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Harte Jungs

Stürmische Gefühle



Gay- Erotik- Romance



© by Bonnyb. Bendix 2013



http://gay-zone-bonnyb.jimdo.com/

Kapitel 1



Die Menge johlte und grölte: "Küssen, küssen, los macht schon!" Mir rutschte das Herz in die Hose. Was war das für ein Alptraum? Ich stand hier mit Seg auf der Siegesfeier des gewonnenen Footballspiels mitten in der Menge und sollte ihn küssen, mit Zunge, zwei Minuten lang. Und das nur, weil wir das dümmste Partyspiel aller Zeiten spielten: Flaschendrehen! Wie war ich nur hierher gekommen?

Vor drei Monaten noch lebte ich in einer zivilisierten Großstadt, in Chicago und besuchte eine Privatschule. Meine elitären Freunde und ich verbrachten unsere Zeit mit Chillen, Shoppen und Golfen. Meine Eltern fanden aber, dass ich zum Snob mutieren würde. Die Stadt würde mich und meine kleine Schwester verderben. Ich sah das natürlich anders und rebellierte gegen den Entschluss meiner Eltern. Dennoch bewarb mein Vater sich für einen Chefarztposten in dieser verschissenen Kleinstadt. Die nahmen gern das Angebot, einen renommierten, erfahrenen Arzt an ihrem Krankenhaus zu haben, an. Meine Mutter erhielt sogar eine Stelle als Psychologin mit dazu und konnte nach längerer Pause endlich wieder in ihrem Beruf arbeiten. Sie hatte durch meine kleine Schwester und mich lange darauf verzichtet. Mit schlechter Laune, patzigen Antworten und schlechten Noten versuchte ich, meine Eltern umzustimmen. Einigkeit in ihren Entschlüssen und der Erziehung gehörte aber schon immer zu ihren Stärken. Ich biss auf Granit und nicht nur das. Tatsächlich begann ich nachzudenken, reflektierte mein Benehmen.

Mutierte ich wirklich zum Snob? Hatten meine Eltern vielleicht recht? Vor dem Spiegel sah ich mir selbst in die braunen Augen. Ein etwas arrogant aussehender junger Mann, mit gut frisiertem braunem Haar, schlanker Gestalt in Markenklamotten schaute mich an. Wo war der unkonventionelle Weltverbesserer geblieben, der ich einmal gewesen war?

Die letzten Monate waren mir wirklich Kleidung und Golfen wichtiger gewesen, als Hilfsprojekte und Weltoffenheit. Wann hatte ich das letzte Mal Nachrichten geschaut, um mich über das Geschehen in der Welt zu informieren?

Meine sogenannten Freunde, welcher von ihnen würde mir wirklich fehlen? Zu allen pflegte ich einen eher losen Kontakt. Keine intensiven Gespräche, keine gemeinsamen Ziele, außer das Erwerben von teuren Prestige-Gegenständen oder eines neuen Golfschlägers, das Verbessern des Handicaps.

Jetzt war ich hier in einer Hinterwäldler-Stadt, mit ebensolchen Menschen. Gut, die Kids unterschieden sich nicht wirklich von denen in Chicago. So empfand ich es wenigstens jetzt nach ein paar Wochen, in denen ich sie absichtlich zum Kotzen finden wollte. Aber der Mief des Spießertums hing hier in der Luft. Die örtliche Schule kannte nicht viel Kulturelles. Sport gehörte zu den Dingen, die am wichtigsten waren. Baseball, Football, Basketball!

Ich hatte in Chicago Football gespielt, mit ganz akzeptablen Leistungen. Hier bewarb ich mich auch im Team der örtlichen Highschool. Als Sportler fand man schnell Anschluss und so war es auch hier. Seg gehörte auch zum Team, vielmehr war er der Kapitän und Football schien sein einziger Lebensinhalt zu sein. Wenn er auf dem Spielfeld oder beim Training war, kämpfte er wie ein Besessener. Keiner konnte ihm das Wasser reichen. Im Unterricht dagegen schlief er häufig oder sah abgelenkt aus dem Fenster.


Jetzt aber schien Seg ähnlich "begeistert" wie ich. Er kratzte sich am Kopf und fuhr sich dann durch das Haar.

"Was soll der Schwachsinn? Ich küss doch keinen Mann! Die anderen mussten auch nur Frauen küssen!", schimpfte er lautstark. Sein Einwand wurde damit entkräftet, dass die anderen einfach Glück gehabt hatten, weil sie eben Mädchennamen gezogen hatten.

"Hey Seg, du bist der Teamkapitän. Du solltest mit gutem Beispiel vorangehen. Spielschulden sind Ehrenschulden! Also zier dich nicht so, ist doch nur ein Spiel!" Jack, der Ersatzkapitän lachte in sich hinein. Seg zuckte mit den Schultern und sah zu mir rüber. Ich wusste, dass er mich nicht besonders mochte. Ich war neu im Team und ich war gut. Er betrachtete mich als Konkurrenten. Jedenfalls hatte ich ständig das Gefühl. In diesem Augenblick sah er mir fragend in die Augen, bat um Zustimmung. Ich nickte kurz, was blieb mir auch anderes übrig, wollte ich die Menge nicht gegen uns aufbringen. Außerdem, was war eigentlich dabei, es war nur ein Spiel. Unsicher machte ich einen Schritt auf ihn zu und senkte meinen Blick auf seine Lippen, die ich gleich küssen würde.

"Küssen, küssen, küssen!" Die Menge ließ nicht locker. Segs Schultern strafften sich. Verstohlen schaute er sich erst um, dann machte auch er zwei Schritte auf mich zu und schaute mir in die Augen.

"Wollen wir?", das war keine Frage, denn im nächsten Augenblick fuhr er mir mit der Hand an der Wange vorbei ins Genick und zog mich dicht zu sich heran. In seinen Augen waren die widersprüchlichsten Gefühle zu lesen und machten mich damit noch unsicherer, als ich eh schon war. Er hatte Angst, genau wie ich. Wovor wir Angst hatten? Vielleicht davor, dass uns das Folgende gefallen würde? Oder eher, dass die anderen denken könnten es würde uns gefallen. Er war aufgeregt! Warum? Weil die Situation so ungewöhnlich war, weil wir gleich einen sehr intimen Kuss miteinander teilen würden? Ich war deshalb aufgeregt! Neugierde und gleichzeitig Abscheu machten sich in mir breit. Warum? Wie würde es sein, einen Mann zu küssen, wie würde er schmecken, wäre es eklig?

Das alles ging mir durch den Kopf, während wir dicht voreinander standen und jeder auf die Bewegungen des anderen lauerte. Ich schloss die Augen, damit ich ihn nicht mehr anschauen musste. Als hätte er nur darauf gewartet, spürte ich erst kurz seinen Atem, der nach Bier roch, und dann seine Lippen auf meinen. Ohne lange nachzudenken, erwiderte ich die zarte Berührung, öffnete meine Lippen einen Spalt breit. Seg tat es mir gleich, saugte kurz an meiner Unterlippe, dann ich an seiner. Die Augen geschlossen standen wir da und unsere Lippen spielten miteinander, ganz so, als wäre die johlende Menge gar nicht vorhanden.

Es war ein schönes Spiel, das mir ein wenig den Atem nahm. Sah man mir das an? Ich versuchte, es nicht schön zu finden, aber die sanften Berührungen ließen mein Herz schnell und hart in meiner Brust schlagen. Die Menge um uns herum johlte und schrie, feuerte uns an, endlich mit Zunge zu küssen. Wir machten aber erst Mal so weiter wie zuvor, gewöhnten uns aneinander. Das hier verselbstständigte sich immer mehr, ohne dass wir es verhindern konnten. Seg schmeckte nach Bier und nach Mann, er schmeckte gut und irgendwann fand meine Zunge ihren Weg ganz von allein in seinen Mund, wo sie schon erwartet wurde.

Wir stießen uns gegenseitig zart aber bestimmt an. Meine Hand rutschte in Segs Nacken, um ihn näher an mich heranziehen zu können. In meinen Ohren rauschte es und in meinem Bauch flogen Hunderte von Schmetterlingen. Begierig öffnete ich meinen Mund weiter, um tiefer von Seg geküsst werden zu können. Der kam meinem Wunsch auch prompt nach. Alles ging ganz automatisch, ganz so als würden wir uns nicht zum ersten Mal küssen.


Es fühlte sich vertraut und neu zugleich an. Vertraut, weil wir schließlich nicht zum ersten Mal küssten. Mit Mädchen hatte ich mich schon hundert Mal geküsst. Neu deshalb, weil in diesem Kuss eine andere Dynamik steckte. Seg war ein Mann und er küsste auch so, fordernd, bestimmend und irgendwie geil. Seine Körperhaltung war dominant und in seiner Umarmung lag Stärke. War ich bei Mädchen der Chef im Ring, wurde ich jetzt von Seg dominiert. Der Kuss geilte mich auf, und es fiel mir schwer, das zu verbergen. Gerade vernahm ich, dass wir Halbzeit hatten und ich nahm mir vor, den Rest der Zeit zu genießen. Seg schien es ähnlich zu gehen, denn er fuhr gerade wieder mit der Zunge tief in meinen Mund, suchte meine.

Ich kam ihm entgegen, setzte kurz ab, um Luft zu holen. Seg kam mir mit leicht geöffneten Lippen entgegen und schob mir für alle sichtbar die Zunge erneut in den Mund. Das wurde sogleich mit lautem Geschrei und Gejohle quittiert. Ein paarmal noch schmeckten wir einander, saugten an den Lippen des anderen, dann vernahmen wir von der Spielleitung das Abbruchsignal. Widerstrebend löste sich mein Gegenüber von meinen Lippen, öffnete seine Augen und sah mich mit verhangenem vor Erregung glasigem Blick an. Ich musste mich auch erst einmal wieder fangen und atmete tief durch und leckte über meine Lippen. Verlegen fuhren wir uns fast synchron durchs Haar und zogen unsere T-Shirts nach unten. Die Menge um uns herum war still geworden. Starrte uns an, als wartete sie auf etwas.

"Hey Leute, was ist los? Habt ihr nicht genau das gewollt, also warum klatscht und jubelt ihr jetzt nicht für mich und meinen neuen Lover?!" Seg sah fragend in die Gesichter der Umherstehenden. Gespielt verliebt sah er mich an und legte mir einen Arm um die Schultern.

"Wollt ihr etwa eine Zugabe?", spielte ich mit, sah ihm auffordernd in die Augen.

Seg ließ Taten folgen und drückte mir kurzerhand noch einmal seine Lippen auf. Jetzt johlte die Menge wieder und klatschte Beifall. Ich nickte ihm zu, er klopfte mir kameradschaftlich auf die Schulter und wir gingen getrennter Wege, ganz so, als wäre die Aktion gerade das Normalste auf der Welt gewesen. Darauf brauchte ich erst mal ein bis zwei harte Drinks. Die waren natürlich für Minderjährige nicht legal zu bekommen. Mein Weg führte mich an eine der zwei Bars, wo ich mir genau das bestellte, was ich gerade brauchte, zwei Tequila. Einer der Keeper versteckte unter dem Tresen harten Alkohol und kippte diesen heimlich in die Cola der trinkwütigen Jungs. Ich kippte die zwei Drinks zügig runter und erst dann erlaubte ich mir einen Blick in den Raum. Die Stimmung war gut. Die Leute tanzten und lachten. Ab und zu klopften sie mir auf die Schulter.

Sagten Sachen wie: "Geile Nummer eben!" oder: "Wenn ich's nicht besser wüsste, würde ich glauben ihr zwei wärt schwul!" Ich sah mich weiter um und entdeckte an der anderen Bar Seg, der auch gerade einen harten Drink zu sich nahm, jedenfalls sah es so aus, da er das kleine Getränk hastig in den Rachen schüttete. Bei seinem Anblick flogen mir sofort wieder tausend Schmetterlinge in den Bauch. Was war da gerade zwischen uns geschehen? Der Kuss war aufregend gewesen, irgendwie geil. Ich schüttelte den Kopf. Der Kuss eines Jungen machte mich an, das durfte doch nicht wahr sein! Am geilsten war es, von ihm so dominiert zu werden, geküsst zu werden. Es verwirrte mich, dass es mich erregte von einem Mann geküsst zu werden. War ich etwa bisexuell oder gar schwul? Seg hatte meinen Blick bemerkt, mich auch entdeckt und nickte in meine Richtung, wendete sich dann aber schnell wieder seinen Freunden zu. Da ich neu in der Stadt und an der Schule war, kannte ich nicht allzu viele Leute.


Vivien, eine der weniger angesehenen Mädchen aus der Streberfraktion, kam zu mir herüber. Dass sie und ihre Freundinnen diesem Saufgelage überhaupt beiwohnten, war schon seltsam.

"Na Jaden, da hast du ja gerade 'ne wilde Nummer mit Mr. Big Seg abgezogen!“, fing sie das Gespräch an und legte mir vertraulich eine Hand auf die Schulter.

"Wir haben uns geküsst, na und?", antwortete ich bemüht unbekümmert. Vivien hätte richtig hübsch aussehen können, wäre da nicht diese furchtbare Brille, hinter der sie ihr halbes Gesicht versteckte. Der strenge Zopf und die spießigen Klamotten rundeten den unvorteilhaften Gesamteindruck ab. Trotzdem mochte ich sie. Sie und ihre Art messerscharf Menschen zu analysieren. Sie mochte mich, obwohl ich ein Sportler war, denn die mieden sie und ihre Streberfreunde wie der Teufel das Weihwasser. Na ja, ein reiner Sportler war ich nicht. Ich verkörperte eher ein gutes Gesamtpaket von Intelligenz und Energie.

"Nur geküsst? Ich bin ein guter Beobachter, das weißt du. Und da ich eher selten selbst geküsst werde, bin ich gut darin, andere dabei zu beobachten. Glaub mir, Seg war ganz schön aufgegeilt!", schloss sie ihre Beobachtung ab. Genau wie ich auch, dachte ich bei mir. Natürlich sagte ich das nicht.

"Woran hast du das denn gesehen?", wollte ich wissen.

"Wenn du es nicht selbst bemerkt hast … Er hatte einen total verklärten Gesichtsausdruck, der war nicht gespielt oder so. Seine ganze Körpersprache hat das gezeigt." Sie sah mich verschwörerisch an.

"Na ja, du sahst auch ziemlich aufgegeilt aus!" Mir wurde ganz flau im Magen. Wenn sie das gesehen hatte, dann hatten die anderen es wahrscheinlich auch bemerkt.

"Da du nicht protestierst, habe ich wohl Recht!" Triumphierend sah sie mich an.

"Du spinnst, aufgegeilt war ich nicht, aber kalt gelassen hat es mich natürlich auch nicht!", gab ich zu.

"Wenn ich von Seg geküsst worden wäre, hätte es mich auch aufgegeilt, glaub mir!", bei dieser Bemerkung lächelte sie. Ich bestellte mir eine Cola und versuchte das Thema zu wechseln, was mir tatsächlich auch gelang. Wir redeten über das Spiel, über die Party, wir lästerten über ein paar Mitschüler und hatten unseren Spaß. Hin und wieder suchte mein Blick verstohlen nach Seg. Er trank jedes Mal Cola, vermutlich mit Schuss und schien sich blendend zu unterhalten. Die Mädchen hingen in einer Traube an ihm. Und trotzdem ertappte ich ihn dabei, wie auch er mehrere Male zu mir herüber schaute. Der Alkohol setzte mir langsam zu und so entschloss ich mich, die Party zu verlassen. Ich verabschiedete mich von Vivien und ihren Streberfreunden, grüßte zum Abschied meine Teamkollegen und verlies ziemlich angetrunken den Saal. Vor der Tür saßen Seg und sein engstes Gefolge.

"Tschau Seg, viel Spaß noch!" Ich hob die Hand zum Gruß und wartete die Antwort gar nicht erst ab. Mit leicht schwankendem Gang lief ich die Straße entlang. Von Weitem hörte ich noch ein "Tschau Jaden" und ein Lächeln umspielte meine Lippen. Wie ich ins Bett gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Meine Träume waren wirr und ich glaube auch feucht. Und ich erwachte mit einer eisenharten Morgenlatte. Mechanisch begann ich mich zu wichsen. Mit wachsender Erregung schweiften meine Gedanken ab, zur Party, zu Seg und wie er mich geküsst hatte. Kaum dachte ich daran, ging es auch schon ziemlich schnell. Meine Eier zogen sich zusammen und keine zwei Sekunden später kam es mir auch schon heftig. Nachdem ich die Sauerei von Bauch und Händen mit einem Taschentuch entfernt hatte, ließ ich mich zurück in die Kissen fallen. Ärgerlich fuhr ich mir durchs Haar.


Warum war das Erste, an das ich denken musste, dieser blöde Kuss? Noch viel schlimmer war, dass es mir sofort gekommen war, als ich daran gedacht hatte. Das durfte doch nicht wahr sein. Ich zwang mich, meine Gedanken weg von Seg und dem Kuss zu lenken. Es gelang mir erst nach mehreren Versuchen. Beim Duschen klappte es nicht, ganz im Gegenteil, ich musste aufpassen, nicht wieder an mir herumzuspielen und es mir noch einmal auf diesen Kuss zu besorgen. Später beim Frühstück wurde es dann besser. Meine Familie lenkte mich ab. Meine kleine Schwester schaffte es schließlich. Zusammen mit ihr vergaß ich alles. Ich liebte dieses Kind abgöttisch. An den Sonntagen beschäftigte ich mich immer gern intensiver mit ihr. In der Woche ließen mir Schule und Sport wenig Zeit. Wir beschlossen, mit dem Hund spazieren zu gehen. Ausgelassen liefen wir hinaus. Die Sonne schien, der Himmel war blau, alles war perfekt für einen Spaziergang. Meine Eltern hatten ein Haus außerhalb des Ortes gekauft und so liefen wir direkt hinaus auf die weiten Wiesen. Zwei Stunden tollten wir mit dem Hund um die Wette und ich vergaß total Seg und den Kuss.

Wieder zu Hause angekommen, verzog ich mich auf mein Zimmer. Mit dem Laptop auf dem Schoß machte ich es mir auf dem Bett bequem und checkte meine E-Mails. Ein paar alte Freunde aus Chicago hatten gemailt und hielten mich mit dem neuesten Klatsch und Tratsch aus meinem ehemaligen Freundeskreis auf dem Laufenden. Den Kontakt zu halten war mir wichtig, wenngleich die Erinnerung an mein altes Leben immer mehr verblasste. Dann entdeckte ich eine E-Mail von Vivien. Deren Inhalt brachte mein Blut in Wallung.

"Schau was ich auf YouTube gefunden habe. Das ist wirklich oskarreif" Zwei Links waren beigefügt. Mit zitternden Fingern öffnete ich einen der beiden. Das Video startete und mir schoss das Blut vor Scham in den Kopf. Man hatte uns gefilmt, während des Kusses. In Zeiten von Handykameras natürlich keine Seltenheit. Vivien hatte Recht, das Ganze war wirklich ganz großes Kino. In erstaunlich guter Qualität hatte jemand unser kleines Intermezzo festgehalten. Nach dem ersten Schock schaute ich genauer hin. Die ersten Berührungen unserer Lippen sahen noch spielerisch aus. Aber dann merkte man schon, dass wir mehr Spaß an der Sache hatten. Spätestens als wir begannen uns mit Zunge zu küssen, war uns deutlich die Erregung ins Gesicht geschrieben.

Seg hatte während des Kusses die Augen geschlossen, ebenso wie ich. Er küsste fordernd, hatte die Führung, das war an seiner Körperhaltung ersichtlich. Vivien hatte Recht, er sah aufgegeilt aus, besonders wo er mir für alle sichtbar die Zunge in den Mund geschoben hatte. Dumm war nur, dass mich das auch ziemlich angemacht hatte. Auch das konnte man deutlich erkennen. Als wir den Kuss beendeten, sahen wir beide wie ertappte Sünder aus. Ich schaute das Video immer und immer wieder, bis ich jedes Detail in und auswendig kannte. Der Platz in meiner Hose war beim Schauen immer enger geworden und ich ärgerte mich darüber, dass mein Körper ein Eigenleben entwickelte, welches mir ganz und gar nicht gefiel. Ich war gerade dabei, es mir auf das Video selbst zu besorgen, als mein Telefon klingelte. Ich drückte das Gespräch weg, weil ich kurz davor war zu kommen. Erst als ich wieder halbwegs zu Atem gekommen war, schaute ich nach, wer mich da angerufen hatte. Mit der Nummer konnte ich nichts anfangen. Kurz darauf traf eine SMS ein. Es war Seg!

"Komme gleich zu dir, müssen dringend miteinander sprechen!", stand dort. Na Klasse, das hatte mir gerade noch gefehlt. Hastig räumte ich mein Zimmer notdürftig auf, beseitigte die Spuren meiner Selbstliebe und wusch mich kurz, um wenigstens halbwegs vernünftig auszusehen. Keine Sekunde zu früh war ich fertig und es klingelte an der Tür. Meine Mutter öffnete und führte Seg die Treppe hoch zu meinem Zimmer. Es klopfte.


"Jaden, du hast Besuch", informierte sie mich. Ich straffte die Schultern und öffnete die Tür. Segs Anblick brachte mich ein wenig aus der Fassung. Ich bat ihn rein und meine Mutter verzog sich wieder nach unten.

"Tolles Haus habt ihr!", bemerkte Seg mit anerkennendem Blick, wurde aber schnell wieder ernst.

"Das ist aber nicht der Grund, warum ich hier bin."

"Ich weiß!" Ich schmiss mich auf meine alte Ledercouch und bot ihm den Platz neben mir an. Seg setzte sich, fuhr sich mit der Hand durchs Haar und zeigte auf das Laptop, das vor uns auf dem Tisch stand.

"Du hast das Video schon gesehen?" Die Frage klang eher wie Gewissheit. Ich nickte nur. Mir war unbehaglich zumute. Eben noch hatte ich mir auf das besagte Video einen runtergeholt, jetzt saß ich hier mit Seg auf der Couch. Er hatte das Video gestartet und wir rückten ein wenig zusammen, um besser sehen zu können. Obwohl ich es in und auswendig kannte, war es jetzt doch komisch, es mit Seg gemeinsam zu sehen. Wir starrten gebannt auf den Bildschirm und ab und zu auch verlegen in die Augen des anderen. Nachdem es zu Ende war, startete Seg es erneut.

"Was sollen wir nun machen? Ich meine, jeder sieht, dass du voll auf meinen Kuss abfährst!" Bei diesen Worten schaute er mich hilflos und auch ein wenig böse an. Ich glaubte, mich verhört zu haben. Ich fuhr auf seinen Kuss ab, und er?

"Und du bist völlig cool, nicht wahr? Wer steckt mir denn die Zunge bis zum Anschlag in den Hals? Ich glaub, das bist du!", wehrte ich mich. Seg funkelte mich wütend an und griff fest vorn an den Ausschnitt meines T-Shirts. Ich fasste zur Abwehr ebenfalls zu. Ein kleines Handgemenge entstand, in dessen Verlauf Seg schräg auf mir zu liegen kam. Schwer atmend hielt er inne, drückte meine Arme über meinen Kopf auf die Couch. Er starrte mich an und ich ihn. Mein Zorn wich einem unbeschreiblichen Verlangen, ihn noch einmal zu küssen. Mein Atem kam flach und stoßweise und ich leckte mir mit der Zunge über die Lippen. Regungslos verharrte ich unter Seg. Dieser fixierte mich fest mit seinem Blick. Ich fühlte mich herrlich unterlegen. Sein Gewicht, das mir die Luft aus den Lungen drückte, seine Kraft, mit der er mir die Hände festhielt, sein männlich herber Duft, all das ließ in diesem Moment meine Sinne vibrieren.

Seg schien nicht zu wissen, was er tun sollte. Sein Körper signalisierte mir, dass er das Gleiche spürte wie ich, aber sein Verstand wehrte sich wohl noch ein wenig. Ich wollte mich seinem festen Griff entziehen. Aber Seg drückte noch fester zu, machte mir klar, dass er hier das Sagen hatte. Schließlich näherte er sich langsam meinem Gesicht. Sanft aber bestimmt legte er seine Lippen auf meine, stupste sie an. Einmal, zweimal, bis ich diese Sanftheit nicht mehr aushielt und ihm mit meinem Gesicht entgegen kam. Stürmisch nahm ich Besitz von seinem Mund und bat mit meiner Zunge um Einlass. Er gewährte ihn mir und um seine Selbstbeherrschung war es geschehen. Der Kuss wurde schnell wild und ungestüm. Seg ließ meine Hände los, um mit seinen eigenen auf Wanderschaft zu gehen. Er fand den Weg unter mein T-Shirt, strich über meinen Bauch. Strich immer höher, bis zu meiner Brust. Überall dort, wo seine Finger meine nackte Haut berührten, breitete sich wohlige Wärme aus. Mit einer Hand fuhr ich durch sein schwarzes, weiches Haar, lies mir die seidigen Strähnen durch die Finger gleiten. Seg spielte mittlerweile an einem meiner kleinen runden Nippeln, der sich unter der Berührung hart aufrichtete. Ein Stöhnen entwich mir und das Blut schoss mir zum dritten Mal an diesem Tag heiß in den Schoß. Schwerer Atem und raschelnder Stoff, unterdrücktes Stöhnen, mehr war nicht zu hören. Seg küsste mich tief und fordernd, schob sich weiter auf mich. Mit dem einen Knie drängte er meine Schenkel auseinander und ließ sich mit dem Körper dazwischen gleiten. Während wir uns weiter ausgiebig küssten, begann er sich rhythmisch an mir zu reiben. Ganz deutlich konnte ich seinen harten Schwanz an meinem Bein spüren. Wow, das machte mich an. Den Beweis seiner Geilheit zu spüren, hart und greifbar. Ich wurde auch hart, allerdings war ich vom letzten Mal noch etwas geschwächt. Ich fragte mich, wie sich so ein fremder Schwanz in meiner Hand wohl anfühlen würde. Dieser Gedanke setzte sich in meinem Kopf fest, machte mich an und wollte umgesetzt werden. Ich ließ meine Hand zwischen unsere Körper wandern und strich vorsichtig über die harte Beule zwischen Segs Beinen. Erschrocken hielt er meine Hand fest, sah mir in die Augen. Als ich jedoch begann ihn sanft zu drücken und zu massieren, ließ er, getrieben von dem Wunsch nach Erfüllung, meine Finger wieder los. Er glitt neben mich, öffnete die Knöpfe seiner Jeans und führte meine Hand. Ich wusste, was er wollte und ich suchte vorsichtig einen Weg in seine Hose. Schon spürte ich das harte und trotzdem samtweiche, pulsierende Stück Fleisch in meiner sich schließenden Faust. Seg stöhnte auf, barg sein Gesicht an meinem Hals.

Denken gestattete ich mir nicht. Mein Körper und mein Bauch hatten die Herrschaft übernommen. Seg war nicht beschnitten. Ein bisschen seltsam war es schon, einen anderen Penis zu streicheln, aber gleichzeitig auch sehr vertraut. Das erste Mal in meinem Leben war ich mir sicher, wie ich meinem Sexpartner Lust verschaffen konnte. Kein Raten, kein Vermuten, Wissen war die Devise! Es war alles ganz leicht, hatte ich es doch schon Hunderte Male an mir selbst praktiziert. Ich legte los, genoss die Aufregung etwas völlig Neues zu tun. Seg stöhnte leise an meinem Hals. Seine Hand lag auf meiner Schulter, langsam wurde sein Griff fester. Sein Rücken bog sich durch. Ich wusste, dass es ihm gleich kommen würde, und presste meine Lippen auf seine Haare. Kurz stöhnte er auf, dann ergoss er sich heiß in meiner Hand. Ich wischte die Handfläche einfach an meiner Jeans ab. Seg kam langsam wieder zu Atem. Sein Kopf lag immer noch in meiner Halsbeuge. Er strich über meine Brust, wurde wohl gewahr, dass ich noch nicht zur Erfüllung gekommen war und glitt mit seiner Hand runter bis zum Bund meiner Jeans. Als er über die harte Wölbung in meiner Hose fuhr, ohne mich dabei anzusehen, hielt auch ich seine Hand fest. Verunsichert hob Seg den Kopf und sah mir in die Augen.

"Ich hab's mir heute schon zwei Mal selbst besorgt, das letzte Mal vor 'ner halben Stunde!", beruhigte ich ihn. Seg ließ sich erleichtert zurücksinken. Da lagen wir nebeneinander auf meiner Couch. Unsicherheit machte sich breit. Was hatten wir gerade getan? Mir wurde gerade vor Scham ein wenig übel, darum richtete ich mich hastig auf und griff mir die Wasserflasche, die neben der Couch stand. Ich trank ein paar Schlucke, reichte die Flasche Seg, der auch sogleich durstig trank.

"Hey Seg", begann ich, "was machen wir denn jetzt?" Seg fuhr sich mit gespreizten Fingern durchs Haar: "Ich weiß nicht ..." Er machte eine Pause.

"Ich weiß nicht mal, wie das gerade passieren konnte!", brummte er. Ich sah ihn an, sah sein zerzaustes Haar, seine Lippen, die vom Dauerknutschen ein bisschen rot waren, den Dreitagebart, der ihn verwegen wirken ließ, und fragte mich, wieso ich das plötzlich sexy fand. Ich meine, einen Bart, das muss man sich mal vorstellen!

"Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte. Ich weiß nur, dass es schön war!", ich wunderte mich über meine eigene Aussage. Klar, es war schön gewesen, aber so was gab man doch nicht einfach preis. Seg starrte vor sich auf den Tisch und blieb stumm Und da keimte zum ersten Mal die Angst auf, dass er alles anders sehen könnte als ich. Er räusperte sich, sah mich lächelnd an: "Ja, das war es." Erleichtert ließ ich die Luft aus meinen Lungen, die ich vor Angst angehalten hatte.


"Du hast dir heute schon zwei Mal einen runtergeholt?", fragte er ungläubig. Ich nickte. Lachend stieß er mir in die Seite, ich knuffte zurück und schon war ein neues, diesmal verspieltes Handgemenge im Gang.

Es endete wie das erste, mit einem Kuss, einem Kuss, der mir die Angst nahm, dass Seg anders empfinden könnte als ich. Als wir uns voneinander lösten, waren wir beide erleichtert. Seg blieb noch eine Weile. Wir alberten rum, küssten uns immer wieder, aber verloren kein Wort über die Art unserer Beziehung. Klar war nur, dass auf keinen Fall jemand Wind davon bekommen durfte, dass wir Körperflüssigkeiten austauschten. Aber auch dies kleideten wir nicht in Worte, eher in Blicke.

"Ich muss gehen, meine Jungs warten im - drive in - auf mich!" Seg erhob sich und reichte mir die Hand, um mir beim Aufstehen zu helfen.

"Ok." Unsicher begleitete ich ihn zur Tür, wusste nicht, wie wir uns voneinander verabschieden sollten. Mit Kuss, ohne, oder wie? Seg nahm mir die Entscheidung ab. An meiner Zimmertür zog er mich am Hinterkopf nach vorn und küsste mich zum Abschied.

"Mach's gut, Jaden, bis morgen!" Dabei lächelte er verschwörerisch und mein Herz setzte einen Schlag aus, um danach unruhig weiter zu schlagen. Nachdem Seg gegangen war, musste ich erst mal wieder zu mir kommen. Die Geschehnisse der letzten zwei Tage überforderten mich irgendwie. Sie brachten mein schönes einfaches Heteroleben total durcheinander. Ich meine, ich hatte gerade den Schwanz eines anderen gewichst, was war da passiert? Schlimmer noch, es hatte mir gefallen. Ich musste wohl doch schwul sein, oder war das nur eine verspätete homoerotische Phase? Ich hörte, dass ich gerade eine E-Mail erhalten hatte, und konnte mir schon denken, von wem sie stammte. Vivien hatte sie geschrieben, wie ich schon vermutet hatte. Von ihr hatte Seg meine Handynummer bekommen.

"Was wollte Seg von dir, hast du dir das Video angesehen?", kurz und knapp war ihre Mail. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihr vertrauen konnte. Solange ich selbst nicht wusste, was genau ich für Seg empfand, wollte ich kein Risiko eingehen. Außerdem kannte ich Vivien noch nicht gut genug. Wir wohnten schließlich erst knapp drei Monate in Seaford. Was sollte ich ihr antworten? Am besten genauso kurz und knapp, wie ihre Frage.

"Ja, ich habe das Video gesehen, mit Seg zusammen. Ist doch klar was uns morgen in der Schule erwartet, da wollten wir gewappnet sein." Mehr wollte ich mich dazu noch nicht äußern. Sie schluckte die Antwort. Ich klappte den Laptop zu und holte mir aus der Küche etwas zu essen. Meine Mutter schaute mich fragend an, aber ich wich ihr aus, entschuldigte mich für den Rest des Tages und zog mich in mein Zimmer zurück. Die Nacht wurde sehr unruhig für mich. Ich grübelte, was mich und Seg wohl in der Schule erwarten würde. Angst machte sich breit. Wie würde Seg sich mir gegenüber morgen verhalten? Bereute er schon mit mir intim geworden zu sein? Was empfand ich eigentlich für ihn? Nun ja, bis gestern war er nur mein Teamkollege gewesen, ein gut aussehender und noch dazu der beliebteste Schüler der Schule. Gut aussehend war für mich auch relativ. Soweit ich das als Mann beurteilen konnte, hatte ihn die Natur reichlich verwöhnt. Aber eigentlich interessierten mich bis jetzt eher Kurven und weiche Brüste.

Der Kuss hatte alles, was ich über mich und meine Sexualität zu wissen glaubte, aus den Angeln gehoben. Erstaunlicherweise schockte mich das weniger als erwartet. Wahrscheinlich lag das daran, dass der Sex, oder vielmehr die sexuellen Handlungen, toll gewesen waren. Momentan überwog die Angst, dass Seg keine weitere Annäherung wollte. Warum ich davor Angst hatte? Tja, irgendwie war ich neugierig auf diese neue Spielweise der Sexualität. So schnell wollte ich das Ganze noch nicht wieder aufgeben. Ein Piepsen signalisierte mir, dass ich gerade eine SMS bekommen hatte. Ich wunderte mich, wer mir um 2:00 Uhr nachts wohl etwas zu texten hatte.

Es war Seg: „Kann nicht schlafen! Und du?" Mein Herz machte einen Sprung, natürlich konnte ich auch nicht schlafen und das textete ich zurück.

"Muss immer an unser kleines Intermezzo heute denken!", kam Segs Antwort. Da waren sie wieder, die tausend Schmetterlinge in meinem Bauch.

"Ich auch, war schon irgendwie geil!", war meine Antwort.

"Ich bin total geil, wollen wir uns irgendwo treffen?" Ich dachte, ich hätte mich verlesen, aber er hatte das wirklich geschrieben.

"Du bist verrückt ... Ok, wo?" Mein Verstand setzte gerade aus und mein kleiner Freund begann, für mich zu denken. Wir machten einen Treffpunkt ab, der

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Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Bonnyb. Bendix
Bildmaterialien: Copyright Coverbilder: – www.shutterstock.com 135901010 Hoika Mikail
Lektorat: Brigitte Mel , Sybille Weingrill, Ingrid Kunantz
Tag der Veröffentlichung: 28.11.2014
ISBN: 978-3-7368-5975-3

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