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Kapitel 1




Jahr 2187

Über der großen Tür – wo drei Elefanten gleichzeitig hätten durchgehen können - stand in großen weißen Buchstaben JOHN ALLEN SANDERS und das beindruckte jeden, der es wagte sich der Tür zu nähern. Wenn man doch Mut fasste »Big John« einen Besuch abzustatten, musste man erst seine Hand auf eine Fläche neben der Tür legen die einen als »gefährlich« oder »neutral« - was auch immer das heißen mochte – einstufte. Und ob das nicht gereicht hätte, mussten die Augen vor einem Scanner beweisen, dass man nicht zu den Bösen Jungs gehörte, schließlich war es möglich – aber unwahrscheinlich – dass man bei sich ein fremdes Auge trug, von einem Mann der autorisierten Zugang zu Mr. Sanders Büro hatte.
So geschah es am jenem Morgen, als ein gewisser Oliver Burns die heiligen Räume des CST – Cool Synthetics Technology – betrat. Er hatte keinen Termin, aber die Sekretärin am Eingang der 47. Etage schwor später unter Eid, dass dem nicht so war. Es war die Technik. Natrülich.
Nachdem die Sekretärin schließlich einen Knopf gedrückte hatte, öffnete sich die Tür und Mr. Burns betrat selbstbewußt die »Zentrale der Macht« oder »das Bernstein-Zimmer«, nur einige von vielen Begriffen die den Menschen in New York oder Europa einfielen, wenn sie über Sanders Büro fantasierten.
Wie Mr. Burns feststellen musste war es kein Bernstein-Zimmer; das Büro wurde in schwarz und weiß gehalten, mit Ansätzen von blau – wie konnte es auch anders sein – wie das CST Logo.
Oliver Burns hatte einen schicken Anzug auf den Leib geschneidert bekommen und wunderte sich zwei Stunden zuvor, als er vor dem Badezimmerspiegel eines Hotels stand, wie gut es ihm stand.

Als er reinkam stand John Sanders vor einem dicken kugelsicheren Fenster und schaute runter auf die Stadt die sich New York City nannte. Es war ein herlicher April Morgen und er freute sich über den Tag, der ein ganz besonderer werden sollte.

»Fühlen Sie sich wohl?«, fragte Sanders plötzlich den überraschten Mr. Burns ohne sich umzudrehen.
»Ja. Ich denke schon«, entgegnete Mr. Burns und blieb vor dem großen Mahagoni Tisch stehen.
Sanders stand noch weitere endlose fünf Sekunden am Fenster, drehte sich um, nahm ein Schluck Wasser, ging um den Tisch herum und bot seinem Gast seine feucht-warme Hand an.
Mr. Burns ergriff sie und sie schüttelten die Hände und hätte Burns nicht seine Hand weggenommen hätten sie – da war er sich sicher – noch eine Weile da gestanden, mit den Händen vereint, wild schüttelnd.

Mr. Burns war überrascht gewesen, aber er ließ sich nichts anmerken. Was war mit Sanders los? Warum war er so in Gedanken versunken? Klar, ein großer Tag stand bevor und natrülich konnte auch ein Mann wie John Sanders vor so einem Tag bammel haben. Oder etwa nicht? Er wusste es nicht. Hatte Sanders eine Vermutung? Wusste er womöglich, dass dieser Tag an jenem Dienstag ganz anders verlaufen würde als geplant? Vermutlich nicht, dachte Burns als er zwei Tage später im Flieger saß und die New York Post laß.
Nach einigen Floskeln über die Freude des Besuchs den Sanders sagte aber vermutlich nicht empfand, setzten sich beide und machten sich in den Sesseln bequem.
»Ihnen ist nicht heiß oder kalt?«, fragte Sanders interessiert und Burns verneinte und hoffte sein Gesichtsausdruck wäre normal und nicht überrascht oder fragend. Er, Oliver Burns , kannte alle seine »Patienten«, wie er sie nannte, von A bis Z. Von der Unterhose die sie trugen und der Zahnbürste die sie benutzen bis hin zu den schlechten Angewohnheiten der Menschen denen er einen Besuch abstattete. Aber John Allen Sanders war ein Buch mit sieben Siegeln. Er kannte zwar alles über ihn was man wissen konnte, von der schwer verlaufenden Geburt seiner Tochter bis zu dem angagierten und stehts beliebten Schüler auf der High School und dem Mann der als Spitzel für viele Firmen arbeitete – dass aber nie in die Öffentlichkeit kam – aber nicht, dass er, der berühmte John Allen Sanders so eigenartig sein konnte.

Nicht wenige in den Chefetagen vieler Firmen wussten über die Eigenarten des CST Inhabers und dass das nicht in die Öffentlichkeit verbreitet wurde war ein Wunder, dachte Burns während er den frisch gelifteten Sanders beobachtete.

Seit hundertvierzig Jahren existierte CST schon und es war längst ins Blut der Menschen übergelaufen, dass alles was um sie herum war, entweder CST Produkte waren oder von CST bearbeitet worden ist. Von der Kleidung, den Küchengeräten, den Fenstern der Häuser, den Wasserflaschen, und sogar NASA war ein guter Kunde der für die Künste der weltbekannten Marke tief in die Tasche griff. Selbst Möbel wie der Sessel auf dem Burns saß, regulierten die Wärme und Kälte wie ganz von selbst und das Logo CST auf dem Sessel bedeutete ein ganz besonderer synthetischer Stoff mit einer Technologie die zwar da, aber dank Nanotechnologie unsichtabar war. Eine Technologie die den Entwicklern vor langer Zeit viele Preise bescherte und den Nobelpreis nach sich zog.

Sanders hatte die nervige Angewohnheit die Ist-Ihnen-warm-oder-kalt-Frage zu stellen in Bezug auf seine Produkte, aber Burns wusste und verstand nicht, dass sein Hintern auf einem neuentwickeltem Prototypen Sessel sich breit machte.
»Danke. Ich fühle mich wohl Mr. Sanders«.
Eine junge Frau betrat den großen Raum mit langen Schritten und ebenso langen Beinen und zauberte ein Glas mit einem hübschen goldenen CST Logo vor Mr. Burns und schenkte ihm Wasser in das Glas ein. Und genauso geräuschlos wie sie gekommen war, verschwand sie wie ein Geist durch eine schamale Tür die sich auf der anderen Seite des Raumes befand. Sanders beobachtete ihre Schritte und sein Blick schweifte über dem eingerahmten Familienfoto hinweg mit seiner kleinen Tochter, die damals unschuldig in die Kamera grinste und sein Sohn der nicht ganz freiwillig vor dem Apparat saß, in der Mitte die geliebte Frau die in dem Moment als der Auslöser gedrückt wurde, genau zwei Monate später die Scheidungspapiere unterschrieb.

Sanders guckte gedankenverloren zur Seite bis ihn Burns unterbrach:
»Ich freue mich sehr, dass Sie Zeit finden konnten, bei so einem wichtigem Tag wie heute.«
»Das ist kein Problem«, Sanders guckte auf die Uhr, »das Fest beginnt erst um elf«. Seine Armband Uhr zeigte viertel nach neun.
»Was führt Sie zu mir?«, fragte Sanders und beugte seine Ellenbogen auf dem Tisch. Normalerweise hatte Sanders noch nie ein Besuch in den letzten vierzig Jahren bekommen, von dem er nicht wusste worum es in dem kommenden Gespräch gehen würde. Sanders wurde immer von seiner überarbeiteten, zuverlässigen Sekretärin Molly Fontaine unterrichtet, wann und warum ein Termin statt fand oder wer einen ersuchte. Zwei Monate musste man sich in Geduld üben, wenn man »Big John« sprechen wollte. Es sei denn, man war Präsident der Vereinigten Staaten und selbst er, der gut Sanders kannte konnte nicht einfach die heiligen Räume des CST betretten, wann es ihm passte.
Oliver Burns musste keine zwei Monate warten und er musste ganz bestimmt kein Termin haben und das kostete seine Auftraggeber einen haufen Dollar.

Einen Tag später erklärte Sanders Sekretärin unter Tränen den zwei Detectives im Verhörraum, der Mann hätte ein Termin gehabt, ganz bestimmt sogar, sonst hätte sie ihn nie rein gelassen. Die zwei Detectives guckten sie mitleidsvoll an und schenkten ihr glauben, schließlich war sie die womöglich zuverlässigste und beste Sekretärin der Vereinigten Staaten. Die vielen Pokale für die Meisterschaften der "best american secretary" an denen sie teil nahm belegten das; sie waren im Foyer in Vitrinen und bei ihr Zuhause im Arbeitszimmer. Handfeste Beweise. Es war die Technik. Schließlich wussten die Beamten genau wie sich das anfühlen musste. Der Kaffeeautomat im Flur funktionierte ja auch nicht. Technik halt. Und nur dank der CST Becher die unbegrenzt Flüssigkeiten warm halten konnten, beruhigten sich ihre Nerven.

Detective Summers stand auf, krazte sich am Kopf, richtete sein Kragen und tuschelte mit einem anderen Detective Namens Wood und verließ den Raum. Das Verhör hatte keine vierzig Minuten gedauert und Molly durfte das NYPD verlassen.

Warum die Überwachungskameras gerade dann nicht funktionierten als der Mann das Gebäude betrat und warum er eine Waffe reinschmuggeln konnte ohne dass es jemand bemerkte oder der Alarm los ging, konnte Molly nicht sagen. Die Bodyguards konnten sich das auch nicht erklären. Technikversagen, laß Burns drei Monate später in der Post als er im Flieger Richtung London saß. Der Artikel war lang und nachvollziehbar, vorallendingen für die jenigen die nicht unmittelbar für CST arbeiteten. Wie konnte es an der Technik gelegen haben? Die sicherste die es gab, in den Vereinigten Staaten, ach was, auf der ganzen Welt! Die Detectives wussten, dass gerade CST Unsummen für die Sicherheit ausgaben, sie schmissen das Geld förmlich aus dem Fenster. Sanders war kein Mann der Geld einfach so aus dem Fenster rauswarf, aber »tut was ihr für richtig haltet«, lauteten Sanders Worte immer an seine Sicherheitsbeauftragten, für die doppelte und dreifache Absicherung selten reichte.
Oliver Burns musste durch mehrere Schleusen gehen, ehe er auf den Stockwerk gelangen konnte, auf dem sich Sanders befand. Das CST Gebäude war seit fast neunzig Jahren, seit Anfang des zweiundzwanzigsten Jahrhundert mit einer speziellen Vorrichtung verkeleidet, die unsichtbar um das Gebäude nur darauf wartete, dass ein Flugzeug mit einem Terroristen hinterm Lenker sich darauf stürzte. Das passierte nie. Aber wenn, hätte es dem Gebäude nicht im geringsten was anhaben können. Fast jedes Gebäude in Amerika und in vielen Städten der Welt besaß so eine –Schutzmauer-. Anfänglich ein teurer Spaß für Millionäre, später nicht teurer als ein Mittelklasse Auto.

Dass man ihn nicht verraten hatte, dachte Burns, lag wahrscheinlich daran, dass man Angst hatte. Angst vor Rache. Angst vor den Gitterstäben in New York, die besonders dick sein mussten.
Warum die gute Molly davon kam, lag nicht an den hübschen Pokalen oder ihrem bezauberndem Lächeln, der viele mächtige Männer schwach werden ließ. Es lag an ihren Beziehungen zum weißen Haus. Sie hatte nichts mit der Politik am Hut, obwohl sie durchaus Köpfchen dafür hatte, sie war die Freundin von einem Mann, der keinen geringeren zum Vater hatte, als den Präsidenten.

Burns saß im Business Class und hob die Füße hoch. Er schaute müde durchs Fenster auf die vielen weißen Wolken und freute sich, dass er immer noch eine weiße Weste hatte. Lupenrein. Bevor er seine Augen schloss, mussterten sie einen Mann auf der Titelseite der New York Post. Die Schlagzeile lautete Sanders Mörder auf der Flucht. Der Name des Mörders in einer weniger dicken Schrift: Frank Steven Bannett.

Kapitel 2




Er war Ende zwanzig und hatte fast sein Medizinstudium beendet, als er einen Tag später, am Frühstückstisch – zur selben Zeit als Molly Fontaine befragt wurde – den Fernseher einschaltete. Es war, keine Frage eine Sensation, alle berichteten darüber. Alle Sender, selbst die die Nachrichten normalerweise nicht zu ihrem Standardprogramm zählten, versuchten informativ zu sein und die aller neusten news über den großen Verlust eines Vorzeige Amerikaners zu berichten.
Frank bevorzugte CNN, weil Anne Laurie eine schöne Stimme hatte und auch sonst ziemlich ansehnlich war. Sie zählte seit mehr als zehn Jahren zu den top Reporterinen und deckte viele Skandale und Skandälchen auf, für die sie Lob und Anerkennung bekam. Aber auch hübsch verpackte Bomben zu Weihnachten oder Thanksgiving gehörten zum Riskio, stellte sie bald nach ihrem debu fest.
Sie hatte sich viele Feinde in den letzten zehn Jahren gemacht. Und dass viele Journalisten sie abgrundtief hassten war ein offenes Geheimnis.
Sie kannte Sanders persönlich, sie liebte ihn förmlich, auch in der Mittagspause. Sie war nicht selten im CST Gebäude, in der 47. Etage und Molly wusste immer was zu tun war, wenn die langbeinige Schönheit den blauen Teppich mit dem großen CST Logo betrat; keiner durfte sich dem Büro nähern, selbst wenn Gott an die Tür geklopft hätte, hätte er warten müssen. CST besaß keinen Warteraum, warum auch?, man konnte schließlich nur mit Termin Sanders sprechen, also bearbeitete Molly jeden Gast und laß ihm jeden Wunsch von den Augen ab, ganz gleich ob ein großer Hollywood-Star auf der Matte stand oder einer der Kunden. Sie durfte keinen Mucks von sich geben wer eine »Unterhaltung« mit dem vielbeschäftigten Mr. Sanders führte. »Ein sehr wichtiger Mann«, entgegnete Molly auf die Frage wer sich im Büro befand und die Kunden waren oft beleidigt, obwohl sie Sanders persönlich gut kannten. Das dieser Mann eine Frau war und das der gute James Sanders sie auf seinem Tisch an die Brust nahm, ahnte keiner. Anfangs gaben sich die Kunden Mühe sich den Ärger nicht anmerken zu lassen, aber Molly entging kein Seufzer und keine Augenverdrehung. Sie hörte sie innerlich Schimpfen. Später gaben sie auf und zeigten ihren Kummer offen, ganz gleich wie charmant Molly mit den künstlichen Wimpern zwinkerte oder in Zeitlupe ihre weichen Oberschnekel übereinander schlug.
Dass Anne Laurie und John Sanders sich kannten wusste jeder, aber kaum einer wusste, dass sie auch im horizontalen »sich unterhielten«, vorzugsweise auf dem großen Mahagoni Tisch in der »Zentrale der Macht«.
Frank wusste es und deswegen war er froh, dass Sanders nicht mehr unter den Lebenden weilte. Er löffelte Cornflakes

und mussterte zum wiederholten Male ihren Körper, der sich vor dem CST Gebäude befand. »Gestern Morgen um kurz nach neun spazierte ein unbekannter Mann durch diese Tür«, sie zeigte auf die große Drehtür, über ihr ein großes CST Logo, »laut NYPD ist er Anfang dreißig und er trug zur Tatzeit einen schwarzen Anzug«. Welcher Mann trug keinen Anzug, wenn er in das CST Gebäude ging, fragte sich Frank kopfschütelnd, das waren bestimmt keine breaking news

die es wert waren gesendet zu werden.
»Noch ist unklar wie der Mann die Sicherheitskontrollen ungehindert passieren konnte. Experten von der Spurensicherung untersuchen noch immer die Räumlichkeiten des CST und hoffen auf eine Spur die sie zum Täter führen könnte«.
Hinter Anne Laurie gingen jede Menge besorgter Gesichter durch die Drehtür und noch mehr besorgte Mimiken kamen aus dem Gebäude heraus. Gelangweilte Polizisten gaben sich redlich Mühe, sich ihre Langeweile nicht anmerken zu lassen, aber sobald die Kameras weg waren standen sie wie nasse Säcke vor der Eingangstür und hielten jeden fern, der nicht wichtig genug aussah. »Eine Frage die die Ermittler beschäftigt«, fuhr Anne fort, »ist, warum der Mann offensichtlich keinen PBC besaß«.
Und das war das größte Mysterium in dem ganzen Fall.
Alle Menschen die den amerikanischen Boden betraten, mussten sich kurz und schmerzlos einen Chip implantieren lassen, einen soganannten PBC – Personal Body Chip, oder PI-Chip – Personal Identity Chip.

Es wurde bei niemandem eine Außnahme gemacht, selbst die Polizisten hatten einen im Körper. Und der Präsident bejahte immer wieder auf die Fragen der Reporter und Journalisten, dass er selbstverständlich auch einen Chip hatte, aber nur seine Wähler schienen ihm zu glauben.
Selbst wenn es nichts erfreuliches in der Politik zu berrichten gab, war ein Thema immer präsent, seit die Vereinigten Staaten von Amerika existierten und lange bevor Washington unter der Verfassung unterschrieb: die Nationale Sicherheit. Das war nicht selten das einzige worüber geredet wurde: PBC.

Die letzen zwei Jahrhunderte führten dazu, dass Sicherheit groß geschrieben wurde und den Menschen im zweiundzwanzigsten Jahrhundert waren das zwanzigste Jahrhundert mit dem Ersten und Zweiten Weltkreig und das einundzwanzigste Jahrhundert mit dem Dritten Weltkrieg grund genug immer mehr Sicherheit zu kaufen und die Geschehnisse damals zu verdrängen.
Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts 2047 flüssterte ein junger aufstrebender Politiker namens George F. Harris dem neuen Präsidenten die Idee. Dieser zeigte sich wenig begeistert seine »Bevölkerung zu versklaven« und sie wie »Hühner zu behandeln«.
Die Chip-Idee kursierte, zunächst hinter vorgehaltener Hand, schließlich erreichte sie die verängstigte Bevölkerung und man schrie danach.
Die meisten europäischen Länder waren nicht begeistert, fügten aber hinzu, dass es wohl funktionieren könnte und dass die tausenden von Kameras die überall auf dem Kontinent Europa jede Ecke im Blick hatten ausreichten. Vorerst.
George F. Harris respektierte die Meinung des Präsidenten, fand sie aber nicht richtig. Also bekam er einen haufen Geld unter dem Tisch geschoben von einem Freund, der das Geschäft seinen Lebens sah. Er war nicht weniger jung und nicht weniger smart wie Harris Geld aus seiner Idee zu machen. Er hörte auf den Namen Bill Gatteys und nicht selten nannte er sich Bill Gates.

Die Bevölkerung wurde mit reichlich Werbung noch mehr auf das Thema sensibilisiert und bald war Gatteys Staatsfeind Nr. 1 in Mr. Presidents Augen. Dass einer seiner Vertrauten mit Gatteys unter einer Decke steckte und auch die Fäden zog, wusste der Präsident natürlich nicht.
Die Gegenseite war empört und beschimpfte dezent aber bestimmend den Präsidenten als »verantwortungslos« und »realitätsfremd«.
Die Medien waren zwiegepalten und je mehr man darüber diskutierte, desto mehr verlangte man nach dem Wunder Chip.
Der Präsident blieb beharlich und nach zwei langen Jahren voller Kampf und Elan für die Freiheit seiner Wähler, musste er den Schreibtisch räumen. Die Wähler stimmten deutlich für den Gegenkandidaten und Präsident wurde endlich einer »der in Sachen Sicherheit nicht kleckerte, sondern klotzte«.
Nur wenige verstanden es warum George F. Harris zur Gegenseite übergetreten war. Bill Gatteys war an seinem Ziel und reichlich Geld floss in den nächsten Jahrzehnten für die Sicherheit.
Und wie konnte es auch anders sein, war er gut mit dem neuen Präsidenten befreundet, der ihm weit mehr vorschlug als bloß den Wunder-Chip. Harris gesellte sich zu den beiden und alle drei waren zwölf Jahre lang für die amerikansiche Sicherheit verantwortlich. Sie trugen die neuen Anstecker an ihren Anzügen aus Samt, die wie ein Chip aussahen, bis irgendwann fast jeder in den USA und außerhalb sie trug.

Anne Laurie wusste spätestens bei der Chip-Frage, dass die hohen Tiere dahinter stecken mussten. Wie sonst war es zu erklären, dass ein Mann kein PBC im Körper hatte. Die Chips waren wenige Nanometer groß und wurden durch eine stinknormale Spritze injekziert. Der Chip floß ständig durch den Körper und setzete sich irgendwann im Körper fest. Niemand konnte es entfernen oder wissen wo im Körper der Chip sich befand.
Das FBI und das CIA konnten in wenigen Sekunden den Aufenthaltsort jeder Person aufspüren und die Hochleistunscomputer spuckten jede Menge Daten über Millionen von Menschen die über die Monitorbildschrime flimmerten.
Sogar die Uhrzeit wann und wo sie ein Gebäude betraten, was sie zuvor gegessen hatten und wie es mit der Gesundheit stand, konnten die Geheimdienste auf Knopfdruck erfahren.
Am Anfang, als der Chip zum ersten Mal in die ersten Leiber injeziert wurde, waren nicht nur die Sicherheitsbeauftragten und die Geheimdienste begeistert. Auch die Lebensmittelindustrie und die Krankenhäuser zeigten sich interessiert. Statistiken waren nichts anderes als Statistiken. Warum die langwierige Analyse und Befragung von potenziellen Kunden die unmengen von Geld und Zeit verschlangen dulden? War es nicht einfacher auf Knopfdruck die Essensgewohnheiten der Bevölkerung in wenigen Minuten auf Alter, Geschlecht, Rasse und Religon schön aufgelistet zu sehen?
Ja. Man wollte es haben. Den Chip. Ärzte erfuhren prompt wer, wo und warum in Lebensnot sich befand, denn die Chips hatten eine Stille Alarmfunktion. Am Anfang gab es Probleme, weil die Chips zu sensibel auf die schlechte Ernährung reagierten und jeder Bluthochdruck löste den Alarm aus. Aber das waren Kinderkrankheiten die längst Geschichte waren.

Frank verfolgte den Sanders-Fall mit großer Interesse bis eines Tages ein Mann an der Tür klingelte. Dank der modernen Sicherheitskameras die zum Standard in jedem Haus gehörten und den Chips, identifizierte die cam sec32

den Mann als Detective Robert Wood vom NYPD, 39 Jahr alt, zwei Kinder im alter von sechs und dreizehn.
Es war drei Uhr morgens und Frank schleppte sich zur Tür.
Wood schaute den verschlafenen Frank ausdruckslos an und fragte ob er, Frank Bannett sei. Nachdem Frank sich im Spiegel ansah und begriff dass es drei Uhr morgens war und dass er Frank Bannnet war, bejahte er und seine müden Augen mussterten Wood.
Er war braun gebräunt und kaum größer als Frank. Seine Muskeln wirkten zu überdimensional für den Körper, soweit Frank es in seinem Zustand beurteilen konnte.
»Folgen Sie mir bitte zum Police Department«, sagte Wood zu Frank, der nur eine Unterhose mit einem CST Logo trug.
»Warum?«, fragte Frank und wünschte sich er hätte die Frage nicht gestellt.
»Wollen Sie das wir das hier diskutieren?«, funkelte Wood Frank an. »Das können wir gerne machen, Mr. Bannett«, fuhr Wood fort mit einem hauch von Sarkasmus in der Stimme.
Tatsächlich war es weder professionel noch ungefährlich sich über Polizeiangelegenheiten auf irgendwelchen Fluren zu unterhalten. Viele besaßen grundlegende Kenntnisse von Abhörmethoden und selbst in geschlossenen Räumen war es abzuraten irgendein Gespräch zu beginnen ohne die Wohnung nach Wanzen zu untersuchen.
Frank wusste das, aber er war neugierig und sein Zustand zwischen Schlaf und Realität erlaubte keine Logik.

Kapitel 3




Andy Maalik war in einem Meeting als sein Assistent sich um ihn schlich und ihm ins Ohr etwas flüssterte. Mr. Maalik stand auf und verließ den großen Raum ohne ein Wort zu verlieren. Sein Gesichtsausdruck verließ nichts Gutes und die Men in Black fragten sich was vorgefallen war.
Maalic Technology Inc. war neben CST die größte und erfolgreichste Firma weltweit.
Alle Systeme die Sicherheit boten ganz gleich welcher Art, wurden von Maalic Technology fabriziert. In Flughäfen, in Police Departments, in Schulen und öffentlichen Gebäuden war Maalic Technology stehts präsent. Es kam extrem selten vor, dass Maalic Produkte versagten, sie waren als zuverlässig bekannt. Dennoch beharte die Polizei, dass die Schuldfrage sich auch auf Maalic Technology Inc. bezog. Die Technik hatte versagt. Kaum zu glauben, aber es war die Wahrheit. Zumindest für die die sie verkündeten. Es war bizarr, dass man ausgerechnet der Firma den Schwarzen Peter zuschob mit der man etliche Jahrzehnte zusammenarbeitete. Noch nie hatte sich CST beklagen müssen, dass die teure Maalic-Technik den Geist aufgab. Warum waren alle so erpricht Maalic Technology Inc. zu beschuldigen? Schließlich war der Mörder ohne Namen und Gesicht. Wenn jemand schuldig war, dann er, wer auch immer er war.
Wen hätte man sonst beschuldigen sollen? Molly Fontaine? Die beliebte Sekretärin? Nein. Die Bodyguards? Nein. Sie hatten forschriftmäßig Mr. Burns durchläuchtet als er in das Gebäude eintrat. Die Kameras würden das Beweisen, sagte einer der Bodyguards später vor der Jury. Wenn es Aufnahmen gegeben hätte. »Wenn« und »hätte« waren die Wörter die in dem großen court house

hallten und scheinbar niemanden störten. Nur die zahlreichen Anwälte die Maalic Technology vertraten schüttelten die Köpfe und zweifelten an ihrem Geisteszustand. Sie hofften die Jury würde erkennen, dass die Sicherheitsschleusen von dritten manipuliert worden waren oder wenigstens die Kameras, die von einem Tag zum anderen für fünfundvierzig Minuten den Geist aufgaben. Aber was alle deprimierte war die Tatsache, dass es bei dieser Verhandlung nicht um den eigentlichen Mord ging, sondern um die Demütigung die Maalic Technology hatte ertragen müssen. Alle fanden dass dieser Prozess unsinnig und sinnlos war, und Andy Maalic, sein Assistent, die PR-Berater und die Schaar von Anwälten waren der Meinung, dass die Anschuldigungen unbegründet und falsch waren und dass die Firma einen großen finanziellen Schaden davon tragen wird.
Tatsächlich trat nichts davon ein. Aber Dramatisierungen gehören zum Beruf eines Anwalts wie das Kreuz zur Kirche.
Obwohl Maalik sich tierisch aufregen konnte – vorallendingen im Gerichtssaal – genoss er den Klang seiner Stimme und den Hall den sie verursachte. Er gab oft unaufgefordert seinen Senf zu allem und musste hin und wieder sanft von seinen Leuten gebremst werden.
Er hatte eine starke, laute Stimme die viele einschüchtern konnte, aber im Gerichtsaal ließen sich weder die CST Anwälte, die Jury oder der Richter davon beeindrucken.
Viele bei Maalic Technology hatten schon längst die Vermutung, dass die Gegenseite und der Richter an einem Strang zogen und höchst wahrscheinlich auch die Jury, aber niemand wagte das laut auszusprechen.
Sie hofften und beteten, dass das nicht der Fall war, aber was erklärte das ganze Theater sonst?
Nachdem die Lügen aufbereitet und in mundgerechte Stücke auf einem Tablet der Jury vorgelgt wurden, mussten sie es nur noch schlucken. Sie taten es und nachdem das ganze verdaut war, kamen sie raus und verkündeten das Urteil. Nach etlichen Wochen und vielen Pseudo-Zeugen, kam die Jury zu einem Urteil: Maalic Technology war schuldig. Die bombensicheren Sicherheitssysteme waren nicht ordnungsgemäß angebracht und gewartet worden. Dass die Sicherheitssysteme in der Maalic Technology Zentrale einen Alarm von sich gaben, wenn sie defekt waren und ein Techniker in wenigen Minuten sich vor Ort befand um es zu reparieren, interessierte offenbar niemanden.

Viele verstanden das Urteil nicht, aber hauptsache war, dass niemand die Verschwörung roch die sich wie ein Nebel um das Gerichtsgebäude legte. Viele wussten woher der Wind wehte, aber alle ignorierten es und versuchten flach zu atmen und in eine andere Richtung zu gucken die weniger gefährlich war.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 06.04.2009

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
"Und fühlt nicht, daß der schon tot ist, der um seiner Sicherheit willen lebt." [Goethe]

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