Dann kam der Tag, an dem ich den Jungen kennen lernte, der mein erster Freund werden sollte. Er kam nach den Osterferien neu in unsere Klasse.
In der Schule war ich eigentlich immer recht unauffällig und nur meine richtigen Freundinnen kannten mich besser. Meine Schulnoten waren durchschnittlich, auch sah ich nicht unbedingt super aus. Er war still und trotzdem sah er cool aus. Ich lächelte unwillkürlich und mein Herz machte einen kleinen Sprung. Meine Freundin stupste mich von der Seite an. „Bist du etwa in den Neuen verliebt?“, fragte sie. „Nein!!!“, sagte ich demonstrativ. „Aber er sieht doch nett aus, oder?“ Sie verdrehte die Augen. „Guten Morgen“, sagte unsere Lehrerin Fr. Pauls. „Wie die meisten Wahrscheinlich schon bemerkt haben, haben wir einen neuen Schüler in unserer Klasse.“ Und an den Neuen gewandt: „Würdest du dich kurz vorstellen?“ Er hatte die Hände in den Hosentaschen und sah etwas hilflos aus. „Also, ich bin Michael Reichhartz und ich bin mit meiner Familie von Berlin nach Hamburg gezogen und gehe deshalb jetzt hier zur Schule.“ Er nickte und sah dann fragend Fr. Pauls an. „Okay, dann kannst du dich setzen. Dort neben John ist noch ein Platz frei.“ John hob die Hand und wank Michael zu. Dieser nahm seine Tasche und ging zu seinem neuen Platz. Er befand sich am anderen Ende der Klasse und auch wenn ich ihn beobachten konnte, kam ich nicht mit ihm ins Gespräch und weil ich sowie so nicht so wortgewandt war, würde es eine Weile dauern. „Deine Bücher kannst du dir in der vierten Stunde im Lehrerzimmer abholen, vielleicht kann John ja mitkommen und dir zeigen, wo du hin musst.“, fügte Fr. Pauls noch hinzu. John nickt. „Klar, mach ich!“ Wie gewohnt machte Fr. Pauls mit dem Deutschunterricht weiter. Inhaltsangaben von Gedichten waren so überhaupt nicht mein Ding, weshalb ich es auch ziemlich langweilig fand. Auch wenn es nicht vorgegeben war, machten Paula und ich immer in Partnerarbeit, weil wir dann etwas Besseres zustande brachten, als wenn wir alleine arbeiteten. Doch jetzt waren wir nicht wirklich bei der Sache, denn Paula fing an mit mir über Michael zu diskutieren. Sie war wirklich der Ansicht, dass ich in ihn verliebt war und selbst wenn eigentlich nicht stimmte, denn immerhin kannte ich ihn erst seit einer halben Stunde, hatte sie mich nach fast fünf Minuten davon überzeugt. Ich schaute immer wieder zu ihm rüber. John erklärte ihm einiges über das Thema oder über die Klasse, wir wussten es nicht. „So die Stunde ist fast vorbei. Trotzdem: Wer möchte den Mal seine Inhaltsangabe vorlesen. Chiara?“ Chiara war eine der Klassenbesten doch das lag nicht an ihren schriftlichen Noten, sondern an ihrer Mündlichen Mitarbeit, die jedoch größten Teils aus ziemlichem Schwachsinn bestand. Außerdem schleimte sie sich bei jedem Lehrer ein und ging deshalb allen sehr auf die Nerven. Ich sah durch die Klasse. Melanie und Katharina saßen zwar in der ersten Reihe, doch sie tuschelten ununterbrochen. Stefan kippelte mit dem Stuhl und konnte sich nur im letzten Moment vor einem Sturz retten. Dann sah ich Michael an und er sah auch mich an. Von diesem Blickkontakt etwas erschrocken, sah ich auf mein Blatt und versuchte nicht rot zu werden. „Michael hat dich gerade beobachtet!“, sagte Paula und stupste mich nochmals an. „Ich weiß“, antwortete ich. „Unsere Blicke haben sich getroffen.“ Sie lachte los und sofort reagierte Fr. Pauls: „Ruhe dahinten in der letzten Reihe!“ Und wie auf’s Stichwort klingelte es, alle standen auf, griffen nach ihren Taschen und stürmten in die Pause. „Willst du in die Cafeteria gehen oder zum Vertretungsplan?“, fragte Paula mich, als wir vor der Klasse standen. „Warum denn zum Vertretungsplan?“ „Na, der ist doch ganz in der Nähe vom Lehrerzimmer.“ Sie zwinkerte mir zu. „Wir können ja erst zum Vertretungsplan gehen und dann in die Cafeteria.“ Ich grinste und wir machten uns auf den Weg. Als wir am Vertretungsplan ankamen, waren die Jungs noch nicht da, deshalb schauten wir uns den Plan fast drei Minuten lang an, als sie auch aufkreuzten. „Und da ist der Vertretungsplan bzw. das schwarze Brett.“, hörten wir John sagen. Wir drehten uns um. „Hey, John! Wir haben morgen die erste Stunde Entfall.“, sagte ich. „Cool!“ Und dann an Michael gewandt sagte er: „Das sind Paula und Marie.“ Ich lächelte ihm zu. „Ihr sitzt doch gegenüber von uns, oder?“, fragte er. „Ja.“, sagte Paula. „Habt ihr schon die Bücher abgeholt?“, fragte ich wieder, um ein Gespräch aufzubauen. „Nein, wir wollten gerade dort hin.“ „Okay, dann wollen wir euch nicht weiter aufhalten.“ Und zu Paula sagte ich. „Sollen wir in die Cafeteria?“ Sie nickte und sagte dann noch zu den Jungs: „Bis gleich.“ Ich grinste, als wir gingen. „Was ist denn jetzt schon wieder los?“, fragte sie. „Er ist doch nett, oder?“ Ihr Lachen hallte durch den Flur. „Du bist wirklich in ihn verknallt!“ „Na und? Ist das schlimm?“ Kopfschüttelnd lief sie voraus und quetschte sich an einer Gruppe von Abiturienten vorbei. Ich hetzte ihr hinterher. Es war sehr voll in der Cafeteria, außerdem stellte ich fest, dass ich mein Portemonnaie vergessen hatte. „Paula?! Wie viel Geld hast du dabei?“ Ich hoffte, dass sie mir etwas leihen konnte. „Nichts, hab mein Portemonnaie Zuhause gelassen. Warum?“ „Ähm… Ich hab meins vergessen.“ Sie seufzte. „Ist das dein Ernst?“ „Leider ja. Sollen wir dann auf den Schulhof zurückgehen?“ Ich nickte und drehte mich um. Am anderen Ende des Raumes sah ich John und Michael. Sofort drehte ich mich wieder um. „Ich suche nochmal in meinen Jacken Tasche nach ein bisschen Geld.“ Paula schaute an mir vorbei und lachte wieder los. „Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder. Okay, ich gucke auch nochmal!“ Deshalb mochte ich Paula so gerne, sie war immer für mich da und verstand mich immer. Die Jungs kamen auf uns zu und damit es nicht auffällt, machte Paula einen Scherz: „Folgt ihr uns etwa, John?“ Michael lachte und John sah erst mal etwas verdattert aus. Ich drehte mich zu Paula und zwinkerte ihr zu. Wir hatten schon lange den Verdacht, dass John etwas in Paula verliebt war. Lange war ich eifersüchtig gewesen, weil ich in John verliebt war, doch das war nun vorbei. Meiner Meinung nach sah John in Gegenwart von Michael sowieso lange nicht mehr attraktiv aus. „Ich gehe mir mal etwas kaufen.“, sagte Michael. Paula tippte mir auf die Schulter und gab mit ein 2 € Stück. Dann nickte sie zu Michael rüber und zwinkerte mir zu. Ich ging zur Theke und stellte mich hinter ihn in die Schlange. „Und wie findest du die Schule bis jetzt?“, fragte ich ihn ganz beiläufig. „Ganz gut, aber ich muss mich natürlich erst mal eingewöhnen.“ „Klar, ist ja immer so.“ „Und? Was holst du dir?“ Ich musste überlegen und es war etwas rot. „Vielleicht ein belegtes Brötchen mit Salami und Salat.“ Er nickte und wandte sich der Verkäuferin zu. „Was kann ich für sie tun?“ „Zwei belegte Brötchen mit Salami und eine Flasche Wasser.“ Er bezahlte, drehte sich um und gab mir die eine Tüte mit dem Brötchen. Ich sah ihn etwas irritiert an. „Für dich.“ Er lächelte mich an. „Danke.“ Es war ein komischer Moment, ich fand es süß und zugleich erschrocken. Was dachte er von mir? Mochte er mich? Wir gingen zu den anderen zurück und ich steckte Paula ihr 2€ Stück wieder zu. Sie sah mich irritiert an. „Er hat mir ein Brötchen gekauft.“, flüsterte ich ihr zu und wieder amüsierte sie sich darüber. „Der scheint dich echt zu mögen.“, flüsterte sie zurück. Es klingelte und wir machten uns schnell auf dem Weg zurück zur Klasse um nicht von einem Schülersturm erdrückt zu werden. In der folgenden Stunde hatten wir Biologie bei Hr. Rösselmann. Im Moment behandelten wir Bakterien und eigentlich war ich in Biologie gar nicht mal so schlecht. Doch in dieser Stunde war ich extrem abgelenkt. Immer wieder schaute ich zu Michael und John hinüber. Und manchmal sah John mich dann an und manchmal sogar Michael. Bei John sah ich fragend hinüber und bei Michael wurde ich leicht rot und schaute schnell wieder zur Tafel oder auf mein Blatt. Immer wieder bekam ich Schmetterlinge im Bauch. Einmal sahen Michael und ich uns direkt in die Augen, er lächelte mich an und ich lächelte zurück. Als John es bemerkte, stieß er Michael mit dem Ellenbogen in die Rippen, dieser sah ich erschrocken an und sowohl John als auch Paula lachten, während Michael und ich rot wurden. Noch nie zuvor hatte ich für jemanden so etwas empfunden. „Wenn ihr dahinten auch mal aufgehört habt zu lachen, könnt ihr mit der Aufgabe anfangen.“, unterbrach Hr. Rösselmann uns. Wir sahen uns an und schlugen unsere Hefte auf. Noch immer glühte mein Gesicht. Es sah zwar so aus, als ob Michael mich auch mochte, doch wie sollte ich herausfinden, ob es nicht nur falsche Hoffnungen waren, die mich „blind“ machten. Ich beschloss Paula vorzuschicken. „Kannst du Michael mal fragen, ob er mich mag?“ „Das wäre doch echt zu auffällig, ich kann doch auch John fragen…“, sagte sie mit einem Blick zu den Jungen. Ich spürte den Blick von Hr. Rösselmann, deshalb nickte ich nur. Als Paula in der 2. Pause zu den beiden ging wurde ich nervös und versuchte unbeteiligt zu wirken. Ich ging auf die Toilette nach einer Minute kam Paula zu mir. „Und?“, fragte ich erwartungsvoll. Mir war flau im Magen, weil ich nicht wusste, ob ich mit einer guten oder einer schlechten Nachricht rechnen sollte. „Als ich John gebeten habe, ob ich mit ihm reden kann, hat er natürlich gedacht, dass es um ihn ginge.“ Wir grinsten. Das war genau Johns Art. „Ich hab ihn dann gefragt, ob es sein kann, dass Michael dich mag. Er hat gelacht und gesagt, dass er mich fragen sollte, ob du etwas über Michael gesagt hättest. Es sieht so aus, als ob er dich wirklich auch mag.“ Sie grinste verschmitzt und ich war nur sprachlos. „Aber was soll ich jetzt machen? Ich kann doch nicht einfach zu ihm gehen und fragen ob er mit mir zusammen sein will. Normalerweise macht so was doch ein Junge.“ Sie überlegte. „Dann müssen wir ihn irgendwie dazu überreden. Soll ich nochmal John fragen?“ Ich nickte gespielt unsicher. „Jetzt?“, fragte sie. „Ja klar!“ Sie verließ die Toilette und machte sie nochmal auf den Weg zu den Jungen. Ich fing an, an meinen Fingernägeln zu kauen. Würde sie es schaffen John zu überreden, Michael zu überreden? Es klingelte. Ich wurde panisch. Eigentlich müsste ich noch meine Sachen aus meiner Tasche holen und zu Klasse zurück laufen und ich hatte nur fünf Minuten Zeit. Doch während ich noch überlegte, wie lange ich es wagen könnte auf Paula zu warten, kam sie schon wieder herein. „Also ich hab John gef….“, begann sie. „Erzähl es mir im Unterricht! Die Pause ist fast vorbei.“ Sie war einverstanden. Wir kehrten also zurück. Es klingelte ein zweites Mal, als wir gerade den Schulhof überquerten. Wir sahen uns an und rannten los. Zum Glück kam Frau Adler immer etwas zu spät. Als wir die Klasse erreichten, waren wir ganz außer Atem.
Während des Unterrichtes zwinkerte mir John zu und lehnte sich dann zu Michael herüber. Ich wurde nervös und wieder glühte mein Gesicht. Also begann ich in meinem Heft herum zu malen. Ich hatte schon oft, bei älteren Freundinnen, mitbekommen, dass sich bei ihnen immer alle Freunde in die Beziehung eingemischt haben und ganz besonders, wenn der Freund in der gleichen oder zumindest Parallel-Klasse war. Deshalb war ich verunsichert. Man könnte ja versuchen es geheim zu halten aber dann käme gar keine „richtige“ Beziehung zu Stande. Dann wurde mir bewusst, dass ich im Moment sowieso nur spekulieren konnte, weil es ja auch völlig daneben gehen könnte… und ich kannte ihn noch nicht mal einen Tag. Wegen dieser ganzen Zweifel wurde mir schlecht.
Es wurden Referate gehalten bzw. erst einmal vorbereitet. Ich hatte also leider genug Zeit, dieses Thema in meinem Kopf immer und immer wieder durch zu gehen. Um meine Gefühle zu prüfen, sah ich zu John hinüber und dann sah ich Michael an. Sofort lächelte ich und als er mich dann auch ansah, fing ich sogar an leise zu lachen. Urplötzlich wurde mir jedoch klar, dass ich nicht mit ihm so sein konnte. Ich kannte ihn nicht und ich hatte keine Erfahrung mit Beziehungen. Hektisch beugte ich mich zu Paula herüber. „Ich will nicht mit ihm zusammen sein! Und ich kann es auch nicht!“ „Hä? Was ist denn jetzt los?“ Sie hatte gerade die Überschrift unseres Plakates fertig geschrieben. „Ich hab Angst und ich will es nicht!“ „Dann musst du es John bzw. Michael sagen. Sonst fragt Michael dich nachher und dann kannst du bestimmt nicht ‚nein‘ sagen, oder?“ Ich nickte stumm. Die Stunde dauerte noch 17 Minuten, danach hatten wir nur eine 5 Minuten Pause. Ich musste mich also beeilen. In den letzten Minuten dachte ich darüber nach, wie ich am besten vorgehen konnte. Es klingelte, doch Fr. Adler überzog gerne. Nervös sah ich zu John hinüber. Er hatte sich schon öfters in dieser Stunde mit Michael unterhalten. Zum Glück musste sie schnell zu einer anderen Klasse, weshalb wir es nur 1 ½ Minuten länger aushalten mussten. Sofort ging ich zu John hinüber. „Kannst du kurz mitkommen?“ Er sah verwirrt zu Michael. „Okay.“ „Ähm… Hast du schon mit Michael ‚geredet‘?“ „Ja, warum? Er wollte nach der Schule mit dir reden.“ Ich sah ihn etwas panisch an. „Ich kann es nicht. Ich kann nicht mit ihm zusammen sein!“ Er sah aus, als hätte er ein Ufo gesehen. „Warum? Paula meinte, dass du über beide Ohren in Michael verliebt seist, dass es Liebe auf den ersten Blick war.“ „Das ist es ja gerade! Ich kenne ihn kaum, dass kann nichts werden!“ John blickte sich zu Michael um. Dieser sah ihn fragend an. „Dann musst du es Michael sagen. Spätestens wenn er dich nach der Schule anspricht.“ Ich nickte. Und er ging wieder zu Michael zurück und warf mir im Weggehen noch einen halb aufmunternden, halb verständnislosen Blick zu. Ich ging zu meiner Tasche um meine Sachen für die nächste Stunde herauszuholen. Paula kam auf mich zu. „Was hat John gesagt?“ „Er hat Michael schon gefragt und der will nach der Schule zu mir kommen und mit mir reden. Also habe ich noch 3 Stunden vor mir, bis ich ihn vor den Kopf stoßen muss.“, erklärte ich ihr. „Wahrscheinlich wird er ziemlich verwirrt sein… Aber so sind wir Frauen nun mal.“, sagte sie grinsend und doch mitfühlend. Dann sah sie mich ernst an, denn ich fing schon wieder an, an meinen sonst doch so gepflegten Fingernägeln zu kauen. „Hör auf mit dem Blödsinn! Deine Nägel sind viel zu schön und lang zum dran kauen!“, fuhr sie mich an. „Ist ja gut!“, erwiderte ich erschrocken. Wir hatten jetzt Religion mit Fr. Pauls. Zweimal an einem Tag den gleichen Lehrer zu haben kann manchmal sehr anstrengend sein. Zum Glück hatten die Idioten aus der Klasse Reli abgewählt. Michael jedoch blieb. „Setzt euch. Wir haben uns doch heute schon gesehen.“ Sie war schon etwas taub, weshalb sie oft ein bisschen zu laut sprach. „Michael, kommst du mal bitte.“ Verwirrt sah ich zu ihm hinüber. Dann sagte Paula zu mir: „Beruhig dich! Er ist neu in der Klasse, sie muss bestimmt nur noch etwas mit ihm besprechen.“ Es war peinlich, dass ich so aufmerksam war. „Ihr schaut euch bitte mal LEISE das Bild auf Seite 178 in eurem Buch an.“, sagte Fr. Pauls an uns gewandt. Doch Paula und ich versuchten Fr. Pauls zu lauschen und das Aufschlagen der Bücher zu überhören. „Ich habe dich heute in der Pause mit John, Paula und Julia gesehen.“ Michael wurde leicht rot und ich musste unwillkürlich grinsen. „Wir werden demnächst Gruppenarbeit bzw. Projektarbeit machen. Wäre es dir da Recht mit den beiden Mädchen und John zu arbeiten?“ Michael sah zu mir herüber und ich senkte etwas ertappt den Kopf. „Ja klar.“ „Okay, dann wäre das auch erstmal alles.“ Michael ging zurück zu seinem Platz und sprach mit John. „Was soll ich machen, wenn er sich scheiße fühlt, wenn ich es ihm nach der Schule sage? Dann kann ich ja wohl schlecht mit ihm Projektarbeit machen!“, ich wandte mich Paula zu und schonwieder verhagelte es mir meine Stimmung. „Ach das wird schon.“, sagte Paula. Auf dem Bild war ein Bild von einem Künstler zu sehen. Es war …. dargestellt. Fr. Pauls gab uns die Aufgabe, eine ausführliche Beschreibung zu dem Bild zu schreiben und anschließend eine Deutung abzugeben. „Achso und ich soll euch von Hr. Wille ausrichten, dass er heute zu einer Konferenz muss. Deshalb entfällt eure 6. Stunde.“, sagte Fr. Pauls um 5 Minuten vor Ende der Stunde. „Normalerweise würde ich mich darüber freuen, aber dann muss ich ja schon in einer Stunde mit Michael reden!“ „Stimmt. Soll ich nach dem Unterricht noch auf dich warten?“, fragte Paula. „Ja, bitte. Sonst bin ich verloren. Können wir in der Pause in die Mensa flüchten?“ Ich wollte nicht in ein noch verfrühteres Gespräch mit Michael kommen. „Natürlich. Ich brauche sowieso was zu trinken. Dank Michael hab ich ja noch 2 €.“ Sie grinste mich an. Prompt klingelte es und wir versuchten so schnell wie möglich und doch unauffällig in die Mensa zu gelangen. Dort setzten wir uns an einen Tisch und schwiegen erstmal. „Habt ihr einen neuen Schüler?“, fragte meine kleine Cousine, die plötzlich hinter mir auftauchte. Sie war in der 5. Klasse und auch wenn sie 4 Jahre jünger war, als ich mochte ich sie gerne. „Ja, warum?“ „Der kleine Bruder von dem ist bei uns in der Klasse.“ Ich sah Paula an und dann wieder Celine. „Wie heißt denn der kleine Bruder?“ „Louis.“, sagte sie mit einem Grinsen. „Und mit Nachnamen?“ „Louis Reichhartz.“ Sie schaute mich mit strahlenden Augen an. „Der ist total nett. Ich sitze neben ihm.“, sprach sie weiter. Ich lachte. „Ja, der große Bruder von Louis ist auch nett. Oder, Paula?“ Auch sie lachte. „Auf jeden Fall.“ „Ich gehe dann mal wieder. Tschüss Paula, Tschüss Marie.“, verabschiedete sie sich und ging zurück zu ihren Freundinnen. „Ich wünschte, ich hätte auch so eine süße kleine Cousine.“, sagte Paula und sah zu Celine zurück. Schon war die Pause vorbei und wir kehrten in die Klasse zurück. „Ist Hr. Könen wieder da oder haben wir Fr. Berg in Mathe?“, fragte ich Paula. „Er ist wieder da sagte sie und wie auf’s Stichwort kam er durch die Tür stolziert. Er kam immer zu früh. „Wo man vom Teufel spricht.“, flüsterte Paula. Wir setzten uns, denn wenn wir pünktlich mit dem Unterricht anfingen, gab es auch keinen Stress mit Hr. Könen. „Guten Morgen, Hr. Könen.“, ertönte der übliche Schüler-Singsang. Dann setzten wir uns. „Also was habt ihr denn letzte Stunde mit Fr. Berg gemacht?“ Sofort meldete sich Chiara und ein Raunen ging durch die Klasse, doch sie schien es nicht zu bemerken. Die ganze Zeit behielt ich die Uhr im Auge und konnte es einerseits nicht erwarten, dass die Stunde vorbei ging und doch hatte ich natürlich auch Angst davor, wegen dem, was auf mich zukam. Dadurch ging die Stunde jedoch gefühlt wesentlich langsamer zu Ende als gedacht. Als die letzten paar Minuten angebrochen waren, fing mein Gehirn an zu rattern, mein Herz schlug schneller und ich wurde panisch. „Alles okay?“, fragte Paula. „Ich schaff das schon irgendwie, oder?“ Sie nickte mir zu. Ich hatte versucht Michael die ganze Stunde nicht anzuschauen. Es klingelte und ich zuckte zusammen. Wann und wo würde er mich ansprechen, wann sollte ich ihm dazwischen reden? Ich war völlig durcheinander. Zusammen mit Paula ging ich nach draußen, verabschiedete mich noch von ein paar anderen, die nicht wirklich meine Freunde waren aber trotzdem in meinem Bekanntenkreis. Als wir den Weg zu den Fahrradständern einschlugen hörten wir Schritte hinter uns und ich sah Paula mit einem ängstlichen Gesicht an. Sie zwinkerte mir zu und im selben Moment tippte mir Michael auf die Schulter. Er grinste mich an und deutete mit einer Hand auf eine Bank die am Rand des Hofes stand. Ich holte tief Luft und lächelte dann flüchtig zurück, sah nochmal zu Paula und folgte ihm dann. Ich hoffte, dass es, dadurch, dass es auf dem Schulhof doch recht voll war, etwas untergehen würde, dass ich mit dem neuen alleine auf einer Bank saß. „Ich habe gehört, dass John und Paula in der Pause miteinander gesprochen haben und John meinte, dass Paula gefragt hat, ob ich dich mag…“ Verlegen schaute ich zu Boden. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Im Moment war dieses Gespräch noch sehr nichtssagend. Er sprach weiter: „Also… Ich mag dich“ Ich beschloss ihn jetzt zu unterbrechen, bevor es keine weitere Möglichkeit gibt. „Ich weiß zwar noch nicht genau worauf dieses Gespräch hinauslaufen wird, aber“ Er sah mich etwas betrübt an und ich wäre fast soweit gewesen mein Vorhaben abzubrechen, doch ich sprach weiter. „ich kenne dich kaum sechs Stunden.“ Vorerst beendete ich den Satz um seine Reaktion abzuwarten. Er nickte und wirkte dabei leicht geistesabwesend. „Ich weiß, was du meinst. So geht es mir auch. Ich wollte es verdrängen, aber… Sollen wir vielleicht morgen ins Kino gehen?“ Plötzlich hatte ich das Gefühl, als würden 100 Kilo Last von mir abfallen. Ich nickte umarmte ihn dann ganz plötzlich. Wir sahen uns kurz unsicher an, doch dann lächelten wir wieder und standen auf um uns auf den Weg zu John und Paula zu gehen, die hinter einer Ecke gewartet hatten. „Ich wette, dass sie gelauscht haben.“, sagte er lachend. Es war ein ansteckendes Lachen und doch nicht aufdringlich. Als sie uns entdeckten, taten sie ganz unschuldig und unbeteiligt. „Und? Haben wir nun ein neues Klassen Traumpaar?“, fragte John frech. Paula und ich, sowie Michael straften ihn mit einem bösen Blick. „Ist ja gut.“, sagte er. Wir verabschiedeten uns und gingen dann. „Tschüss.“ „Bis morgen“ . „Worüber habt ihr gesprochen? Es war ja doch ein sehr kurzes Gespräch.“, fragte Paula. Ich sah sie an. „Jetzt tu nicht so scheinheilig ihr habt doch alle beide gelauscht.“ Sie lachte. „Ja okay.“
„Kommst du noch mit zu mir?“ „Warum?“ „Ich brauche doch jemanden der mit mir mein Outfit für morgen Nachmittag aussucht.“ Sie grinste. „Nagut, überredet.“ Bei mir Zuhause angekommen schmissen wir unsere Sachen in eine Ecke meines Zimmers und ginge zum Kleiderschrank. Paula nahm genau das heraus, was ich nie angezogen hätte und kombinierte es dann auch noch. Als ich es angezogen hatte, fand ich es gar nicht mal so schlecht. Ein dunkel laues schlichtes Kleid mit einem silbernen Gürtel, der es unter der Brust raffte. Dazu eine bordeaux farbene Strickjacke und meine bordeauxen Stiefeletten mit 4,5 cm Absatz. Ich betrachtete mich im Spiegel. „Sieht wirklich super aus. Hätte ich nicht gedacht. Dieses Kleid hat mir meine Oma letztes Jahr gekauft.“ „Tja, ich komme morgen nochmal mit zu dir und dann machen wir dir mit meinem Lockenstab noch schöne Locken.“ Ich umarmte sie. „Du bist einfach die beste!“ „Danke.“, sagte sie. „Los kommt! Wir machen noch ein schönes Foto.“ Sie nahm die Kamera und fotographierte mich. „Leider muss ich jetzt aber auch nach Hause.“ Sie umarmte mich, nahm ihre Sachen und machte sich auf den Weg zum Bus. Ich zog das Kleid und den Rest aus und legte die Sachen für morgen bereit. In der Schule wollte ich etwas anderes anziehen. Ich griff in den Schrank und nahm meine hellgraue Strickjacke, ein blaues Top mit Schmetterlingen und eine rote Hose heraus. „Hallo? Bist du da, Marie?“, fragte meine Mutter, die gerad nach Hause gekommen war. „Was ist das denn für ein Kleid? Das sieht ja schön aus.“ „Hallo Mama. Ich gehe morgen mit Paula ins Kino und wollte da mal wieder das Kleid anziehen, dass Oma mir letztes Jahr gekauft hat.“, sagte ich, weil ich ihr nicht auf die Nase binden wollte, dass ich ein ‚Date‘ hatte, denn beim Thema Jungen war sie etwas kompliziert. Mit 15 Jahren ist man zu jung für so etwas, man kann zwar befreundet sein aber eine Beziehung geht doch gar nicht. Vielleicht hatte ich auch deshalb manchmal Angst davor, eine Beziehung einzugehen. „Warum bist du überhaupt so früh schon zuhause? Du hättest doch erst in 10 Minuten Schulschluss!“, fragte sie prüfend. „Wir hatten 6 Stunde Entfall, weil Hr. Wille zu einer Konferenz musste.“ „Achso. Ich mache jetzt Mittagessen, es dürfte in einer halben Stunde fertig sein. Hast du Hausaufgaben aufbekommen?“ Ich überlegte kurz. „Nein.“ „Wirklich? Das kann doch eigentlich nicht sein.“, erwiderte sie. „Doch, es ist der erst Schultag nach den Osterferien.“ Sie nickte. „Okay“. Ich ging in mein Zimmer, während sie das Essen vorbereitete. Mein Laptop stand auf meinem Schreibtisch. Ich nahm ihn, schaltete ihn an und setzte mich mit dem PC auf dem Schoß auf meine Couch. Auf Facebook wollte ich nach Michael suchen. Mist, meine Mutter hatte das W-LAN ausgeschaltet. Also ging ich leise ins Wohnzimmer und drückte auf den roten Knopf, bis das Zeichen für W-LAN aufleuchtet. Michael war mir wohl zuvor gekommen, denn ich hatte eine neue Kontakt anfrage und tatsächlich war sie von Michael. Natürlich nahm ich sie an. Die neue Nachricht war ebenfalls von ihm. „Wann sollen wir morgen ins Kino gehen?“ Ich überlegte. „Vielleicht in eine der 15:15 Uhr Vorstellungen… Aber in welchen Film überhaupt?“, schrieb ich zurück. Ein grüner Punkt erschien hinter seinem Namen im Chat. „Also 15:15 Uhr ist okay aber den Film verrat ich nicht :D“ Ich schmunzelte. „Nagut, wenn du es so willst. Sollen wir uns dann um 15 Uhr am Kinoeingang treffen?“ Michael schrieb…. „Okay, aber es wäre glaube ich besser, wenn erst einmal nur John und Paula davon wissen !?“ „Ist gut, ich hab sowieso keine anderen Freunde in der Klasse, denen ich es erzählen könnte.“ Er antwortete mit einem Smiley: „:O!!! Echt nicht?“ Ich lachte, es war angenehm mit jemandem, außer John und Paula zureden/schreiben, der mich schätzte und nicht jeden Tag beleidigte. „Ja, wirklich!“ Er schien zu überlegen, doch dann schrieb er zurück. „Eigentlich schlecht, aber in dieser Situation ist das gut. :)“ Er schien wirklich sehr sehr nett und nicht so machohaft zu sein, wie die meisten anderen jungen in unserem Alter, doch ich musste ihn erstmal wirklich kennenlernen. Meine Mutter pfiff aus der Küche. Es gab Essen, also musste ich off gehen, obwohl ich so gerne weitergeschrieben hätte. „Ich muss jetzt Mittagessen. Wir sehen uns spätestens morgen. ;) Tschüss“ Er antwortete sofort: „Guten Appetit und Bis morgen :D“ Ich schloss den Browser und klappte den Laptop zu, ließ ihn aber auf der Couch liegen, während ich in die Küche ging. „Kannst du schon mal den Tisch decken?“ Ich sah in den großen Topf hinein und weil ich Spaghetti entdeckte holte ich 2 Gabeln und 2 Löffel heraus. Auf die beiden Teller legte ich Blümchen-Servietten. Meine Mutter wollte es immer ordentlich haben. Und weil mein Vater nun mal nicht ihrer Ordnung entsprach, hatte sie sich von ihm getrennt. Er lebte jetzt in einer benachbarten Stadt von Hamburg. Wenn ich mit Michael zusammen kommen würde, würde er es als zweites erfahren, direkt nach Paula. Ich mochte meinen Vater sehr und er war immer für mich da.
Zu den Nudeln gab es selbst gemachte Bolognese, die wir jedoch eingefroren hatten, damit es schneller ging. Meine Mutter und ich sprachen nicht viel und wenn, dann fragte sie mich über die Schule aus, meistens erzählte ich dann aber nichts, weil ich keine Lust hatte. Nach dem Essen legte ich meinen Teller in die Spülmaschine und wollte wieder in mein Zimmer gehen. „Wo willst du hin? Wir müssen doch noch zu Oma und Opa fahren, um das Geschirr abzuholen, was sie sich geliehen hatten.“ Ich seufzte. „Ach ja. Ich zieh dann mal meine Schuhe an.“ Es nervte immer hatten wir etwas vor, was dann meine eigenen Pläne durchkreuzte. Als ich die Schuhe angezogen hatte, nahm ich mein Handy heraus und schrieb noch eine SMS an Paula. „Meine Mom schleppt mich zu meinen Großeltern… *würg* ICH WILL NICHT!“ Sie kannte meine SMS, das kam öfters vor.
Nach 3 Stunden endloser Langeweile, fuhren wir endlich nach Hause. Ich verzog mich dann endlich in mein Zimmer und begann im Internet zu surfen. Es erschien mir übereilt die ganze Zeit mit Michael zu schreiben, deshalb vermied ich es erstmal auf Facebook zu gehen.
Um 9 Uhr scheuchte meine Mutter mich ins Bett. Ich hasste das. Immerhin war ich 15 Jahre alt. Aber ich ließ es über mich ergehen. Relativ schnell schlief ich ein, obwohl ich noch über den vergangenen Tag nachdachte. *piep**piep**piep*. Um 6 Uhr morgens klingelte mein Wecker und ich sprang auf, denn ich hatte ihn versehentlich auf der Couch stehen lassen, weshalb ich erstmal durch das halbe Zimmer laufen musste. Mist, jetzt war ich wach. Ich nahm meine Klamotten und verschwand im Bad. Ich wurde immer aufgeregter, auch wenn ich noch die Schule vor mir hatte. Dann fiel es mir wieder ein, wir hatten ja heute keine erste Stunde, weil diese entfiel. Ich war so abgelenkt gewesen, dass ich es glatt vergessen hatte. Weil aber meine Mutter arbeiten musste, weckte ich sie. „Morgen, du musst aufstehen, es ist fast 7 Uhr.“ Sie drehte sich nochmal um und weil ich wusste, dass sie in ein paar Minuten von selbst auf stehen würde, ging ich wieder. Um halb acht war ich fertig. Ich hatte meine Schulsachen gepackt, mich angezogen und gefrühstückt. Also beschloss ich mich nochmal gemütlich auf meine Couch zu setzten und zu lesen. Um viertel vor acht ging meine Mutter zur Arbeit und ich war alleine da. Immer wieder betrachtete ich das Outfit für heute Nachmittag, das Kleid hatte ich noch nie angehabt.
Die zweite Stunde begann um viertel vor neun, deshalb verließ ich die Wohnung um halb. Paula wartete am Schultor auf mich. Wir quatschten und gingen dann, als es klingelte, in den Unterricht. Die Pausen verbrachten wir mit John und Michael. Wenn Michael und ich uns einmal zu lange ansahen oder etwas anfingen zu stottern, fingen Paula und John sofort an zu lachen. Ich war noch nie so gerne zur Schule gegangen. Paula hatte ihren Lockenstab dabei, damit wir mir nachher Locken machen konnten. Es war lustig von seiner besten Freundin die Haare gemacht zu bekommen. „Locken stehen dir echt gut.“, meinte sie, nachdem sie fertig war. „Danke, aber dir ist das auch echt gut gelungen.“, sagte ich, „Mit welchem Bus fährst du nach Hause?“ Sie überlegte. „Keine Ahnung, aber der kommt um 14:43 Uhr. Warum?“ „Fährt der am Kino vorbei?“ Sie nickte. „Ah, jetzt verstehe ich was du vorhast. Klar, dann fahren wir zusammen.“ Ich trug mit nochmal frischen Lipgloss auf, packte meine Tasche und dann gingen wir zum Bus. Wir kamen gerade noch rechtzeitig. Die Fahrt dauerte 13 Minuten, sodass ich etwas zu früh war. Im Bus hatte ich mich noch von Paula verabschiedet. Ich schaute mich vor dem Kino nach Bänken um, damit ich mich setzen konnte, aber Michael war schon da und wartete auf mich. „Hey, du bist ja schon da.“ „Ja, du auch und ich hab sogar schon Karten.“, antwortete er vergnügt. „Sollen wir rein gehen?“ „Ja, aber sagst du mir denn endlich in welchen Film wir gehen?“ „Hmm… Okay. Wir gehen in den neuen Disney Film: Rapunzel – neu verföhnt. Der ist etwas für Jungen und Mädchen, oder?“ Ich grinste. „Stimmt.“ Ich hatte den Trailer schon öfters gesehen es schien ein lustiger und schöner Film zu sein. Wir holten uns eine große Tüte Popcorn und Cola. Die Getränke trennten wir, doch das Popcorn teilten wir. Deshalb passierte es, dass wir während dem fast zwei Stündigen Film einmal versehentlich gleichzeitig in die Tüte griffen, dann sahen wir uns an und lachten. Eine Frau drehte sich um und fauchte uns an: „Psst!!! Seit doch mal leise.“ Und als sie sich wieder umgedreht hatte, hörten wir sie noch sagen: „Diese jungen Pärchen von heute.“ Das veranlasste uns fast noch mehr zum Lachen. Nach dem Film gingen wir noch in ein kleines Eiscafé neben dem Kino. Er bezahlte auch das Eis. Auf einer Bank sitzend beobachteten wir ein paar Vögel, die in einem Baum herum hüpften. „War echt ein lustiger Film. Den hast du gut ausgesucht.“, sagte ich zu ihm, als wir das Eis aufgegessen hatten. Wir standen auf. Plötzlich fiel mir mein Handy aus der Tasche. Er bückte sich, um es aufzuheben. Um den Sand wegzumachen, klopfte er es an seiner Hose aus. „Scheint noch zu funktionieren.“ Er machte einen Schritt auf mich zu und gab es mir zurück. Ich steckte es wieder weg und wollte mich bedanken. Ich sah ihm in die Augen und plötzlich schien eine elektrische Spannung zwischen uns zu herrschen. Wir sahen uns einfach nur in die Augen. Mein Herz schlug immer schneller. Ich sah zu seinem Mund den Reflex kannte ich aus Filmen. Ich hatte ihn nie verstanden, doch jetzt konnte ich es verstehen. Er beugte sich langsam zu mir herunter und ich hatte das Gefühl, als würde ein Feuerwerk von Gefühlen in mir explodieren. Unsere Lippen berührten sich und es war, als würden wir verschmelzen. Ich legte meine Hände auf seine Brust und bemerkte erst jetzt, dass ich auf Zehenspitzen stand. Nach dem Kuss nahm er meine Hände und sah mich zuerst perplex an und ich glaubte, dass ich genauso aussah. Doch dann lächelten wir und gingen Händchen haltend in Richtung Bushaltestelle. Ich war so überglücklich und es erschien mir plötzlich doch nicht mehr so falsch mit ihm zusammen sein zu wollen. Nach einem Stück des Weges blieb er stehen. Ich sah ihn fragend an. „Darf ich jetzt das fragen, was ich gestern schon fragen wollte? Denn auch wenn ich dich immer noch nicht genau kenne, denke ich nun, dass es richtig ist.“ „Was meinst du?“, fragte ich, denn mir war wirklich nicht klar, was er meinte. „Willst du mit mir zusammen sein?“ Ich erinnerte mich, was er meinte und fiel ihm um den Hals. Dann wurde ich wieder stumm. „Aber wir sagen es erstmal niemandem, oder?“, fragte ich vorsichtig. „Was ist mit Paula und John?“ „Die sind natürlich eine Ausnahme. Aber was glaubst du, wie komisch das für andere Aussieht, wenn ich, die nicht gerade bestaussehende, mit dem neuen tollen Jungen aus der Klasse, nach nur einem Tag zusammen bin!?“ Er nickte zustimmend. „Aber du bist doch nicht hässlich oder so!“, protestierte er. Ich neigte den Kopf hin und her. „Ich finde, dass du ganz und gar nicht hässlich bist und alle die das behaupten sind irgendwie hirnlos.“ Er legte die Hand um meine Schulter und wir gingen weiter. Als wir an der Bushaltestelle ankamen, bemerkte ich: „Mein Bus kommt in 4 Minuten. Welchen musst du nehmen?“ „Den, der in 6 Minuten kommt. Ich wohne in der Hafenstraße 98.“, erklärte er und gab mir seine Visitenkarte. „Dann hast du auch gleich meine Handynummer.“ Er grinste. Wieder gab er mir einen Kuss und ich erwiderte ihn. Da standen wir also. ‚Mein Freund‘, den ich erst 34 Stunden kannte und trotzdem über alles liebte und ich. Ich stieg in meinen Bus und er blieb an der Haltestelle stehen um auf seinen Bus zu warten. Auf der Fahrt überlegte ich, was ich wohl meiner Mutter erzählen konnte. Ich beschloss die Lüge, dass ich mit Paula im Kino war erstmal zu wahren. Natürlich musste ich, wenn sie nachfragte, ein paar Details verändern. Doch meine Mutter fragte nicht groß nach, weil es normal war, dass ich mit Paula ab und zu ins Kino ging. Weil ich etwas geplättet von den Geschehnissen der letzten Tage war, legte ich mich ins Bett. Ungeplanterweise, schlief ich ein. Als ich wieder aufwachte, war es 9 Uhr und weil ich es sehr gemütlich in meinem Bett fand, stand ich nur kurz auf, um mich umzuziehen und Zähne zu putzen. „Auch mal wieder wach?“, fragte meine Mutter, als sie mich im Bad bemerkte. Ich nickte nur, weil ich gerade eine Zahnbürste im Mund hatte. Wie geplant, machte ich mich danach wieder auf den Weg in mein Bett. Eigentlich wollte ich nur kurz auf mein Handy gucken, doch als ich entdeckte, dass Paula mir 27 Nachrichten geschickt hatte, musste ich sie einfach anrufen. „Warum verdammt nochmal schickst du mir so viele Nachrichten?“, fragte ich sie, weil ich über das schlafenhin wohl etwas vergessen hatte, dass ich nun einen Freund hatte. „Wie war denn dein Date?“ Ich blickte in den Spiegel und überlegte, was ich ihr in meinem Zustand, der nicht sehr wach war, erzählen konnte. Ich beschloss es auf morgen zu verschieben. „Nicht so bedeutend“, schwindelte ich „ich erzähl es dir morgen, okay? Ich muss jetzt noch was erledigen.“ Nämlich schlafen, beendete ich den Satz im Kopf. „Manno, aber okay. Wir sehen uns.“ „Tschüss.“ Ich legte auf und ging dann ins Bett. Obwohl mir Michael nicht aus dem Kopf gehen wollte, schlief ich wieder schnell ein.
Dieses Mal hatte ich nicht vergessen, meinen Wecker auf den Nachttisch zu stellen und ich hatte ja auch nicht in der 1. Stunde frei, also stand ich ganz normal und pünktlich auf. Meine Mutter hatte heute frei, deshalb konnte ich mich in Ruhe fertig machen, ohne dass sie andauernd ankam und etwas fragte. Weil ich Paula noch die Geschichte von gestern erzählen musste, ging ich dieses Mal etwas früher zur Schule. Sie musste gewusst haben, dass das ‚Date‘ viel spannender war, als so wie ich es gestern abgewunken hatte. „Willst du mir nicht doch noch etwas erzählen?“, fragte sie etwas unfreundlich aber doch mit einem strahlen in den Augen. „Was denn?“. Ich wollte sie ein bisschen provozieren. „Ich hab gerade auf dem Weg mit John gesprochen…“ „Mist!“, entfuhr es mir. Ich hatte vergessen, dass Michael es John erzählen würde und der sich dann mit Paula unterhalten würde. „Tut mir leid, ich war gestern hundemüde und wollte es nicht so einfach am Telefon sagen.“ Sie lächelte. „Schon gut, ich hab es mir sowieso gedacht. Aber erzähl doch bitte nochmal, John hat nämlich nur gefragt, ob es nicht toll ist, dass ich zusammen seid.“ Ich sah zu Boden, denn dass ich nun mit Michael zusammen war, war einfach ein großes Wunder. Ich fing aber trotzdem an zu erzählen. Nachdem ich fertig war umarmte Paula mich. „Ich freue mich so sehr für dich. John meinte, dass ihr es erstmal geheim halten wolltet?!“ „Ja, weil die anderen sonst anfangen zu lästern, weil wir uns ja erst seit 2 Tagen kennen.“, erklärte ich ihr. Da ahnte ich nicht, dass das Getuschel schon angefangen hatte. In der ersten Pause wollten wir vier in die Cafeteria gehen, doch Chiara passte mich auf dem Weg ab. „Hey Marie, Wie geht’s dir?“ „Was willst du? Du redest nie mit mir.“, erwiderte ich etwas grob, weil Chiara einem wirklich brutal nerven konnte. „Naja, ich hab dich gestern mit dem süßen Neuen im Kino gesehen… Was läuft denn da zwischen dir und dem?“ „Das geht dich nichts an.“, sagte ich und sofort bereute ich es, weil es besser gewesen wäre sie anzulügen. „Ach wirklich? Was will der eigentlich von dir? Du weißt doch selber, dass du nicht gerade so hübsch bist!“ Ich sah sie perplex an. Doch sie zwinkerte mir zu. Etwas verwirrt ging ich zurück zu meinen Freunden. „Was wollte das Mädchen von dir?“, fragte Michael mich. „Kann ich kurz mit dir alleine reden?“ Entschuldigend sah ich Paula und John an. Wir gingen ein Stück von den anderen weg. „Sie hat uns im Kino gesehen und… naja, wenn sie es weiß, dann weiß es morgen fast jeder!“ Er sah mich betrübt an und versuchte mich dann zu beruhigen: „Wir schaffen das schon und selbst wenn, was können die schon machen?“ Ich sah zu Boden und erzählte ihm dann den Rest: „Sie hat auch noch gesagt, dass ich viel zu hässlich für dich wäre und sie ist sehr gut darin, anderen ihre Meinung aufzuzwängen.“ Er nahm mich in den Arm und flüsterte mir dann ins Ohr: „Ist doch egal, du bist jetzt meine Freundin und wir werden uns nicht dafür rechtfertigen müssen, dass wir glücklich sind.“ Ich sah ein, dass er Recht hatte, nahm kurz seine Hände und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Es stimmt, was kümmert es mich, was die anderen denken. Ich wollte mich nicht immer verstecken, zwar würde ich es jetzt nicht an die große Glocke hängen, aber es auch nicht ganz unterdrücken. Doch als wir nach der Pause wieder die Klasse betraten, spürte ich schon die ersten misstrauischen Blicke. Aus Reflex ging ich ein Stückchen näher auf Michael zu. Er sah mich an, als würde er mir bestätigen, dass er es auch gemerkt hatte. Chiara warf mir einen missbilligenden Blick zu, als ich mich an meinen Platz stellte. Wenn das so weiter gehen würde, dann würde es keinen Spaß mehr machen in die Schule zugehen, dachte ich. Am liebsten wäre ich jetzt zu Michael gegangen und hätte mich von ihm trösten lassen, doch das ging nicht. „Stimmt es, dass du und Michael zusammen sind?“, fragte Melanie mich. Ich schloss die Augen und seufzte. Dann kam Michael mir zur Hilfe. „Ist das schlimm?“, fragte er und nahm meine Hand. Sie zog die Augenbrauen hoch und man konnte hören, wie sie im Weggehen irgendetwas murmelte, was nicht sehr nett klang. Ich versuchte die Blicke und Bemerkungen von Chiara und Melanie zu verdrängen, doch es beschäftigte mich den ganzen Tag. Nach der Schule nahm Michael meine Hand und wir gingen Händchenhaltend demonstrativ über den Schulhof, als plötzlich Chiara unsere Hände entzweite und sich zwischen uns hindurch quetschte. Michael seufzte. „Das wird nicht leicht werden.“, bemerkte er. „Hast du Lust, heute mal mit zu mir zu kommen?“ Normalerweise hätte ich ja gesagt, doch ich schwieg, weil ich diese Beziehung, auch wenn sie noch so vielversprechend schein, vor meiner Mutter geheim zu halten. „Was ist los?“ Er hatte meinen unsicheren Blick wohl bemerkt. „Meine Mutter ist etwas kritisch, wenn es um Jungen und Beziehungen geht, deshalb überprüft sie fast immer, was ich mache und ich kann nicht schon wieder sagen dass ich mich mit Paula treffe, sonst wird sie misstrauisch.“ „Oh... das ist doof. Wann kommt sie denn nach Hause?“ Ich ahnte, was er vorschlagen wollte. „Sie hat heute frei, deshalb kann ich nicht jetzt mitkommen.“ Ich spielte mit dem Gedanken, ob ich ihn mit zu mir nehmen sollte und es meiner Mutter dann einfach sagen sollte, doch sie würde es bestimmt nicht gutheißen. Aber was würde sie machen können? Ich war fast 16 und Michael war schon 16. Ich beschloss ihn zu fragen, was er davon hielt. „Hab es mir überlegt. Was kann sie schon machen?! Aber könntest du vielleicht erstmal mit zu mir kommen, damit sie nicht ausflippt?“ Er nickte, auch wenn man deutlich sehen konnte, dass er sich ein bisschen sträubte. „Du muss nicht.“, sagte ich, um ihn zu entlasten. „Ist schon okay, ich find es nur etwas lustig.“ „Was?“, fragte ich während wir das Schulgelände verließen und in eine kleine Nebenstraße einbogen, die zu mir nach Hause führte. „Ich bin umgezogen und jetzt habe ich eine Freundin und lerne ihre Mutter bald kennen, obwohl ich erst seit einer Woche in Hamburg lebe.“ Ich grinste. „Tja, so spielt das Leben. Außerdem… also ich finde das gut.“ „Ich find es auch gut!“, sagte er schnell, um nicht den Eindruck von Unsicherheit zu machen. „Bist du bereit?“, fragte ich, als wir vor der Haustür standen. „Ja.“, sagte er und zog nochmal seine Jacke zu Recht. Ich musste lachen. Er sah schon etwas unbeholfen und unsicher aus, aber mir ging es genauso. Ich schloss vorsichtig die Tür auf. „Hallo Mama.“, rief ich in die Wohnung, weil ich nicht wusste, wo sie war. Hinter Michael und mir schloss ich die Tür. Unschlüssig blieben wir im Flur stehen. Als ich die Schritte meiner Mutter aus Richtung der Küche hörte, wurde ich unruhig. Ich biss mir auf die Lippe. Michael merkte, dass ich auch unruhig wurde, er strich mir mit seiner Hand über den Rücken, doch als meine Mutter den Flur betrat, zog er sich ganz schnell weg. Da standen wir nun. Wir wussten nicht was wir sagen sollten und auch meine Mutter schwieg erstmal. „Hallo, Marie.“, begrüßte meine Mutter mich dann etwas formell und an Michael gewandt sagte sie: „Bist du ein Schulfreund von Marie?“ Ich konnte hören, wie er schluckte. Ich musste lächeln, weil meine Mutter ‚Schulfreund‘ gesagt hatte und zugleich war immer noch dieses Beklemmende Gefühl da. „Ich bin Michael.“, sagte er und reichte ihr seine Hand. Ich überlegte, was er jetzt am besten sagte. Ich vermutete, dass meine Mutter nicht so begeistert sein würde, wenn sie erfuhr, dass wir uns erst 3 Tage lang kannten, doch verschweigen konnten wir es ihr auch nicht. Damit es nicht zu lange still war, übernahm ich das Gespräch: „Michael ist aus Berlin nach Hamburg gezogen und geht jetzt auf meine Schule.“ „Achso, seid ihr in den Osterferien umgezogen?“ Michael nickte nur, weil er wohl etwas erschlagen von der Situation war. Ich wusste überhaupt nicht, wie ich es meiner Mutter beibringen sollte, also fing ich an zu erzählen, um sie nicht sofort mit der Wahrheit zu überfahren. „Paula und ich sind in der Pause mit John und Michael in der Mensa gewesen und haben uns unterhalten. Weil Fr. Pauls uns gesehen hat, hat sie auch schon gefragt, ob wir bei der kommenden Projektarbeit als Gruppe zusammen arbeiten wollen.“ Michael und ich mussten bei dem Gedanken an unser Kennenlernen und dem Wort ‚zusammen‘ grinsen. Das brachte meine Mutter etwas aus der Fassung und sie sah einen Moment lang ein bisschen irritiert aus. „Also wollt ihr etwas für dieses Projekt vorbereiten?“, fragte sie. Ich atmete tief ein. „Nein, wollen wir nicht. Zumindest nicht heute.“ Ich fuhr mit dem Erzählen fort. „Ich war am Dienstag nicht mit Paula sondern mit Michael im Kino und… ja.“ Ich dachte, dass meine Mutter sich den Rest denken konnte, doch entweder wollte sie es nicht verstehen oder sie verstand es wirklich nicht. Um es ihr zu verdeutlich und mich zu unterstützen nahm Michael meine Hand. Zuerst bemerkte sie es nicht und sah uns einfach nur mit einem auf die Fortsetzung der Geschichte wartenden Blick an, doch als es ihr auffiel, wurden ihre Augen groß. „Seid ihr etwa zusammen?“ Sie hatte versucht nicht hysterisch zu klingen doch es gelang ihr nicht so gut. Ich nickte etwas schuldbewusst. Sie sah mich mit einem vielsagenden Blick an. Sie wollte mir zu verstehen geben, dass ich noch zu jung war, sie es nicht gut fand und alles, was sie mir sonst auch immer predigte. Seufzend ging sie zurück in die Küche. Ich drehte mich zu Michael um. „‘Tschuldigung, aber jetzt haben wir es hinter uns.“ Er nickte und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ist schon okay. Dann musst du aber auch bald mal mit zu mir kommen. Meine Mutter ist da zum Glück etwas lockerer drauf.“ „Danke. Klar, ich kann ja am Freitag mal mitkommen.“ „Da ist sie leider nicht da vielleicht morgen. Wir können ja auch nochmal in die Stadt fahren oder was anderes machen.“, schlug er vor. „Morgen geht. Sollen wir vielleicht mit dem Fahrrad fahren?“ Er nickte zustimmend. Ich komme dann auch mit dem Fahrrad zur Schule, dann können wir gemeinsam fahren.“ „Ich natürlich auch. Meine Mutter will mir bestimmt noch einen Vortrag halten, also solltest du jetzt vielleicht gehen.“ Ich sah ihn etwas zerknirscht und entschuldigend an. „Ist okay, wir sehen uns ja morgen und wir können ja auch nochmal auf Facebook schreiben.“ Ich legte meine Arme um seinen Hals und küsste ihn zum Abschied, wobei ich hoffte, dass meine Mutter uns nicht von irgendwo beobachtete. Am liebsten hätte ich den ganzen Tag mit ihm verbracht, doch das ging nicht. Ich blickte ihm nach, als er ging. Ein bisschen hatte ich Angst davor, was meine Mutter zu dieser ganzen Sache sagen würde.
Tag der Veröffentlichung: 23.03.2013
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für meine Beste Freundin, die mich immer unterstützt und ermuntert weiter zu schreiben.