Die vielen Gesichter von Carola Kickers
Nachdem wir gesehen haben, dass unser Audioplayer so gut von der Community genutzt wird, war uns von bookrix25 sofort klar, dass wir in unserem nächsten Interview einen Autoren befragen möchten, dessen Interessen auch in diesem Bereich liegen.
Bei Carola Kickers (darkfantasy) haben wir sofort einen Glücksgriff gemacht. Kickers hat selber zuerst einen Musikverlag mit eigenem Label gegründet, unter anderem hat sie die Schlagerwerke ihres Großvaters verlegt. Neben dieser Tätigkeit hat aber Kickers zudem viele Jahre im Musikgeschäft gearbeitet und neben Queen Latifah und LaToya Jackson noch viele andere Künstler in der Promotion betreut. Es lag also für sie ganz nahe, ihre eigenen schriftstellerischen Werke auch als Hörbücher herauszubringen. Auf BookRix kann man einige Kost- proben der vorzüglich gelesenen Werke genießen.
Für die Community dürften aber nicht nur genügend Fragen in Bezug Hörbücher einfallen, sondern auch zu dem Genre dem sich Kickers hauptsächlich widmet, nämlich dem Genre der dunklen Fantasy. Vampire bewegen sich stil- und selbstsicher durch ihre Geschichten. Und Kickers ist kein Neuling in diesem Metier, welches nicht erst durch Autorinnen wie Meyers und Ward eine große Belebung erfährt.
Interview mit Carola Kickers
1. Liest du auch Vampirgeschichten von anderen Autoren aus der Branche? Kannst du danach ruhig schlafen?
Ja, ich lese gerne Stories von Kollegen, nicht nur zu Rezensionszwecken als Redakteurin. Jeder hat seinen ganz persönlichen und unverwechselbaren Stil, der seine Anhänger findet. Ich schätze einige junge Autoren sehr und bin teilweise auch schon gespannt auf die Fort- setzungen ihrer Romane. Allerdings bleibt mir aufgrund meiner eigenen Aktivitäten wenig Zeit zum Lesen eines kompletten Buches, da beschränke ich mich derzeit auf Kurzgeschichten. Zur zweiten Frage: Ein blutiger Horrorfilm kurz vor dem Schlafengehen hinterlässt viel mehr Eindrücke als eine (ent)-spannende Lektüre, finde ich. Aber Fiktion und Realität kann ich recht gut auseinander halten, so dass ich – Gott sei Dank – nicht unter Alpträumen leide.
2. Worin liegt die Faszination von Dark Fantasy?
Meinem persönlichen Empfinden nach - in der Betrachtungsweise eines jeden Schreibers. Die Perspek- tiven hier sind schier unerschöpflich. Wann ist etwas wirklich böse? Kann es sich zum Guten wandeln? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen? Meine Charaktere sind oft nicht das, was sie scheinen. Gerade das macht ja den Reiz aus. Kein Licht ohne Schatten, wie man so schön sagt.
3. Vampir-Literatur ist ja seit Langem ein Bestandteil des Literaturmarktes gewesen, wie erklärst Du es Dir, dass zurzeit aber ein regelrechter Boom um die blutsaugenden Nachtwesen ausgebrochen ist?
Da kann ich selbst nur spekulieren. Bei manch einem mag es die Flucht in eine andere Realität sein. Bei anderen wiederum - die erotische Ausstrahlung eines Vampirs und seine Verführungskraft. Und dann gibt es bei uns allen ja die Sehnsucht nach dem ewigen Leben, der ewigen Jugend. Besonders letzteres ist heutzutage zur Handelsware geworden. Ein Versprechen, dass diese Geschöpfe auch geben – aber zu einem hohen Preis. Trotzdem bin ich sicher, dass viele von uns diesen zahlen würden. Dann wiederum gibt es Menschen, die sich vielleicht mit diesen Wesen unbewusst identifizieren, weil sie gerne Macht und Einfluss auf Andere ausüben. So gesehen sind Vampire doch recht vielseitig.
4. Mir erscheint es immer so, dass gerade in dem Genre Fantasy die Gefahr besteht, dass sich Geschichten all zu stark wiederholen. Würdest Du sagen, dass im Genre der Dark Fantasy auch in den kommenden Jahren innovative Geschichten geschrieben werden können.
Das kommt natürlich auf die jeweiligen Autoren an. Aber in jedem Genre sollte man versuchen, die bekannten Klischees einmal beiseite zu schieben oder sie zumindest – wie bereits erwähnt – aus einer anderen Perspektive zu beleuchten. Die Fantasie selbst ist unerschöpflich. Wichtig ist, sie fließen zu lassen. Ich lasse die Ideen zu mir kommen und suche nicht krampfhaft danach. Dann schreiben sich die Geschichten fast von selbst. Manchmal kann schon ein alltägliches Gespräch mit der Nachbarin einen Impuls geben.
5. Was ist Deiner Meinung nach das Besondere von deinem Romanheld Jason gegenüber anderen Vampirfiguren?
Jason wächst an seinen Aufgaben. Er übernimmt Verantwortung (so seltsam sich das auch für einen Vampir anhören mag). Wie einige von Euch vielleicht wissen, gibt es verschiedene Rassen in der Saga. So wird Jason von einem der einfachsten Kreaturen unter ihnen zum späteren Fürsten der Neuzeitvampire. Aber damit fangen seine Probleme erst an. Mehr erfahrt Ihr übrigens in unserer neuen Community bei www.vampirfuerst.de
6. In einem anderen Interview hast Du mal geschrieben, dass du eher zufällig Jason erschaffen hast. Wird dir manchmal diese Klassifizierung als Vampir-Autorin zu viel?
Jemand meinte mal, ich sei so etwas wie die Rosamunde Pilcher der Vampire. Ich weiß nicht, ob das ein Kompliment sein sollte, ich nehme es mal so an. Ich stehe dazu, obwohl ich auch andere Arten von Geschichten schreibe. Es ist merkwürdig, manchmal habe ich eine Idee zu einer Vampirstory, die sich letzten Endes beim Schreiben anders entwickelt, nichts mehr mit Vampiren zu tun hat und in das Mystery- oder Krimigenre wechselt. Ich bleibe da auf jeden Fall flexibel, gerne kombiniere ich ja auch die Genres miteinander, wie beim ersten Band der Saga, wo ich den Krimibereich mit einbezogen habe.
7. Auf einer Seite habe ich gelesen, dass es ein Life- Rollenspiel um Jason gibt. Ich kann mir das noch nicht so richtig vorstellen (außer, dass wirklich fantasie- anregende Bilder dabei gemacht wurden!). Werden dabei Handlungen aus deinen Büchern nachgespielt oder entstehen neue Szenarien, die wiederum in Deine Romane mit einfließen?
Bei den inszenierten Lesungen arbeiten wir Szenen aus, die wir mit maximal drei Personen auf einer Bühne spielen können. Ich beschreibe die Szene zur Einführung kurz, danach lese ich einen Originaltext aus den Büchern. Grundsätzlich lehnen wir an die Romane an, aber die Protagonisten können, dürfen und sollen sogar improvisieren, damit das Ganze lebendig wirkt. Auch die Dialoge gebe ich nicht strikt vor wie beim Theater, denn die Szenen sollen ja „gelebt“ werden. Somit lasse ich meinem Team viel Freiraum.
8. Bist Du selber eine Rollenspielerin?
Es reizt mich, ab und zu in eine andere Welt abzutauchen und Live-Locations wie die FeenCon zu besuchen, wo man Gleichgesinnte trifft. Es ist immer wieder ein Erlebnis, nicht nur der wunderschönen Kostüme wegen. Das ganze Miteinander, selbst die Sprache und der Umgang miteinander verändern sich. Irgendwie erholsam. Daher freue ich mich auch schon auf die Fantasydays im November.
9. Kommen gute Vampire in deinen Büchern vor?
Wenn man so will, ist Jason einer der guten Vampire, der nicht nur seine Rasse, sondern auch die Menschen vor Schaden bewahrt (allerdings nicht ohne Hintergedanken). Aber auch in einigen meiner Kurzgeschichten wie „Das Siegel der Dunkelheit“ sind Vampire nicht unbedingt „böse“, nur weil sie zur dunklen Seite gehören.
10. Jason hadert ja durchaus auch mit seiner Existenz. Kannst Du Dir aber für Dich selber vorstellen eine Ewigkeit zu leben?
Ganz ehrlich – es reizt mich schon. Was man da alles lernen könnte. Andererseits, vom religiösen oder esoterischen Standpunkt aus betrachtet, leben wir ja alle ewig – nur nicht in ein und demselben Körper.
11. Was würdest Du mit einer Ewigkeit Leben anfangen?
Da ich ein neugieriger Mensch bin - nicht lachen, ich wollte eigentlich mal Archäologie studieren, womit meine Eltern aber nicht einverstanden waren, weil man damit ja kein Geld verdient - würde ich vermutlich forschen und meine Erkenntnisse an viele Generationen weitergeben. Das wäre doch fast schon der Stoff, aus dem der nächste Roman sein könnte …
Im zweiten Teil des Interviews geht es im Großen und Ganzen um Deine Audio-Bücher:
12. Die Umsetzungen Deiner Audiobücher finde ich sehr gelungen. Wie weit hast Du darauf Einfluss? Bist Du beispielsweise im Tonstudio zugegen?
Bei den Produktionen von bluebox productions hatte ich einen ziemlich großen Einfluss, wir, d.h. der Produzent und ich haben gemeinsam die Sprecher gecastet. Da diese Aufnahmen Tage dauern und nicht alle Studios in meiner Nähe liegen, bin ich nur zeitweise zugegen. Voraussetzung ist natürlich ein gewisses Vertrauen zum Produzenten. Lasst Euch immer Hörproben vorspielen, bevor Ihr ein Studio bucht, besonders auf die richtige Abmischung kommt es an. Bei Fragen zur Story ruft mich der Sprecher vorher an, z.B. bei fremdsprachlichen Ausdrücken, und wir klären das in einem Vorgespräch. Auch während der Produktion werden manchmal noch Kleinigkeiten am Telefon abgeklärt.
13. In der Vorstellung wurde geschrieben, dass Du Musiker promoted hast, das Interesse für Studios kann dadurch natürlich erklärt werden. Konntest Du aus dieser Zeit für Deine eigenen Hörbücher Nutzen ziehen? Und wenn ja inwiefern?
Die Kontakte zu Tonstudios waren natürlich durch meine jahrelange Tätigkeit in der Musikbranche vorhanden. Einige Produzenten haben sich Hörbuchproduktionen als zweites Standbein gesucht, als der Boom losging und suchten natürlich auch Stories und Autoren. Dadurch bin ich zu den ersten Audiobooks gekommen.
14. Was würdest Du für einen Ratschlag an andere Autoren geben, die ihre Bücher als Hörbücher umsetzen wollen?
Wie gesagt, wenn Ihr mit unbekannten Produzenten arbeitet, lasst Euch unbedingt Hörproben im Studio vorspielen (die Studiotechnik ist akustisch anders als Eure Anlage zuhause), besucht das Studio vor der Buchung und sprecht persönlich mit dem Toningenieur, der Eure Produktion umsetzen soll. Lasst Euch immer einen schriftlichen Kostenvoranschlag geben. Dann wählt Eure Sprecher passend zu den Charakteren Eurer Geschichten. Eine gute Adresse sind Schauspieler und Schauspiel- schüler, sie haben meist ein Sprechtraining absolviert. Viele junge Leute suchen auch Referenzprojekte und sind dadurch nicht so teuer wie erfahrene Sprecher wie Radiomoderatoren oder bekannte Persönlichkeiten.
In punkto Vermarktung: Ihr braucht hierzu nicht unbedingt ein Label, bei vielen Portalen könnt Ihr – wie auch Musiker – selbst zum Download einstellen. Lest Euch immer sorgfältig die Vertriebsverträge durch, denn die prozentuale Beteiligung variiert sehr stark.
Der andere Weg: Ihr sucht für Eure fertige Produktion ein Label, das Euch vermarktet, aber das auch mit verdient. Auch hier gilt: das Kleingedruckte in den Verträgen lesen und eine möglichst kurze Vertragslaufzeit wählen, falls die Partnerschaft mal nicht klappt!
15. Suchst Du die Leser deiner Geschichten selber aus, oder läuft das ganz unabhängig von Dir ab?
Soweit ich aktiv an einer Produktion beteiligt bin, suche ich die Sprecher mit aus. Bei anderen Produzenten werde ich oft nur gefragt, ob ich mir für die eine oder andere Geschichte eine männliche oder weibliche Stimme vorstelle.
16. Soweit ich weiß gibt es von Deinen Geschichten ausschließlich Hörbücher, würde es Dich reizen auch Hörspiele nach Deinen Geschichten herauszubringen?
Wenn sich ein Label dafür interessiert, warum nicht. Das wäre eine neue, aber bestimmt spannende Erfahrung, die ich gerne einmal machen würde.
17. Würdest Du sagen, dass das Schreiben für ein Hörspiel ganz andere Anforderungen an einen Autor stellt als z. B. die um einen Roman zu verfassen?
Da gibt es ganz gravierende Unterschiede. Ein Hörspiel ist sehr dialoglastig und lebt vor allem durch die Effekte, die die einzelnen Szenen begleiten bzw. untermalen, um sie zu verdeutlichen. Bei einem Roman beschreibt der Autor dieses Umfeld ja ganz ausführlich. In beiden Fällen wird aber die Vorstellungskraft des Hörers bzw. Lesers gefordert.
18. Wenn Du Deine Geschichten schreibst, stellst Du Dir dann manchmal vor, wie sie vorgelesen klingen würden?
Weniger, ich schreibe eher in Bildern, d.h. ich sehe ich Szenerie vor meinem geistigen Auge. Ich bin immer wieder begeistert, zu hören, was ein guter Sprecher aber auch ein guter Produzent aus einer Geschichte machen kann. Eine Ausnahme sind Kindergeschichten, die muss ich mir vorgelesen vorstellen können, da sie ja auch aus Büchern laut vorgelesen werden.
19. Warum liest Du Deine Bücher nicht selber ein?
Ich glaube nicht, das ich je so ausdrucksvoll sprechen kann, damit es für ein Hörbuch reicht. Das überlasse ich doch lieber erfahrenen Stimmen. Auch wenn ich gerne Lesungen mache, für eine Studioproduktion reicht das noch lange nicht. Da bleibe ich lieber beim geschriebenen Wort.
20. Hörst Du gerne Deine eigenen Hörbücher?
Ja, wenn ich einen gewissen zeitlichen Abstand zwischen der Produktion und dem fertigen Produkt habe, höre ich gerne immer wieder rein. Ich ertappe mich oft dabei, wie ich hinterher noch kleine Nuancen entdecke, die ich noch nicht bemerkt habe.
Zuletzt noch ein paar Fragen dich selbst und deine zukünftigen Tätigkeiten betreffen:
21. Deine Familie ist insgesamt musisch begeistert, vor allem im Bereich der Musik. Hat das auch Auswirkungen auf dein Schreiben? Hörst Du beim Schreiben beispiels- weise Musik, oder sind Lieder Inspirationslieferant für Geschichten?
Ja, von der Musik komme ich nie so richtig los … sonst hätte Jason keine Band. Bei den Schreibpausen höre ich gerne Musik, passend zur Story. Das gibt mir wieder Antrieb. Insofern sind Songs schon inspirierend, eher von der Atmosphäre her, denn sie müssen zu meinen Geschichten passen. Zum Beispiel höre ich gerne Songs von E Nomine, wenn meine Vampire gerade wieder zubeißen:)
22. Offensichtlich bist Du vielseitig interessiert, wirst Du demnächst den Vampiren den Rucken zukehren und ein gänzlich neues Genre für Dich entdecken?
Solange ich noch den richtigen „Biss“ beim Schreiben habe, wohl nicht. Gerade habe ich den vierten Band der Saga begonnen, und mein Verleger erwartet noch ein paar Specials für die kommende Heftromanserie. Aber … wer weiß, so kleine Ausflüge in andere Genres habe ich mir ja schon gestattet.
23. Können die Leser in Zukunft auf weitere Kinderbücher hoffen?
Ich denke schon, dass ich früher oder später wieder für die Kids schreiben werde. Ein paar Notizen dazu sind schon in meinem Computer gespeichert. Aber noch fehlt mir dazu der richtige Held.
24. Wie stellst Du Dir Dein perfektes Leben vor?
Da muss ich gleich mal philosophisch werden. Ich glaube nicht, dass es Perfektion auf dieser Welt gibt, das würde bedeuten, dass es allen Menschen gleich gut geht und davon sind wir weit entfernt. Nein, Perfektion liegt für mich in den kleinen Dingen. Man kann sich ein Ziel stecken und es auch erreichen. Natürlich freut man sich darüber, aber was kommt danach? Immer mehr, höher, schneller, weiter? Wohin das führt, haben wir vor kurzem alle zu spüren bekommen. Ich denke, ein perfektes Leben wäre es, gesund zu bleiben und sich über jeden sorgenfreien Tag freuen zu können.
25. Wird die Literatur immer Bestandteil Deines Lebens sein?
Ja, genauso wie die Musik. Beides liegt nun einmal in meiner Familie und ich bin sehr dankbar für dieses Erbe.
Das Interview wurde von Ai Hua geführt.
Besonderer Dank geht an Carola Kickers, aber vor allem an die User, die mit ihren Fragen dieses Interview möglich gemacht haben.
BookRix-Profil von Carola Kickers:
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Tag der Veröffentlichung: 06.10.2009
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