr erwartete Schmerz blieb aus, ihre Anspannung ließ nach. Raphael bewegte sich langsam in ihr, beobachtete ihr Gesicht, sah, wie die Angst daraus entwich.
„Wenn ich aufhören soll, sag es.“ bat er.
„Nein, nicht aufhören, mach weiter.“ stöhnte sie, legte ihre Beine um seine Hüften, so dass er tiefer in sie eindringen konnte.

„Entschuldige, ich wollte nicht schreien.“ Verlegen sah sie Raphael an.
„Das war Musik in meinen Ohren, zeigte mir, dass Du mir völlig vertraust, Dich mir ganz hingegeben hast.“ lächelte Raphael. „Hör auf, Dich ständig zu entschuldigen.“

„Darf ich heute Nacht bei Dir bleiben?“ fragte sie schüchtern.
„Diese und alle folgenden.“ Raphael zog sie an sich. „Dachtest Du, ich würde Dich jetzt nochmal gehen lassen, jetzt, wo Du meine Frau bist?“ Er stütze sich auf den Ellbogen, betrachtete ihren nackten Körper. „Du bist so wunderschön.“ murmelte er, mit keinem Wort ihre Narben und Bisswunden zu erwähnen.

Im Morgengrauen erwachte Solvey, sah auf den noch fest schlafenden Raphael neben sich. Leise verließ sie das Bett, zog sich leise an, öffnete die Tür, lauschte den langen Flur entlang, huschte in ihr Zimmer. Nach einer schnellen Dusche zog sie sich an. Vor sich hinlächelnd saß sie vor dem Spiegel, kämmte ihr langes, karamellfarbenes Haar, als sich die Tür öffnete, ihre Mutter eintrat.
„Guten Morgen, Liebes.“ begrüßte diese sie, küsste sie auf die Wange. „Du siehst glücklich aus, freust Du Dich so sehr auf den Besuch der Stadt?“
„Das auch.“ lachte Solvey, sprang auf, wirbelte ihre Mutter herum. „Ich wurde heute Nacht seine Frau, es war so wunder, wunderschön.“
„Hör auf, mir wird schwindelig.“ lachte Delia, sah Solvey ernst an. „Es tut gut, Dich so glücklich zu sehen, es lässt mich hoffen, dass Du die Vergangenheit vergessen hast.“
„Das habe ich nicht.“ erwiderte Solvey ernst. „In meinem Kopf war es noch vorhanden, obwohl mein Körper nach ihm schrie. Ich starb fast vor Angst, als er sich mir näherte. Behutsam und geduldig wartete er, bis sich meine Angst legte. Was dann kam, war überwältigend. Es ist so wundervoll, sich einem Mann hinzugeben, den man liebt.“
Delia lächelte. „Ja, das ist es. Anfangs war es mit eurem Vater auch so, bis der Alkohol und die Drogen kamen. Beides hat ihn so sehr verändert.“
„Nun ist er fort, ich hoffe, wir werden ihn nie wiedersehen.“ Solvey nahm ihre Mutter in den Arm.
„Lass uns nach unten gehen, ich glaube, Luna hat eine lange Liste aufgestellt, was Du alles besorgen sollst.“
Alles saßen schon bei Tisch, als sie die Küche betraten. Solvey ging gleich zu Raphael, küsste ihn, nahm neben ihm Platz.
„Tja, Michael, so wie es aussieht, sind wir beide die einzigen Unbeweibten hier.“ stellte Samuel grinsend fest.
„Bleiben wenigstens wir Jeremias Nutten erhalten.“ erwiderte Michael. „Wir sollten ihnen heute Abend einen Besuch abstatten, was hältst Du davon?“
„Heute Nacht war er wieder da.“ teilte Jonas zusammenhanglos mit.
„Wer?“ fragte Nathanael interessiert.
„Der schwarze Ritter.“ antwortete Jonas. „Wie immer, erschien er urplötzlich. Dabei war die Zahl unserer Gegner gar nicht so übermächtig, wir hatten alles gut im Griff, selbst unsere Schüler hatten keine Probleme. Naja, er erschien also, sah sich alles nur schweigend an, ohne einzugreifen. Nach Kampfende nickte er uns zu, flüsterte undeutlich: ‚Guter Job.‘, verschwand.“
„Ungewöhnlich, dass er einfach so auftaucht, ohne dass wir in großer Bedrängnis sind.“ überlegte Nathanael laut.
„Vielleicht wollte er nur mal sehen, wie sich euer Projekt so entwickelt hat.“ meinte Jay.
„Möglich. Ich, wir würden ihn liebend gerne mal treffen, mit ihm reden.“ erwiderte Nathanael.
„Lad ihn doch zu Deiner Feier ein.“ schlug Zacharias ironisch vor.
„Wenn Du seine Adresse hast, gerne.“ grinste Nathanael.
„Verteil doch einfach Flyer in der Stadt. Vielleicht erscheint er dann.“ schlug Zacharias sarkastisch vor.
Nathanael erwiderte nichts, sah seinen Bruder nur an.
„Ich glaube, es wird Zeit, dass ihr in die Betten kommt.“ ergriff Luna das Wort. „Und ihr beide,“ wandte sie sich an Raphael und Solvey, „macht euch einen schönen Tag in der Stadt. Hier ist die Liste mit den Dingen, die ihr besorgen sollt.“
„Oh je.“ stöhnte Raphael. „Da brauchen wir ja einen LKW.“
„Quatschkopf.“ grinste Luna.


Aufgeregt wie ein Kind saß Solvey neben Raphael. Mit staunenden Augen sah sie aus dem Fenster. Nachdem sie geparkt hatten, liefen sie die Einkaufsstraße entlang, ängstlich griff sie nach Raphaels Hand.
„Lass uns schnell Deine Besorgungen erledigen, den Rest des Tages nutzen wir für anderes, zum Beispiel Eis essen oder was auch immer Du möchtest“ schlug Raphael vor.
Schnell fanden sie ein Geschäft, welches Stoffe und alles, was sonst noch auf der Liste stand, führte.
„Hm, niemand soll wissen, wie unsere Kleider aussehen, welche Farbe sie haben. Du musst leider draußen bleiben“ bat Solvey vor dem Geschäft.
„Na gut“ stimmte Raphael nicht gerade begeistert zu, küsste sie kurz auf den Mund. „Aber nicht durch die Hintertür verschwinden“ fügte er lächelnd hinzu.
„Dann wäre ich hilflos verloren“ erwiderte Solvey ernsthaft.
Geduldig wartete Raphael, beobachtete die Passanten, die eilig an ihm vorbeizogen, ohne ihn zu beachten. Menschen, Halbblüter, Reinrassige, alles war vertreten.
„Ich habe alles bekommen“ teilte Solvey mit. „Würdest Du bitte kurz mitkommen, beim Tragen helfen?“
„Hast Du den Laden leergekauft?“ fragte Raphael beim Anblick der vielen Pakete.
Nachdem alles im Kofferraum verstaut war, liefen sie Hand in Hand durch die Straßen, betraten Geschäfte. Gegen Solveys Proteste kaufte Raphael ihr Jeans, Shirts, Unterwäsche.
„Können wir nach Hause fahren?“ bat Solvey, als sie in einem der vielen Straßencafés saßen. „Mir ist ganz wirr im Kopf von den vielen Menschen, den ganzen Läden, den vielen Sachen.“
„Wenn Du es wünscht.“ antwortete Raphael. „Ich muss nur noch eine Sache erledigen, warte kurz hier.“

Es war still im Haus, als sie zurückkamen, nur Johann kam ihnen entgegen, nahm die Pakete in Empfang.
„Danke, Johann, den Rest nehmen wir gleich mit nach oben.“ Raphael nickte ihm dankend zu.
„Schließe Deine Augen, strecke Deine Hand aus.“ bat er Solvey, als sie in seinem Zimmer waren. Sie tat, um was er sie gebeten hatte, spürte etwas Kaltes an ihrem Ringfinger, öffnete neugierig die Augen. Ein schmaler Weißgoldring, aus kleinen Kettenglieder gefertigt, zierte ihren Finger. Raphael nahm ihre Hand, hauchte einen Kuss darauf. „Mit diesem Ring kette ich Dich an mich, er wird uns auf ewig verbinden.“
„Ich liebe Dich, werde Dich ewig lieben.“ versprach Solvey, legte ihre Arme um seinen Hals, besiegelte ihr Versprechen mit einem Kuss.

Kapitel 13

 

Wie öfter in letzter Zeit verließ Jay leise das Bett, zog sich ein Sportbustier, eine weite schwarze Hose, welche an den Knöcheln einen engen Gummizug hatte, an, verließ geräuschlos das Zimmer, ging in die Sporthalle. Das Haus war still, alle schliefen noch, so dass sie keine Gefahr lief, jemandem zu begegnen. Sie liebte es, alleine zu trainieren.

Kurze Zeit später wachte auch Zacharias auf, fand den Platz neben sich leer. Im Bad war sie auch nicht, wie er mit einem raschen Blick feststellte. Eine Jogginghose überziehend machte er sich auf die Suche nach ihr. Weder in der Halle noch in der Küche befand sie sich, blieb nur noch die Sporthalle. Er befand sich gerade auf dem Weg dorthin, als er ihre Stimme vernahm. Vorsichtig sah er um die Ecke, sah sie an der Wand lehnend.

„Wie lange soll das noch gehen?“ fragte Asaziel, der vor ihr stand.

„Weiß nicht.“ zuckte sie mit den Schultern. „Lange halte ich diese Belastung nicht mehr aus, bin froh, wenn es vorbei ist.“ Sie legte ihre Arme um seinen Nacken. „Ich bin so froh, Dich zum Freund zu haben.“

Ein Stich der Eifersucht durchfuhr Zacharias, entschlossen bog er um die Ecke.

„Stör ich?“ fragte er sarkastisch.

Statt wie ertappt auseinander zu fahren, nahm Jay ruhig ihre Arme hinunter, sah ihn lächelnd an.

„Nein, tust Du nicht. Ich habe Asaziel nur gesagt, dass ich mich freue, ihn zum Freund zu haben, so wie alle anderen auch.“ antwortete Jay offen.

„Lasst euch nicht stören, war eh auf dem Weg in die Halle.“ grummelte Zacharias, ging weiter.

„Da wollte ich auch hin. Warte, ich komme mit Dir.“ Jay lief ihm hinterher.

Völlig überraschend griff er sie an, warf sie zu Boden, setzte sich auf ihre Oberschenkel, drückte ihre Arme über den Kopf, so dass sie wehrlos war.

„Hey, das war ziemlich unfair, hatte keine Chance, mich zu wehren.“ beschwerte sie sich. Keine Antwort, er sah sie nur grimmig an.

„Bist Du sauer, weil ich Dich alleine ließ?“ wollte sie wissen. Wieder keine Reaktion.

„Boah, rede mit mir. Was willst Du?“ wurde sie ungeduldig.

„Dich!“ Er hielt ihre Handgelenke mit einer Hand, schob die andere in ihre Hose, erregte sie mit seinen Fingern.

„Jetzt? Hier?“ stieß sie hervor.

„Jetzt und hier.“ knurrte er.

Jay spürte, dass er verärgert war, wusste nicht worüber. Obwohl er nicht gerade sanft zu ihr war, erregte sie es dennoch. Er schob ihre Hose weiter nach unten, nahm sie auf dem harten Boden.

„Verlass mich nie, versprich es mir.“ forderte er, nahm ihr Gesicht in seine Hände.

„Ich bleibe, solange Du mich willst.“ presste sie schweratmend hervor.

„Was war mit Dir? Warum warst Du so sauer?“ wollte Jay wissen, als sie atemlos neben ihm auf dem kalten Boden lag.

„Wegen Asaziel.“ erwiderte er grimmig.

„Du bist eifersüchtig auf ihn? Brauchst Du nicht, er ist durch und durch schwul.“ lachte Jay.

„Ich weiß. Als ich euch aber vorhin da so stehen sah, hätte ich ihn am liebsten verprügelt.“ gestand Zacharias zerknirscht. „Wieso schleichst Du Dich auch heimlich fort.“

„Um Sport zu machen, damit ich nicht fett werde.“

„Weck mich einfach, dann komm ich mit.“

Seine Eifersucht war erwacht. Mit Argusaugen beobachtete er sie, sie verhielt sie nicht anders als zuvor. Nichts deutete daraufhin, dass sie mit den anderen flirtete.

Kam sie am Morgen heim, ließ er ihr keine Zeit zum Duschen, wollte schmecken, ob ein Anderer in ihr war. Im Schlaf hielt er sie fest an sich gepresst, sie konnte sich nicht mehr davonschleichen.

Die Tage reihten sich aneinander, bis zu dem Fest war es nicht mehr weit. Luna, Samira, Delia und Solvey verbrachten die Nächte damit, an ihren Kleidern zu arbeiten, die bisher noch niemand gesehen hatte.

„Verrat mir doch wenigstens die Farbe.“ bettelte Nathanael.

„Blau.“ gab Luna sich geschlagen.

„Du wirst bestimmt zauberhaft darin aussehen. Obwohl – so gefällst Du mir besser.“ grinste Nathanael. Sie lagen gemeinsam in der Wanne.

„Männer.“ stöhnte Luna auf, drehte sich zu ihm, sah ihn an. „Wenn Madame Arwina mich so sehen würde, sie würde toben.“ grinste Luna, setzte sich auf ihn, das halbe Bad unter Wasser setzend.

Auch in den anderen Zimmern herrschte reges Treiben, bis alle sich schlafen legten, Ruhe sich über das Haus senkte. Erst zum Abendessen trafen sie wieder aufeinander.

„Unsere Frauen wollen uns nachts nicht dabei haben, so habe ich beschlossen, dass wir alle heute Abend zu Jeremia gehen werden.“ verkündete Nathanael.

„Wie, wir alle?“ war Michael erstaunt. „Und wer läuft heute Nacht?“

„Das machen wir im Wechsel, alle zwei Stunden. Raul, Lukas, kommt ihr mit?“

„Wenn es Dir nichts ausmacht, blieben wir lieber hier.“ erwiderte Raul, sah Lukas an, der zustimmend nickte.

„Okay, dann also nur wir, die Ritter der Tafelrunde.“ grinste Nathanael. „Also los, Jungs, auf ins Vergnügen.“

„Ich fahr nur Jay zur Arbeit, dann stoße ich zu Euch.“ sagte Zacharias.

„Oh, welch seltener Anblick.“ wurden sie von Jeremia begrüßt. „Dazu noch alle zusammen, dass kommt ja selten vor.“

Er führte sie zu ihrem Stammtisch, ließ eine Flasche und Gläser bringen. Samuel und Michael verschwanden gleich in den Hinterzimmern.

„Na, die haben es aber eilig.“ lachte Jeremia.

„Sind ja auch unsere einzigen Unbeweibten, ihre Betten sind noch leer.“ lachte Nathanael.

„Na dann. Und wo sind unsere jungen Freunde?“

„Ihre Ausbildung ist beendet, wir haben ihnen erstmal eine Woche freigegeben, danach beginnt dann der Ernst,“ antwortete Nathanael.

„So, wie ihr sie gequält habt, haben sie sich das auch verdient,“ lachte Jeremia, fuhr ernst werdend fort: „Wir bekommen hier ja einiges mit. Die Stimmung unter den Vampiren ist nicht sehr gut, haben Angst nach der Entführung von Lukas. Ihrer Meinung nach schützt ihr sie nicht gut genug.“

„Wir wissen ja, wer dahinter steckt, haben aber keine Ahnung, wo wir sie finden können, selbst Sakura kann da nicht helfen. Den Einzigen, den wir danach fragen könnten, wäre dieser schwarze Ritter, aber er erscheint und verschwindet wie ein Phantom.“

Abwechselnd drehten sie ihre Runden, hatten eine ruhige Nacht.

Am Morgen begab sich Zacharias zum Krankenhaus, wollte Jay abholen. Vor dem schwach beleuchteten Gebäude parkte er, ging hinein. An der Rezeption saß eine übernächtigte Frau, fragte: „Kann ich Ihnen helfen?“

„Nein, danke, ich möchte nur Schwester Jay abholen,“ wehrte Zacharias dankend ab.

„Schwester Jay? Der Name sagt mir nichts. Auf welcher Station soll sie denn sein?“

„Bei Dr. Phil, auf seiner Privatstation.“

„Moment,“ bat sie, tippte etwas in ihren Computer. „Nein, auch da gibt es keine Schwester namens Jay.“

„Wissen Sie, was ich geh direkt zu Dr. Phil, frage ihn selber,“ schlug Zacharias vor.

„Er ist nicht im Haus, hat heute keinen Nachtdienst.“

Wortlos drehte Zacharias um, verließ die Klinik, fuhr heim. Sie hat mich belogen, was die Arbeit betraf, ging es ihm durch den Kopf. Worin sonst noch? War alles eine Lüge? Zacharias ging in sein Zimmer, setzte sich in einen Sessel, wartete.

Wie jeden Morgen kam Jay zur gleiche Uhrzeit nach Hause, war in die Küche gegangen, hatte Zacharias dort nicht angetroffen.

„Hier steckst Du,“ sagte sie gut gelaunt, als sie das Zimmer betrat.

„Wo kommst Du jetzt her?“ fragte Zacharias ruhig.

„Aus der Küche,“ war Jay irritiert.

„Das meine ich nicht, ich möchte wissen, wo Du jetzt herkommst. Versuch gar nicht erst, mich zu belügen, ich weiß das Du nicht in der Klinik warst.“ Zacharias war aufgestanden, lief auf und ab.

„Aha, darauf weißt Du also keine Antwort,“ stellte er fest, als sie schwieg. „Hast Du was mit Phil? Oder einem anderen? Wo verbringst Du Deine Nächte?“

„Ich…“ begann Jay, wurde von Zacharias rüde unterbrochen: „Sei still, es werden ja eh nur Lügen Deinen Mund verlassen. Geh, geh einfach, erspar mir und Dir weitere Lügen.“ Er drehte sich um, starrte zum Fenster hinaus.

„Ich werde gehen,“ kam es leise von Jay, er konnte die Tränen in ihrer Stimme hören. „Eines Tages wirst Du verstehen und mir vielleicht verzeihen können.“

Zacharias erwiderte nichts, wandte ihr weiterhin den Rücken zu. Als sich die Tür hinter ihr schloss, fiel die Ruhe von ihm ab, er schlug wütend und verzweifelt gegen die Wand.

„Verdammt, wie konnte ich nur so blöd sein, ihr zu vertrauen. Sie ist nicht besser als anderen Frauen auch,“ fluchte er vor sich hin.

Mit finsterem Gesicht erschien er zum Abendessen. Auf die Frage, wo Jay sei, erwiderte er nur knapp: „Weg.“ Niemand wagte, eine weitere Frage zu stellen.

Jay war blind vor Tränen in ihr Zimmer gegangen, hatte wahllos ein paar Sachen gepackt. Johann hatte sie auf ihre Bitte hin in die Stadt gefahren. Dort hatte sie, was niemand wusste, eine geräumige Penthauswohnung in einem der Hochhäuser. Dort angekommen, warf sie sich auf das Bett, vergoss bittere Tränen. Darüber schlief sie ein, erwachte, als es draußen schon tiefe Nacht war. Nach einem ausgiebigen Bad packte sie, nur mit einem langen Shirt bekleidet, ihren Koffer aus. Ganz unter befand sich das Kleid, welches sie mit Zack für den Ball gekauft hatte. Wehmütig hing sie es an den Schrank, streichelte über die glatte, kühle Seide.

 

Die Tage vergingen, Tage, in denen Zacharias mit finsterem Gesicht herumlief. Niemand wagte ihm die Frage nach dem Warum zu stellen, keiner traute sich, den Namen Jay zu erwähnen.

Trafen sie in den Nächten auf Ratten, stürzte er sich in den Kampf, als gäbe es kein Morgen mehr. Das er dabei nicht verletzt wurde, grenzte an ein Wunder. Morgens verschwand er gleich in sein Zimmer. Dort hing immer noch ihr Geruch, er blieb nie lange dort, zog sich eine Trainingshose an, ging in die Sporthalle, wo er mit bloßen Händen einen Sandsack malträtierte.

Am Morgen des Balles verlange Nathanael, dass er ihn die Küche begleitete.

„Boah, warum das denn? Ich habe eh keine Lust auf diesen Scheiß,“ murrte Zacharias.

„Du wirst, so wie alle meine Ritter, dabei sein,“ erwiderte Nathanael streng. „Du als mein Bruder bildest da keine Ausnahme.“

„Ach, lassen wir mal wieder den König raushängen, erteilen dem kleinen Bruder Befehle?“ höhnte Zacharias.

„Wenn Du es so siehst – ja,“ antwortete Nathanael. „Jetzt halt Deine Klappe, hör einfach zu. Um zwanzig Uhr beginnt der Ball, wir werden allerdings früher dorthin fahren, uns die Begebenheiten ansehen. Jeremia sagt zwar, der Besitzer wäre ein Vollblüter, das Gelände gut gesichert, aber Kontrolle ist besser. Luna erscheint mit den anderen Frauen später, sie werden von Johann gefahren. Noch Fragen?“

„Wie sieht es mit unserer Kleidung aus?“ fragte Michael.

„Schwarze Hose, weißes Hemd, Fliege, weißes Dinnerjacket. Keine Kampfstiefel dazu,“ erwiderte Nathanael.

„Sportschuhe,“ sagte Zacharias lässig.

„Auch die nicht. Jetzt haut euch in die Falle, wir treffen uns um achtzehn Uhr in der Halle.“

Auf dem Weg nach oben schnappte sich Zacharias eine Flasche Whiskey, warf sich auf sein Bett, trank direkt aus der Flasche, bis sie leer war.

Leicht verkatert wachte er auf, stellte mit Blick auf die Uhr fest, dass noch Zeit war. Leicht schwankend ging er unter die Dusche, drehte das kalte Wasser auf, weckte seine Lebensgeister. Nackt ging er zurück ins Zimmer, sah, dass Johann ihm schon alles bereit gelegt hatte.

„Der hat auch keine Hobbys,“ murmelte Zacharias, zog sich widerwillig an, ging nach unten. Sein Weg führte in zunächst in die Küche, wo er sich einen Kaffee nahm. Lukas und Raul erschienen, beide in schwarzen Anzügen und weißen Hemden.

„Ach, musstet ihr euch auch verkleiden?“ spottete Zacharias.

„Sehen wir etwa nicht gut aus?“ fragte Raul, drehte sich kokett.

„Doch, wunderschön,“ grinste Zacharias. „Kommt ihr gleich mit uns?“ fügte er fragend hinzu.

„Nein, wir begleiten gleich die Damen,“ erwiderte Raul.

„Na, dann, sehen wir uns später.“ Zacharias nickte ihnen kurz zu, ging in die Halle, wo schon alle versammelt waren.

„Jonas und Asaziel haben unsere Ausrüstung im Auto, sie fahren getrennt von uns. Der Rest kommt mit mir,“ teilte Nathanael mit.

„Johann bringt dann später die Damen, von Raul und Lukas begleitet.“

„Wieso nehmen wir unsere Ausrüstung mit? Rechnest Du mit einem Besuch der Ratten?“ fragte Samuel.

„Ich hoffe nicht, aber sicher ist sicher,“ antwortete Nathanael. „Lasst uns jetzt los.“

„Kann ich nicht selber fahren?“ grummelte Zacharias.

„Nein, Du fährst mit uns, keine Chance, Dich frühzeitig zu verziehen,“ bekam er zur Antwort.

Das Hotel war ein ehemaliges Sommerschlösschen, lag außerhalb der Stadt, umgeben von einem riesigen Park. Das ganze Arenal war von einer hohen Mauer umgeben, deren Krone mit Stacheldraht gesichert war. Durch ein großes, schmiedeeisernes Tor, bewacht von zwei Männern, führte eine Auffahrt zu den Parkplätzen.

Als sie sich dem Eingang näherten, öffnete sich die schwere, große Eichentür, Jeremia kam in Begleitung eines Mannes heraus.

„Darf ich vorstellen? Das ist Josef, der Besitzer dieses Kleinodes,“ stellte Jeremia vor.

„Es ist mir eine Ehre, Euch in meiner bescheidenen Hütte begrüßen zu dürfen, Eure Hoheit,“ verneigte sich dieser tief.

Genervt verdrehte Nathanael die Augen, bedankte sich höflich.

„Seid nicht so bescheiden, dies ist ein sehr schönes Anwesen. Wenn Ihr gestattet, würden wir uns gerne kurz umsehen.“

„Ich lege sehr großen Wert auf die Sicherheit meiner Gäste, unter denen sich auch Adelige befinden,“ war Josef pikiert. „Überzeugt Euch nur selbst davon.“

„Samuel, Michael, Raphael, Gabriel, ihr lauft einmal an der Mauer entlang, wir werden uns im Inneren umsehen. Sollte euch etwas unsicher erscheinen, meldet es mir,“ sagte Nathanael.

Nach genauester Inspektion trafen sie sich vor dem Eingang wieder.

„Alles sicher, Boss, wir haben zweimal kontrolliert,“ erstattete Samuel Bericht.

„Innen auch, wir haben auch nichts gefunden,“ sagte Nathanael, blickte auf seine Uhr. „Es ist noch Zeit, um an der Bar einen Drink zu nehmen.“

Punkt zwanzig Uhr trafen die ersten Gäste ein. Nathanael stand, flankiert von seinen Rittern, an der Eingangstür, begrüßte sie. Etliche Kellner liefen herum, boten Getränke an. An der rechten Seite des Saales war ein riesiges Buffet aufgebaut, dem gegenüber befanden sich riesige Fenster, vom Boden bis zur Decke reichend, mit Blick auf den Park. Im Saal verteilt standen Tische, für vier, sechs oder acht Personen bestuhlt. Dem Eingang gegenüber stand eine längere Tafel mit Platz für zwölf Personen, reserviert für den König, seine Königin, deren Ritter. Dekoriert war alles in blau-weiß. Als alle Gäste eingetroffen waren, ging Nathanael mit seinen Rittern zu dem langen Tisch, wartete, bis diese Platz genommen hatten, räusperte sich, sagte laut: „Guten Abend, meine Damen und Herren. Zunächst möchte ich mich bedanken, dass Sie alle erschienen sind. Zunächst würde ich gerne, bevor ich Ihnen Ihre Königin vorstellen werde, ein paar Worte zu den Schülern sagen. Naja, Exschüler trifft es wohl eher. Wir hätten nicht gedacht, dass es ein so großer Erfolg werden würde, waren positiv überrascht. Alle haben ihre Ausbildung mit Bravour gemeistert, niemand hat vorzeitig aufgegeben. Sie können stolz auf Ihren Nachwuchs sein, so wie wir es sind. Und für euch, meine lieben Schüler, wird es später noch eine kleine Überraschung geben.“ Jeremia kam, flüsterte ihm etwas ins Ohr. „Nun möchte ich Sie aber nicht länger auf die Folter spannen, Ihnen meine Frau, Ihre Königin, vorstellen.“

Hinter ihm öffnete sich eine kleine, bisher unbemerkte, Tür, Luna schritt hindurch, gefolgt von Samira und Solvey. Nathanael drehte sich zu ihr, starrte sie sprachlos an. Ihr karamellfarbenes Haar war kunstvoll hochgesteckt, wurde von einem silbernen Diadem, besetzt mit Saphiren, geschmückt. Ihr Kleid, ebenfalls in Saphirblau, hatte einen runden Ausschnitt, welcher kurz über ihren Busen endete, weite lange Ärmel ließen einen Teil ihrer Oberarme und die Schultern frei. Über den weit schwingenden Rock war ein mit Sternen besetzter Tüll in der gleichen Farbe. Das Oberteil und die Ärmel waren ebenfalls mit Sternen besetzt. Um den schlanken Hals trug sie ein Collier mit Saphiren. Ihre bernsteinfarbenen Augen wurden von schwarz gefärbten Wimpern umkränzt, das einzige Make-Up, was sie trug.

„Entschuldigung, aber ich bin gerade sprachlos,“ sagte Nathanael mit belegter Stimme. „So wie Sie, sehe ich meine Frau heute das erste Mal in diesem Kleid, sie hat es erfolgreich vor mir geheim gehalten.“

Er nahm Lunas Hand, wandte sich den erwartungsvoll schauenden Gästen zu: „Ich möchte ihnen Luna-Mae, meine bezaubernde Frau, Ihre Königin vorstellen. Behandelt sie mit dem gleichen Respekt wie mich.“

Die Gäste erhoben sich, Beifall erklang. Luna-Mae hob die Hände, wartete, bis Ruhe herrschte, atmete tief durch. „Ich hoffe, ich entspreche Euren Erwartungen, werde mich bemühen, Euch eine gute Königin zu sein. Falls Euch etwas bedrückt, scheut Euch nicht, Euch an mich zu wenden. Ich werde alles in meiner Macht stehende tun, um zu helfen.“

Kellner erschienen, verteilten Champagner.

„Hoch lebe unsere Königin.“

„Kommen wir nun zum zweiten offiziellen Teil,“ sagte Nathanael, trat vor den Tisch, gefolgt von seinen Rittern, welche sich neben in aufstellten.

„Meine lieben, ehemaligen Schüler, kommen wir jetzt zu Euch. Eure Ausbildung habt ihr alle mit Bravour abgeschlossen, was mich, uns positiv überrascht hat. Keine Panik, wir werden keine Zeugnisse verteilen, dennoch möchte ich euch bitten zu uns zu kommen, wir haben da noch eine Kleinigkeit für euch.“ Er wartete, bis sich alle fünfundzwanzig Jungs vor ihm eingefunden hatten. „Da mein Kontingent an Rittern gedeckt ist, haben Sakura, Ares und meine Wenigkeit beschlossen, Euch in den Stand des königlichen Kriegers zu erheben. Schaut nicht so ängstlich, ich werde kein Schwert ziehen, eine Urkunde muss reichen.“ Er grinste in ihre ernsten Gesichter. „Ich werde jeden Einzelnen aufrufen, ihm das Papier in die Hand drücken, dann dürft ihr euch händeschüttelnd bis zu Jonas vorarbeiten, den wir natürlich ganz ans Ende der Reihe gestellt haben, er hat auch noch etwas für euch.“

Während Nathanael die Namen nannte, sah Raul sich suchend um. Sein Vater schien es wohl nicht geschafft zu haben oder es interessierte ihn nicht. Enttäuschung machte sich in ihm breit. Lukas, der neben ihm stand, drückte seine Hand, flüsterte tröstend: „Er kommt schon noch, vielleicht hatte sein Flieger Verspätung.“

Raul sah ihn an, seine Lippen formten tonlos: „Ich liebe Dich.“

Lukas und Raul waren die Letzten der Reihe.

„Gratuliere, Krieger Raul.“ Nathanael drückte ihm kräftig die Hand, überreichte ihm die Urkunde. Bei Jonas angekommen, griff dieser nach der linken Hand Rauls, steckte ihm einen Ring an den Finger.

„Wir sind aber jetzt nicht verlobt,“ grinste Jonas ihn an.

„Nicht? Schade,“ erwiderte Raul ebenfalls grinsend, stellte sich zu dem anderen, neu berufenen Krieger. Sie alle trugen nun den gleichen Ring. Er war schmal, verziert mit kleinen Kirschblüten, aus Platin gefertigt. Zwischen den Blüten war der jeweilige Name des Trägers eingraviert.

„Damit wäre der offizielle Teil beendet,“ verkündete Nathanael fröhlich. „Nun wird gefeiert.“

Er nahm Lunas Hand. „Komm, meine Liebe, lass uns das Buffet eröffnen.“

Alle Jung-Krieger gingen zu ihren Familien, zeigten stolz die Urkunde und den Ring, ließen sich beglückwünschen. Auch Lukas ging zu seiner Mutter, schleppte Raul mit. Raphael und Solvey kamen auch hinzu.

„Ich bin so stolz auf Dich,“ sagte Delia berührt, nahm Lukas in den Arm. Ihr Blick fiel auf den traurig aussehenden Raul. „Auf Dich bin ich auch stolz, bist ja jetzt auch so was wie mein Sohn.“ Sie nahm ihn ebenfalls in den Arm.

„Dürfte ich meinen Sohn auch umarmen?“ hörte er hinter sich.

„Vater!“ Erfreut drehte sich Raul um, sah seinen Vater strahlend an. „Du hast es ja doch geschafft.“

„Was dachtest Du denn? Lass mir den großen Tag meines Sohnes nicht entgehen,“ lachte Simon. „Steh schon eine ganze Weile an der Tür, wollte die Zeremonie nicht unterbrechen.“

„Komm, ich möchte Dich bekannt machen.“ Raul zog seinen Vater mit. „Lukas kennst Du ja bereits. Das hier ist seine Mutter Delia, seine Schwester Solvey. Bleibt noch Raphael, Ritter und einer meiner Ausbilder, den schlimmsten, den wir hatten,“ lachte Raul. „Simon, mein Vater.“

„Pass auf, was Du sagst, sonst verpass ich Dir ein Extratraining,“ drohte Raphael grinsend.

Nachdem Simon allen die Hand gegeben hatte, stellte sich Raul neben Lukas, legte seinen Arm um dessen Schulter.

„Es gibt noch etwas, was ich Dir sagen muss,“ gestand Raul, atmete tief durch. „Ich weiß, dass Du Dir wünschst, dass ich irgendwann mal eine Frau finde und Dir Enkel beschere. Aber diesen Wunsch kann ich Dir nicht erfüllen. Der Einzige, mit dem ich mein Leben verbringen werde, steht hier. Kurz gesagt, ich bin schwul und liebe Lukas.“

„Bekomme ich statt einer Schwiegertochter einen Schwiegersohn,“ war Simons Reaktion auf das Geständnis. „Willkommen in der Familie.“ Er umarmte Lukas.

„Die keine richtige ist,“ murmelte Raul

„Geahnte hatte ich so etwas schon, hielt es für jugendliche Neugier. Da es aber ernst zu sein scheint, werde ich es akzeptieren,“ bekannte Simon, sah dabei Delia an.

„Weißt Du was, Vater? Du bist noch jung genug, Dir eine Frau zu nehmen. Mit ihr kannst Du noch ein paar Kinder zeugen, irgendwann wirst Du bestimmt Großvater, wenn Dir soviel daran liegt,“ schlug Raul vor.

„Danke, mein Sohn, schön, dass Du mich nicht für alt hältst,“ feixte Simon. „Ich werde über Deinen Vorschlag nachdenken.“

„Die Jugend von heute,“ wandte er sich kopfschüttelnd an Delia. „Kein Respekt vor dem Alter. Ist Ihr Sohn auch so?“

„Nein,“ erwiderte Delia, errötete leicht.

„Mutter, Du bist auch nicht alt. Wenn es mal einen neuen Mann in Deinem Leben geben sollte, wünsche ich mir nur, dass er Dich besser behandelt,“ sagte Lukas, zustimmend nickte Solvey.

 

Zacharias hatte sich, nachdem die Zeremonie vorbei war, ein Glas von einem Tablet geschnappt, sich in eine Ecke verzogen. An die Wand gelehnt, beobachtete er das Treiben. Nathanael und Luna waren ständig belagert, hatten kaum Zeit, etwas zu essen. Raul schien sich vor seinem Vater geoutet zu haben, er versteckte seine Beziehung zu Lukas nicht mehr. Zwischen Delia und Simon schienen sich zarte Bande zu knüpfen.

Samuel und Michael waren als einzige noch zu habende Ritter von einer Schar junger Frauen belagert, genossen sichtlich deren Aufmerksamkeiten.

Ein verspäteter Gast betrat den Raum. In seiner Begleitung befand sich – Jay. Sie besaß tatsächlich die Dreistigkeit, in Begleitung von Phil hier zu erscheinen, dazu noch in dem Kleid, welches er, Zacharias, mit ihr zusammen für diesen Abend gekauft hatte.

Mit einem Schluck trank Zacharias sein Glas aus, nahm sich ein neues.

Phil und Jay gingen zu Nathanael und Luna, begrüßten beide. Später sah er, wie die Beiden durch den Saal schlenderten, hier und da stehen blieben, sich unterhielten. Keine Spur von Traurigkeit bei Jay, sie schien es nicht allzu sehr mitzunehmen.

Jeremia kam zu den Beiden, schüttelte Phil kräftig die Hand, umarmte Jay. Sie unterhielten sich, er hörte sie immer wieder lachen. Mit brennenden Augen sah er zu ihr hin, aber von ihr kein Blick zurück. Er hielt es nicht mehr aus, in ihrer Nähe zu sein, verließ den Saal, begab sich in den Park. Sich eine Zigarette anzündend, schlenderte er den mit weißem Kies bestreuten Weg entlang, ging immer tiefer in den Park hinein. Hier war es still, kein Licht, kein Laut drang hierher. Er zerrte sich die Fliege vom Hals, steckte sich achtlos in die Tasche, öffnete sein Hemd bis zur Brust. So fühlte er sich wohl, nicht so beengt. Tief atmete er durch. ‚Die ganze feine Gesellschaft kann mich mal, fällt doch eh keinem auf, dass ich nicht mehr da bin,‘ dachte er.

Aus Richtung der Mauer näherten sich Schritte. Er sah sie auf sich zu kommen, eine große Schar Ratten, mindestens einhundert von ihnen. Für eine Flucht war es zu spät, sein Handy steckte in der Jackentasche. Wenigstens hatte er, gegen den Willen Nathanaels, sein Messer dabei. Ganz alleine stellte er sich ihnen in den Weg, kämpfte wie besessen. ‚Wenn ich schon sterbe, dann nehme so viele von ihnen mit, wie ich kann,‘ dachte er grimmig. Aber es waren zu viele von ihnen, sie überwältigten ihn, stachen auf ihn ein. Urplötzlich herrschte Ruhe. Halb bewusstlos, aus unzähligen Wunden blutend, lag er am Boden, sah den schwarzen Ritter dreifach. „Wer bist Du?“ flüsterte Zacharias mit letzter Kraft.

 

Jemand hatte seine Hand um sein Handgelenk gelegt, schien seinen Puls zu fühlen. Mühevoll öffnete er die Augen. ‚Wie es wohl im Jenseits aussah?‘ dachte er, war enttäuscht. Hier sah es aus wie in einem der Krankenzimmer bei Phil.

„Willkommen unter den Lebenden,“ hörte er Phils Stimme.

„Wo…wo bin ich?“ Seine Stimme war rau und sein Hals schmerzte.

„Bei mir in der Klinik. Hast uns ganz schön viel Arbeit gemacht,“ antwortete Phil. „Hatten alle Hände voll zu tun, Dich wieder zusammenzuflicken. Wären Jay und ich nicht zufällig vorbeigekommen, wäre es aus mit Dir gewesen.“

„Tut mir leid, dass ich euren romantischen Spaziergang unterbrochen habe,“ knurrte Zacharias.

„Hä? Romantisch? Mit meiner Schwester?“ war Phil irritiert.

„Soll vorkommen, dass Ärzte ihre Schwestern heiraten,“ murmelte Zacharias. Laut reden fiel ihm schwer, sein Hals brannte zu sehr.

„Hey, ich bin doch nicht pervers, heirate nicht meine eigene Schwester,“ schüttelte Phil den Kopf, sah Zacharias an, als hätte er den Verstand verloren. Dann dämmerte es ihm. „Oh Mann, Jay ist wirklich meine Schwester, um genau zu sein, meine um fünf Minuten ältere Schwester,“ stellte Phil richtig.

„Ihr…ihr seid Geschwister?“ hakte Zacharias nach.

„Ja, Mann, sind wir,“ nickte Phil. „Jetzt lass mich weitermachen.“ Er nahm die Decke fort, tastete Zacharias Körper ab. „Sieht alles sehr gut aus. Die kleineren Wunden sind schon fast verschwunden, auch die größeren zeigen einen guten Heilungsprozess. Jetzt musst Du nur noch etwas mehr zu Kräften kommen, dann können wir den Eingriff wagen.“

„Wovon, zum Teufel, redest Du?“ wollte Zacharias wissen.

„Bei dem Überfall wollte Dir eine der Ratten ins Herz stechen. Dabei brach allerdings das Messer ab. Jetzt steckt dessen Spitze darin.“ Phil deutete auf Zacharias Brust. „Sie sitzt ganz dicht an Deinem Herzen. Durch den hohen Blutverlust, den Du erlitten hast, konnten wir nicht sofort operieren, Du wärst uns unter den Händen gestorben. Nun werden wir Dich erst mal aufpäppeln, damit wir den Eingriff wagen können. Für Dich heißt das allerdings, still liegen zu bleiben, nach Möglichkeit nicht zu bewegen.“

Es klopfte, eine Schwester kam herein. Sie trug einen Mundschutz, eine Haube auf dem Kopf, welche ihr Haar verbarg. Die Augen hielt sie gesenkt.

„Sie wird sich um Dich kümmern,“ teilte Phil mit.

„Von mir aus,“ knurrte Zacharias, schloss die Augen.

Die Schwester sprach kein Wort, als sie ihn wusch. ‚Verdammt, jetzt liege ich schon wieder nackt und hilflos vor einer Frau,‘ dachte Zacharias wütend.

„Pack mich da nicht an,“ zischte er, als sie seinen Intimbereich waschen wollte.

Zu seinem Erstaunen gehorchte sie, deckte ihn wortlos zu. Sie stellte sein Bett in eine halbsitzende Position, brachte ihm Essen.

„Hab keinen Hunger,“ grummelte er. Wortlos nahm sie es wieder fort, ließ ihn alleine.

Zacharias schlief ein, sah im Traum die Bilder des Überfalles, spürte wieder die schmerzhaften Einstiche. Unruhig wälzte er sich hin und her. Eine zarte Hand legte sich auf seine. „Scht, Du bist in Sicherheit,“ murmelte eine leise Stimme. Als er die Augen öffnete, um zu sehen, wer bei ihm war, war niemand zu sehen. Sein Mund war trocken, sein Hals brannte. Sein Blick fiel auf den Tisch neben seinem Bett, dort stand eine Art Thermobecher. Durstig griff er danach, frisches, warmes Blut rann seine Kehle hinunter. Es schmeckte süß, es schmeckte nach – ihrem Blut. Nachdenklich drehte er den Becher in seiner Hand, dachte, warum sollte sie das für ihn tun, wo er sie so mies behandelt hatte.

Als die Schwester am Abend zu ihm kam, ihn für die Nacht fertig machte, beobachtete er sie genau. Viele ihrer Bewegungen erinnerte ihn an Jay. Sie verrichtete ihre Arbeit wieder schweigend, hielt die Augen gesenkt, sah ihn nicht an.

Am nächsten Morgen stand erneut der Becher neben seinem Bett. Das Blut in ihm wirkte, sein Hals schmerzte nicht mehr so sehr, er fühlte seine Kraft zurückkehren.

„Guten Morgen, wie geht es Dir heute?“ Mit diesen Worten betrat Phil das Zimmer.

„Gut. Wann holst Du dieses verdammte Ding aus mir raus?“ fragte Zacharias ungeduldig.

„Sobald ich der Meinung bin, Du bist stark genug für den Eingriff,“ erwiderte Phil.

„Warum habt ihr mich nicht verrecken lassen? Hättet euch umdrehen und weggehen sollen,“ knurrte Zacharias.

„Hey, ich bin Arzt, bin verpflichtet zu helfen,“ grinste Phil. „War ja nicht das erste Mal, dass Du Dich in einen Springbrunnen verwandelt hast.“

„Beim nächsten Mal suche ich mir einen Ort, wo mich keiner so schnell findet,“ sagte Zacharias zynisch.

„Warum willst Du unbedingt sterben?“ war Phil überrascht.

„Weil das ganze Leben nur aus Lug und Betrug besteht,“ fuhr Zacharias auf. „Alle um mich herum tun so, als würden sie verstehen, warum ich so bin, wissen aber rein gar nichts. Die Frauen tun, als würden sie einen mögen, wollen in Wahrheit aber nur unseren Schwanz. Das Einzige, was mich am Leben hält, ist die Wut und der Hass auf die, die mir das antat.“

Wortlos hatte Phil dem Ausbruch zugehört. „Du redest ja nie über Deine Entführung. Was Lukas passiert ist, lässt aber ahnen, dass Du das Gleiche erlebt haben wirst. Glaub mir, nicht alle Frauen sind so, es gibt welche, die Dich um Deiner selbst willen lieben.“

„Dachte ich auch, hab mich geirrt,“ erwiderte Zacharias knapp.

Phil wusste genau, über wen er sprach. „Schonmal darüber nachgedacht, dass Du ihr Unrecht tatest?“

„Ne, will ich auch nicht, sollen mich alle in Ruhe lassen,“ grummelte Zacharias, schloss demonstrativ die Augen.

„Ich seh heute Abend nochmal nach Dir, morgen werden wir dann nochmal röntgen, danach sehen wir weiter.“

Nachdem Phil fort war, erschien die Schwester. Sie wusch ihn, machte sein Bett, schüttelte sein Kissen auf.

„Kannst Du nicht sprechen?“ fragte Zacharias.

Als Antwort bekam er ein Kopfschütteln.

„Ach, mir auch egal, will eh keine Konversation mit Dir führen.“

Am Nachmittag erschien Nathanael. „Mann, bin ich froh, Dich wach zu sehen. Die letzten vier Wochen waren die Hölle, bei jedem Anruf Panik, dass Du es nicht gepackt hast. Als Du auf dem Fest nicht mehr zu sehen warst, dachten alle, Du wärst nach Hause gegangen. Warst ja eh nie ein Freund von solchen Dingen.“

„Ne, wollte nur raus, in Ruhe eine rauchen. Konnte ja nicht ahnen, dass Du die Ratten zum Tanz geladen hattest,“ flachste Zacharias. „War nur der einzige Tanzpartner, den sie fanden.“

„Frag mich nur, wie sie es geschafft haben, einzudringen, wir hatten doch alles kontrolliert,“ meinte Nathanael nachdenklich.

„Zerbrich Dir jetzt nicht den Kopf darüber,“ winkte Zacharias ab. „Bin ja noch am Leben, dank des schwarzen Ritters, den ich dreifach sah.“

„Ich erfuhr erst am nächsten Morgen davon, bekam eine Nachricht, dass es Dich schwer erwischt hätte. Rief hier an, wollte Phil sprechen, man sagte mir, er stehe noch im OP, riefe zurück, sobald er könne. Dieser Anruf kam dann am Abend des nächsten Tages, klang nicht erfreulich. Ab da hatten die Ratten nichts mehr zu lachen, selbst unsere Jungkrieger meldeten sich freiwillig, so dass wir die ganze Stadt gut abdecken konnten.“

„Und ich lieg faul hier rum,“ grinste Zacharias.

„Sei ehrlich, wolltest Dich nur vor dem Aufräumen drücken,“ erwiderte Nathanael lachend.

„Genau so war es,“ stimmte Zacharias zu. „Was gibt es sonst für Neuigkeiten?“

„Samuel und Michael haben jetzt auch ihre Frauen gefunden, wird langsam voll bei uns,“ berichtete Nathanael. „Johann hat zwei Hilfen bekommen, für ihn alleine war es zu viel. Zwischen Rauls Vater und Lukas Mutter scheint sich etwas anzubahnen, er kommt des Öfteren zu uns. Ansonsten ist alles beim Alten.“

Es klopfte leise, Luna-Mae kam herein. Strahlend ging sie zu Zacharias, umarmte ihn. „Bist und bleibst unser Sorgenkind,“ lächelte sie. „Schön zu sehen, dass Du wieder unter uns weilst.“

„Kann den Trottel doch nicht alleine lassen,“ feixte Zacharias, deutete auf Nathanael.

„Was sagt Phil? Was fehlt Dir?“ fragte Nathanael seine Frau.

„Nichts, alles in bester Ordnung,“ strahlte sie ihn an.

„Und wieso ist Dir in letzter Zeit ständig übel?“

„Das ist völlig normal, hört bald wieder auf,“ antwortete Luna gelassen.

„Normal? Normal finde ich es nicht, dass Du, sobald Du Essen siehst, auf die Toilette rennst, Dich übergibst,“ entrüstete sich Nathanael.

Zacharias sah Luna an, hob fragend die Brauen, strahlend nickte sie ihm zu.

„Sag doch, er ist ein Trottel,“ sagte Zacharias trocken.

„Macht euch nur über mich lustig, nur weil ich mich um meine Frau sorge,“ war Nathanael beleidigt.

„Also, mein lieber Bruder, es gibt da die Blümchen und die Bienchen,“ begann Zacharias lachend, wurde unterbrochen: „Lass den Quatsch.“ Dann fiel bei ihm wohl der Groschen. „Soll das heißen, ich – Du – wir? Ein Kind?“

„So ist es,“ freute sich Luna, fiel ihm um den Hals. „Phil sagt, seit vier Wochen trage ich es schon, muss also nach dem Fest gewesen sein.“

„Na super, haben wir demnächst einen stinkenden, schreienden Windelscheißer im Haus,“ seufzte Zacharias.

„Und Du bist sein Babysitter,“ drohte ihm Luna scherzhaft an.

Kinder! Wollte er Kinder? Darüber dachte Zacharias nach, als er wieder alleine war. Er betrachtete seine Hände. Sie waren geübt im Umgang mit dem Messer, aber würden sie ein kleines Bündel halten können? Nein, beschloss er, er würde seine Gene nicht weitergeben, zumal ihm auch die Frau dazu fehlte. Die Frau, mit der er sich hätte vorstellen können, Kinder zu bekommen, hatte er ja davongejagt.

„Oh, Jay, wirst Du mir jemals vergeben können?“ murmelte er.

 

„So, mein Lieber, es ist so weit,“ sagte Phil einige Tage später. „Morgen werden wir dieses Ding aus Dir rausholen.“

„Na endlich,“ erwiderte Zacharias, obwohl es ihm an den Gedanken daran mulmig wurde.

„Um sieben Uhr wirst Du abgeholt, dann für die Operation vorbereitet. Wenn alles gut läuft, liegst Du morgen Nachmittag wieder in Deinem Bett,“ erklärte Phil.

„Und übermorgen darf ich nach Hause,“ ergänzte Zacharias.

„So schnell wohl nicht, musst noch ein paar Tage unser Gast bleiben,“ stellte Phil richtig.

Am nächsten Morgen erschienen zwei kräftige Pfleger, schoben ihn in den Vorraum des Operationsaales. Eine Schwester in steriler Kleidung erschien, legte ihm einen Zugang, spritzte ihm das Narkosemittel. Kurz bevor er einschlief, hob sie den Blick, sah ihn an. Es waren ihre grünen Augen, in welche er blickte, dann wurde es schwarz um ihn.

„Piep, piep, piep.“ ‚Was für ein nerviges Geräusch,‘ dachte Zacharias, öffnete mühevoll die Augen. Er lag in einem Zimmer, umgeben von Apparaturen, welche die Geräusche von sich gaben. In seinem Arm steckte eine Nadel, verbunden mit einem Schlauch, durch den Blut in seine Adern floss. Mit den Augen folgte er dem Schlauch, sah, dass einen halben Meter von ihm entfernt ein weiteres Bett stand. Jemand lag darin, gab ihm sein Blut. Er drehte den Kopf in dessen Richtung, sah einen weizenblonden Haarschopf.

„Warum?“ murmelte er. „Warum tust Du das?“

„Weil Phil mich darum gebeten hat,“ lautete die knappe Antwort.

„Muss Dir schwergefallen sein, mich Arschloch zu retten.“

„Ich helfe allen, ob Arschloch oder nicht.“

„Jay, ich…“

„Sei still, versuche lieber, noch etwas zu schlafen.“ Sie hatte ihm immer noch den Rücken zugewandt.

Er schlief wieder ein. Als er das nächste Mal aufwachte, lag er wieder in seinem Zimmer, von Jay nichts mehr zu sehen. ‚Vielleicht war es nur ein Traum,‘ dachte er, starrte die Decke an.

Ein gut gelaunter Phil betrat das Zimmer. „Das Ding ist raus.“ Er holte einen kleinen, durchsichtigen Becher aus seiner Tasche, hielt es vor Zacharias. „Hab es Dir mitgebracht, willst Du vielleicht als Andenken behalten.“

Zacharias nahm den Becher, betrachtete den Inhalt, eine etwa zwei Zentimeter große Messerspitze.

„Du, Phil, habe ich nur geträumt oder hat Jay mir wirklich ihr Blut gegeben?“ stellte er die Frage, die ihm auf der Seele brande.

„Nein, das war kein Traum, sie hat es tatsächlich getan. Du hattest bei der Operation mehr Blut verloren, als gedacht. Es hätte zu lange gedauert, eine Jungfrau zu rufen, da hat sie sich zur Verfügung gestellt. Du solltest es eigentlich nicht erfahren,“ antwortete Phil.

„Also steh ich in ihrer Schuld. Ich würde mich gerne bei ihr bedanken, würdest Du ihr das bitte ausrichten?“

„Ich werde es weitergeben,“ versprach Phil, ließ ihn alleine.

Am frühen Abend erschien Nathanael.

„Hab gehört, Du hast alles gut überstanden,“ sagte er erfreut. „Phil ist schon ein großartiger Arzt.“

„Soll ich jetzt in Jubel ausbrechen?“ knurrte Zacharias. „Ist immerhin sein Job.“

„Für jemanden, der knapp dem Tod entkommen ist, bist Du aber ziemlich schlecht gelaunt.“

„Warum sollte ich mich freuen? Hab alles, was man falsch machen kann, falsch gemacht, selbst zum Sterben bin ich zu blöd.“

„Rede nicht so,“ bat Nathanael leise. „Wenn Du mich verlässt, geht auch ein Teil von mir. Ich kann es zwar nicht so zeigen, aber ich liebe Dich.“

„Du hast ne Frau,“ grinste Zacharias.

„Blödmann, Du weißt, wie ich es meine,“ erwiderte Nathanael lachend. „Immerhin haben wir uns neun Monate eine Gebärmutter geteilt, waren unser Leben lang zusammen, haben Seite an Seite gekämpft. Das kannst Du nicht einfach alles wegwerfen.“

„Na gut, Dir zuliebe versuche ich, zu überleben. Aber,“ er hielt inne, grinste schief, „komm ja nicht auf die Idee, mir euer schreiendes Balg in die Hand zu drücken.“

„Das arme Kind,“ seufzte Nathanael, verdrehte die Augen.

„Komm bald nach Hause, Kleiner, wir vermissen Dich.“

„Sag das nicht mir, sag das dem Doc. Er will bestimmt die Rechnung in die Höhe treiben, deshalb hält er mich hier fest,“ grummelte Zacharias.

 

Kapitel 14

Simon und Delia



Simon hatte sich verspätet, er kam gerade an, als Nathanael die ehemaligen Schüler zu sich rief. Er bemerkte Rauls suchenden Blick, beschloss, an der Tür stehen zu bleiben. Stolz erfüllte ihn, als sein Sohn in den Stand eines Kriegers erhoben wurde. Als die Zeremonie vorüber war, sah er die Enttäuschung in Rauls Gesicht. Sein rothaariger Freund, den er kurz bei sich zu Hause gesehen hatte, zog Raul mit zu einer Frau mit rotgoldenem Haar. Lächelnd nahm sie erst den Rothaarigen, dann Raul, seinen Sohn, in die Arme. Simons Herz machte einen Sprung. Wer war sie? Er spürte das erste Mal seit dem Tod seiner Frau Interesse an einer anderen Frau. Sich noch eine Weile im Hintergrund haltend, wartete er, ob sich ein passender Mann einfand. Als dies nicht geschah, ging er weiter in den Saal hinein, wurde von Raul entdeckt, welcher gleich zu ihm kam.

„Vater, Du hast es ja doch noch geschafft,“ strahlte Raul ihn an.

„Natürlich. Dachtest Du, ich ließe mir den großen Tag meines einzigen Sohnes entgehen?“ fragte Simon lachend, umarmte Raul.

„Komm, ich möchte Dir jemanden vorstellen.“ Aufgeregt zog Raul ihn mit sich. „Darf ich bekannt machen? Das sind Delia, Lukas Mutter und Solvey, seine Schwester. Das hier ist Raphael, einer der Ritter und unserer Ausbilder, der schlimmste, den wir hatten.“

„Hey, pass auf, was Du sagst,“ lachte Raphael. „Sonst lass ich Dich Sondertraining machen.“

„Lukas kennst Du ja bereits,“ fuhr Raul fort. „Simon, mein Vater.“

Simon begrüßte alle, immer wieder ging sein Blick zu Delia. Sie trug ein meergrünes, hochgeschlossenes Kleid mit langen Ärmeln, welches hervorragend zu ihrem Haar und den grau-grünen Augen passte. Was war nur mit ihm? Sollte er sich tatsächlich nach all den Jahren wieder verlieben? Oder war es der Gedanke, dass es eigentlich Rauls Mutter hätte sein sollen, die hier stehen sollte, ihn in den Arm nehmen, wie sie es gerade getan hatte?

Mitten in diese Gedanken hinein sagte Raul: „Ich muss Dir noch etwas sagen. Ich weiß, dass Du Dir gewünscht hast, dass ich mal eine Frau finden und Kinder mit ihr haben werde, aber das wird nicht geschehen. Die Person, mit der ich mein Leben verbringen möchte, steht hier neben mir.“ Er legte seinen Arm um Lukas Schultern, zog ihn an sich.

„Naja, bekomm ich statt einer Schwiegertochter halt einen Schwiegersohn,“ kam es gelassen von Simon.

„Ach, Vater, such Dir eine Frau, mach Kinder mit ihr, wenn Du unbedingt Großvater werden willst. Jung genug dazu bist Du ja,“ schlug Raul lachend vor.

„Danke, mein Sohn, dass Du mich nicht für alt hältst.“ Kopfschüttelnd sah er Delia an. „Die Jugend von heute. Ist Ihr Sohn auch so frech?“

„Nein, so etwas hat er noch nie zu mir gesagt,“ erwiderte Delia.

„Du bist ja auch nicht alt,“ sagte Lukas. „Sollte jemals wieder ein Mann in Dein Leben treten, wünsche ich mir nur, dass er Dich besser behandelt.“

„Möchten Sie sich zu uns setzen?“ fragte Delia scheu.

„Gerne,“ nickte Simon, folgte ihr zu ihrem Tisch, zog zuvorkommend ihren Stuhl zurück, ließ sie Platz nehmen, setzte sich ihr gegenüber.

„Es freut mich für Raul, dass Sie noch hergekommen sind,“ sagte Delia. „Es hätte ihm sehr wehgetan, wenn Sie es nicht geschafft hätten.“

„Ich wollte schon früher hier sein, aber der Flieger hatte Verspätung. Leider ließ mein Job es nicht zu, dass ich einen Tag eher kommen konnte,“ erklärte Simon.

„Sie reisen viel, sehen viel von der Welt,“ fuhr Delia fort. „Raul tut so, als ob es ihm nichts ausmache, aber in Wirklichkeit vermisst er Sie sehr.“

„Sie müssen mich für einen schlechten Vater halten, aber ich liebe meinen Sohn. Der frühe Tod seiner Mutter hat mich ruhelos werden lassen, sie war meine große Liebe. Wir waren glücklich, freuten uns auf die Geburt unseres zweiten Kindes, einer Tochter. Bei der Geburt gab es Komplikationen, das Kind steckte fest, meine Frau verstarb, mit ihr das ungeborene Kind. Nach ihrer Beisetzung verkaufte ich unser Haus, kam mit Raul hierher, nahm einen Job an, der mich viel reisen ließ. Jedes Mal, wenn ich nach Hause kam, Raul sah, wurde ich an seine Mutter erinnert, er ähnelt ihr stark,“ erzählte Simon.

„Es muss schwer sein, einen geliebten Menschen zu verlieren,“ sagte Delia mitfühlend.

„Haben Sie ihren Mann auch verloren?“

„In gewisser Weise schon. Er ist an einem Ort, von dem es kein Zurück für ihn gibt,“ erwiderte Delia ausweichend.

Simon merkte, dass sie nicht darüber reden wollte, wechselte das Thema. „Ist schon etwas ungewöhnlich, seinen Sohn mit einem Mann zusammen zu sehen. Geht es Ihnen auch so?“

„Ungewöhnlich – ja, aber es stört mich nicht, habe kein Problem damit. Mir geht es nur darum, dass meine Kinder glücklich sind,“ antwortete Delia.

„Sie müssen mich für einen riesigen Vollpfosten halten, bei dem Schwachsinn, den ich von mir gebe. Natürlich wünsche ich meinem Sohn alles Glück dieser Erde mit dem Menschen, den er liebt,“ sagte Simon, lächelte schief.

„Nein, halte ich nicht. Vielmehr bewundere ich, dass Sie es trotz Ihres Jobs geschafft haben, aus Raul einen höflichen, liebenswerten Mann zu machen.“

Durch die Rückkehr Rauls und Lukas wurde ihr Gespräch unterbrochen.

„Na, alter Mann, wie lange bleibst Du dieses Mal?“ fragte Raul, grinste seinen Vater an. „Koffer schon gepackt, morgen wieder weg?“

„Tut mir leid, Dich enttäuschen zu müssen, ich bleibe länger,“ erwiderte Simon. „Dachte, wir könnten mal was zusammen unternehmen.“

„Wir Beide? Was schwebte Dir da so vor?“ wollte Raul wissen.

„Och, ich dachte, wir könnten einen Zoobesuch machen, einen Ausflug in einen Freizeitpark, so etwas in der Art,“ antwortete Simon.

„Nur, wenn Du mir ein Eis kaufst,“ flachste Raul.

„Von mir aus auch zwei oder drei,“ lachte Simon.

„Oh ja, und Pommes, Hamburger, Limo, Süßigkeiten,“ fügte Raul hinzu.

„Klar, alles, was Du willst. Und für die Rückfahrt eine Tüte, in die Du reinspucken kannst.“ Raul und er begannen zu lachen.

Lukas beobachtete das Ganze wehmütig, so hätte er nie mit seinem Vater scherzen können.

„Hm, gibt da nur ein Problem. Morgen Abend haben wir wieder Dienst,“ meinte Raul ernst werdend. „Wir sollen jetzt so oft als möglich mit auf die Straßen, damit wir es bald alleine können.“

„Das war mir schon klar,“ erwiderte Simon. „Aber nichts desto trotz habe ich mich dazu durchgerungen, einen längeren Urlaub zu nehmen, bin also die nächsten Wochen daheim.“

„Und jetzt habe ich kein Kindermädchen mehr, welches Dich anhimmeln könnte,“ grinste Raul.

„Schade aber auch. Muss ich mir jemand Anderen suchen, der das übernimmt,“ gab Simon mit leichter Ironie zurück.

Das Fest neigte sich dem Ende zu, die ersten Gäste begaben sich auf den Heimweg. Nathanael und Luna standen an der Tür, verabschiedeten jeden Gast mit einigen Dankesworten.

„Eine sehr schöne Frau, unsere Königin,“ sagte Simon bewundernd.

„Und gar nicht eingebildet. Sie wehrt sich vehement dagegen, mit Eure Hoheit angesprochen zu werden, ist immer nett zu Jedermann, gab ohne großes Theater Lukas ihr Blut, spielt sich nicht als Herrscherin auf,“ teilte Raul ihm mit.

„Ich werde mich auch mal auf den Heimweg machen. Gehe davon aus, Du bleibst noch.“ Fragend sah Simon Raul an.

„Meine Sachen sind alle bei Nathanael, werde vorläufig dortbleiben,“ antwortete Raul.

Simon umarmte Raul, reichte Lukas die Hand, meinte: „Du gehörst zu ihm, damit zur Familie,“ umarmte ihn ebenfalls.

„Es freut mich sehr, Sie kennengelernt zu haben.“ Er hauchte Delia einen Kuss auf die Hand. „Vielleicht ergibt sich ja die Möglichkeit, sich näher kennenzulernen.“

„Bestimmt.“ Delia errötete leicht.

Die Nachricht vom Überfall auf Zacharias war für alle ein Schock. Auch Simon erfuhr davon. Unter dem Vorwand, nach seinem Sohn zu sehen, rief er bei Nathanael an, bat um Erlaubnis, Raul zu besuchen. Es war Jonas, der das Gespräch entgegennahm.

„Ich werde Ihnen gleich Johann schicken,“ versprach er. „Nicht, dass wir Ihnen misstrauen, aber niemand soll wissen, wo wir wohnen.“

Als Simon eintraf, saßen alle bedrückt in der Halle, sahen übernächtigt aus. Die Frauen hatten rotgeweinte Augen.

„Lass uns in mein Zimmer gehen,“ bat Raul leise.

„Weiß man schon Genaueres?“ wollte Simon wissen, als sie dort waren.

„Sieht schlecht aus, ist noch nicht sicher, ob er überlebt,“ erwiderte Raul mit Tränen in den Augen.

Tröstend nahm Lukas, der sie begleitet hatte, seine Hand. „Er wird schon wieder.“

„Es ist schon das zweite Mal, dass es ihn so hart erwischt. Zack scheint ein Faible dafür zu haben, immer zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein,“ murmelte Raul. „Nat hat alles stehen und liegen lassen, als die Nachricht kam, ist gleich zum Krankenhaus. Laut Jonas muss Zack übel zugerichtet worden sein. Jetzt warten alle auf die erlösende Nachricht, dass er es schafft.“

Es klopfte, Delia trat ein.

„Gibt es Neuigkeiten?“ wurde sie gleich gefragt.

„Nein, noch nicht,“ schüttelte sie bedauernd den Kopf. „Jonas und Asaziel sind der Meinung, dass ihr alle schlafen gehen solltet. Sobald sie etwas hören, sagen sie euch Bescheid. Für heute Abend sind alle Jungkrieger herbestellt worden, sie werden es dann erfahren.“

„Schlafen? Wer kann denn jetzt schlafen?“ kam es von Lukas.

„Ihr solltet es versuchen, müsst schließlich heute Abend auf die Straßen,“ riet Delia. „Wenn ihr unaufmerksam seid, verletzt werdet, hilft das Zacharias auch nicht.“

„Sie hat Recht,“ stimmte Simon zu. „Ich werde nach unten gehen, um Erlaubnis bitten, hierbleiben zu dürfen.“

In der Halle befanden sich nur noch Jonas und Asaziel, alle anderen waren wohl in ihren Zimmern.

„Weiß man jetzt, was genau passiert ist?“ wandte sich Simon fragend an Jonas.

„Zacharias hat wohl den Saal verlassen, er war nie ein Freund solcher Feierlichkeiten. Allem Anschein nach hielt er sich nahe der Mauer auf, als sie plötzlich da waren. Laut Aussage unseres Docs muss er ziemlich übel zugerichtet worden sein. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass er es übersteht,“ antwortete Jonas.

Luna kam die Treppe hinunter. „Kann mich einer von euch zur Klinik fahren?“

„Asa, würdest Du das übernehmen? Ich muss noch die Krieger für heute Abend herbestellen.“ Jonas sah Asaziel bittend an.

„Klar, mach ich doch gerne,“ nickte dieser. „Nat wird sich bestimmt über Deine Anwesenheit freuen.“

„Ihr entschuldigt mich, ich habe noch einige Telefonate zu führen,“ wandte sich Jonas an Simon und Delia, nickte ihnen kurz zu, ließ sie alleine.

„Setzen wir uns. Oder möchten Sie sich auch lieber schlafen legen?“ fragte Simon, als er und Delia alleine waren.

„Nein, nein,“ wehrte Delia ab. „Ich bin froh, jetzt nicht alleine zu sein.“

Höflich wartete Simon, bis Delia Platz genommen hatte, setzte sich ihr gegenüber. Johann erschien, räumte lautlos die benutzten Gläser ab. „Kann ich den Herrschaften etwas bringen?“

„Danke, nein. Oder ja, doch, vielleicht Kaffee?“ antwortete Delia, sah Simon fragend an.

„Kaffee wäre nicht schlecht,“ stimmte dieser zu.

„Schade, dass wir uns unter diesen Umständen wiedersehen,“ sagte Simon bedauernd. „Dabei würde ich Sie gerne näher kennenlernen, zumal unsere Kinder – nun ja, ein Liebespaar sind.“

„Es scheint Ihnen nicht recht zu sein, dass Ihr Sohn meinen liebt.“

„Naja, es kam ein wenig überraschend. Nie zuvor habe ich etwas in dieser Art bemerkt. Es stört mich nicht, es ist sein Leben, da mische ich mich nicht ein,“ rechtfertigte sich Simon.

„Ich freu mich so für Lukas, dass er mit Raul einen so guten Partner gefunden hat, rücksichtsvoll, stark, dennoch sehr einfühlsam,“ bekannte Delia. „Auch für Solvey freut es mich. Sie ist sehr glücklich mit Raphael.“

Jonas kam zurück, ließ sie seufzend in einen Sessel fallen. „Diese Warterei macht einen verrückt,“ stöhnte er. „Ich könnte einen Schluck brauchen. Sonst noch jemand?“

Simon lehnte dankend ab, auch Delia schüttelte den Kopf.

„Aber ich,“ kam es von Asaziel, der gerade durch die Tür trat. „Einen großen, bitte.“

Jonas reichte ihm ein Glas, gefüllt bis unter den Rand mit Whiskey. „Neuigkeiten?“ fragte er knapp.

Asaziel nahm zunächst einen großen Schluck, setzte sich. „Sie waren immer noch im OP,“ berichtete er. „Nat sitzt völlig fertig im Warteraum. Hin und wieder kommt jemand, sagt ihm, was los ist. Laut seiner Aussage gibt es kaum eine heile Stelle an Zacharias Körper. Selbst das Blut der Jungfrauen hilft nicht. Luna ist gleich zu Phil gegangen, hat sich zur Verfügung gestellt. Zwei- dreimal war Phil kurz davor, aufzugeben, kämpfte aber weiter um Zacks Leben.“

„Und wir sitzen hier herum, können nichts tun,“ grummelte Jonas.

„Doch! Wir können jeder Ratte, die uns über den Weg läuft, kräftig in den Arsch treten, sie langsam und qualvoll töten,“ sagte Asaziel grimmig, schüttete den Inhalt seines Glases in einem Zug hinunter.

„Dieses verdammte Miststück,“ murmelte Simon vor sich hin.

„Haben Sie etwas gesagt?“ fragte Jonas.

„Nein, nein,“ schüttelte Simon den Kopf.

Misstrauisch sah Jonas ihn an. „Was nochmal machten Sie beruflich?“

„Außendienst einer großen Computerfirma,“ antwortete Simon, sah ihn offen an.

„War das immer schon Ihr Job?“ fragte Jonas weiter.

„Nein, erst seit Raul und ich hier wohnen.“

„Was haben Sie vorher gemacht?“

„Rinder gezüchtet.“

„Ist aber ein großer Unterschied.“

„Man muss flexibel sein.“

„Jonas, was wird das? Ein Verhör?“ ging Asaziel dazwischen.

„Nein, ich frage nur aus reinem Interesse,“ erwiderte Jonas.

„Ach, lassen Sie nur, mir macht das nichts aus, ich habe nichts zu verbergen,“ winkte Simon gelassen ab.

Nach und nach kehrten die anderen Ritter aus ihren Zimmern zurück. Jeder wollte wissen, ob es schon was Neues gäbe.

„Noch nicht,“ bedauerte Jonas.

„Die jungen Herren Krieger wären jetzt da,“ verkündete Johann.

„Danke, Johann. Bringst Du sie bitte alle hierher?“ bat Jonas.

Staunend sahen sich die Krieger in der Halle um. Diesen Teil des Anwesens kannten sie nicht, nur die Sporthalle und den zum Grundstück gehörenden Wald.

„Wir haben euch aus einem traurigen Anlass hergebeten,“ begann Jonas. „Während wir alle ahnungslos feierten, wurde Zacharias von einer Horde Ratten angegriffen. Ihn hat es schlimm erwischt. Seit heute Nacht flickt Phil ihn zusammen. Bisher haben wir noch keine Nachricht aus der Klinik, wie es steht. Das bedeutet, zwei von uns fallen für längere Zeit aus, deshalb wird das bisherige Arrangement geändert. Es werden immer zwei von euch mit einem von uns gehen, das heißt, es werden jede Nacht zwölf unterwegs sein.“

„Nein, wir werden alle gehen,“ wurde ihm widersprochen. „Keins dieser Mistviecher soll überleben.“

Während sie darüber diskutierten, wandte sich Simon Delia zu.

„Leider verlief unser Kennenlernen nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich würde es aber gerne vertiefen, falls es Ihnen recht ist.“

Delia nickte. „Wir können es gerne wiederholen, wenn es hier ruhiger ist.“

„Hier ist mir zu unruhig, man ist anscheinend nie ungestört. Ich würde Sie daher gerne zu mir einladen, sagen wir, in drei Tagen?“

Als Delia nichts erwiderte, fügte er hinzu: „Überlegen Sie es sich, können mir ja Bescheid geben.“

„Vater? Wir machen uns jetzt auf den Weg. Bist Du später noch hier, wenn wir zurückkommen?“ fragte Raul.

„Nein. Ich werde mich auch auf den Heimweg machen. Und ihr – passt auf euch auf.“ Er legte Raul und Lukas einen Arm um die Schultern, drückte sie kurz an sich.

„Werden wir,“ grinste Raul. „Falls es Neuigkeiten von Zack gibt, rufe ich Dich an.“



„Entschuldigen Sie, dass ich mich verspätet habe. Ich musste heute dringend in die Firma, etwas erledigen. Es hat länger gedauert, als gedacht,“ sagte Simon, als er sein Wohnzimmer betrat, wo Delia auf ihn wartete.

„Das macht doch nichts,“ erwiderte sie schüchtern.

„Bitte, behalten Sie doch Platz,“ bat er sie, als sie sich von der Couch erheben wollte. „Hat man Ihnen noch nichts angeboten?“

„Doch, doch. Ihr Diener war sehr zuvorkommend,“ antwortete sie.

„Gut, muss ich ihn nicht auspeitschen lassen,“ grinste Simon, sah, wie Delia bei den Worten kurz zusammenzuckte.

Er zog seine Anzugjacke aus, lockerte seine Krawatte. „Sie gestatten, dass ich es mir etwas bequemer mache?“

„Es ist doch Ihr Haus.“

Nachdem er die Krawatte abgenommen hatte, öffnete er die obersten Knöpfe seines weißen Hemdes, nahm den Gürtel ab, warf alles über einen Stuhl.

„Ich geh kurz in die Küche, bestelle uns Kaffee und etwas Gebäck. Bin gleich zurück.“

„So, jetzt habe ich Zeit.“ Mit diesen Worten kehrte er zurück ins Wohnzimmer, blieb wie angewurzelt stehen. Delia lag nackt auf der Couch, die Beine ausgebreitet.

„Nehmen Sie mich, aber bitte, schlagen Sie mich nicht.“

„Was?“ Wie erwachend sah Simon sie an. „Ich will weder das eine noch das andere.“ Er nahm eine Decke, legte sie über Delia. Immer noch geschockt, setzte er sich neben sie, sah betreten auf den Boden. „Ich weiß nicht, was Dich dazu bringt, dass ich Dich schlagen würde,“ ging er zum Du über. „Hab ich mich irgendwie falsch verhalten?“

„Es ist…es war – dieser Gürtel. Immer, wenn Martin, mein Mann, ihn in der Hand hatte, schlug er mich, fesselte meine Handgelenke, fiel über mich her. Und gerade, als Du den Gürtel abnahmst, dachte ich….dachte ich…“

„Ich käme niemals auf den Gedanken, jemanden zu schlagen, geschweige denn eine Frau,“ war er entsetzt. „Und ja, ich gebe zu, ich würde gerne mit Dir schlafen, aber doch nicht so. Dabei geht es doch nicht nur um mich.“

„Aber es ist doch normal, dass der Mann seine Befriedigung bekommt,“ sagte sie ernsthaft überzeugt.

„Normal ist das nicht. Normal ist, dass beide Partner auf ihre Kosten kommen, die Frau von dem Mann aufs Höchste befriedigt wird,“ erklärte er ihr sanft.

„Kann ich bitte Johann anrufen? Ich möchte nach Hause,“ bat Delia beschämt.

„Ja, ja, natürlich,“ nickte Simon. „Es tut mir leid, dass unsere Verabredung so verlaufen ist.“

Delia klemmte die Decke unter ihre Arme, setzte sich auf, legte ihre Hände auf seine Wangen. „Dir muss es nicht leid tun,“ sagte sie, küsste ihn scheu auf den Mund. „Es war meine Schuld.“

Er nahm ihre Hände in seine. „Ich werde die Wurzel allen Übels nach oben bringen, mich kurz umziehen. Du kleidest Dich in der Zeit wieder an. Wir beginnen einfach nochmal von vorn. Solltest Du aber immer noch heim wollen, dann werde ich Dich gehen lassen,“ schlug er vor.

Delia nickte, sah ihm nach, wie er seine Sachen raffte. Sie schief anlächelnd, ging er die große, halb runde Treppe nach oben.

„Ich freue mich, Sie in meinem bescheidenen Heim begrüßen zu dürfen.“ Strahlend kam er mit ausgestreckten Händen auf Delia zu. „Bitte, nehmen Sie doch Platz.“

Simon trug jetzt Jeans und Shirt, setzte sich in einen Sessel ihr gegenüber.

„Danke für die Einladung,“ erwiderte Delia.

Simons Diener Sebastian brachte ein Tablett mit Kaffee und Gebäck, stellte es wortlos auf den Tisch, verneigte sich kurz.

„Danke, Sebastian, den Rest machen wir selber,“ entließ ihn Simon.

„Berichten Sie mir bitte von meinem Sohn. Sie sehen ihn ja öfter als ich,“ bat Simon, als sie wieder alleine waren.

„Er ist ein großartiger Junge,“ schwärmte Delia. „Unsere erste Begegnung war zwar etwas peinlich für ihn, da ich einfach in das Zimmer geplatzt bin, wo er und Lukas sich gerade nackt in inniger Umarmung befanden, aber das trägt er mir nicht nach, ist immer höflich und zuvorkommend. Er tut meinem Sohn richtig gut, seit sie zusammen sind, kommt er aus sich heraus, ist nicht mehr der stille, schüchterne, der er vorher war.“

„Ich glaube, Sie haben ihn in der kurzen Zeit besser kennengelernt, als ich in all den Jahren,“ meinte Simon. „Bei meinen kurzen Besuchen hier wurde er mir immer herausgeputzt vorgeführt von übereifrigen Kindermädchen, die allerdings nur im Sinn hatten, meine zweite Frau zu werden.“

„Nun ja, Sie sind ja auch ein gutaussehender Mann im besten Alter,“ erkannte Delia an.

„Und Sie eine wunderschöne Frau,“ gab Simon zurück. Bevor es peinlich wurde, fügte er hinzu: „Ich würde Ihnen gerne das Haus zeigen. Möchten Sie?“

Als Delia nickend zustimmte, reichte er ihr seine Hand, half ihr auf, hielt die Hand einfach in seiner. Sie stiegen die Treppe hinauf, an deren Ende sich ein offener, halbrunder Raum befand. Zwischen den hohen Fenstern befanden sich Bücherregale, einige bequem aussehende Sessel waren im Raum verteilt.

„Unsere kleine Bibliothek,“ sagte Simon, wandte sich nach rechts, öffnete eine Tür. „Rauls kleines Reich.“

„Klein?“ Delia sah sich in dem großen Raum um. Die Wand gegenüber der Tür bestand nur aus Fenstern, davor stand eine kleine Sitzecke. Rechts hinter der Tür war eine Nische, in welcher das Bett stand. Eine weitere Tür schien ins Bad zu führen. An der linken Wand stand ein großer Schreibtisch in L-Form mit dem neusten Computer. Auf dem Boden lag ein dicker, brauner Teppich, die Möbel waren in beige gehalten, weiß gestrichene Wände rundeten das Bild ab.

Simon führte sie über den Flur an der Bibliothek vorbei nach links.

„Mein Schlafzimmer.“ Hier war alles umgekehrt, heller Teppichboden, dunkle Möbel. Über dem großen Bett ein Portrait. Es zeigte eine junge Frau mit langen, blonden Haaren, blauen Augen, die lebensfroh in die Welt sahen. Ihr Lächeln wirkte glücklich.

„Ihre Frau?“ fragte Delia leise. „Sie ist wunderschön.“

„Ja, das war sie,“ nickte Simon. „Dieses Bild entstand, als sie Raul trug. Da war unsere Welt noch in Ordnung.“

„Tut mir leid, ich wollte keine traurigen Erinnerungen hervorrufen.“

„Die Erinnerungen bleiben, aber die Trauer vergeht.“

Sie gingen wieder nach unten. „Ein sehr schönes Haus. Sehr maskulin eingerichtet, aber trotzdem sehr gemütlich,“ meinte Delia, als sie wieder auf der Couch Platz genommen hatte.

„Bestimmt nicht zu vergleichen mit Ihrem Heim,“ erwiderte Simon.

„Mein Heim, tz,“ machte Delia abwertend. „Mein Heim war ein Gefängnis, eine Folterkammer. Nichts durfte ich darin verändern.“ Sie sah Simon an. „Dort gab es keine Spur von Liebe, nur Schläge, Vergewaltigungen, Gefangenschaft.“

Simon stand auf, ging zu ihr. „Darf ich?“ fragte er, setzte sich neben sie, als sie nickte. Er nahm ihre Hand. „Sie müssen nicht darüber reden, wenn Sie nicht möchten.“

„Doch,“ sagte sie fest. „Du sollst alles über mich wissen, mein Verhalten von vorhin verstehen. Ich lernte Martin auf einem Debütantinnenball kennen, wo alle achtzehnjährigen Mädchen vorgestellt wurden, auch ich. Hals über Kopf verliebte ich mich in ihn, er war gut aussehend, schien weltgewandt. Zu meiner großen Freude zeigte auch er Interesse. Am Anfang war er liebevoll, zuvorkommend, rücksichtsvoll. Er machte nie den Versuch, mit mir zu schlafen. Überglücklich nahm ich seinen Antrag an, wir heirateten. Kaum hatte ich seinen Ring am Finger, zeigte er sein wahres Gesicht. Schon in der Hochzeitsnacht schlug er mich grün und blau, sagte, das wäre in einer Ehe völlig normal. Dann fiel er brutal über mich her, nahm keinerlei Rücksicht darauf, dass ich noch unberührt war. Von da an lebte ich in der Hölle, musste ihm zur Verfügung stehen, wann immer er wollte. Durfte meine Eltern nicht besuchen, sie hätten ja die vielen blauen Flecken sehen können. Es bereitete ihm Vergnügen, mich zu schlagen, bis ich wimmernd am Boden lag. Selbst als ich Lukas trug, musste ich ihm zu Willen sein. Es störte ihn auch nicht, mich neben dem schreienden Kind zu nehmen. Von Anfang an hasste er ihn, schlug ihn schon als Baby. Wenn ich versuchte, mein Kind zu schützen, ließ er es an mir aus, schlug mich manchmal bis zur Bewusstlosigkeit. Als dann Solvey zur Welt kam, freute er sich, dass es ein Mädchen war. Den Grund dafür erfuhr ich, als sie zwölf Jahre alt war. Ich war machtlos, musste zusehen, wie er sie…wie er…“ Schluchzend brach Delia ab. Simon hatte fassungslos zugehört, legte seinen Arm um ihre Schulter, zog sie an sich.

„Es ist vorbei,“ sagte er leise, versuchte, sie zu trösten.

„Verstehst Du jetzt, warum ich vorhin so reagierte?“ Mit Tränen in den Augen sah sie ihn an. „Ich sah den Gürtel, die Erinnerung kam hoch, dachte, wenn ich mich Dir darbiete, schlägst Du mich vielleicht nicht.“

„Wenn ich es vorher gewusst hätte, hätte ich nicht so unbedacht gehandelt,“ versuchte Simon sich zu entschuldigen. „Aber ich käme nie auf die Idee, eine Frau zu schlagen oder gegen ihren Willen zu nehmen, dass musst Du mir glauben.“

„Ich glaube und vertraue Dir.“ Fest sah sie ihm in die Augen.

Dicht waren ihre Gesichter beieinander, Simon sah auf ihre Lippen, dachte: ‚Wie gerne würde ich sie küssen‘, hielt sich aber zurück, wollte sie nicht erschrecken. Delia schien anders zu denken, mit leicht geöffneten Lippen näherte sie sich seinem Mund, berührte ihn leicht. Zögernd erwiderte Simon ihren Kuss, spürte keinen Widerstand, wurde mutiger. Bereitwillig gewährte sie seiner Zunge Einlass, tastete sich vorsichtig in seinen Mund vor, erkundete ihn. Während sie in einen intensiven Kuss verfielen, streichelte er durch ihr Shirt ihre Brust, spürte, wie deren Warze sich aufrichtete. Delia nahm seine Hand, legte sie zwischen ihre Beine.

„Nein, heute nicht.“ Simon löste sich von ihr. „Ich werde die Situation nicht ausnutzen. Klar würde ich gerne mit Dir schlafen, aber nicht jetzt und nicht hier.“

„Habe ich etwas falsch gemacht?“ Traurig sah sie ihn an.

„Nein, hast Du nicht, alles gut.“ Er küsste sie kurz auf den Mund. „Ich werde Dich nur nicht zwischen Tür und Angel auf der Couch nehmen. Mir geht es nicht um einen schnellen Fick. Wenn wir mit einander schlafen, soll es nicht einmalig sein und nicht aus einer Laune heraus. Schon als ich auf dem Ball sah, wie liebevoll Du Raul in Deine Arme nahmst, begann mein Herz für Dich zu schlagen. Du solltest in Ruhe darüber nachdenken, ob und was Du für mich empfindest, Dir sicher sein, den Rest Deines Lebens mit mir zu verbringen. Ich werde geduldig warten.“

„Ich werde mich abholen lassen,“ nickte Delia.

„Lass mich Dir noch eins mit auf den Weg geben. Ich habe mich in Dich verliebt,“ sagte er ernst, brachte sie zur Tür, da Johann vorgefahren war. Er sah dem Wagen hinterher, wie er die Auffahrt hinunterfuhr, durch das Tor bog. Simon schloss die Tür, ging hinauf in sein Schlafzimmer. Dort nahm er das Bild seiner Frau von der Wand, schaute es an, sprach zu ihm: „Tut mir leid, meine Liebe. Bisher habe ich geglaubt, mich nie wieder verlieben zu können, wurde eines Besseren belehrt. Das bedeutet nicht, dass ich Dich vergessen werde, Du wirst immer in meinem Herzen bleiben, warst meine erste große Liebe, bist die Mutter meines Sohnes.“ Er trug das Bild in sein Arbeitszimmer, hängte es über seinen Schreibtisch auf.

Simon hielt sein Wort, er bedrängte Delia nicht, rief sie nicht an, besuchte sie nicht. Drei Tage waren seitdem vergangen, drei Tage, in denen er regelmäßig Kontakt mit Raul hatte. Von ihm hatte er erfahren, dass Zacharias Überlebenschancen gestiegen waren, dass er allerdings noch im künstlichen Koma lag. Auch von der Messerspitze in Nähe seines Herzens hatte Raul ihm berichtet. Raul hatte sich angewöhnt, seinen Vater jeden Morgen kurz anzurufen, ihm zu sagen, dass es ihm gut gehe.

Simon kam gerade aus seinem Trainingsraum, nur mit einer weiten, schwarzen, an den Knöcheln gebundenen Hose bekleidet, nass geschwitzt. Er wollte nur in der Küche schnell etwas trinken, dann unter die Dusche gehen.

„Hallo, Vater.“ Durch die Eingangstür kam, in voller Kampfmontur, sein Sohn Raul.

„Du hier? Ist etwas passiert?“ war Raul besorgt.

„Ne, aber darf ich Dich alten Mann nicht mal besuchen?“ grinste Raul ihn an.

„Ich zeig Dir gleich, wer hier alt ist,“ lachte Simon, nahm Raul in den Schwitzkasten. Dieser wehrte sich natürlich und schon war die schönste Rangelei im Gang.

„Was macht ihr da? Hört auf,“ kam es schrill.

Simon war dadurch kurz abgelenkt, Raul nutzte dies, trat ihm die Füße weg, setzte sich auf seine Brust, als er am Boden lag.

„Tja, verloren, alter Mann,“ triumphierte Raul.

„Sicher?“ grinste Simon, packte Rauls Oberschenkel, drehte sich blitzschnell um, saß nun seinerseits auf dessen Bauch, hielt seine Hände fest.

„Okay, okay, hast gewonnen,“ gab Raul sich geschlagen.

„Komm, ich helf Dir auf.“ Simon hielt Raul die Hand hin, zog ihn hoch, nahm ihn erneut in den Schwitzkasten, rubbelte mit den Fingerknöcheln über seinen Kopf.

„Entschuldigung, aber einer muss diesem Bengel ja Respekt beibringen,“ wandte er sich lachend an Delia, die mit entsetztem Gesicht dem Ganzen zugeschaut hatte. Neben ihr ein nicht minder entsetzter Lukas.

„Und das willst ausgerechnet Du sein?“ grinste Raul frech.

„Wer sonst?“ erwiderte Simon, ebenfalls grinsend, fuhr dann ernster werdend fort: „Also, was führt euch her?“

„Wir waren gerade in der Gegend, dachten, wir schauen mal kurz vorbei,“ antwortete Raul.

„Nein, das stimmt nicht so ganz,“ stellte Delia richtig. „Ich bat die Beiden, mich hierher zu bringen, bevor sie aufbrechen. Ich hoffe, es kommt nicht ungelegen?“

„Überhaupt nicht. Bitte, setzt euch, ich geh nur schnell duschen. Habt ihr zwei noch Zeit oder müsst ihr gleich los?“

„Wir hauen direkt wieder ab, treffen uns mit den Anderen bei Jeremia,“ erwiderte Raul. „Haben nur Delia hergebracht, weil sie irgendetwas mit Dir bequatschen will.“

„Ah, ja, okay, danke.“ Simon sah die beiden Jungs an. „Und ihr, passt auf euch auf.“ Er sah ihnen nach, als sie das Haus verließen. Dabei fiel ihm auf, dass aus Raul, dem Jungen, ein Mann geworden war mit breiten Schultern, muskulösem Körper. Auch Lukas hatte sich verändert. Er war zwar immer noch einen Kopf kleiner als Raul, aber auch seine Figur war kräftiger geworden.

„Simon?“ holte Delia ihn in die Gegenwart zurück. „Ist es Dir wirklich recht, dass ich hier bin?“

„Ja, natürlich, ich freue mich über Deinen Besuch.“ Lächelnd sah er sie an, versuchte, in ihrem Gesicht zu lesen. „Setz Dich bitte, ich geh nur schnell duschen, bin gleich wieder da.“

Er überlegte, ob er sich konventionell anziehen sollte, mit Jeans und Pulli, entschied sich dann aber für die legere Variante, Jogginghose und Shirt.

„Da bin ich wieder.“ Nahm ihr gegenüber Platz. „Kann ich Dir etwas bringen lassen?“

„Danke, jetzt nicht.“ Nervös spielte sie mit ihren Händen. „Ich bin hier, um Dir eine Antwort zu geben. In den letzten Tagen habe ich viel nachgedacht, in mich hineingehorcht, viel mit Solvay geredet, Antworten gesucht. Es war nicht einfach für mich, aber nun bin ich hier, falls Du mich noch willst.“

„Und ob ich Dich will.“ Simon sprang auf, setzte sich neben sie, zog sie an sich, küsste sie überschwänglich. Scheu legte sie ihre Arme um seinen Hals, gab sich ganz dem Kuss hin.

„Wie lange wirst Du bleiben?“ fragte Simon.

„Wenn es Dir recht ist, über Nacht,“ kam es schüchtern von ihr.

„Okay, ich werde Dir gleich das Gästezimmer herrichten lassen.“

Simon rief Sebastian, bat ihn darum. „Soll ich die Tasche der gnädigen Frau gleich mitnehmen?“ fragte der Diener.

„Tasche? Welche Tasche?“ Fragend sah Simon Delia an.

„In der Hoffnung, hierbleiben zu können, habe ich ein paar Kleinigkeiten eingepackt,“ bekannt sie verschämt.

„Ach so, ja, nimm sie mit,“ nickte er Sebastian zu.

Immer wieder küsste er sie, seine Hand wanderte dabei über ihren Körper, suchte ihre Brust, fand sie, streichelte sie durch den dünnen Stoff ihres Shirts.

„Das mit dem Gästezimmer war eine blöde Idee. Kommst Du mit mir ins Bett?“ flüsterte er ihr Stunden später heiß ins Ohr.

Als Delia stumm nickend zustimmte, nahm er sie auf die Arme, trug sie die Treppe hinauf in sein Schlafzimmer. Dort legte er sich mit ihr auf das Bett. Während er sie küsste, wanderte seine Hand ihren Körper entlang, strich über die Außenseite ihres Oberschenkels, über die Innenseite zu ihrer Mitte, weiter nach oben. Glitt unter ihr Shirt, fand ihren kleinen, festen Busen, der in ihrem BH ruhte. Streichelte mit seinem Daumen über dessen Warze, schob ihr Shirt nach oben, befreite ihre Brust von dem BH, küsste deren Spitzen.

„Lass mich Dich ausziehen,“ murmelte er heiser vor Erregung. Widerstandslos ließ sie es geschehen, überhaupt zeigte sie keine Regung. Als sie nackt vor ihm lag, erkannte er die Ursache für ihr Verhalten. Ihr Körper war übersäht von Bisswunden, Striemen von Schlägen, sogar einige Brandwunden, die wohl von Zigaretten stammten, waren zu sehen. Steif lag sie da, schien darauf zu warten, dass er sich an ihr befriedigte.

„Sieh mich an,“ bat er leise. „Ich bin nicht er, ich werde Dir nicht wehtun. Wenn Du noch nicht bereit bist, lassen wir es.“

„Aber Du…“ begann sie, wurde von ihm am Weiterreden gehindert, indem er seinen Zeigefinger auf ihren Mund legte. „Mach Dir um mich keine Sorgen, es geht nicht um mich.“

Simon zog die Decke über sie, entledigte sich seiner Hose und seinem Shirt, legte sich, nur mit Boxershort bekleidet, zu ihr unter die Decke. Schob seinen Arm unter sie hindurch, zog sie an sich. Schweigend lagen sie lange Zeit nebeneinander. Durch ihre Nähe war er die ganze Zeit bereit.

Zögerlich schob sie ihre Hand auf seinen Bauch, verharrte eine Weile, tastete sich weiter nach unten, schob sich in seine Shorts. Wie eine Feder strichen ihre Fingerspitzen über seinen harten Schwanz, berührten seine festen Hoden. Mit zusammengebissenen Zähnen unterdrückte Simon ein Stöhnen, wollte sie bei der Erkundung nicht stören. Seine freie Hand hatte er in das Laken gekrallt. ‚Verdammt,‘ dachte er, ‚hör auf damit, sonst explodiere ich.‘ Kaum hatte er zu Ende gedacht, ergoss er sich auch schon. Erschrocken sah sie ihn ängstlich an, er lächelte, küsste sie, spürte, wie sie weich und nachgiebig wurde. Dadurch ermutigt, drehte er sich zu ihr, streichelte über ihren Körper. Mit seinem Daumen reizte er ihre Warzen. Ein leises Stöhnen kam über ihre Lippen, sofort hielt sie sich den Mund zu. Simon nahm ihre Hand fort, küsste deren Innenfläche. „Unterdrücke es nicht, lass es raus. Es zeigt mir, dass Dir gefällt, was ich tue.“

Er schlug die Decke zurück, küsste abwechselnd ihre Warzen, umkreiste sie mit seiner Zunge, leckte über sie. Als sie sich hart aufrichteten, saugte er leicht an ihnen. Delia rollte den Kopf hin und her, immer wieder entfuhr ihr ein Stöhnen. Simon wurde mutiger, schob seine Hand zwischen ihre Beine, rieb leicht ihre Mitte. Sie stellte ihre Beine auf, öffnete sie leicht. Sein Mittelfinger glitt in ihre feuchte Wärme, bewegte sich langsam in ihr. „Lass Dich gehen.“

„Jaaa,“ stieß sie hervor, während sie kam. Seinem Finger ließ er seine Zunge folgen. Was sie mit ihr anstellte, ließ sie zahlreiche ‚Aaahhs‘ und ‚Ooohhs‘ ausstoßen. Und endlich, endlich stieß er seinen Schwanz in sie, löste einen heftigen Orgasmus aus, der sie schreien ließ.

„Entschuldige, ich wollte nicht schreien,“ murmelte sie, als sie erschöpft in seinem Arm lag.

„Ach, Schatz, hör auf, Dich ständig zu entschuldigen, Deine Schreie machen mich glücklich,“ erwiderte er, küsste sie.

„Und das?“ Scheu zeigte sie zwischen ihre Beine, wo sich ein feuchter Fleck befand.

„Ist das Schönste, was man als Mann sehen kann,“ grinste er.

„Aber…“ „Kein Aber.“ Er legte ihr die Hand auf den Mund. „Denk nicht an die Vergangenheit, denk an das hier und jetzt.“

Sie kicherte. „Ich dachte eher an Sebastian, was er wohl denken muss.“

„Er lebt doch nicht im Zölibat, er hat auch eine Frau,“ erwiderte Simon.

„Oh, ach so, dass wusste ich nicht.“

Eng umschlungen schliefen sie ein. Eine ganz veränderte Delia wachte neben ihm auf, als am Morgen sein Handy klingelte, Raul ihm mitteilte, dass es ihm gut gehe. Während des Telefonates war Delia unter die Decke gerutscht, machte sich an seinem Schwanz zu schaffen, nahm ihn zwischen ihre Lippen. Als er aufgelegt hatte, setzte sie sich auf ihn.

„Bleibst Du hier? Für immer?“ fragte Simon später.

„Sei mir nicht böse, aber ich würde gerne bei Nat bleiben, bis Zacharias wieder zurück ist. Uns bleibt noch der heutige Tag und die Nacht. Morgen früh holen Lukas und Raul mich ab.“

„Dann sollten wir die Zeit nutzen,“ lachte Simon, sprang aus dem Bett, hielt ihr die Hand hin. „Komm.“

„Wohin?“ fragte Delia verwirrt.

„Duschen,“ grinste Simon, zog sie ins Bad. „Ich habe aber nur Männershampoo.“

„Und jetzt gibt’s Frühstück.“ Er reichte ihr einen weißen, flauschigen Bademantel, er selber trug einen dunkelblauen. Hand in Hand gingen sie die Treppe hinunter, nahmen an dem großen Esstisch Platz. Staunend sah Delia auf den gedeckten Tisch. Es gab vier Platten mit verschiedenen Wurstsorten, zwei mit Käse, Marmelade, Honig, etliche Brotsorten.

„Sebastian meint immer, ich würde auf meinen Reisen nichts zu Essen bekommen,“ grinste Simon verschwörerisch, da Sebastian gerade den Kaffee brachte. „Immer, wenn ich hier bin, denkt er, er muss mich mästen.“

„Ich will nur Euer Bestes, Herr,“ sagte der Diener devot.

„Klar, dass ich hundertfünfzig Kilo wiege, in kein Flugzeug mehr passe,“ lachte Simon. „Und hör auf, den unterwürfigen Diener zu mimen, nur weil es jetzt eine Frau hier gibt. Wir sind und werden Freunde bleiben, egal, was kommt.“

„Ihr zieht hier ein, gnädige Frau?“ fragte Sebastian.

„Vorläufig noch nicht,“ erwiderte Delia. „Zurzeit wohne ich bei Nathanael, würde gerne so lange dort bleiben, bis man weiß, was mit Zacharias ist. Und bitte, nenn mich nicht gnädige Frau, sag einfach Delia.“

„Iss, meine Liebe,“ forderte Simon sie auf. „Danach überlegen wir, was wir heute machen.“

„Willst Du nicht – Du weißt schon. Ihr Männer könnt das doch immer.“

„Wärst Du sehr enttäuscht, wenn ich nein sage? Ich habe Dir gesagt, dass es mit nicht nur darum geht. Es gibt so viele andere schöne Dinge, die man gemeinsam machen kann. Natürlich gehört das Miteinanderschlafen auch dazu, aber es ist doch nicht alles,“ antwortete er.

„Du wärst also nicht sauer, wenn ich Dich bitten würde, mit mir in die Stadt zu gehen? Dort war ich seit meiner Heirat nicht mehr,“ sagte sie verlegen.

„Also auf in die Stadt. Hast Du dort etwas Bestimmtes vor?“ wollte Simon wissen.

„Nein, einfach nur schauen.“

Kurze Zeit später half er ihr in seinen Ferrari, setzte sich hinter das Steuer.

„Du fährst selbst?“

„Ja, das war eins meiner wenigen Vergnügen, die ich hatte, wenn ich mal für ein paar Tage zu Hause war.“

Am späten Nachmittag kehrten sie schwer bepackt zurück. Simon hatte ihr alles gekauft, was ihr gefiel, auch gegen ihren Protest.

Erschöpft ließ Delia sich auf die Couch fallen. „Danke für den schönen Tag,“ lächelte sie ihm zu.

„Gerne doch.“ Simon setzte sich neben sie, gab ihr einen Kuss. „Entschuldigst Du mich kurz, ich muss noch ein Telefonat erledigen.“

Als er zurückkam, lag Delia zusammengerollt wie eine Katze auf der Couch und schlief. Lächelnd deckte Simon sie zu, sah auf sie hinunter.

„Sie tut Dir gut, Simon.“ Unbemerkt war Sebastian hereingekommen. „Seit Du sie kennst, wirkst Du jünger, wieder lebensfroher.“

„Zwanzig Jahre Trauer sind genug. Marlen wird immer einen Platz in meinem Herzen haben, soviel steht fest, trotz neuer Liebe,“ erwiderte Simon leise.

„Sie ist so ganz anders als Marlen, dazu noch ein Vollblüter,“ sagte Sebastian, sah Delia an. „Nicht wie Marlen ein Halbblut.“

„Es war wohl ein Fehler, ihr ein zweites Kind zu machen,“ dachte Simon laut nach. „Ich hätte wissen müssen, dass sie dazu zu schwach war.“

„Hör auf, Dir Vorwürfe zu machen. Sie hat sich so sehr auf das Kind gefreut, niemand konnte ahnen, dass so etwas geschieht. Es ist alles für sie getan worden,“ ermahnte Sebastian ihn.

„Wolltest Du etwas von mir?“ fragte Simon, das Thema wechselnd.

„Nein, ich wollte nur schauen, ob ich was für euch tun kann,“ erwiderte Sebastian.

„Ich denke nicht. Gegessen haben wir in der Stadt. Weißt Du was? Nimm Dir heute Abend frei, geh mit Deiner Frau aus, ihr habt es euch verdient. Hier, macht euch einen schönen Abend.“ Er drückte ihm ein paar größere Geldscheine in die Hand.

„Das ist doch nicht nötig, Du zahlst uns eh schon ein fürstliches Gehalt,“ wehrte Sebastian ab.

„Nimm das jetzt, sonst muss ich Dich rauswerfen,“ drohte Simon lachend.

„Das würdest Du eh nicht machen,“ grinste Sebastian.

„Hast Recht, ich könnte meinen besten, meinen einzigen Freund nicht auf die Straße setzen,“ sagte Simon ernst. „Und jetzt – raus mit Dir.“

Simon nahm seinen Laptop, setzte sich Delia gegenüber in einen Sessel, checkte seine E-Mails, beantwortete einige, schrieb ein paar Berichte.

„Oh, Entschuldigung, ich bin wohl eingeschlafen.“ Delia lächelte ihn verlegen an. „Was denkst Du jetzt wohl von mir?“

„Ich dachte gerade daran, wie gerne ich Dich jetzt küssen würde,“ erwiderte Simon, setzte sich zu ihr, setzte es in die Tat um.

„Ich möchte auch Deine anderen Lippen küssen, lass uns nach oben gehen,“ flüsterte er ihr erregt ins Ohr.

Die Tage vergingen, Tage, an denen Simon öfter bei Nathanael war als zu Hause, hin und wieder auch über Nacht. Delia blühte auf, wurde selbstsicherer. Wenn sie die Nächte bei Simon verbrachte, kam es immer öfter vor, dass sie den ersten Schritt tat.

Dann kam der Tag, als Zacharias aufwachte. Schon früh am Morgen rief Delia bei ihm an, teilte es ihm mit. Kurze Zeit später stand sie vor seiner Tür.

„Johann hat mich hergebracht,“ teilte sie Simon mit. „Du hast hoffentlich nichts dagegen?“

„Nein, natürlich nicht. Komm, setz Dich.“ Simon wartete, bis sie Platz genommen hatte, setzte sich ihr gegenüber. Delia wirkte nervös.

„Ich…“ begann sie, brach ab, stand auf, lief nervös auf und ab.

„Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll – aber…“

„Willst Du Schluss machen?“ fiel Simon ihr geschockt ins Wort.

„Was? Nein! Ich muss Dir etwas sagen, finde aber nicht die richtigen Worte. Es – es ist nichts Schlimmes, also für mich jedenfalls nicht. Wie es für Dich sein wird, weiß ich nicht. Es ist – also, ich liebe Dich,“ stieß sie hervor.

Simon stand auf, trat ihr in den Weg, nahm sie in die Arme. „Und das war jetzt so schlimm? Ich liebe Dich auch.“

„Nein, das war nicht das, was ich sagen wollte. Doch, eigentlich schon. Es ist nur – unsere erste Nacht – also, sie blieb nicht ohne Folgen,“ bekannte sie stammelnd.

„Was?“ Simon ließ sie los, starrte sie mit hängenden Armen an. „Was?“

Delia duckte sich, als würde sie erwarten, dass er sie schlug. Simon sah es, trat einen Schritt zurück. „Ich glaube, ich muss mich setzen.“ Er ließ sich auf die Couch fallen. „Setzt Du Dich zu mir?“

Immer noch ängstlich setzte Delia sich mit einigem Abstand zu ihm, sah ihn scheu an.

„Soll das heißen, dort,“ er legte seine Hand auf ihren flachen Bauch, „wächst die Frucht unserer Liebe?“ Auf ihr zustimmendes Nicken, lachte er glücklich: „Das ist wundervoll, Du bist wundervoll.“

„Du – Du freust Dich?“ fragte Delia.

„Was dachtest Du denn? Ein Baby, wir werden ein Baby bekommen, wie sollte ich mich da nicht freuen?“

Er streichelte ihren Bauch. „Ich möchte es küssen. Darf ich?“

„Ja,“ lächelte Delia befreit. „Und mich auch, wenn Du willst.“

„Und ob ich will, will noch viel mehr, aber Du bist schwanger.“

„Schwanger, Schatz, nicht sterbenskrank,“ hauchte Delia, zog sich ihr Shirt über den Kopf, bot ihm ihre nackte Brust dar. Er küsste deren Warzen. „Dort wird in einigen Monaten ein kleiner Wurm dran nuckeln und ich bin zum Zusehen verdammt.“

„Dann nutze die Zeit, die Dir bleibt,“ forderte sie ihn heiß auf.

„Ich kann`s immer noch nicht fassen, dass wir in unserer ersten Nacht gleich ein Kind gezeugt haben.“ Simon streichelte immer wieder über ihren Bauch. Dann sagte er etwas, was Delia die letzte Gewissheit gab, dass er sie wirklich liebte. „Wissen es unsere anderen Kinder schon?“

„Noch nicht, Du solltest der Erste sein, der es erfuhr. Ich war kurz vorher bei Phil, habe mich von Johann gleich herfahren lassen. Hatte große Angst, Du würdest ausrasten, sagen, Du wolltest nur Deinen Spaß mit mir.“

„Spaß hätte ich mit jeder Nutte haben können, oder mit den durchgeknallten Kindermädchen meines Sohnes,“ erwiderte Simon ernst. „Jetzt, wo Du unser Kind trägst, wirst Du zu mir ziehen müssen,“ grinste er. „Unseren Kindern müssen wir es auch sagen, werden sie dazu zum Essen einladen. Ich werde das Reisen aufgeben, soll ein Anderer machen.“

„Du willst Deinen Job aufgeben?“ war Delia erstaunt.

„Nicht meinen Job, nur das Reisen,“ erwiderte Simon.

„Was wirst Du dann machen?“

„Och, das Gleiche wie bisher – meine Firma leiten, nur, dass ich dann ständig anwesend bin.“

„Deine Firma? Ich dachte, Du wärst nur ein Angestellter.“

„Bist Du jetzt sehr enttäuscht, dass ich der Chef einer großen Computerfirma bin und nicht nur ein kleiner Angestellter?“ neckte Simon sie.

„Nicht enttäuscht, nur verwirrt. Irgendwie glaubte jeder, Du wärst nur ein Angestellter, selbst Raul,“ antwortete Delia.

„Ist es nicht egal, was ich bin? Ich bin immer noch der Gleiche, der Dich liebt, Dich bei sich haben möchte, der Dir ein Kind gemacht hat.“ Simon setzte sich auf, sah zu ihr hinunter.

„Ich würde Dich auch lieben, wenn Du ein Bettler wärst.“ Delia setzte sich ebenfalls auf, legte ihre Arme um ihn. „Durch Dich habe ich erfahren, was es heißt, geliebt zu werden, dass eine Partnerschaft aus Geben und Nehmen besteht, dass nicht nur einer nimmt.“

Sie stand auf, nahm ihre Sachen.

„Was hast Du vor?“

„Ich werde meine Sachen holen, zu Dir ziehen.“

„Jetzt? Mitten in der Nacht? Lass es uns morgen machen.“

Kapitel 15



Zacharias packte seine Sachen. Endlich würde es nach Hause gehen, lange genug war er jetzt in der Klinik gewesen. Phil hatte ihm geraten, es langsam angehen zu lassen.

„Ich will Dich nicht nächste Woche schon wieder hier sehen,“ hatte er scherzhaft gedroht.

„Wie? Dieses Mal keinen Wachhund?“ war Zacharias Antwort gewesen.

„Nein, kann im Moment keine Schwester entbehren,“ erwiderte Phil.

Die Frage nach Jay brannte Zacharias auf der Zunge, aber schluckte sie hinunter. Auch Phil hatte sie während der Zeit nicht einmal erwähnt.

„Fertig, Kleiner?“ Nathanael kam herein, er hatte Luna zu einer Untersuchung begleitet.

„Ich schon, lasst uns schnell von hier verschwinden, ich kann dieses Zimmer nicht mehr sehen,“ grummelte Zacharias.

Zu Hause erwartete ihn eine große Willkommensparty, selbst die jungen Krieger waren dort. Alle stürmten auf ihn zu, redeten wild durcheinander. Abwehrend hob er die Hände, sagte mit lauter Stimme: „Hey, Leute, danke, dass ihr alle gekommen seid. Mit geht es gut, morgen werde ich mit dem Training beginnen und bald wieder auf den Straßen sein. Mehr will und werde ich nicht dazu sagen, keine weiteren Fragen beantworten.“

Zacharias ging zu einem der Tische, nahm sich eine Flasche, goss sich ein Glas ein, trank es in einem Zug leer.

„Was gibt es Neues an der Front?“ fragte er Asaziel, der neben ihm stand.

„Nicht viel. Seit ein paar Wochen sind wir mit dreißig Mann unterwegs, decken die ganze Stadt ab, gibt kein Durchkommen mehr für sie. Unsere Küken haben sich zu echten Kampfhähnen gemausert,“ antwortete Asaziel.

„Und er, der schwarze Ritter? Mal wieder gesichtet?“ wollte Zacharias wissen.

„Nein, hat sich nicht mehr sehen lassen.“

„Hat wohl aufgegeben, unsere Ärsche zu retten, war das letzte Mal wohl zu viel,“ meinte Zacharias.

„Rettet seltsamerweise immer nur Deinen. Scheint auf Dich zu stehen,“ grinste Asaziel.

„Ha, ha, ich aber nicht auf ihn,“ knurrte Zacharias.

Später, als alle fort waren, schnappte sich Zacharias eine volle Flasche, ging in sein Zimmer. Selbst nach der langen Zeit roch es noch schwach nach ihr. Zacharias setzte die Flasche an, trank sie halb leer. Der lange ungewohnte Alkohol zeigte schnell Wirkung, ihm drehte sich alles. Er ließ sich auf das Bett fallen, trank noch einen großen Schluck, dämmerte weg. Er träumte von einer schwarzen Gestalt, die vor seinem Bett stand, grüne Augen sahen voller Liebe auf ihn hinunter. „Wenn Du wüsstest, wer Dir ständig geholfen hat, hättest Du mich nicht so behandelt,“ hörte er sie sagen. Er wollte nach ihr greifen, aber sie war verschwunden. Stattdessen saß Jay neben ihm, in einem langen weißen Kleid, wie es die Jungfrauen trugen. „Großer, dummer Junge,“ flüsterte sie, streichelte seine Wange. „Bleib bei mir,“ murmelte er, wollte ihre Hand greifen, griff ins Leere.

Am nächsten Morgen ging er verkatert in die Küche, traf dort auf einen ihm unbekannten Mann.

„Sie müssen Zacharias sein,“ kam dieser mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. „Ich bin Simon, Rauls Vater,“ stellte er sich vor.

„Ist was mit Raul?“ fragte Zacharias schnell.

„Nein, nein, er ist gesund und munter,“ erwiderte Simon rasch. „Ich bin mit Delia hier, ihre Sachen holen, sie zieht zu mir.“

„Aha,“ machte Zacharias. „Behandele sie anständig, sonst bekommst Du eine Menge Ärger,“ drohte er.

„Ey, ich bin kein Schläger,“ verteidigte sich Simon.

„Hoffe ich für Dich,“ knurrte Zacharias.

Sie wurden durch das Eintreten Delias unterbrochen. „Zacharias, schön, dass es Dir wieder gut geht.“ Sie umarmte ihn herzlich. „Wie ich sehe, hast Du Simon bereits kennengelernt.“

„Ja, wir haben uns schon nett unterhalten,“ antwortete Zacharias. Simon nickte, widersprach nicht.

„Ich wäre dann soweit, wir können los,“ wandte sich Delia an Simon.

„Und die Jungs? Bleiben sie hier?“ wollte Zacharias wissen.

„Sie wollen es so, können aber jederzeit nach Hause kommen,“ antwortete Simon.

„Und euer junges Glück stören,“ meinte Zacharias sarkastisch.

„Das würden sie nicht,“ erwiderte Simon fest. „Sie gehören dazu.“

„Wie auch immer, lasst euch nicht aufhalten. Ich werde mich in die Sporthalle begeben, wieder mit dem Training beginnen.“ Zacharias nickte ihnen kurz zu.

Nass geschwitzt, mit schmerzenden Gliedern verließ er die Halle am frühen Abend. Den ganzen Tag hatte er sich an verschiedenen Geräten versucht, merkte, wieviel Kraft er verloren hatte.

Als er die Halle durchquerte, lief er Nathanael in die Arme.

„Übertreib es nicht, Du hast lange nichts getan. Nicht, dass Du uns zusammenbrichst,“ ermahnte er ihn.

„Ich weiß schon, was ich mir zumuten kann,“ knurrte Zacharias. „Ich werde bestimmt nicht wochenlang untätig hier herumsitzen, spätestens nächste Woche bin ich wieder draußen.“

„Darüber reden wir noch,“ erwiderte Nathanael.

Später, als Zacharias die Küche betrat, sah er nur glückliche Paare am Tisch sitzen, selbst Michael und Samuel. Er nahm sich einen Apfel aus der Obstschale, ging hinaus. Die Abenddämmerung hatte eingesetzt. Zacharias starrte auf den Apfel in seiner Hand, warf ihn im hohen Bogen ins Gebüsch, zündete sich eine Zigarette an. Er dachte an den Rat, den Phil ihm gegeben hatte, sich hin und wieder eine Jungfrau zu rufen. Bei seiner letzten schweren Verletzung war sie dagewesen, hatte ihm ihr Blut gegeben. Und er? Er hatte mit seiner kindischen Eifersucht alles zerstört. Laut schrie er seinen Frust hinaus.

„Zacharias, ich weiß, dass Du großen Groll auf mich hegst, ich die Letzte bin, die Du zu sehen wünscht, trotzdem möchte ich Dich bitten, mich anzuhören.“ Urplötzlich stand Sakura vor ihm.

„Warum sollte ich?“ grollte er. „Du hast mir vor fünfhundert Jahren auch nicht zugehört, als ich Dich um Hilfe anflehte.“

„Doch, ich habe Dich gehört, nur konnte ich nicht helfen. Es war mir nicht möglich, den Bann zu durchdringen. Ich schickte Dir jemanden, Dich dort herauszuholen, so wie ich es immer tat.“

„Schön. Was soll mir das jetzt sagen, nach so langer Zeit? Soll ich mich besser fühlen, Dir dankbar sein? Es ist traurig, dass es fünf Jahrhunderte gebraucht hat, mir das zu sagen. Wärst Du gleich nach meiner Befreiung erschienen, hättest es mir erklärt, hätte ich vielleicht verzeihen können. So aber wuchs mein Hass auf Dich nur.“

„Ich kann es nicht ungeschehen machen, nicht erwarten, dass Du mir vergibst. Der Grund meines Besuches dient auch nur der Bitte, Deinen Hass nicht weiter auf die Jungfrauen zu übertragen. Du weißt, dass Du ihr Blut benötigst, um stark zu werden, es zu bleiben. Bitte, rufe sie, wann immer Du sie brauchst.“

„Ich werd`s mir überlegen,“ brummte Zacharias, ging ins Haus, ließ Sakura einfach stehen. Ungesehen gelangte er in sein Zimmer, warf sich auf sein Bett. Im Grunde wusste er, dass sie Recht hatte.

Raus – er musste raus hier. Zu Jeremia wollte er nicht, hatte keine Lust auf Fragen, suchte eine andere Bar auf.

„Whiskey pur, ohne Eis,“ bestellte er beim Barkeeper. Mit dem Glas in der Hand lehnte er sich an eine Wand, beobachtete die Menschen, welche sich hier vergnügten. Neugierige Blicke trafen ihn hin und wieder, besonders von den weiblichen Besuchern.

„Darf ich?“ Eine aufgedonnerte Blondine gesellte sich zu ihm, umgeben von einer aufdringlichen Duftwolke. „Hab Dich hier noch nie gesehen. Zum ersten Mal hier?“

„Und zum letzten Mal,“ knurrte Zacharias unfreundlich, musterte sie abfällig von oben bis unten.

„Schade,“ erwiderte sie. „Verräts Du mir trotzdem Deinen Namen?“

„Warum sollte ich? Werden uns eh nie wiedersehen.“ Er stieß sich von der Wand ab, ließ sie einfach stehen.

Draußen atmete er tief durch, dachte: ‚Was ist nur mit den Weibern los? Geht es denn allen nur um einen schnellen Fick?‘

Ziellos lief er durch die Straßen, verließ die belebte Innenstadt. Urplötzlich stand er vor ihm – der schwarze Ritter. Zacharias sah sich um, nirgendwo war eine Ratte zu sehen.

„Ich habe Dich gesucht,“ kam es undeutlich sehr leise.

„Und gefunden,“ grummelte er, wollte weitergehen.

„Warte.“ Eine Hand legte sich auf seinen Arm. „Ich möchte mit Dir reden.“

„Und worüber? Hat Sakura Dich geschickt? Sollst Du mir jetzt erklären, warum sie handelte?“ fragte er ironisch.

„Nein, darum geht es nicht, es geht um uns.“

„Um uns? Ich wüsste nicht, was wir miteinander zu tun haben.“

„Eine Menge. Folge mir einfach.“

Die belebten Straßen meidend, gelangten sie zu einem modernen Hochhaus. Durch dessen Tiefgarage erreichten sie einen Aufzug, welcher sie zu dem Penthouse brachte.

„Hier wohnst Du also.“ Zacharias sah sich um. Sie standen in einem großen Wohnraum mit offener Küche. Eine der Wände bestand nur aus Glas, gab den Blick über die ganze Stadt frei.

„Setz Dich bitte,“ wurde er aufgefordert. „Beenden wir dieses Versteckspiel.“

Unfähig, sich zu rühren, starrte Zacharias die Person an. Diese Stimme! Sie klang plötzlich wie die Jays.

„Nein, ich werde gehen, lass mich nicht an der Nase herumführen,“ erwiderte er unwirsch.

„Wie Du meinst. Geh nur, aber ich werde Dich weiterhin im Auge behalten, Dir zur Hilfe kommen, wenn es nötig ist.“

„Dann sag mir endlich, wer Du bist.“

„Wer ich bin, weißt Du schon lange. Nur lässt es Dein Starrsinn nicht zu, Dir einzugestehen, dass es tatsächlich eine Frau gewesen sein soll, welche Dir öfter den Arsch gerettet hat.“ Bei diesen Worten hatte sie ihre Waffen abgelegt, nahm nun das Tuch von ihrem Kopf. Ein Schwall weizenblonder Haare fiel über ihre Schultern, ein Paar jadegrüner Augen blickten ihn an.

„Wer bist Du? Warum gaukelst Du mir vor, jemand zu sein, der meinem Herzen nahe steht?“ brauste Zacharias auf. „Zeig mir endlich Deine wahre Gestalt.“

„Das ist meine wahre Gestalt, glaub mir.“

„Du willst mich ernsthaft glauben lassen, dass es eine schwache Frau war, die mir damals half? Und auch all die anderen Mal?“ zweifelte Zacharias immer noch.

„Dann frage Asaziel, er wird es Dir bestätigen, er war dabei.“

„Asaziel? Soll das heißen, er wusste die ganze Zeit wer der schwarze Ritter war?“

„So ist es. Wir kennen uns seit Kindertagen. Er war vier, als wir geboren wurden…“

„Wir?“ unterbrach Zacharias.

„Meine Brüder und ich, wir waren Drillinge.“

„Dann ist Phil tatsächlich Dein Bruder?“

„Ja, er wurde fünf Minuten nach mir geboren, mein jüngerer Bruder also. Nach weiteren fünf Minuten kam unser jüngster Bruder dann.“

„Also Du, Phil, wer ist der Dritte?“

„Das ist nicht so wichtig. Er würde es nicht gutheißen, wenn seine Identität bekannt würde. Wir alle drei entsprachen nicht den Erwartungen unserer Eltern. Phil wollte unbedingt den Kranken und Schwachen helfen, ich wollte ein großer Krieger werden. Wie Du siehst, haben wir uns durchgesetzt.“

Zacharias hatte mittlerweile auf dem großen Sofa Platz genommen, war sichtlich verwirrt über das, was er bisher gehört hatte.

„Ich versteh es immer noch nicht. Wie konntest Du als Frau es lernen, so gut mit den Schwertern umzugehen? Dich so schnell zu bewegen?“

„Langes Training und eiserner Wille,“ erwiderte sie lächelnd. „Und ein Vorbild namens Asaziel. Schon immer wollte ich so werden wie er, lief ihm als Kind ständig hinterher. Meine Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt.“

„Wieso hast Du Dich gerade jetzt entschieden, Dein Geheimnis preiszugeben?“

„Weil ich mir geschworen habe, solltest Du den Angriff auf dem Fest überleben, würde ich Dir alles sagen. Mein armer Bruder hatte viel zu leiden, als er Dich operierte. Er wollte einige Male das Handtuch werfen, Dich aufgeben. Ich schrie ihn an, ob ich Dir mein Blut umsonst geben würde, er solle gefälligst weitermachen.“

„Dein Blut? Du gabst mir Dein Blut? Während der ganzen Zeit?“

„Nein, nicht nur ich. Deine Mutter war ebenfalls da, ebenso Sakura. Beide gaben ihr Blut für Dein Leben.“

„Sakura? Sie gab ihr Blut? Kann ich nicht glauben.“

„Glaube es ruhig. Ihr Blut war das Stärkste, es ließ im Handumdrehen die kleineren Verletzungen heilen.“

„Nur nicht die in meinem Herzen,“ murmelte Zacharias.

„Viele Nächte, in denen Du mich in der Klinik glaubtest, war ich unterwegs, euch zu helfen. Auch in jener Nacht, als Du mich in der Klinik abholen wolltest. Schon da wollte ich Dir sagen, wer der ominöse schwarze Ritter ist, aber Du wolltest nichts von mir hören, hast mich quasi hinausgeworfen.“

„Ich war enttäuscht, fühlte mich bestätigt, dass alle Frauen Lügnerinnen wären. War überzeugt, dass es euch nur um das Eine geht.“

„Nicht nur,“ grinste Jay. „Obwohl es ein toller Zeitvertreib ist.“

„Aha, ein Zeitvertreib,“ erwiderte Zacharias ironisch nickend. „Wenn das so ist – sollen wir uns ein wenig die Zeit vertreiben?“

„Nein,“ erwiderte Jay kopfschüttelnd. „Falls ich Dir gestatte, mich anzurühren, dann sollte es aus Liebe geschehen und nicht nur, weil Dir gerade danach ist.“

„Verdammt, Jay, weißt Du eigentlich, wie sehr ich gelitten habe? Das es mir fast das Herz zerriss, als ich Dich an Phils Arm den Saal betreten sah? Noch dazu in dem Kleid, welches wir gemeinsam für diesen Abend gekauft hatten! Als ich auf die Ratten traf, wünschte ich mir sogar, sie würden mich töten, damit ich Dich endlich vergessen könnte.“

„Ich folgte Dir, wollte mit Dir reden. Sah, wie sie über Dich herfielen, rief Phil zur Hilfe und auch meinen anderen Bruder, brachten alle Ratten um.“

„Und ich dachte, ich halluziniere, als ich drei schwarze Ritter sah,“ gab Zacharias grinsend zu.

„Du warst auch ganz schön weggetreten.“ Jay reckte sich, „Ich zieh mich nur schnell um.“

„Von mir aus kannst Du auch nackt zurückkommen,“ feixte Zacharias.

„Hättest Du wohl gerne,“ erwiderte Jay lächelnd. „Gibt’s aber nicht, nicht jetzt jedenfalls.“

„Schade,“ seufzte Zacharias. Er erhob sich, sah aus dem Fenster. „Es wird schon hell, ich sollte mich auf den Heimweg machen. Nat läuft sonst Amok, denkt wer weiß was.“

„Warte, ich bring Dich,“ bat Jay, verließ ihn, kam kurz darauf in Jeans und Shirt zurück.

„Kommst Du noch mit rein, Hallo sagen?“ fragte Zacharias, als sie vor dem Tor standen.

„Jetzt nicht, vielleicht schau ich später mal vorbei,“ lehnte Jay ab. „Ich möchte Dich aber bitten, noch niemandem von unserem Gespräch zu erzählen. Das sollte vorläufig unter uns bleiben.“

„Okay, versprochen,“ nickte Zacharias. „Darf ich Dich wenigstens zum Abschied küssen?“

Sie hielt ihm ihre Wange hin.

„Ich…ich geh jetzt besser.“ Fluchtartig verließ er das Auto, ging direkt ins Haus.

„Wo hast Du Dich denn rumgetrieben? Warst die ganze Nacht weg,“ wurde er von Nathanael empfangen.

„Unterwegs, mal hier was getrunken, mal da,“ antwortete Zacharias.

„Wieder das Blut junger Frauen?“ fragte Nathanael entsetzt.

„Bleib ruhig. Nein, habe ich nicht, es war nur Alkohol,“ erwiderte Zacharias.

„Versteh doch, dass ich mir Sorgen um Dich mache,“ bat Nathanael.

„Dann hör auf damit.“

„Hör Du auf, Dich abzusondern, Extratouren zu fahren.“

„ich werde es mir überlegen,“ grinste Zacharias, ging nach oben.

Er schlief bis mittags, ging in die Küche hinunter, nahm sich zunächst einen Kaffee, suchte sich etwas Essbares. Es war ruhig im Haus, alle schienen noch zu schlafen. Zacharias ging in die Sporthalle, trainierte hart.

„Ich wusste, dass ich Dich hier finden würde.“ Jay stand in der Tür.

„Hey, Du bist tatsächlich hier erschienen.“ Vor Freude strahlend ging Zacharias zu ihr. „Bleibst Du zum Abendessen?“

„Vielleicht. Vielleicht auch länger,“ erwiderte sie, grinste ihn an.

„Ich geh schnell duschen, lauf nicht weg.“

„Werd ich nicht, ich begleite Dich nach oben.“

„Hältst Du das für eine gute Idee?“ Zweifelnd schaute er sie an.

„Wer weiß.“ Gelassen zuckte Jay mit den Schultern. „Das werden wir dann sehen.“

Zacharias duschte schnell, zog sich an, ging zurück in sein Zimmer. Jay lehnte an der Wand, sah auf das Bett.

„An was denkst Du gerade?“ wollte Zacharias wissen.

„An die Wut und den Hass, die in Dir steckten, als Du mich das erste Mal nahmst,“ antwortete sie. „Wie sie nach und nach verschwanden, Platz für etwas anderes zu schaffen suchten, Du es aber nicht, noch nicht, zulassen wolltest, es wohl noch nicht willst.“

„Was ich jetzt am liebsten will, ist, Dich in den Arm zu nehmen, Dich küssen, langsam ausziehen, Deine Brüste küssen, Dich schmecken, tief in Dir sein,“ knurrte Zacharias erregt.

„Nur wird es nicht dazu kommen,“ erwiderte Jay ernst, wandte sich zur Tür.

Blitzschnell stand Zacharias vor ihr, versperrte den Ausgang.

„Verdammt, Jay, ich…ich liebe Dich, will Dich für immer bei mir haben,“ entfuhr es ihm laut. „Ich habe erkannt, als ich Dich fortschickte, dass mein Misstrauen pure Eifersucht war. Auch vorher schon, als Du Dich noch um Nat gekümmert hast, hatte ich dieses Gefühl, konnte es nicht einordnen.“

„Endlich stehst Du zu Deinen Gefühlen,“ lächelte Jay, streichelte über seine Wange. „Vielleicht werde ich Dir jetzt gestatten, mich zu küssen.“ Sie nahm seinen Kopf, zog ihn zu sich hinunter, legte ihre Lippen auf seine.

Vorsichtig legte Zacharias seine Arme um sie, erwiderte ihren Kuss.

„Komm mit mir ins Bett, ich sehne mich so nach Dir,“ hauchte Jay ihm heiß ins Ohr. Er ließ sich nicht zweimal bitten, nahm sie glücklich auflachend auf die Arme, trug sie zum Bett, legte sie vorsichtig nieder.

„Ich liebe Dich, mein kleiner Ritter.“

„Ich liebe Dich, mein großer, dummer Junge.“

„Wie war das mit dem Abendessen?“ fragte Jay im Morgengrauen, als sie verschwitzt in seinen Armen lag.

„Machen wir ein Frühstück daraus,“ erwiderte Zacharias lächelnd. „Die anderen werden Augen machen.“

„Sag ihnen aber nicht, dass ich einer der schwarzen Ritter bin,“ bat Jay. „Ich möchte es ihnen selber sagen, wenn die Zeit gekommen ist.“

„Wie Du wünschst,“ stimmte Zacharias zu.

Gemeinsam betraten sie Hand in Hand die Küche, wo bei ihrem Eintritt sofort Stille herrschte.

„Jay!“ Luna war die Erste, die ihre Sprache widerfand. „Schön, dass Du wieder da bist.“ Sie stand auf, umarmte Jay. „Wie ich sehe, ist zwischen euch alles geklärt.“

„Ist es. Wir haben vorletzte Nacht über alles geredet,“ nickte Jay.

„Dann bleibst Du?“ wollte Luna wissen.

„Wenn er mich noch bei sich haben will,“ grinste Jay in Zacharias Richtung.

„Überlege ich mir noch,“ erwiderte Zacharias ernst.

„Nicht zu lange, sonst ist sie wieder weg und Du lässt Dich erneut abstechen,“ mischte sich Nathanael brummend ein.

„Dann aber richtig,“ sagte Zacharias.

„Hört auf mit dem Mist.“ Luna sah beide böse an.

Nach einem ausgiebigen Frühstück gingen Jay und Zacharias zurück in sein Zimmer.

„Ich weiß, dass Du mich jetzt am liebsten ins Bett zerren würdest, aber das muss warten, ich gehe erst mal trainieren,“ sagte Zacharias ernst, in seinen Augen ein belustigtes Funkeln.

„Ich begleite Dich. Nicht, dass Du Dich verausgabst und danach keine Kraft mehr hast.“

Dank Jays Hilfe erlangte Zacharias schnell wieder seine alte Kraft. Sie gab ihm täglich ein wenig ihres Blutes. Da Zacharias nun wusste, wer sie war, befolgte er widerspruchslos ihre Anweisungen zum Training. In den Nächten zeigte er ihr, wo es lang ging.

Nach zwei Wochen war er fit genug, um wieder mit auf die Straßen zu gehen. In der ersten Nacht war er mit Nathanael unterwegs.

„Freut mich, dass es zwischen Jay und Dir wieder gut läuft,“ meinte Nathanael.

„Mich auch,“ grinste Zacharias.

„Jedenfalls hat sich Deine Laune erheblich gebessert.“

„Hör mal, Nat,“ wechselte Zacharias das Thema. „Jetzt, wo wir unsere Krieger haben, solltest Du zu Hause bleiben, bei Deiner schwangeren Frau. Ich denke, die ständige Angst um Dich ist nicht gut für sie und das Kind.“

„Ja, aber ich kann euch doch nicht alleine der Gefahr aussetzen und faul zu Hause rumsitzen,“ wandte Nathanael ein.

„Hey, Du bist der Boss, der König, Du kannst tun, was immer Du willst,“ fegte Zacharias seinen Einwand beiseite.

Schweigend setzten sie ihren Weg fort, Nathanael schien darüber nachzudenken.

Am Morgen, als sich alle in der Küche versammelt hatten, teilte Nathanael ihnen mit, dass er ab sofort nicht mehr mit ihnen unterwegs sein würde. Niemand erhob einen Einwand dagegen.

„Dann hast Du ja endlich mal Zeit für den ganzen Schreibkram,“ meinte Jonas grinsend.

„Erinnere mich nicht daran,“ stöhnte Nathanael. „Trau mich schon gar nicht mehr in mein Arbeitszimmer, bei den Bergen von Papier.“

„Kannst ihm ja helfen,“ schlug Zacharias vor. „Und Asaziel wird mich dann begleiten.“

Also wurde auch Jonas zur Büroarbeit verdonnert, was er murrend hinnahm.

Stundenlang waren Zacharias und Asaziel schweigend durch die Straßen gelaufen. In einer ruhigen Seitenstraße packte Zacharias ihn plötzlich an der Kehle, drückte ihn gegen die Wand.

„Ey, was soll das?“ war Asaziel überrascht.

„Ich sollte Dich verprügeln, grün und blau schlagen,“ lautete Zacharias Antwort. „Dafür, dass Du mich belogen hast, was den schwarzen Ritter betrifft. Von wegen, Du kennst ihn nicht. Ich weiß alles über ihn und Dich.“

„Sie hat es Dir gesagt?“ staunte Asaziel.

„Ja,“ bestätigte Zacharias, ließ Asaziel los.

„Alles?“

„Das ihr euch schon seit Kindertagen kennt, dass Du ihr bester Freund bist, ihr geholfen hast, mich da rauszuholen.“

„Auch, dass ich es niemanden sagen durfte? Keinem von ihrer Identität erzählen durfte? So tun musste, als würden wir uns nicht kennen?“

Zacharias nickte. „Ich habe euch einmal zufällig im Gang belauscht, dachte, ihr wärt heimlich, hinter meinem Rücken, ein Paar. Sie sprach davon, dass ihr die Geheimnistuerei gegen den Strich gehen würde. Jetzt weiß ich, worüber ihr gesprochen habt. Damals hätte ich euch am liebsten erwürgt.“

„Außer uns beiden weiß noch niemand davon?“

„Nein, sie möchte es noch keinem sagen.“



„Du, Zack?“ fragte Jay eines morgens schmeichlerisch. „Könnten wir heute mal in meine Wohnung fahren? Nicht, dass es mir hier nicht gefällt, aber hier ist es so voll. So ab und an sehne ich mich nach ruhiger Zweisamkeit mit Dir.“

„Ich muss heute Nacht nicht raus, also könnten wir bis morgen Abend bleiben,“ erwiderte Zacharias. „Ich sage nur eben schnell Nat Bescheid, sonst bekommt er wieder Panik und denkt wer weiß was.“

Kurz darauf saßen sie im Auto, fuhren zu Jays Wohnung.

„Möchtest Du einen Kaffee?“ fragte sie ihn.

„Du kannst Kaffee kochen?“ neckte er sie.

„Ich nicht, aber der Automat,“ erwiderte Jay grinsend, schaltete ihn ein.

Während Jay den Kaffee zubereitete, sah Zacharias sich um. Ein großes, beigefarbenes Bigsofa stand einige Meter von der Fensterwand im Raum, davor ein kleiner Tisch. Auf dem Boden lag ein weicher, brauner Teppich, welcher bis zu dem gläsernen Esstisch reichte, der die offene Küche vom Wohnraum trennte. Dahinter eine Küchenzeile mit Hochschränken, ebenfalls in Beige gehalten. Neben der Eingangstüre hing ein großer Flatscreen. Zwei weitere Türen führten in die hinteren Räume.

„Setz Dich doch,“ forderte Jay ihn über die Schulter auf. „Der Kaffee kommt sofort.“

„Wird auch Zeit.“ Lächelnd trat Zacharias hinter sie, legte seine Arme um sie, zog sie an sich. „Obwohl es mich gerade nach etwas anderem gelüstet,“ hauchte er in ihr Ohr.

„Du trinkst jetzt erst Deinen Kaffee, schließlich habe ich ihn nicht umsonst gemacht,“ gab sie streng zurück.

„Ja, Madam. Zeigt Ihr mir danach Euer Schlafgemach?“

„Spinner,“ lachte sie. „Alles zu seiner Zeit.“

Sie trug die Tassen zu dem kleinen Tisch, stellte sie ab, ließ sich auf die Couch fallen. Zacharias setzte sich neben sie, trank gehorsam seine Tasse leer. Als Jay auch ihre geleert hatte, legte er seinen Arm um ihre Schulter, zog sie nach hinten, küsste sie. Seine Hand glitt in ihre Jeans, wo ihn feuchte Wärme empfing. Einer seiner Finger fand den Weg, versank in ihr.

„Diese verdammte Hure.“ Urplötzlich stand Phil vor ihnen.

„Verdammt, kannst Du Dich nicht anmelden,“ fuhr Jay hoch. „Was willst Du überhaupt hier?“

„Sorry,“ murmelte Phil, drehte sich weg, damit Jay ihre Brust bedecken konnte, welche Zacharias mittlerweile frei gelegt hatte.

„Also, was willst Du? Und von wem redest Du überhaupt?“ fragte Jay.

„Von wem wohl,“ knurrte Phil. „Jetzt ist sie zu weit gegangen, hat meinen Freund entführt, die alte Schlampe. Ich werde sie umbringen.“

„Lass uns ihn herausholen, wie all die anderen,“ schlug Jay vor.

„Nein, dieses Mal wird sie sterben, sie hat unsere Familie angegriffen,“ wütete Phil.

Verständnislos sah Zacharias von einem zum anderen.

„Vater und Mutter kommen übrigens auch gleich hierher,“ teilte Phil gerade seiner Schwester mit.

„Hoffentlich melden sie sich dieses Mal an,“ hoffte Jay. Aber ihre Hoffnung erfüllte sich nicht, Sakura und Ares tauchten auf, standen wie aus dem Nichts im Raum.

‚Ihre Mutter?‘ ging es Zacharias durch den Kopf. ‚Jay war die Tochter Sakuras?‘ Fassungslos starrte er Jay an, stand auf, wollte gehen.

„Zack, bitte, bleib. Ich erkläre es Dir gleich,“ bat Jay, nahm seine Hand, hielt ihn auf.

„Ja, bleib,“ bat auch Ares. „Es betrifft auch Dich.“

„Also, Phil, was ist los? Warum bist Du so aufgebracht?“ wollte Sakura mit sanfter Stimme wissen.

„Aaron! Sie hat mir Aaron genommen, dafür wird sie sterben,“ heulte Phil auf.

„Sie kann nicht getötet werden, dass weißt Du. Sie ist ebenso unsterblich wie wir,“ erinnerte Sakura ihn.

„Soll ich ihr Aaron überlassen? Wer weiß, was sie mit ihm macht, sobald sie feststellt, dass er nicht auf Frauen steht. Sollte sie dann noch erfahren, dass er mit mir zusammen ist, wird sie ihn töten,“ brauste Phil auf.

„Beruhige Dich erstmal,“ bat Ares ruhig. „Dann überlegen wir, wie wir ihn da herausholen können.“

„Na, so wie immer,“ warf Jay ein. „Reinschleichen, alles töten, was im Weg steht, ihn holen und wieder raus. Wo ist das Problem?“

Ares sah sie an, schüttelte den Kopf. „Kälter als mancher Krieger. Was sagst Du dazu, Zacharias?“

„Ich?“ war dieser überrascht, sah Jay zärtlich an. „Würde sie nicht so sein, wie sie ist, gäbe es mich schon lange nicht mehr.“

„Du bist unobjektiv, bist verliebt,“ grinste Ares. Ernst werdend fuhr er fort: „Ihr unternehmt erst Mal nichts, ich werde mir etwas überlegen, melde mich.“

„Ich warte nicht ewig,“ murrte Phil.

„Was verbirgst Du noch alles vor mir?“ wollte Zacharias aufgebracht wissen, als er und Jay wieder alleine waren.

„Nichts,“ erwiderte Jay zerknirscht. „Dass ich ihre Tochter bin, solltest Du nicht auf die Weise erfahren, das wollte ich Dir schonender beibringen.“

„Ach ja? Und wann? Tut mir leid, aber mir ist die Lust vergangen, ich werde jetzt gehen, über alles nachdenken.“ Zacharias drehte sich zur Tür.

„Zack, warte,“ hielt sie ihn auf, griff nach seinem Arm. „Bitte, bleib. Ich habe mich doch nicht verändert, nur weil ich ihre Tochter bin, ich bin immer noch Jay.“

„Nein, Du bist nicht mehr die kleine Krankenschwester, über die ich herfiel, Du bist eine Göttin,“ schüttelte er den Kopf.

„Ich bin das Kind von Göttern, ja, aber ich bin keine Göttin. Sitze nirgendwo herum, lass mich anbeten. Das wollte ich nie, habe das Anrecht darauf von Anfang abgelehnt. Gut, ich kann einiges, was andere nicht können, bin unsterblich, aber das ist auch schon alles. Niemand von uns Geschwistern will in die Fußstapfen unserer Eltern treten, wir alle wollen unser Leben hier leben, so wie wir es wollen. Es hat harten Kämpfen bedurft, unseren Willen durchzusetzen. Also entweder liebst Du mich so, wie ich bin, oder Du gehst, dann aber für immer, dann ist es aus zwischen uns.“

„Jay, ich – ich kann diese Worte nicht aussprechen, ich weiß nur, dass ich Dich will. Dir zu sagen, was Du gerne hören möchtest, fällt mir schwer.“

„Du brauchst es nicht sagen, Du zeigst es mir mit jeder Berührung, mit jedem Kuss.“ Sanft streichelte sie über seine Wange.

Wild riss er sie in seine Arme, küsste sie, trug sie zur Couch. Die Laute, welche sie von sich gab, konnte man wahrlich nicht als göttlich bezeichnen, eher als animalisch.

„Ich weiß nicht, wie lange ich wegbleiben werde,“ sagte Jay. Zacharias lag auf ihrem Bett, sah zu, wie sie sich ankleidete, verwandelte in den schwarzen Ritter, welcher ihm schon oft das Leben gerettet hatte. „Aber ich verspreche Dir, ich komme zurück.“ Sie beugte sich über ihn, gab ihm einen Kuss.

„Was genau habt ihr vor?“ fragte Zacharias.

„Ares schickt einige seiner Bogenschützen, welche die Festung von Land her angreifen, um sie abzulenken. Währenddessen schleichen Phil, ich und zwei weitere vom Meer aus hinein, holen Aaron, verschwinden wieder auf dem gleichen Weg,“ erklärte Jay. „Wartest Du hier auf mich? Oder gehst Du zu Nat?“

„Ich werde später zu Nat fahren, mich diese Nacht auf Rattenjagd begeben,“ antwortete Zacharias.

„Sei vorsichtig,“ bat Jay. „Obwohl – mein anderer Bruder ist hier, er wird ein Auge auf euch haben.“

„Er geht nicht mit euch?“

„Nein,“ schüttelte Jay den Kopf. „Einer von uns ist immer in eurer Nähe.“

„Und einer sogar ganz nah,“ grinste Zacharias, zog Jay in seine Arme.

Gemeinsam fuhren sie mit dem Aufzug, der von Jays Wohnung direkt in die Tiefgarage führte, hinunter. Dort begleitete Jay ihn zu seinem Auto, wo er sie nochmals in die Arme nahm, sie küsste.

„Pass auf Dich auf, komm in einem Stück wieder,“ murmelte er. „Ein Leben ohne Dich ist kein Leben mehr. Ich…ich liebe Dich,“ presste er hervor.

Jay erwiderte nichts, lächelte nur leicht. Sie wusste, welche Überwindung ihn diese Worte gekostet hatten.

Ein letztes Mal streichelte sie über seine Wange. „Bis bald, Großer, pass auf Dich auf,“ dann war sie mit einem Mal verschwunden.

„Hey, Zack,“ wurde er von Nathanael begrüßt, als er die Halle betrat. „Wo ist Jay? Habt ihr euch wieder gestritten?“

„Nein,“ knurrte Zacharias. „Sie muss etwas erledigen, ist in ein, zwei Tagen wieder da.“ Sein Gesichtsausdruck ließ keine weiteren Fragen zu.

Luna kam in Begleitung von Delia aus der Küche, beide bewaffnet mit einer riesigen Portion Eis und einem Glas saurer Gurken.

„Schwangerschaftsgelüste,“ raunte Nathanael ihm zu.

„Beide?“ fragte Zacharias perplex.

Nathanael nickte. „Simon muss für ein paar Tage weg, deshalb bat er uns, Delia solange hier aufzunehmen. Er möchte sie ungern in ihrem Zustand alleine lassen.“

„Was macht dieser Simon eigentlich beruflich?“ wollte Zacharias wissen.

„Er ist Chef einer großen Computerfirma, muss hin und wieder zu seinen Kunden,“ klärte Nathanael ihn auf.

„Zack!“ freute sich Luna, ihn zu sehen. „Ich dachte schon, Du wärst zu Jay gezogen.“

„Warum sollte ich?“

„Das war ein Scherz. Nicht, dass Du jetzt denkst, ich will Dich loswerden,“ sagte sie entschuldigend.

„Willst Du nicht?“ fragte er mit hochgezogener Augenbraue, brachte sie noch mehr in Verlegenheit.

„Schatz, hör nicht auf ihn, er will Dich nur ärgern.“ Nathanael legte seinen Arm um ihre Schulter.

„Ich geh noch ein paar Stunden pennen, damit ich diese Nacht fit bin.“ Zacharias nickte allen kurz zu, ging nach oben in sein Zimmer.

In dieser Nacht waren weitaus weniger Ratten unterwegs als sonst.

„Werden wohl alle gebraucht,“ meinte Zacharias zu Asaziel, mit dem er unterwegs war.

„Dort ist sie? Wurde wieder jemand entführt?“ fragte Asaziel.

„Irgendein Aaron,“ nickte Zacharias.

„Aaron? Etwa Phils Lebensgefährte?“

„Seinem Auftritt nach zu urteilen – ja. Wusste gar nicht, dass unser Doc auf Männer steht,“ antwortete Zacharias.

„Schon seit Ewigkeiten. Wir waren auch mal kurz zusammen, merkten aber schnell, dass es nicht passte. Wir waren beide noch ziemlich jung, er war gerade sechzehn, glaube ich. Hatte gerade festgestellt, dass ihm Frauen nicht lagen. Wir waren auch nie richtig zusammen, haben uns nur ein paarmal geküsst. Zehn Jahre später traf er dann Aaron. Zwischen ihnen hat es gleich gefunkt, seitdem sind sie ein Paar,“ erzählte Asaziel.

„Ich weiß, dass Jay ihre Tochter ist,“ sagte Zacharias zusammenhanglos. „Und Phil ihr Bruder.“

„Oh,“ entfuhr es Asaziel.

„Heute Nacht wird nichts mehr passieren. Sollen wir noch zu Jeremia, einen Absacker trinken?“ schlug Zacharias vor.

Es war nicht mehr viel los in der Bar, auch Jeremia war nicht zu sehen, so tranken sie nur schnell ein Glas und fuhren heim.

In der nächsten Nacht bekam Zacharias eine Nachricht auf sein Handy. „Bin zurück. Kommst Du zu mir? Oder soll ich zu Dir kommen?“ „Ich komme zu Dir,“ schrieb er zurück, machte sich direkt auf den Weg.

Mit schnellen Schritten stürmte er zum Aufzug, wartete ungeduldig, dass er endlich oben ankam. Kaum hatte sich die Tür geöffnete, stürmte er hinaus, riss Jay in seine Arme.

„Was ist?“ fragte er erschrocken, als sie zusammen zuckte. „Bist Du verletzt?“

„Nur ein kleiner Kratzer,“ erwiderte sie lächelnd, aber der Schmerz in ihren Augen sagte etwas anderes.

„Lass mich sehen,“ bat er streng.

„Da.“ Jay zog ihr Shirt ein Stück hoch. Zacharias zog scharf die Luft ein. Von ihrer Hüfte zog sie eine Wunde bis hin zu ihrer Wirbelsäule.

„Hat Phil sich das angesehen?“ wollte er wissen.

„Nein, ist auch nicht nötig. Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht, kein tiefer Schnitt, tut nur ein wenig weh, wenn man daran kommt. Ist schließlich nicht meine erste Verletzung,“ winkte Jay ab.

Behutsam führte Zacharias sie zur Couch, setzte sich neben sie, an ihre unverletzte Seite.

„Wie kam es dazu? Erzähl,“ forderte er sie auf, legte seinen Arm um ihre Schulter.

„Es lief nicht so, wie geplant. Sie haben uns anscheinend erwartet. Obwohl ein Großteil der Wachen auf der Mauer standen, den Angriff der Bogenschützen abwehrten, waren zehn Wachen vor Aarons Tür. Eine von ihnen hat mich wohl im Fallen mit seinem Schwert gekratzt. Unseren Fluchtweg haben sie auch abgeschnitten, so dass uns nicht anderes blieb, als uns von dort heraus zu transferieren. Es schien so, als wüssten sie, wer Aaron ist, ihn gezielt ausgewählt hätten. Er war äußerst schlimm zugerichtet, Phil hat einiges zu tun, ihn wieder auf die Beine zu bekommen,“ berichtete sie.

„Verdammt,“ murmelte Zacharias. „Das war für Dich das letzte Mal, dass Du dorthin gehst, ich verbiete Dir, es nochmal zu tun,“ teilte er ihr streng mit. „Ich werde es nicht mehr zulassen.“

„Aber…“ „Kein Aber,“ fiel er ihr ins Wort. „Ich werde es nicht mehr zulassen, ich will Dich nicht verlieren. Nicht an diese – diese –Hexe.“

Jay löste sich von ihm, stand auf. „Ich lasse mir nichts verbieten, weder von meiner Mutter noch von meinem Vater, schon gar nicht von Dir. Wenn jemand meine Hilfe braucht, bin ich da.“

Auch Zacharias war aufgestanden, stand dicht vor ihr. „Du machst mich irre,“ stöhnte er, verdrehte die Augen. „Verdammt noch mal, Jay, ich liebe Dich, liebe Dich mehr als -,“ er suchte nach einem Vergleich,“ mehr als mein Leben. Nur die Sorge, dass ich Dich verlieren könnte, lässt mich so handeln. Du bist alles, was ich habe.“ Dann geschah etwas Ungewöhnliches – der harte, zynische Zacharias weinte.

„Schatz, beruhige Dich.“ Erschrocken über seinen Ausbruch legte sie ihre Arme um ihn, schmiegte sich an ihn. „Ich werde nichts versprechen, außer, dass ich vorsichtiger sein werde. Aber ich kann mich nicht ganz raushalten, werde in Zukunft aber nicht mehr an jedem Einsatz teilnehmen.“

Ein trockenes Schluchzen, dann beugte er sich zu ihr, küsste sie.

„Wenigstens etwas,“ murmelte er, hob sie auf die Arme, trug sie ins Schlafzimmer, legte sie vorsichtig auf das Bett.

„Ich muss es tun,“ begann Jay. „Kann nicht zulassen, dass sie noch mehr von euch in die Finger bekommt. Einerseits macht sie es, um ihre sexuelle Gier zu befriedigen, andererseits will sie meine Mutter hervorlocken, um sie zu töten. Es geht ihr dabei weniger um das Amt meiner Mutter, sondern um Ares, meinen Vater. Sie will ihn, wollte ihn von Anfang an. Du musst wissen, sie, Zara, ist der Zwilling meiner Mutter, ihre dunkle Seite sozusagen. Beide waren in Ares verliebt, aber er entschied sich für Sakura. Seitdem herrscht Krieg zwischen den Beiden.“

„Deshalb kann sie nicht getötet werden, ist unsterblich, weil sie göttlichen Geschlechts ist,“ wurden Zacharias klar.

„So ist es,“ bestätigte Jay. „Uns bleibt nichts weiter, als zu versuchen, so viele als möglich aus ihren Klauen zu befreien und ihre Truppen zu bekämpfen.“

„Bring mir eure Art zu kämpfen bei und ich werde euch begleiten,“ bat Zacharias.

„Nein, mein Schatz, Du bist zu impulsiv,“ wehrte Jay grinsend ab. „Wenn Du ihr begegnen würdest, könntest Du Dich nicht beherrschen.“

„Stimmt,“ nickte er. „Ich würde ihr den Hals umdrehen.“

Sein Handy klingelte. Er angelte es aus seiner Tasche, meldete sich.

„Hey, Zack, wo steckst Du?“ fragte Nathanael besorgt.

„Bei Jay.“

„Okay, dachte schon, Du würdest wieder irgendwelchen Unsinn machen,“ kam es mit einem Grinsen in der Stimme zurück.

„Keine Sorge, Bruder, ich bin erwachsen geworden, weiß jetzt, wofür es sich lohnt zu leben,“ erwiderte Zacharias ernst, sah zu Jay, lächelte sie an.

„Dann euch noch viel Spaß, aber denk daran, morgen hast Du wieder Einsatz.“ Lachend legte Nathanael auf.

Zacharias legte das Handy weg, drehte sich zu Jay, sah, dass sie eingeschlafen war. Sanft deckte er sie zu, legte sich mit dem Gesicht zu ihr ebenfalls hin, fiel in einen leichten Schlaf.



Jay erholte sich recht schnell von ihrer Verletzung. Die meiste Zeit wohnten sie bei Nathanael, nur hin und wieder suchten sie die Zweisamkeit in Jays Wohnung.

Mittlerweile hatte Jay allen mitgeteilt, wer sie war. Zunächst waren die Ritter erstaunt, dass eine Frau der geheimnisvolle Ritter war, sahen sie aber dann mit anderen Augen, als Jay sie in die Grundkenntnisse ihres Kampfstils einführte.

„Jay!“ Eine kugelrunde Luna kam mit schmerzverzerrtem Gesicht auf sie zu, als sie gerade aus der Küche kam. „Es ist so weit, ich werde zu Sakura gehen.“ Ein Stöhnen unterbrach ihren Satz. „Sagst Du bitte Nat Bescheid?“

„Mach ich. Du sieh jetzt zu, dass Du fortkommst.“ Jay sah auf die Pfütze, die sich unter Luna gebildet hatte. „Warte, ich bring Dich zu ihr.“

Sie wurden schon von Sakura und zwei älteren Jungfrauen erwartet, die sich gleich Luna schnappten, sie zum Geburtsbecken brachten.

„Jay, bleib bei mir,“ schrie Luna panisch.

„Geh nur,“ nickte Sakura. „Es wird nicht lange dauern, danach kannst Du dann dem Vater gleich die Geburt seines Sohnes mitteilen.“

„Und Du? Kommst Du nicht mit? Sie ist doch eine von euch.“

„Jetzt nicht mehr, jetzt gehört sie zu Nathanael. Es ist eine Ausnahme, dass sie hier gebären darf.“

Jay folgte den Frauen. Das Geburtsbecken war kreisrund, hüfttief. Am Rand gab es einen Stein, auf welchem Luna saß. Neben ihrem Kopf waren Griffe angebracht, die Luna fest umklammerte.

„Es tut so weh,“ jammerte Luna, schrie kurz danach schmerzvoll auf.

„Es ist gleich vorbei,“ sagte einer der Frauen beruhigend. Sie winkte Jay heran, bedeutete ihr, ein Bein von Luna zu nehmen. Das andere wurde von der zweiten Frau gehalten.

„Oh nein, nicht schon wieder,“ stöhnte Luna, zog die Beine an.

„Drückt sie fest gegen ihren Bauch und ihren Kopf gegen die Brust. Es ist so weit, es kommt heraus.“

Stöhnend und schreiend presste Luna das Kind aus sich heraus.

„Ein kleiner Prinz,“ strahlte die Jungfrau sie an, reichte das Kind einer jüngeren Jungfrau, welche mittlerweile erschienen war. Dann wandte sie sich wieder Luna zu.

„Oh, oh,“ machte sie überrascht. „Da kommt gleich noch eins. Hat Dir niemand gesagt, dass zwei in Deinem Bauch wachsen?“

„Was? Nein!“, war Luna überrascht, krümmte sich gleich darauf wieder vor Schmerzen. „Nicht nochmal,“ stöhnte sie.

„Und da haben wir eine kleine Prinzessin,“ verkündete die Jungfrau.

Auch dieses Kind wurde einer Jüngeren übergeben, dann kümmerten sie sich um Luna. Jay nutzte die Gelegenheit, verließ das Becken.

„Bleib ein paar Tage hier, erhol Dich,“ riet sie Luna. „Nat wird es überleben.“

„Wo kommst Du jetzt her?“ wurde Jay von Zacharias empfangen, als sie sich direkt in sein Zimmer transferiert hatte. „Du bist ganz nass.“

„Ich habe geholfen, einen Prinzen und eine Prinzessin auf die Welt zu holen,“ erwiderte Jay. „Ich geh schnell duschen, zieh mich um.“

„Duschen ist okay, anziehen brauchst Du nicht,“ grinste Zacharias.

Als sie nur mit einem Handtuch bekleidet aus dem Bad kam, saß Zacharias im Bett, klopfte neben sich. Jay schlüpfte neben ihn, kuschelte sich an ihn.

„Also, wo warst Du?“

„Mit Luna bei Sakura, sie hat gerade ihre Kinder bekommen.“

„Kinder? Gleich mehrere?“

„Nur zwei,“ grinste Jay. „Einen Jungen und ein Mädchen. Ich muss es gleich Nat sagen, er weiß noch nichts davon.“

„Ich komme mit, möchte sein blödes Gesicht sehen,“ schmunzelte Zacharias schadenfroh.

In der Halle kam ihnen ein aufgeregter Nathanael entgegen.

„Luna ist weg. Ich habe schon das ganze Haus durchsucht, finde sie nirgendwo.“ Angst zeichnete sich auf seinem Gesicht ab.

Zacharias drückte ihn in einen Sessel, holte ein Glas und eine Flasche aus einem der Schränke.

„Hier, trink erst Mal einen kräftigen Schluck, dass beruhigt die Nerven. Und starke Nerven wirst Du gleich brauchen,“ grinste er dabei.

„Wieso? Was ist los? Ist Luna etwas passiert?“ kam es panisch von Nathanael.

„Nein, ist es nicht. Sie ist zwar noch ein wenig schwach, aber es geht allen Drei gut,“ ergriff nun Jay das Wort.

„Allen Drei? Wer ist denn bei ihr?“ war Nathanael verwirrt.

„Keine Ahnung, wie sie heißen, aber sie werden Luna ganz schön in Beschlag nehmen. Du bist wohl abgemeldet,“ zog Zacharias ihn weiter auf.

„Zack, hör auf. Siehst Du nicht, wie viele Sorgen er sich macht?“ Streng sah Jay ihn an. Dann wandte sie sich an Nathanael. „Hör auf, Dir Sorgen um Luna zu machen, ihr geht es gut. Sie ist bei Sakura, erholt sich dort noch ein, zwei Tage von der Geburt eurer Zwillinge.“

„Was? Wie? Zwillinge?“ war Nathanael verdattert.

Jay berichtete ihm, wie sie am Morgen auf Luna traf, sie begleitete, bei der Geburt half. Nathanael beruhigte sich zusehends, dann brach die Freude aus ihm heraus. „Ich bin Vater und das gleich doppelt.“ Sein Freudenschrei schallte durch das ganze Haus, weckte die anderen auf.

Zacharias nahm Jays Hand, zog sie mit sich nach oben.

„Zwillinge scheinen wohl in der Familie zu liegen,“ meinte er. „Willst Du auch welche?“ Anzüglich grinste er Jay an.

„Kannst mir auch anders sagen, dass Du mit mir schlafen willst,“ erwiderte Jay. „Fragst doch sonst auch nicht.“

„Da will man einmal nett sein,“ maulte er, tat beleidigt.

„Oh Mann, komm schon her.“ Jay legte ihre Arme um seinen Hals, küsste ihn.

„Um auf Deine Frage zurückzukommen, ob ich Kinder möchte,“ sagte Jay später. „Willst Du denn welche?“

„Darüber habe ich noch nie nachgedacht,“ gab er ehrlich zu. „Brauchte ich bisher ja auch nicht. Aber Kinder zu haben, würde bedeuten, ich müsse Dich teilen, dazu bin ich noch nicht bereit.“

„Hm,“ machte Jay. „Wäre es Dir denn wichtig, irgendwann mal Vater zu werden?“

„Du fragst so komisch, was ist los? Bist Du etwa schwanger?“ Zacharias sah sie fragend an.

„Nein, bin ich nicht,“ schüttelte Jay den Kopf. „Beantworte einfach meine Frage.“

Zacharias dachte kurz nach. „Wichtig ist es mir nicht. Wenn eins kommt, ist es okay, wenn keins kommt, ist es auch okay. Ich muss das nicht unbedingt haben.“

„Du würdest mich also nicht verlassen, wenn ich keine bekommen könnte?“

„Du bist seltsam heute. Nein, ich würde Dich nicht verlassen, ich liebe Dich, so wie Du bist und nicht als Gebärmaschine.“ Zur Bestätigung küsste er.

„Du hast mich mal nach meiner Narbe auf meinem Bauch gefragt. Ich sagte Dir, dass ich es Dir erzählen würde, wenn Du mir Deine Geschichte erzählst. Nun ja, ich kenne sie ja, nun sollst Du meine erfahren. Es passierte bei unseren ersten Besuchen in der Festung. Ich war noch jung, unerfahren, unvorsichtig, übersah eine Wache. Sie schlitzte mir den Bauch auf. Nun hatten meine Brüder zwei an der Backe, die sie dort herausholen mussten. Mich brachten sie gleich zu Mutter, die mich heilte. Aber trotz allen ihren Bemühungen war nicht zu verhindern, dass ich nie Kinder würde bekommen können.“

Lange Zeit sagte Zacharias nichts, starrte zur Decke. Jay rückte von ihm ab, sah ihn an.

„Es spielt keine Rolle, ob Du schwanger werden kannst oder nicht.“ Zacharias setzte sich auf, sah sie ernst an. „Nur der Gedanke, dass Du Dich ständig dieser Gefahr aussetzen willst, stört mich, macht mich wahnsinnig. Am liebsten würde ich Dir verbieten, weiterhin dorthin zu gehen.“

„Das darfst Du nicht.“ Jay setzte sich auf seinen Schoss, legte ihre Arme um seinen Nacken. „Ich verbiete Dir ja auch nicht, nachts auf die Straßen zu gehen, obwohl wir Dich schon etliche Male vom Boden kratzen mussten.“

„Ich werde es auch nicht.“ Er legte seine Hände um ihre Hüften, zog sie dichter an sich heran. „Mein kleiner Ritter,“ sagte er zärtlich.





Seit es zwischen Jay und Zacharias keine Geheimnisse mehr gab, war er nicht mehr so zynisch, sah nicht mehr so düster aus. Nur wenn sie mal wieder auf einer Rettungsmission war, wie sie es nannten, zeigte er sich mürrisch.

„Sie macht das schon seit fünfhundert Jahren, hör auf, Dir Sorgen um sie zu machen,“ meinte Asaziel, als Jay mal wieder fort war.

„Ich weiß,“ seufzte Zacharias. „Aber Du und ich, wir waren da, wissen, wie die Fürstin tickt. Wenn ich mir vorstelle, Jay gerät in ihre Fänge…Ich will nicht daran denken.“

„Im Gegensatz zu uns kann sie sich heraustransferieren,“ erinnerte ihn Asaziel. „Außerdem ist sie nicht alleine, einer ihrer Brüder ist dabei.“

„Welcher? Phil kann es nicht sein, er ist gerade damit beschäftigt, Delias Kind auf die Welt zu holen,“ knurrte Zacharias. „Wer ist der Andere? Sag`s mir, Du weißt es doch.“

„Ich kann und darf es nicht sagen, hab`s geschworen,“ erwiderte Asaziel.

Würde er je erfahren, wer der Dritte im Bunde war?

Ein strahlender Raul und ein nicht minder strahlender Lukas stürmten Hand in Hand in die Halle.

„Hey, Leute, wir haben eine Schwester,“ rief Raul begeistert. „Mutter und Kind sind wohlauf und dem Vater geht es auch wieder gut.“

„Schön für euch,“ grummelte Zacharias. Asaziel dagegen gratulierte den Beiden, holte eine Flasche, Gläser, stellte alles auf den Tisch. „Lasst uns darauf anstoßen.“ Nach und nach erschienen auch die anderen Ritter, erfuhren die Neuigkeit, stießen darauf mit ihnen an.

„Das erinnert mich daran, dass wir unsere Zwillinge noch dem Adel vorstellen müssen. Das heißt, es wird in nächster Zeit wieder ein Fest anstehen,“ fiel es Nathanael ein.

Ein paar Wochen später war es soweit, Prinz und Prinzessin wurden dem Adel präsentiert. Nathanael hatte dazu erneut das kleine Schloss gemietet, allerdings für den Tag. Luna und er hatten beschlossen, den Kindern nicht ihre Nachtruhe zu nehmen. So begann das Ganze mit einem Mittagessen.

„Lass uns hier verschwinden,“ flüsterte Zacharias Jay zu, als die Kinder vorgestellt waren. „Mir geht das Ganze hier auf die Nerven, ich möchte lieber mit Dir alleine sein.“

Niemand schien ihr Verschwinden zu bemerken, alle hatten nur Augen für Prinz Lucien und Prinzessin Leyla.

In Jays Wohnung angekommen, zog Zacharias gleich sein Jackett aus, zerrte sich die Krawatte vom Hals, schleuderte seine Lederschuhe von den Füßen.

„Ich hasse diese Verkleidung,“ murrte er dabei.

Auch Jay entledigte sich ihres Kleides, stand in Unterwäsche vor ihm. Zacharias zog sie an sich, öffnete ihren BH. „Seit wann trägst Du sowas?“ murmelte er, ließ ihn zu Boden fallen. Er nahm Jay auf die Arme, trug sie ins Schlafzimmer, legte sie auf das Bett.

„Ich liebe Dich, großer Junge,“ lächelte sie, legte ihre Hände auf seine Wangen.

„Ich liebe Dich auch,“ murmelte Zacharias dicht an ihrem Mund. „Werde Dich immer lieben – bis in alle Ewigkeit.“















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Tag der Veröffentlichung: 06.01.2019

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