Vorwort
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie halten das Ergebnis eines einjährigen Wettbewerbs der Internet- plattform „BookRix“ in Händen. Monat für Monat wurden die besten Texte zum Thema Poesie vom Publikum erwählt. Dadurch entstand eine Vielfalt der Auswahl, die am besten mit einer bunten Sommerwiese vergleichbar ist - in ihrer Gesamtheit wunderschön anzuschauen wie auch im Einzelnen herrlich vollendet.
Ich darf Sie recht herzlich einladen zu einem Spaziergang auf eben dieser Blumenwiese. Setzen Sie sich auf sattes warmes Grün und bestaunen Sie einzelne Werke ganz unterschiedlicher Art, legen Sie sich nieder und genießen eine abendliche Sommersonne, in der Worte der Poesie Ihre Sinne betören. Bleiben Sie bis zur nächtlichen Blauen Stunde, Sie finden Zeilen der Liebe und der Sehnsucht, die Sie träumen und aus dieser Welt entfliehen lassen.
Aber auch im Winterhalbjahr bietet diese Wiese viel; sie berichtet von Wahrheit, Hoffnung und dem Schicksal. So unterschiedlich die Menschen sind, so verschieden sind auch die Werke dieses Buchs.
Falls Ihnen diese Auswahl gefallen hat, dann freuen wir uns auf eine Begegnung mit Ihnen. Sie finden uns Autorinnen und Autoren alle persönlich, indem Sie im Internet die Webseite www.bookrix.de aufrufen. Und wenn Sie selber schreiben, dann laden wir Sie natürlich gerne ein, beim kommenden Wettbewerb mitzutun, vielleicht ist Ihr Werk beim nächsten Jahresband dabei. Wie auch immer, wir freuen uns sehr auf Ihren Besuch.
Georg B. Mrozek
Christa Issinger
Feueralarm
Südseitig meines Herzens
habe ich dir
ein Zimmer eingerichtet
mit Panorama
auf meine Seele
rundherum ausgestattet
mit Feuerlöschern
für den Fall
dass du einziehst
und wie immer
das ganze Herz
in Brand steckst
Georg B. Mrozek
Drachenfrau
Am Morgen hört ich, wie jäh Stimmen brachen.
Um Mittag dann gingst du von hier.
Am Abend sah ich einen Himmelsdrachen.
Und in der Nacht kam er zu mir.
Er flüsterte ein Lied in fremden Sprachen:
"Ich nehm dich mit weit fort von hier
zu einem Ort in mir, an dem wir Sachen machen,
die tief verborgen ruhn in dir."
Ich durfte im Dunkeln Feuer entfachen,
durfte spielend in Spiegel sehn,
sah darin Liebe, sah beide uns lachen,
konnte endlich Freiheit verstehn.
Und ewige Treue wir uns versprachen,
tanzten befreit durch helle Nacht,
mit Messern in unsere Herzen stachen,
bis neues Leben war erwacht.
Am Morgen stieg ich aus rauchendem Rachen.
Um Mittag dann kamst du hierher.
Am Abend sah ich nicht den Himmelsdrachen,
doch seinen Kuss, den gabst DU mir.
Barbara Ester
Sternenzeit
TAKE ONE
ausklang des sommers
viel geliebt hatte
ich das strotzen
der bäume
in ihrer vollen pracht
im vollrausch einer
zärtlichkeitsmelodie
sieh hin:
nun steuern schiffe
auf den weiten der meere
auch ruhiger
niemand kennt
ihre namen
augenblicke küssen
den mund des sommers
sanft surrt es in dir
nach liebe und berührungen
auf deiner haut
so hält dich die mondfrau
in ihren armen
bis dir schwindelt
und du am strand
deiner sehnsüchte
zärtlich ihren namen flüsterst
ich kann dich sehen
liebe berauscht sich
an fluten, wellen und wogen
nimmt dich mit in ihr
seelenwunderland
golden leuchten
sonnensternblumen
sie glänzen, changieren
in der novembersonne
schillernde fische
grüßen kleine boote
delphine küssen
und winken der mondlady ein letztes
adieu
TAKE TWO
sinnliche herbstmomente
streifen das land
sehnen sich nach
dem frühling zurück
nach dir
glutrote orchideenküsse
sind auf meiner haut
sonnenblumenlächeln
strahlt in meinem
und deinem gesicht
es liegt feinstes gold
über blätterdächern
TAKE THREE
sternenzeit
jetzt beginnt die nacht
mit ihrem blau
und setzt sterne
in die nacht
ans himmelszelt
wir spüren die angst
instinktiv gehen
wir in unsere häuser zurück
zünden feuer an
und lieben uns
im bunten weiß der betten
wir sprechen nur leiser
um die sterne nicht
zu verjagen
wir blicken zu
ihnen auf
und erkennen
unsere ahnen
standen genauso
wie wir fasziniert
unter dem dach der welt
und wir neigen unser haupt
weil wir wissen
auch wir werden ahnen sein
und still wird jemand
an uns denken
in noch ungeschriebener zukunft
Elisabeth Schwaha
Träume, Dichter
Träume, Dichter, träum das Leben,
um zu geben
müden Seelen,
die allein den Weg verfehlen,
eine Welt.
Dichterträume gehen leise
auf die Reise.
Frei und strahlend
kehr'n sie wieder, Bilder malend,
in die Welt.
Malen Bilder uns von fernen
hellen Sternen -
und von nahen
Dingen, die wir gar nicht sahen
in der Welt.
Dichter träumen Visionen,
die belohnen,
wenn wir spüren,
wie sie andre Wege führen
als die Welt.
Dichter, sing von deinen Träumen
aus den Räumen
deines Denkens,
und nicht müde werd des Schenkens
an die Welt.
Conrad Cortin
Frauenbeine
Ihre Beine
Frauenbeine
tanzen nachts
durch seine Träume
sie umschlingen ihn
wie Schwanenhälse
und aus diesen Beinen
werden wieder Frauen
und aus deren Beinen
wieder andre Frauen
immer rascher wirbeln Beine
bis er beglückt
für den nächsten Traum
aus diesem Reigen
eine auswählt
stets die gleiche
stets die Seine
Conny Danias
Der Traum vom Fliegen
Hebe Dich in die Lüfte, Du mein Traum.
Entfliehe pittoreskem Kleingeist weit.
Mach frei mein Herz von jedem Sein.
Der Vögel gleich, in weitem Raum.
Mutig und kraftvoll die Welt erobern,
mein Herz gestärkt von Dir mein Traum.
Flieg weit, flieg schnell in neue Dimensionen
verharre nicht im Uhrwerk Deiner Zeit.
Wer will mich halten, wider bess'res Wissen
leicht wie der Schmetterling zu schweben.
Die Seele baumelt, leicht sind die Gedanken.
Erquick den Geist, mein Traum im Wolkenmeer.
Ein Drache kreuzt die Bahn recht ungewöhnlich
gezerrt vom Wind in seine eigne Bahn,
so bin ich doch mir ihm versöhnlich.
Mein Flug geht weiter als der Drache kann.
Des Himmels Blau genutzt als Werbeträger,
selbst davor schreckt man nicht zurück.
Es stört des Geistes Freiheit der Gefühle,
hinderlich auf meinem Weg zum Glück.
So fliege ich, so weit Gedanken tragen
vertrauensvoll im Meer der Wolken weit.
Mit frischer Kraft, so kehre ich zurück.
Alltag, ich bin bereit.
Conrad Cortin
Das hohe Lied
Wer den Dichter liebt
muss hoch hinaufsteigen
er ist ausgewandert aus den Städten
nur in zerklüfteter Bergwelt
tritt er noch auf
dort sah ich einen
er lag im Bach
ich erkannte ihn an der roten Mähne
die bis zu seinen Hüften wallte
es war gerade die gute Stunde
zu der das Dichterwort
aus ihm herauswollte
er korrigierte
das Oberteil seines Bikinis
schüttelte seine Mähne
holte tief Luft
und jodelte zum letzten Mal
den Reim vom Wendelstein:
das hohe Lied.
Conni Danias
Regen
Zart fließend, Haut streichelnd,
glitzernd im Sonnenlicht
Regen
fällt dir entgegen.
Fühle die frische, rieche den Duft,
welch göttliche Kraft
Regen
kann bewegen.
Blätter zierend, Leben spendend, auf
ihm ruht Hoffnung
Regen
dem Segen.
Tosend Gewitter, rauschende Blätter,
er kommt mit Macht
Regen
verwegen
Stille und Ruhe, nach schwerem
Sturm, leis und bedacht
Regen
stemmt sich entgegen.
Himmlisches Wasser, wie Perlen
geformt, lautlos fallend
Regen
auf Deinen Wegen.
Georg B. Mrozek
Wilde Welten
Da ist ein Drache in mir, der treibt mich oftmals in die Nacht.
Meist seh ich ihn nicht,
manchmal sein Feuer die Nacht taghell macht.
Da ist eine Schlange, die mein Herz würgt, es gefangen hält.
Und manchmal flüstert sie,
dass mein Schmerz sei ein Bruder der Welt.
Da ist ein Haifisch in mir mit Blutrest an seinen Zähnen.
Manchmal schau ich ihn an
und erkenn in den Augen Tränen.
Da ist eine Stiege in mir, die in dunkle Keller führt.
Manchmal verirr ich mich hier
und manchmal hab Angstschweiß gespürt.
Da ist ein Verlangen in mir, die falschen Wege zu gehn
und dann der Wunsch manchmal,
mit deiner Hilfe aufrecht zu stehn.
Da ist auch ein Adler in mir, voller Stolz in seinem Flug.
Lass ihn in deine Gedanken
und begleite seinen Zug.
Hans-Peter Zürcher
Regentropfen
Regentropfen sanft und leise
rieseln über dein Gesicht
verzaubern es auf wunderliche Weise
als wäre es ein Gedicht!
Zum schönsten was ich je gesehen
zählst du meine Liebste ... oh
mögen Jahre noch so vergehen
denk ich immer deiner dankbar froh!
Ich weiß du bleibst mir lieb und treu
ob bei Regen oder Sonnenschein
war immer so und ist nicht neu
Gehöre ich zu dir und du bist mein!
Und immer wenn es regnet dann
bin ich in Gedanken nah bei dir
Und frage mich es wird mir bang
liebst mich noch und bleibst bei mir?
Regentropfen sanft und leise
rieseln über dein Gesicht
lassen's strahlen auf schönste Weise
bist und bleibst mein lieb Gedicht!
Conrad Cortin
Oktober
als Kind des Herbstes
wurdest du geboren
durch Nebel schwarzer Schwaden
erblicktest du ein trübes Licht
du tapptest durch die Jugendtage
wie ein Blinder
und kommst zu spät zu den Gelagen
wo nur die Aschenstätte übrig blieb
und folgtest immer
einer inneren Geraden
als ob dich eine Stimme
aus der Ferne riefe
Conny Danias
Herbstlimericks
Ein Weinstock mit herrlichen Reben
will süßblaue Trauben uns geben.
Er dacht: "Wie gemein,
mein Kleid ist nicht fein",
ließ vom Herbst bunte Blätter einweben.
Kinder ließen im munteren Reigen
mit Freunden ein paar Drachen steigen.
Da riss eine Schnur,
wohin flog er denn nur?
Der Herbst legt darüber ein Schweigen.
Ein Baum mit schönen Kastanien
träumte von Urlaub in Spanien.
Ein Früchtchen fiel munter
aufs Brummidach runter.
So fuhr es bis nach Catalanien.
Ein Rentner frönt heftigen Strebens,
zu sparen für den Herbst des Lebens.
Die Bank hat ein Bonbon:
"Leg dein Geld an im Fond!"
Kohle futsch, es war alles vergebens.
Ein Pfarrer ging gern in die Wiesen,
sammelt Pilze, um sie zu genießen.
Und an Erntedank,
da wurde er krank.
Auf dem Grab muss man Blumen jetzt gießen.
Rosanna Maisch
Auf dem Weg
Ich gehe aufrecht meinen Weg
Versuche mein Leben zu gestalten
Stets meine Ziele setz und pfleg
Begonnenes auch durchzuhalten
Ist der Weg einmal nicht grade
Möcht ich dennoch sicher gehen
Schmaler Steg und dunkle Pfade
Mit dem Herzen kann ich sehen
Wenn Steine mir im Wege liegen
Schieb ich sie fort mit aller Kraft
Die Hindernisse weit umbiegen
Auf meiner Lebenswanderschaft
Ich lenk die Schritte unentwegt
Und lass den Dingen ihren Lauf
So lang mein Herz sich in mir regt
Solange gebe ich nicht auf
Perdita Klimeck
Ein letzter Gruß
Würd ich, oh Jahr,
das fast vorbei,
ein letztes Lied dir singen.
So würd aus jedem Tone,
für jeden Tag zum Lohne,
ein Lächeln zu dir dringen.
Und zwischen all den Klängen,
den Hoch und Tiefgesängen,
die deine Seel berühren,
da würdest du doch spüren,
die Tränen die sich mischen.
Die Melodie verwischen
und Wehmut mit sich bringen.
Würd ich, oh Jahr,
das fast vorbei,
eine Ode für dich dichten.
So würd mit jeder Zeile,
für eine kleine Weile,
ich jeden Tag belichten.
Und zwischen all den Sätzen,
sähst du in feinen Ritzen,
all meine Träume sitzen.
Die dir von Freud und Schmerzen,
dem übervollen Herzen,
im letzten Jahr berichten.
Würd ich, oh Jahr,
das fast vorbei,
eine Träne für dich weinen.
So würd kein Siegel brechen.
Ich könnte dir versprechen,
es blieb bei dieser einen.
Und zwischen Hoffen, Bangen,
dem Glück was eingefangen,
besetzt dein Abbild, kunterbunt,
dieses kleine Spiegelrund.
Alles was in mir gewühlt,
wird nun einfach fortgespült.
Ich bin mit mir im Reinen.
Rosanna Maisch
Eingefroren und eingerahmt
Damals, im Frühling meines Lebens
strich der warme Wind
zart über mein junges Gesicht
nichtahnend -
dass mein Lächeln irgendwann
eingefroren und eingerahmt
in einem Fotoalbum enden würde.
Dann kam der Sommer -
die Blüte meines Lebens
schon ahnend -
dass mein Lächeln irgendwann
eingefroren und eingerahmt
in Fotoalben enden wird.
Heute, im Herbst meines Lebens
ernte ich dankbar
die Früchte vergangener Jahre
schon wissend -
dass mein Lächeln irgendwann
eingefroren und eingerahmt
Fotoalben füllen wird.
Der Winter meines Lebens
noch weilt er in weiter Ferne
nichtahnend -
ob er gütig und milde gestimmt
vor meinem Bette stehend
mir ein letztes, warmes
Frühlingslächeln gewährt?
Eiskristall
Schatten braucht Licht
Ohne Licht gibt es den Schatten nicht.
Der Schatten braucht das Licht.
Du bist das Licht in meinem Leben.
Der Schatten, das bin ich.
Eine Ewigkeit sind wir zusammen,
wie Licht, und wie der Schatten.
Ach könnt ich zurückdrehen,
die vergangene Zeit,
die wir gemeinsam hatten.
Es war, wie es so ist im Leben,
manch dunkle Wolke verdeckt das Licht.
Nicht immer war nur Sonnenschein.
Doch keinen Tag davon würde ich geben.
Möchte ewig mit dir zusammen sein.
Liebe ist wie Schatten,
Liebe ist wie Licht.
Es gibt ein Zusammen,
anders geht es nicht.
Elisabeth Schwaha
Vom Wind getragen
Jung war das Jahr, das Leben, die Liebe,
und in der Luft ein duftig Gestiebe
von Blütenblättern im Frühlingswind.
Gereift war das Jahr, das Leben, die Liebe,
und in der Luft ein buntes Gestiebe
von Schmetterlingen im Sommerwind.
Welk war das Jahr, das Leben, die Liebe,
und in der Luft ein raschelnd Gestiebe
von toten Blättern im herbstlichen Wind.
Still war das Jahr, das Leben, die Liebe,
und in der Luft ein heilig Gestiebe
von glitzernden Flocken im Winterwind.
Cornelia Löscher
Lebenswinter
Vergangen der Frühling
Dem Sommer gewichen
Vergessen, dass er ihr
Durchs Haar hat gestrichen
Verblasst sind die Tage
Kein Blatt an den Bäumen
Verloren gegangen
Im Herbst ihrer Träume
Verwundet im Herzen
Im Winter der Zeit
Verklungen die Lieder
Zum Sterben bereit
Mit eisigem Blicke
Verschmolzen das Blut
Der Mantel des Sterbens
Nun über ihr ruht
Verlassen kaum hörbar
Am Boden sie kniet
Die Hände gefaltet
Auf den Lippen ein Lied
Die Kälte schleicht langsam
Den Körper empor
Umfasst mit den Armen
Das göttliche Tor
Befreit nun die Seele
Vergessen der Schmerz
Erfüllung des Lebens
Durchströmt nun ihr Herz
Conrad Cortin
Singles im Winter
ein Mädchen und ein Mann
die beide Singles waren
klopften bei klirrender Kälte
in der Herberge an
sie waren kein Paar
und sie wollten keins sein
und sie sehnten sich
nach getrennten Betten
der Herbergsvater sagte
ich habe für euch
nur ein Doppelbett
in der Herberge
"Zur Großen Welt"
gibt es kein Bett
für einen allein
als der Mann dann doch
zu dem Mädchen
unter die Decke kroch
wünschte er gute Nacht
und schlief sofort ein
worauf sie ihn weckte
und ihm nach und nach
acht Töchterchen schenkte
aus Rache
Christine Eckel
Mein Winterling
Ich spür den Duft des Frühlings noch in mir,
mein Blick beginnt zu flimmern,
so wie mein Herz, das träumend jetzt bei dir,
sieht Eiskristalle glänzend schimmern.
Mehr noch als Gold, lieb ich das Weiß,
ein Hauch von Brautgesang,
so sehr lieb ich dein weißes Kleid,
deinen eisigen Arm, der fest mich umschlang.
Und auch der große See ist eingefroren,
die Wege, die ich mit dir ging,
wo ich so manchen Kampf verloren,
und kichernd deinen Kuss empfing.
In diesen Zeiten bin ich deine Fee,
werd über schneebedeckte Welten ziehen,
in unseren Herzen schmilzt der Schnee,
nur vor dem Frühling werden wir fliehen.
Wenn du mich hältst, lass ich die sanfte Klage,
von Kälte, die doch still und rein,
sie hüllt doch unsere schönsten Tage,
in Freude auf den Frühling ein.
Und dann, behutsam in der Sommerluft,
zersprühen bunte Seifenblasen,
das Stroh im Haar verströmt den Duft,
auf unserem grünen neuen Rasen.
Georg B. Mrozek
Silbertraum
Und von Osten braust der Sturm,
saust über Zinnen, Dächer her.
Oben über Burg und Turm,
da zieht ein dunkel Wolkenheer.
Und der Regen spuckt mit Eis
auf starkes Mauerwerk und Baum.
Strauchkristall, ein Dach schon weiß,
die Mauer wird zum Silbertraum.
Selbst Burggraben spiegeln sich
darin, sogar ich sehe mich.
Ein Eisspiegelspiel für dich,
du lebst in mir, dich sehe ich.
Spiegelwand, du Eisgewand,
kristallin sind meine Zähren.
Tage gehn wie viel ins Land?
Jahre ziehn! Wie lang soll's währen?
Im Steinspiegel rührt sich was.
Da! Du schwebst mir schnell entgegen.
Schneller schlägt mein Herz, es rast,
einen Kuss willst du mir geben!
Nach Eisregen kommt bald Schnee.
Er wird vom Sturm zu dir geweht.
Im Spiegel ich dann nichts mehr seh -
doch nie dein Liebesgruß vergeht.
Cornelia Löscher
Spiegel
Die Zeit ist nun reif
für den Narren in uns
Verkleidet mit Nasen
und löchernem Strumpf
Mit Hüten viel größer
als man je gesehn
Versteckt darunter
das Weltgeschehn
Den Reichen verdammt
und den Bettler belohnt
Den Bauern gegeben
und den Herrscher entthront
Mit Witz und Verstand
Die Mühlen verdreht
Justitias Körner
gen Himmel geweht
Die Liebe verkauft
und verraten dazu
Entblößt ist die Seele
verloren im Nu
Den Hunger gestillt
mit Schnaps und mit Gras
Man spürt den Geruch
von gammelndem Aas
Die Junkies bevölkern
den Friedhof der Zeit
Die Werte vergiftet
zu sterben bereit
So seht nur her
ich halte ihn hoch
den Spiegel
der Weise und Narren lobt
Schaut nur hinein
und vergesst es nur nicht
Das was du da siehst -
es ist dein Gesicht
Perdita Klimeck
Wunder?
Im Osten ging die Sonne auf
und erschrak.
Sah sie doch eine Schwester
zeitgleich im Westen,
die ihre Kraft noch überstieg.
Im Osten fiel etwas Regen
und fragte sich,
warum im Westen
der Himmel Asche weint.
Im Osten blühte eine Rose
und bekam nicht mit,
dass im Westen
der letzte Baum
vor Schmerzen schrie.
Georg B. Mrozek
Versuchung
Im Nacken spüre ich ihn sitzen,
hab ihn auch letzte Nacht gesehn
in sturmgewittergrellen Blitzen,
er konnte mich dort gut verstehn.
"Gevatterchen, warum so eilig?
Hol mich doch erst in dreißig Jahrn,
mir ist mein Leben Lieb und heilig,
hier nicht genug Glückskinder warn!"
Er grinste nur aus Teufelsfratze,
Antwort bekam ich von ihm nicht,
schnitt in mein Fleisch mit scharfer Tatze,
ritt schnell auf mir in wilder Gischt.
Ritt immer weiter bis zum Morgen
und plötzlich ihm die Maske fiel;
ich deutlich sah, wer dort verborgen,
noch rief: "Das ist ein grausig Spiel!"
Und dann vor Angst wär fast gestorben,
schlug er mir einen Handel vor:
"Ich nehm dir jetzt all deine Sorgen,
für einen Tag steht auf das Tor.
Tritt ein, und du darfst Welten formen.
Bau die Liebe, bau dir dein Glück.
Du findest Rosen ohne Dornen,
doch kannst von dort nie mehr zurück.
Nun bedenke gut, am Abend spät
für ewig fällt das Tor ins Schloss
und gleichgültig ist, wer was dir rät.
Wir reiten schnell auf schwarzem Ross!"
Uhrwerke schlagen Zwölf - Mitternacht.
Meine Schultern lasten mir schwer.
Hab zu wenig Zeit im Glück verbracht,
auch von der Lust, da wollt ich mehr.
Dort mit seiner Sense steht er schon.
"Das Tor schlägt zu, beeile dich!"
Ich zögre, denk an versprochnen Lohn,
doch Zweifel überfallen mich.
Wird nun mein schwerster Gang beginnen?
Denn ew'ges Glück kann gar nicht sein
und Liebe nur durch Leid gewinnen;
durch Reifung edelt spät der Wein.
Was will ich machen, was soll ich tun?
Weiß nicht, ob Tod mein Teufel ist.
Für immer Freiheit, für immer ruhn!
Ist Scharlatan, wer das verspricht?
Jetzt wach ich auf, Schweiß perlt auf der Stirn,
der Alp drückt stark. - Ich küsse dich,
da schwinden Dornen aus meinem Hirn.
Warum sah ich die Liebe nicht?
Mag sein, Freund Hein hat mich betrogen,
wollt greifen mich mit übler List,
mag sein, er hat mich nicht belogen,
so ungewiss bleibt meine Frist.
Doch eines muss ich nun dir sagen:
"Wenn dichter Nebel trübt auch Sicht,
will ich mit dir das Leben wagen
und täglich neu: Ich liebe dich!"
Tilly Boesche-Zacharow
Jerusalem von Gold
Des Nachtzelts dunkler Bogen senkte
sich vor dem Morgenlicht,
das aus dem Horizont sich drängte
und Perlenschnüre flicht.
An Montefiores Mühle durft ich träumen,
und Davids Turm winkt mir,
verdeckt von grünen Pinienbäumen.
Das Herz verging mir schier.
Nach Jericho die Wüstenstaße
geh ich im Glanz hinab,
bis schließlich dann ich sie verlasse,
zu grüßen Rachels Grab.
Es ist der ew'ge, heil'ge Schauer
- der mich berührt und greift -
seh ich Jeruschalayims Mauer,
gebaut, geliebt, geschleift.
Als Bardin will ich dich besingen,
Jerusalem von Gold,
will Ovationen dir darbringen
wie mancher dir schon zollt.
Jerusalem aus gold'nem Schein,
der helle Funken ins Herz versprüht,
kannst mir des Himmels Abbild sein,
werd mir zum Lied.
Florian Tekautz
Stille Träne
Wie Lederäpfel das Gesicht
Vom klugen, greisen Mann
Die Furchen in der alten Haut
Sind bräunlich wie der Schlamm
Geschichten weiß er zu erzähl'n
Vom Krieg und vom Verrat
Vertrieben wurde er von dem
Der dann auf Unschuld tat
Versteckt, gefroren, angsterfüllt
Die Augen aus Kristall
Noch heute hört er ab und zu
Die Schüsse und den Knall
Er blickt aufs schön gerahmte Bild
Vom Enkelsohn, der lacht
Die Nazis tapfer überlebt
Sein Herz aus Gold gemacht
Zu kämpfen hatte er genug
Die Frau an Krebs verloren
Ein harter Mann, der vor uns sitzt
Zur Feigheit nicht geboren
Zeitlebens vieles durchgemacht
Dem Feind zeigte er Zähne
Das Lächeln seines Enkelkinds
Entlockt ihm stille Träne
Elisabeth Schwaha
Tomatenanbau
Ein Mensch in seinem Garten saß
und mit Genuss Tomaten aß.
Da machtvoll überkommt es ihn:
"Ich möcht die Dinger selber ziehn!"
Damit er mehr dazu erführe,
kauft er sich kiloweis Lektüre.
Da fand er Hunderte von Sorten,
gedeihend an verschied'nen Orten:
die nur Gewächshaus, die im Frei'n
und die an Stöcken wie der Wein.
Er liest und lernt von früh bis spät,
bis dann das Frühjahr endlich naht.
Zwölf Päckchen Samen in der Hand,
schweift froh sein Blick aufs brache Land.
Bleich grüßet ihn die Märzensonne,
bricht matt sich in der Regentonne,
zur Aussaat ist es jetzo Zeit,
und das Gewächshaus steht bereit.
So nimmt er nun sein Dutzend Päckchen
und öffnet zärtlich jedes Säckchen.
In Schalen voll mit Anzuchterde
sät er mit zügiger Gebärde.
In strammen Reihen sät er sie:
die Kirschtomate Vessennij,
das Ochsenherz, die Rio Grande,
die Rote Murmel, die Marmande,
zwölf Reihen hoffnungsfroher Körner,
ach, wie hegt und pflegt das gern er!
Er hält sie warm, er hält sie feucht,
und täglich schaut er, ob ihm deucht,
dass sich das Grün vermehret hat
um dieses oder jenes Blatt.
Zu seiner Freude wachsen sie
ganz dicht an dicht mit Akribie.
Nach ein paar Wochen ist es Zeit
für eine neue Tätigkeit:
Ein jedes Pflänzchen separat
wird nun pikiert. Das ist zwar fad,
doch muss es sein, denn jede Pflanze
hat nur alleine eine Chance.
Der Mensch hat aus dem Buch gelernt,
das, was zu schwach ist, wird entfernt,
doch kann er sich nicht recht entscheiden,
warum soll eins der Pflänzchen leiden?
Er topft sie einfach alle ein,
das kann ja nur von Vorteil sein!
Und so, von großem Glück beseelt,
hat er zweihundert Stück gezählt.
Er kommt kaum nach beim täglich Gießen,
dass die Zweihundert auch schön sprießen.
Er überschwemmt die Pflanzen kräftig,
so wachsen in die Höh sie heftig.
Der Mensch, erfreut von dem Geschehen,
weiß doch, so kann's nicht weitergehen,
man muss die grünen Glashaus-Schönen
an frische Luft jetzt bald gewöhnen.
Daher muss er an allen Tagen
sie stundenweis ins Freie tragen.
Zweihundert raus, zweihundert rein
nach einem Bad im Sonnenschein.
Auch kleine Mengen Wind und Wetter
stärken Stängel und die Blätter,
doch darf es nicht zu lange sein,
sonst gehen die Gewächse ein.
Der Mensch macht alles sehr penibel
und schleppt so manchen Wasserkübel,
bis eines Tages fest er stellt:
"Jetzt sind sie reif fürs freie Feld!"
Den richt'gen Zeitpunkt, den erkennt er
durchs Studium vom Mondkalender:
Ein Fruchttag muss es sein gewisslich,
sonst wird die Ernte eher misslich.
Der nächste Sonntag würde passen.
Nun muss er schnell den Spaten fassen,
hält Ausschau nach den besten Plätzen,
um die Tomaten hinzusetzen.
Hier ist's zu schattig, hier zu schräge,
hier liegen Steine nur im Wege.
Der beste Platz ist ohne Frage
vor der Terrass die Sonnenlage.
Dort buddelt er dann froh und fleißig
Tomatenlöcher sechsunddreißig.
Denn von dem Dutzend Staudenarten
will er je drei davon im Garten.
Und in die Löcher patsch-patsch-patsch,
da schüttet er Kompost und Matsch,
so recht viel Wasser, das ist wichtig,
da wachsen die Tomaten tüchtig.
Dann nimmt er drei von jeder Art,
pflanzt in die Gruben sie ganz zart
und bindet sie an Stäbe an,
dass keine Bö sie knicken kann.
Der Mensch ist stolz auf seine Taten,
das Werk ist prächtig ihm geraten,
es präsentiert sich das Gewächs
schön im Quadrate, sechs mal sechs.
Doch voll Bedauern sieht er dann
die andern hundertsechzig an.
Was soll er tun mit diesen Massen?
Kann sie doch nicht verkommen lassen,
die grad so schön im Safte stehen!
Wohin damit? Na, wolln mal sehen:
Rund um den Pool, wenn man sie zwängt,
hat bald man achtzig hingedrängt,
um die Garage ein Spalier,
und am Balkon stehn auch noch vier.
Zwölf gehn auf die Terrasse leicht,
sobald der Grill den Pflanzen weicht.
Bis jede Staud ihr Plätzchen fand,
geht eine Woche gut ins Land.
Und nun beginnt das bange Hoffen:
Mach, Himmel, nicht die Schleusen offen!
Lenk Sonnenschein auf die Tomaten,
doch lasse sie nicht ganz verbraten!
Der Mensch hat täglich nun zu tun
und kaum mehr Zeit, sich auszuruhn.
Er muss die Triebe kontrollieren,
dazu hockt er auf allen Vieren
vor jeder Staude und entfernt
die Seitentriebe wie gelernt.
Der Haupttrieb wird stramm hochgebunden,
so dass bei Stürmen Halt gefunden.
Und um die Stauden unten rum,
da schlängelt sich ein Unikum:
Ein Schlauch mit Löchern spendet Nass,
denn die Tomate wünscht sich das.
Die Wurzeln feucht, die Blätter trocken,
so kann man viele Früchte locken.
Es dauert gar nicht lange mehr,
da schaun schon gelbe Blüten her.
Der Wind tut seine Schuldigkeit,
und nach und nach in nächster Zeit
erkennt man im Vergröß'rungsglas:
Ei ja doch, hier entsteht etwas!
Ganz winzig, herzig, grün und rund
tut sich schon die Tomate kund.
Die lieben Pflanzen brauchen Nahrung,
so weiß der Mensch aus Bucherfahrung.
Guano, der aus Vogelmist,
das Beste für Tomaten ist.
Und so gepflegt, gedeihen sie
und lohnen ihres Menschen Müh,
indem sie rasch und üppig treiben,
die kleinen Früchtchen prall sich leiben.
Die Sonne meint es auch recht gut,
schenkt den Tomaten rote Glut.
Der Mensch, der Glücklichste auf Erden,
sieht täglich sie nun röter werden,
kann's kaum erwarten, pflückt sie gleich
und fühlt sich wie im Himmelreich.
Sie schmecken köstlich, unvergleichlich,
und wachsen nach so überreichlich!
In keinem Laden kriegt man sie
so frisch und lecker als wie die.
Der Mensch isst sie den ganzen Tag,
als Soße, Saft und Brotbelag,
gefüllt, gesotten oder roh,
als Ketchup oder einfach so.
Kocht sie zu Chutneys und Gelee,
doch werden's täglich mehr! O je!
Bald weiß er nicht mehr ein noch aus,
sie füllen schon das ganze Haus.
Großzügig schenkt er an Bekannte:
Die Tante kriegt die Alicante,
die St. Pierre kriegt der Friseur,
das Ochsenherz der Vet'rinär.
Und wochenlang kocht sich die Oma
Tomatensoße aus der Roma.
Und irgendwann ist es vorüber.
Die Tage werden kurz und trüber,
die Stauden werden ausgerissen
und weg auf den Kompost geschmissen.
Der Mensch fühlt sich befreit und schwört:
"Nie wieder pflanz ich in die Erd!"
Epilog:
In ihrem Garten saß die Tante
vor einer Schüssel Alicante.
Und so beim Schmausen dachte sie:
"Wie wär's, wenn ich sie selber zieh?"
Cäcilia Wentker
Lebenslust
Wie könnte ich den Tag beginnen
Soll ich ein Lied am Morgen singen
aus meinem tiefsten Herzen lachen
zur Not auch einen Handstand machen
Ein Tänzchen vor dem Frühstück wagen
Mir selbst "Was bist du Spitze!" sagen
im Spiegel mir die Zunge zeigen
mich dankbar vor dem Tag verneigen
Terminkalender schnell zerreißen
die Pläne in die Tonne schmeißen
mit Wonne in der Dusche stehen
und lange aus dem Fenster sehen
Dem Morgenlied der Amsel lauschen
an deinen Küssen mich berauschen
die Kissen durch die Lüfte fleddern
in deinen Armen mich verheddern
Ich könnte die Natur erkunden
spazieren gehen mit den Hunden
verträumt auf einer Lichtung stehen
und still die Rehe grasen sehen
In Regenpfützen barfuß springen
ein Ständchen meinem Nachbarn singen
den Kuchen ganz alleine essen
die Kalorien mal vergessen
Den Urschrei aus der Kehle brüllen
den Hunger meiner Seele stillen
vergessen einfach Raum und Zeit
nur Leichtigkeit noch weit und breit
Das sind nur ein paar Möglichkeiten
die unser Leben stets begleiten
Entscheiden muss ich mich im Leben
mir meine Lebenslust zu geben
Florian Tekautz
Schwarzer Schmetterling
Ganz zart, ganz sanft und unbeschwert
Schwebt grünes Blatt heran
Wie federleichtes Lachen, zieht uns
Fröhlichkeit in Bann
So mild, so frei, wie Fliederduft
Erstrahlt die neue Zeit
Wie Amselkehlen, gut geölt
Erwacht, erlöst, befreit
Wie kunterbunte Vogelschar
Fliegt Heiterkeit ins Land
Wie Regenbogen-Purzelbäume
Lachend, Hand in Hand
Ganz blass, ganz schwach und unbemerkt
Vom grünen Treiben dort
Noch keine dreißig Jahre alt
Treibt er im Bette fort
So stark, so groß, sein Lebenstraum
Der Wunsch nach Frau und Kind
Doch seine Tage sind gezählt
Als wärs vorherbestimmt
Ein schwacher Blick, ein Flügelschlag
Ein allerletzter Schritt
Der schwarze Schmetterling steigt auf
Und nimmt den Frühling mit
Christine Eckel
Mein Frühlingskind
Der Mittagssonne, sanft entglommen,
scheint auf dem Zweig ein mattes Grün,
ist auch die Zeit noch nicht gekommen,
ist sie doch nah, bald wird es blühn.
Natur, im Naschen still versunken,
dem Glück, das sich vor ihr verneigt,
vom Märzenregen vollgetrunken,
ruht alles - knosptet nur und schweigt.
Doch heute kam der Frühlingswind,
und küsste zart ein kleines Blatt,
da fühlt es wie ein Frühlingskind,
trank sich am Frühling satt.
Oh du Geküsstes, flieg in die Weiten,
es ist so schön, dein Spiel zu sehen,
wie gern schenk ich dir meine Zeiten,
so im Vorübergehen.
Brigitta Wullenweber
weil es zeit ist
lieber frühling,
ich dachte,
du bist gekommen,
weil die sehnsucht dich rief -
doch du erscheinst jetzt,
weil es zeit ist.
ich dachte,
durch dich wird alles besser -
doch du zeigst nur,
was die samen in sich trugen.
ich dachte,
mit dir fängt neues leben an -
doch du weckst einfach auf,
was eine zeit lang schlief.
ausgeruht,
ausgelebt,
ausgeträumt.
lebendiges lebt,
gewachsenes wächst,
gesätes blüht,
erblühtes verblüht
und du
wirst sommer sein -
wenn es zeit ist.
Cäcilia Wentker
Schwerelos
Weiter Raum öffnet die Tore
Freiheit schaut mit sanftem Blick
Harmonie erklingt im Chore
Engel führen dich ein Stück
durch des Schöpfers Universum
bis in die Unendlichkeit
durch die Adern fließt die Klärung
außerhalb von Raum und Zeit
Sterne ziehen an dir vorüber
leuchten dir den Weg zum Licht
schwebst vergnüglich auf und nieder
selig strahlt dein Angesicht
Immer weiter, immer schneller
schwebst du durch die Galaxien
scheint, als wird es immer heller
innerlich spürst du das Glühen
Es verbrennt sanft alle Schwere
die in dir gefangen war
Du spürst die Stille und die Leere
nur das Licht bleibt,
hell und klar
In ungeahnten Dimensionen
verliert sich alles, was du bist
nicht mehr verstrickt in Illusionen
zerfällt dein ganzes Ich-Gerüst
Verlierst die Haftung, gewinnst die Wahrheit
im schnellen Flug durch Zeit und Raum
und immer mehr umhüllt dich Klarheit
und weckt dich auf aus deinem Traum
Cornelia Löscher
Zauber
Es streichelt mich der Augenblick
Lässt mich auf Wolken schweben
Im Herzen spüre ich das Glück
Das Du nur kannst mir geben
Ich spüre Deine Lippen sanft
Zart rührt sich in mir Beben
Warm strömt der Liebesfluss in uns
Leis himmelwärts wir streben
Sacht lauschen wir dem Liebesglück
Seelengleich wir entschweben
Auf puderweichem Wolkenbett
Dem Zauber wir entgegen
Tommy Schleicher
Papierschiff
Ich schwing zwischen allen Polen
predige die Liebe und den Hass
geh auf glühend heißen Kohlen
und zerr am Deckel von Pandoras Fass
Ich erzähl was von Glück und Niedergang
von Carpe Diem und von apathischem Verwesen
geh den wissenschaftlichen Pfaden entlang
und behaupte dann, alles sei niemals so gewesen
Ich verschwester mich, lass mich sterilisieren
auf dass ich sexuell kraftvoll wirke
esoterisier mich in die Seele von Tieren
und erklär die Natur zu Satans Kirche
Ich streu Blumen auf den Weg mit jedem einzelnen Wort
lass die Hoffnung mit der Schönheit tanzen
schreite wieder zurück, feg die erblühte Semantik hinfort
und verbrenn die ganzen bunten Pflanzen
Ich suhle mich in Lug und Trug
baue Schimären aus purem Gold
werf mich vor einen Geisterzug
werd zum pathetischen Trunkenbold
Ich schaff Fiktionen realer als Spiegelbilder
lass sie fließen und zerhack sie zu unbequem
sanft beginnend werden sie wild und wilder
dringen zerrüttend ein tief ins limbische System
mit meiner divergenten Phantasterei
zupf ich an Nervensträngen wie nie
Biographen brechen die Stifte entzwei
Psychologen blättern die Schizophrenie
Ich bin der Heilige und der Hurensohn
ein Papierterrorist, der mit Blindgängern sprengt
Verwirrungen sind mein Lachen in Hohn
während mich das Licht der Poststruktur versengt
Thomas Reubold
Badewannenrandbegrenzte Ozeangefühle
Schalltönende Worthülsen des Nichts
tönen aus deiner wirklichkeitswunden Seele:
"Ich bin dir treu",
rohrzuckerversüßt,
plunderteilchenmürb,
synapsenverludert,
neuronenverhurt,
amygdalabestimmt,
schauen deine Spiegel der Seele
durch mich hindurch.
Deine Treue,
festsitzend,
wie der Same einer Pusteblum',
begibt sie sich auf libidoverzwickte Reise.
Zugeschleudert im Nichts einer Nacht.
Fliehende Erfüllungsfäden, kalt vergossnes
Herzkammerblei.
In der Luft bleibt deine Wurzel da,
beglückt mich mit mundvollem Schweigen.
Vom Himmel geheizte Glut des Verlangens
verbrennt meine Seele.
Deine geflohenen Hände
tauchen mich ein, in die Welt der
badewannenrandbegrenzten Ozeangefühle des Seins.
Conrad Cortin
Aussteiger
hüfteschlenkernd
a la Elvis
stieß er sich
die Türen der Gesellschaft zu
als Pardon
erfand er linkerhand
eine Geste
die man als Schlag
ins Gesicht empfand
nur meine beiden ockergelben Zimmer
fand er unverschlossen
hier am Tegernsee
hat er so manchen Sommertag
noch genossen
bevor er kurzerhand
nach Tibet verschwand
Texte: ISBN: 978-3842364707
Tag der Veröffentlichung: 07.07.2011
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