Mein Name ist Kim Owen. Ich war 16 Jahre alt als ich erfuhr das ich Blutkrebs hatte. Diese Diagnose änderte nicht nur meine Einstellung, meine Ziel und meine Träume, sondern mein gesamtes Leben.Ich schloss die Haustür hinter mir und eilte wie immer zur Bushaltestelle,die nur ein paar Schritte von unserem orangefarbenen Haus entfernt war.So gerade erreichte ich noch den Bus, der schon fast ohne mich los gefahren wäre, hätte ich nicht keuchend vom rennen mit meiner Faust gegen die kalte Glastür geklopft. Ich wusste auch nicht, wie ich es schaffte mich immer zu verspäten, es war einfach eines meiner besonderen Talente.Peinlich berührt und immer noch mit schwerem Armem von meinem Sprint, zeigte ich dem Busfahrer meine Busfahrkarte. Ich stecke mir meine Kopfhörer des alten MP3 Players in die Ohren und laut erklang die Stimmen von der Band „ 30 Seconds to Mars“ in meinen Ohren. Nach sechs Bushaltestellen stieg ich aus und lief die Raly-Straße entlang.Nach nur wenigen Metern erreichte ich eine Apotheke vor der ich stehen blieb, über ihr befand mein Ziel. Mein Hausarzt.Ich hatte nie Aufstände gemacht zu meinem Arzt zu gehen. Mit zwölf Jahren hatte ich die panische Angst vor Spritzen abgelegt und benahm mich halbwegs normal (was mein Zahnarzt sich heute noch wünschte, wenn ich ihm alle halbe Jahre einen Unvergesslichenbesuche abstatte). Aber heute war es anders, diesen Termin hatte ich jetzt schon dreimal verschoben und ich überlegte mir soeben ob ein viertes mal schaden würde. Nein, dachte ich. Kim, du bist 16 Jahre alt du gehst jetzt nach oben, hörst dir an wie diese Ergebnisse sind und gehst wieder. Ich wusste, dass ich Leukämie hatte. Schon bevor meinem Arzt es nach der letzten Routineuntersuchung angedeutet hatte und mich hatte testen lassen, war für mich schon klar, dass irgendwas mit mir nicht stimmte. Alle Symptome von Blutkrebs, die ich schon vor meiner Untersuchung im Internet gegoogelt hatte trafen auf mich zu.Heute war der Tag, an dem sich durch meine Blutprobe feststehen würde, dass ich unheilbar krank war. Ich rechnete nicht im Geringsten damit, dass ich vielleicht doch falsch liegen könnte und die Symptome wie: Blässe, Schwäche und mein schneller Gewichtsverlust einfach nur so kamen weil ich mir vielleicht einen Virus eingefangen hatte. Immerhin ich war auf das schlimmste vorbereiten dachte ich und öffnete die große braune Tür, die einen schmalen weißen Flur entlang, ging an der Apotheke vorbei. Am Ende dieses Flurs war eine Treppe mit Marmorstufen,denen ich in ins zweite Stockwerk folgte.Ich zögerte nicht als ich vor der Tür stand mit der Aufschrift: Dr. M. Breemann. Ich packte meine Kopfhörer in meine kleine hellbraune Handtaschen und öffnete die Tür. Mit einem beschäftigten „Hallo“ begrüßte mich die etwas korpulente blonde Sekretärin meines Arztes. Sie machte eine Kopfbewegung ins Wartezimmer und lächelte mich an. Freundlich entgegnete ich hier lächelen und sie wusste, dass ich zu Kenntnis genommen hatte,dass sie telefonierte und sie nicht mit mir reden konnte. Im Wartezimmer war ich alleine, worüber ich unter normalen Umständen froh gewesen wäre. Ich empfand es immer als schrecklich, in diesem kleinen Zimmer zu sitzen und zu wissen, dass alle sich gegenseitig von Kopf bis Fuß anstarrten. Was sollte man auch sonst machen? Die Zeitungen die sich ordentlich sortiert auf dem schwarzen Regal befanden interessierten keinen. Aber heute hätte ich gerne ein paar Menschen um mich gehabt die mich von meinen Gedanken ablenken könnten. Ich hatte keine Angst davor Krebs zu haben, es war eine Tatsache die ich akzeptieren müsste und nicht ändern konnte. Was mir angst machte war wie ich es meinen Freunden, meinem Freund und meiner Familie erklären sollte. Ich setze mich auf einen von den bequemen roten Sesseln von denen es drei gab. Die Wände waren weiß und an ihnen hingen ein paar Bilder, deren Farben alle rot und Orangetöne enthielten.Mein Körper spannte sich an und ich begann zu zittern.Es war Sommer und 23 Grad, ich saß in Wartezimmer, in einer kurzen Jeans Hose die gerade über meinen Knien endete und in einem schwarzen Top über das ich eine beigefarbene Strickjacke trug. Wieso also zitterte ich? Ich kannte meinen Körper, auch wenn ich auf seine Anzeichen nicht immer reagierte. Es war diese dauerhafte Anspannung, die meinen Körper beeinflusste.„ Kim, bitte komm mit in den Raum 5.“ Sagte die kleine zierliche Sprechstundenhilfe zu mir und schaute mich freundlich mit ihren braunen warmen Augen an. Ich erhob mich langsam aus dem Sessel. Kreislauf Probleme waren jetzt das letzte was ich brauchte!Wir gingen gemeinsam zu dem von ihr besagten Raum. Es war kein Zimmer für Untersuchungen, sondern für Besprechungen. In diesem kleinen viereckigen Raum befand sich in der Mitte ein Holzschreibtisch hinter dem ein schwarzer Lederrollstuhl stand. Vor dem Tisch befanden sich zwei normale schwarz gepolsterte Stühle für die Patienten.An der linken Seite des Raums war ein langes weißes Regal, welches die gesamte Wand entlang ging. Gegenüber der Tür, durch die wir kamen war ein einigermaßen großes Fenster für diesen kleinen Raum. Durch dieses drang das gelbe Tageslicht von draußen. Der Raum wirkte ins gesamt sehr kahl nur das Sonnenlicht schenkte dem ihm ein bisschen Farbe und wärme.Ich setze mich wortlos auf einen der Stühle die vor dem Schreibtisch standen.Die Sprechstundenhilfe legte Unterlagen auf dem Tisch ab, die ganze Zeit in er Hand gehalten hatte ohne, dass es mir aufgefallen war.Dieser Raum hatte keine Persönlichkeit, auf dem Schreibtisch befand sich nichts was dem Menschen dem er gehörte definieren könnte. Nur ein paar Kulis und ein moderner weißer Laptop. Geistes abwesend starrte ich durch den Raum und versuchte irgendwas Persönliches zu finden, wie zum Beispiel Bilder schließlich war es ja eine Art Büro des Arztes.„ Kim, möchtest du was trinken? Vielleicht ein Glas Wasser? Der Doktor kommt sofort mit den Ergebnissen.“ Ich sah der kleinen Frau in die warmen Augen in denen ich das Mitleid sah,welches sie für mich übrig hatte.OK! Klarer konnte es ja jetzt nicht mehr sein. Eigentlich müsste ich jetzt nicht mehr auf den Arzt warten, ich weiß bereits das ich Krebs habe dafür reichte der Blick dieser netten Dame.Sie räusperte sich und schaute mich fragend an, da ich immer noch keine Antwort auf ihre Frage gegeben hatte. Ich brauchte einen Moment um zu antworten: „ Ähh... Ja. Gerne.“ Sie lächelte mich an und verließ mit schnellen Schritten den Raum und schloss die Tür. Ich setze die Ellenbogen auf mein Schoss und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Wieso konnte es denn bei mir nicht einmal normal sein? Warum musste es Dinge geben, die mein gesamtes Leben kontrollieren konnten und verändern? Ich hatte keine Angst vorm sterben. Sterben ist einfach, es heißt ja nicht auch ohne Grund „ Die Erlösung“. Die Tür des Zimmers öffnete sich wieder und Dr. Breeman trat ein. Er war um die 1, 80 groß und hatte eine stämmige Figur, für einen Mann mittleren alters, so weit ich es durch seinen weißen Kittel erkennen konnte. Seine Harre waren kurz und hatten ein schwarzgrau Ton. Er trug eine Brille, die seine kalte wirkenden hellblauen Augen größer erscheinen ließ. „ Guten Tag Kim, alles so weit gut bei dir?“ fragte er freundlich und streckte mir seine Hand zur Begrüßung entgegen. Ich erhob mich und reichte ihm meine und sagte mit einem gespielten lächeln: „ Ja bei mir ist alles OK.“ freundlich fügte ich noch hinzu, „Ich genieße meine Sommerferien, auch wenn das Wetter nicht immer so mit spielt.“ Ich blickte nach draußen, es hatte angefangen zu regnen.Er nickte und ich sah Skepssis in seinem Blick.„ Wo sind deine Eltern? In dem Berief den ich dir geschickt habe, stand drin das es sehr wichtig sei, dass sie auch bei diesem Termin dabei sind. Haben sie meinen Brief nicht gelesen?“Die Wahrheit war, meine Eltern hatten keine Ahnung. Wie auch ? Seit Wochen fange ich die Briefe vom Briefkasten ab bevor meine Eltern auch nur eine Chance habe einen Brief zu sehen. Sie wusste von den ganzen Terminen die ich unfreiwillig hatte beim Arzt und im Krankenhaus machen mussten nichts. Ich wollte aus irgendeinem Grund einfach nicht, dass sie es wussten und einen Grund hatten mehr mit mir zu reden als sonst oder sich sorgen zu machen. Natürlich war ich auf diese Frage vorbereitet gewesen und hatte mir schon ein paar Lügen ausgedacht. „ Meine Stiefmutter ist krank und mein Vater ist bei einer Tagung.Er hat versucht es zu verschieben nur das hat leider nicht geklappt.“ Ich schaute ihm klar ins Gesicht mit meinen blaugrünen Augen, so als würde es mir Leid tun, dass meine Eltern zu diesem Termin nicht erscheinen konnten.„ Kim, ich muss mit deinen Eltern sprechen. Das ist wichtig. Ich denke es wäre eine gute Idee den Termin zu verschieben damit sie dabei sind. Wir rufen deine Stiefmutter jetzt mal an und machen einen Termin aus der beiden Elternteilen passt.“ Sagt er eindringlich als hätte er durchschaut, dass ich meinen Eltern den Termin nicht mitteilen wollte.Die Tür öffnete sich und die Sprechstundenhilfe kam mit einem Wasserglas rein und stellte es auf den Tisch. Nun richtete Dr. Breeman sich an sie: „ Frau Winston würde sie Kim' s Stiefmutter kontaktiere und um einen neuen Termin bitten, an den möglichst beide Elternteile kommen könnten?“ Sie nickte und verließ wieder den Raum ehe, ich mir eine Ausrede überlegen konnte, dass es nicht notwendig sei.Ich stand immer noch mitten im Raum mit meinem Arzt. Na klasse, dass ist ja mal super gelaufen! Meine Eltern würde alles erfahren. Wieso, hatte ich mir auch die Mühe gemacht es geheim zu halten?Aber somit war der Befund klar. Ich atmete tief aus und versuchte zu überlegen was ich nun tun sollte. Was würde mich wohl zu Hause erwarten? Dr. Breeman riss mich besorgt aus meinen Gedanken: „ Kim?? Geht es dir gut? Ist dir schwindelig? Bitte setzt dich hin und trink etwas.“ Jetzt wo er es erwähnte, ich fühlte durch aus ein Schwindelgefühl und ein leichtes Pochen in meine Kopf spürte ich auch. Ich konnte mir gut vorstellen wieso er dachte, dass es mir nicht gut ging.Ich hatte tiefe dunkle Ränder unter den Augen von den letzten Nächten, in denen ich Albträume hatte oder nicht schlafen konnte. Ich war mir sicher, dass ich keinerlei Farbe im Gesicht hatte, obwohl meine von Natur aus blassere Haut heute morgen noch natürlich aussah.Im Großen und Ganzen musste mein Arzt eine sehr ungesund aussehende Teenagerin vor sich habe. „ Ähm.. mir geht’ s nur ein bisschen schwindelig, muss wohl an der Hitze liegen.“gab ich ihm zu verstehen und ließ mich wieder auf einem der schwarz gepolsterten Stuhl sinken.Ich nahm einen großen Schluck Wasser und schon bald fühlte ich wie mein Körper sich entspannt und das Schwindelgefühl wegging. Schweigend warteten Dr. Breeman und ich auf Frau Winston.„ Die Befunde sind positiv. Wie lange habe ich noch?“ hörte ich meine eigene Stimmer in einem trockenen Ton sagen, ohne zu realisieren was ich so eben von mir gegeben hatte. Erwartungsvoll guckte ich den Arzt an, dem meine direkte Art die Sprache verschlagen hatte. Er räusperte sich und erwiderte: „ Wir besprechen das Alles mit deinen Eltern an einem anderen Termin.“„ Ich habe nicht vor noch einmal wegen des Termin zukommen. Da ich bereits weiß, dass ich Krebs habe, sehe ich keinen Grund dazu. Das einzige was ich wissen möchte ist ob es noch eine Chance gibt etwas daran zu ändern und wenn es sie nicht gibt, wie viel Zeit mir noch bleibt."Ich weiß nicht wieso ich so leicht über den Tod, eher gesagt über meinen Tod reden konnte.Vielleicht lag es daran das schon meine Mutter gestorben war als ich gerade fünf war und ich einfach manche Dinge so hinnehmen muss wie sie waren oder einfach nur weil mein Gehirn nicht zu verstehen schien was es bedeutet.„ Es tut mir leid, dir das sagen zu müssen aber der Krebs hat sich schon zu weit in deinem Körper verbreitet. Er hat bereits wichtige Zellen deines Körpers angegriffen und man kann ihn nicht mehr aufhalten, es würde nichts bringen. Eine Bestrahlung und eine Chemotherapie sind aufgeschlossen.Du hast daher noch ungefähr eineinhalb Jahre oder zwei. Ich kann dir nichts Genaues sagen, vielleicht noch länger oder weniger.“OK. Ich würde sterben – es so deutlich zu hören war ein Schock, obwohl ich drauf vorbereitet war.Ich war fünfzehn, mit mein leben würde mit spätestens siebzehn enden.„ Danke, das war alles was ich wissen wollte. Meine Eltern werden Sie ja demnächst sprechen. Haben Sie etwas dagegen wenn ich jetzt gehe?“ Meine Stimme war sehr freundlich und ich versuchte möglichst unberührt rüber zu kommen.Mein Arzt schenkte mir einen skeptischen Blick. „Kim es wäre besser wenn du ein bisschen sitzen bleiben würdest und das sacken lässt. Ich weiß es ist schwer das alles zu verstehen. Ich würde dich jetzt ungern gehen lassen nach so einer erschütternden Nachricht. Kann dich denn auch keiner abholen ?“„ Nee. Kann niemand. Ich würde jetzt gerne gehen. Mir geht’ s gut. Ich war auf ein solches Ergebnis eingestellt deswegen erschüttert es mich nicht so sehr.“ sagte ich und fühlte wie mein ganzen Körper zitterte. Hautsache mein mitfühlender Arzt bemerkt das jetzt nicht, dachte ich.Die Tür öffnete sich und schon schneite die Sprechstundenhilfe rein und sagte Dr. Breeman, dass sie bei mir zu Hause niemanden erreicht hätte. Ich war so erleichtert, das zu hören. Das heißt ich würde mir gleich keine Vorträge zu Hause anhören müssen warum ich nichts gesagt habe und wie wichtig es doch ist sich in der Familie zu vertrauen, wie enttäuscht sie doch jetzt alle von mir sind und blah blah blah...„ Wir werden deinen Eltern dann im laufe des Tage noch mal versuchen Telefonisch zu Kontaktiere, ansonsten bekommt ihr einen Termin mit der Post zu geschickt.“Ich erhob mich vom Stuhl, nickte wortlos und reichte im zur Verabschiedung zögernd die Hand.Genau das gleiche Tat ich auch bei Frau Winston die mir immer noch einen bemitleideten Blick schenkte. Wir verließen den kleinen Raum und ich hastete zur Praxistür, an der Sekretärin vorbei die immer noch telefonierte. Die Marmortreppen hinab und den Flur an der Apotheke vorbei und schon war ich wieder draußen.Ich spürte wie die kalten leichten Wassertropfen des Sommerregens mein überhitztes Gesicht runter liefen. Ohne nach zu denken, rannte ich los, die Straße rauf, an der Bushaltestelle vorbei. Dort wo die Straße endete, war ein keiner Patt der aus kleinen Steinchen bestand, dieser würde mich zu meinem Lieblings-Orten führte, direkt in den Wald.
Ich konnte, dass rascheln der Blätter hören, welches der Regen verursachte.
Meine Gedanken waren total durch einander und ich gestatte mir nicht über die Worte des Arztes jetzt schon nach zu denken.
Meine zerzausten Harre, genauso wie meine Kleidung klebte an mir und die feinen Härchen an meinen Armen stellten sich auf. Mir war nicht kalt, der Regen war angenehm,
er säuberte die Schwüle stickige Luft und machte sie klar und rein.
Ich war schon fast an meiner Lieblingsstelle des Waldes angekommen. Einem See der von Bäumen und Büschen umgeben war.
An diesem befand sich ein umgekippter dicker Baustamm der mit Moos überzogen war,
natürlich war er klitsch nass und roch moderig auf Grund des Regens. Doch das hielt mich keines Weg davon ab, mich auf ihn zusetzen und meine Stammplatz einzunehmen.
Es war mein Ort der Ruhe. Hier kam ich immer hin wenn ich Zeit für mich und nur für mich alleine brauchte. Sofort besänftigte die Umgebung mich und brachte meinen schweren keuchenden Atem auf ein normales Tempo. Ich atmete tief ein und aus, um mich zu beruhigen und klar denken zu können und meinen rasenden Herzschlag zu verlangsamen.
Alles um mich herum, war von den Geräuschen des Regens umhüllt.
Da der Baumstamm genau am Wasser lag, konnte ich mich leicht vorbeugen und mein Spiegelbild im Wasser betrachten.
Das Resultat war kläglich.
Ich hatte Gewicht verloren, dies ließ mich schwach und zerbrechlicher wirken.
Meine Haut, war bleicher und ungesunder.
Die grünblauen strahlenden Ozean Augen, die mir vertraut waren, wenn ich in den Spiegel blickte, wirkten leer und Ausdruckslos. Wimperntusche lief mir die Wangen herunter bis zu meinen geschwungenen vor Nervosität aufgebissenen Lippen.
Ich wand meinem Blick von dem See ab, um meine Gestalt nicht weiter betrachten zu müssen.
Ich konnte mich noch nicht mit den Gedanken befassen bald zu sterben, ich brauchte Zeit, -genau das was ich nicht mehr hatte.
Du wirst sterben wirf ich mir immer wieder ins Gedächtnis.
Tot.
Nicht mehr da
Zu spät.
Ende.
Aus.
Tränen liefen mein Gesicht hinunter und sie vermischten sich mit den Regentropfen.
Meine Wünsche, meine Träume ich konnte sie vergessen!
Noch nie hatte ich mich so hilflos und leer gefühlt.
Ich hatte mir eingeredet damit klar zukommen.
Das ich einfach so weiter machen würde wie bisher. Nichts, nein rein gar nichts müsste ich ändern, sagte ich mir immer wieder.
Doch diese schlechte Lüge, konnte ich mir selbst nicht abkaufen.
Es gab keine Chance mehr für mich.
Ich glaubte an Gott und ans Schicksal.
Ich gehörte keiner Religion an, aber trotzdem glaubte ich daran, dass es einen Gott gab der im Himmel über uns wachte und die Dinge auf der Erde geschehen ließ.
Wut, das war alles was ich in diesem Moment fühlte und hass, der mir selbst kalt, da ich unheilbar Krank war.
Bis jetzt hatte ich noch alles was in mir tobte zurück gehalten.
Die ganze Zeit ich habe nicht ein schlechtes Wort verloren über meine Situation.
Alles hatte ich ausgeblendet und mir immer wieder gesagt, dass alles gut wird.
Wutendbrand sprang ich vom Baumstamm und schrie so laut ich konnte: „ WIESO ICH?! WARUM?WARUM?“
Mein Kopf war zum Himmel gerichtet, immer wieder holte ich diese Worte. Der Regen dämpfte meine schreie und mein weinen, sodass niemand der in der nähe vielleicht mit Seinem Hund spazieren gegangen war auf mich aufmerksam wurde.
Vor dem Baustamm, brach ich auf Knien zusammen.
Mit nach vorne gebeugtem Kopf weinte ich leise und schluchzte.
Was sollte ich bloß tun?
Am nächsten Tag in der Cafeteria unserer Schule, versuchte ich mich verzweifelt zu Konzentrieren was Alice, meine Beste Freundin versuchte zu erzählen. Es ging um ihren fast Freund David, der bei uns nur Bob hieß als Undercovername.
„ Diese scheiß Schlampe, weiß gang genau das ich was von ihm will!!
Ich habs ihr auf der letzen Hausparty von Judith noch gesagt!!
Aber natürlich hat sich Miss „ ich- bekomme- jeden- und- ich- nehme- jeden- der- nicht- bei –drei- auf- dem – Baum – ist – IHN- geangelt!!“
Sie guckte mich mit ihren klaren blauen Augen erwartungsvoll an.
„ Äh.. ich sehe das genauso wie du Süße!! Er wird noch sehen, dass sie echt jeden nimmt und er mag dich doch, das weißt du!“
Ja ok…. ich gebe zu, ein bisschen mehr hätte mir ja echt einfallen können zu der ganzen Sache. Aber ich hoffte trotzdem, dass meine bessere Hälfte nicht mitbekommen hatte, dass ich mit den Gedanken ganz wo anders war.
Ich konnte nicht mit ihr über den Krebs sprechen, der sich in meinem Körper schon soweit ausgebreitet hatte, dass es für eine Heilung zu spät war, dazu liebte ich sie zu sehr und sie weinte schon so viel zu oft wegen diesem Idioten der nicht sah was er an ihr haben könnte.
Sie ist einer der liebevollsten Menschen die ich kenne und ich könnte es nicht ertragen die Trauer und Angst in ihren Augen zusehen, dass sich irgendetwas zwischen unserer Freundschaft ändern könnte. Ich brauchte sie und sie mich.
Ich will nicht, dass dieses unbeschwerte und selbstverständliche Gefühl sich ändert, wenn wir etwas machen und uns unterhalten.
Alice sprach weiter von der Dorfmatratze Annika und regte sich mit ihrer typischen temperamentvollen Art über sie auf.
„ Kim,.. jetzt sag es endlich!! Was ist los?“
Scheiße … sie hat gemerkt das ich wo anders war mit den Gedanken.
„ Ähm… alles gut, nur Gozilla stresst mal wieder ein bisschen und mein Vater steht wie immer hinter ihr.“
Ich weiß es ist nicht nett die Stiefmutter, die sich seit ich denken kann um mich gekümmert hatte als Gozilla zu bezeichnen, aber ich will gar nicht wissen wie beim Spitzname bei ihr ist wenn ich nicht im Raum bin!!
Alice sah mich mit einem wissenden Blick an, sie weiß das mir das was die Alte sagte am Arsch vorbei ging und das mein Vater schon immer zu ihr gehalten hatte.
Sie zog eine Augenbraue hoch und ihre klaren satten blauen Augen wurden ernster.
„ Was ist los? Du willst mir nicht ehrlich erzählen, dass du nur wegen der dummen Kuh dich abgemagert hast und immer abwesend bist? Wir sind beste Freunde Kim!! Ich vertraue dir alles an, also sag jetzt endlich was los ist!“
Das zum Thema „Undercover“. Sie kannte mich zu gut und musste es natürlich mal wieder ausnutzen zu wissen, dass ich sie nicht anlügen kann.
„ Jetzt sieh nicht alles so schlimm. Mir geht’s gut. Ich hab ein bisschen angenommen, weil ich joggen gehe. Und abwesend bin ich nur, weil ich immer müde bin, weil ich doch immer so lange simse und lese. Das weißt du doch auch“, sagte ich und versuchte glaubwürdig rüber zu kommen. Mir geht’s gut, wiederholte ich in meinen Gedanken. Ja noch ging es mir gut, doch dass würde ich ändern, ich werde schwächer und der Krebs wird weitere Organe angreifen, sodass ich irgendwann sterben werde an Organversagen.
Alice sagte nichts mehr. Wie immer nahm sie einfach so hin was ich sagte und dachte sich ihren Teil. In den nächsten Tagen müsste ich aufpassen was ich tat, ich stand unter ihrer Bewachung und sie würde mir jede Einzelheit die für sie an meinem verhalten nicht in Ordnung war irgendwann aufzählen und mir klar machen, dass man sich um mich sorgen machen muss.
Dafür liebte ich sie, ihre Art alles immer schlimmer zu sehen als es war, ihr Temperament, ihre Verrücktheit und ihr großes Herz.
Es klingelt und die Pause war zu Ende. Wir erhoben uns und gingen direkt in die Höhle des Löwen – den Mathe-Raum!
Nach dem wir die Mathe, Englisch, Bio und Sport hinter uns hatten schellte endlich die schrille Schulglocke und alle Schuler stürmten aus dem Unterricht um das Wochenende zu beginnen. Unsere Stufe traf sich jedes Wochenende. In einer Gruppe von 10-15 Leuten fuhren wir dann immer zum Kanal und gaben uns dort die Kante. Ich weiß, sehr abwechslungsreich und produktiv ein Wochenende in unserer Clique, die zum Größtteil aus meiner Klasse bestand.
Alice und ich fuhren mit dem Bus nach Hause und verabredeten uns schon einmal für den nächsten Tag, an dem wir uns mal wieder alleine Treffen und einen Sleepover starten würden.
Das hieß bei uns so viel wie, jede menge Süßigkeiten am besten noch einen Pudding oder eine Schokocreme dazu und Stunden lang labern, zwischen durch einen Film gucken und uns gegenseitig Schminken (ich weiß es ist kindisch, aber wir lieben es einfach so zu sein wie wir sind, auch wenn wir hinterher wie Monster oder Emos aussahen!) und nicht zu vergessen Fotos und rock Musik hören. Alice und ich rocken jedesmal bei ihr im Zimmer zu unser Lieblings Band Paramore ab wie geisteskranke!
Mit niemanden konnte ich so sein wie mit ihr und mit niemanden würde ich je wieder so sein können wie mit ihr..
Ich öffnete die Haustür und sofort kam mir unser bellender schwarzer Hund entgegen und forderte eine ordentlich Begrüßung von mir. Ich streichelte ihn schnell und lief die zwei Stufen hoch, in den Flur unseres Hauses. Das untere Geschoss, enthielt in vier Räume plus Flur. Wie immer rief ich zur Begrüßung ein „hallo“ und fragte meine Stiefmutter ob wie es ihr geht. Aus ihrem Büro links von mir murmelte sie ein beschäftigtes „Hi“. Sie war mal wieder in ihrer Arbeit als Lehrerin versunken und korrigierte irgendwelche Hefte.
Meine Mutter ist gestorben an Krebs, als ich gerade fünf Jahre alt war. Seid dem war Judith
bei uns. Schon als meine Mutter Krank war, hatte mein Vater eine neue Freundin.
Es hört sich echt hart an, ich meine seine Frau mit der er zwei Kinder in die Welt gesetzt hat, hat kein langes Leben mehr und er hat eine Freundin die kurz vor dem Tod meiner Mutter im neunten Monat schwanger ist mit meinem Stiefbruder Jan.
Viele Jahre habe ich das verhalten von meinem Vater nicht verstanden und fand ihn egoistisch. Ich hatte keine Ahnung wie die Dinge früher waren. Niemals hätte ich erwartet, dass meine Mutter meinen Vater betrogen hatte und immer auf Partys war um ihr Leben zu leben. Sie hat ihre pflichten als Mutter vernachlässigt und sich nicht um uns gekümmert.
Ich urteile nicht über meine Mutter, da sie ihre Wünsche über uns gestellt hat und uns in ihrer Angst zu sterben vergessen hat. Egal wie abfällig Judith über sie spricht, wenn überhaupt mal von meiner richtigen Mutter die Rede, denn eigentlich ist das ein Tabu-Thema bei uns zu Hause.
Ich ging in die Küche wo bereits, mein Essen auf dem Tisch.
Nach dem Essen ging ich nach oben um meine Hausaufgaben zu erledigen bis es klingelte und mein Stiefbruder kam. Man hörte unten ein Schreibtischstuhle hektisch rollen und schon stand Judith an der Tür und begrüßte Jan und bombardierte ihn mit tausend Fragen, wie es ihm ginge, wie die Schule war, ob sie was neues in Mathe, Englisch oder Deutsch gemacht haben. Jan ging in die 5 Klasse eines Gymnasiums, er kam mit der Hilfe seiner Mutter eigentlich ganz gut zurecht. Das ist allerdings auch kein Wunder, Judith bewacht ihn quasi bei den Hausaufgaben damit er keine Fehler macht und nahe zu perfekt ist. Er ist ihr großer Stolz und nie würde sich das ändern. Früher als Jan noch klein war habe ich immer versucht von ihr anerkannt zu werden. Ich wollte, dass sie auf mich Stolz ist so wie sie es auf ihn immer ist.
Heute habe ich aufgegeben ihr gerecht zu werden und immer als richtig zu machen und zu allem was sie tut, ja und amen zu sagen.
Niemals würde ich dieses Gefühl verspüren gut genug für jemanden zu sein. Doch auch das hatte ich mittlerweile akzeptiert.
Ich hörte die beiden in die Küche gehen, dort aß Jan und die Befragung und Umsorgung seiner geliebten Mama ging weiter.
Wäre Papa jetzt ihr und nicht bei der arbeit, kreiste es in meinem Kopf, würde er wieder sagen das Judith nur Augen und Ohren für ihren leibeigen Sohn hat. Sein Blutdruck würde wieder steigen und er würde sich in die Sache hineinsteigern und mir sagen, dass er diese Ungerechtigkeit unmöglich findet auch, wenn ich sie schon nicht mehr wahrnehme.
Es gibt eigentlich viele Dinge die bei Jan anders gehandhabt werden als bei mir, er hat nie den ausmaß an Strafen wie ich, er bekommt mehr Kleidung, mehr Sachen zwischendurch, mit ihm wurde schon immer mehr gelernt, er darf sich mehr erlauben als ich, und und und…
Niemals würde ich mich deswegen ungerecht behandelt fühlen oder etwas dazu sagen, sie ist nicht meine Mutter und ich kann einfach nur dankbar sein, dass sie mich aufgenommen hat.
Drei Monate später..
Ich kam von der Schule nach Hause, kaum hatte ich den Schlüssel in der Tür schon stand Judith vor mir und zog mich ins Haus.
Sie sagte nichts sondern zog mich in die Küche, dort wartete mein Vater, in einem dunkel blauen Anzug und bleichem Gesicht. Die Blicke die er mir zu warf konnte ich nicht deuten, es war eine Mischung aus Verzweiflung, Trauer und ich glaube auch Angst in seinen Augen zu sehen.
„ Setz dich hin Kim!“ Sagte Judith mit einem harten Ton der einen Widerspruch duldete.
„ Rate mal wo wir heute Morgen waren?“
„ Ähh… vielleicht beim Sport?“ fragte ich und stellte mich dümmer denn je. Judith sagte nichts dazu sondern sah mich nur ernst an. Ich bekam Panik die man wahrscheinlich auch deutlich spüren konnte. Was ist wenn sie Bescheid wissen?
Sie waren bestimmt beim Arzt… Papa wird nicht aufgeben!? Schoss es mir in den Kopf.
Ich werde bestimmt sinnlos aufgeschlitzt und es wird gehofft das man noch was ändern kann!
NEIN NEIN NEIN!!! Niemand wird mich dazu bringen!!
„ Du bist krank.“
Mein Vater sah mich nicht an sondern sagte diesen Satz einfach in die leere mit gesenktem Kopf.
Es tat weh. Innerlich zerbrach ich an den Worten. Ich war nicht krank. Ich war da. Lebend so wie immer! Nicht krank!
„Nein!!“ ich schrie ihn an!!
„ Kein Angst Schatz wir bekommen das hin, wir geben nicht auf du wirst wieder gesund das Verspreche ich dir!! Wir sind für dich da.“ Als mein Vater diesen Satz sagte, hatte sich meine Vermutung bestätigt. Ich werde aufgeschlitzt bis ich nicht mehr kann.
„ Nein…“ es war nur ein flüstern denn meine Augen waren Tränen überströmt.
Judith sagte gar nichts mehr, sie saß nur stumm da wie versteinert nicht fähig zu sprechen oder sich zu bewegen. Auf einmal sprang sie auf und verließ die Küche und ließ mich mit Papa alleine.
Er kam zu mir und nahm mich in den Arm. Er versuchte mich zu Trösten.
„ Ich bin bei dir und pass auf dich auf meine Kleine.“
Das hatte nichts mit aufpassen zu tun. Er kann nichts daran ändern dachte ich, schwieg aber.
Er verstand nicht wieso ich weinte. Er verstand nicht das meine Angst nicht der Tod war sondern, dass was er vorhatte wieder hin zu bekommen. Ich konnte ihn nicht länger umarmen und riss mich los, sah ihn an und sagte: „ Du verstehst mich nicht! Ich will das alles nicht!
Es ist zu spät für einen versuch etwas zu ändern Papa und das wird dir Beermann auch gesagt haben. Ich habe keine Angst du sterben.“ Ich sah in seinen Augen, dass er meine Worte nicht verstand. „ Ja das hat er gesagt.“ Gab er zu und fing an zu weinen, „ du bist zu jung zum Sterben und ich werde nicht ohne es wenigstens versucht zu haben aufgeben.
Ich sah in in die hellen klaren blauen Augen die von Lachfalten umgeben waren.
Stumm umarmte ich ihn und versuchte ihn zu trösten, obwohl ich in diesem Moment die Jenige hätte sein müssen, deren Fassade bricht und auf deren Wangen ein Meer von Tränen hätte runterlaufen müssen. Doch ich blieb stark. Bis mir hinter seinem Rücken auf die Lippen und versuchte keinen Trauer zu zulassen.
Es war Mittwochmorgen die Schule wusste Bescheid und meine Klassenlehrerin, meine Eltern (ehr gesagt mein Vater) hatte mich dazu gebracht meinen Freunden und meinem Freund die Wahrheit zu sagen.
Die Wahrheit hieß aber leider: Hey Freunde, ich habe euch leider seit mehr als 3 Monaten was vorgemacht, denn mir geht es nicht so gut und ich bin unheilbar an Leukämie erkrankt.
Das war die Wahrheit. Punkt. Aus. Ende.
Leider wird es nicht so leicht zu sagen so wie ich es mir in meinen Gedanken vorstelle, enn das wäre ja einfach und stumpf und so etwas gibt es in der heutigen Welt nicht.
Ich war nun schon 16, trat aus meinem alten keinem Auto und ich ging zum Schuleingang.
Heute wird es anders sein, heute werden meine Lehrer nach den Stunden mit mir sprechen wollen und mich fragen wie es mir geht, sie werden mir aus Höflichkeit sagen das ich mit ihnen sprechen kann und heute werde ich es Alice und Nick sagen was Sache ist.
Nick ist seit 8 Monaten mit mir zusammen. Er ist 1,75 groß, hat braune kurze Haar, braune warme Augen und einen guten gebauten Körper. Nick ist der einzige Junge dem ich mich öffnen konnte und bei dem ich immer das Gefühl hatte das er mich so liebt wie ich bin.
Tag der Veröffentlichung: 18.02.2012
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