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1. Kapitel



“Mama, wann seid ihr denn wieder zurück?”
Benni hatte keine Lust, den ganzen Abend allein zu Hause zu sein, denn seine Schwester Tanja war bei einer Freundin zum Geburtstag eingeladen und seine Mutter ging mit ihrem besten Freund Thomas ins Kino.
“Benny, du bist doch nicht lange alleine, Papa ist doch bald wieder zurück.”
Hans war nicht Bennis richtiger Vater, seine Mutter hat ihn kennen gelernt, kurz nachdem sein richtiger Vater gestorben war. Das passierte kurz vor seinem vierten Geburtstag. Der neue Mann an der Seite seiner Mutter zog keine zwei Monate nach dem Tod seines Vaters bei ihnen ein. Benni und Tanja waren noch sehr klein und begriffen nicht, was da passierte, aber sie akzeptierten diesen Menschen.
Knapp zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters musste Benni dann mit seiner Mutter, seiner Schwester sowie Hans und seinem Halbbruder Timo, der gerade geboren wurde, von Hamburg wegziehen.
Auf ein Dorf mitten in Hessen. Und das nur, weil die Familie von Hans dort wohnte.
Weg von allem bekannten, weg vom Grab seines Vaters, weg von Großvater und Großmutter, weg von Tante Simone mit ihren sieben Kindern.
Dieses Dorf hatte nichts zu bieten außer einem kleinen Bäckerladen, einer Fleischerei, sowie einem Tante-Emma-Laden, einem Schwimmbad, einer Kneipe und einer Grundschule.
Mit der Zeit gewöhnten sich Tanja und Benni an das Leben auf dem Dorf, die Anbindung an die Kreisstadt, die nur ein paar Kilometer entfernt war, war auch ganz passabel.

Die Tage verliefen immer nach dem gleichen Muster. Unter der Woche ging Hans zur Arbeit, Tanja und Benni mussten zur Schule und Mutter Nicole passte zu Hause auf den kleinen Timo auf, während ihr bester Freund Thomas ihr Gesellschaft leistete.
Die Wochenenden verliefen auch immer gleich. Am Sonnabend wurde gemeinsam für die ganze Woche eingekauft, abends saßen dann alle gemeinsam vor dem Fernseher. Das heißt, Hans fehlte, denn der genoss es, die freie Zeit, die er mit der Familie verbringen konnte, in der Kneipe des Dorfes zu sein.
Doch auch sein Platz im Wohnzimmer war besetzt, denn Thomas war immer da.
Auch wenn wir gemeinsam die nächst größeren Städte Wiesbaden oder Frankfurt besuchten, anstelle von Hans kam Thomas mit. Manchmal blieb Benni auch zu Hause, denn er konnte Thomas nicht sonderlich gut leiden. So konnte er am Montag in der Schule seine Phantasie spielen lassen, denn er musste ja mindestens genauso tolle Geschichten erzählen können wie seine Schulkameraden, wenn nach den Aktivitäten des Wochenendes gefragt wurde.
Die Jahre vergingen und bald schon stand Bennis elfter Geburtstag vor der Tür.
Die Familie von Hans kam zum Kaffee trinken, andere Gäste waren nicht eingeplant, denn Benni hatte weder Freunde noch Feinde in der Schule, er war eher ein Mitläufer.
Doch dieser Tag sollte buchstäblich alles verändern.
Nicole plante nämlich einen Abend mit Thomas, Tanja und Timo und machte sich kurz nach 18:00 Uhr auf den Weg. Benni blieb zu Hause und auch Hans war da. Da dieser sich das Fußballspiel im Fernsehen anschauen wollte, legte sich Benni auf sein Bett, um ein wenig in seinem Geographie-Lexikon zu blättern, welches er von seiner Mutter geschenkt bekommen hatte.

Im Hintergrund lief leise Musik, eine Kassette mit Musik von Bonnie Tyler, die sich Benni heimlich auf Hans seiner Anlage im Wohnzimmer von einer CD überspielt hatte.
Irgendwann überkam ihn die Müdigkeit und er schlief ein. Ein Geräusch lies ihn wieder aufwachen. Neben dem Bett stand Hans, ziemlich angetrunken, da er es sich zur Aufgabe gemacht hat, bei jedem Tor, das seine Lieblingsmannschaft spielt, einen kleinen Schnaps zu trinken. Da diese aber nicht sehr erfolgreich spielte, goss er sich bei jedem Tor des Spiels einen ein. Zusätzlich zu einem halben Kasten Bier, gefüllt mit 20 halben Litern.
Benni sah die Wut in Hans seinem Gesicht, und kurz nachdem er die Augen geöffnet hatte und auf dem Bett saß, fing Hans auch schon an zu toben: “ Wie oft habe ich dir schon gesagt, das du das Licht ausmachen sollst, wenn du dich schlafen legst, und auch die Musik läuft in diesem Haushalt nicht die ganze Nacht. Ich gehe nicht arbeiten, damit ich das Geld für deinen Stromverbrauch zum Fenster rausschmeiße.”
Benni entschuldigte sich und begann, seine Tagesdecke vom Bett abzuziehen, um sich dann den Schlafanzug anzuziehen und sich hinzulegen. Als er sich gerade Pullover und Hose ausgezogen hatte, spürte er auf einmal Hans seine Hand an seinem Nacken und er wurde aufs Bett gedrückt.
“ Hast du mir überhaupt gerade zugehört? Bin ich es nicht wert, das man mir Gehör schenkt? Ist das der Dank dafür, das ich dich schon fast acht Jahre mit durchs Leben schleife? Ich habe ein wenig Dankbarkeit verdient, und glaub mir, die werde ich auch von dir bekommen, dafür sorge ich.”
Benni rührte sich nicht, denn er war starr vor Angst. Er roch den Alkohol-Atem von Hans, und er wusste, würde er sich jetzt wehren, dann würde alles nur schlimmer werden.
Der Griff im Nacken wurde fester und die andere Hand glitt über Bennis nackten Rücken nach unten zu seiner Unterhose, die Hans nun sehr grob nach unten riss. Benni hörte das Öffnen eines Gürtels, eines Reißverschluss, bevor Hans sich genau auf ihn legte. Im Rücken spürte er den harten Penis von Hans, dieser rieb sich an Bennis nackter Haut. Kurze Zeit später atmete er schwerer und bewegte sich schneller, als Benni etwas warmes und nasses auf seiner Haut spürte.
Da verschwand Hans auch schon aus dem Zimmer und machte beim Rausgehen das Licht aus.
Benni lag allein im Dunkeln, nackt, voller Angst, und aus dem Lautsprecher sang Bonnie Tyler:
“I was lost in France and the day was just beginning, as i stood there in the morning rain, i had a Feeling, i can´t explain!“

Benni fühlte sich dreckig, gedemütigt, gepeinigt, doch dachte er, schlimmer kann es ja kaum kommen, doch er sollte sich irren.


2. Kapitel



Bennis Alltag bestand nach diesem Wochenende aus Schule, Hausaufgaben, endlosen Spaziergängen allein durch die Felder und Wiesen hinter dem Haus. Er zog sich fast komplett aus dem Familienleben zurück. Nicole und Thomas hatten sich zerstritten, so dass Nicole jeden Abend zu Hause war und Benni somit nicht mehr allein. Hans hatte sich angewöhnt, seine Fußballspiele in der Dorfkneipe zu schauen und war noch seltener zu Hause als vorher.
Wenn das Wetter schlecht war und somit Spaziergänge nicht möglich, verbrachte Benni die Zeit damit, in seinem Zimmer zu lesen, mit Hilfe des Geographie-Lexikons die Welt zu erkunden oder Musik aus dem Radio aufzunehmen, um die Texte zu lernen und dann leise mitzusingen.

Eines Tages kam ganz unerwartet Besuch. Ein Bruder von Nicole kam zu Besuch, Jürgen.
Sie hatten sich schon einige Jahre nicht gesehen, und so war natürlich die Freude bei Nicole sehr groß. Tanja und Benni hielten sich zurück, denn sie hatten keine Erinnerung an den Mann. Doch durch seine freundliche Art genoss er auch bald ihr Vertrauen.
Er blieb einige Tage, und Nicole strahlte in dieser Zeit ein unheimliches Glück aus, nicht nur, das sie ihren Bruder wieder sehen konnte, nein, sie hatte sich auch mit Thomas wieder vertragen.
Samstag Abend wollten sie auch beide wieder einen ihrer Kino-Abende verbringen. Jürgen und Hans gingen in die Dorfkneipe und Tanja schlief bei ihrer besten Freundin. Also verbrachte Benni den Abend alleine vor dem Fernseher. Timo durfte zusammen mit Oma und Opa nach Frankreich fahren und war somit eine Woche nicht zu Hause.
Benni amüsierte sich über Julia Roberts Badewannen-Gesang in Pretty Woman und als der Film zu Ende war, ging er in sein Zimmer, um ein wenig Musik zu hören.
Plötzlich hörte er die Tür der Wohnung aufgehen und er vernahm das laute Gelächter von Jürgen und Hans. Benni drehte die Musik leiser und er hoffte insgeheim, das die beiden bald ins Bett gehen würden.
Doch schon ging die Tür seines Zimmers auf und er sah Hans in der Tür stehen.
“Jürgen, der Kleine ist da! Leisten wir ihm doch ein wenig Gesellschaft.”
Benni setzte sich in die Ecke seines Bettes und erwiderte, das er keine Gesellschaft haben möchte, sondern lieber alleine wäre. Hans kam ins Zimmer, Jürgen war direkt hinter ihm.
Schon zogen sie sich aus bis auf die Unterhosen und setzten sich aufs Bett.

In den nächsten Wochen zog sich Benni noch mehr zurück. Der einzige Freund, den er hatte, war ein Schäferhund, der einer Freundin von Nicole gehörte. Sie gingen stundenlang in den Feldern spazieren. Und wenn Benni traurig war und sich hinsetzte, um zu weinen, gab der Hund ihm das Gefühl, das er verstanden wurde. Doch leider zerstritten sich Nicole und ihre Freundin, so das der Hund auch bald nicht mehr zu Besuch kam.
Das einzige, was zu bleiben schien, waren die ständigen Ausflüge, die Thomas mit Nicole unternahm und die damit verbundenen Abende, die Benni allein zu Hause verbringen musste!

3. Kapitel



Nach über zwei Jahren, in denen die Besuche von Hans immer häufiger wurden, in denen die Angst in Benni immer weiter stieg, beschloss er, allem ein Ende zu setzen. Ganz in der Nähe des Dorfes verlief eine Bahnstrecke, wo die Züge mit zügigem Tempo vorbei fuhren. Er schrieb seiner Schwester Tanja noch einen Brief, in dem er zu erklären versuchte, was ihn zu diesem Schritt bewegte. Natürlich erwähnte er kein Wort von Gewalt, sondern äußerte er sich nur zu Nicole und Thomas, und das Benni das Gefühl hatte, nicht geliebt zu werden. Er hatte keine Lust mehr darauf, alleine zu sein.
Diesen Brief legte er unter Tanjas Kopfkissen, drehte sich an der Wohnungstür noch einmal um und ging zum Bahndamm. Da die Züge nicht sehr häufig fuhren auf dieser Nebenstrecke, blieb ihm nichts übrig, als zu warten.
Sitzend, an einen Baum gelehnt, schloss er die Augen und atmete die Luft tief in seine Lungen. Er dachte nach, er dachte nach über seinen Vater, der vor vielen Jahren gestorben war, er dachte nach darüber, was passiert wäre, wenn Nicole und er heute noch zusammen leben würden. Hatte sein Vater Benni etwa allein gelassen? Wollte er ihn prüfen? Es gab so viele Fragen, die Benni nicht beantworten konnte. Doch er kam nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn er hörte das Hupen eines sich nähernden Zuges. Doch Benni blieb sitzen.
“Gibt es die Möglichkeit, das ich irgendwann frei bin? Das ich diesen Menschen nicht mehr wieder sehen muss? Ich muss nur noch warten bis zu dem Augenblick, wo ich aus dieser Wohnung ausziehen kann. Dann bin ich frei!” dachte Benni. Er war bereit, auf diesen Augenblick zu warten.

4. Kapitel



Benni fragte Nicole, ob er nicht in die Jugendfeuerwehr-Gruppe eintreten dürfe, denn einige seiner Schulkameraden wären auch dort. Nicole war froh, das Benni unter Menschen wollte, also meldete sie ihn dort an. So durfte Benni an jedem Donnerstag Abend aus dem Haus, um zur Feuerwehr zu gehen. Donnerstags war mittlerweile auch Thomas und Nicoles persönlicher Kinotag, und Tanja hatte mittlerweile ihr eigenes Zimmer in der Laube im Garten, die durch ein paar handwerkliche Arbeiten, die ihr fester Freund verübte, richtig wohnlich wurde und neben einer kleinen Kochgelegenheit auch eine Toilette und ein Waschbecken hatte. Benni brauchte, solange er in der Feuerwehr war, also keine Angst mehr zu haben, das er an einem Abend mit Hans allein sein musste.
Mit Hilfe der Feuerwehr entwickelte sich Benni auch in den nächsten Monaten zu einem Jungen, der herzhaft lachen konnte, der mit seiner Freundlichkeit sogar ein paar Freunde fand, und der dadurch seinen 14. Geburtstag zum ersten Mal mit diesen Freunden feiern konnte.
Schon viele Tage vorher war Benni ziemlich aufgeregt, er hatte sein ganzes Geld, welches er durch Prospektverteilung verdiente, gespart, damit Nicole der Feier auf jeden Fall zustimmte.
Und so wurde aus diesem Geburtstag der schönste Tag für Benni in seinem bisherigen Leben. Es wurde im großen Garten nach Herzenslust gespielt, selbst Victor, der Schäferhund, war dabei, da sich Nicole wieder mit ihrer Freundin vertragen hatte. Es gab ein paar kleine Geschenke, das schönste kam doch überraschenderweise von Nicole selbst, denn sie schenkte Benni einen eigenen CD-Player, da der alte Kassettenspieler mittlerweile den Geist aufgegeben hatte. Dazu gab es eine CD von Bonnie Tyler, da sie mitbekommen hatte, das genau diese Musik Tag für Tag aus seinem Zimmer schallte.
Benni war so glücklich darüber, das er Nicole umarmen wollte, doch sie streichelte nur seinen Kopf und sagte: “Happy Birthday, mein Großer!” Am Abend wurde noch gegrillt und anschließend verabschiedeten sich alle und Benni räumte zufrieden das Geschirr in den Korb und trug es in die Küche. Fröhlich pfeifend ließ er sich Spülwasser ein und wollte gerade beginnen mit dem Abwasch, als Nicole sich zu ihm gesellte und ihm dabei behilflich war. Sie nahm sich ein Geschirrtuch und stellte sich neben die Spüle. Auf einmal hörte Benni sie sagen:
“Benjamin, wenn du irgendwann mal mit irgendjemandem reden möchtest, dann kannst du zu mir kommen. Ich habe wohl bemerkt, das alle Jungs in deinem Alter bereits eine Freundin hatten, du jedoch nicht. Es gibt Menschen, die leben in Beziehungen mit demselben Geschlecht, das ist überhaupt nichts schlimmes. Doch wäre es schön, wenn du es mir sagen würdest.”
Benni erschrak, doch erwiderte er darauf kein Wort. Nicole bohrte auch nicht weiter und so erledigten sie ohne ein weiteres Wort den Abwasch. Anschließend wünschte Benni Nicole noch eine gute Nacht und ging auf sein Zimmer. Er dachte nach über die Worte, die er von seiner Mutter hörte.
Doch er war so müde, das er schnell die Augen schloss und im Reich der Träume verschwand.
Das erste Mal seit langer Zeit schlief er auch bis zum nächsten Morgen durch, ganz ohne Alptraum!

5. Kapitel



Sonnabends fuhren alle vormittags zum Einkaufen. Tanja, Timo, Thomas, Nicole und Benni. Hans musste arbeiten, und so brauchte sich Benni auch nicht davor zu fürchten, mal alleine zu Hause zu bleiben. Heute hatte er nämlich überhaupt keine Lust dazu, durch die vollen Gänge im Supermarkt zu schlendern, schon gar nicht, da Nicole plante, diesmal einen Stadtbummel in Mainz einzuplanen. Das heißt, sie würden den ganzen langen Tag unterwegs sein. Da Nicole aber drängte, dass es Benni bestimmt gut tun würde, mal etwas anderes zu sehen, willigte er schließlich mit ein. Und es sollte doch ein schöner Tag werden. Thomas scherzte mit den drei Kindern herum, kaufte ihnen hier und da eine Kleinigkeit, und auch Nicole schien den Tag sichtlich zu genießen. Tanja kaufte auch ein Geschenk für ihre beste Freundin ein, denn am Abend war sie dort noch zum Geburtstag eingeladen.
Am Nachmittag machten sich alle zusammen auf den Rückweg. Timo sollte noch bei Oma und Opa abgesetzt werden, denn er verbrachte die Zeit gern dort, und auch die Großeltern mochten ihren kleinen Enkel sehr, so das er ein gern gesehener Gast war. Da Hans am Abend wieder einmal in der Dorfkneipe verweilte, um Fußball zu sehen, entschlossen sich Nicole und Thomas, am Abend wieder einmal ins Kino zu gehen.
“Mama, wann seid ihr denn wieder zurück?”
“Benny, du bist doch nicht lange alleine, Papa ist doch bald wieder zurück.”
So machten sie sich auf den Weg nach Frankfurt und Benni machte es sich auf dem Sofa gemütlich.
Wieder einmal schaute er sich Pretty Woman an, mittlerweile konnte er den Film schon mitsprechen, aber der Lieblingsfilm war eben der Lieblingsfilm. Als Richard Gere aus dem Dach des Wagens schaute und Julia Roberts dies von ihrem Fenster beobachtete, ging die Tür auf und Hans kam hinein. Er war so betrunken, das er eine ganze Minute brauchte, um die Tür aufzuschließen, doch Benni machte keine Anstalten, ihn von seinem Leid zu erlösen, indem er einfach von innen aufmachte.
Als Hans dann in der Wohnung stand, war er so wütend, das er Benni sofort anschrie, dieser solle sofort in sein Zimmer gehen und diesen Film ausmachen.
Benni schaltete also den Videorekorder aus und ging an Hans vorbei in sein Zimmer.
Dort legte er sich auf sein Bett, schaltete die Nachttischlampe ein und begann, sein Kreuzworträtsel des “Stern” zu lösen.
Noch nie hatte er eines gelöst, nun ja, nicht ohne die Hilfe von Thomas, aber er gab nicht auf. Thomas hatte ihn einmal ermutigt und zu ihm gesagt: “Benni, wenn du ganz fest an etwas glaubst, dann wirst du es auch erreichen. Gib niemals den Glauben an dich selbst auf.”
Also probierte er es Woche für Woche erneut und wenn er etwa die Hälfte geschafft hatte, dann war er schon sehr stolz auf sich.
Da ging die Tür auf und Hans kam ins Zimmer.
Er war immer noch wütend und nahm die Zeitschrift und schleuderte sie quer durch den Raum. Irgendetwas an diesem Abend hatte ihn so wütend gemacht, und das musste Benni an diesem Abend ausbaden. Wie lange es dauerte, vermochte Benni gar nicht genau zu sagen, doch niemals zuvor hatte ihm jemand so brutal wehgetan. Hans hockte sich hinter ihn und wollte in ihn eindringen, doch der Alkohol machte dies unmöglich, also benutzte Hans seine Finger. Benni schrie vor Schmerzen auf, doch er konnte sich nicht befreien. Als Hans irgendwann aus dem Zimmer ging, konnte Benni nur weinen. Er weinte bitterlich und konnte die ganze Nacht nicht schlafen.
Ein Satz ging ihm in dieser Nacht nicht aus dem Kopf.
“Benni, wenn du ganz fest an etwas glaubst, dann wirst du es auch erreichen. Gib niemals den Glauben an dich selbst auf.”
Benni wusste, das der Tag kommen würde, an dem er dieses Haus verlassen konnte, Dann wäre er frei, konnte endlich anfangen, sein Leben zu leben.

6. Kapitel



Benni packte einige seiner Klamotten in eine Reisetasche. Nur noch dieser Schrank, dann war alles verladen. Nicole hatte einen Hänger angemietet, um seine Sachen in seine Wohnung zu fahren. Ja, seine Wohnung. Der Umzug stand an. Tanja war schon vor ein paar Monaten ausgezogen, und nun fühlte sich auch Benni bereit dafür. Thomas brachte den Schrank mit dem Freund von Tanja nach unten zum Hänger und Benni nahm seine Reisetasche, um ihnen zu folgen. Er schaute sich noch einmal um, lächelte dann einmal und ging hinunter. Er gab Thomas seine Ausgabe des “Stern” und zeigte ihm das Rätsel. Es war vollständig gelöst. Er hatte es geschafft. “Danke dir Thomas, dein Glaube daran, das ich es irgendwann schaffe, hat mich stark gemacht.”

So entkam Benni seiner eigenen Hölle, um ins Leben hinaus zu fahren. Ein paar Monate später trennte sich Nicole von Hans, zog hunderte Kilometer weit weg und so brauchte Benni Hans nie wieder zu sehen. Er erzählte Nicole und Tanja in knappen Worten von dem, was vorgefallen war, doch beide konnten es nicht recht glauben. Bis zum Tag von Nicoles Auszug, wo Hans ihr auf dem Weg zum Auto hinterher rief: “ Macht mir nichts aus, das du gehst, ich habe deinen Sohn sowieso viel lieber ran genommen.”
Noch am selben Abend telefonierten Benni und Nicole mehrere Stunden und trafen sich sogar noch in der gleichen Nacht. Benni erzählte ihr ein paar Dinge, niemals Details, dafür hatte er keine Kraft. Doch diesmal erkannte Nicole seine Verzweiflung, und sie nahm ihn in die Arme. Benni ließ seinen Tränen freien Lauf, denn endlich, nach so langer Zeit, gab sie ihm das Gefühl von Geborgenheit. Dieses Gefühl, das sie ihm als Mutter immer verwährt hatte. Und in diesem Augenblick weinte er Tränen des Glücks.


FORTSETZUNG FOLGT

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 17.11.2008

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich in erster Linie mir selbst, denn es soll mir helfen, die Vergangenheit zu verarbeiten. Ich empfinde es als leichter, darüber zu schreiben, als es zu bereden

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