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Im Himmel ist der Teufel los

Nachts in der Hölle

 

 

 

Während Angelo und Luzi nach einer leidenschaftlichen Liebesnacht noch völlig ausgepowert und aneinandergekuschelt im Wolkenbett im Tiefschlaf liegen, geht es ein paar Etagen tiefer nicht so friedlich zu. Denn dort ist die Nachricht über Amors Liebesattacke angekommen.

 

 

Satans Söhne sitzen gemütlich zusammen am Höllenfeuer und tauschen Ideen über neue Gräueltaten aus, mit denen sie ihren Vater erfreuen wollen, als einer der Helferdämonen die „frohe“ Kunde überbringt. Dass ihr jüngster Bruder von Amors Liebespfeil getroffen wurde und jetzt in einen Engel verknallt ist. Luzis Brüder sind darüber so sehr erbost, dass der kleine Botenteufel diesen Auftritt nicht lange überlebt.

 

Nachdem ein anderer der niedrigen Dämonen den Aschenrest zusammengefegt und entsorgt hat, beratschlagen die Brüder nun, wer von ihnen dem Vater die Schreckensbotschaft überbringen soll. Verständlicherweise ist keiner von ihnen, aus Angst vor den möglichen Konsequenzen, besonders interessiert daran. Aber es hilft nichts, Satan muss allerschnellstens von dem Frevel erfahren, deshalb losen sie aus, wer gehen muss. Beelzebub muss in den sauren Apfel beißen.

 

Und so klopft dieser eine halbe Stunde später an der Tür zu den Gemächern Satans und bittet um Einlass. Sein Vater ist erstaunt, aber auch erfreut, seinen ältesten Sohn zu sehen. Stolz betrachtet er ihn.

 

„Na Beelzebub, was hast du angestellt? Ich hoffe mal, es hat dabei viele neue Seelen fürs ewige Fegefeuer gegeben.“

 

Satan lacht bösartig und laut. Doch als er in das verkniffene Gesicht seines Sohnes blickt, stutzt er.

 

„Raus mit der Sprache! Was ist passiert?“

 

Beelzebub scharrt nervös mit dem Pferdefuß, ein Erbe seiner Mutter, einer Pferdedämonin.

 

„Bitte verzeiht, Eure höllische Majestät, aber es gab da einen Zwischenfall mit Amor und…“

 

Weiter kommt er nicht, denn Satan brüllt ihn voller Zorn an.

 

„Wie kannst du es wagen, den Namen dieser widerwärtigen Kreatur in meiner Anwesenheit zu nennen? Weißt du nicht, wer du bist? Ich fass es nicht!“

 

Drohend kommt er auf Beelzebub zu.

 

„Gnade, Vater! Ich will dir doch nur mitteilen, dass er Luzi mit einem seiner Pfeile getroffen hat und dieser jetzt in einen Schutzengel verknallt ist.“

 

„W a a a a a s?“

 

Beelzebub fasst sich an die schmerzenden Ohren. Satans Gebrüll hört man mittlerweile auch im letzten Winkel der Hölle und sein Ältester nutzt die Gelegenheit und flüchtet voller Angst aus dem Zimmer des Höllenfürsten.

 

 

 

 

Drei Stunden später

 

 

Der Herr sitzt zufrieden auf dem Himmelsthron, lauscht den Harfenklängen der Engel und betrachtet amüsiert das emsige Treiben der Menschen auf der Erde. Doch da wird der himmlische Frieden auf einmal gestört. Petrus tritt demütig vor ihn und kündigt einen Besucher an.

 

„Bitte verzeiht die Störung, aber es ist etwas Unglaubliches passiert. Satan ist hier und verlangt euch zu sprechen.“

 

Gott sieht ihn völlig verblüfft an.

 

„Willst du mir etwa gerade erzählen, dass dieser Teufel es gewagt hat, den Himmel zu betreten zu wollen und du ihn hereingelassen hast?“

 

„Natürlich nicht, Herr. Er wartet am Himmelstor und verlangt die Herausgabe seines Sohnes und die Bestrafung Amors.“

 

„Seines Sohnes? Jetzt sag mir nicht, dass einer dieser Ausgeburten der Hölle sich unbemerkt hier einschleichen konnte. Wo sind denn die Seraphim? Alle am schlafen?“

 

„Verzeiht mir Herr, aber so war es nicht.“

 

Gütig blickt Gottvater seinen treuen Diener an.

 

„Nicht? Aber wieso ist denn Satan dann hier?“

 

„Na ja, das hat wohl etwas mit Amor zu tun…“

 

„Mit Amor? Was hat der denn mit dem Teufel zu schaffen? Und wo steckt er überhaupt?“

 

„Er hat heute Nacht am Himmelstor um Asyl gebeten und ich habe ihn herein gelassen. Er hat angeblich Satans jüngsten Sohn mit einem seiner Pfeile getroffen.“

 

„Wie bitte?“ Der Herr beginnt schallend zu lachen.

 

„Ein verliebter Teufel? Das wird ja immer besser!“

 

„Verzeiht, aber da ist noch etwas. Es gab noch einen zweiten Pfeil.“

 

„Einen zweiten Pfeil?“

 

Petrus nickt besorgt.

 

„Und wer wurde davon getroffen?“

 

„Einer unserer Schutzengel.“

 

„Wer?“

 

„Angelo, Herr.“

 

„Angelo? Aber du willst mir jetzt nicht etwa sagen, dass Angelo und dieser? Welcher von Satans Söhnen ist es überhaupt?“

 

„Luzi.“

 

„Willst du mir sagen, dass Angelo und dieser Luzi…? Wo sind die beiden überhaupt?“

 

„Schlafen noch gemeinsam in Angelos Wolkenbett.“

 

„Du willst mir also allen Ernstes mitteilen, dass ein Schutzengel und dieser Teufel heute Nacht hier im Himmel miteinander…“

 

Petrus unterbricht ihn rasch.

 

„Ja Herr, sie haben Liebe gemacht.“

 

„Liebe?“

 

Der Herr beginnt erneut zu lachen.

 

„Na da ist Satan wohl ziemlich angepisst?“

 

„Kann man so sagen, Herr. Er kocht vor Wut und verlangt die Bestrafung Amors.“

 

„Na, na, so weit wird’s noch kommen. Hier im Himmel wird niemand für die Liebe bestraft. Schick Satan zurück zur Hölle und teile ihm mit, dass ich mich um die Angelegenheit kümmern werde. Und Gabriel soll aufpassen, dass er nicht heimlich versucht, hier einzudringen und ihn im Notfall zur Hölle geleiten. Wir dürfen kein Risiko eingehen.“

 

Der Herrscher des Himmels schmunzelt.

 

„Und dann schick das Liebespaar und auch Amor zu mir.“

 

 

***

 

 

Im ersten Moment weiß ich gar nicht genau, wo ich bin. Jemand hat seine Hand auf meiner Schulter und schüttelt mich ziemlich unsanft. Ich wache auf und blicke erschrocken in das Gesicht von Petrus. Doch bevor ich noch eine Frage stellen kann, teilt er mir schon mit, dass wir uns beide anziehen und so schnell wie möglich beim Herrn erscheinen sollen. Dann ist er auch schon wieder weg.

 

Ich will schon aus meinem Wolkenbett springen, da bemerke ich erst, dass ich mich nicht bewegen kann. Ich drehe den Kopf und dann erkenne ich auch den Grund dafür. Luzi liegt halb auf mir und hat den linken Arm um mich geschlungen. Mit dem Aufwachen kehren auch die Erinnerungen an die vergangene Nacht zurück. Grenzdebil grinsend streiche ich ihm durch die langen, schwarzen Haare und küsse seine geschlossenen Augenlider. Er ist so wunderschön. Luzi grummelt unwillig und murmelt etwas von weiterschlafen. Tja, Pech gehabt, mein kleiner Liebesteufel. Ich flüstere ihm ins Ohr, dass der Herr uns sprechen will. Davon wird er schlagartig wach und reißt erschrocken die Augen auf.

 

Ich versuche ihn zu beruhigen, indem ich ihn zärtlich küsse. Dann verspreche ich ihm, dass es schon nicht so schlimm wird. Schließlich ist der Herr nicht bösartig und hat immer viel Verständnis für Liebende.

 

Zuerst einmal müssen wir uns aber säubern und stellen uns zusammen unter die Regendusche. So verschwitzt und mit Sperma von unseren nächtlichen Aktivitäten verklebt, können wir unmöglich dem Herrn unter die Augen treten. Danach ziehen wir uns wieder an, aber nicht ohne uns auch dabei immer wieder zu küssen und zu liebkosen. Amor hat ganze Arbeit geleistet und wir zwei sind verknallt bis über beide Ohren. Doch dann nehmen wir unseren ganzen Mut zusammen und stellen uns dem Gottesurteil.

 

 

 

***

 

 

Als wir den göttlichen Thronsaal betreten, hören wir gerade noch eine interessante Diskussion mit an. Der Herr fragt den kleinen, geflügelten Liebesgott, wie es ihm überhaupt gelingen konnte, einen Teufelssohn mit seinem Pfeil zu treffen. Eigentlich wäre das doch wegen der Aura des Bösen völlig unmöglich. Als Amor nur ratlos mit den Schultern zuckt, mischt sich mein Boss Gabriel, der auch zufällig anwesend ist, in das Gespräch ein.

 

„Verzeiht Herr, aber ich hätte dafür vielleicht eine Erklärung.“

 

Gottvater sieht ihn fragend an.

 

„Na dann, raus mit der Sprache!“

 

„Die Mutter des jüngsten Sohnes Satans war, wie ihr sicherlich wisst, eine menschliche Hexe. Und weil sie besorgt war um das ungeborene Kind in ihrem Bauch, hat sie einen Schutzzauber ausgesprochen, um zu verhindern, dass ihm von anderen Dämonen ein Schaden zugefügt wurde. Wie ich vermute, hat dieser Zauberspruch aber auch verhindert, dass bei dem Baby die Saat des Bösen aufging.“

 

„Aber er ist doch teuflisch und böse.“

 

„Satan hat wohl schon immer gespürt, dass er nicht so war, wie seine anderen Söhne. Ich denke, für seine Entwicklung waren das unsoziale Umfeld und die höllische Erziehung verantwortlich.“

 

„Mmmh, interessante These. Wo steckt Luzi denn jetzt?“

 

Der Herr sieht sich um und entdeckt uns dann an der Tür. Freundlich winkt er uns zu sich und Hand in Hand treten wir vor seinen Thron.

 

„Nun Luzi, dein Vater hat verlangt, dass du zu ihm zurück in die Hölle gehst. Aber es ist deine Entscheidung.“

 

Luzi sieht ihn ängstlich an.

 

„Er würde mich sofort töten, wegen der Liebe in meinem Herzen. Bitte erlaubt mir, hier im Himmel zu bleiben.“

 

Der Herr schmunzelt.

 

„Und ich vermute mal, du möchtest mit Angelo zusammen sein?“

 

Errötend nickt Luzi und sieht mich dabei liebevoll an.

 

Das sieht der Herr natürlich mit Wohlgefallen und nickt dann ebenfalls.

 

„Also gut, Angelo kann sicher Hilfe bei seinem Schützling brauchen. Und du kannst dich dabei nützlich machen. Vielleicht bist du irgendwann an einer Ausbildung zum Schutzengel interessiert? Aber das ist dann die Aufgabe von Gabriel. Lass dir von Angelo helfen, einen Asylantrag auszufüllen. Ich genehmige ihn schon einmal im voraus. Was Amor betrifft, der steht ebenfalls unter meinem Schutz. Unglaublich, dass Satan seine Bestrafung verlangt. Als ob hier jemand für Liebe bestraft würde.“

 

Der Herr schüttelt noch immer fassungslos wegen dieser Forderung, mit dem Kopf. Dann entlässt er uns alle. Luzi bedankt sich noch und dann verlassen wir drei gemeinsam den Thronsaal.

 

 

Während Amor sofort mit seinem Bogen in den Wolken verschwindet, um seine Arbeit wieder aufzunehmen, umarmt mich Luzi erleichtert.

 

„Ich kenne meine Mutter gar nicht, Satan hat sie gleich nach meiner Geburt verstoßen. Sieht so aus, als hätte ich ihr mein Glück mit dir zu verdanken.“

 

Ich ziehe ihn näher an mich und küsse ihn, aber Luzi löst sich kurz von mir.

 

„Trotzdem hätte ich nicht erwartet, dass der Herr unsere Liebe einfach so akzeptiert.“

 

Ich blicke ihn erstaunt an.

 

„Wieso das denn nicht?“

 

„Na ja, auf der Erde wettern doch immer Anhänger seines Sohnes gegen Schwule.“

 

„Jetzt wo du es erwähnst. Ist schon merkwürdig. Dabei wissen die doch genau, dass Jesus ständig mit seinen zwölf besten Freunden durch die Gegend zog und auch, dass er mit Judas rumgeknutscht hat. Den Rest kann man sich wohl denken.“

 

Luzi wird plötzlich ganz still und ich sehe ihn fragend an.

 

„Mir ist gerade eingefallen, dass mein Bruder Azael vor langer Zeit mal etwas darüber erzählt hat…“

 

„Du willst mir jetzt aber nicht sagen, dass Satan den Fischerverein benutzt um…?“

 

Erschrocken über meine eigenen Gedanken breche ich ab.

 

Luzi sieht mich schuldbewusst an und flüstert leise.

 

„Nicht alle von ihnen, aber so ein paar. Ist Ehrensache für meinen Vater.“

 

Ich bin schockiert.

 

„Wir müssen sofort mit Jesus reden!“

 

Zufällig kommt gerade Raphael vorbei und ich frage ihn, wo wir den Sohn des Herrn finden können. Er räuspert sich verlegen, antwortet dann aber doch.

 

„Ich glaube, er ist gerade mit Judas im Paradies.“

 

Verblüfft frage ich, was die beiden denn dort tun. Raphael wird doch tatsächlich rot und antwortet verlegen.

 

„Sie spielen wahrscheinlich wieder ein Rollenspiel.“

 

„Was denn für ein Rollenspiel?“

 

„Nicht so laut, Angelo. Sie spielen immer Adam und Steve. Das sollte der Herr aber besser nicht erfahren. Was die Schöpfungsgeschichte betrifft, ist er bei aller Liebe doch etwas eigen.“

 

Luzi kann sich kaum noch das Lachen verkneifen und mir geht es auch nicht anders. Schnell nehme ich ihn an die Hand und ziehe ihn hinter mir her Richtung Paradies. Dort angekommen, finden wir die Gesuchten schnell. Sie laufen nur mit einem Feigenblatt bekleidet durch die Gegend und futtern dabei Äpfel. Jesus begrüßt uns erfreut und fordert uns auf, mitzuspielen. Von Judas bekommen wir zwei Feigenblätter gereicht. Als wir dann aber erzählen, warum wir hier sind, ist Jesus sehr erschrocken und kann nicht glauben, dass Mitglieder seines Fischervereins Menschen dafür verdammen, dass sie gleichgeschlechtlich lieben.

 

„Gut dass du sofort zu mir gekommen bist Angelo. Das haben sie wirklich geschickt vor mir verborgen. Immer brav gebetet und ihre Sünden gebeichtet. Verdammt! Ich werde mich sofort darum kümmern. Dafür, meinen Vater zu kritisieren und seine Geschöpfe als unnatürlich zu bezeichnen, haben sie sich schon einen Platz im ewigen Fegefeuer gesichert. Und wenn Satan wirklich dahinter steckt, dann mache ich ihm die Hölle heiß. Da kann er aber Gift drauf nehmen!“

 

Und schon ist er zusammen mit Judas unterwegs zum Herrn. Luzi und ich stehen alleine im Paradies, in unseren Händen halten wir die Feigenblätter. Mein Lover grinst diabolisch.

 

„Na da fällt uns doch bestimmt etwas mit ein.“

 

Er wedelt mit seinem Blatt vor meiner Nase herum. Aus den Augenwinkeln kann ich gerade noch erkennen, wie die Schlange die Augen verdreht und genervt zischend im Gebüsch verschwindet. Dann ziehe ich Luzi an mich.

 

„Dabei, woran ich gerade denke, brauchen wir kein Feigenblatt.“

 

Luzi lacht anzüglich und dann vögeln wir uns gegenseitig fast bis zur Besinnungslosigkeit kreuz und „queer“ durch das Paradies.

 

 

***

 

 

Am nächsten Tag hat Justin dann zwei Schutzengel – doppelt gemoppelt hält bekanntlich besser.

 

 

PS: Glücklicherweise hat sich sein Freund in meiner Abwesenheit um ihn gekümmert und er lebt noch. Ansonsten hätte ich wohl ernsthafte Probleme mit meinem Boss Gabriel bekommen.

 

 

Gerade knutscht mich Luzi mal wieder gegen eine Wand. Da ertönt ein Schmerzensschrei. Justin hat sich mit dem Brotmesser in die Hand geschnitten und Gabriel steht schon wütend neben uns. Fuck! Das kann ja heiter werden!

 

 

 

 

Ende

 

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Tag der Veröffentlichung: 13.09.2014

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