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Es ist dunkel in meinem Zimmer. Der Vorhang ist nur ein kleines bisschen geöffnet. Ich kann sehen, dass es draußen schneit. Schnee habe ich immer so gemocht. Früher.
Und jetzt liege ich in einem Bett, das so sehr nach Krankheit stinkt, das mir noch übler wird, als mir so schon ist. Ich werde sterben, ich weiß es. Alle wissen es. Meine Eltern, mein großer Bruder. Ja vielleicht sogar der Postbote der unsere Briefe bringt. Vielleicht hört er mich ab und zu husten. Sie haben dieses Zimmer geräumt und extra dieses Bett und ein paar Stühle für mich hinein gestellt. Sie haben mir nicht gesagt, dass es keine Heilung mehr für mich gibt, aber ich vermutete, sie wollen einfach, dass ich hier sterbe. Bei ihnen. Nicht in einem Krankenhaus, zu dem sie mit dem Auto fahren müssen. Sie lieben mich. Das muss ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen, sonst hätte mich der Tumor schon längst wahnsinnig gemacht. Sie lieben mich. Noch mal, noch mal. Sie lieben mich. Nein, natürlich nicht der Postbote!
Meistens sind es meine Eltern die so oft in mein Zimmer komme. Oder besser gesagt, in dem Zimmer in dem ich liege. Es ist das Zimmer unter dem Dach, das ich immer haben wollte. Jetzt schlafe ich darin. Aber denken sie wirklich, dass mich das glücklich macht? Nein, von dem was mich glücklich macht, haben sie ganz andere Vorstellungen. Sie denken, ich finde es toll, wenn sie mit mir über das Leben reden, in den ich noch keinen Krebs hatte. Als ich noch laufen konnte. Und spielen. Und lernen. Und normale Sachen essen. Alles altes Leben, alles nur schwarz-weiße Erinnerungen, die ich mir so sehr zurückwünsche. Deswegen versuche ich in die Zukunft zu denken. Leben nach dem Tod im Himmel oder Wiedergeburt? Wiedergeburt finde ich ein lustiges Thema(meine Eltern aber nicht). Ich könnte als Ameise wiedergeboren werden. Nein, keine gute Idee. Mein Bruder verbrennt gerne Ameisen mit der Lupe. Vielleicht wäre ich sein nächstes Opfer.
Draußen schneit es immer noch. Das bringt mich auf den Gedanken, dass ich vielleicht eine Schneeflocke werden könnte. Eine, weiße, kleinem schöne Schneeflocke. Eine von denen Millionen, die von Frau Holle ausgeschüttelt werden und Kinder glücklich machen. Aber halt, das ist noch eine schlechtere Idee, als das mit der Ameise. Schnee schmilzt ja, das hätte ich fast vergessen. Da muss ich nur an unseren Schneemann denken, der plötzlich weg war. Nein, ich möchte etwas sein, was ewig bleibt. Und nicht irgendwann Matsch ist. Die Ameise ist Matsch, wenn man sie zertritt oder verbrennt. Der Schnee ist Matsch, wenn er schmilzt und der Schneemann ist Matsch, wenn er von bösen Jungs kaputt gemacht wird. Vielleicht wäre es einfach am Besten, wenn ich einfach ich bleiben würde. Auf einer Wolke sitzend, hinunter schauend und meinen Bruder und alle anderen Kinder auslachend, weil sie ein Flugticket brauchen um die Welt in Vogelperspektive zu sehen. Aber ich- ich kann immer auf meiner Wolke sitzen. Meiner watteweichen Wolke. Das gefällt mir. Ich muss es mir genauer vorstellen.
Also schließe ich also die Augen und beginne zu träumen.
Ob ich wieder aufwache? Keine Ahnung.

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Tag der Veröffentlichung: 21.01.2011

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