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Liebe Leserin, lieber Leser,
ich bin 17 Jahre alt und leide seit über vier Jahren an Weichteilrheuma bzw. Fibromyalgie.
Die Ereignisse in den vergangenen Jahren haben mein Leben drastisch geändert und auf den Kopf gestellt, da mich die Krankheit in nur jeder denkbaren Handlung eingeschränkt hat und dies immer noch tut.
In den nachfolgenden Zeilen möchte ich Ihnen einen Einblick in die Welt eines kranken Menschen verschaffen, da sich die meisten der Konsequenzen einer jeglichen Erkrankung nicht bewusst sind und das ja auch gar nicht sein können. Aber vielleicht hilft es dem ein oder anderen ja, sich bewusst zu werden, wie wichtig die Gesundheit ist, ohne die unser Leben nun mal völlig aus den Fugen gerät. Denn es wird einem erst durch eine Krankheit bewusst, wie einzigartig das Leben doch eigentlich ist und wie "schön" man es als "gesunder" Mensch hatte.




Sowohl der Titel als auch der Buchinhalt sind urheberrechtlich von mir geschützt.


Was bedeutet Weichteilrheuma/Fibromyalgie und wie wird es therapiert?



Ich war 12 Jahre alt, als sich im April 2005 von einem zum anderen Tag mein Leben komplett veränderte. Zu meiner Vorgeschichte: Meine Eltern trennten sich im Jahre 2002, ich verbrachte jedes 2. Wochenende bei meinem Vater und war sportlich sehr aktiv. Nicht nur Skirennen und die aktive Teilnahme im ortsansässigen Skiklub, sondern auch zahlreiche andere Sportarten wie Inlineskaten, Schlittschuhlaufen, Fahrradfahren und Boxen hatten es mir angetan. Ich verbrachte den größten Teil meiner Zeit damit, mich durch Konditionstraining auf das nächste Skirennen vorzubereiten oder andere Sportarten zu praktizieren.

Zu dem damaligen Zeitpunkt litt ich regelmäßig unter Erkältungen und dauerhaften Mandelentzündungen. So auch an jenem Wochenende im April 2005, als die Krankheit ihren Lauf nahm. Ich besuchte gerade wieder meinen Vater und das Wochenende begann bereits damit, dass wir bei der Ankunft abends mit dem Zug von einem Regenschauer überrascht wurden und schließlich pitsch-patsch nass in der Wohnung ankamen.

Es war Sonntagmorgen, als ich das erste Mal mit Schmerzen in den Knien, Ellbogen und in der gesamten Muskulatur der Oberschenkel und Oberarme aufwachte. Zunächst hielt ich dies für die bei einer Erkältung typischen Gliederschmerzen, nur eben ziemlich verstärkt. Dies ließ sich für mich durch die tags zuvor unfreiwillige Dusche bei der Ankunft erklären. So versuchte ich also, mich etwas auszuruhen und fuhr Sonntagabend wieder zurück zu meiner Mutter, bei der ich wohnte.

Ich weiß noch, wie sie auf dem Weg von unserem Parkplatz zur Wohnung versucht hat, mich scherzeshalber von hinten anzuschieben, aber ich hatte solche Schmerzen in den Beinen, dass ich einfach nicht mehr schneller laufen konnte. Als dieser Zustand auch die nachfolgenden Tage anhielt, schleppte ich mich letztendlich doch zu meiner damaligen Hausärztin, die mich dann um gefühlte mehrere Liter Blut erleichterte. Es war Freitag, als ich von ihr den Anruf erhielt, dass aufgrund der ständigen Mandelentzündungen meine Streptokokkenwerte viel zu hoch seien und ich umgehend einen Rheumatologen konsultieren solle.
Dieser diagnostizierte Rheumatisches Fieber und empfiehl mir eindringlich, umgehend meine Mandeln operativ entfernen zu lassen, was dann auch im Mai 2005 geschah. Als es mir daraufhin nur noch schlechter ging, begann für mich das Krankenhausleben Alltag zu werden – aber dazu später mehr.

Da die Mandeloperation erfolglos blieb, ging das Rätselraten um meine Schmerzen erst richtig los. Von Weichteilrheuma über chronisches Schmerzsyndrom bei Polyarthralgien und Polymyalgien unklarer Genese bis hin zu somatoformer Funktionsstörung und Fibromyalgie war alles dabei.

Doch was heißt das jetzt genau?
Ich leide unter andauernden, unvorstellbaren Schmerzen in den Knien, Ellbogen, der Muskulatur und speziell den Sehnenansätzen, im Rücken, den Handgelenken und Handflächen, den Hüften und beim Auftreten in den Füßen. Von Jahr zu Jahr haben sich die Schmerzen ausgebreitet, teilweise habe ich auch Nervenschmerzen in den Handinnenseiten. Zudem leide ich seit einigen Monaten an einem durch die Medikamente ausgelösten Zittern, das hauptsächlich in der linken Hand und teilweise in den Beinen auftritt.

Dadurch ist es für mich seit mittlerweile über vier Jahren unmöglich, irgendeines meiner früher praktizierten Sportarten auch nur annäherungsweise auszuführen. Das Schreiben per Hand fällt mir auch sehr schwer, da ich regelmäßig Krämpfe in meinen Handflächen bekomme, und seitdem ich auch noch unter dem Zittern leide, ist es für mich teilweise schier unmöglich, per Hand etwas zu schreiben, weshalb ich in erster Linie auf einen PC angewiesen bin. Außerdem kann ich längere Wegstrecken, die sich bei mir auf mehr als fünf Minuten beziehen, nur mit meinem Rollstuhl bestreiten.

„Und an welcher Krankheit leide ich jetzt genau?“ Tja, diese Frage konnte mir seit Anbeginn meiner Krankheit kein Arzt richtig beantworten genausowenig wie die Frage, ob ich irgendwann wieder schmerzfrei sein werde. Bei Fibromyalgie, deren Ursache bis dato noch unergründbar ist, sich wohl aber eher in Richtung psychosomatischer Ursachen bewegt, ist der Heilungsprozess sehr ungewiss, zumal dieses Krankheitsbild überwiegend bei Frauen zwischen 30 und 40 auftrat, sich mittlerweile aber auch bei der immer jünger werdenden Generation ausbreitet. Die einzige Hoffnung bei jüngeren Patienten besteht darin, dass sich die Krankheit bis zum 19. oder 20. Lebensjahr auswachsen kann!


Für mich gibt es zwei relevante Erklärungen zum Thema Ursache meiner Erkrankung:
Die erste These wurde von einem sehr einfühlsamen und fachkompetenten Arzt in meiner Rehabilitationsklinik in einem kleinen Dorf am Bodensee aufgestellt, der mir Folgendes erklärte: Durch die damals andauernden Mandelentzündungen und Erkältungen war mein Immunsystem und mein Körper bereits damals ziemlich geschwächt. Als ich erneut diese erkältungsartigen Gliederschmerzen bekam, wurden diese leider nicht ausreichend und vor allem mit den falschen Medikamenten über monatehin behandelt, wodurch eine Chronifizierung des Schmerzes stattgefunden hat. Außerdem können sich die Streptokokken in zu hoher Zahl auf das Herz und eben auch auf die Gelenke ablagern.

Meine langjährige Therapeutin hegt zudem den Verdacht, dass auf mich auch die These eines renommierten Spezialisten aus diesem Fachgebiet zutreffen könnte, wonach durch übermäßigen und andauernden Stress – vor allem bereits im Kindesalter- sich die Gehirnklappe, die sich z.B. während eines Unfalles öffnet und somit Schmerzsignale sendet, nicht mehr schließen kann, was zur Folge hat, dass ständig Schmerzsignale abgesendet werden. Hinzu kommt natürlich, dass sich auch hierbei eine Chronifizierung einstellen kann, wenn dieser Schmerzzustand länger als 6 Monate andauert.
Vielleicht ist es auch eine Kombination aus beidem, dass man mittlerweile nicht mehr voneinander trennen kann.

Wie Ihr euch vorstellen könnt bringt so eine Krankheit nicht nur körperliche, sondern auch viele seelische Probleme mit sich. "WARUM ICH?" Es gibt wohl keinen Kranken, der sich diese Frage noch nicht gestellt hat, und genauso wenig wird sich jemand finden, der darauf eine Antwort hat.
Zum einen ist es unglaublich anstrengend, mit den Schmerzen fertig zu werden und sie täglich ertragen zu müssen, zum anderen leidet man auch immer an den Einschränkungen, die diese Krankheit mit sich bringt.
Es sind nicht nur die Sportarten, die einem abgehen; es fängt bereits morgens beim Zähneputzen mit der Frage an, wie ich es heute mal wieder schaffen soll, die elektrische Zahnbürste so zu halten, dass sie mir nicht aus der Hand fällt, wenn ich gerade mal wieder einen Krampf in den Handflächen bekomme. Weiter geht es beim Essen: Tellertragen, Besteck halten, etc. sind meist ziemlich schwierig bis unmöglich.
Als einer der wenigen positiven Aspekte kann wohl angeführt werden, dass ich seit Anbeginn der Krankheit Shoppen wirklich hasse, da dieses ständige an- und ausziehen mit so vielen Schmerzen verbunden ist, dass es mich einfach wahnsinnig macht!

Aber unter all diesen kleinen Hindernissen leidet man innerlich. Man kommt sich oft einfach so blöd vor, dass man nicht mal mehr die Zahnbürste richtig halten kann oder immer jemanden braucht, der einem beim Treppensteigen hilft.

Abends mit Freunden weggehen- wenn man nach langer Zeit mal Menschen gefunden hat, die man auch wirklich als Freunde bezeichnen kann- stellt sich natürlich auch als äußerst schwierig dar, da man zum einen nicht viel laufen oder stehen kann, also muss es eine Location sein, die man mit dem Auto gut erreichen kann, da man ja auch nicht immer mit dem Rollstuhl unterwegs sein will. Dann darf man ja auch überhaupt keinen Tropfen Alkohol trinken, da sich die Kombination zwischen Alkohol und Medikamenten nicht allzu gut macht, und zum anderen möchte man seinen Freunden und Bekannten auch nicht immer zur Last fallen. Man möchte nicht immer auf jemanden angewiesen sein und mir war es meistens ziemlich unangenehm, mit jemandem etwas zu unternehmen, da ich wollte, dass dieser jemand den Tag genießt und nicht ständig Rücksicht auf mich nehmen muss. Es dauert sehr lange, bis man merkt, dass viele Menschen dir gerne helfen, wenn du es zulässt.

Aber all diese mehr oder weniger kleinen Einschränkungen schmerzen einen zusätzlich in der Seele. Hinzu kommt, dass einen die meisten Ärzte einfach nicht richtig war nehmen, wenn sie wie bei Fibromyalgie typisch keine alzu erhöhten Rheumafaktoren haben und du für sie körperlich sozusagen "gesund" bist.

Anmerkung: die meisten Rheumatologen kalkulieren für ihre Patienten mittlerweile glaube ich wirklich nur noch 5 - 10 Minuten pro Termin ein, und wenn deine Blutwerte nicht völlig aus den Bahnen geworfen sind, dann schicken sie dich zu einem anderen Arzt, der sich dann mit dir "rumärgern" soll;

Es gibt Tage, da möchte man nur noch im Bett liegen und weinen, da man sich einfach nicht verstanden fühlt und von den Ärzten vermittelt bekommt, dass man ja fast selbst daran schuld ist, Schmerzen zu haben. Nur wenige Ärzte besitzen das Einfühlungsvermögen, einem klar zu machen, dass wenn die Krankheit wirklich einen psychosomatischen Hintergrund hat, man selbst gar nichts dafür kann, da das alles unterbewusst geschieht.

Aber Ärzte reden sich immer leicht, sie haben das alles ja noch nicht durchgemacht, kennen weder die Ängste davor, vielleicht nie wieder gesund zu werden noch davor, dass eine neue Therapie vielleicht wieder nicht anschlägt; mal ganz abgesenen von den Kompromissen, die man mit sich selbst schließen muss, um mit der Krankheit überhaupt mal fertig zu werden.

Und dann kommen noch diese ständigen Krankenhausaufenthalte dazu!
Ich habe in den vergangenen vier Jahren über 24 Wochen in Krankenhäusern und Rehakliniken verbracht und es ist wirklich kein Spaß, täglich Ärzten zu begegnen, die sich selbst für die Götter in weiß halten. Hinzu kommt der eklige Gestank, der einen noch Tage nach der Entlassung verfolgt, das höchst appetitliche Essen, das man am liebsten gar nicht anrühren möchte und der ganze monotone Krankenhausalltag an sich selbst.

Therapien wurden bereits zahlreiche eingeleitet und genauso viele wieder abgebrochen, da die meisten ohne Erfolg blieben.
Einen Großteil der Therapie stellte meist die von Ärzten äußerst beliebte Medikamentengabe dar.

Zu Beginn der Krankheit wurde ich in erster Linie mit Schmerzmitteln wie Ibuprofen therapiert, von denen ich teilweise neun Tabletten am Tag bekam, deren Wirkung leider nur geringfügig half.
Nach einigen Monaten wurden dann alle Medikamente abgesetzt und ich versuchte, die Schmerzen ohne Medikamente auszuhalten und homöopathisch behandelt zu werden, doch auch hier blieb eine Schmerzlinderung aus.

Also erfolgte ab Januar 2008 wieder eine gezielte medikamentöse Schmerztherapie mit Paracetamol, daraufhin folgte während meiner Reha am Bodensee die medikamentöse Einstellung mit Voltaren Resinat (das zum ersten Mal eine warnehmbare Schmerzlinderung brachte), Tramadolor und Procain-Basis-Infusionen, die auch recht gut halfen. Leider stellten sich nach einigen Wochen ziemlich starke Nebenwirkungen ein, und so wurden zunächst die Infusionen und dann auch das Tramadolor eingestellt.

Ihr könnt euch mit Sicherheit vorstellen, dass man nach jahrelangen Schmerzzuständen manchmal einfach psychisch in ein tiefes Loch fällt oder auch keine Kraft mehr hat. Deshalb verschrieb man mir ebenfalls ein Antidepressiva, von dem ich nachts aber derartige Angstzustände und Blitze im Kopf bekommen habe, dass ich davon wieder ganz schnell loskommen wollte.

Da ich die Schmerzen aber ohne Medikamente einfach nicht aushalte und ich im Juni 2009 auch meine Mittlere Reife schreiben sollte, wurde die Therapie des Voltaren Resinats mit zwischenzeitlichen Pausen fortgesetzt.

Man sollte jedoch nicht die Nebenwirkungen dieses Medikaments vergessen, denn von den Tabletten bekam ich derartige Magenschmerzen und eine Übelkeit, dass ich fast nichts mehr essen konnte und bis auf 41 kg (bei einer Größe von 1,63) abnahm. Deshalb die kurzzeitigen Pausen bei der Medikamentengabe des Voltarens, damit sich ab und zu mein Magen erholen konnte; doch die Pausen hatten es in sich: es ist leichter gesagt als getan, Medikamente einfach weg zu lassen, wenn diese für dich der einzige Weg sind, um zumindest etwas schmerzfreier zu sein. Ihr müsst wissen, wer Tag und Nacht Schmerzen hat würde alles, und damit meine ich wirklich alles dafür tun, um zumindest eine Erleichterung zu haben.

Zumal die starken Magenschmerzen wohl teilweise hätten vermindert /verhindert werden können, hätte mein damaliger Hausarzt mir von Anfang an einen Magenschutz verordnet.
Nun ja, diese Magenschutzverordnung holte mein jetziger Hausarzt dann gründlich nach :-)
Aber er ist endlich mal einer der wenigen Ärzte, die wirklich nett zu dir sind und sich Zeit für dich nehmen.


Zusätzlich wurde mir nun im August 2009 während eines stationären Aufenthaltes in einer Klinik zum ersten Mal gegen das Zittern ein Antiepileptikum namens Lyrica verabreicht, dass zwar gegen das Zittern half, aber enorme Stimmungsschwankungen mit sich trug. Meine Stimmung konnte man in zwei Phasen einteilen: Entweder war ich kurzzeitig total gut drauf und wirklich himmelhochjauchzend, oder total müde, erschöpft und zu Tode betrübt. Nebenbei wurde ich teilweise richtig aggressiv und wütend, der einzige positive Nebeneffekt bestand darin, dass ich auch nur vom ansehen einer Tafel Schokolade zunahm.
Letztenendes musste ich aber auch dieses Lyrica absetzen, da mir die Nebenwirkungen einfach zu ungeheuer waren.

Als weitere Therapiemaßnahme wurde zusätzlich während meiner Reha 2008 meine gesamte Ernährung umgestellt: auf meinem Tischkärtchen stand nun dick und fett unterstrichen: gluten- und tierisch eiweißfrei

, was frei übersetzt bedeutet: Statt Spiegelei mit Speck gab es nun zum Frühstück saisonales Obst mit Joghurt und dazu Haferflocken bzw. Keimlinge, statt Hähnchenfleisch gab es Tofubratlinge und Semmeln wurden durch Dinkel-Vollkornbrote ersetzt. Die Umstellung hatte es in sich, da vor allem der Unterschied zwischen Sojamilch und Kuhmilch extrem feststellbar war, aber nach kurzer Angewöhnungsfrist konnte ich die Ernährung einigermaßen umsetzen. Zumindest bis zur Vorbereitung auf meine Abschlussprüfungen. Ich gestehe, ich bin eine kleine Naschkatze, und ohne Unterstützung meiner heiß geliebten Schokolade hätte ich meine Prüfungen wahrscheinlich nicht überstanden. Aber: Kann den Schoko Sünde sein?
Ja, wenn man Milch und Zucker nicht verträgt! Nun gut, zumindest meinen Nerven hat diese „Sünde“ gut getan.

Weiter ergänzen abwechselnd manuelle Therapie und Krankengymnastik in regelmäßigen Abständen mein Therapiekonzept, wobei letzteres stark eingeschränkt ist, da ich mich durch die Schmerzen einfach nicht viel bewegen kann.
Interessanterweise ist manuelle Therapie aber auch der einzige medikamentenfreie Weg, um das Zittern in meinen Händen und Beinen kurzfristig zu mindern. Dies geschieht, wenn meine Physiotherapeutin an meiner Halswirbelsäule arbeitet.

Um den eventuellen psychosomatischen Anteil der Ursache meiner Krankheit abzudecken, nehme ich seit Anbeginn der Erkrankung eine Gesprächstherapie in Anspruch, die mir vor allem auch dabei hilft, mit der Krankheit fertig zu werden.

Die größte Schmerzbefreiung habe ich jedoch im warmen Wasser, sei dies nun im Schwimmbad oder in der Badewanne zuhause. Dort könnte ich stundenlang meine Zeit verbringen, was ich auch regelmäßig und damit meine ich bis auf wenige Ausnahmen täglich mache. Man könnte somit also sagen, dass meine Badewanne wirklich mein täglicher Begleiter geworden ist.


Das Leben mit der Krankheit!

Jede Krankheit bringt Einschränkungen mit sich, egal ob es sich nun um Angstzustände oder um Rheuma, Krebs oder Allergien handelt.
Die einzige Möglichkeit, mit der Krankheit und den „Nebenwirkungen“ fertig zu werden besteht darin, sich zu arrangieren. Sprüche wie „Man gewöhnt sich an alles“ oder „Wenn du erstmal verheiratet bist, sieht alles ganz anders aus“ sind unsinnig und können nur von Menschen ausgesprochen werden, die wirklich keine Ahnung davon haben, was man als Kranker durchmacht. Man kann sich NIE an Schmerzen gewöhnen, das geht einfach nicht. Allein schon aus dem Grund, da sie meist unterschiedlich stark sind. Du kannst zwar lernen, damit umzugehen, wenn du dir lang genug Zeit dazu dafür gibst, aber gewöhnen kann man sich an Schmerzen wirklich nie. Wieso sollte man auch? Wenn ich mich an etwas gewöhne heißt das ja im Klartext, dass ich mich mit einer Situation abfinde, und warum sollte ich mich damit abfinden, den Rest meines Lebens Schmerzen zu haben und nie wieder gesund zu werden?
Versteht mich bitte nicht falsch, es ist wichtig, sich bewusst zu werden, dass man den Rest seines Lebens VIELLEICHT mit der Krankheit zu tun hat, und man muss lernen, sich zu arrangieren. D.h., es ist sinnlos, jeden Winter neue Ski zu kaufen in der Hoffnung, nächstes Jahr wieder fahren zu können, wenn diese Sportart einfach unmöglich ist. Gut, dann muss ich lernen, damit umzugehen, das Skifahren für mich nicht mehr relevant ist- zumindest vorerst mal nicht. Das heißt ja aber nicht, dass ich nichts anderes mehr machen kann. Statt Skifahren kann ich zum Beispiel anfangen zu malen, zu tanzen (bei wem es geht) oder Schach zu spielen, das in Insiderkreisen immerhin als geistige Sportart eingestuft wird;-)

Ich arrangiere mich, indem ich das, was wirklich nicht mehr machbar für mich ist, durch etwas machbares ersetzte. Das heißt keinesfalls, dass diese Umstellung leicht ist und es heißt ebenfalls nicht, dass ich es nie wieder machen kann. Es geht halt nur jetzt gerade nicht. Die Vermutung, die Ärzte immer aufstellen ist so wage, dass ich ihnen kein Wort glauben würde. Wenn ich etwas wirklich will, dann bekomme und schaffe ich das auch. Zwar nicht heute, und vielleicht auch nicht morgen, aber wer weiß wie es mir in fünf Jahren geht? Dazu ist weder irgendein Doktorchen noch ich in der Lage, dies zu beurteilen. Deshalb darf man die Hoffnung auch nie aufgeben, denn wenn ich eins gelernt habe, dann ist es das, dass die Hoffnung das wichtigste überhaupt ist. Sie hält uns mitunter am Leben, da wir dadurch das Gefühl bekommen, dass unser Leben noch nicht vorbei sondern immer noch alles offen ist.

Ein Beispiel: Wenn ich mir vorstelle, den Rest meines Lebens keinen Sport mehr machen zu können und für weitere Strecken nur noch im Rollstuhl zu sitzen, dann habe ich überhaupt keine Lust mehr, morgens noch aufzuwachen. Wozu auch? Ich weiß ja dann schon, dass es genauso weiter gehen wird wie bisher und mein Leben weiterhin einem Desaster gleicht.
Wenn ich mir jedoch vorstelle, dass ich irgendwann wieder normal laufen kann, vielleicht sogar Fahrradfahren und Tanzen für mich möglich sind und ich keinen Rollstuhl mehr benötige, dann bekomme ich doch gleich das Gefühl eines Aufwinds und habe viel mehr Lust abzuwarten, was da auf mich zukommt, da es doch wenn wir mal ehrlich sind gar nicht mehr schlechter werden kann!
Und ja, es stimmt: „Die Hoffnung stirbt zuletzt“. Wer sich an diesen Spruch hält, kann wirklich nichts mehr verlieren. Natürlich kann man ihn nicht immer umsetzen, dass weiß wohl niemand besser als ich.

Wenn mich jemand fragt, wie ich mit der Krankheit umgehe und wie sie mich verändert hat, muss ich meist ausholen, da man diese Fragen gar nicht mit ein paar Worten beantworten kann. Die Schmerzen an sich verändern dein Leben, dein Bewusstsein, deine Sicht auf die Dinge, und eine Krankheit allgemein verändert dein Leben nochmal komplett...

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 29.09.2009

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