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Chaotisches Leben.


"Nein Mama, ich möchte wirklich nicht mit auf Tante Ellis Geburtstag. Du weißt doch wie langweilig es dort ist und außerdem hat sie nur dich eingeladen." sagte ich genervt zu meiner Mutter, die selber überhaupt keine Lust hatte auf diese Feier zu gehen. "Ach komm schon Chiara, du kannst mich da doch nicht allein lassen. Der Alterdurchschnitt liegt bei gefühlten 100 Jahren." erwiderte sie. "Tut mir Leid, aber da musst du nun selbst durch. Davon abgesehen muss ich noch Englisch Hausaufgaben machen." log ich zurück. Damit war die Sache vom Tisch, da Schule für meine Mutter ein sehr wichtiges Thema war. Wenn nicht sogar das Wichtigste. Es drehte sich immer alles darum, welche Noten ich hatte, welchen - ach so tollen Vertretungslehrer - wir hatten und welches unwichtige Thema in der nächsten Arbeit dran kommen würde.
"Na gut.", sagte sie und ging allein durch die Tür. Endlich hatte ich Sturmfrei. Ich ging in mein kleines aber sehr gemütliches Zimmer. Es war zwar sehr chaotisch und naja wie soll man sagen.. nicht sehr künstlerisch gestaltet, aber trotzdem fühle ich mich sehr wohl darin. Leider waren seit der letzten Essensschlacht mit Marie, meiner besten Freundin, sehr viele Salami Stücke überall in meinem Zimmer verteilt. Ok ich gebe es zu, das Zimmer ist der reinste Saustall und jeder der dort höchstens 3 Minuten drin ist fragt, ob wir nicht doch lieber nach draußen gehen wollen.
Da ich schon nach fünf Minuten, Freude über Sturmfrei, Langweile bekam, rief ich Marie an. Ich kenne sie schon seit ich geboren bin. Meine Mutter ging damals immer zu einem Psychopaten Kurs. Naja eigentlich war es ein Kurs für Mütter die ihre zurückgebliebenen Kinder fördern wollten. Ich und zurückgeblieben? Die hat sie wohl nicht mehr alle! Und das nur, weil mein erstes Wort Papa und nicht Mama war. Jedenfalls verstand sich meine Mutter sehr gut mit Maries Mutter und auch ich muss mich blendend mit Marie verstanden habe. Zumindest wird mir immer erzählt, dass ich sie jedes Mal geschlagen und umgeschmissen habe. So baut sich nun Mal wahre Freundschaft auf. Nach 5 mal klingeln ging Marie endlich an ihr Telefon. Nun telefonierten wir gefühlte 24 Stunden. In echt waren es dann nur 3 Stunden, die ich an die Wand starrte und Marie bei ihren "Heldentaten" die sie vollbracht hatte, zuhörte. Zumindest waren es für sie Heldentaten, wenn sie ein Blatt Papier vom Boden aufhob oder wenn sie der Nachbarsoma Hallo sagte. Ja ein bisschen durchgeknallt war sie schon und ich dachte dieses Gespräch würde nie enden, bis ich meine Mutter an der Haustür hörte. Das war meine Erlösung. Ich hatte zwar Langweile, aber das war wirklich zu viel des Guten. "Du, ich muss auflegen, meine Mutter kommt und ich hatte gesagt ich muss für Englisch üben. Du weißt ja wie sie ist. Wir sehen uns morgen in der Schule.", sagte ich und war das erste Mal froh, dass mein Sturmfrei beendet war. "Ok, dann viel Spaß. Bis morgen." erwiderte sie und legte auf. Wahrscheinlich war sie traurig, dass sie mir noch nicht erzählt hatte, wie sie den Müll rausgebracht hatte.
Nun musste ich mich beeilen und mein Englisch Zeug in etwa 10 Sekunden auf meinen Schreibtisch werfen und dann auch noch so tun, als würde ich lernen. Zum Glück hatte ich dann doch 15 Sekunden und es sah wirklich so aus, als würde ich schon den ganzen Tag nichts anderes machen. Nun stand sie in meinem Türrahmen. „Ich bin wieder da.“, sagte sie mit ihrem „Man, war das wieder langweilig“-Blick. Jetzt durfte ich nichts Falsches sagen, denn nun könnte sie sogar eine harmlose Fliege auf 180 bringen. Also sagte ich einfach nur: „Hallo“. „Papa kommt heute früher nach Hause und wir gehen zusammen ins Restaurant.“, sagte sie. Ja endlich mal wieder etwas Vernünftiges zum Essen, dachte ich mir, brachte dann aber doch nur ein: „Ok ich freue mich.“, heraus. „Achso, nein nicht wir drei, sondern Papa und ich allein. Du weißt doch wir haben schon lange nichts mehr zusammen gemacht.“, brachte sie hervor. Na toll. Sie würden ohne mich Essen gehen, und ich muss die ungenießbaren Spaghetti Bolognese von gestern essen. Davon abgesehen, hatte ich im Moment auch nicht viel von meinem Vater, da er einen höheren Rang auf seiner Arbeitstelle bekommen hatte. Ich konnte mir nun vielleicht öfter mal etwas Neues zum Anziehen kaufen, aber viel von meinem Vater hatte ich auch nicht. Also meckerte ich herum. „Immer gehst du mit ihm allein essen. Ich hab auch nicht mehr viel von Papa. Abends kommt er nach Hause, isst etwas und dann geht er schlafen. Selbst am Wochenende ist er auf irgendeinem Meeting. Es ist schließlich auch mein Papa!“ „Nun hört mir mal gut zu. Es ist ebenfalls mein Mann und es wird doch auch mal möglich sein, dass ich für ein paar Stunden mit ihm allein bin. Ist das so schwer zu verstehen?“, schrie sie mich mittlerweile schon an. Man muss wirklich nur etwas Falsches sagen und schon ist sie auf 180. Bevor sie sich noch mehr in die Situation hineinsteigerte, sagte ich, dass es in Ordnung sei. Dann hatte ich den Abend eben meine Ruhe, konnte im Fernseher anschalten was ich wollte und musste mir nicht irgendeine Schnulze, wo sowieso am Ende alle glücklich sind, reinziehen. Trotzdem fand ich es nicht toll von meiner Mutter und verkroch mich in meinem Zimmer bis ich das Schloss der Haustür hörte. Papa war gekommen. Ich freute mich immer sehr wenn er kam, da er ganz anders als meine Mutter war. Für ihn war ich immer noch die kleine Prinzessin, die er gern verwöhnte. Außerdem hörte er mir immer zu und schrie mich nie an, sondern versuchte alles auf normalem Wege zu klären. Schnell sprintete ich die große Holztreppe runter und umarmte ihn. „Hey Papa.“, begrüßte ich ihn. „Na, Prinzessin. Freust du dich schon aufs Essen gehen?“, fragte er. „Ohne mich. Du und Mama geht allein. Ich darf ja nicht..“, antwortete ich mürrisch. „Sabine, ich dachte wir gehen zu dritt essen?“, rief er zu meiner Mutter. Und nun fing die Diskussion an. Er wäre doch mal wieder schön einen Abend allein zu haben und das ich nicht überall dabei sein müsste. Am Ende fielen meinem Vater keine Argumente mehr ein, da meine Mutter, wie eine hysterisch Hexe auf ihn einredete. Viele Männer neigen dann dazu, den Frauen Recht zu geben. Da ich sein verzweifeltes Gesicht sah, sagte ich „Lass gut sein, ist schon ok.“, gab ihm einen Kuss auf die Wange und ging in mein Zimmer. Aus meinem Zimmer hörte ich dann noch solche Sätze wie: „Musste das jetzt sein?“ und „Musst du dich immer so aufspielen?“, bis sie endlich aus der Tür gingen. Das kann ja ein toller Abend werden, dachte ich ein klein wenig spöttisch. Nachdem ich langsam Hunger bekam, ging ich in unsere, genau so wenig künstlerisch gestaltete, Küche. Sie war ebenfalls klein und die Farbkombination war scheußlich. Grün, gelb, blau, pink, rot und alle Farben die der Farbtopf sonst noch so her gab, waren im Spiel. Als neu renoviert wurde, hatte ich meiner Mutter gesagt, dass sie sich auf eine Farbe beschränken soll. Aber nein, es musste ja ein echt tolles colour-blocking werden. Nun bereut sie es auch, was sie aber nie zugeben würde.
Ich aß die Spaghetti Bolognese und schaute was so im TV lief.
Gegen unser Wohnzimmer habe ich übrigens nichts auszusetzen. Wohl aufgrund der Tatsache, dass es ein Wohngestalter seine Finger im Spiel hatte. Hier wurde ein schimmerndes silber als Hauptfarbe benutzt. Die restlichen Möbel waren schwarz oder weiß. Der Raum, war auch der größte im gesamten Haus. Ingesamt sah es hier sehr edel aus.
Nachdem wirklich auf allen Sendern nur übertriebene Actionsendungen oder schnulzige Liebesfilme liefen, schaltete ich den Fernseher aus und ging in mein Zimmer. Ich holte mein Tagebuch, aus der untersten Schreibtischschublade, die ich abschließen konnte.

Sonntag, 06.01.13
Heute war mal wieder ein sch*** Tag. Erst quatschte Janine mich 3 Stunden zu und danach stresste mum mal wieder rum. Was will sie eigentlich?
Ich „lerne“ schon den ganzen Tag und dann hab ich nicht mal eine Belohnung verdient. Hauptsache sie hat mit Papa Spaß, aber wie es mir geht? Das ist ihr scheiß egal! Aber gut, ich kann auch so!!! Wird sie sehen was sie davon hat.
Und von all dem abgesehen ist heute Sonntag, dass bedeutet man kann so gut wie nichts unternehmen und morgen ist Schule! Ich hasse Sonntage eben, aber das er so schlecht wurde..

„Wir sind wieder daha.“, trällerte meine Mutter. Anscheinend hatten sie doch noch einen tollen Abend, ohne mich. Schnell stand ich auf und legte mein Tagebuch in mein Schreibtischfach. Wenn meine Mutter wüsste, dass ich ein Tagebuch führen würde, würde sie den ganzen Tag suchen wo es ist und es sich dann durchlesen. Privatsphäre kennt sie nicht. Nun kam sie in mein Zimmer. „Geh jetzt schlafen, morgen ist Schule.“, sagte sie. Ich ging ins Bad und machte mich fertig. Was blieb mir auch anderes übrig? Auf eine Diskussion hatte ich jedenfalls keine Lust mehr. Ich putze mir die Zähne und wusch mein Gesicht. Danach zog ich meinen Schlafanzug an und legte mich ins Bett. Ich dachte lange über diesen Tag nach, bis vor Müdigkeit meine Augen zufielen.

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Tag der Veröffentlichung: 07.01.2013

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