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Ben – Liebe kennt keine Gesetze

 

 

 

Ben – Liebe kennt keine Gesetze

 

Gay- Erotik- Romance

 

 

© by Bonnyb. Bendix 2013

 

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bonnybbx@googlemail.com

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1



„Ja, ja ... ja!“ stöhnte Annie, oder Anna, oder wie sie hieß. Ich hatte den Namen aufgrund der Lautstärke, die hier im Felsenkeller, der angesagtesten Disco in ganz Berlin, nicht richtig verstanden. War aber auch sowieso nicht nötig, denn bei der Aktivität, die wir gerade betrieben, waren Namen Schall und Rauch. Es schien so, als würde es ihr gefallen, was ich mit ihr trieb. Wir vögelten uns gerade die Seele aus dem Leib, was hauptsächlich auf die kleinen bunten Pillen zurückzuführen war, die wir beide geschluckt hatten. Gut, sie war echt süß, sie hing an meinem Hals, ich hatte ihren kleinen festen Po in den Händen, ihre Beine waren um meine Hüften gelegt, und unsere Lippen hingen aneinander. Und nicht nur die, ich steckte tief in ihr, in ihrer feuchten Hitze und versuchte, uns beide schnell zum Höhepunkt zu bringen. Bei ihr sah es gut aus, sie quietschte in den hellsten Tönen, und die Toilettenkabine wackelte! Ihre Fingernägel bohrten sich gerade schmerzhaft in meine Schultern. Ich spürte, dass sie kam, und versuchte, meinen Restverstand zu mobilisieren, um mir ein paar heiße Gedanken zu machen, denn eigentlich hatte ich mir den Abend heute anders vorgestellt. Eigentlich wollte ich es mir so richtig besorgen lassen, von dem supercoolen Barkeeper, der hier seit Neustem arbeitete, aber ich hatte leider mal wieder aufs falsche Pferd bzw. auf den falschen Hengst gesetzt. Der Barkeeper war so was von hetero, da war kein Rankommen. Ich stellte mir seinen Körper vor, stellte mir vor, wie er es mir besorgte, und schon spürte ich, wie es in mir hoch stieg. Fast gleichzeitig kam es uns, und ich stellte sie vorsichtig auf ihre Beine. Noch etwas wackelig hing sie an meinem Hals und stöhnte:

„ Oh Mann, war das gut! Du warst gut, Jan!“ Ich musste schmunzeln. Auch sie hatte meinen Namen anscheinend nicht verstanden.

Gestatten Sie, Ben ist mein Name! Benjamin von Wulfenstein. Bekennend bisexuell, einziger Sohn eines alten, ehrwürdigen, aber leider verarmten Adelsgeschlechts. Einziger Sohn heißt allerdings nicht einziges Kind. Da war auch noch meine Zwillingsschwester Clarissa, genannt Crissi. Aufgewachsen waren wir auf einem kleinen Gut im Nirgendwo, mitten in Schleswig-Holstein. Mein Vater hatte es geerbt, und züchtete dort Pferde. Es war seine große Leidenschaft, und die meiner Mutter ebenfalls. Das Geschäft lief gut bis, vor etwa 20 Jahren ein Brand mehr als die Hälfte des Gutes vernichtete. Ein großer finanzieller Schaden, von dem sich meine Familie, auch wenn die Versicherung bezahlt hatte, nie wieder ganz erholte. Das hatte zur Folge, dass meine Schwester und ich, mittlerweile 23-jährig, zwar in einem liebevollen Elternhaus aufwuchsen, aber finanziell unter unserem Stand leben mussten. Das hört sich versnobt an und ist es wohl auch. Ich gebe offen zu, dass Crissi und ich immer neidvoll auf unsere reichen Verwandten schauten, die ein Leben in Saus und Braus führten. Ihre Kinder erhielten eine elitäre Ausbildung an den besten privaten Schulen, flogen zum Shoppen mal eben nach New York, oder verbrachten ihre Ferien in der Karibik. Das alles blieb uns verwehrt, schlimmer noch, es wurde uns unter die Nase gerieben, wann immer wir bei Familienfesten aufeinandertrafen. Clarissa und ich besuchten die staatlichen Schulen, und bekamen ein kleines Taschengeld. Unsere Garderobe bezogen wir bei H&M und Ferien machten wir an der Nord- oder Ostsee. So sah unser Leben aus. Eigentlich ganz normal, aber wir wollten nicht normal sein. Wir fühlten uns zu Höherem berufen. Und wir nutzten die einzigen Bonuspunkte, die wir hatten: Schönheit gepaart mit Intelligenz!

Wir hatten früh gelernt, dass alle Menschen, auf die wir trafen, von unserem Aussehen sehr angetan, ja förmlich fasziniert waren. Waren die Reaktionen, wenn wir einzeln auftraten schon gut, hatten wir leichtes Spiel, traten wir im Doppelpack auf. So staubten wir generell immer etwas ab, wenn wir beim Bäcker oder Schlachter waren. Wir wurden vorgelassen, standen wir irgendwo an, hatten wir mal keine Busfahrkarte, genügte ein Augenaufschlag, und der Busfahrer ließ uns so durch gehen, usw. Jetzt, da wir erwachsen waren, taten sich andere Möglichkeiten auf, aus unserer Schönheit Profit zu schlagen. Nachdem meine Schwester und ich unser Abitur mit einem Notendurchschnitt von 1,2 gemacht hatten, zog es uns weit weg in die Bundeshauptstadt zum Studieren. Weit weg von der erdrückenden Landidylle, rein in die pulsierende, niemals schlafende Großstadt.

Unsere Eltern ließen uns nicht gern gehen, aber sie wussten, dass wir auf dem Land nicht glücklich würden. Spätestens nach meinem Outing war ihnen bewusst, dass ich meine sexuelle Neigung hier auf dem Land nicht würde ausleben können. Da sie uns glücklich sehen wollten, stimmten sie dem Umzug schließlich zu.

Jetzt waren drei Jahre vergangen, drei Jahre, in denen meine heiß geliebte Schwester Clarissa und ich sehr schnell zu Stadtmenschen geworden waren. Stadtmenschen, die mit dem spärlichen BAföG und den noch spärlicheren Zuwendungen der Eltern hinten und vorn nicht zurechtkamen. Denn unser Lebensstil hatte sich grundlegend verändert. Hatten wir vorher Hausmannskost von Mutti gegessen, so bestellten wir jetzt, faul wie wir waren, lieber Pizza oder Sushi. Tat es vorher der Sekt von Aldi, so musste es jetzt teurer Prosecco sein. Natürlich waren uns die Klamotten von H&M auch nicht mehr gut genug. Und wenn man plötzlich Auswahl hat, nimmt man nicht mehr das Erstbeste. Crissi entwickelte, wie wohl alle Frauen, einen regelrechten Schuhtick, der erst einmal finanziert werden musste.

Einzig das Ausgehen gestaltete sich günstig, weil uns dort unser gutes Aussehen mal wieder enorm half. Eigentlich wurden wir immer eingeladen oder umsonst eingelassen. Man schmückte sich gern mit gut aussehenden Gästen. Trotz allem reichte das Geld hinten und vorne nicht und so mussten wir uns mit diversen Nebenjobs Geld dazu verdienen. Crissi studierte Kunstgeschichte, und wenn in ihrer Uni männliche Modelle gebraucht wurden, stand ich auch schon mal nackt Model, um etwas Geld hinzuzuverdienen. Ich kellnerte in einem Nobel Restaurant, fuhr Kurierdienste und arbeitete gelegentlich für eine Modelagentur. Crissi war dort auch gemeldet. Ich studierte Jura, und nebenbei hatte ich in einer renommierten Anwaltskanzlei einen bezahlten Praktikumsplatz ergattert. Das alles kostete Zeit und erforderte Organisationstalent! Davon besaß ich eine ganze Menge. Während meine fünf Minuten ältere Schwester eine kleine Chaotin war, die in den Tag hinein lebte, und es sich gut gehen ließ, schuftete ich mich halb tot. Aber so war die Rollenverteilung bei uns schon immer gewesen. Clarissa hatte die Hosen an, sie befahl und ich gehorchte.

Dafür wurde ich als Kind mit Süßigkeiten belohnt, und als Teenager mit Streicheleinheiten und kleinen Gefälligkeiten. So verschaffte sie mir Dates mit ihren Freundinnen, oder deckte mich bei meinen Eltern, wenn ich mit Männern unterwegs war. Die Beziehung zwischen meiner Schwester und mir war schon mehr als nur besonders. Man sprach ja sowieso davon, dass Zwillinge eine engere Bindung besäßen als normale Geschwister, aber bei uns beiden war es eine Art Symbiose. Der eine konnte ohne den anderen nicht, wir wussten alles voneinander, und wir hatten alles miteinander geteilt.

Und wenn ich ALLES sage, dann meine ich auch ALLES! Als Crissi und ich langsam in die Pubertät kamen, teilten wir natürlich auch unsere Ängste vor dem anderen Geschlecht. So beschlossen wir, den ersten Kuss einfach miteinander zu üben, damit wir uns nicht komplett blamierten. Das war toll und machte Spaß, und so übten wir vielleicht ein paar Mal mehr als nötig gewesen wäre. Wir hatten keine Scheu voreinander und verschwendeten auch nie einen Gedanken daran, etwas Verbotenes zu tun. Genauso verhielt es sich mit dem Petting und auch mit dem ersten Mal. Wir taten es einfach, ohne Reue und ohne schlechtes Gewissen. Es war schön, aber wir maßen dem keine große Bedeutung bei. Unsere Hormone spielten eben verrückt, Crissi sah toll aus, wir vertrauten uns, mit wem hätte man ein entspannteres erstes Mal erleben können? Und anders herum genauso, sie brauchte keine Angst zu haben, dass ich ihr weh tat, sie verletzte, oder hinterher über sie lachte. Nein, wir empfanden es als goldrichtig. Außerdem fielen wir ja nicht dauernd übereinander her. Es war ein Mal geschehen. Neugierde und Vertrauen hatte uns geleitet und einen entspannten Weg in die Sexualität mit anderen Partnern gezeigt. Wir schliefen nie wieder zusammen und hatten auch kein Bedürfnis danach.

Jetzt stand ich hier, in der Damentoilette, das süße namenlose Etwas im Arm, und die bunten Pillen, die ich eingeworfen hatte, bescherten mir einen Höllentrip.

„ Hey, Süße, ich glaub‘, ich muss an die frische Luft, was hast du mir da für ein Zeug gegeben?“ Ich hielt mich an ihr fest, und sie lächelte mich an. Anscheinend nahm sie sowas öfter, denn ihr schien es nichts auszumachen.

„Na klar, geh du ruhig! Man sieht sich!“ Sie machte sich von mir los, ließ mich einfach stehen; was für ein abgebrühtes kleines Luder! Aber irgendwie imponierte es mir, dass sie sich ihren Spaß genommen hatte und jetzt nicht wie eine Klette an mir hing. Ich wankte so gut es ging hinaus! Hoffentlich sah man mir nicht an, dass ich gerade um den Mond flog. Der Türsteher sah mich ein wenig besorgt an.

„Geht's dir gut, Ben?“ Er kannte meinen Namen, weil wir schon zu den Stammgästen gehörten. Ich lehnte mich an seine starke Schulter und ließ mich von ihm stützen. Hm, tat das gut. Gregor, so hieß der Türsteher, war ein knackiger Halbrusse, und er gefiel mir ausgesprochen gut. Jedenfalls gut genug jetzt, wo ich den Barkeeper schon abhaken musste. Gregor fragte seinen Kollegen, ob dieser mal fünf Minuten ohne ihn klarkäme und der gab ihm grünes Licht.

„Ben, was hast du genommen, du bist voll drauf, nicht wahr?“ Gregor hatte mich um die nächste Hausecke in eine Seitenstraße geführt und packte mich bei den Schultern.

„Keine Ahnung, habe vorher noch nie so etwas genommen, ist das erste Mal. Ich glaube, dass fast jede Farbe dabei war!“ kicherte ich und schaute ihn dabei mit meinen großen blauen Augen unschuldig an. Es gefiel mir, wie er mich so grob an den Schultern packte. In meinem Kopf befand sich rosa Watte. Gregor schüttelte den Kopf und strich mir eine Strähne meines pechschwarzen Haares aus der Stirn.

„Du kannst doch nicht alles durcheinander schlucken, verdammt!“ er legte seine Finger an meine Halsschlagader und überprüfte meinen Puls. Ja, das gefiel mir, dort könnte er seine Finger ruhig noch ein bisschen länger liegen lassen. Meine Beine waren plötzlich wie Wackelpudding und gaben dementsprechend nach. Gregor fing mich auf. Der stämmige süße Russe hatte mit meinem eher schlanken Körper null Probleme. Ich hatte zwar die Muskeln am richtigen Fleck, aber gegen dieses Testosteronpaket sah ich schon alt aus.

„Hey, langsam.....fall mir nicht um! Ich werde dich jetzt nach Hause bringen!“ Sein Gesichtsausdruck ließ keinen Widerspruch zu. Hoffentlich war es schon nach 2:00 Uhr, vorher brauchte ich mich gar nicht nach Hause zu trauen. Clarissa hatte die Wohnung heute für sich beansprucht. Sie hatte ein Date, mit irgendeinem ihrer Professoren. Sie stand gelegentlich auf reifere Männer, na ja, so alt war er auch nicht, Anfang vierzig vielleicht. Wahrscheinlich versprach sie sich davon einfach einen Vorteil bei der nächsten Klausur. Im praktischen Mitdenken war sie ja nicht schlecht.

Gregor sagte seinem Kollegen Bescheid, dass er für heute Schluss machen würde, und fasste mich dann unter. Ich legte meinen Arm um ihn und genoss es, dass er mich so festhielt. Zwei Blocks weiter stand Gregors Auto, ein klapperiger VW Golf. Egal, Hauptsache nicht mehr laufen. Ich glaube Gregor hatte seine wahre Mühe, mich in sein Auto zu bekommen, mittlerweile hing ich nur noch wie ein nasser Sack in seinen Armen. Trotzdem bekam ich noch mit, dass er mich dabei überall berührte, und seine Finger an manchen Stellen länger als nötig liegen ließ.

„Mann, oh Mann, du machst mir Spaß, versprich mir, dass du so was nicht mehr nimmst!“, er saß jetzt neben mir und ließ den Wagen an. Ich brummte ein „OK!“ und lächelte ihn schief an.

„Wo wohnt ihr?“, fragend sah er auf mich herab, war ich doch schon etwas schräg gegen ihn gerutscht. Ich nannte ihm die Adresse, und er nickte anerkennend mit dem Kopf. Ja, Clarissa und ich hatten uns auch bei der Wohnung nicht lumpen lassen und natürlich das Budget überzogen. Die Fahrt würde ungefähr eine halbe Stunde dauern, und so kuschelte ich mich einfach an Gregor, der es mit einem schiefen Seitenblick zuließ. Irgendwann legte er sogar den Arm um meine Schulter, ließ die Hand ab und zu in meine Haare gleiten, und zerwühlte sie leicht. Sollte ich vielleicht doch noch auf meine Kosten kommen? In der nächsten Kurve ließ ich mich weiter runter rutschen, so dass ich mit dem Kopf auf seinem Schoß zu liegen kam.

„Pass auf, so kann ich nicht fahren!“

Statt mir aufzuhelfen, legte er seine Hand auf meinen Kopf und vergrub die Finger in meinem Haar. An meiner Wange konnte ich spüren, wie der Inhalt seiner Hose langsam, aber stetig größer und härter wurde. Ja, frohlockte ich, hatte ich doch wieder einmal richtig gelegen. Gregor hatte mir schon öfters Blicke zugeworfen, die ich anscheinend doch nicht falsch gedeutet hatte. Jetzt nur keinen Fehler machen. Ich begann, seinen Oberschenkel leicht zu streicheln, rutschte etwas höher, langsam, sehr langsam. Es kam kein Protest und keine Gegenwehr. Als ich den Kopf hob, und meine Hand auf die harte Beule in seiner Hose legte und diese sanft drückte, vernahm ich ein unterdrücktes Aufstöhnen. Hoffentlich versagten mir meine Finger jetzt nicht ihren Dienst, denn die Knöpfe seiner Jeans waren gar nicht so leicht zu öffnen, spannte diese doch schon ziemlich im Schritt. Schließlich war es geschafft. Eine weiße, prall gefüllte „Celvin Klein“ Unterhose kam zum Vorschein, und nachdem ich mich vergewissert hatte, dass Gregor auf die Straße achtete, ließ ich meine Finger in seine Unterhose gleiten und befreite seinen mehr als stattlichen Schwanz aus seinem Gefängnis!

 Was soll ich sagen, Gregor ging voll darauf ab, als ich begann, ihn mit dem Mund zu verwöhnen. Die Hand, die auf meinem Kopf lag, drückte mich nach unten und zwang mich, tief zu schlucken. Ja, genau so wollte ich es haben. Ich liebte es, fremdbestimmt zu werden. Lange dauerte es nicht, und Gregor feuerte sein russisches Maschinengewehr direkt in meinen Mund ab. Das Auto schleuderte leicht, weil er offenbar nicht richtig bei der Sache gewesen war. Er fuhr rechts ran, und stellte den Motor ab, hätte er vielleicht schon eher machen sollen. Seine Hand ruhte in meinem Nacken, streichelte mich sanft, dann half er mir hoch und strich mir mit dem Daumen über meinem Mund.

„Du hast wunderschöne rote Lippen!“, stellte er fest und dann küsste er mich. Meine Belohnung für meinen selbstlosen Einsatz, denn dank der bunten Pillen, würde sich in meiner Hose heute nichts mehr tun.

Gregor brachte mich natürlich sicher nach Hause. Ich hatte Glück, denn meine Schwester schien mit ihrem Date schon das Feld geräumt zu haben. Als wir nicht gerade leise das Wohnzimmer betraten, sah ich nur noch die Reste ihres Dinners vor dem Kamin stehen. Jawohl, ihr habt richtig gehört. Clarissa wollte unbedingt diese Wohnung, weil das Wohnzimmer ein gläserner Kamin schmückte. Und nicht nur das, wir hatten diese Wohnung komplett möbliert übernommen. Sie war modern und minimalistisch eingerichtet, genau unser Stil.

„ Schschscht, ... leise!“ flüsterte ich kichernd. Gregor küsste mich von hinten in den Nacken. Die Proteinkur, die er mir verabreicht hatte, verhalf mir kurzzeitig zu neuem Leben. Wir schnappten uns noch ein paar Reste des feudalen Abendessens meiner Schwester und ihres Professors, und verzogen uns dann in mein Zimmer. Eigentlich hatte ich nicht erwartet, dass Gregor noch mit zu mir kommen würde, und ehrlich gesagt, war ich auch viel zu müde, um jetzt noch alles umzureißen, aber rausschmeißen wollte ich ihn auch nicht. Na ja, was war schon gegen einen kuschelig warmen Körper, der einen wärmte, einzuwenden. Wir fütterten uns gegenseitig mit den Trauben und den Käsewürfeln, und machten es uns in meinem Bett gemütlich. Mir stand der Sinn nach kuscheln und dann schlafen, aber Gregor schien Lust auf meinen Körper zu haben.

Es störte ihn dabei auch nicht sonderlich, dass ich eher passiv war. Ich meine, ich bin meistens der, der den Arsch hinhält, aber trotzdem bin ich dann aktiver bei der Sache und lasse mich nicht einfach nehmen. So zog ich es vor, es mir einfach besorgen zu lassen, in der Hoffnung schnell zu meiner ersehnten Ruhe zu kommen. Leider hatte Gregor, was Ausdauer betrifft, Einiges zu bieten, und so war ich nach dem kräftezehrenden Akt total geschafft, aber auch befriedigt. Denn es war mir doch tatsächlich noch einmal gekommen. Wir müssen dann wohl eingeschlafen sein, denn als ich am Morgen aus einem nicht enden wollenden Albtraum erwachte, um was es ging, weiß ich nicht mehr, war von Gregor keine Spur in meinem Bett zu finden. Aber auf meinem Nachttisch lag ein Zettel, auf dem stand: „War schön mit dir letzte Nacht! Müssen wir vielleicht mal wiederholen!? Gregor.“ Unten drunter hatte er noch seine Handynummer gekritzelt. Schön war es letztlich tatsächlich gewesen. Mühsam schälte ich mich aus dem Bett. Mein Kopf schmerzte höllisch und mein Körper ebenfalls. Eine heiße Dusche würde mir sicher gut tun, und so war es auch.

Sauber und erfrischt begab ich mich ins Wohnzimmer, wo natürlich immer noch Chaos herrschte. Clarissa fädelte das immer wieder geschickt ein, sie wusste genau, wie sehr ich Unordnung hasste, und sie wusste ebenfalls, dass ich ein Frühaufsteher war. Wer also beseitigte die Unordnung, wusch ab und brachte den Müll runter? Ich natürlich. Als sie sich dann gegen Mittag aus dem Bett schälte, nicht allein, versteht sich, betraten sie und ihr Professor einen sauberen Wohnraum. Sie fanden einen gedeckten Frühstückstisch vor und brauchten sich nur noch den Kaffee selber aufzubrühen.

Ich grüßte höflich: „Gestatten, Ben ist mein Name, Benjamin von Wulfenstein.“ Er drückte mir die Hand, die ich ihm gereicht hatte, nannte mir aber unhöflicherweise nicht seinen Namen. Da mir nicht der Sinn nach weiterer Konversation stand, verzog ich mich zum Lernen in mein Zimmer. Bald standen wichtige Klausuren an, und dank meiner diversen Nebenjobs kam das Lernen oft viel zu kurz. Ich hatte mir angewöhnt, den Stoff auf Band zu sprechen, so konnte ich während der Kurierfahrten über Kopfhörer lernen. Genau so machte ich es jetzt, aber irgendwann fielen mir die Augen einfach zu und die letzte Nacht forderte ihren Tribut!

Clarissa schwärmte mir am Abend von ihrem Lover vor, wie zärtlich er doch wäre, und wie zuvorkommend, und wie gut er im Bett gewesen wäre und und und.... Ich hielt mir irgendwann die Ohren zu. Wichtiger für mich war es, ob sie irgendeinen Vorteil davon hatte, mit ihm zusammen zu sein. Sie erklärte mir, dass sie offiziell nicht zusammen wären, denn er hätte einen Ruf zu verlieren. Klar, das war so klar!!! Aber, und jetzt kam es: Sie hatte eine Geldquelle aufgetan. Nein, sie ließ sich nicht aushalten. Das würde ja an Prostitution grenzen. Er hatte ihr einen Job im Archiv besorgt. Sie musste Kunstwerke katalogisieren und wurde dafür ansehnlich entlohnt. Hey, das hörte sich gut an, und ich war überrascht, dass meine faule Schwester auch mal gedachte zu arbeiten.





Kapitel 2



Die nächste Woche begann so stressig wie üblich. Morgens Uni; Mann, wie anstrengend, irgendwie schienen die bunten Pillen vom Samstag noch immer Nachwehen in meinem Geisteszustand zu bewirken. Es fiel mir verdammt schwer, mich zu konzentrieren. Gleich nach der Uni fuhr ich auf dem schnellsten Weg zum Kurierbüro. Mit haufenweise Post in der Tasche verließ ich es, stopfte mir die Ohrhörer hinein, und los ging es. Lernen, während ich mich auf den Verkehr konzentrieren musste. Das klappte mittlerweile ganz gut. Die Stadt war voll wie immer, sie schlief nie, immer tobte das Leben, und das wiederum hielt mich am selbigen. Ich liebte das geschäftige Treiben um mich herum.

Wie ein riesiger Ameisenhaufen, alle hatten eine Aufgabe, jeder wusste wohin, ein geordnetes Chaos. Die ersten Briefe lieferte ich noch schnell und ohne Probleme ab. Dann benötigte ich die Hilfe meines iPhones. Die Navigationssoftware leitete mich zur nächsten Adresse. Es war ein kleines Büro in einer versteckten Seitengasse. Ich benötigte eine Unterschrift, dass ich das kleine Päckchen auch wirklich abgegeben hatte. Sah das Haus von außen ein wenig schäbig aus, so war ich umso mehr überrascht, als ich eintrat. Ich stand in einem freundlich modernen Raum mit einzelnen Büronischen, an denen sehr adrett aussehende Damen ihrer Arbeit nachgingen.

„Guten Tag, bin ich hier richtig, beim ‚Begleitservice Bremsche’?“ Erst jetzt fiel mir auf, in welch einem pikanten Gewerbe ich gelandet war. Eine der netten Damen stand sogleich auf, kam auf mich zu und sagte: „Das kommt ganz darauf an, was Sie von uns wollen.“ Sie zog eine ihrer schön geschwungenen Augenbrauen nach oben und sah mich aufmerksam an.

„Nun, ich habe ein Päckchen für...!“ Ich musste noch mal nachschauen, in wessen Hände ich das Paket geben musste, „Für Frau Bremsche persönlich!“ Zufrieden nickte ich. Die nette Dame hieß Gudrun, das stand wenigstens auf ihrem Namensschild. Sie wies mich an, einen Augenblick zu warten und verschwand hüftschwingend durch eine der hinteren zwei Türen. Ungefähr drei Minuten später erschien sie wieder, und winkte mich her. Ich beeilte mich, zu ihr zu kommen.

„Die Chefin empfängt Sie jetzt!“ Um mir das zu sagen, kam sie ganz nah an mein Ohr, so dass sich alle Härchen in meinem Nacken aufstellten. Mein Gott, ich wollte lediglich ein kleines Paket abgeben und hier wurde ein halber Staatsakt daraus gemacht. Na ja, das war nicht das erste Mal, dass mir komische Geschichten bei der Auslieferung passierten. Einmal, ich weiß noch als wäre es erst gestern passiert, hatte ich ein Päckchen an eine Domina auszuliefern. Ich weiß nicht, wen sie erwartet hatte. als ich an der Tür klingelte, aber ich war es bestimmt nicht. Als ich gerade mein Anliegen vorbringen wollte, verbot sie mir barsch den Mund: „Noch ein Wort, Bürschchen, und es knallt, ich habe hier das Sagen!“ Sie packte mich grob am Arm, und zerrte mich in ihre Wohnung. „Aber ich“, weiter kam ich gar nicht, weil sie mir sofort einen ledernen Knebel in den Mund stopfte. Woher sie den plötzlich hatte? Keine Ahnung! Jetzt jedenfalls steckte er in meinem Mund und hinderte mich daran, zu erklären, dass ich nicht der war, den sie erwartet hatte. Die Dame war Ende Dreißig, etwas stabil und hatte ihre drallen Rundungen in ein viel zu enges Latexkleid gestopft. Ihre fleischigen Beine steckten in Netzstrumpfhosen und Stiefeln. Ihr Gesicht dagegen war eigentlich richtig hübsch, wäre da nicht der strenge Zopf gewesen, der schrecklich rote Lippenstift und die zu einer feinen Linie gezupften Augenbrauen, die sie seltsam übertrieben streng wirken ließen. Meine Tasche war mir vor Überraschung und Entsetzen aus der Hand gefallen, und ich hob abwehrend die Hände vor meinen Körper, aber sie schlug mir mit ihrer Gerte einmal auf die Finger, so dass ich ganz zahm wurde. Sie packte mich am Schlafittchen, und führte mich eine Tür weiter in ihre Folterkammer. Oh mein Gott, ich schüttelte den Kopf und brummte aufgeregt, was sie einfach ignorierte. „Die Kunden werden auch immer jünger!“, murmelte sie vor sich hin.

„Hallo, ich bin kein Kunde, ich bringe nur die Post!“, dachte ich verzweifelt, während sie mich mit den Händen an einem Kreuz festschnallte. „So Sklave, du bist jetzt dort wo du hin gehörst, und du wirst tun, was ich dir sage, sonst spürst du meinen Zorn auf deinem Hinterteil! Verstanden?“ Herrisch sah sie mich an und schlug mir mit der Gerte einmal auf den Oberschenkel. Ich kniff vor Schmerz die Augen zusammen. Eifrig nickte ich, um die Gerte nicht noch mal spüren zu müssen. Ganz nah kam sie zu mir her, öffnete Knopf für Knopf mein Hemd, und legte meine haarlose Brust frei. Ihre Finger, eigentlich müsste man sagen Krallen, fuhren über meine Nippel und sie kniff mir hinein, dass der Schmerz durch meinen Körper fuhr. Sie wiederholte das Ganze ein paar Mal, und dann holte sie sogenannte Nippelklemmen, die sie an mir befestigte. Mann, tat das weh! Aber wehren konnte ich mich nicht. Immer wenn ich laut brummend jammerte, schlug sie mir mit der Gerte hart auf meinen Oberschenkel. Schließlich hatte sie das Gejammer satt, holte einen Bock aus der Ecke und kam langsam drohend auf mich zu.

„So mein Lieber, du gehst jetzt durch das Tal der Schmerzen!“ Während sie das sagte, hatte sie mir meine Hose geöffnet und zog sie samt Unterhose mit einem Ruck herunter. „Wage es nicht, irgendwelche Fluchtversuche zu starten.“ Sie schnallte meine mittlerweile tauben Hände los und führte mich in die Mitte des Raumes zum Bock, über den ich mich mit bloßem Hinterteil beugen musste. Ich spürte, wie sie mit der Gerte ein paar Mal fast sanft über meinen nackten Po fuhr, bevor sie ausholte und die Gerte mit einem zischenden Geräusch auf meinen Po klatschte. Mir schossen die Tränen in die Augen.

Sie wechselte ihr Spielzeug, holte eine breite Klatsche aus ihrem Folterschrank. Wahrscheinlich war ihr aufgefallen, dass mein zarter Po noch jungfräulich war, jedenfalls was Schläge anging. Die breite Klatsche klopfte mir mein Hinterteil eher weich, was wesentlich angenehmer war, wenn man überhaupt von angenehm sprechen konnte. Warum nur musste ich das ertragen? Obwohl ich sexuell sehr aufgeschlossen bin, war diese Behandlung gar nicht Lust fördernd für mich, obwohl ich bemerkte, dass mein kleiner Freund gar nicht so schlecht durchblutet wurde. Meine Peinigerin schien sich jedenfalls bestens zu amüsieren. Mein Hinterteil brannte mittlerweile wie Feuer. Ich entschloss mich dazu, die Flucht nach vorn anzutreten, da vernahm ich ein Klingeln. Das musste die Haustür sein, wahrscheinlich kam jetzt der echte Kunde.

Ich hoffte, dass sie ginge, um die Tür zu öffnen. Und Gott schien meine Gebete erhört zu haben. Sie ging, nicht ohne mich zu ermahnen, mich nicht von dem Bock weg zu bewegen. Kaum hatte sie den Raum verlassen, da begann ich mich auch schon von dem Knebel und den provisorischen Fesseln zu befreien. Gerade als ich dabei war, mir die Hose wieder über mein schmerzendes Hinterteil zu ziehen, betrat sie leichenblass ihre Folterkammer, einen Mann Anfang dreißig, Beamtentyp hinter sich herziehend. Diesen band sie sofort an ihr Holzkreuz und steckte ihm einen roten Gummiballknebel in den Mund. Dann kam sie ziemlich zerknirscht auf mich zu. Ich wich zurück, vor Schmerzen stöhnend.“ Es tut mir so leid, wie kann ich das wieder gut machen, und darf ich fragen, wer Sie überhaupt sind?“ Ihr Gesicht wirkte jetzt weich und sie war richtig hübsch. Ich rappelte mich auf, nahm eine Schonhaltung ein, damit die Hose nicht an meinem Po rieb. Ich setzte mein wohlerzogenes Gesicht auf und antwortete:“Gestatten Sie, Ben ist mein Name. Benjamin von Wulfenstein, und ich bin der Paketbote!“

Ja, da schaute sie ziemlich dumm aus der Wäsche. Unter tausend Versuchen, sich bei mir zu entschuldigen, unterschrieb sie mir schließlich das Formular, und zum Abschied reichte sie mir eine Creme, die kühlende und heilende Wirkung besitzen sollte. Ich übergab ihr das Paket und sah zu, dass ich diese Wohnung des Grauens schnellstens verließ. Nur schnellstens ging gar nichts mehr. Ich konnte kaum laufen, geschweige denn auf meinem Fahrrad sitzen, und so bestellte ich mir schließlich ein Taxi und ließ das Rad angekettet stehen. Zuhause angekommen, schaute ich mir erst einmal die Bescherung an. In unserem großen, fast mannshohen Spiegel, leuchtete mir ein pavianroter Hintern entgegen. Ich besorgte mir Eiswürfel und legte mich bäuchlings auf unser Sofa. Ein wenig wurde der Schmerz gelindert, aber ich jammerte still vor mich hin, bis meine Schwester nach Hause kam. Ich erwartete liebevolle Fürsorge, doch stattdessen prustete sie vor lauter Lachen erst einmal los. Sie lachte mich doch allen Ernstes aus! Na ja, ich muss zugeben, dass mein Hinterteil schon irgendwie ein wenig lustig aussah. Nachdem sie sich auf meine Kosten genug amüsiert hatte, versorgte sie meinen geschundenen Po mit der Salbe, die mir die resolute Domina mitgegeben hatte. Ich musste mich eine Woche lang krankschreiben lassen und sämtliche Dates absagen, denn ans Vögeln war in diesem Zustand nicht zu denken. Ja das war eine meiner Erfahrungen, die ich eigentlich gern aus meinem Gedächtnis streichen würde, die aber so extrem war, dass sie wohl auf immer dort eingebrannt bleiben wird.

Das Ganze hatte mich etwas misstrauisch gemacht, speziell Frauen gegenüber, und so betrat ich vorsichtig das Büro. Hinter einem gläsernen Schreibtisch saß eine Dame mittleren Alters. Ihre roten Haare hatte sie zu einer turmähnlichen Frisur hochgesteckt. Einzelne Haarsträhnen hatten sich gelöst und umrahmten ihr Gesicht. Sie war nicht wirklich schön, aber mit ihrem sinnlichen Mund und ihrer massigen Oberweite, sicherlich ein Fleisch gewordener Traum für viele Männer ihres Alters. Ich entschied, dass von ihr keine Gefahr für mich ausging. „Guten Tag, ich komme vom Kurierdienst, und ich habe ein Päckchen für Sie. Ich brauche eine Unterschrift von Ihnen!“ Überaus korrekt, wie ich nun einmal war, legte ich erst das kleine Päckchen vor ihr auf den Tisch und kramte dann die Liste hervor, auf der ich die Unterschrift benötigte.

Mit ihren schlanken Fingern griff sie danach und lächelte, als sie den Absender las. Ich fragte mich, was in dem Päckchen wohl drin sein mochte. Das fragte ich mich häufig, und manchmal brachte mich die Neugierde fast um den Verstand. Frau Bremsche jedenfalls schien sich zumindest über den Absender zu freuen. Zackig griff sie sich einen sehr teuer aussehenden Kugelschreiber und setzte eine kaum leserliche Unterschrift auf meine Liste, die sie mir dann zurück reichte. Ich bedankte mich, und verabschiedete mich höflich, wandte mich um, und wollte den Raum verlassen, da ertönte ihre rauchige tiefe Stimme hinter mir: „Junger Mann, bitte gehen Sie noch nicht, ich habe ein Angebot für Sie!“ Sofort beschleunigte sich mein Puls.

Was mochte denn jetzt wieder kommen. Langsam drehte ich mich um und straffte meine Schultern. Sie lächelte leicht amüsiert und zeigte dann auf den Stuhl, der vor ihrem Schreibtisch stand. Gut, jetzt ruhig bleiben, sie schien gute Manieren zu besitzen. Anhören konnte ich mir ja mal, welches Angebot sie mir unterbreiten wollte. „Sie sind ein charismatisches Bürschchen, das ist mir schon aufgefallen, als Sie vorhin unser Büro betraten. Meine Angestellten sind sofort nervös geworden und haben sich die Haare gerichtet und die Kleidung glatt gezogen. Sie wirken auf Menschen, aber ich denke, das wissen Sie auch!“, endete ihre Ansprache. Ich schaute sie weiter unverwandt an und beantwortete unhöflicherweise ihre Frage nicht.

„Nun gut, ich bin die Besitzerin dieser renommierten Begleitagentur. Ich bin ständig auf der Suche nach neuen frischen, gebildeten Mitarbeitern. Mitarbeiter, die meinen Kunden gefallen könnten und Sie wären genau so jemand. Ich biete Ihnen einen Job an, einen der bei Weitem besser bezahlt wird als der, den Sie zurzeit machen!“ Sie sah mich mit festem Blick an, nachdem sie geendet hatte. In meinem Kopf arbeitete es heftig und sie wusste das genau, war sich ihrer Sache sehr sicher. Wahrscheinlich hatte sie schon sehr oft auf diese Weise bekommen, was sie wollte. Mehr Geld, wahrscheinlich einfacher verdient, ... ja, nein, ob es einfacher verdient wäre, musste ich erst mal herausfinden.

Ich räusperte mich: „Darf ich fragen, was ich für das einfach verdiente Geld genau tun muss?“ Sie lächelte hintergründig, bevor sie antwortete: „Nichts, was Sie nicht wollen, falls Sie darauf anspielen, ob Sie nur ihren Geist oder auch Ihren Körper verkaufen sollen! Ich setze Sie nur so ein, wie Sie es möchten? Klar ist natürlich, dass Jobs, bei denen das Ende offen ist, auch sehr viel besser bezahlt werden!“ Sie musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen und siegessicherem Schmunzeln. Ich ärgerte mich, dass sie so einfach gewann, aber das war ein Angebot, das ich nicht ausschlagen konnte. Ich stimmte also zu, und sie fischte flugs einen Vertrag aus ihrer Schreibtischschublade.

„Wie ist Ihr Name?“, sie blickte bei der Frage nicht auf.

„Gestatten Sie, Ben ist mein Name, Benjamin von Wulfenstein! Ach und geben Sie mir doch gleich noch einen Vertrag für meine verzogene Zwillingsschwester mit, ich glaube, sie hätte auch Interesse!“ Ihr Grinsen wurde noch breiter bei dem Gedanken, noch einen weiteren attraktiven Menschen in ihre Kartei aufnehmen zu können. Nachdem sie alle wichtigen Daten aufgenommen hatte, verabschiedete ich mich und wir besiegelten unsere neue Geschäftsbeziehung mit Handschlag!

Ich hatte sehr genau überlegt, welche Angaben ich machen sollte. Für mich kam es nicht infrage, meinen Körper feilzubieten. Dachte ich zu dem Zeitpunkt jedenfalls, darum wollte ich mich nicht nur als Begleitung für Damen, sondern auch für Herren bereitstellen. Sie war sehr erfreut, dass ich auch den Herren gegenüber nicht abgeneigt war, obwohl sie sich das schon gedacht hatte. Ich fragte mich, woran sie das festgemacht hatte. Ich, für meinen Geschmack, verhielt mich nicht irgendwie tuntig, ich mag es nicht, wenn man sich zu weibisch verhält. Ich bin ein Mann mit Eiern zwischen den Beinen. Mal sehen, was Clarissa dazu sagen würde. Als ich an diesem Tag nach Hause kam, stieg mir schon der süßlich schwere Duft ihres Lieblingsschaumbades in die Nase.

War ja klar, dass sie es sich schon richtig gemütlich gemacht hatte, während ich gerade mal zu Hause angekommen war. Und wie gemütlich sie es sich gemacht hatte, sah ich, als ich das Bad leise betrat. Vollkommen entspannt, mit einem Handtuch um den Kopf, lag sie in der der großen, frei stehenden Badewanne. Die Augen geschlossen, den Mund, der feucht glitzerte, leicht geöffnet, schien sie mit der Selbstliebe beschäftigt. Eine Hand war unter Wasser beschäftigt, mit der anderen strich sie sich sanft über ihren wohlgeformten Busen. Ich liebte diesen Anblick, sie war wirklich wunderschön, erst recht, wenn sie sich selbst liebte. Es war schön, in ihr erregtes Gesicht zu schauen. Jetzt spannte sie sich und bog ihr Kreuz durch. Als sie kam, drückte sie ihre Schenkel fest zusammen, das kannte ich schon von ihr. Die Anspannung wich aus ihren Gesichtszügen, und ein erleichterter, weicher und befriedigter Ausdruck erschien stattdessen. Sie hob träge ein Stück weit die schweren Augenlider und lächelte mich an. Worte waren nicht nötig. Ich küsste sie auf die Stirn, erhob mich dann, um sie in Ruhe runterkommen zu lassen. Was wir zu besprechen hatten, das konnte warten. Was nicht mehr warten konnte, war der Druck, der sich in meiner Hose aufgebaut hatte, und so verließ ich das Bad, begab mich in mein Zimmer, und besorgte es mir selbst.





Kapitel 3


Eine halbe Stunde später trafen wir im Wohnzimmer wieder aufeinander und ich eröffnete ihr, welch interessanten und vor allem gut bezahlten Job ich für mich und für sie aufgetan hatte. Sie wirkte nur kurz nachdenklich und dann hocherfreut. Dafür Geld zu bekommen, dass man gepflegt essen ging, jemanden auf Feiern oder andere, bestimmt interessante Events zu begleiten, und nebenbei eventuell auch noch wichtige Kontakte zu knüpfen, was konnte es Besseres geben. Ja, da stimmten wir überein.

Dass der Job auch Schattenseiten hatte, stellten wir erst später fest und am schmerzhaftesten von uns beiden leider Clarissa, aber dazu später. Erst einmal gestaltete sich die Woche so wie jede andere auch. Studieren, arbeiten, schlafen, wenn es sich ergab, auch Sex. Gregor hatte sich noch mal gemeldet und wir verbrachten eine leidenschaftliche Nacht miteinander. Der süße Russe wusste mit seinem und mit meinem Körper gut umzugehen, und so verschaffte er mir ein paar tolle Höhepunkte. So hetero, wie er sich als Türsteher immer gab, war er nicht.

Die Agentur hatte sich noch nicht bei uns gemeldet und so arbeitete ich weiterhin für den Kurierdienst. Heute allerdings hatte ich eine vier Stunden Schicht im „Goldenen Hirsch“ abzuarbeiten. Das alteingesessene Nobelrestaurant lag an der Spree, mit Blick aufs Wasser. Vor einem Jahr hatte es der Sohn des Besitzers übernommen und einige Änderungen vornehmen lassen, die das Lokal moderner machten. Auch die Arbeitskleidung hatte sich geändert. So mussten wir immer ganz in schwarz gekleidet sein, und trugen eine lange, bis zum Boden reichende Schürze in dunkelrot, mit einem kleinen goldenen Logo vom „Goldenen Hirsch“.

Mit viel Pomade frisierte ich mein schwarzes, fast kinnlanges Haar nach hinten, und zog mir vorn einen akkuraten Seitenscheitel, wie ich es immer tat, wenn ich dort arbeitete. Die schmale schwarze Hose und das eng anliegende schwarze Oberhemd standen mir wie immer hervorragend. Die anderen Kellner hassten mich für mein gutes Aussehen, brachte es mir doch massenhaft Trinkgeld ein. Natürlich nicht nur mein gutes Aussehen! Wir waren zwar verarmter Adel, hatten aber dennoch eine gute Erziehung genossen, und daher wusste ich, wie man sich in gehobenen Kreisen benahm, was für Kleinigkeiten sie zu schätzen wussten, wie man sich am besten einschleimte! Ja, ich war mein Geld wert, denn alle waren sehr zufrieden mit mir. Im „Goldenen Hirsch“ angekommen, schaute ich als erstes in das Reservierungsbuch und die Nummern der Kellner, die dahinter standen. Mir waren Tisch fünf und Tisch sieben zugeteilt. Jeweils eine Gesellschaft von mindestens sechs Personen. Doch Halt, welcher Name stand denn da?

„Richter & Partner“, das war doch die Anwaltskanzlei, in der ich mein Praktikum machte. Na, besser konnte es ja nicht laufen. Wenn ich heute alles richtig machte, dann ließ sich bestimmt noch mehr als ein Praktikumsplatz rausholen.

Ich googelte noch schnell auf meinem iPhone, ob es irgendetwas besonders Wissenswertes über „Richter& Partner“ zu erfahren gab, und stieß dabei auf seine drei Söhne, von denen ich in der Firma noch nie einen zu Gesicht bekommen hatte. Vielleicht hatte das feudale Essen heute mit seinen Kindern zu tun. Meine Intuition war mal wieder goldrichtig gewesen, pünktlich um 20:00 Uhr standen mein Chef nebst Gattin und zwei jungen Männern auf der Matte. Der Empfangschef führte die Herrschaften an den für sie vorgesehen Tisch, an dem ein Platz frei blieb.

Na, Sohn Nummer drei verspätete sich wohl ein wenig. Wenn ihn das mal nicht gleich bei Daddy in Ungnade fallen ließ. Ich gab ihm noch fünf Minuten, bevor ich an den Tisch ging und den Anwesenden einen guten Abend wünschte. Noch hatte mein Chef mich nicht erkannt. Ich nahm die Bestellung für die Getränke auf und erhaschte ein paar Wortfetzen über Phillip, den verlorenen, nein, fehlenden Sohn.

Allem Anschein nach verspätete er sich öfter, was die Anwesenden langsam satt hatten. Herr Richter äußerte sich sehr missbilligend über die Verspätung und die beiden anderen Söhne, beide ein Abbild des Vaters, pflichteten nur allzu gern seiner Rede bei. Nur Frau Richter verteidigte ihren anscheinend jüngsten Sohn. Wie konnte ich dem unbekannten Sünder bloß zur Hilfe eilen. Ich startete einen Frontalangriff, wusste aber nicht, ob es gut gehen würde. Ich trat an den Tisch und brachte eine unglaubliche Lüge hervor:“Darf ich kurz stören, Herr Richter, ihr Sohn lässt sich entschuldigen, aber sein Auto hatte eine Panne, darum verspätet er sich ein wenig!“

Mir wurde für meine Auskunft gedankt und die bösen Zungen am Tisch verstummten. Jetzt musste ich nur noch den Unbekannten abfangen und ihm von meiner Notlüge berichten. Verstohlen behielt ich die Tür im Auge und hoffte, ihn zu erkennen. Nebenbei musste ich natürlich meine Arbeit verrichten, was mir sehr schwerfiel, und dann sah ich einen Schatten vor der Tür, der sich hastig durchs Haar fuhr und seine Kleidung glatt zog. Ich beeilte mich zur Tür zu kommen, ohne Aufsehen zu erregen. Und da stand Phillip Richter, ganz unverkennbar, seiner Mutters Sohn. Er war ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, nicht seinem Vater, wie die anderen zwei. Ich schätzte ihn um die dreißig, aber er hatte einen jungenhaften Charme und sein honigblondes Haar lud dazu ein, die Hände darin zu vergraben. Ich war vom ersten Augenblick an fasziniert von diesem Mann und vergaß darüber fast meine Rettungsaktion.

„Hallo, darf ich Sie fragen, ob Sie der jüngste Sohn von Herrn Richter sind?“, ich verbeugte mich leicht. Er nickte überrascht und sah mich neugierig an.

„Was kann ich für Sie tun?“ Seine Stimme hatte einen vollen Klang.

„Ich habe mir erlaubt eine kleine Notlüge für Sie bei Ihrer Familie anzubringen, da Sie leicht in Ungnade gefallen waren, aufgrund ihrer Verspätung. Sie hatten ein technisches Problem mit dem Auto und sind jetzt mit dem Taxi hier. Darf ich mir erlauben, Ihr Auto sicherheitshalber umzuparken?“, endete ich. Erstaunen erschien auf seinem Gesicht und ein scheues Lächeln.

 

„Der schwarze VW-Beetle-Cabrio da hinten und danke!“

Er gab mir den Schlüssel und ich eilte davon, um den Wagen schnell zu verstecken. Da wir eine hauseigene Garage besaßen, ging die Aktion relativ schnell. Und jetzt auf ins Gefecht! Die Herrschaften hatten ihren Aperitif bereits bekommen und ich übernahm meinen Tisch wieder, überreichte die Speisekarten und ließ sie erst einmal in Ruhe wählen. Dabei durfte ich mich nicht zu weit vom Tisch entfernen, falls es Fragen bezüglich des Menüs geben sollte. Natürlich spitzte ich die Ohren, denn es interessierte mich brennend, was sich die Familie zu erzählen hatte. Irgendwann schienen sich alle für ein Menü entschieden zu haben und ich trat erneut an den Tisch, um die Bestellung entgegenzunehmen. Ich musste aufpassen, so souverän wie sonst zu sein, denn die Anwesenheit von Phillip Richter machte mich irgendwie nervös. Als ich seine Bestellung aufnahm, sah er mir direkt in die Augen und schenkte mir ein scheues, dankbares Lächeln. Dieses samtige Braun seiner Augen war unbeschreiblich.

Die Reihe war jetzt an Phillips Vater, der mich die ganze Zeit anstarrte.

„Junger Mann, Sie kommen mir sehr bekannt vor!“, sagte er schließlich.

Ich schenkte ihm ein strahlendes Lächeln und erwiderte:“Das mag daran liegen, dass ich für Sie arbeite. Ich mache in Ihrer Kanzlei ein Praktikum und laufe Ihnen gelegentlich über den Weg, oder lege Ihnen Akten zur Unterschrift vor. Gestatten Sie, Ben ist mein Name, Benjamin von Wulfenstein.“, endete ich.

 

Erstaunt und dann beeindruckt sah er mich an. Er nickte anerkennend und sah alle seine Söhne leicht strafend an:“Seht ihr, so sollte das eigentlich gehen. Das Studium mit seiner eigenen Hände Arbeit zu finanzieren, davor habe ich Respekt. Nur weiter so, Herr von Wulfenstein!“ Ich bedankte mich höflich, nahm die restlichen Bestellungen auf und ließ die Herrschaften wieder allein. Der Abend verlief glatt und reibungslos. Ab und zu spürte ich, wie Phillip Richter mir hinterher blickte, und wenn ich eine persönliche Bestellung von ihm aufnahm, dann suchte er meinen Blick und hielt ihn fest. Aber wahrscheinlich bildete ich mir das auch nur ein, weil ich wollte, dass es so wäre. Nachdem sie ein langes Vier-Gänge-Menü genossen hatten, bezahlten sie. Ich reichte ihnen ihre Jacken, half ihnen auch hinein und erhielt ein fürstliches Trinkgeld. Man dankte mir für meine Dienste und verließ das Lokal. Phillip Richter kam noch einmal zurück, als seine Familie schon draußen vor dem Lokal wartete.

„Bringen Sie mir nach Dienstschluss den Wagen zu dieser Adresse!“, wies er mich verschwörerisch an und drückte mir eine Visitenkarte in die Hand. Ich nickte nur. Hätte ich ihm denn irgendetwas abschlagen können? Wie ich die nächsten Stunden hinter mich brachte, konnte ich nicht sagen. Normalerweise beruhigte mich diese Arbeit, die von viel Routine geprägt war, aber mit der Aussicht, bald wieder in diese braunen Augen schauen zu können, war an innere Ruhe nicht zu denken.

Um 24:00 Uhr hatte ich meine Schicht endlich beendet und war um fünfzig Euro Trinkgeld reicher. Das Tollste aber war, dass ich gleich mit dem Beetle Cabrio durch Berlin brausen durfte, und außerdem noch diesen interessanten Mann treffen würde. Es war schon lange her, dass ich mich nicht nur sexuell zu jemandem hingezogen fühlte, sondern den Menschen an sich interessant fand. Und was ich während des Essens erfahren hatte, das ließ mich noch viel neugieriger auf diesen Mann werden. Anscheinend bestand zwischen den drei Brüdern eine feindselige Rivalität. Die drei hatten ihr Jura Studium mit Auszeichnung abgeschlossen, und die letzten zwei Jahre in anderen Kanzleien, zum Teil im Ausland, Erfahrungen gesammelt. Jetzt ging es darum, den Vater zu beeindrucken, denn er wollte dem Tüchtigsten von allen die Kanzlei überschreiben. Dazu sollten die drei in den nächsten Jahren in der Kanzlei des Vaters arbeiten, damit er sich selbst ein Bild machen konnte. Keine netten Aussichten, wenn man chronisch unpünktlich und unkonventionell war, während die anderen zwei ein Abbild des Vaters zu sein schienen.

Ich fuhr also offen in dem schicken Wagen und bog in die Straße ein, in der Phillip Richter wohnte. Es war natürlich eine gute Wohngegend und Phillip bewohnte die gesamte obere Etage eines Bürohauses. Ein Loft, wie ich bald feststellte, nachdem ich den Wagen in der Tiefgarage geparkt hatte und mit dem Fahrstuhl bis in die obere Etage gefahren war. Ich straffte die Schultern und versuchte, locker zu werden, als sich mit einem Ping auch schon die Türen öffneten und ich direkt in dem riesigen Raum stand, der keine Wände zu haben schien. Rundherum gab es nur Glasfenster, die vom Boden bis an die Decke reichten. Alles war minimalistisch eingerichtet, männliche Erdfarben beherrschten den Raum. Alles war in warmes Licht getaucht und in der Ecke flackerte ein munteres Kaminfeuer. Ich war ehrlich beeindruckt, denn als ich in den Raum trat und an einem der riesigen Fenster angekommen war, hatte ich einen grandiosen Blick über einen Teil Berlins, der in der Nacht atemberaubend war. Noch hatte ich Phillip nicht gesehen, aber ich hörte Schritte hinter mir, und als ich mich langsam umdrehte, sah ich ihn auf mich zukommen. Er hatte die obersten Knöpfe seines Hemdes aufgeknöpft, die Krawatte abgelegt und ich starrte auf das Stückchen nackter Haut, das sich meinen Blicken bot. Leicht gebräunt und haarlos präsentierte sich sein Dekolleté. In seiner Hand hielt er ein Glas mit Scotch. Dunkel schwappte das Getränk in einem großen Kelch. Er lächelte mich ein wenig unsicher an, während er immer weiter auf mich zukam.

„Danke, dass Sie mir aus der Verlegenheit geholfen haben. Aber warum haben Sie das getan, Sie kennen mich doch gar nicht?“ Seine weißen Zähne leuchteten, trotz des schummrigen Lichts. Ich musste hart schlucken und tief durchatmen, um die tausend Schmetterlinge, die wild in meinem Bauch umherflogen, wieder zur Ruhe zu zwingen.

„Ich weiß es nicht! Es war ein Bauchgefühl, das mich veranlasst hat, so zu handeln......“ Ich blickte genau in seine braunen Augen und wartete auf eine Reaktion, eine Antwort. Phillip Richter fuhr sich mit der Hand durch sein blondes Haar, das schon ziemlich verwuschelt aussah. Zu gern wäre ich auch mit den Händen hineingefahren, und hätte mir die seidigen Strähnen durch die Finger gleiten lassen.

„Nun, dann danke ich Ihrem Bauchgefühl, das mich vor einigen Unannehmlichkeiten bewahrt hat. Mein Bauchgefühl sagt mir, das Sie kein Geld für Ihre Gefälligkeit möchten, und so werde ich mich auf andere Weise erkenntlich zeigen, da Sie mir ja in der nächsten Zeit ständig über den Weg laufen werden. Was halten Sie fürs erste davon, wenn ich Sie vor meinen pedantischen Brüdern rette und Sie unter meine Fittiche nehme?“

Ja, wenn das nicht der Vorschlag des Jahrhunderts war, er konnte mich so viel unter seine Fittiche nehmen wie er wollte. Nur schade, dass er es nicht so meinte wie ich. Ich nickte scheu und schaute zu ihm hoch, da er gut einen halben Kopf größer war als ich. Was war los mit mir? Wo war meine ganze Souveränität geblieben? Ich benahm mich wie ein dummer Schuljunge.

Ich griff in meine Hosentasche, beförderte den Autoschlüssel zutage und präsentierte ihm diesen auf der Handfläche. Er griff danach und seine Finger berührten dabei die meinen. Schnell zog ich die Hand weg, als hätte ich mich verbrannt.

„Ben, Sie sind schon ein merkwürdiger junger Mann. Aber ich glaube, Sie hat mir der Himmel geschickt!“ Das war mein Stichwort, um mich zu verabschieden. Ich riskierte tatsächlich noch einen Händedruck zum Abschied, nur um ihn noch einmal zu berühren. Bloß schnell fort von hier, bevor ich mich total zum Affen machte. Ich drehte mich um und ging in Richtung Fahrstuhl, ließ ihn zurück. Das Ping signalisierte mir, dass sich gleich die Tür öffnen und mich von diesem Traum wegreißen würde.

Ich stieg ein, drehte mich nicht mehr um und fuhr nach unten. Dieser Mann war garantiert nicht schwul und er konnte sich Skandale auch nicht leisten, also war es besser, ihn sich gleich aus dem Kopf zu schlagen. Ich kam unten an und trat raus ins Freie. Erst da fiel mir auf, dass ich gar nicht wusste, wie ich nach Hause zurückkommen sollte. Zu Fuß würde ich glatt bis morgen früh brauchen.

Ich beschloss, mit der U-Bahn zu fahren, um mein Trinkgeld nicht gleich wieder bei einer teuren Taxifahrt zu verpulvern. Ich schlenderte langsam in meinem für mich typischen, leicht lasziven Gang die Straße entlang zur nächsten U-Bahn Station, als plötzlich neben mir Phillip Richters Wagen hielt.

„Steigen Sie ein Ben, ich fahr Sie nach Hause!“ Das Lächeln, das er mir zuwarf, entwaffnete mich völlig. Ich stieg schnell ein und drückte mich in den Sitz, von dem ich ihn aus den Augenwinkeln beobachtete. Nachdem ich ihm meine Adresse genannt hatte, fuhren wir schweigend durch die Betriebsamkeit der Nacht. Es war ein angenehmes Schweigen, bei dem ich mich wohl fühlte, ab und zu musterten wir uns beide heimlich von der Seite.

„Sie wissen es, nicht wahr?“, fragte er mich. Ich erschrak. „Ich weiß was?“

„Dass Sie eine außergewöhnliche Wirkung auf Menschen haben“, antwortete er.

„Ich habe schon viele Menschen getroffen, war jetzt zwei Jahre im Ausland, aber noch nie ist mir jemand begegnet wie Sie, Ben.“ Ich räusperte mich verlegen. Natürlich wusste ich das, was er mir offenbarte, aber es hatte mir noch nie jemand auf den Kopf zugesagt, und so bekam ich doch glatt ganz rote Wangen vor Verlegenheit.

„Man möchte Sie unentwegt ansehen und in Ihrem Blick liegt außer wacher Intelligenz etwas Natürliches, Ehrliches, etwas Unschuldiges, das man beschützen möchte.“

Seine Stimme war sehr weich geworden und er schien sich über sich selbst zu wundern, darüber was er mir gerade gesagt hatte.

„Ich bin nicht unschuldig“, war das Einzige was ich leise hervorbrachte.

„Ich bin ein Wolf im Schafspelz, immer auf der Jagd, immer wachsam“, fügte ich noch hinzu.

„Auch das passt, denn meine Neugierde darauf, zu wissen, was hinter diesem sanften, ja ich würde mich sogar dazu hinreißen lassen, zu sagen verführerischen Aussehen steckt, ist groß!“

Er fuhr sich durchs Haar, was wohl eine Angewohnheit von ihm war, wenn ihn Verlegenheit überkam. Dann lachte er plötzlich.

„Ich fasse es nicht, zu was Sie mich bringen. Ich kenne Sie nicht, doch ich mache Ihnen Komplimente, die ich noch keiner Frau gemacht habe, so als wäre es das Natürlichste auf der Welt, neben einem Mann zu sitzen und ihm zu sagen, dass er verführerisch ist und man ihn beschützen will. Ich erkenne mich selbst nicht wieder.“

Er schüttelte den Kopf.

„Sie fragten, ob ich es wüsste“, sagte ich, mutiger geworden. „Ich habe darauf nicht geantwortet, ... aber ich weiß es. Falls es Sie beruhigt, Sie sind nicht der erste Mann, der mir so etwas sagt, der sich darüber wundert und der hinterher in meinem Bett gelandet ist.“

Meine alte Souveränität war wieder da. Ich hatte mich geirrt. Weil ich verliebt war, hatte ich die eindeutigen Zeichen nicht gesehen. Mit Phillips Unsicherheit kam meine Sicherheit zurück.

Mein letzter Satz hatte ihn zusammenzucken lassen. Auch dies hatte ich nicht zum ersten Mal erlebt. Er sagte erst einmal gar nichts, schaute starr nach vorn und ich sah, wie sich die Räder in seinem Kopf heftig drehten. Die Luft im Auto knisterte vor erotischer Energie. Ich überlegte, wie ich weiter vorgehen sollte, Angriff oder abwarten? Ich entschied mich für abwarten. Ich hatte die Angel ausgeworfen, der Köder war ich selbst, nun musste mein Opfer nur noch anbeißen. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er nicht mehr widerstehen könnte. Mittlerweile bogen wir in die Zielstraße ein.

„Wir sind da“, stellte ich leise fest, löste meinen Gurt und drehte mich ihm zu.

„Danke, dass Sie mich nach Hause gebracht haben, Phillip.“ Ich sprach seinen Namen extra aus, was ihn wieder zusammenzucken ließ. Ich war schon beim Aussteigen, als er nach meiner Hand griff, um mich daran zu hindern. Ich ließ mich zurück in den Sitz fallen und sah ihn an, sein Gesicht war jetzt nur wenige Zentimeter von meinem entfernt. Ich konnte seinen Atem riechen.

„Was wollen Sie von mir, Ben?“ Sein Griff war fest und tat fast weh.

„Das hängt davon ab, was Sie von mir wollen, Phillip.“ Ich erhob mich und er ließ mich los. Irritiert schaute er zu Boden, während ich das Auto verließ und einmal drum herum ging, bis ich auf seiner Seite angekommen war. Er hatte sich mittlerweile wieder aufgerichtet, sah zu mir hoch.

„Ich will ehrlich sein, ich weiß es nicht.“ Er rieb über sein Kinn, an dem die ersten blonden Bartstoppeln durchkamen.

„Wenn Sie's herausbekommen haben, Phillip, Sie wissen ja wo, Sie mich finden!“, flüsterte ich ganz dicht an seinem Ohr, drehte mich um und ließ ihn einfach stehen. Das gehörte sich nicht, aber es gehörte zur Strategie, auch wenn es mir schwerfiel. Ich wusste, er musste erst einmal ein wenig schmoren, schmoren im eigenen Saft.

Ich suchte meinen Schlüssel in der Hosentasche, und spürte seine Blicke, die sich förmlich in meinen Rücken brannten. Mit zitternden Fingern schloss ich die Tür auf und trat schnell ein. Nachdem ich die Tür geschlossen hatte, lehnte ich mich von innen dagegen und holte tief Luft. Mann, was für ein Abend, was für eine rasante Entwicklung. Jetzt hieß es, Nerven behalten und erst mal dichthalten. Ich wollte meiner lieben Schwester Clarissa erst einmal nichts von meiner neuesten Fast-Eroberung erzählen, bis ich selbst wusste, woran ich war.

Clarissa war noch wach, als ich die Wohnung betrat und ich zwang mich, nicht sofort ans Fenster zu laufen, um zu sehen, ob Phillip Richter noch unten stand. Natürlich fragte sie mich, wo ich so lange geblieben wäre und warum ich nicht ans Handy gehen würde, und so weiter und so weiter. Blabla ... ihr leicht zickiger ungebremster Redefluss, den ich brav über mich ergehen ließ, deutete darauf hin, dass ihr Abend nicht nach ihren Wünschen gelaufen war. Ich schlenderte zum Fenster, sagte zwischendurch ab und zu: „Hm, ja ...!“ oder nickte, damit sie dachte, ich höre noch zu, war aber damit beschäftig, unauffällig aus dem Fenster zu schauen, ob er noch da wäre. Natürlich war er schon weg.

„Sag mal Ben, hörst du mir überhaupt zu?“ Sie war aufgesprungen und stand mit in die Hüften gestemmten Armen da.

„Was hast du gesagt?“

Mist, jetzt hatte ich mich verraten. Sie schüttelte mit dem Kopf und machte auf den Hacken kehrt, schritt hocherhobenen Hauptes in ihr Zimmer und vergaß auch nicht, die Tür ordentlich zuzuknallen, und das nachts um drei. Ja, das kam in den besten Häusern vor, Geschwisterstreit, selbst bei Crissi und mir. Als ich auf mein iPhone schaute, wie oft Clarissa angerufen hatte, sah ich, dass ich auch eine SMS von der Begleitagentur erhalten hatte, auf der ich gebeten wurde, mich dringend zurückzumelden. Ja, das wollte ich am Morgen gleich erledigen, jetzt stand mir der Sinn nur nach einer Dusche und meinem Bett, vielleicht auch noch nach ein wenig Selbstliebe. Ja, das wäre schön!



Kapitel 4



Die Nacht verlief ruhig und nachdem ich meine überschüssige sexuelle Energie während der Dusche abgebaut hatte, schlief ich auch ziemlich schnell ein. Der Sonntag war mir ein heiliger Tag, an dem ich grundsätzlich nicht arbeitete. Nicht, weil der liebe Herrgott es verboten hatte, sondern weil ich ihn wirklich als Ruhetag benötigte.

Als ich erwachte, strahlte die Sonne aus allen Knopflöchern und meine Laune war hervorragend. Ein wenig peinigte mich das schlechte Gewissen, weil ich Clarissa noch nichts von Phillip Richter erzählt hatte, aber ich hatte einen Grund dafür und der war ganz einfach: Ich hatte Angst, dass sie ihn mir wegschnappen würde, weil sie auf Menschen dieselbe Wirkung hatte wie ich. Und Phillip war nun mal hetero. Ich schälte mich aus dem Bett, aber erst, nachdem ich auch den morgendlichen Druck in meiner Hose abgebaut hatte und beschloss, gemütlich auf der kleinen Terrasse zu frühstücken, als mein Handy mich brummend aus meinen Tagträumen riss. Es war die Begleitagentur. Oh nein, das hörte sich sehr dringend an, und ich war versucht, gar nicht erst anzunehmen. Aber schon der gestrige Text auf meinem Handy hatte sich sehr dringend angehört. Ich nahm ab und wurde auch schon sofort zugetextet, so dass ich gar nicht zu Wort kam. Im Groben musste ich jetzt sofort eine Entscheidung treffen. Die Agentur hatte für mich und Clarissa einen pikanten Job.

Wir sollten auf einer Vernissage, auf der erotische Aktmalereien und Fotos ausgestellt werden sollten, als lebendes Buffet fungieren. Nur mit knappen Höschen bekleidet und mit einer Maske, wie man sie im Venezianischen Karneval trägt, sollten wir auf Tischen, mit Essen drapiert, unsere Körper feilbieten. Essen und Anfassen erlaubt, mehr nicht. Für drei Stunden sollten wir jeder 150€ bekommen. Das war ein gutes Angebot und ich entschied spontan, ohne Clarissa zu fragen, dass wir annehmen würden. Ich wusste, dass es jetzt schwierig würde, denn nachdem ich sie gestern Nacht so verärgert hatte, musste ich mir schon einige Überredungskünste einfallen lassen. Leise schlich ich in ihr Zimmer, wo sie splitterfasernackt, nur bekleidet mit einer pinken Schlafmaske, in ihrem mit weißer Bettwäsche bezogenen Bett lag. Ich strich ihr das seidige pechschwarze Haar aus dem Gesicht. Sie sah aus wie Schneewittchen mit ihrem roten Mund und ihrer porzellanfarbenen Haut. Langsam entblößte ich ihren Körper und musste lächeln, da ihre Hand fest zwischen ihre Schenkel gepresst war. Hatte ich angenommen, dass sie noch schlief, dann hatte ich mich getäuscht.

„Was willst du von mir, Ben?!“, ihr Tonfall war nach wie vor scharf. Ich strich spielerisch mit dem Finger eine ihrer Haarsträhnen aus dem Gesicht, was sie leicht zusammenzucken ließ.

„Ich will mich bei dir entschuldigen!“, flüsterte ich vermeintlich reumütig, während ich jetzt meinen Mund auf ihr Ohrläppchen senkte und es zart küsste. Ein Stöhnen entwich ihr, und die Hand, die zwischen ihren Schenkeln lag, begann sich rhythmisch zu bewegen.

„Es tut mir leid!“, ich wusste, dass sie darauf stand, wenn ich mich reumütig ihrer Gnade unterwarf, wenn sie zu entscheiden hatte, ob sie mir vergab. Sie trug immer noch diese Schlafmaske, hatte den Mund leicht geöffnet und ich ließ meine Zunge kurz in ihren Mund gleiten. Ihre Hand bewegte sich schneller, kleine Schweißperlen erschienen auf ihrem Dekolleté. Es war Zeit für das Finale: „Verzeihst du mir? ... bitte verzeih mir!“, bettelte ich leise. Oh ja, das verfehlte seine Wirkung nicht, sie stand ungemein auf Worte, bäumte sich sofort auf und kam mit einem erlösenden Stöhnen.

„Ja, ....Ja, ich verzeihe dir noch mal!“ Zufrieden mit mir selbst, küsste ich sie noch einmal kurz auf die Stirn und verließ ihr Zimmer. Die erste Hürde war genommen. Ich hoffte, dass sie keinen Ärger machte, was den Job betraf. Während ich den Frühstückstisch deckte, was sicher auch ihre Laune noch verbessern würde, hörte ich, wie die Dusche rauschte, und keine zehn Minuten später erschien sie, mit einem Handtuch um ihr Haar gewickelt und einem seidenen, sauteuren Bademantel im Wohnzimmer. An den Füssen trug sie diese total kindischen Hasenpantoffeln, was ihrer Schönheit aber trotzdem keinen Abbruch tat. Sie lächelte mich an und setzte sich grazil mir gegenüber an den Tisch.

„Was willst du wirklich von mir, oder glaubst du, ich durchschaue dich nicht?“ Ich senkte ergeben den Kopf und schaute sie von unten an:“Erwischt, du kennst mich einfach zu gut!“ Das waren die kleinen Momente mit meiner Schwester, die ich liebte, die unsere geschwisterliche Beziehung ausmachte. Nie würde mir je ein Mensch so nah sein wie sie! Ich erklärte ihr die Situation, während wir ausgiebig frühstückten. Sie war recht angetan und zickte zum Glück nicht herum. Als ich auf die Uhr schaute, erschrak ich auch schon. Wir mussten uns beeilen. Das Ganze war so eine Art Brunch und am frühen Vormittag angesetzt. Na ja geduscht hatten wir, befriedigt waren wir auch beide, so dass zumindest bei mir keine unangenehmen Zwischenfälle passieren konnten. Die Wahl der Kleidung war einfach, egal irgendwas, denn wir mussten es eh wieder ausziehen. Diesmal bestellte ich ein Taxi, weil es über die Agentur abgerechnet wurde. Meine Haare waren, im Gegensatz zu Crissis glattem Haar, leicht gewellt, wenn ich sie an der Luft trocknen ließ.

Ich fand, das passte heute zum Adamskostüm, und keine dreißig Minuten später standen wir vor dem gläsernen Portal der wirklich ausgefallenen Örtlichkeit. Es war eine alte Fabrikhalle mit diesem besagten gläsernen Eingangsportal. Alles sehr futuristisch und echt abgefahren. Zum Bilderanschauen blieb uns keine Zeit. Wir wurden schon erwartet und schnell in einen der Nebenräume gebracht. Eine Visagistin hatte schon alles vorbereitet. Einige Helfer sollten uns mit Olivenöl einreiben, da dieses essbar war. Ich bekam eine fast durchsichtige, sehr knappe Short, an der im Genitalbereich ein großes Feigenblatt befestigt war. Eine Maske, die an einen Pfauenkopf erinnerte, komplettierte mein Outfit.

Im Spiegel betrachtet gefiel ich mir ganz gut. Mein Körper, der schlank, aber nicht dürr war, kam dank des Öls sehr gut zur Geltung, selbst das schwach ausgeprägte Sixpack war zu sehen. Auch Clarissa glänzte in öliger Pracht. Ihre wunderschönen Brüste waren unbedeckt, aber auch sie trug diesen winzigen Tanga mit Feigenblatt vor ihrer Blöße. Sie hatte eine Schlangenmaske auf und ihre Haare hingen offen über ihre bloßen Schultern. Die Visagistin war begeistert, weil das Ergebnis auch ohne viel Aufwand hervorragend war. Sie führte uns zu zwei gegenüberliegenden großen Tischen, auf die wir uns legen sollten. Es galt eine möglichst bequeme Position zu finden, in der der Körper auch noch gut definiert war. Sobald wir es uns bequem gemacht hatten, begannen die Köche auch schon mit dem Dekorieren. Das hieß Unmengen an Obst, Schokolade, Liebesäpfel, Mandeln, in Eis gekühlte Pralinen wurden um uns herum und zum Teil auch auf uns verteilt. Es gab auf jedem Tisch einen Schokoladenbrunnen, in den man das Obst tauchen konnte. Es stand auch Prosecco in Kühlern bereit, kurzum fürs leibliche und fürs optische Wohl war gesorgt. Auch die Ohren wurden verwöhnt. Das Thema war: „Nackt wie Gott uns schuf!“ und es war beruhigende Musik mit Vogelgezwitscher zu hören, ganz wie im Garten Eden. Clarissa und ich stellten Adam und Eva dar, die alle in Versuchung führten. Und los ging's.

Die Türen wurden geöffnet und die erlesene Gesellschaft trat ein. Hinter meiner Maske fühlte ich mich einigermaßen sicher. Ich war nur beim genauen Hinsehen zu erkennen, oder wenn man wusste, dass ich nahe dem Bauchnabel einen kleinen Leberfleck hatte, der aussah wie ein Herz. Zuerst waren die Besucher etwas schüchtern, was das lebende Buffet anging, aber nachdem der Erste sich getraut hatte, Schokolade von meiner Brust mit dem Mund zu nehmen, brach das Eis, und es wurde hemmungslos vom Tisch oder von mir genascht. Bei Clarissa sah es nicht anders aus. Männer wie Frauen konnten sich nicht an ihr satt sehen und freuten sich, sie berühren zu können, ohne dass es linkisch wirkte. Wie gut, dass ich es mir vorher selbst besorgt hatte, denn die Berührungen waren manchmal schon ziemlich intim. Nicht immer war das beabsichtigt, aber manchmal schon. Clarissa und ich schauten uns oft an und lächelten uns aufmunternd zu. Die Hälfte der Zeit hatten wir schon hinter uns gebracht. Das Buffet wurde immer wieder nachgefüllt. Ich beobachtete das Treiben um uns herum, und versuchte, etwas von den Gesprächen zu erhaschen. Sah dabei zu, wie einige Kunstwerke ihren Besitzer wechselten. Viel Geld war im Umlauf. Man traf sich hier, um im Gespräch zu bleiben, oder auf sich aufmerksam zu machen. Mir gefiel der Job, mir gefiel der Job so lange, bis ich vor Schreck beinahe vom Tisch gefallen wäre. Es war die Stimme, die Stimme von Phillip Richter, die mir heiße Schauer durch meinen Körper jagte. Was in Gottes Namen wollte der hier? Am liebsten wäre ich sofort vom Tisch gehüpft. Dann atmete ich tief durch und besann mich darauf, jetzt bloß ruhig zu bleiben.

Ich trug eine Maske, Phillip hatte mich erst einmal gesehen, er kannte mich nur angezogen, jetzt war ich fast nackt. Warum sollte er mich erkennen? Nur das Blau meiner Augen könnte mich verraten, und meine Stimme. Also jetzt bloß Schnauze halten Arschbacken zusammen und durch. Den nächsten Dämpfer erhielt ich, als ich ihn sah, denn er war nicht allein. Eine blonde Frau hing an seinem Arm, eine hübsche, blonde etwas affektierte Frau, ungefähr dreißig Jahre alt. Stilvoll war sie gekleidet, etwas zu konservativ für meinen Geschmack. Sie lachte mir auch etwas zu viel und zu laut. Wahrscheinlich wollte sie ihm gefallen. Er hatte einen Arm locker um ihre Taille gelegt und lächelte sie ab und zu an, allerdings lachte nur sein Mund, nicht seine Augen. Sie schauten sich die Bilder an und unterhielten sich mit anderen Anwesenden. Irgendwann schaute sie sich suchend um und kam zu uns herüber, um sich einen Prosecco zu besorgen. Phillip folgte ihr in einigem Abstand. Er steuerte auf Clarissas Tisch zu, und ich stellte eifersüchtig fest, dass er ihren Körper begehrlich taxierte.

Tja, verstehen konnte ich es ja, und vorausgesehen hatte ich es auch. Er schnappte sich vorsichtig ein Stück Schokolade, das genau auf ihrem Bauchnabel lag und steckte es sich langsam in den Mund, dabei blickte er ihr tief in die Augen. Verdammt, ich fiel gerade in ein tiefes Loch, aber bevor ich hart auf den Boden aufschlug, hangelte ich mich gerade noch einmal an einem Ast nach oben. Mensch Ben, jetzt reiß dich mal am Riemen! Dass er hetero ist, das wusstest du doch vorher, aber gestern Abend, da wollte er dich und nicht sie, also bleib am Ball! Phillips blonde Begleitung kam an meinen Tisch, und sie musterte meinen Körper wie bei einer Fleischbeschau. Sie griff nach einem Eiswürfel und fuhr mir damit über die Brust weiter hinab.

Eine Gänsehaut überzog meinen Körper und mein Blick folgte ihren Fingern. So bekam ich nicht mit, wie Phillip hinter sie getreten war. Mittlerweile war sie sehr weit unten angekommen, und ich hielt die Luft an und zog den Bauch ein. Sie wollte doch wohl nicht wirklich den Eiswürfel in meiner Hose versenken. Doch, sie wollte! Schon fuhr sie mit einem ihrer viel zu langen Fingernägel unter den Bund meiner Shorty. Nein, so weit sollte sie besser nicht gehen. Ich hielt reflexartig ihre Hand am Gelenk fest und hielt sie davon ab. Erschrocken sah sie mich an. Ich schüttelte nur langsam den Kopf und ließ ihre Hand wieder los. Dann erst erblickte ich Phillip Richter, der hinter ihr stand. Er starrte mich an, erst meinen Körper, dann in mein Gesicht, und dann streckte er die Hand aus, und schob mir langsam meine Maske hoch.

„Ben?“, fragend, mit hochgezogenen Augenbrauen sah er mich an.

„Du kennst den Kleinen, Phillip?“, stellte die blonde Begleitung fest.

„Ja, er kennt mich. Gestatten Sie, Ben ist mein Name, Benjamin von Wulfenstein!“, erwiderte ich wie immer höflich. Ich schnappte mir eine der Weintrauben, tunkte sie in die flüssige Schokolade und steckte sie mir genüsslich in den Mund. Dabei kleckste mir die Schokolade auf die Brust. Phillip hatte jede meiner Bewegungen verfolgt, und ich sah, wie seine Hand kurz zuckte, weil er die Schokolade wegwischen wollte, sich aber gerade noch zusammenreißen konnte. Ich wischte mir die Schokolade mit dem Zeigefinger weg und ließ auch diesen in meinem Mund verschwinden. Um mich nicht noch mehr Blicken auszusetzen, legte ich die Maske wieder an.

„Irgendwie muss ich ja mein Geld verdienen, aber ich entscheide, wer mich wo berühren darf, ich bin kein Freiwild!“, beantwortete ich Phillips unausgesprochene Frage, nahm wieder meine Position ein und versuchte, unbeteiligt zu wirken. Vorläufig schien er mit meiner Antwort zufrieden, aber ich sah ihm an, dass darüber noch nicht das letzte Wort gesprochen war. Sollte mir nur recht sein. Die blonde Begleitung, die sich unhöflicherweise nicht vorgestellt hatte, zog Phillip möglichst weit vom Buffet weg, um der für sie peinlichen Situation zu entgehen. Clarissa warf mir vom gegenüber liegenden Tisch fragende Blicke zu, die ich mit einem Schulterzucken und einem leisen „Später!“ beantwortete. Tja, jetzt musste ich ihr wohl doch reinen Wein einschenken. Es dauerte nicht lange, da verabschiedeten sich Phillip und die schreckliche Blondine. Er hatte mich immer wieder mit Blicken taxiert und eine steile Falte war auf seiner Stirn erschienen. Jetzt schob er die Blondine vor die Tür und kam zurück zu mir. Nervös fuhr er sich mit der Hand durchs Haar, was ich ja schon ein paar Mal beobachtet hatte.

„Wann haben Sie hier Feierabend, Ben?“, die Hände in die Hüften gestemmt stand er da, und erwartete eine Antwort.

„In einer guten Stunde sind wir hier fertig.“, antwortete ich, „Wieso?“

Irritiert schaute er rüber zu Clarissa: „Weil wir zwei noch ein Wörtchen miteinander zu besprechen haben, aber was heißt hier, wir sind fertig?“

Tja, jetzt musste ich meine unterschlagene Schwester wohl doch preisgeben.

„Ich und meine Zwillingsschwester Clarissa!“

Kurz stand sein Mund vor Überraschung offen, doch dann erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht: „Es hätte mir gleich wie Schuppen von den Augen fallen müssen, dass dieses entzückende Wesen mit Ihnen verwandt ist! In einer Stunde bin ich wieder hier und hole Sie ab!“ Damit wandte er sich um und verließ eilig die Vernissage. Ich atmete erleichtert aus. Irgendwie brachte ich die letzte halbe Stunde auf diesem Tisch zu Ende. Immer Clarissas fragenden und strafenden Blicken ausgesetzt. Wenn ich's recht bedachte, musste ich mich nicht wundern, warum ich immer ein wenig ambivalent gegenüber Frauen war.

Die Dominanz meiner Schwester, aber auch die bedingungslose Liebe zu ihr, stießen mich immer wieder in ein Chaos der Gefühle. Ich denke, ich bin nicht einer, der fordert, eher der, der gibt, der, der gehorcht, zumindest bei Frauen. Nein, ich glaube auch bei Männern. Ich liebe es, in gewissen Situationen fremdbestimmt zu werden. Gerade eben zum Beispiel hatte mich Phillips bestimmtes Auftreten ziemlich angemacht. Er bestimmte, dass er mich abholen würde und ich

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Bonnyb Bendix
Bildmaterialien: Momento Immortale Model: Luca Doe Covergestaltung: bonnyb. bendix
Lektorat: Brigitte Mel, Bernd Frielingsdorf, Nolte Cat Themad
Tag der Veröffentlichung: 28.11.2014
ISBN: 978-3-7368-5969-2

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